"die beste Zeit", Oktober-Dezember 2021

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ISSN 18695205

Ausstellung „Brücke und Blauer Reiter“ im Von der Heydt-Museum Porträt Zum 120. Geburtstag der Wuppertaler Künstlerin Sulamith Wülfing Bühne Grandios gestrandet: Moby Dick in den Wuppertaler Riedelhallen Jazz „Sounds like whoopataal“ – immer noch Tanz Richard Siegals neuer Choreografie für das Tanztheater Wuppertal

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Vorverkaufsbeginn 17. September 2021 pina-bausch.de

Richard Siegal Proben 2021, Maria Giovanna Delle Donne und Alexander Lopez Guerra ©Anish Kapoor. All rights reserved DACS/BILDKUNST, 2021 Photograph ©Evangelos Rodoulis

Uraufführung Ectopia Choreographie Richard Siegal 2021 aufgeführt mit Shooting into the Corner (2008–09) von Anish Kapoor 6. 7. 10. 11. November 2021 Forum Leverkusen


Editorial Liebe Leserinnen, lieber Leser, es ist wissenschaftlich längst erwiesen, dass Kinder, denen von früh auf regelmäßig vorgelesen wird, später ihren Mitschülern weit voraus sind. Diese Kinder lernen nicht nur schneller lesen, sondern alle ihre kognitiven Fähigkeiten sind besser entwickelt. Sie lernen selbstständiges Denken, können sich gut konzentrieren und entwickeln früh soziale Fähigkeiten. Deshalb sollten alle Eltern (und Großeltern) ihre Kinder regelmäßig auf spannende Abenteuerreisen im Kopf schicken, zur Freude aller. Seit Beginn der Pandemie, ab März vorigen Jahres, bin auch ich zusammen mit meinem Lebensgefährten auf BücherReisen gegangen. Jeden Abend haben wir uns vorgelesen: mindestens eine Stunde lang. Eine bunte Mischung aus den eigenen Beständen, je nach Lust und Laune: „Die Pest“ (Albert Camus), „Robinson Crusoe“ (Daniel Defoe), „Don Quijote“, Teil I (Miguel Cervantes), „Stopfkuchen“ (Wilhelm Raabe), „Der Stechlin“ (Theodor Fontane), „Orlando“ (Virginia Woolf), „Der fliegende Berg“ (Christoph Ransmayr) „Die schöne Frau Seidenmann“ (Andrzej Szczypiorski), „Taghaus, Nachthaus“ (Olga Tokarczuk), „Der Wiedergänger“ (Michael Zeller).

Ob Romane auf der Bühne (Moby Dick), die Seelenzustände der Expressionisten im Von der Heydt-Museum (einst von der Kritik in Barmen höhnisch verlacht), ein Porträt des zeitgenössischen Komponisten Ulrich Leyendecker oder das Tanztheater Wuppertal auf neuen Wegen mit Richard Siegal, dem amerikanischen Regisseur und Choreografen: In allen Künsten ist das Gedächtnis der Welt aufgehoben. Ein kostbares Gut. Jetzt aber Schluss – es wird Zeit für Don Quijote, zweiter Teil, für den Kämpfer (gegen Windmühlen), den „Mann des Volkes, der Macht, Geld, Gewalt und Krieg sein Leben lang innig verneint hat“ (Thomas Mann). Ein Ende hat auch mein schönes Ehrenamt als Vorsitzende des Literaturhauses Wuppertal e.V. Nach 25 Jahren wird es Zeit für neue Kräfte, neue Ideen mit neuen technischen Möglichkeiten. „Das Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben.“ (Theodor Fontane) Wir hoffen und wünschen, dass das Heute, das Neue, wenn es alt ist, auch Anspruch hat, geliebt zu werden. Anne Linsel

Vorgelesen wird auch im Literaturhaus Wuppertal im Haspelhaus 83, seit fast 25 Jahren. Lange Zeit war es in dieser Stadt der einzige Ort für regelmäßige literarische Veranstaltungen, später auch in Kooperationen, z.B. die „Literarische Teezeit“ im Skulpturenpark Waldfrieden oder „kunsthochdrei“ im Von der Heydt-Museum.

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Wir wurden in ferne Länder und Städte entführt, tauchten in vergangene Zeiten ein, begegneten (wieder) Menschenschicksalen mit ihren Träumen, Hoffnungen, Enttäuschungen, mit Mut und Wut und Verzweiflung. Diese Vorlesestunden sind erkenntnisreiche Glücksstunden, Stoff für anschließende (Streit-)Gespräche.

Seit etlichen Jahren geht es mittlerweile in mehreren anderen Institutionen literarisch höchst lebendig zu. Doch auch die anderen Künste - Musik, Malerei, Bildhauerei machen Wuppertal als Stadt attraktiv, wie in diesem Heft nachzulesen ist.

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Inhalt 4 Dr. Roland Mönig kuratiert seine erste Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal

„Der Expressionismus ist meine Leidenschaft“

Doppeljubiläum: 25 Jahre Kunstmuseum Solingen/ 75 Jahre Bergische Kunstausstellung

„Blick nach vorn“

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Der Bergische Kunstpreis geht 2021 an Pascal Sender und sein Bild „Exit“

Von „on the go“ zum Gemälde

Zum 120. Geburtstag der Wuppertaler Künstlerin Sulamith Wülfing

Im Reich von Engel, Elfen und Co. Internationales Kulturprojekt verbindet Wexford (Irland) mit Wuppertal

Here/THERE

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Wenn der Vater mit den Kindern einmal aufspielt ...

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Jazz en famille – das Wolfgang Eichler Trio Diaz/Lorente Y Más: „miLoca“

Klingt nach mehr

Neun Tage – neun Orte

Wuppertaler Jazzmeeting Einige Gedanken zum Wuppertaler Komponisten Ulrich Leyendecker von Lutz-Werner Hesse

„Neue Einfachheit“? Kulturnotizen

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Neues aus der Kuturszene

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46 Robert Sturm lässt Moby Dick in den Wuppertaler Riedelhallen stranden

Finster schönes Traumgedicht auf Glanz und Elend des Menschen Beobachtungen zur Entstehung von Richard Siegals neuer Choreografie für das Tanztheater Wuppertal

Ectopia

Frank Ns faszinierend schöner und wütender Beitrag zum Engelsjahr

Oh Karl

Ein Rückblick auf die Geschichte des Vereins „Literaturhaus Wuppertal e.V.“

Für die Dichtung streiten

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Festival „Brötz 80!” versammelte zwei Generationen Brötzmann und internationale Helden des Free Jazz im Café Ada

„Sounds like whoopataal“ – immer noch Kulturtipps

Das filmisch-performative Projekt „Arbeit:Mensch:Utopia“ reflektiert Facetten der Arbeit

Von Homeoffice bis honorarfrei Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch

Beuys und die Migration der Tiere

Ausstellungen, Musik, Bühne, Literatur, Vortrag

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Kulturtipps

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Impressum

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für Kinder und Jugendliche

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4 Ernst Ludwig Kirchner, Frauen auf der Straße, um 1914, Öl auf Leinwand, Von der Heydt-Museum Wuppertal

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„Der Expressionismus ist meine Leidenschaft“

Dr. Roland Mönig kuratiert seine erste Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal Im Interview mit der besten Zeit erläutert er, was das Besondere an der Ausstellung „Brücke und Blauer Reiter“ im Von der Heydt-Museum ist, und warum er dabei mit dem Buchheim Museum der Phantasie und den Kunstsammlungen Chemnitz kooperiert. Außerdem zieht er eine erste Bilanz seiner Arbeit in Wuppertal.

Was zeichnet die drei kooperierenden Sammlungen aus? Wie ergänzen sie sich in diesem Fall? Alle drei Häuser hüten bedeutende Werke der beiden Künstlergruppen „Brücke“ und „Blauer Reiter“, die unsere Vorstellung vom Expressionismus als Phänomen und Epoche entscheidend bestimmen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Genese aber hat jede der drei Sammlungen ihre eigenen Schwerpunkte. Nimmt man sie zusammen, entsteht ein erstaunlich vollständiges und facettenreiches Bild der Epoche. Das Von der Heydt-Museum, 1902 eröffnet, wurde gegründet und stets gefördert von einem wohlhabenden Bür-

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Dies ist die erste von Ihnen kuratierte Ausstellung in Wuppertal. Was ist Ihnen dabei wichtig? Zunächst einmal möchte ich sagen, welch großer Glücksfall das ganze Projekt aus meiner Sicht ist. Die Kunst des Expressionismus hat mich schon lange beschäftigt. Sie ist meine alte Leidenschaft und zugleich mein langjähriges wissenschaftliches Spezialgebiet. In meiner Dissertation habe ich die Malerei Franz Marcs, des Mitbegründers des „Blauen Reiters“, mit der Dichtung Georg Trakls vergli5

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Wie ist die Idee zu der Ausstellung entstanden? Die Idee entstand im angeregten Gespräch unter Kollegen. Daniel Schreiber vom Buchheim Museum in Bernried gab den ersten Impuls, und Frédéric Bußmann von den Kunstsammlungen Chemnitz und ich waren sofort Feuer und Flamme. Uns allen war klar, welche einzigartige Chance in diesem Projekt steckt: Drei hochrangige Sammlungen zum deutschen Expressionismus, angesiedelt an weit voneinander entfernten Orten im Süden, im Westen und im Osten der Republik, tun sich zusammen, um ein Schlüsselthema der Kunstgeschichte darzustellen – das mussten wir einfach machen. Dabei muss man betonen: Eine Zusammenschau von „Brücke“ und „Blauem Reiter“ hat es seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr gegeben. Es ist lange überfällig, dieses entscheidende Kapitel moderner Kunst in Deutschland für eine neue Generation aufzubereiten und neue Fragen an die Werke heranzutragen – gerade deshalb, weil viele von ihnen enorm populär sind.

gertum, das sich begeistert der damals zeitgenössischen Kunst und folglich auch dem Expressionismus öffnete. Parallel dazu entwickelte sich die Kunsthalle in Barmen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gleichsam zu einem Epizentrum der Moderne. Fast alle namhaften expressionistischen Künstler wurden dort in Einzelpräsentationen gewürdigt. So entstanden hochrangige Sammlungen zum Expressionismus im Tal der Wupper, die bis heute die Basis unserer Bestände bilden. Ikonische Hauptwerke wie Kirchners „Straßenszene“, Marcs „Blauschwarzer Fuchs“ oder Jawlenskys „Mädchen mit Pfingstrosen“ wurden damals erworben und gehören heute zu den weltbekannten Schätzen des Von der Heydt-Museums. Bei den Kunstsammlungen Chemnitz handelt es sich um eine traditionsreiche städtische Sammlung, die in der Herzregion der „Brücke“-Künstler aufgebaut wurde: Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner verbrachten Teile ihrer Kindheit und Jugend in Chemnitz, Karl Schmidt-Rottluff wurde im heute eingemeindeten Rottluff geboren. Vor wenigen Jahren ist ergänzend zu den „Brücke“-Beständen im Haupthaus die Sammlung des früheren Münchner Galeristen Gunzenhauser mit Bildern des „Blauen Reiters“ hinzugekommen. Sie werden in einem eigenen, nach dem Sammler benannten Museum gezeigt. Das Buchheim Museum der Phantasie in Bernried schließlich vertritt einen anderen Museumstypus: Es ist ein reines Sammler- und Stiftermuseum. 2001 von dem Künstler, Schriftsteller und Sammler Lothar-Günther Buchheim gegründet, beherbergt es dessen private Sammlung, die für ihre ausgezeichneten Bestände zum „Brücke“-Expressionismus bekannt ist.

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chen. Es ist wunderbar, hier in Wuppertal meine Visitenkarte als Kurator ausgerechnet mit einer Ausstellung abgeben zu können, die eine Epoche aufarbeitet, mit der ich mich schon lange und intensiv wissenschaftlich beschäftigt habe. Wichtig an der Ausstellung ist mir zweierlei: Erstens möchte ich deutlich machen, welche enormen Schätze wir in der expressionistischen Kunst, bei „Brücke“ und „Blauem Reiter“, haben. Vieles ist vertraut, wird aber gerade deshalb kaum mehr bewusst wahrgenommen. Und noch viel mehr, insbesondere im Bereich der Grafik ist über lange Jahre gar nichts zu sehen gewesen. Die Ausstellung wird also auch eine Entdeckungsreise in unsere eigene Sammlung werden. Zweitens geht es mir darum, eine entscheidende Phase der Kunstgeschichte für ein neues Publikum unter neuen Aspekten vorzustellen. Und da spielen natürlich die vielen Leihgaben, die wir zu Gast haben werden, eine wichtige Rolle. Wir beschäftigen uns beispielsweise mit den Netzwerken, in denen die Künstler sich bewegten und die sie nutzten, um Galeristen und Sammler zu finden oder Ausstellungen zu organisieren. Und wir fragen, welche Rollen die Frauen in den beiden Formationen spielten oder wie aus heutiger Sicht ihr Umgang mit außereuropäischer Kunst zu bewerten ist.

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Was hat Sie speziell an den beiden Künstlergruppen interessiert? Welche neuen Erkenntnisse haben Sie dabei gewonnen? Ich hoffe, dass wir mit der Ausstellung vermitteln können, was für ein komplexes Phänomen der Expressionismus ist. Man kann die üblichen Schlagworte verwenden und sagen, im Expressionismus, bei „Brücke“ und „Blauem Reiter“, gehe es um die Befreiung von Farbe und Form von akademischen Vorgaben, von einem normativ gesetzten Naturalismus. Und hinzufügen, beide Künstlergruppen hätten gleichermaßen mit den akademischen Normen gesellschaftliche Zwänge überwinden wollen. Das ist sicher irgendwie korrekt. Aber unter der Oberfläche dieser schnell erkennbaren Gemeinsamkeiten schlummern viele andere Themen und manche Widersprüche. Wenn die Künstler der „Brücke“ einerseits und des „Blauen Reiters“ andererseits das Gleiche tun, so ist das keineswegs immer dasselbe. Nicht zuletzt daher rühren die Missverständnisse und Auseinandersetzungen zwischen ihnen. Aber auch innerhalb der beiden Formationen spürt man Spannungen – es sind die Spannungen einer Zeit, in der vieles im Umbruch war und die letztlich in die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts mündete: den Ersten Weltkrieg. In den Werken der Expressionisten trifft der Moloch

Großstadt auf die Vorstellung von Idylle und Paradies, in ihnen steht eine mitunter scharf zugespitzte Figürlichkeit im Kontrast mit dem Aufbruch in die Abstraktion. Diese Gegensätze werden in der Ausstellung spürbar werden. Was war das Revolutionäre der Künstlergruppen damals? Worin unterscheiden sich die Arbeiten der Künstlergruppen? Das Manifest der „Brücke“ bringt es auf den Punkt: Man wolle „unmittelbar und unverfälscht“ arbeiten, heißt es da. Kandinsky, das Master Mind des „Blauen Reiters“, formulierte es etwas feinsinniger und sagte, in der Kunst komme es ausschließlich auf die „innere Notwendigkeit“ an. Wie auch immer: Revolutionär an der Kunst der Expressionisten war und ist bis heute das Vertrauen auf die eigene Subjektivität. Beide Künstlergruppen verstanden sich als Vorreiter eines neuen Sehens, eines neuen Fühlens, eines neuen Denkens. Sie erwarteten eine neue Zeit und eine neue Welt und wollten ihren Beitrag dazu leisten, dass sie hereinbrach. Andererseits waren „Brücke“ und „Blauer Reiter“ sehr verschieden. Das beginnt schon auf der organisatorischen Ebene. Wir nennen sie ja immer die beiden prägenden „Künstlergruppen“ des Expressionismus. Ich habe das in unserem Gespräch auch getan – weil es einfach griffig klingt. Genau genommen ist die Sache aber komplizierter. Die „Brücke“ war in der Tat eine „Künstlergruppe“ im strengen Sinn des Wortes: 1905 in Dresden gegründet von vier Freunden, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl. Und diese Künstlergruppe blieb – mit einigen Fluktuationen (so schied etwa Bleyl früh aus, dafür kam Pechstein hinzu) – rund acht Jahre beieinander. Erst 1913 in Berlin brach die Gemeinschaft endgültig auseinander. Man malte zusammen, man organisierte Ausstellungen zusammen, man suchte auch privat große Nähe zueinander. In einer besonders fruchtbaren Phase, um 1909/10, ist der formale Einklang zwischen den Künstlern derart groß, dass man fallweise Schwierigkeiten hat zu unterscheiden, von wem welche Arbeit stammt. Der „Blaue Reiter“ funktionierte ganz anders. Es handelte sich nicht um eine fest umrissene Künstlergruppe, sondern um eine eher lockere Formation, an der Jahreswende 1911/12 zusammengerufen auf die Initiative von Franz Marc und Wassily Kandinsky, die ein Buch, einen „Almanach“, herausbringen wollten, der ein Bild der aktuellen Entwicklungen und Fragestellungen im Bereich von Kunst und Kultur zeichnen sollte. Demzufolge war man stärker als die „Brücke“ an Theorie interessiert. Nicht nur bildende Künstler gehörten zum „Blauen Reiter“, auch Komponisten und Kunstkritiker. Es

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Erich Heckel, Der schlafende Pechstein, 1910, Öl auf Leinwand, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See

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8 Wassily Kandinsky, Improvisation Sintflut, 1913, Öl auf Leinwand, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München

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Wassily Kandinsky, Improvisation Sintflut, 1913, Öl auf Leinwand, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München

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Gabriele Münter, Stillleben mit Madonna und Teekanne, 1912/13, Öl auf Malpappe, Kunstsammlungen Chemnitz - Museum Gunzenhauser, Eigentum der Stiftung Gunzenhauser, Chemnitz, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

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war buchstäblich eine bunte Truppe. Außer dem Buch „Der Blaue Reiter“, das in zwei Auflagen erschien, trat die nach ihm benannte Gruppierung nur zweimal in Ausstellungen in Erscheinung.

