"die beste Zeit", Oktober-Dezember 2021

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„Sounds like Whoopataal“ – immer noch

Das Drei-Tage-Festival “Brötz 80!” versammelte zwei Generationen Brötzmann und internationale Helden des Free Jazz im Café Ada

„Sounds like Whoopataal“, das ist die gängigste Formel, um zu begreifen und doch nicht auf den Begriff zu bringen, was Wuppertal in der Welt des Modern Jazz so einzig macht. Gemacht hat. Manche sind verstorben: Peter Kowald, Hans Reichel, Bernd Köppen, oder verzogen (Rüdiger Carl), haben aufgegeben (Detlef Schönenberg) oder niemals geografisch, nur stilistisch dazugehört (Günter Christmann).

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„Sounds like Whoopataal“, schon die sprachliche Gestalt zeigt, dass die Formel nicht „aus dem Tal“ selbst stammt. Wahrscheinlich ist sie am 1. Oktober 2002 in Manhattan, in der St. Patrick´s Church, entstanden, bei der Trauerfeier für Peter Kowald, geboren 1944.

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Er war der erste Wuppertaler, der in den USA Fuß fassen konnte. Und es bleibt offen, ob Wolfgang Schmidtke ihn oder Peter Brötzmann (oder doch Hans Reichel) in einer gerne zitierten Anekdote meint: Begegnen sich zwei Wuppertaler auf der jeweils anderen Seite der Fifth Avenue. Überqueren aber nicht die Straße, um sich in der Fremde zu begrüßen. „Den kenn ich doch sowieso aus dem Luisenviertel!“ Die Luisenstraße 116 ist in gewisser Weise der zentrale Ort von „Sounds like Whoopataal“. Hier hat Kowald gewohnt. Das Hochparterre heißt nun auch „ort“. Hier blieb Kowald 1994 ein Jahr lang „vor ort“, um Musikerinnen und Musiker zu Konzerten zu empfangen (u.a. so „ort“-fremde Kollegen wie Heiner Goebbels).

Hier, in einer Art verlängertem Wohnzimmer, hat auch ein Flügel Platz, hier pflegt die Peter Kowald Gesellschaft e.V. das Erbe des Namensgebers. In einem sehr weiten Sinne. Brötzmann müsste auch hier nur ums Eck biegen - im „ort“ hat man ihn noch nie gesehen. Am 6. März wurde Brötzmann 80. Nachdem er den Glückwunschregen in den Medien gut verkraftet hat, lädt er an drei Tagen ein: zu Brötz 80! Nicht in die Luisenstraße, der „ort“ wäre viel zu klein, sondern in den Konzertraum des Café „Ada“. Und wiederum ist tout Wuppertal versammelt. Die Jazzpolizei (und sie gehört selbst mit dazu) macht wie im „ort“ eine Beobachtung, wie sie sich andern-orts so hermetisch kaum zeigt: Die Fans altern mit ihren Helden. Der „Bunker Ulmenwall“ in Bielefeld winkt mit freiem Eintritt für alle „U18“ - in Wuppertal hätte selbst „U35“ keinen Platz besetzt. Das wäre auch gar nicht nötig gewesen: Das „Ada“ ist ausverkauft. Erster Festivalabend – 180 Zuschauer, 3G-geprüft, manche aus Warschau, Stockholm, aus Chicago. Selbstverständlich Dieter E. Fränzel, der Herausgeber des Bandes „Sounds like Whoopataal“ (2006), ein Langzeit-Kurator der Wuppertaler Szene, ebenso Ingrid Schuh, Kuratorin aus „Impulse“Zeiten, das komplette „ort“-Team. Bei dem Herrn, der sich aufreizend lang am Bühnenrand hält, soll es sich um den Kulturdezernenten der Stadt handeln.

Das Plakat ist ein Produkt des visuellen Künstlers Peter Brötzmann, auch in dem für ihn typischen Lettering. Die Grafik wird separat als Druck angeboten (100 Euro, Auflage 40), T-Shirts und CDs liegen aus.

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