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Warum spielen die Künstler der beiden Gruppen heute noch eine so große Rolle? Wen haben sie wie beeinflusst? Worin sieht man das vielleicht heute noch? Bis heute spürt man die Energie in den Arbeiten von „Brücke“ und „Blauer Reiter“ – eine Frische und einen Geist von Aufbruch und Neubeginn, der ansteckend wirkt. Sie haben Konventionen gesprengt und eine neue Vorstellung von Kunst und ein neues Bild des Künstlers begründet. Generationen konnten sich darauf berufen. Nach 1945 wurde die Kunst von „Brücke“ und „Blauem Reiter“, wurde der Expressionismus insgesamt zum Fanal der Freiheit stilisiert. Seine Vertreter, in der Mehrheit von den Nationalsozialisten als „entartet“ gebrandmarkt, verkörperten eine vermeintlich unbelastete Moderne, galten als Wegbereiter einer wiedergewonnenen Freiheit. In unserer Ausstellung ist das in einer Art Epilog angedeutet: In einem eigenen Raum zeigen wir Malerei der Nachkriegszeit aus unserer Sammlung – Werke des Informel und des Abstrakten Expressionismus. Aber wenn man die Expressionisten derart idealisiert,

vergisst oder ignoriert man die inneren Konflikte und Widersprüche, in die sie selbst sich verwickelt hatten. So ist beispielsweise Franz Marc, der vermeintlich sanftmütige Maler der Tiere, mit voller Überzeugung und in falsch verstandenem Patriotismus in den Ersten Weltkrieg gezogen und darin umgekommen. Oder nehmen Sie den berühmten Fall Emil Nolde: Er biederte sich – allerdings vergeblich – den Nationalsozialisten an, im festen Glauben an seine Sendung als „deutscher“ Künstler. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher? Die Ausstellung umfasst insgesamt rund 160 Werke: knapp 90 Gemälde und gut 70 Arbeiten auf Papier, schwerpunktmäßig aus dem Zeitraum 1905 bis 1914. Alle bedeutenden Künstlerinnen und Künstler sind vertreten: für die „Brücke“ Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein, Emil Nolde und Otto Mueller; für den „Blauen Reiter“ Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, August Macke, Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin und Paul Klee. Besonders aufregend ist, dass wir eine Reihe von bedeutenden Gemälden der „Brücke“ zeigen können, die außerhalb der Sammlung Buchheim noch nie zu sehen waren. Und dann kommen noch Leihgaben aus weiteren international renommierten Häusern hinzu, die gezielt ergänzen, was in den drei Partnermuse-

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Franz Marc, Schafe, 1912, Öl auf Leinwand, Saarlandmuseum – Moderne Galerie, Saarbrücken, © bpk/SSK Tom Gundelwein

Sie sind nun seit anderthalb Jahren Direktor des Von der Heydt-Museums – und sind im April 2020 in nicht gerade einfache Zeiten gestartet. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz Ihrer ersten Zeit am Wuppertaler Museum aus? Es war eine eigentümliche Zeit, das muss ich sagen. Nicht nur für das Museum und für mich als „Neuen“ hier in Wuppertal. Für uns alle. Dennoch ziehe ich eine positive Bilanz. Wir haben immer wieder neu und umplanen müssen, vieles musste verschoben oder anders gedacht werden. Und natürlich haben wir unser Publikum vermisst, den Kontakt und den Austausch mit den Menschen. Denn für sie machen wir ja Museum. Beglückend war für mich, die Energie im Team zu spüren. Alle sind mit viel Engagement, guten Ideen und Leidenschaft an der Arbeit. So haben wir neue digitale Kommunikations- und Vermittlungsformen gefunden. Und wir haben uns Themen vorgenommen, die normalerweise erst später auf der Agenda gestanden hätten. So haben wir etwa die Website grundlegend überarbeitet. Jetzt spiegelt sie in der Tiefe und Breite ihrer Angebote endlich die Bedeutung des Museums und den Rang seiner

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Sammlung wider. Und macht – so hoffe ich jedenfalls! – vielen Menschen noch mehr Lust auf einen Besuch im Von der Heydt-Museum. Wie haben Sie die Stadt bisher erlebt, trotz aller Krisen? Ich fühle mich sehr wohl in Wuppertal. Gerade Corona und die unselige Flutkatastrophe im Sommer haben mir viele liebenswerte Seiten dieser Stadt gezeigt, die ja durchaus ihre Brüche hat. Ich habe große Solidarität und Einsatzbereitschaft erlebt, lebendigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, stete Unterstützung durch unsere Freunde und Förderer. Was will man mehr?

Brücke und Blauer Reiter 21. November 2021 bis 27. Februar 2022 Eine Ausstellung von Buchheim Museum, Bernried am Starnberger See, Kunstsammlungen Chemnitz und Von der Heydt-Museum Wuppertal. Von der Heydt-Museum Wuppertal Tel. 0202 563 6231 www.von-der-heydt-museum.de 11

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en fehlt. So erwarten wir hochkarätige Gemälde u.a. aus dem Lenbachhaus in München, dem Kunstmuseum Moritzburg Halle, der Kunsthalle zu Kiel oder dem Stedelijk Museum Amsterdam.

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„Der Blick geht nach vorn“

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Doppeljubiläum: 25 Jahre Kunstmuseum Solingen 75 Jahre Internationale Bergische Kunstausstellung

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Gegenwartskunst, Konzerte mit jungen Pianistinnen und Pianisten und Museumspädagogik sind die Schwerpunkte des Kunstmuseums Solingen. Und mit dem Motto „Blick nach vorn“, welches Gisela Elbracht-Iglhaut, Direktorin des Kunstmuseums seit 2020, ausgab, wird der Geist des Hauses gut beschrieben. Das Kunstmuseum Solingen feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum, wobei die stets wachsende Solinger Kunstsammlung schon seit 1938 existiert. Solinger Bürger, darunter Arthur Dorp, hatten der Sammlung Gemälde von Franz von Stuck, Anselm Feuerbach, Lovis Corinth, Hans Thoma, Albert Bierstadt u.a. vermacht.

Albert Bierstadt, 1830 in Solingen geboren, sozusagen also Urahn der Malerei in Solingen, wurde ein bedeutender Maler in den USA. Seine großformatigen Bilder hängen nicht nur in Solingen, sondern auch im Metropolitan Museum New York und im Washingtoner Capitol. Die romantischen Landschaftsbilder von Friedrich August de Leuw (Düsseldorfer Malerschule des 19. Jahrhunderts) gehören ebenso zum Grundstock der Sammlung wie die Werke Johann August Preusses (Meisterschüler Paul Klees) und dessen Freundes, dem Maler und Widerstandskämpfer Ernst Walsken, zugleich langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender des Vereins Solinger Künstler. Seine Bilder, die im KZ des Emslandes entstanden, sind von besonderer Ausdruckskraft.

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Eröffnung Bergische Kunstaus-

„Die Stadt steht zu ihrem Museum“, versicherte Oberbürgermeister Tim Kurzbach bei der Einführung der neuen Museumsdirektorin im Januar 2020, und das trotz des „Solinger Fenstersturzes“, der Installation von Rudolf Scholl im 1. Stock links am Fenster des ehemaligen BürgermeisterDienstzimmers (bis 1944). Das Gebäude teilt sich das Kunstmuseums seit 2015 mit dem Zentrum für verfolgte Künste. Diesaes widmet sich gründend auf die Sammlungen Gerhard Schneider und Jürgen Serke, ausschließlich durch Diktaturen unterdrückten Künstlerinnen und Künstlern. Kunstmuseum Solingen im Neuschnee, Foto: Peter Herrmann

„Den wichtigsten Teil der Sammlung bildet der Nachlass Georg Meistermanns (1911 bis 1990), der aus Solingen stammt und als Schüler Matarés nicht nur Gemälde und Grafiken schuf, sondern auch wichtige Kirchenfenster und Bauwerke im öffentlichen Raum. Schon wegen seines Werks lohnt sich der Besuch der Sammlung hier im umgebauten, ehemaligen Gräfrather Rathaus“, sagt die Museumsdirektorin im Gespräch.

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Im Kunstmuseum fand nicht nur die städtische Kunstsammlung eine Heimat. Die Sammlung der Max-KratzStiftung brachte 134 Skulpturen ein. Der Bildhauer Max Kratz (1921 bis 2000) schuf nicht nur das Bergarbeiterdenkmal („Steile Lage“) auf dem Europaplatz in Essen, sondern u.a. auch das Bandwirkerdenkmal in Wuppertal-Ronsdorf. 2021 feiert man in Solingen ein Doppeljubiläum. Das Kunstmuseum besteht 25 Jahre, und die Internationale Bergische Kunstausstellung findet in diesem Jahr zum 75. Mal statt. 13

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stellung, 2017, Foto: Christian Beier

Der Elberfelder Architekt Arno E. Fritsche hatte es entworfen. Er war zwischen 1895 und 1929 infolge seiner zahlreichen Kirchenbauten weithin geschätzt. Auch die Sonnborner Hauptkirche in Wuppertal (1918 bis 1926 erbaut) und das Bürgerhaus in Langenberg wurden nach seinen Entwürfen gebaut. Der neubergische Heimatstil im Gefolge des Historismus entfaltet noch heute seinen Charme. Das repräsentative Gräfrather Rathaus wurde nach der Gründung der Großstadt Solingen im Jahre 1930 überflüssig und beherbergte bis zur Nutzung durch das Deutsche Klingenmuseum (ab 1954) verschiedene Behörden und Dienststellen, auch NS-Einrichtungen. Nach dem Krieg war es wegen Zerstörungen wiederaufgebaut worden. Als das Klingenmuseum ob der zunehmenden Größe seiner Sammlungen dort aus- und in das vom Stararchitekten Josef Paul Kleihues umgebaute Chorfrauenstift Gräfrath (gegründet 1185) zog, konnte das Rathaus anders genutzt werden. Der Kunstverein veranstaltete dort Ausstellungen, und unter der Führung der Witwe Georg Meistermanns und der Sammler Ilse und Kurt Baden bzw. der von ihnen 1974 gegründeten Bürgerstiftung Solingen entstanden Pläne für ein Kunstmuseum. Nach Renovierung, Umbau und Erweiterung wurde das Kunstmuseum Solingen als „Museum Baden“ in Anwesenheit von Johannes Rau als gemeinnützige GmbH eröffnet, da die Finanzierung des Betriebs zu zwei Dritteln durch Stiftungserträge, Sponsoring und Mäzenatentum, Spenden und selbsterwirtschaftete Mittel erfolgt.

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Führung im Kunstmuseum Solingen mit der legendären Mary Bauermeister, Foto: Christian Beier

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Sie wurde 1946 von Solinger Künstlern gegründet, die nach der NS-Katastrophe in Freiheit zusammenkommen, Kunst zeigen und diskutieren wollten. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Ernst Walsken und Willi Deutzmann. Otto Dix und Conrad Felixmüller nahmen früh an der Kunstausstellung teil, auf der Jahr für Jahr Kunstschaffende der Region ausstellen.

Im Kunstmuseum Solingen wurden u.a. Karl-Otto Götz, Armin Müller-Stahl, die mit 37 Jahren tragisch zu Tode gekommene Gertrud Kortenbach mit Einzelausstellungen geehrt. An sie erinnert die vor dem Museum stehende Skulptur „Engel“. Ein Höhepunkt der Einzelausstellungen war auch die von Mary Bauermeister, der „Mutter der Fluxusbewegung“.

In diesem Jahr erhält Pascal Sender den anlässlich der Ausstellung verliehenen und mit 10 000 Euro dotierten Bergischen Kunstpreis. Dieser wird seit 1987 zur Förderung bergischer Kunst nur an professionelle Kunstschaffende vergeben, aktuell von der National Bank gesponsert und überregional zur Kenntnis genommen. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Cornelius Völker (Professor an der Kunstakademie Münster), Sabrina Fritsch und Stefan Kürten (Professoren der Kunstakademie Düsseldorf). Zusätzlich zum durch eine Jury ausgewählten Hauptpreis werden Publikumspreise von 1 500, 1 000 und 500 Euro vergeben.

Daneben wird im Museum einmal jährlich junge Kunst von Künstlerinnen oder Künstlern gezeigt, die Bezug zum Bergischen Land sowie zu den umliegenden Städten haben. Auf diese Weise werden zusätzliche Besucher aus Wuppertal, aber auch aus Düsseldorf und Köln angezogen. Die Jahresschau des Vereins Solinger Künstler ergänzt diese Blicke auf die Gegenwartskunst. Darüber hinaus fördert das Museum junge Musikerinnen und Musiker durch ein erstklassiges Konzertprogramm. Konzerte der Jungen Pianisten Elite gehören seit 1996 zum

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Der dritte Schwerpunkt des Kunstmuseums Solingen besteht in der Museumspädagogik. Jahr für Jahr werden mehr als hundert Schulklassen durch die Ausstellungen geführt. Und bei dem Projekt Klasse Kunst – Solinger Schulen stellen aus setzen sich Schülerinnen und Schüler mit Kunst auseinander und betätigen sich künstlerisch. Dazu wurden Kooperationsverträge mit zehn weiterführenden Schulen geschlossen. Die Werke der Jugendlichen werden stets unter großer Publikumsbeteiligung im Rahmen einer Ausstellung des Museums gezeigt. Doch auch Jüngere haben die Gelegenheit, kreativ zu werden: Ateliervormittage für Sechs- bis Zwölfjährige bieten Einführungen und die Vermittlung künstlerischer Techniken für diese Altersgruppe. Und mit dem Jugendkunstclub lädt man Jugendliche ab 13 Jahren ins Museum ein. Die oft studentischen Pädagoginnen sind selbst nah an der Zielgruppe und verstehen es, den Jugendlichen Einblicke in die Welt der Kunst und deren Sujets zu verschaffen. „Jugendkultur“ hat hier eine andere, auch zukunftsträchtige Bedeutung. Denn: Die Kinder von heute sind das Publikum von morgen. Die Solinger sind stolz auf ihr Kunstmuseum und engagieren sich ehrenamtlich. Finanzierung, Museumsaufsicht, Organisation, Steuerberatung und Finanzplanung, Haustechnik und Museumsladen werden von diesem Engagement getragen. Das Café Junkbrunnen im Untergeschoss des Museums bzw. im Sommer im Garten lockt mit kulinarischen Genüssen, bei denen es sich trefflich über Kunst und Konzert diskutieren lässt.

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Und der Blick nach vorn? Auf der Webseite des Kunstmuseums www.kunstmuseum-solingen.de kann man schnuppern und entdeckt etwa: „Solingen isst bunt“: Der FocacciaWettbewerb ergab appetitanregende essbare Kunstwerke. Und die Zeichnungen der Sechs- bis Zwölfjährigen beim Malwettbewerb Karneval digital zeigen eindeutig, dass Joseph Beuys recht hatte mit seinem Mai-Gedicht: „Jeder Mensch ist ein Künstler“ – erst recht die Kinder. Ob die zahlreichen digitalen Angebote des Museums zu Coronazeiten den Weg in die Zukunft zeigen? Sie werden auf jeden Fall ausgeweitet werden. Geplant ist, die städtische Kunstsammlung Interessierten in Gänze auch digital zur Verfügung zu stellen. Inwieweit Malerei auf Papier oder auch die skulpturale Kunst durch solche Angebote ersetzt werden wird, ist schwer vorherzusagen. Und ob zunehmende Online-Präsenz eines Tages auch das Verhältnis zur Kunst und den Kunstgenuss signifikant verändern wird, bleibt natürlich offen. Im Solinger Museum bleibt die Kunst jedenfalls präsent; hier wird es immer um deren leibhaftige Gegenwart, um das unmittelbare Betrachten der Werke gehen. Und davon profitiert auch der Jugendkunstclub-Besucher von heute. Dessen ist sich die Museumsdirektorin sicher. Johannes Vesper 75. Internationale Bergische Kunstausstellung Kunstmuseum Solingen Wuppertaler Str. 160, 42653 Solingen, bis 21. Oktober 2021 Geöffnet: Di-So 10-17 Uhr, Führungen: sonntags 11.15 Uhr

Werke von Felix Breidenbach, Rike Droescher, Sebastian Fritzsch, Josephine Garbe, Camillo Grewe, Ryo Kinoshita, Danila Lipatov & Karen Zimmermann, Philipp Naujoks, Fynn Ribbeck, Jan-Luka Schmitz, Pascal Sender, Denise Winter

Museumspädagogik, Foto: Kunstmuseum Solingen

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Programm des Museums. Viele der jungen Musikerinnen und Musiker, die in diesem Rahmen aufgetreten sind, haben damit ihre internationale Karriere begründet: Igor Levit, Katia Buniatishvili, Nikolai Tokarew, Alice Sara Ott u.a. Auch durch weitere musikalische Veranstaltungen erweckt das Museum immer wieder Interesse. Unvergessen ist die 2014 im Museum erfolgte Uraufführung der Lieder des australischen Komponisten George Dreyfus nach Texten von Else Lasker-Schüler.

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Von „on the go“ zum Gemälde

Der Bergische Kunstpreis geht 2021 an Pascal Sender und sein Bild „Exit“

Der Künstler in seinem Atelier mit seinem Siegerbild x

Schnell und doch bedächtig, Anglizismenfreund und sprachsensibel: Pascal Sender ist Träger des 75. Internationalen Bergischen Kunstpreises 2021, seine Kunst startet spontan, und gern sagt er Dinge wie „on the go“, „weird“ oder „spooky“. Hilft nichts – der Mann ist ein angenehmes Gegenüber und reflektiert, was er tut: „Ich mache Malerei - in jeder Hinsicht.“

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Die Auszeichnung, seit 2012 verliehen vom Geldhaus „National Bank“, erhält der frühere Student der Düsseldorfer Kunstakademie für sein Werk „Exit“. Neben Gisela Elbracht-Iglhaut, Direktorin des Kunstmuseums Solingen, gehörten zur Jury Dr. Anna Fricke (Kuratorin des Folkwang-Museums), Dr. Thekla Zell (Kuratorin des Museums Morsbroich), Dr. Roland Mönig (Direktor des Von der Heydt-Museums), ferner Bankchef Dr. Thomas A. Lange sowie mit David Czupryn auch ein ehemaliger Preisträger.

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Auch „Exit“ spiegelt Tempo. Das gilt allgemein schon für den Rahmen, der das Ganze wörtlich umgibt und damit auch prägt: unverkennbar ein Smartphone und sein Display. Und nicht nur durchs Wort „Mobiltelefon“ ist das so zeittypische Allzweckgerät ja eng mit ständiger Mobilität verbunden. Was zeigt das Display? Die Uhrzeitanzeige ist ein dem Betrachter vertrautes Versatzstück; kombiniert ist sie mit Ansichten der Handykamera: Motive vom Bahnhof sowie das grüne, internationale Symbol für Fluchtwege, das gemeinhin so heißt wie der Titel. Dieses wird die Jury meinen, wenn sie in ihrer Begründung von „vertrauten semantischen Zeichen“ spricht.

Nicht nur dieses Werk Senders hat diese Struktur, zeigt sich in seinem Atelier. Es liegt im Düsseldorfer Stadtteil Unterbilk in einem einstigen Fabrikgebäude; beim Aufstieg durchs schroffe Treppenhaus passiert man ein paar Stahltüren. Großformatig hängen diese und andere Bilder an den weißen Wänden der weitläufigen Halle, in der er arbeitet. Ordentlich schaut es hier aus und vorzeigbar - beim Besuch war in der Tat just am Vortag seine Tür zur Atelierschau „Kunstpunkte“ für Publikum geöffnet. Den Arbeitsort bezeugt am Rand der Tisch mit Computer, im Raum ein Regal mit Werkzeug und Malutensilien. Den Begriff „Collage“, im Juryurteil gleichfalls verwendet, weist Sender nicht zurück, aber mit seinem Eingangszitat zum „Malen“ scheint er nach Präzisierung dazu zu suchen. An dieser Stelle einiges zum Vorgehen, wie es hinter dem Siegerbild und einigen weiteren steckt: Basis sind Aufnahmen mit der Handykamera - was sich zunächst „flüchtig“ nennen ließe. Zum fertigen Werk werden sie durch die Bearbeitung. Diese ist aufwendig, erstreckt sich gern einmal über ein Jahr - und kann dennoch in denkbar beiläufiger Form beginnen: noch unterwegs im Handyprogramm. Entsprechende „Tools“ imitieren den klassischen Pinsel und lassen den Künstler schon kurz nach der Aufnahme erste Modifikationen vornehmen. Malen ist das für ihn, „weil ich es mit meinem Finger mache“. Im Atelier dann wird ausgedruckt und der Ausdruck dem kreativen Zugriff unterzogen - eingehend, langwierig und diesmal materiell-physisch. Das erwähnte WerkzeugEquipment lässt es erahnen. Der Künstler nimmt sich alle Zeit fürs Gegenüber, doch zugleich glaubt man sofort, dass er jederzeit aufspringen und sich einen Pinsel greifen

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Pascal Sender, „Exit“, 2021, Mixed Media auf bedruckter Leinwand

eines Großgemäldes klassischer Art sieht: „last supper“ das letzte Abendmahl. Vielleicht steckt für Sender im Begriff „Collage“ auch zu sehr die Vorstellung, Bilder planvoll zusammenzufügen. Denn die Entstehung besagter Basis folgt ja dem Zufall oder, wenn man will, dem wachen Blick für Situationen. Die Sorgfalt gilt der Arbeit danach. Dass ein Motiv sich gerade anbot, scheint auch ihn selbst vor dem fertigen Bild zuweilen noch zu faszinieren. Gern zeigt er bei einem Bild schon einmal auf dieses oder jenes Detail, das erstaunlich passend scheint, staunt und versichert: Das habe er so vorgefunden.

könnte. Charakteristisch fürs Ergebnis und wieder digital ist zudem: die Integration von Netzfunden, Chatverläufen, E-Mail-Messages. Erst durch all dies und mehr ist es irgendwann fertig; ein limit finden muss man ja am Ende doch. Grundregel jedenfalls: Bevor Farbe ans Bild kommt, ist nichts finished. Ein prägnantes Gemälde an der Atelierwand beruht auf einer Momentaufnahme in einer Bar und lässt von dort ein Bierglas erkennen. Ein weiteres entstand aus der spontanen Draufsicht auf eine Rolltreppe samt Menschen. Ein Panorama-Querformat hier, das Sender nun im Kontext

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Klar ist aber, bei all dem gerade auch im Atelier betriebenen Aufwand: Der virtuelle Raum interessiert Sender in seinem Verhältnis zum analogen. Die Grenzen zwischen beidem, sieht er sie fließend? Nein, sein Punkt ist eher die Beeinflussung beider Sphären, wechselseitig. Womöglich liefert das sogar eine Erklärung, warum in Senders Kunst bei allem Momenthaften am Ende doch so viel Zeit und Hingabe steckt? Am Smartphone dauert es ja keine Sekunde, per Klick eine Ergänzung rückgängig zu machen. Droht da nicht das Risiko, sich zu gewöhnen und auch mit realem Pinsel uferlos zu korrigieren, verbessern, erweitern? Kein Risiko, stellt Sender freundlich richtig. „Eine opportunity.“ Martin Hagemyer 17

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Viel Technik, viel Bewegung fallen bei Sender sofort ins Auge. Das gilt nicht nur in puncto Produktion der Bilder, sondern auch bei Rezeption und Interaktion. Will sagen: Ganz selbstverständlich sind bei Werken QR-Codes angefügt und erlauben den Sprung ins Digitale, soweit man denn gerüstet ist zum Mitspringen. Da können die Betrachtenden unversehens ihr eigenes Gesicht als Teil eines Bildes auf ihrem Display wiederfinden und derlei Schwindelerregendes mehr. Gut und gern so interessant: Einblicke in den Prozess. Stufe für Stufe sind die Ergänzungen und sonstigen Schritte auf dem Weg zum Werk am Bildschirm nachvollziehbar. Die Genese, scheint es, ist für Sender nicht etwa nur Historie, sondern wichtiger Teil seines Kunstverständnisses.

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Im Reich von Engel, Elfen und Co. Zum 120. Geburtstag der Wuppertaler Künstlerin Sulamith Wülfing

Es gibt so Geschichten, da findet und findet man kein rechtes Packende. Es sei denn, man gesteht zu, dass sie einen geradewegs in die eigene Vergangenheit führen. So geht es

Mit meiner Schwärmerei war ich freilich nicht allein: Mitte der 1970er-Jahre erzielten ihre Arbeiten in Form von Postkarten, Postern und Kalendern Millionenauflagen; reißenden Absatz fanden sie vor allem auch in den USA. Ihre detailreichen Zeichnungen beseelter Natur, wo in jeder Blume eine Fee zu wohnen scheint, trafen den Nerv der „New Age“-Bewegung, und mit ihren Drachen, Gnomen, Trollen, Zwergen und Elfen hätte man umstandslos das gesamte boomende Genre der Fantasy-Literatur illustrieren können. Bilder von ihr schmückten Plattencover von Bands, deren Musik die im ländlichen Cronenberg lebende ältere Dame vermutlich nie gehört hat. Roger Daltrey,

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Der Bildband, erschienen 1992, ist ebenso wie die vielen von Sulamith Wülfing selbst illustrierten Bücher nur noch antiquarisch zu haben. Die einst so beliebten Porzellansammelteller mit ihren Motiven werden en masse für ein paar Euro auf Ebay verramscht. Die Sulamith-Wülfing-Stiftung, die ihr künstlerisches Erbe verwaltet, hat nicht einmal eine Webseite. Einzig der auf spirituelle Themen spezialisierte Aquamarin-Verlag hält noch ihre Fahne hoch und gibt jährlich einen Sulamith-Wülfing-Engelkalender heraus. Aus dem öffentlichen Bewusstsein ihrer Heimatstadt Wuppertal scheint die einst so populäre Künstlerin weitgehend verschwunden zu sein. Einzig eine kleine Straße unweit vom Uni-Campus Freudenberg erinnert an sie. Auf dem Straßenschild stehen ihre Lebensdaten: geboren 1901 in Elberfeld, gestorben 1989. 120 Jahre alt wäre sie also heuer geworden. Gefeiert wird sie nicht. Schon ihren hundertsten Geburtstag hatte man vergessen. Dabei hat Sulamith Wülfing immer noch viele Anhänger und Verehrerinnen auf der ganzen Welt, weiß Yvette Endrijautzki. Die Wuppertalerin, die viele Jahre in den USA lebte, ist vor drei Jahren in ihre Heimatstadt zurückgekehrt und hat im Luisenviertel die kleine Galerie Nautilus eröffnet, die sich der „phantastischen Kunst“ verschworen hat. Jetzt hat sie in den Solinger Güterhallen die Ausstellung „Die vergessene Tochter der Stadt“ organisiert. Eine Hommage an Sulamith Wülfing von 26 Künstlerinnen und Künstlern u.a. aus Deutschland, Österreich, USA, Iran, Mexiko und von den Philippinen, die sich mehr oder weniger direkt von ihr inspirieren ließen oder zu ihren Verehrern zählen. Auch einige wenige Drucke und illustrierte Bücher von Sulamith hat Endrijautzki zusammengetragen. 19

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mir mit Sulamith Wülfing. Eine ganze Serie großformatiger Karten mit den für sie so typischen Feenwesen und Engeln hingen in meinem Dachzimmer an der Wand, damals, Mitte der 1970er-Jahre. Gekauft in einem dieser mit Esoterikkram angereicherten „Indienläden“, in denen wir unsere Sehnsucht nach der großen Reise stillten, bis wir selbst aufbrechen würden mit dem VW-Bus über Land. Ganz bestimmt, spätestens nach dem Abitur. Als ich das geschafft hatte, träumte ich längst von ganz anderen Dingen. Und die Bilder von Sulamith Wülfing hatte ich von der Wand genommen. Sie gehörten schon einem anderen Lebensabschnitt an, der angefüllt gewesen war mit dämmrigen Teestunden bei Kerzenschein, Musik von Cat Stevens, stundenlangem Versinken in Tolkiens „Herr der Ringe“-Welt und dem muffigen Duft von Räucherstäbchen. Bis heute kann ich die Bilder von Sulamith Wülfing kaum anschauen, ohne dass mir der Geruch von Sandelholz und Patschuli in die Nase steigt. Und meine damalige Schwärmerei für Fantasy-Welten ist mir immer ein kleines bisschen peinlich geblieben. Wahrscheinlich ist das auch ein Grund dafür, dass ich jahrzehntelang einfach nicht mehr an Sulamith Wülfing und ihre Feen, Elfen und Engel gedacht habe.

Sänger der Rockgruppe The Who, besuchte sie dort wegen eines Cover-Auftrags, und angeblich sollen sogar die Beatles angefragt haben. Ihren Erfolg konnte sie bis zu ihrem Lebensende genießen. Zu ihrem 85. Geburtstag 1986 wurde sie überschüttet mit Blumen und Glückwünschen aus aller Welt, ihre zahllosen Bewunderer und Verehrerinnen hatten sie nicht vergessen. So erzählt es Marlene Maurhoff in ihrer großformatigen Monografie über Leben und Werk der Künstlerin.

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Märchen und Mythen haben ihre eigene Zeit, jenseits aller realen Zeitläufe. Folgt man der Überlieferung ihrer Lebensgeschichte, dann scheint alles von frühen, glücklichen Kindheitstagen geprägt, eingesponnen in eine Märchenwelt. Das Kind kommt am 11. Januar 1901 in Elberfeld zur Welt, heiß ersehnt von ihren christlich-evangelikalen, theosophischen Kreisen nahestehenden Eltern Carl-August und Hedwig Wülfing. Den Namen Sulamith entnehmen sie aus dem alttestamentarischen Hohen Lied der Liebe. Kurz nach der Geburt des Kindes ziehen sie in ein Häuschen raus aufs Land nach Hahnerberg, und Sulamith wächst auf in einem Idyll mit Garten und umgebender Natur, mit Bäumen, Bächen und Teichen und dem großen Hund der Hausbesitzerin als einzigem Spielkameraden. Sie entbehrt nichts, alles wird von ihr beseelt und „spricht“ zu ihr, seien es Blumen, Schnecken, Käfer, Frösche, Schmetterlinge, Libellen. All das wird sich später genau beobachtet und detailliert gezeichnet in ihren Bildern wiederfinden. Mit vier Jahren zeichnet sie ihren ersten Engel. Der jährliche Familienausflug führt nach Schloss Burg, wo sie es liebt, die Wand- und Deckengemälde mit den mittelalterlichen Bildwelten zu betrachten. Ihre frühe Kindheit nennt sie später selbst eine „Märchenexistenz.“

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Dass sie sich mehr gewünscht hätte, verleugnet die Galeristin nicht; aber es sei ihr nicht gelungen, an mehr Originale heranzukommen. Die Rechtelage in Bezug auf den Nachlass ist offenbar kompliziert; ein Aufruf in der örtlichen Tageszeitung, um Werke in Privatbesitz aufzuspüren, brachte nicht den erhofften Erfolg. So wird Sulamith Wülfing jetzt in einem Umfeld gefeiert, das zwar einerseits – wie schon zu Lebzeiten – von einer enthusiastischen Anhängerschaft und fortgesetzter Wirkung zeugt, sie aber andererseits auch für eine bestimmte Szene vereinnahmt. Was vermutlich nicht dazu beitragen wird, den Blick auf das Werk dieser Künstlerin neu zu öffnen.

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Das aber würde sich gewiss lohnen. Auch wenn (oder vielleicht gerade weil) man dabei schwerlich aus einem gewissen Zwiespalt herauskommen wird. Schon ihr Erfolg in den 1960er- und 70er-Jahren verdankte sich der großen inhaltlichen Schnittmenge zwischen ihren Sujets und spirituell orientierten Lebenswelten mit großer Affinität zu Engeln, Feen und dergleichen. Mit ihrem großen Christus-Zyklus von 1956/57, den sie lange Zeit geheim hielt, hat sie sich thematisch noch einmal weiter verengt und ist als Künstlerin endgültig aus der Zeit gefallen. Aber war sie das auf eine Art nicht schon immer?

Der erste Bruch, der einer Vertreibung aus dem Paradies gleichkommt, folgt schon fünf Jahre später mit der Geburt der Schwester Hedwig, dem Umzug in die Stadt kurz vor ihrer Einschulung und einer unglücklich verlaufenden Schulzeit. Das zarte, mit überreicher Fantasie begabte Kind scheint zu verkümmern. Der Vater nimmt sie mit ins städtische Museum, um sie aufzuheitern – und die Entdeckung der Kunst führt für sie zur Überwindung der Krise, bedeutet den Durchbruch zu ihrer lebenslangen Leidenschaft. Ihr Talent bricht sich Bahn, sie zeichnet wie besessen; die Eltern sind beunruhigt und besorgt, unterstützen sie aber auch. Carl Wülfing zeigt die Zeichnungen dem damaligen Museumsdirektor Prof. Friedrich Fries. Der bescheinigt ihr großes Talent und eine außergewöhnlich reiche Einbildungskraft und rät davon ab, ihr einen Zeichenlehrer zu suchen: Man solle sie in Ruhe lassen und ihr keinen fremden Stil aufprägen. Mit 16 Jahren geht Sulamith von der Schule ab und tritt in die Kunstgewerbeschule Barmen-Elberfeld ein. Mitten im ersten Weltkrieg beginnt für sie persönlich eine glückliche Zeit. Sie kann ihr Talent ausleben, wird gefördert, macht künstlerische Fortschritte und hat sogar schon außerhalb der Schule Erfolg: Die Buch- und Papierwarenhandlung, wo sie ihre Materialien kauft, nimmt von ihr

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Sulamith Wülfing und Otto Schulze (der Jüngere), 1925 in der Verlobungszeit

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gestaltete Visiten- und Grußkarten in den Verkauf. Auch während des Arbeitsdienstes im Telegrafenamt geht sie abends weiter zum Unterricht. 1918 kehrt der Sohn des Schuldirektors Otto Schulze jr. aus dem Krieg zurück und kommt als Zeichenlehrer an die Schule. Der nur drei Jahre Ältere, der seinen eigenen künstlerischen Weg verfolgt, lehrt sie, unterstützt, fördert. Zusammen verbringen sie ihre Freizeit im Kreis der Wandervogelbewegung. Die Verlobung erfolgt 1919, vorerst heimlich. 1921 schließt Sulamith die Schule mit exzellenten Noten ab.

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Otto organisiert eine Ausstellung im Museum mit ihrer beider Arbeiten, investiert in das riskante Unternehmen. Die Ausstellung wird ein großer Erfolg: Sie verkaufen gut und haben sich einen Namen gemacht. Im Museumsalmanach 1922/23 werden sie aufgeführt neben Ausstellungen von Andreas Achenbach, Lovis Corinth, Max Klinger, Max Slevogt und anderen. Weitere Ausstellungen folgen; Sulamith illustriert Märchen, Liederbücher und Gedichtbände von Rilke und Morgenstern. Die Nachfrage nach Druckerzeugnissen wächst und führt 1929 zur Gründung des eigenen Verlags. Das erste Buch mit 33 Zeichnungen Sulamiths trägt den Titel „Dürers kleine Tochter“ – der Dichter Max Jungnickel, von dem das Vorwort stammt, hatte sie so bezeichnet, um ihre Arbeiten zu beschreiben. Zu hoch gegriffen ist der Titel kaum, bezieht man ihn auf die handwerkliche Kunstfertigkeit ihrer Zeichnungen. Man mag darin aber auch schon das Gespür für Marketing erkennen, das dem Künstlerpaar über Jahrzehnte hinweg wirtschaftlichen Erfolg gesichert hat. Doch es gibt nicht nur Höhen, sondern auch tiefe Tiefen im Leben der beiden. Im Mai 1933 kommt das ersehnte erste Kind zur Welt und stirbt einen Tag später. Während der Erste Weltkrieg Sulamiths Leben noch recht unbeschadet

gelassen zu haben scheint, bringen die Kriegsjahre ab 1939 einen heftigen Bruch mit sich. Otto ist an der Front, Sulamith bleibt allein mit ihrer Mutter und dem zweiten, 1936 gesund zur Welt gekommenen Sohn in Cronenberg zurück. Wirtschaftlich und künstlerisch ist es eine schwierige Zeit. Schon 1935 waren Portfolios mit ihren und Ottos Arbeiten in Königsberg öffentlich als entartete Kunst verbrannt worden; Nachrichten von der Zerstörung ihrer Arbeiten erreichen sie auch aus Berlin und Leipzig. Goebbels lädt sie vor und macht Vorgaben, unter denen sie weiter arbeiten dürfe: Alle märchenhaften Elemente sollen verschwinden, vor allem keine Engel mehr und keine Aureolen um Blumen. Gewünscht: Motive von Mutter und Kind und mehr lachende Menschen. Nach ihrer eigenen Schilderung hat sie dem Ansinnen widerstanden. Die schweren Bombardements im Mai/Juni 1943, die halb Wuppertal in Schutt und Asche legen, veranlassen sie endlich, aus der Stadt zu fliehen. Sie findet mit Mutter und Sohn Unterschlupf bei einer Freundin im Elsass; ihr Haus und ihre Kunst zurücklassend. Das Haus wird im Mai 1944 zerstört, zusammen mit 250 Originalzeichnungen aus 25 Jahren. Wenige Tage vor Heiligabend 1945 kehrt Sulamith mit Sohn und Mutter nach Wuppertal ins völlig Ungewisse zurück. Eine Rückkehr wie aus einem Drehbuch mit dem Titel „Die Engel halten die Hand über sie“: Otto lebt und war aus amerikanischer Gefangenschaft freigekommen, das Haus ist dank ihrer Schwester wieder aufgebaut. Im Januar 1946 bekommen sie von der britischen Besatzungsmacht die Erlaubnis zur Wiedereröffnung des Wülfing-Verlages, und es geht sogleich wieder steil bergauf. Die Briten lieben ihre Arbeiten und kaufen viel. Als erste Nachkriegspublikation erscheint Weihnachten 1946 „Das Zwergenvolk“ mit zwölf Zeichnungen von Engeln, Zwergen und Blumen, Auflage 8000 Stück. Sie knüpfen nahtlos an den früheren Erfolg an und können ihn die folgenden Jahrzehnte hindurch fortsetzen. Sulamith zeichnet, und Otto managt den Verlag. Und auch seine Frau?

Da ist dieses Bild von der zurückgezogen lebenden, ganz ihrer Kunst hingegebenen zarten Person, die nur zeichnet, wenn sie wie von Ferne her die Inspiration dazu empfängt, und die man quasi vor der richtigen Welt beschützen muss, damit diese Quelle nicht versiegt … Wie viel von diesem Bild kommt der Realität nahe? Und wieviel davon verdankt sich wohl Otto Schulzes Gespür für erfolgreiches Marketing? Oder hat Sulamith Wülfing dieses Image durch ihre Kunst quasi unabsichtlich selbst hervorgebracht?

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Sulamiths Welt bleibt eine Gegenwelt, eine mythische, unveränderliche Welt jenseits der Zeitläufe. In die mit den Jahren allenfalls etwas süßlichere Farbtöne Einzug gehalten haben – was den Arbeiten nicht guttut. Es ist ein bisschen wie mit Sahnetörtchen – man muss aufpassen, nicht zu viele davon zu konsumieren. Was bleibt ist der Eindruck einer fantastischen Illustratorin von ebenso großer Könnerschaft wie Einbildungskraft, die sich aber in die Gefilde der Freiheit der Kunst nicht hat aufschwingen können. Dennoch würde es sich unbedingt lohnen, Leben und Werk von Sulamith Wülfing neu aufzuarbeiten, sie als Zeichnerin zu würdigen und aus der Räucherstäbchenecke herauszuholen. Ein Schattendasein als „vergessene Tochter der Stadt“ jedenfalls hat sie nicht verdient. Anne-Kathrin Reif

Die von Yvette Endrijautzki organisierte Ausstellung „Sulamith Wülfing – Die vergessene Tochter der Stadt“ in den Güterhallen, Alexander-Coppel-Straße 28, Solingen, läuft bis 15. Oktober 2021 (Eingang auf der Parkanlagen-Seite am Bauwagen) Geöffnet: sonntags, 14 - 18 Uhr und nach Absprache Telefon o212 185 36 Weitere Infos: www.nautilusstudio.net

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Abbildungen der Gemälde und Zeichnungen mit freundlicher Genehmigung des Aquamarin Verlages. Kunstkarten und Kunstdrucke von Sulamith Wülfing unter www.aquamarin-verlag.de Der Kunst-Katalog kann kostenlos angefordert werden: Aquamarin Verlag, Kammer 11, 83123 Amerang. 23

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Die schiere Menge, die sie produziert, während sich ihr einmal gefundener Stil über die Jahrzehnte kaum verändert, kann da schon ein wenig irritieren. Jedwede zeitgenössischen Kunstströmungen lehnt sie vehement ab, selbst der träumerische Chagall, bei dem auch mal gern ein Engel durchs Bild fliegt, ist ihr zu modern. Wohlwollend kann man sagen: Sie bleibt sich immer treu. Frühe künstlerische Einflüsse von Jugendstil und Arts and Crafts ziehen sich durch ihr Werk, man erkennt ihre Verehrung für die Präraffaeliten des 19. Jahrhunderts, für die Illustrationen des „Lebensreformers“ Fidus und für die Malerei des Worpsweders Heinrich Vogeler, aber sie amalgamiert die Einflüsse zu ihrem unverkennbar eigenen Stil. Der ist durchaus nicht durchgängig so zuckrig wie die späteren Weihnachtstellermotive. Die Engel- und Kindergesichter mit den großen, mehr wissenden als fragenden Augen scheinen von einer Art heiligem Ernst durchdrungen. Nur: Es sind die immer gleichen Gesichter. Fast immer schützende, leitende, leuchtende Engel. Da hängt auch in düsteren Zeiten keinem sein Flügel gebrochen schwer am Schulterblatt wie im Gedicht der anderen Wuppertalerin Else Lasker-Schüler. Sulamith illustriert Rilke-Gedichte, aber mit seinen Engeln, den „tödlichen Vögeln der Seele“, sind ihre lockigen Geschöpfe sicher nicht verwandt.

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Here heil angekommen, bereit zum Auspacken.

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Here/THERE

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Protokoll der Entstehung eines internationalen Kulturprojekts zwischen Wexford (Irland) und Wuppertal von Anya von Gösseln und Jürgen Grölle Heute, am 24. August 2021, werden in der Galerie pass:projects von Jürgen Grölle Kunstwerke zugeteilt. Auf großen Stapeln, zwischen Folien oder in Rollen liegen Arbeiten von 18 irischen und deutschen Künstlerinnen und Künstlern, die an dem Projekt HERE/there im irischen Wexford teilgenommen haben und nun zur Gegeneinladung an die Wupper kommen.

Das Projekt Die Vorgeschichte reicht zurück bis 1992, als Anya von Gösseln, eine erfahrene Kuratorin und Galeristin für zeitgenössische Kunst, auf Verwandtschaftsbesuch an der Wupper war und mehr oder weniger zufällig in eine Ausstellung des Malers Jürgen Grölle in der Galerie Epikur geriet. Da hat es dann sofort gefunkt – zwei seelenverwandte Kunstenthusiasten trafen aufeinander, in Alter und Wesen völlig

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verschieden, aber zwei, die für die Kunst brannten. Sofort war beiden klar, dass sie gemeinsam „etwas Größeres“ machen wollten. Seither sind sie ständig in Kontakt geblieben und haben Pläne geschmiedet. Jürgen Grölle, der nicht nur Jazzmusiker und Maler war (und vielleicht auch noch ist), sondern auch zahlreiche interdisziplinäre Kulturevents in Wuppertal initiiert und durchgeführt hat, dachte schon immer global. So traf er Anya von Gösseln immer wieder in Hamburg oder New York, doch es blieb beim Pläneschmieden. Erst als Grölle vor etwa zehn Jahren das Malen aufgab und seine Galerie pass:projects eröffnete, wurde die Sache konkreter: 2015 bat er Anya von Gösseln, eine Ausstellung zu kuratieren. Die Galeristin kam mit Gary Farrelly und Oisin Byrne an die Wupper, und damit war im kleineren Rahmen der Anfang des irisch-deutschen Kunstaustausches gemacht. Bald begann Gary Farrelly mit der Künstlerin Chris Dreier eine enge Zusammenarbeit, die beiden inszenierten sich als „Künstlerpaar“ und zeigten 2017 und 2019 bei Grölle sehr eigenwillige Ausstellungen mit umfassenden interdisziplinären Konzepten.

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2019 kam es nach längerer Unterbrechung endlich zu dem lange geplanten großen Projekt: Anya von Gösseln funktionierte ihre kleine Galerie in Wexford um zu einem Büro für kulturellen Austausch und Kunstmanagement und lud

Wexford veranstaltet seit Jahren renommierte internationale Opernfestspiele, und die Stadt ist zeitgenössischer Kunst gegenüber ebenso offen wie die unsrige. Dass irische Künstlerinnen und Künstler nun über Dublin aufs Festland kommen, eröffnet nicht nur künstlerische Anreize, sondern auch kulturpolitische Perspektiven. So wird das Projekt unterstützt von der irischen und von der deutschen Botschaft. Eigentlich war die Gegeneinladung nach Wuppertal bereits für den März 2019 vorgesehen, musste allerdings wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben werden, doch am 8. September 2021 ist es endlich so weit! Jürgen Grölle wollte den Künstlerinnen und Künstlern einen ebenbürtigen Empfang bereiten, doch die Stadt Wuppertal war nicht in dem Maße zu begeistern wie die Stadt Wexford. Für den Galeristen war es kein Problem, andere Partner zu finden, mit denen er das Projekt planen konnte: Die Stadtsparkasse sagte sofort zu. Sie ist längst auch zu einer Institution der besonderen Art für die Kunst

Jürgen Grölle und Anya von Gösseln

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neun Künstlerinnen und Künstler der Galerie pass:projects von Jürgen Grölle ein zu HERE/there, Wexford meets Wuppertal. Grölle war beeindruckt von der Offenheit und der umsichtigen Vorbereitung der irischen Gastgeber: „Die irischen Partner haben sich unglaublich eingesetzt und haben großes Interesse, künstlerisch Anschluss an das Festland zu bekommen.“

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geworden, mit Gunther Wölfges an der Spitze, der immer ein offenes Ohr für die Belange der Kunst hat, und beraten von Peter Klassen, der in Wuppertal jedes Atelier kennt. Mit der jungen Galerie Friedrich + Ebert, geleitet von Steffen Peter, konnte Grölle einen weiteren Partner gewinnen. So findet die Ausstellung, wie zuvor in Irland, an mehreren Orten statt. Vielleicht hatte der Aufschub auch ein Gutes, denn das Projekt hat sich kurzfristig um zwei Kooperationspartner erweitert und ist interdisziplinär geworden: Am 9. September spielte die Band Cursed Murphy versus the Resistance aus Wexford im Rahmen des Projekts im LOCH, einem inzwischen preisgekrönten Kunst- und Kulturzentrum, das Maik Olhoff leitet. Und Wolfgang Flad, Teilnehmer am Projekt, wird mit weiteren irisch-deutschen Kunstwerken in der Galerie BcmA in Berlin eine Ausstellung kuratieren. Damit ist noch ein Standort für den internationalen Kunstaustausch gefunden, unterstützt von der irischen Kulturbotschafterin.

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Es ist aufschlussreich, das Entstehen eines so großen Projektes mitzuerleben. Weder braucht es einen millionenschweren Etat noch ein eigenes Sekretariat noch eine auf Kunsttransporte spezialisierte Spedition, es braucht Visionen, engagierte und unkomplizierte „Macher“, die bereit sind, ein Risiko einzugehen, weil sie ein untrügliches Gespür für gute Kunst haben und dafür brennen, diese zu präsentieren. Da haben sich die richtigen gefunden: Anya von Gösseln, die seit über 50 Jahren mit Künstlerinnen und Künstlern arbeitet und Mitbegründerin zahlreicher

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Jürgen Grölle, Aufbau am Islandufer. Im Hintergrund die Glaswand von Adolf Luther, vorne: palm von Jaana Caspary.

Kunstprojekte ist, Peter Klassen, der seit Jahrzehnten die Sparkasse in künstlerischen Fragen berät und sich bestens in der „Wuppertaler Szene“ auskennt, Thomas Hirsch, der die Galerie schreibend begleitet, Steffen Peter und Jürgen Grölle, der für alles offen ist und immer neue Ideen hat. Alle kennen sich seit Jahrzehnten und haben auf internationaler Ebene zusammengearbeitet.

Die Ausstellungen entstehen Zurück zur Zuteilung der Kunstwerke: Zuerst sucht Peter Klassen die Arbeiten für die Sparkasse aus, dann Steffen Peter für Friedrich + Ebert, Jürgen Grölle wird schon zurechtkommen!

Helen O‘Leary. Die irische Künstlerin lebt in New York.

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1. September, Stadtsparkasse Wuppertal, erster Tag der Hängung, vormittags, 11 Uhr: Der Ausstellungsbereich ist abgesperrt, zwei große, diagonal in den Raum gestellte Stellwände, an denen zum Teil noch verpackte Arbeiten lehnen, zwei leere Vitrinen, eine hölzerne Transportkiste, Noppenfolie, Packpapier, Werkzeugkästen – es sieht nach Arbeit aus!

Peter Klassen weiß genau, was wohin soll. Das Team arbeitet ohne viele Worte, jeder Handgriff sitzt. Ein großes, reliefartiges Kunstwerk von Isabel Kerkermeier hängt provisorisch an Nylonschnüren, was der Arbeit erstaunlich gut steht. Teile einer rosa-schwarz bemalten Kartonage schauen aus einer schwarzen Mülltüte, eine Plastik von Jaana Caspary steht halb ausgepackt im Schaumstoffmantel auf dem Boden.

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2. September: „palm“, die Plastik von Jaana Caspary, ein Gebilde aus ineinander verwachsenen Plastiktannenbäumen, hat ihren Platz gefunden: Auf einem Sockel steht sie gegenüber einem „lebendigen“ Baum der Sparkasse im Blumentopf.

Auch die zweite Vitrine ist fertig. Sie ist bestückt mit kulissenartig aufgestellten, fragilen Wandstücken von Helen O’ Leary, die in sich aufgebaut sind wie ein Puzzle. Kleine Stege verknüpfen sie zu dezent bemalten labilen Gebilden. Noch immer liegen Rollen mit nicht ausgepackten Arbeiten auf dem Boden. Auf sie wartet eine riesige Holzwand, an der gerade noch geschreinert wird. Das „Porträt“ eines monströsen blauen Zahnarztstuhls auf rosa Grund von Mary Ruth Walsh markiert den Beginn der Ausstellung. Die Fotografien von Julia Zinnbauer sind in einem aufgegebenen Bordell entstanden. Auf der für die Einladungskarte und für den Ausstellungskatalog ausgewählten Arbeit dominieren die Widersprüche. Ein senkrecht fallender geschlossener silbriger Vorhang teilt den weiten Horizont einer Bettenlandschaft aus schrillen Pinktönen im Golde-

Das Titelmotiv des Katalogs, eine Fotografie von Julia Zinnbauer.

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15 Uhr: Eine der Vitrinen ist fertig bestückt mit einer raffinierten Arbeit von Jonas Hohnke, die sich über mehrere Zwischenböden erstreckt. Die bemalte Pappe aus der Mülltüte von Patrick Redmond wird gerade aufgehängt. Sie hat sich zu einem großen, sehr fragilen, collagierten Porträt eines Rindes entpuppt, eingebettet in eine Art Vegetation aus wilder Pinselschrift, in der sich vereinzelte Gegenstände entdecken lassen: ein Handabdruck, wie man ihn aus Höhlenmalereien kennt, ein Becher, ein Teller, ein Schlaginstrument. Daneben hängt eine gemalte Architekturstudie von Stephen Nolan, die an eine Ausgrabungsstät-

te erinnert, flankiert von einer Fotografie eines diffusen giftgelb-grünen verkommenen Gebäudes der Jetztzeit von Chris Dreier. Intuition oder Absicht? Von links nach rechts gelesen könnte die Abfolge der Arbeiten Kulturgeschichte dokumentieren.

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Licht befassen: Wolfgang Flad arbeitet mit Spiegelungen, Anthony Lyttle schafft Topografien aus kleinteilig gemalten und collagierten Elementen in Schwarz, Weiß und Silberteilchen, die das Licht reflektieren. Mit einer Fotoarbeit zeigt Fergus Doyle die stimmungsvolle Korrespondenz zwischen natürlichem Licht im Freien und in der Architektur. 6. September, Ortswechsel in die Galerie von Jürgen Grölle: Die frisch geweißten Wände scheinen auf die Kunst zu warten! Die liegt noch in Rollen verborgen auf dem Boden, aber nicht mehr lange. Bald ist das erste Werk ausgepackt, und Jürgen Grölle und sein Sohn entscheiden, welche Wand die richtige ist. Das Hängen geht zügig voran, und dann kommt die erste Künstlerin aus Irland zur Tür herein. Ab jetzt wird Englisch gesprochen, und Grölle wird eine Nachtschicht einlegen.

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Das Auspacken, drei große Arbeiten von Anthony Lyttle

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nen Schnitt. Beide Teile sind verbunden durch ein teilweise unsichtbares Telefonkabel. Suggeriert dieses ein Maximum an Kontaktmöglichkeiten oder ein Maximum an Einsamkeit? Über so viel emotionaler Eiseskälte scheinen die weiß aufgedruckten Namen der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler zu schweben. 6. September: Zwei Tage vor der Eröffnung in der Stadtsparkasse ist die Ausstellung fertig gehängt. Die große hölzerne Wand steht in der Mitte, rechts und links davor eröffnen die beiden Vitrinen gleichsam den „Durchblick“: In der Vitrine rechts unternimmt Jonas Hohnke den waghalsigen Versuch, den Lichtkegel einer Taschenlampe zu materialisieren. Die zarten, fensterlosen Wandfragmente von Helen O’ Leary in der anderen Vitrine definieren kein Innen und Außen mehr. Beide geben den Blick frei auf vier große Arbeiten, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Thema

8. September, Ausstellungseröffnung Stadtsparkasse Wuppertal: Auf dem Podest haben Gunther Wölfges und die Grande Dame der Galeristinnen, Anya von Gösseln, Platz genommen zu einem Gespräch. Mit Erzählungen aus ihrem Leben und wie ihr die Liebe zur Kunst und der vorurteilslose Umgang mit Menschen in die Wuppertaler Wiege gelegt wurden, schlägt sie das Publikum sofort in ihren Bann. Auf Wölfges Frage, wie wichtig die Kunst für sie sei, antwortet die Galeristin ohne zu zögern: „Ohne Kunst könnte ich leben, aber wozu?“

Für eine musikalische Kostprobe hat sie die Band „Cursed Murphy versus the Resistance“ gleich mitgebracht. Peter Murphy spricht, rezitiert, deklamiert und singt eigene und fremde Texte, in denen es um existentielle Fragen geht. Das Trio aus zwei Gitarren und einer Geige fungiert auch als Backgroundchor. Die Musik bewegt sich differenziert zwischen den Stilarten und erinnert streckenweise an irische Folklore. 9. September, Galerie Friedrich + Ebert, vormittags: Steffen Peter leitet die Galerie seit zwei Jahren und kooperiert mit Jürgen Grölle. So finden die Ausstellungseröffnungen an beiden Orten am selben Tag statt. In zwei Räumen zeigt Peter kleinformatige Arbeiten von Patrick Redmond und Stephen Nolan aus Irland und von Christian Bolte aus Wuppertal, dessen skurrile Porträts in Dialog treten mit irischen Landschaften.

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Christian Bolte, Fürsorge, 2020

Patrick Redmond und Anthony Lyttle fotografieren Stephen Nolan in der Galerie Friedrich + Ebert

9. September, Galerie Grölle, nachmittags: Die Wiederbegegnung mit den irisch-deutschen Künstlerinnen und Künstlern in einem gänzlich anderen Ambiente macht deutlich, dass ein Ortswechsel gut tut: Im neuen Kontext und mit anderen Werken erlebt man sie neu. Eine kleine Arbeit von Stephen Nolan mit floralen Elementen hat Grölle unmittelbar unter ein Oberlicht gehängt, durch das sich Efeuranken den Weg gebahnt haben. Anthony Lyttles Topografie wirkt im Seitenlicht ganz anders als die Arbeiten in der Sparkasse. Jaana Casparys „Waffenruhe“, eigentlich zwei Spielzeugschwerter aus Plastik, gewinnen in Bronze gegossen und blank poliert eine ganz neue Ästhetik.

Die Frage, worin sich möglicherweise irische von deutschen Kunstwerken unterscheiden lassen, ist müßig, HERE/there, here/THERE sind insofern austauschbar als – wie Anya von Gösseln sagt – die Kunst eine wortlose Sprache ist, die mit den ihr eigenen Mitteln arbeitet. Marlene Baum

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Anthony Lyttle, Bert Didillon, Christian Bolte, Chris Dreier, Fergus Doyle, Friederike Ruff, Gary Farrelly, Helen O‘Leary, Isabel Kerkermeier, Jaana Caspary, Jonas Hohnke, Julia Zinnbauer, Klaus-Martin Treder, Mary-Ruth Walsh, Pablo de Lillo, Patrick Redmond, Cursed Murphy versus the resistance, Stephen Nolan, Wolfgang Flad, O.J.A.I., Claudio Nego

noch bis Freitag, 12. November 2021 Stadtsparkasse Wuppertal Islandufer 15, 42103 Wuppertal noch bis Samstag, 13. November 2021 Grölle pass:projects Friedrich-Ebert-Straße 143e, 42117 Wuppertal groelle.de noch bis Samstag, 23. Oktober 2021 FRIEDRICH+EBERT Galerie für zeitgenössische Kunst Friedrich-Ebert-Straße 236, 42117 Wupertal friedrichundebert.de 29

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here/THERE

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Jazz en famille.

Wenn der Vater mit den Kindern einmal aufspielt ...

Online-Konzert des Eichler Trios Live aus Wuppertal, Hasenschule, am 15. April 2020, Foto: Rabanus Media

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Was für ein Glück, wenn man als Vater und Berufsmusiker mit seinen erwachsenen Kindern im Trio – und dann noch auf einem derart hohen Niveau – zusammen musizieren kann. Beim Eichler Trio passen in diesem Fall auch

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noch die Instrumente perfekt zusammen: Piano, Bass und Schlagzeug, das klassische Jazz Piano Trio, eine komplette Band, darüber hinaus aber auch das harmonische und rythmische Herz für größere Besetzungen. Dieses seltene Musikerglück wird seit einigen Jahren Wolfgang Eichler zuteil. In Wuppertal 1957 geboren, studierte er in Köln und Wuppertal Klavier. Im Wuppertal der 1970er-Jahre machte er unter anderem in den Bands „Armutszeugnis“ und „Syncrisis“ auf sich aufmerksam. Seit mehr als 40 Jahren ist der gestandene Berufsmusiker nicht nur in der Klassik, sondern auch im Jazz und in der Unterhaltungsmusik unterwegs. Er begleitete als Pianist

und Sideman viele nationale und internationale Showgrößen, und zwar im In- und Ausland. Darüber hinaus arbeitete er als Keyboarder, Komponist, Arrangeur, Toningenieur und Aufnahmeleiter für Funk, Fernsehen und Film-, Theater und CD-Produktionen. Seit einigen Jahren gilt seine besondere musikalische Liebe der Latin Music. Mittlerweile ist er der Stammpianist der Wuppertaler „Noche Latina“ (ehemals Latin Session). Als Pianist ist er zudem in der freien Theaterszene NRW (Theater Luegalle Düsseldorf, Klüngelpütz Köln, Stößels Komödie Wuppertal, etc.) tätig. Und seit langem ist seine eigene Veranstaltung „Piano Café“ aus dem Wuppertaler Kulturkalender nicht mehr wegzudenken. Wolfgang Eichlers Kinder Inga und Hendrik sogen die Musikalität buchstäblich mit der Muttermilch auf. In der Familie stand die Musik immer im Mittelpunkt.

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EICH L ER JAZZ FAM I L Y TRIO

Inga Eichler, 2021, Foto: Anna Schwartz

Inga Eichler, Jahrgang 1988, lebte nach abgeschlossenem Jazz-Studium an der Royal Academy London lange Zeit ebendort. Sie arbeitete als freiberufliche Musikerin in Jazz-, Pop- und Theaterprojekten. Verschiedene Produktionen führten sie ins Ausland, darunter nach Indien, Japan und in die USA.

Eher durch einen Zufall kam sie zum Bass, als Vater und Bruder Hendrik zusammen Jazz-Standards spielten und ein Bass fehlte … Ihre Mutter Doris Eichler besorgte leihweise einen Bass, und Vater Wolfgang erklärte ihr lediglich, wie sie zunächst die Grundtöne zu den Akkorden bedienen sollte. Die Leidenschaft für dieses Instrument folgte auf dem Fuße.

Hendrik Eichler, Jahrgang 1993, hat 2019 sein Jazz-Masterstudium Schlagzeug an der ArtEz University Arnheim/NL abgeschlossen. Danach ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten: 2012 gewann er den zweiten Preis im Fach Schlagzeug bei „Jugend jazzt“ NRW. 2018/19 wirkte er bei der vom Land NRW geförderten Konzertreihe „Euro Africa Lounge“

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Am 15. Oktober 2021 erscheint ihre aktuelle CD Compassion, die auch am 2. November 2021 im Rahmen des Wuppertaler Jazzmeetings im Bürgerbahnhof Vohwinkel vorgestellt wird. Ihre CD ist ein JazzPop-Album und zeigt eigene Kompositionen. Inspiriert ist sie durch ihre Erfahrungen

aus dem Musikerinnen-Leben mit Alltag, Liebe und einer allumfassenden Spiritualität. Inga Eichler ist eine musikalische Erzählerin, die mit Gesang und Klängen arbeitet und dabei Genre-Grenzen überschreitet. Neben Stücken mit Ohrwurm-Charakter überrascht sie mit deutschem Rap – alles gespielt mit einem hohen Anspruch an Musikalität.

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Hendrik Eichler, Foto: Erik Franssen

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Eichler-Konzert an der KH Public School der Kirpal Sagar Academy in Rahon, Indien, am 17. August 2017, Foto: Atam Singh

mit. 2019 produzierte er zusammen mit Studienkollegen, dem „Doppler Trio“, eine erste CD: „Nebula“. Im selben Jahr wird er Mitglied der NRW-Jazz-Reihe „Synergie“ im Domicil in Dortmund: Interdisziplinäre Konzeptimprovisationen. Mittlerweile ist er „e kölsche Jong“ geworden und produzierte in der Domstadt 2021 seine erste Solo-CD mit dem Titel Dimensions, die er in der renommierten „Fattoria musica“ in Osnabrück einspielte. Auch 2021 ist eine neue CD-Produktion des Doppler Trios mit dem Titel „Archean“ unter seiner Mitwirkung herausgekommen.

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Zwei Kinder aus einer musikalischen Familie, die ihr Talent zu solch hochkarätigen Musikerpersönlichkeiten entwickeln, finden sich nicht oft. Prägend war natürlich der musizierende Vater, aber auch ihre Mutter, die ebenfalls Musik studierte und als Musikpädagogin mit Erwachsenen arbeitet, hatte einen großen Einfluss. Doris Eichler, die in Indien klassischen indischen Gesang und Tanz studierte, hat seitdem eine besondere Affinität zur indischen Kultur.

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Durch die Charity-Organisation „Give and Give“, zu deren Gründungsmitgliedern sie gehört, kam es 2017 auf einer Indienreise zu einem Konzert mit westlicher Jazz-und Popmusik der Eichler-Family an der KH Public School der Kirpal Sagar Academy in Rahon, Punjab, ca. 300km nördlich von Dehli. Coronabedingt war das EichlerJazzFamilyTrio das letzte Mal live und vor Publikum im Januar 2020 in der Bandfabrik Wuppertal zu sehen und zu hören. Termine im Kontakthof und im Swane Café im letzten Quartal 2021 sind geplant, standen aber bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Im Rahmen seiner Piano Cafe Heimausgabe hat Wolfgang Eichler eine vierteilige Videoclipreihe im häuslichen Wohnzimmer produziert, zu sehen auf Youtube und über Links auf der Website http://www.wemusik.de/Eichler Jazz.html Hier gibt es auch einen Link zum Online-Konzert am 15. April 2020 im Rahmen der Live aus WuppertalReihe. Es bleibt spannend ... oder, wie Wolfgang Eichler sagen würde: „Jazz? We can!“ Andreas Landrock

EichlerJazzFamilyTrio Konzert in der Bandfabrik Wuppertal am 17. Januar 2020, Foto: Bandfabrik

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D IA Z E L O RE N T Y M ÁS

Das neue Album ist erschienen bei music&words und erhältlich über www.diazlorente.bandcamp.com

Pato Lorente und Carlos Diaz, Foto: Olivier Pulinckx

Klingt nach mehr Diaz/Lorente Y Más: „miLoca“

Geboren wurde er in Rio Gallegos, im argentinischen Teil Patagoniens, das Gitarrespielen hat er sich selber beigebracht. Die südame-

Seit 2013 besteht sein Duo mit dem belgischen BandoneonSpieler Pato Lorente. Ihre erste CD heißt „miLoca“ – und wie bei so vielem hat auch bei deren Entstehung ein Virus namens SARS-CoV-2 eine gewisse Rolle gespielt. Weil Reisen nicht möglich war, haben Lorente und Diaz ihre Spuren separat in Belgien und in Wuppertal aufgenommen. Diaz hat diese in Wuppertal am Computer bearbeitet und elektronisch mit Bass und Drums versehen, hierfür dürfte das „Y Más“ („und mehr“) bei der Interpretenangabe stehen (für Live-Auftritte holen sich die beiden Gastmusiker hinzu, die der Musik noch ein gewisses Mehr an Feurigkeit verleihen dürften). Das Mastering übernahm schließlich

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14 Stücke sind auf dem Album vertreten, allesamt Eigenkompositionen von Diaz – vom munter groovenden Opener „Funktonia“ über schmissige Uptempo-Nummern wie „Gaucho City“ und romantische Balladen wie „Juliamor“ bis zum wehmütigen Finale „L’Australera“. Manche hat er schon in seiner Jugend geschrieben, andere sind ganz neu. „Alle haben eines gemeinsam. Sie transportieren Positivität, unbeirrbare Lebenslust“, heißt es treffend in den Liner Notes. Die Botschaft steckt, wie so oft bei instrumentalen Stücken, in der Musik. Die Lieder handeln vom Leben, von Mitmenschlichkeit. Oder auch von dem, was wir als Hörer in ihnen spüren. Zurück bleibt nach 54 Minuten ein heiteres, leicht beschwingtes Gefühl – und bei vielen Hörerinnen und Hörer sicher auch der Wunsch nach mehr. Guido Halfmann

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rikanischen Musiktraditionen waren für ihn dabei ebenso prägend wie seine Liebe zu Jazz, Rock und Blues. Nicht nur musikalisch, auch persönlich ist Carlos Diaz ein Weltenwanderer. Seit den 1990er-Jahren ist er oft nach Brasilien, Spanien, Belgien und Deutschland gereist, um mit anderen Musikerinnen und Musikern zu spielen, von ihnen zu lernen und mit ihnen aufzutreten. Seit 1997 lebt er – wenn er nicht gerade auf Konzerttour ist – in Deutschland, genauer in Wuppertal. Hier hat er sich, wie an vielen anderen Orten auf der Welt, mit unzähligen Konzerten in unterschiedlichsten Besetzungen ein treues Publikum aufgebaut.

Marcos Palazzesi in Barcelona. So interkulturell wie der Aufnahmeprozess ist auch die Musik. Die Musiker erlauben sich Ausflüge in so ziemlich alle Ecken der Musikwelt: Smoothen Jazz gibt es ebenso zu hören wie leichtfüßigen Funk, dazu eine Prise Latin – und manches mehr. Dabei wechseln sich die beiden Virtuosen ab im Melodie- und Harmoniespiel, bei besonders mitpfeifwürdigen Passagen spielen sie auch schon mal unisono. Gelegenheiten, die Fingerfertigkeiten in einem Soli zu zeigen, werden im genau richtigen Maße genutzt.

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Andrea Galluccio und Gregor Eisenmann, Mai 2020

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Wuppertaler Jazzmeeting Neun Tage – neun Orte

Der Lockdown im November letzten Jahres kam eine Woche zu früh. Nach langer Vorbereitung musste der veranstaltende Verein open Sky e.V. das Wuppertaler Jazzmeeting 2020 im letzten Moment absagen. Aber dank der Förderung durch das Kulturbüro Wuppertal und das Land NRW konnte der Verein allen Beteiligten eine Ausfallgage zahlen. „Jetzt erst recht!“, heißt es 2021. Das Konzept vom letzten Jahr wird fortgesetzt: zwölf regionale Bands und Musikerinnen und Musiker aus ganz Deutschland, die neun Tage an neun verschiedenen Orten quer durch Wuppertal jazzen.

Was halten eigentlich die beteiligten Bands von dieser Idee? Wir befragten den Wuppertaler Andrea Galluccio dazu, der zusammen mit Gregor Eisenmann den Auftakt des Jazzmeetings macht. Sie spielen im Jazzclub LOCH am 29. Oktober 2021.

Auftaktkonzert mit Andrea Galluccio und Gregor Eisenmann

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„Superpassend“, findet Andrea Gallucio die Idee, an verschiedenen Orten auch unterschiedliches Publikum zu erreichen. Und beim Jazzmeeting dabei zu sein, bedeutet ihm viel. Obwohl er bei der Anfrage spontan meinte: „Ich mach gar keinen Jazz.“ Gleichzeitig ist seine Art zu improvisieren, sich mit Live-Loops (eine elektronisch erstellte Endlosschleife von Melodien, Rhythmen oder Sounds) zur E-Gitarre zu begleiten und zu entwickeln eine Form, den Jazz zu erweitern. Besonderen Drive erhielt diese Art, Musik zu machen, durch die Begegnung mit Gregor Eisenmann, der seit elf Jahren als Lichtkünstler mit Projection Mapping und Konzert Visuals, z.B. zur Eröffnung des Engelsjahrs, großformatige bewegte Bilder erzeugt. Bei der ersten gemeinsamen Session im Probenraum von Galluccio meinte Eisenmann zu ihm „Das ist genau meine Musik.“ Galluccio: „Er hat Musik zu seinen Bildern im Kopf. Ich hatte Visionen von Farbe und Bildern im Kopf beim Gitarrespielen. Es passte

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to the roots“ produzierte er zahlreiche Songs und Videos, z.B. „I Apologize“ mit der Jazz-Sängerin Brenda Boykin oder „Kashmir“ mit Musikern aus Indien. Wir wollen schließlich noch wissen, wie er denn darauf gekommen ist, seine Gitarrenmusik mit Loops zu kombinieren? Letztlich war es ein Zufall; ein Auftritt allein, ohne begleitende Band, beim Luisenstraßenfest brachte ihn dazu, Loops einzusetzen, mit zweiter Gitarre, später Keyboard u.a. Er experimentierte immer weiter. Er kreiert die Loops aber live auf der Bühne. Das heißt, er spielt keine vorgefertigten Stücke oder legt Präproduktionen an und nutzt den Computer auf der Bühne nur, um seine Stücke aufzunehmen. Seit zweieinhalb Jahren hat ihn das Live-Looping „erwischt“. „Ich bin so begeistert. Man kann sich in so viele Richtungen erproben.“ Seine Experimentierfreude hat ihn auch an das Instrument Theremin geführt. Dies und vieles mehr ist auf seiner Homepage sowie auf seinem Youtube Channel zu hören. https://andreagalluccio.com/ Gregor Eisenmann und ...

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genau.“ Auch bei einem Auftritt, schon in Coronazeiten als Live-Stream in der Hasenschule erstellt, war die Erfahrung von beiden: „Wir haben nie geprobt. Es kommt einfach. Ich geh einfach auf die Bühne und gucke seine Bilder, die Pattern, Videos, Zeichnungen und Effekte an. Wir improvisieren. Es ist inspirierend. Ich verliere mich einfach.“ „Live Loop meets visual art“ ist auch als Video auf Galluccios Internetseite anzusehen.

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Der gebürtige Mailänder Andrea Galluccio machte eine klassische Musikausbildung. Als Jugendlicher entdeckte er die E-Gitarre als „sein“ Instrument und die Vielfalt der Stilrichtungen, Pop, Blues, Rock usw. „Ich habe mir sehr viel selbst beigebracht.“ Direkt nach der Schule ging Andrea Galluccio nach London, spielte jeden Abend in Pubs; gründete eine Band, komponierte und lernte, war offen für alle musikalischen Einflüsse, z.B. auch für mittelalterliche Musik. Nach sieben Jahren wechselte er nach Berlin und war auch dort musikalisch kreativ, schrieb Musik fürs Theater, mischte Rock und Klassik und produzierte verschiedene LPs. Die berufliche Entwicklung seiner Frau brachte die kleine Familie nach Wuppertal. Hier setzte er seine genreübergreifende Musik fort; er lernte Tänzerinnen und Tänzer des Pina Bausch Ensembles kennen. „Ich hab ein Stück geschrieben zur Eröffnung der Huppertsbergfabrik für Cello, Bratsche, E-Gitarren und zwei Tänzer.“ Außerdem hat er zu einem Projekt von Ruth Amarante (Pina Bausch Ensemble) Musik komponiert. Als Gründer der Band „Back

Das Jazzmeeting ermöglicht dem Publikum seit 2003 nicht nur, die ausgesprochen kreative Musikszene aus Wuppertal und der Bergischen Region kennen- und schätzen zu lernen. Es präsentiert auch immer wieder herausragende Jazzerinnen und Jazzer aus Deutschland, Europa oder Übersee. Künstlerinnen und Künstler, die oft noch nicht so bekannt sind, aber mit Preisen ausgezeichnet und als heimliche Top Acts von Jazz und mehr gelten können. Tillmann Braune und Karin Linde Alle Fotos: Immanuel Gehlmann Andrea Galluccio

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Jazzmeeting – Volles Programm vom 29. Oktober bis 6. November 2021

Neben Andrea Galluccio und Gregor Eisenmann, der in diesem Jahr Träger des Kulturpreises der Springmann-Stiftung ist, spielen beim ältesten Jazz-Festival im Bergischen vom 29. Oktober bis 6. November 2021 noch weitere elf Formationen. Am 29. Oktober spielt als zweiter Act im LOCH die Berliner Stephan-Max Wirth Experience, die mit Live Experience (4-CD-Box anlässlich des 25-jährigen Bestehens) den Preis der Deutschen Schallplattenkritik gewonnen hat. Am 30. Oktober ist Joo Kraus in der börse zu hören. Er hat für sein Soloalbum „Painting Pop“ den EchoJazz als bester Trompeter erhalten. Für den 31. Oktober ist ein Event im Rex-Kino in Planung. Näheres dazu wird im Programmheft zum Festival nachzulesen sein. Am 1. November findet im Café Ada im Rahmen der JazzSession der Wettbewerb zum Wild Card Contest 2021 statt, dessen Siegerinnen/Sieger beim Abschlusskonzert spielen werden.

About Aphrodite, die Band der persischen Saxofonistin und Theremin-Spielerin Gilda Razani, spielt am 3. November in der CityKirche.

Am 4. November stehen zwei sehr unterschiedliche Konzerte auf dem Programm: TOKUNBO gastiert mit ihrer „The Swan“ Tour im Elberfelder Kontakthof. Tokunbo Akinro war eine der Stimmen von TOK TOK TOK und ist Gewinnerin bei den IAMA International Acoustic Music Awards als Best Female Artist. Parallel dazu spielt Wolfgang Schmidtke im ort ein Konzert aus der Reihe Jazzpool NRW.

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Das Abschlusskonzert im Barmer Bahnhof beginnt am 6. November mit der Siegerband des Wild Card Contest 2021. Danach spielt das Hanno Busch Trio mit dem Organisten Claus Fischer. Hanno Busch ist Preisträger des ECHO-Jazz 2018 in der Kategorie Gitarre/national. Das Nu Hussel Orchestra aus Hamburg mit der Sängerin Nathalie Dorra beendet den Abend und das Festival mit seinen Grooves. Näheres unter: www.opensky-ev.de oder kontakt@opensky-ev.de

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im vergangenen Jahr beschlossen die Organisierenden, das Motto „Let‘s work together“ beizubehalten, da es nichts an Relevanz verloren habe. Damit möchte open Sky e.V. ein Zeichen setzen gegen Rechtspopulismus, Ausgrenzung – für eine aktive Demokratie, ein respektvolles Zusammenwirken und eine baldige Rückkehr zu einer sicheren Normalität. Finanziert wird das Festivalprogramm durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, durch das Wuppertaler Kulturbüro, die Stadtsparkasse und einige Firmen und natürlich durch die verkauften Tickets. Letztere können für die einzelnen Veranstaltungen über wuppertal-live.de gebucht werden. Alle Eintrittskarten berechtigen zur Nutzung von Bussen und Bahnen der WSW, womit ein kleiner Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden soll. Darüber hinaus geht pro Ticket ein Euro an den kulturellen Hilfsfonds Eintopf (https:// eintopfwuppertal. de), und bei allen Konzerten wird für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe in Wuppertal gesammelt.

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Am 2. November kommt die Wuppertaler Bassistin Inga Eichler mit ihrer neuen Band Endeevior in den Bürgerbahnhof Vohwinkel.

Den Abend am 5. November im Barmer Bahnhof eröffnen die Wuppertaler Marvin Dillmann, Daniel Bark, Salome Ahmend, gefolgt von der Nürnberger Klarinettistin Rebecca Trescher mit ihrem famosen Tentett.

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Ulrich Leyendecker mit dem Widmungsträger seines Gitarrenkonzerts Maximilian Mangold, Foto: Timo J. Herrmann/Musikverlag Sikorski, Hamburg

„Neue Einfachheit“?

Einige Gedanken zum Wuppertaler Komponisten Ulrich Leyendecker

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„Neue Einfachheit“ war der Titel eines Artikels in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ im Jahr 1978. In ihm war die Rede von Komponis-

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ten, die sich bewusst von der Avantgarde der sogenannten „Darmstädter Schule“ distanzierten, die von Komponisten wie Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez maßgeblich geprägt worden war. Sie benutzten bevorzugt sogenannte Reihentechniken wie die Dodekafonie oder Serialität bzw. die Elektronik als Grundlagen ihrer Kompositionen. Die Komponisten der sogenannten „neuen Einfachheit“ hingegen streiften sehr bewusst und konsequent das Regelhafte dieser Techniken in der Komposition ab und ersetzten es durch spontane Kompositionsprozesse, die Freiheit in der Gestaltung ließen, die in den Reihentechniken, wenn man sie ernst nahm, nicht möglich waren. 38

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Im Kontext des Begriffes „Neue Einfachheit“ fiel neben Namen wie Wolfgang Rihm, Manfred Trojahn und Detlef Müller-Siemens auch immer wieder der von Ulrich Leyendecker. Nun neigen Begriffe oft dazu, Sachverhalte zu vereinfachen oder verkürzt „auf einen Nenner“ zu bringen. Und tatsächlich muss man den Begriff der „Neuen Einfachheit“ inhaltlich infrage stellen. Die Musik der genannten Komponisten ist alles andere als „einfach“. Aber sie wandte sich wie erwähnt einerseits von den Reihentechniken ab und relativierte andererseits stark den Fortschrittsglauben in der sogenannten „Neuen Musik“. Dies tat sie nicht zuletzt dadurch, dass sie stilistisch an die Musik der Jahrhundertwende anknüpfte, so z.B. an die Gustav Mahlers und der Komponisten der „Zweiten Wiener Schule“, und ausgehend davon eigene stilistische Wege suchte.

Ulrich Leyendecker wurde 1946 in Wuppertal geboren. Den ersten Kompositionsunterricht erhielt er bei Ingo Schmitt, dem Leiter des (damaligen) Bergischen Landeskonservatoriums, der seinerseits ein Schüler des bedeutenden franko-schweizerischen Komponisten Frank Martin war. Über ihn wurde Leyendecker quasi zu einem Enkelschüler dieses Komponisten. Und die gewissermaßen französische „clarté“, auch eine Vorliebe für die Musik Claude Debussys, meint man später in manchem Werk Leyendeckers zu hören. Komposition und Klavier studierte er dann bei Rudolf Petzold und Günter Ludwig an der Kölner Musikhochschule. Ab 1971 unterrichtete er an der Musikhochschule in Hamburg das Fach Musiktheorie, ab 1981 als nunmehr Professor auch Komposition. 1994 wurde er zum Professor für Komposition an der Musikhochschule in Mannheim berufen. Diese Position hatte er bis zum Jahr 2005 inne. Seitdem arbeitete Leyendecker als freischaffender Komponist. Leyendecker erhielt zahlreiche Stipendien, wie z.B. die der „Studienstiftung des deutschen Volkes“ und der „Cité Internationale des Arts Paris“. Auch wurde er

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Leyendecker war eine ausgesprochen beliebte Lehrerpersönlichkeit. Zuerst in Hamburg, später in Mannheim, bildete er Generationen von jungen Komponistinnen und Komponisten aus, die einerseits einen erfolgreichen Weg als Komponisten gegangen sind, andererseits ihren Lebensunterhalt mit dem bestreiten konnten, was sie im Studium gelernt hatten. Das ist ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Leyendecker unterrichtete undogmatisch und versuchte nie, aus seinen Schülerinnen und Schülern kleine „Leyendecker“ zu machen. Einen jeden ermunterte er, seinen eigenen Weg zu gehen. Und das tat er mit Erfolg auch in der Hinsicht, dass er seine Studierenden ermutigte, sich stilistisch vielseitig auszubilden und ohne Scheuklappen auf die Musikwirklichkeit zu reagieren und sich in ihr zurechtzufinden. Er war ein geduldiger und aufmerksamer Zuhörer, der indes klare Meinungen und Positionen hatte – und diese auch vertrat. Er verfügte über einen ausgeprägten, aber sehr trockenen Humor, der ein Zusammensein mit ihm immer zu einer ebenso interessanten wie angenehmen Sache machte, was auch der Verfasser dieses Beitrags mehrfach erfahren durfte. Dabei konnte Leyendecker auch durchaus „granteln“, aber niemals in einer verletzenden Weise. Ein „Gesellschaftsmensch“ war Leyendecker nicht. Repräsentative Zusammenkünfte mied er eher, als dass er sie suchte. Das war klar die eine Seite eines Künstlers, der vor allem an der konsequenten und kontinuierlichen kompositorischen Arbeit interessiert war, an seiner eigenen und an der seiner Schüler. Leyendecker selbst ging als Komponist einen ganz eigenen Weg. „Ich möchte sagen, die Art der Anwendung meiner Mittel, die formale Entfaltung, die Farbmischungen, die Art und Weise, Melodien, Klänge und Rhythmen zu entwickeln und aufeinander zu beziehen, sind eigen, und das macht die Neuheit meiner Musik aus. Rücksicht auf den Zeitgeist habe ich dabei nie genommen …“

Leyendeckers erklärtes Ziel war es, eine Musik zu schreiben, zu der ein Zugang jenseits von Spezialistentum, also für ein ganz normales Publikum, möglich war. Das heißt nicht, dass seine Musik im eigentlichen Sinne populär war. Aber sie war eben auch nicht „hermetisch“ an die Freunde avantgardistischer Musik gerichtet. Die Folge war, dass man Leyendeckers Musik nur selten in den Programmen 39

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Daher verwundert es auch nicht, dass die Musik der erwähnten Komponisten stilistisch vielfältig und sehr unterschiedlich ist, mithin der Begriff einer „Schule“ gänzlich unangebracht wäre. Das, was die Komponisten verbindet, ist die Generationszugehörigkeit (alle sind zwischen 1946 und 1956 geboren) und der ästhetische Ansatz des Komponierens. Diese (vielleicht zu) ausführlich anmutende Einleitung zu einem Beitrag über Ulrich Leyendecker ist gleichwohl nötig, um das Umfeld zu verstehen, in dem er wirkte.

Mitglied der „Freien Akademie der Künste“ in Hamburg und in Mannheim. Er erhielt den „Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen“, und er war er Gast in der „Villa Massimo“ in Rom.

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In der Instrumentalmusik fällt auf, dass Leyendecker sich hier traditioneller Gattungen bedient, die auf eine große historische Tradition zurückblicken können, wie etwa das Streichquartett, das Streichtrio, die Symphonie, die Sonate oder das Konzert. Dieses Bekenntnis zur Tradition ist keine Äußerlichkeit, sondern gewissermaßen Programm, gleichzeitig Abgrenzung von der Avantgarde, die genau das vermied.

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einschlägiger Festivals für Neue Musik antraf, sondern eher in gängigen Symphonie- oder Kammerkonzertreihen. Auch Kompositionsaufträge kamen vor allem aus diesem Umfeld. Hier fühlte sich Leyendecker mit seiner Musik deutlich besser aufgehoben und heimisch. Wie bei vielen Komponisten so ist auch bei Leyendecker festzustellen, dass er mit zunehmendem Alter dazu neigte, die kompositorischen Strukturen seiner Musik transparenter zu machen und melodische Gestalten zu schaffen, die spontan und emotional erfahrbar sind. Das erleichterte auf der einen Seite den spontanen Zugang zu seiner Musik, führte andererseits aber nicht zu einer Simplifizierung. Insofern kann man auch in seinem Schaffen von einem echten Reifungsprozess sprechen. Die Beschäftigung mit der Musik anderer – älterer – Komponisten brachte in seinen letzten Schaffensjahren einige Werke hervor, die man dem Genre „Musik über Musik“ zurechnen kann. Als Beispiel sei hier „Pensées sur un prélude“ für Orchester genannt, ein Werk, das Claude Debussys Klavierprélude „Des pas sur la neige“ reflektiert.

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Schaut man sich Leyendeckers Werkkanon an, so überwiegt deutlich die Instrumentalmusik gegenüber der Vokalmusik. Letztere stellt sich vor allem mit der Besetzung Stimme und Kammerensemble dar. Das traditionelle Duo Gesang und Klavier bleibt eine einmalige Ausnahme. Leyendeckers Führung der Singstimme bleibt bei aller durchaus vorhandenen Schwierigkeit der Partien immer singbar. Das ist eine große Qualität, die sie vor einer großen Menge vergleichbarer zeitgenössischer Literatur auszeichnet. Große Vokalformen wie etwa Oper und Oratorium kommen im Werkkanon nicht vor. Dass der Komponist mit dem Fehlen der Gattung Oper längst seinen Frieden gemacht hatte, zeigt eine seiner letzten Kompositionen, „Aprèslude noir. Schluss-Szene zu einer nicht geschriebenen Oper“. Dem ungewöhnlichen Titel dieses Werkes meint man eine feine Ironie zu entnehmen …

Die sechs Konzerte bilden die größte Gruppe unter den zyklischen Werken. Sie gelten traditionell dem Klavier, der Violine und dem Violoncello, weniger traditionell der Viola, der Bassklarinette und schlussendlich der Gitarre. Zu diesem Instrument hatte Leyendecker bereits in jungen Jahren eine Beziehung, die sich im frühen Solowerk „Verso Parsifal“ erstmals bedeutungsvoll zeigte. Fünf Symphonien setzen ebenso einen gewichtigen Schwerpunkt. Die erste aus dem Jahr 1974 zeigt den Komponisten noch auf dem Weg der Suche ausgehend von zwei für Leyendecker wichtigen Komponisten, Anton Webern und Alban Berg. Dass letzterer schließlich die wichtigere Anregung war, zeigt sich bereits in der zweiten Symphonie, die elf Jahre später entstand.

In der Kammermusik bilden die drei Streichquartette einen klaren Schwerpunkt und damit auch ein echtes Bekenntnis zur Tradition. Es ist interessant, dass sich der Komponist dieser Gattung in den letzten 35 Jahren seines Lebens nicht mehr zugewandt hat. Schon von der Besetzung her ist die Sonate für Flöte, Viola und Harfe eine klare Referenz an den von Leyendecker hochgeschätzten Claude Debussy. Die solistischen Werke für Klavier und andere Instrumente bilden eine eigene Kategorie. Sie sind mit einer Ausnahme samt und sonders vor dem Jahr 2000 geschrieben, fallen somit aus der Zeit, in der Leyendecker bisweilen „zur süffig ausfallenden Geste“ (Timo Jouko Herrmann) neigte, heraus. Gerade in ihnen können wir daher dem „frühen“ Leyendecker besonders gut nachspüren. In seiner Geburtsstadt Wuppertal, die dem Komponisten 1987 den „Von der Heydt-Preis“ der Stadt Wuppertal verlieh, ist seine Musik in den letzten zehn Jahren nicht mehr erklungen. So soll dieser bescheidene Beitrag an einen der wichtigsten deutschen Komponisten nach 1950 erinnern. Ulrich Leyendecker starb am 29. November 2018 in Bonn. Am 29. Januar dieses Jahres wäre er 75 Jahre alt geworden. Lutz-Werner Hesse

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„Filidonia“ Foto: Ralf Silberkuhl

Kulturnotizen

Neues aus der Kulturszene Ein junges Ensemble mit dem Mut zum Experiment

Wuppertal hat eine lange und herausragende Tradition im Bereich der Improvisierten Musik. Wuppertal hat eine lange und herausragende Tradition im Bereich des Tanztheaters. Neu dagegen ist ein noch junges Ensemble, das beides miteinander verbindet – und die bildende Kunst noch dazu: Das experimentelle Musik- und Tanztheater Filidonia ist gerade dabei, sich in der freien Szene in Wuppertal und darüber hinaus einen Namen zu machen. Die Anfänge der Gruppe liegen freilich schon ein paar Jahre zurück: Das erste Projekt realisierte die Gründerin Miriam Bathe, die klassische Violine an der Hochschule für Musik und Tanz Köln/Wuppertal studiert hat, 2016 im Rahmen ihrer Bachelorarbeit. Aus den damals noch Studierenden sind inzwischen junge Profis mit Abschlüssen an der Folkwang Universität der Künste in Essen und der Hochschule für Musik und Tanz/Köln geworden. Und aus der Projektgruppe wurde ein festes Ensemble mit zehn Mitgliedern aus den Bereichen Musik, Tanz, Schauspiel und bildender Kunst. In-

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„Filidonia“ bereichert die freie Szene im Bergischen. Ihr neues Stück „Inbetween“ thematisiert die Suche nach der eigenen Identität.

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teraktiv erarbeiten sie spartenübergreifende Performances zu gesellschaftsrelevanten Themen. „Uns interessieren die Ambivalenzen, Widersprüchlichkeiten und Vieldeutigkeiten des modernen Lebens“, sagt Miriam Bathe. Was damit gemeint sein kann, zeigt die neueste Produktion „Inbetween“. „Darin geht es um die Frage nach der eigenen Identität“, erklärt die gebürtige Solingerin. Was macht uns im Innersten aus? Eine Frage, die jeder für sich anders beantworte und die weit über die Frage von Geschlecht und Herkunft hinausgehe, wie Bathe betont. Ganz entscheidend für die Arbeit von Filidonia ist neben der Improvisation die Interaktion mit dem Publikum. Die Trennung zwischen Bühne und Publikum ist aufgehoben: Der Bühnenraum wird zu einer begehbaren künstlerischen Installation, in der das Publikum Teil der Performance wird. Wegen der Coronapandemie mehrfach verschoben, wird die Premiere von „Inbetween“ voraussichtlich die einzige Aufführung bleiben. Das Ensemble arbeitet derweil schon an einem neuen Projekt. Anne-Kathrin Reif Premiere von „Inbetween“ Samstag, 16. Oktober 2021, 20 Uhr, in der Wuppertaler Immanuelskirche, Sternstraße 73. Karten: 12 Euro/ 8 Euro (erm.) über www.wuppertal-live.de n

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James Rizzi, Love birds

Wimmelbilder für Erwachsene Im Dezember vor zehn Jahren verstarb der Pop-ArtKünstler James Rizzi im Alter von gerade einmal 61 Jahren in seiner Heimatstadt New York. Schon damals war er einer der populärsten Künstler seiner Zeit, der mit seinen fröhlich-bunten „Wimmelbildern“ in 3D oder als 2D-Prints Menschen jeden Alters Freude machte. Eine der ersten Galerien in Europa, die Arbeiten von Rizzi präsentiert hat, war seinerzeit die Galerie Wroblowski in Remscheid. Sie widmet dem Künstler jetzt eine umfangreiche Ausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und signierten 3D-Grafiken. Zur Eröffnung am 5. November 2021 um 19 Uhr spricht Dr. Anne-Kathrin Reif.

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Galerie Wroblowski, Alleestraße 83, 42853 Remscheid Freitag, 5. November, bis Samstag, 4. Dezember 2021, montags bis freitags, 9.30 Uhr bis 18.30 Uhr, samstags, 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr

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Donnerstag, 18. November 2021, 20 Uhr

9. kunstkann’s Kunstauktion

Zum 9. Mal veranstaltet der gemeinnützige Verein kunstkann‘s e.V. seine Benefiz-Auktion zuunsten von Kinder- und Jugendprojekten in Wuppertal.

Zur Versteigerung kommt ein breites Spektrum an Werken der Wuppertaler Kunstszene mit Malerei, Fotografie und Bildhauerei. Auch in diesem Jahr, wird die Auktion aus gegebenem Anlass online in Form einer Zoom-Konferenz stattfinden. Über die Kontaktdaten der Homepage von kunstkann’s ist es jedem möglich, Zugangsdaten zu erwerben, am Auktion-Chat teilzunehmen und ein Werk zu ersteigern. Alle Kunstwerke werden von Auktionatorin Yvonne Peterwerth präsentiert und sind auf dem Bildschirm zu sehen. Das Bieten erfolgt als schriftliches Gebot im Chat-Verlauf, kann von allen Teilnehmern eingesehen werden, und die Auktionatorin erteilt via Zoom den Zuschlag. Für Interessierte besteht in diesem Jahr die Möglichkeit, die Kunstwerke zu besichtigen. Die Ausstellung ist geöffnet von Freitag, 12., bis Sonntag, 14. November 2021, Hofaue 59.2 in Wuppertal. Alle Informationen zu den Themen Ausstellung, Zugangsdaten, schriftliche Gebote. sind auf der Seite www.kunstkanns.de zu finden. Die Homepage bietet zudem spannende Rückblicke auf die vergangenen Auktionen und die bisher versteigerten Kunstwerke. n

„Skulpturenpark Waldfrieden“ Im Sommer 2021 erschien der 10. Band der Reihe „Wuppertals grüne Anlagen“, den Brigitte Alexander und Antonia Dinnebier im Verlag Edition Köndgen herausgegeben haben. Die Kaiser-Friedrich-Höhe, der Unterbarmer Friedhof, der Christbusch und der Skulpturenpark Waldfrieden bilden topografisch eine Einheit. Die Waldlandschaft ist durchzogen von Bachtälern und teilweise erschlossen zu Erholungsgebieten mit einem Naturschwimmbad und mehreren Kleingartenanlagen oder zu Kulturlandschaften gestaltet wie der Unterbarmer Friedhof und der 2008 von Tony Cragg angelegte Skulpturenpark Waldfrieden samt der Villa Waldfrieden. Gerda Breuer ordnet das ausgefallene Gebäude historisch ein und macht den Sinn der architektonischen Besonderheiten deutlich. In einem weiteren Beitrag widmet sie sich dem eigenwilligen Architekten Franz Krause und seinem nicht minder eigenwilligen Bauherrn Kurt Herberts. An-

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tonia Dinnebier beschreibt anschaulich und einfühlsam, wie das Café Podest, das Haus, der Villengarten mit dem Wald zu einer Einheit verschmelzen bis hin zur Farbgebung der Villa und den Bepflanzungen. Es ist tröstlich, wie unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein architektonisches Manifest für Menschlichkeit entstehen konnte und modernste Technik und tiefes Naturverständnis zueinanderfanden. Mit Tony Cragg hat ein visionärer Künstler das Erbe dieses Ensembles angetreten, das er pflegt, erhält und erweitert, wie es vorbildlicher nicht sein könnte. Dieter Fränzel erzählt in seinen Kindheitserinnerungen, die eng mit dem Waldfrieden verbunden sind, wie er dort den Krieg und später die Entstehung des Hauses miterlebt hat, verschweigt aber bescheiden, dass er 2009 für den Skulpturenpark die Reihe „KlangArt“ begründet und kuratiert hat, die sich seither ebenso wie der Waldpark internationaler Beliebtheit erfreut. Sigrid Lekebusch stellt den Unterbarmer Friedhof vor als Kulturdenkmal und als Kulturlandschaft, die bis heute Zeugnis gibt von dem weitsichtigen Engagement der Wuppertaler Bürgerschaft. In den durchweg interessanten Beiträgen werden die Geschichte und die Veränderungen des weitläufigen Gebietes um den Waldfrieden samt seinen Bewohnerinnen und Bewohnern lebendig. Herausragende Fotografien, eine Übersichtskarte und die Anfahrtsbeschreibung durch den öffentlichen Nahverkehr ergänzen den unbedingt empfehlenswerten Band. Marlene Baum n Montag, 25. Oktober 2021, 11 bis 20 Uhr

Eine Tagung des Instituts für Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Von der Heydt-Museum Wuppertal. Seit den 1960er-Jahren prägt Peter Brötzmann die internationale Szene des Free Jazz und der improvisierten Musik maßgeblich. Parallel zu seinem musikalischen Schaffen war er durchgängig als bildender Künstler tätig. Sein 80. Geburtstag bietet längstens den Anlass, in unterschiedlichen Formaten eine wissenschaftliche Perspektive auf diese herausragende „Doppelbegabung“ zu eröffnen: Ein Forschungs- und Lehrprojekt widmet sich der wechselseitigen Beeinflussung dieser Gattungen und fragt nach Parallelen und Unterschieden in den künstlerischen Konzepten und Ausdrucksformen auch am Beispiel Peter Brötzmann.

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jazzmeeting-wuppertal.de

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29.Okt. – 6. Nov. 21

29.10. Jazzclub im LOCH Stephan-Max Wirth – Experience Andrea Galluccio & Gregor Eisenmann 30.10. die börse Joo Kraus – We are doing well 31.10. Rex-Theater KinoJazzJazzKino d Wild t 1.11. Café ADA Wild Card Contest Caornte s C Newcomer Wettbewerb der Wuppertaler Jazzsession 2.11. BürgerBahnhof Inga Eichler – Endeevior 3.11. CityKirche Elberfeld About Aphrodite – Future Memories 4.11. Kontakthof Tokunbo – The Swan Tour 4.11. ort Jazzpool NRW ´21 – Ganz unten, oben im Norden 5.11. Barmer Bahnhof Marvin Dillmann, Salome Amend, Daniel Bark Rebecca Trescher Tentett – Paris Zyklus 6.11. Barmer Bahnhof Sieger*innen-Band Hanno Busch Trio feat. Florian Ross NuHussel Orchestra

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Free Music/Art Production: Kunst, Musik und Peter Brötzmann

„Free“ ist in diesen Betrachtungen ein zentraler Begriff, weil er nicht nur Namensbestandteil der Musikrichtung Free Jazz und des Plattenlabels FMP ist, sondern als musikalisches bzw. künstlerisches Gestaltungsprinzip (die „freien Künste“), aber auch in seiner gesellschaftlichen Dimension in den Blick genommen wird und so zum Titel für dieses Projekt angeregt hat: Free Music/Art Production. Die Ergebnisse der Forschungen werden im Rahmen einer Tagung vorgestellt. Eingeladene Wissenschaftlerinnen und Musiker beleuchten in ihren Vorträgen weitere zentrale Aspekte dieses Feldes. Ein Podiumsgespräch mit Peter Brötzmann um 19 Uhr bildet Abschluss und Höhepunkt dieser Tagung. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos auf www.von-der-heydt-museum.de Leitung: Dr. Sarah Czirr und Prof. Dr. Jürgen Wiener (Institut für Kunstgeschichte an der Heinrich- HeineUniversität Düsseldorf) in Kooperation mit dem Von der Heydt-Museum Wuppertal n

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Gunda Gottschalk, Foto: Marc Strunz Michels

Post Babel – ein Konzert über die Suche nach Verständigung

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Das neueste Projekt der Wuppertaler Improvisationsmusikerin Gunda Gottschalk schlägt eine Brücke vom Mythos zur Moderne. Als sich das Volk der Babylonier einst anschickte, einen bis in den Himmel reichenden Turm zu bauen, strafte Gott es für seine Hybris, indem er die bis dahin allen Menschen gemeinsame Sprache verwirrte. Damit stoppte er das anmaßende Projekt: Denn wer sich nicht miteinander verständigen kann, kann auch nichts gemeinsam erbauen. So erzählt es der Mythos des Alten Testaments. Heute können wir zwar per App nahezu jede Sprache mühelos in eine beliebige andere übersetzen – und sind über Produktionsketten und Warenströme so eng miteinander vernetzt wie nie zuvor –, aber der einzelne hat dabei längst den Überblick über die globalen Folgen seines Handelns verloren. Die Globalisierung erscheint als der zeitgenössische „Turmbau zu Babel“. Zugleich ist in den westlichen Gesellschaften eine Debatte über den Gebrauch von „korrekter“ Sprache entbrannt, der die Gesellschaft zu spalten droht. Die Wuppertaler Improvisationsmusikerin Gunda Gottschalk macht in ihrem neuesten Projekt mit dem Titel „Post Babel“ diese komplexe Gemengelage zum Thema.

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Frau Gottschalk – „im Post-Babel-Projekt erproben sechs Musike:rinnen und zwei Schauspieler:innen mit musikalischen Mitteln, was es braucht, damit Verständigung gelingt“, heißt es in Ihrer Ankündigung. Wie dürfen wir uns das vorstellen? Wir übertragen die Frage und die Suche nach Antworten auf das Feld der Musik, indem wir uns zunächst einmal dem Chaos von Klang- und Sprachverwirrung aussetzen. Dann suchen wir nach Möglichkeiten, uns auf musikalischem Weg zu verständigen. Wie spielt z.B. das Marimbafon die Klänge der Blockflöte nach, welche wiederum chinesische Sprache imitiert? Sprach-Wortfetzen oder auch Babylaute geben den Instrumentalisten akustische Vorlagen, denen sie klanglich nachspüren. Nach und nach kommt es zu einer Verselbstständigung und Verwandlung des musikalischen Materials, wenn sich die Musiker die Vorgaben zu eigen machen. Die Schauspieler interagieren mit den Musikern: Sprache wird Klang, und Klang wird Sprache. Durch die Mitwirkung einer Videokünstlerin erhält die Suche nach Lautäußerung eine zusätzliche visuelle Ebene. Aber wie kommt schließlich Ordnung in dieses Chaos? Und wird die gefundene Ordnung festgeschrieben oder zerfällt sie wieder? Die im Probenprozess entstandenen Elemente werden zu einer Art Suite zusammengefügt, die im Ablauf und in einzelnen Teilen reproduzierbar ist. Explizit gibt es aber auch Teile, bei denen die Musikerinnen und Musiker sprachlichen Vorgaben ad hoc nachspüren und sie für ihr Instrument übersetzen müssen. Diese Passagen sind dem Lernen vorbehalten und bilden zugleich den Prozess des Lernens für die Zuhörenden ab. Denn es ist die Bereitschaft zum Lernen, die es ermöglicht, dass aus der anfänglichen

Post Babel – Gruppenfoto (v.l.): Sebastian Gramss, Luise Kinner, Gunda Gottschalk, Sebastian Gokus, Christian Lorenzen, Ute Völker, Dodo Kis. Es fehlen: Wasiliki Noulesa und Maximilian Hilbrand. Foto: Heiko Specht.

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Klang- und Sprachverwirrung etwas wunderbares und vielstimmiges Neues entstehen kann – wenn alle bereit sind, sich mit Neugier und Offenheit auf das Fremde und Noch-nicht-Verständliche einzulassen und aufeinander zu hören. Das Post-Babel-Projekt liefert uns mithin eine Vorlage für den Umgang miteinander in wirren, quasi neo-babylonischen Zeiten? Zunächst einmal ist es nur der Versuch, mit unseren ureigenen künstlerischen Mitteln auf eine komplexe Frage zu antworten. Aber natürlich haben wir auch die Übertragbarkeit auf andere Bereiche im Blick. Jedenfalls sind wir davon überzeugt, dass friedliches Zusammenleben und das gemeinsame „Bauen“ an einer lebenswerten Zukunft sich nur über gelungene Kommunikation verwirklichen lassen. Das Gespräch führte Anne-Kathrin Reif Post Babel – Das Ensemble: Gunda Gottschalk (Violine, Idee & musikalische Konzeption), Sebastian Gokus (Marimbafon), Sebastian Gramss (Kontrabass & musikalische Konzeption), Maximilian Hilbrand (Schauspiel), Luise Kinner (Schauspiel), Dodó Kis (Blockflöte), Christian Lorenzen (Live Elektronik), Wasiliki Noulesa (Videokunst), Ute Völker (Akkordeon). Das Projekt wurde gefördert durch die Kunststiftung NRW, das Kulturbüro Wuppertal sowie die Stipendienprogramme des Musikfonds und der Bezirksregierung NRW.

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Café ADA / INSEL e.V. Wiesenstrasse 6, 42105 Wuppertal www.insel.news, Eintritt: 12 Euro/8 Euro Tickets: Wuppertal-Live oder Abendkasse n

Foto: Still aus dem Film, Kamera: Kai Fobbe

Sonntag, 7. November, 18 Uhr

Der Film „Malou & Dominique“ von Mark Sieczkarek mit anschließendem Gespräch

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Freitag, 3. Dezember, 19.30 Uhr

Literatur auf der Insel Friedrich von Borries: Fest der Folgenlosigkeit Gastgeber: Torsten Krug und Uta Atzpodien „Gibt es ökologische Kunst? Und wie sieht ein Leben ohne negative Folgen für andere aus?“ Diese aktuell dringlichen Fragen hat sich der Architekt und Professor für Designtheorie Friedrich von Borries gestellt. In seinem Roman „Das Fest der Folgenlosigkeit“ wird ein Kurator beauftragt, eine Kunstausstellung zum Thema „Kunst und

Erstmals wird der Film „Malou & Dominique“ von Mark Sieczkarek mit anschließendem Gespräch in Wuppertal zu sehen sein. Eine Tänzerin und ein Tänzer loten den Raum zwischen sich und der Welt aus. Wunderlich, abgründig, spielerisch und humorvoll öffnen sie einen Reigen menschlicher Begegnungen mitten in einer Industriehalle. Die französische Tänzerin Malou Airaudo und der Tänzer Dominique Mercy sind seit den Anfängen durch ihre langjährige Arbeit mit Pina Bausch und dem Tanztheater Wuppertal verbunden und weltweit bekannt. Der Film rückt beide in ein ganz neues Licht. Mit anschließendem Gespräch zwischen Mark Sieczkarek, Dominique Mercy und Dr. Uta Atzpodien (Moderation). INSEL e.V. im Café ADA, Wiesenstrasse 6, 42105 Wuppertal www.insel.news, Eintritt: 12 Euro/8 Euro Tickets: Wuppertal-Live oder Abendkasse n

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Post Babel – Termine: Donnerstag, 4. November 2021, 20 Uhr, Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstr. 12, 42285 Wuppertal, Samstag, 8. Januar 2022, 20 Uhr, Café Ada, Wiesenstr. 6, 42105 Wuppertal. Karten: www.wuppertal-live.de

Umwelt“ auf die Beine zu stellen. Daraus entspinnt sich ein Beziehungsgeflecht rund um die Frage, was es heißt, den eigenen Lebenswandel inf Frage zu stellen.

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von links nach rechts: Jean Laurent Sasportes, Pierre Siegenthaler, Bernd Kuschmann (oben), Marek Sieczkarek, Jörg Reimers

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Jean Laurent Sasportes

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Finster schönes Traumgedicht auf Glanz und Elend des Menschen Robert Sturm lässt Moby Dick in den Wuppertaler Riedelhallen stranden

Sprachkunst trifft auf Sprechkunst. Bewegungskunst trifft auf großartige Musik. An den Nahtstellen entsteht eine tiefschichtige und sehr berührende Bühnenfassung von Herman Melvilles Roman Moby Dick.

Herman Melville geht in seinem Roman weit über die Schilderung der Handlung hinaus, flicht philosophische Essays, naturwissenschaftliche Erkenntnisse, ökonomische Reflexionen sowie Lyrismen in den Gang der Handlung. Eine literarische Collage, die bis heute fasziniert: halb Abenteuerroman, halb philosophisches Traumgedicht auf Größe und Elend des Menschen: „Menschen mögen gemeine und mickrige Visagen haben, aber der Mensch ist seinem Ideal nach ein so edles und funkelndes, ein so großartiges und strahlendes Geschöpf, dass all seine Mitmenschen herbeieilen sollten, um einen etwaigen Schandfleck mit ihren kostbarsten Gewändern zu bedecken.“

Sturms Inszenierung schlägt eine Schneise in das dicht gewebte, ca. 600 Seiten umfassende Epos, die mitten in das großartig-finstere Herz dieser Dichtung führt. So ist eine von Sprechkunst getragene Bühnenerzählung entstanden,

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Wer je den Roman gelesen hat, dem wurden seine Figuren zu Wegbegleitern durch das ganze Leben: Ahab, der Kapitän, der, von Moby Dick zum Krüppel gemacht, seine ganze dunkle Lebensenergie darauf konzentriert, sich zu rächen, und dabei dem Irrsinn verfällt: „Zu dir rolle ich, du alles zerstörender, aber nicht erobernder Wal; bis zum letzten Mal greife ich nach dir; aus dem Herzen der Hölle steche ich auf dich; um des Hasses willen spucke ich meinen letzten Atemzug auf dich.“ Und da ist Ismael, der Erzähler – Nennt mich Ismael! -, der raunende Beschwörer der Vergangenheit, der das Erlebte vor das geistige Auge des Lesers ruft: ein gebildeter Mensch, der sich auf das Abenteuer der See und des Walfangs einlässt. Ismael, der die tödliche Jagd auf den Wal in Worte von monumentaler Schönheit und Erhabenheit fasst: alter Ego seines Autors, Kommentator des Geschehens, Geist der Erzählung. Und da ist Starbucks, Erster Steuermann, der Kontrahent Ahabs, der mit den Augen der Vernunft und den Maßstäben der Religion das Vermessene im Charakter seines Kapitäns erkennt und für einen kleinen flüchtigen Moment daran denkt zu meutern, um dem Schicksal zu entgehen. Und dann doch nicht den letzten Mut dazu aufbringt. Und da ist Queequeg, der Polynesier, der edle Wilde, der inkarnierte Traum Rousseaus, der mit dem Sein so vertraut ist, dass er die Stunde seines Todes vorhersehen kann. Und da ist Pip, der Schiffsjunge, „das Tamburin Gottes“, der mit seiner Leichtigkeit und Fröhlichkeit, mit seinem Tanz und seiner Musik die Herzen aller Männer gewinnt, die auf dieser schicksalhaften letzten Reise der Pequod zusammengekommen sind. Pip, der das Wunder vollbringt, gegen alle Regeln beim Walfang vom Boot zu springen, und genau dadurch sein Leben rettet. Pip, der Gottversucher, der das Kunststück gegen die Ermahnung Ahabs wieder47

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Moby Dick ist ein großer Roman. Ein Jahrhundertroman. Entsprechend hoch ist die Fallhöhe bei der Inszenierung. Robert Sturm hat ein Faible für Weltliteratur, die ganz großen Stoffe. Seit 2000 war Sturm Produktionsleiter des Tanztheaters Pina Bausch und seit 2009 - nach dem Tod der Tanzikone – bis 2013 gemeinsam mit Dominique Mercy dessen künstlerischer Leiter. Moby Dick ist seine dritte Theaterinszenierung. Nach „Romeo und Julia“ und der etwas klamaukhaft verrutschten Inszenierung des „Don Quichotte“ nun also Moby Dick. Diesmal hat Sturm die Skylla einer profanen, naturalistischen Inszenierung und die Charybdis einer mimetischen Nacherzählung erfolgreich umschifft. Danke!

die den anthropologischen und philosophischen Kern des Romans freilegt und diesen doch eng an die abenteuerliche Erzählung bindet.

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Jörg Reimers, hinten; Luise Kinner. Bühneninstallation von Tony Cragg

von links nachr rechts: Bernd Kuschmann, Pierre Siegenthaler, Ed Kordtland

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holt und dabei den Tod findet: „Das Meer hatte in spöttischer Weise seinen sterblichen Körper aufgehoben, aber seine unendliche Seele ertränkt.“

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Und da ist der Wal. Moby Dick. Ein Ungeheuer der Tiefsee, ein Geschöpf von göttlicher Erhabenheit, vollkommen und mächtig. In seinen Adern pumpt das Blut von tausend Menschen; größer, schneller und stärker ist er als das Walfängerschiff: unbesiegbare erhabene Natur; Moby Dick ist die Apotheose der Schöpfung. Das 42. Kapitel ist der Weiße des Wals (Whiteness of a Whale) gewidmet, es enthält die vielleicht profundesten Gedanken, die je über eine Farbe gedacht wurden. Die Weiße des Wals verleiht Moby Dick einen transzendenten Schimmer, als sei er ein Sendbote aus einer anderen Welt: „Deshalb kann niemand leugnen, dass das Weiß in seiner tiefsten, idealisierten Bedeutung eine besondere Erscheinung in der Seele hervorruft, wenn er in seinen anderen Stimmungen etwas Großartiges oder Anmutiges damit symbolisiert.“ 48

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Ahab ist nicht von Gewinn und Geld getrieben, nur von seiner prometheischen Hybris. Mit Geld aber weiß er die Mannschaft blind zu machen, sodass sie ihm folgen, „als wären sie die Glieder seines Leibes“. Ahab weiß: „Der Mensch ist ein geldgieriges Tier, und diese Eigenschaft kommt allzu oft seiner Güte in die Quere.“ Der Zusammenhang zwischen Kapitalismus, Ausbeutung der Natur, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen versinnbildlicht Sturm, indem allen Figuren Dublonen auf die Augen gelegt werden. Ahab, der Prometheus seiner Zeit, weiß um diese Zusammenhänge. Es ekelt ihn, dass Walöl genutzt wird, um Kirchen und Wohnstuben zu erhellen. Dennoch jagt er Moby Dick, angetrieben von seinem grenzenlosen Hass auf diese Kreatur: „Bis zum Letzten ring ich mit dir, aus dem Herzen der Hölle stech ich nach dir, dem Haß zu liebe spei‘ ich meinem letzten Hauch nach dir.“

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Es sind archetypische Gestalten, die Melville geschaffen hat, Spiegelungen von Urbildern, die in unseren Seelen hausen und doch Menschen aus Fleisch und Blut sind. Moby Dick ist eine Geschichte aus einer anderen Zeit, von unserer galaktisch weit entfernt. „All das, was am meisten verrückt und quälend ist; alles, was die Hefe der Dinge aufwirbelt; alle Wahrheit mit Bosheit darin; alles, was die Sehnen knackt und das Gehirn zusammenbackt; all die subtilen Dämonismen des Lebens und Denkens“, sei darin enthalten, sagt Melville durch die Stimme seines Erzählers Isamel. Wir Heutigen sind von solchen Geschichten biblischen Ausmaßes getrennt durch die unermesslichen Tiefen von Raum und Zeit, deren Dimensionen sich nicht nach Jahren, sondern jähen Wechseln der Ausdruckformen rechnen: Aufklärung, Profanisierung und Technik haben die Hybris des Menschen genährt, seines eigenen Schicksals Herr und Dame zu sein. Wir üben uns in Selbstoptimierung und Selbstinszenierung. Das Selbst, das Ich, 49

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Pierre Siegenthaler und Jan Minarik

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ist der Fetisch des modernen Menschen. Moby Dick aber erzählt noch von Menschen, die einfach tun, was sie tun müssen, von Menschen, die ihrer Bestimmung folgen. Paradoxerweise erweist sich genau das als ihr freier Wille. Freier Wille und Schicksal sind bei Melville eins. Ganz tief in sich wissen die Figuren um ihr Schicksal: „Der Weg zu meinem festen Zweck ist mit eisernen Schienen gelegt, worauf meine Seele gerillt ist, um zu rennen“, sagt Ahab über sich selbst. Seile, die sich die Schauspieler um den Leib und das Gerippe ihres Schiffes mit dem mythischen Namen des Indianerstammes der Pequod binden, symbolisieren in Sturms Inszenierung die Schicksalsfäden, die die Parzen weben: Und das sind ziemlich fette Schiffstaue.

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Tony Craggs Bühneninstallation zeigt die konstruktive Schönheit des Walfänger-Schiffs. Die raumfüllende Größe des Bootes in den Riedel-Hallen korrespondiert mit der Monumentalität der Erzählung. Es liegt schief zur Mittelachse, was das Rollen des Bootes in hoher See andeutet oder auch sein Stranden auf Meeresgrund. Die drei Masten sind aus der Längsachse gebrochen; so zeigt die Installation die Pequod als vulnerables Artefakt im Augenblick seiner Zerstörung durch Moby Dick. „Tand, Tand ist alles aus Menschenhand.“

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Der Rumpf des Schiffes erinnert fatal an das Gerippe eines Wals. Jäger und Gejagter, zusammengeschweißt in einer Schicksalsgemeinschaft: Wer ist wer? Cragg hat die Pequod in ihrer verletzlichen Monumentalität und symbolischen Bedeutung wunderbar gestaltet, aber ein Bühnenbild, das der Handlung und dem Ideengehalt des Romans gerecht würde, ist dadurch (noch) nicht entstanden. Die Bühneninstallation erzwingt nämlich eine lediglich zweidimensionale Darstellung in der Vertikalen und Horizontalen. Die Tiefe fehlt; und damit auch die Fokussierung auf die großartig minimalistische Bewegungskunst der Tänzer, die zuweilen von der Größe des Raums verschluckt werden. In der Tiefe aber, links und rechts hinter dem Schiffsskelett, sind die Musiker platziert, die mit ihrem Spiel der Handlung und der Seelenschau einen weiten Echoraum eröffnen. Doch dazu später mehr. Sturm besetzt die Rollen nicht eins zu eins. Ahab ist Ahab, aber er ist auch Erzähler und Ismael; Starbuck ist Starbuck, aber er ist ebenfalls Ismael, der Erzähler. Pip ist Pip, aber auf eine magische Weise ist er, mehr noch als alle anderen Figuren, das Spiegelbild des Erzählers. Man versteht in dieser Inszenierung, vielleicht mehr noch als bei der Lektüre, die Transpersonalität, die in dem Roman angelegt ist.

Denn so wie in Ahab, dem Menschen, alle übrigen Figuren als Archetypen angelegt sind, so sind wir alle Ahab. Kurz vor der Katastrophe, bei der Moby Dick die Pequod rammt und alle Menschen – bis auf Isamel, den Erzähler – ertrinken, ziehen sich alle Figuren die Beinprothese Ahabs an; jetzt sind sie eins mit Ahab, nein: Sie sind Ahab. So wie Moby Dick eine Geschichte aus uralten, fernen Zeiten ist, so entführt uns auch deren Inszenierung in eine weit zurückliegende Theaterzeit. Die Bühnenfassung erinnert in manchem an das surreale Theater des walisischen Dichters Dylan Thomas; die Stimmen der Toten scheinen aus der Tiefe des Meeres zu uns Lebenden herüberzudringen. Zugleich kehren wir mit dem Wal zurück in die Wuppertaler Theaterzeit, als eine junge Pina Bausch begann, ihr Ausdrucksrepertoire zu entwickeln, und im Schauspiel Wuppertal unter der Intendanz Holk Freytags neben anderen Bernd Kuschmann brillierte. Fast vier Jahrzehnte später legt Kuschmann mit seiner Sprechkunst alle Facetten in Ahabs Charakter auf eine so beeindruckende Art und Weise frei, dass das tief, ganz tief unter die Haut geht: Wir erleben schaudernd Ahabs Wahnsinn, seinen Hass auf den weißen Wal, seine Hybris, seine dämonischen Potenziale, sein tiefes Wissen, dass er sich gegen die Gesetze der christlichen Seefahrt, der Mitmenschlichkeit, gegen den Schöpfungsplan Gottes stellt. Wir erleben hautnah seine Verzweiflung, seine Angst, seine Erschöpfung, seinen Trotz und seinen unbändigen Willen. Sein „Stirb und Werde“, wie es Goethe in dem Gedicht „Selige Sehnsucht“ fasste: „Und so lang du das nicht hast // Dieses: Stirb und werde! //Bist du nur ein trüber Gast //Auf der dunklen Erde.“ Ahab hat es, dieses „Stirb und Werde“! Allen diesen Schattierungen einer Seele verleiht Kuschmann eine ungeheure und dramatische Präsenz, die in unserer heutigen Zeit vielleicht verstörend wirkt und gerade dadurch so betörend ist. Jörg Reimers und Pierre Siegenthaler bilden mit Kuschmann ein fantastisches Trio, das die Geschichte von Ahab und Moby Dick über das weite Meer der langen Spielzeit trägt. Hinzu kommt die großartige Luise Kinner, die als einzige Frau unter wunderbaren weißen alten Männern den Schwarzen Pip springlebendig in die Gegenwart holt und als Ko-Erzählerin den epischen und dramaturgischen Bogen spannt. Mit Jean Sasportes, Jan Minarik, Ed Kordtland (der vor seiner Zeit bei Pina Bausch noch bei Martha Graham in New York tanzte) und Mark Sieczkarek hat Sturm Prota-

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Blick aus der Perspektive des Schönberg-Ensemble der Hochschule für Musik und Tanz Köln auf das von Tony Cragg

Komponist Alexander Balanescu

gestaltet Walfängerschiff

Ganz großartig ist die Bühnenmusik. Die Komposition Alexander Balanescus (u.a. Kooperationen mit Carla Bley, David Byrne, Grace Jones, Philip Glass) illuminiert die tragische Fahrt der Peqoud gleichsam von innen. Ein Ostinato, das in Dynamik und Tempo variiert, transportiert die wechselnden Stimmungen der Reise in den Tod. Der Komponist entwickelt aus dem Nukleus eines zentralen Motivs unzählige Variationen auf das Thema des Schicksals: mal euphorisch und schon tragisch grundiert beim Aufbruch des Walfängerschiffs, dann drängend und dräuend vorwärtseilend, als ob Sturm in die Segel des Schiffes greift und die Pequod ihrem tragischen Ende entgegentreibt. Vorgetragen wird die Musik auf exzellentem Niveau vom Schönberg-Ensemble der Hochschule für Musik und Tanz Köln/

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Standort Wuppertal unter der Leitung von Werner Dickel, der gemeinsam mit Alexander Balanescu die Komposition einstudiert hat. Der Komponist selbst ist mit seiner Violine auf der Bühne; es scheint, als ob er das Ensemble – Schauspieler und Tänzer – von der Bühne aus dirigierte: eine geisterhafte Erscheinung, die in ihrer Musik die Erzählung noch einmal neu gestaltet und in ihre Kunstform transformiert: Es ist magisch, es ist, als entstünde die Musik erst jetzt, im Augenblick ihrer Erfindung. Einmal, es ist schon kurz vor dem Schluss, setzt sich Alexander Balanescu neben Luise Kinner, dem weißen schwarzen Pip, dem „Tamburin Gottes“: der Geist der Erzählung und der Geist der Musik vereint. Herzergreifend schön und tief traurig kündet die Violine das bevorstehende Ende an. Alexander Sturm und allen Mitwirkenden ist mit Moby Dick ein beeindruckendes Kunst-Stück gelungen: die Verschmelzung der Genres zu einem Bühnenkunstwerk, das die ungeheure Vielfalt der Dichtung Melvilles auf allen Ebenen sinnlich erleben lässt. Ein Kunst-Stück auch, weil es einen aus einer fern zurückliegenden Denk- und Empfindungswelt stammenden Stoff so ins Hier und Jetzt holt, dass es uns mitten ins Herz trifft. Heiner Bontrup Fotos: Heinrich Brinkmöller-Becker

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gonisten aus der frühen Zeit des Tanztheaters Pina Bauschs in seine Produktion eingebunden, und es ist faszinierend zu beobachten, wie gut der Minimalismus der Körpersprache und Bewegungskunst auch heute noch funktioniert. Die Semantik und Grammatik dieser Bewegungskunst erreichen uns auch heute noch, und sie fügen der Bühnenerzählung etwas hinzu, wohin unsere Ohren nur bedingt reichen. Wenige Gesten, wie das Streichen der Hand über das Herz und das anschließende Ausschütteln, genügen, um dem Zuschauer einen Röntgenblick in die Daseinszustände der Protagonisten zu ermöglichen.

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Probe Ectopia, Maria Giovanna Delle Donne, Naomi Brito Choreografie von Richard Siegal 2021, aufgeführt mit Shooting into the Corner (2008-09) von Anish Kapoor©Anish Kapoor. Foto rechte Seite: Anish Kapoor, Shooting into the Corner, 2008–2009 ©Anish Kapoor. All rights reserved BILDKUNST, 2021

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Ectopia

Beobachtungen zur Entstehung von Richard Siegals neuer Choreographie für das Tanztheater Wuppertal

Für das Tanztheater war die komplexe Choreografie der Verschiebungen und Umdisponierungen in der eskalierenden CoronaSituation im Frühling und Sommer 2021 eine große Herausforderung. Mit der aktuellen - DbZ 4-21 - 53 Einzelform - 11.10.2021 - 09:58:38 - Yellow Black -- - E-Plott Cyan Magenta E-Plott -E-Plott E-Plott

Schließung des Wuppertaler Opernhauses infolge der Flutkatastrophe und Zerstörung der Bühnentechnik fanden die Komplikationen eine unvorhersehbare Steigerung. Im Besonderen stand eine erneute Absage der Premiere von Richard Siegals neuer Arbeit Ectopia für das Tanztheater im Raum. Glücklicherweise sind ein neuer Spielort und ein neues Premierendatum gefunden: Nur zwei Tage später als eigentlich geplant findet die Uraufführung am 6. November 2021 (weitere Aufführungen am 7., 10., 11. November) im Forum Leverkusen statt, 50 km vom Opernhaus Wuppertal entfernt.

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Probe Ectopia, Tsai Wei Tien, Oleg Stepanov, Choreografie von Richard Siegal 2021, aufgeführt mit Shooting into the Corner (2008-09) von Anish Kapoor©Anish Kapoor.

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Damit nimmt Richard Siegals Kreation für das Ensemble - in Zusammenarbeit mit Anish Kapoor (Installation Shooting into the Corner), Alva Noto (Musik) und Matthias Singer (Licht) - wieder den Platz der ersten Neuproduktion in der aktuellen Saison des Tanztheaters ein. So wie schon in der Spielzeit 20/21 angekündigt, diesmal mit dem vollständigen Titel „Ectopia“.

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Für die Tänzerinnen Naomi Brito, Maria Giovanna Delle Donne, Taylor Drury, Azusa Seyama, Tsai-Wei Tien und die Tänzer Dean Biosca, Alexander Lopez Guerra und Oleg Stepanov begannen die Proben im November 2020, noch bevor das Okay zur Zusammenarbeit mit Sir Anish kam. Richard Siegal hat im Ansatz eine für das Tanztheater ganz und gar unübliche Herangehensweise gewählt, nämlich die Übertragung vom eigenen Körper und individuellen Bewegungsvokabular des Choreografen auf das Ensemble. Dazu trafen sich die Tänzerinnen und Tänzer in Einzelproben mit Siegal. Man kann sich das Ganze wie einen unendlich liebevollen und friedfertigen Ring- oder Boxkampf unter Corona-Bedingungen vorstellen, begleitet von Barbara Kaufmann als aufmerksamer Probenleiterin und Schiedsrichterin. In den mehrstündigen Begegnungen entspannen sich getanzte Gespräche, die kaum durch gesprochene Anweisung unterbrochen werden. Mit dem ersten Schritt folgt die Tänzerin, folgt der Tänzer dem Choreografen. Und doch ist es vielleicht genau andersherum, denn trotz der eindeutigen Rollenverteilung ist nicht mehr zu erkennen, wer führt und wer folgt. Der fast archaisch hierarchisch anmutende Ansatz von Richard Siegal – vordergründig diametral entgegengesetzt zu Pina Bauschs Fragen und ihrer Suche nach der individuellen Stimme der Tänzerin, des Tänzers - öffnet eine andere Tür zu getanzter Gleichberechtigung. Weder das eine noch das andere, führen oder geführt werden, bewegt Menschen, sondern das, was zwischen beiden entsteht. Der Raum, den sie zwischen sich formen, den sie tanzen. Über diese Leere, das Dazwi-

schen, verschränken sich die Körper und lassen - oft in unerklärlicher Gleichzeitigkeit - getanzte Muster, Gesten und Zeichen entstehen. Sie wechseln ihre Besitzerin, ihren Besitzer und werden zum Probenende festgeschrieben. So wie Tanz immer erst wirklich anfängt zu tanzen, wenn die Widersprüche so groß werden, Worte nicht mehr genügen, um sie zu beschreiben, so wandelt sich der oben beschriebene, friedfertige Ansatz im Entstehungsprozess zu einer spannungsgeladenen, vielstimmigen Auseinandersetzung, wenn sich die Soloformate der Entwicklungsphase über- und gegeneinanderstapeln. Unter leicht gelockerten Corona-Regulierungen passiert dies Ende Februar 2021 im Studio in Duo- und Trioformation. Dann, noch mit Abstandsregeln, ändert sich die Konstellation im März mit den ersten Bühnenproben. Duos und Trios wandeln sich mit einem Mal zum Oktett. Dies geschieht zeitgleich mit dem Aufbau der Installation von Anish Kapoor. Der in England in einem spezialisierten Studio gebaute Bühnenraum bedurfte eines viele Tonnen schweren Transports, der als einer der ersten unter Brexitbedingungen den Ärmelkanal überquert hat. Das Werk „Shooting into the Corner“ von Anish Kapoor, für Museen und Galerien um 2008 ersonnen, wird zum ersten Mal auf einer Opernbühne zu sehen sein und besteht aus einer Kanone, die Kapoor zusammen mit einem Team von Ingenieuren entwickelte, und aus zwei gewaltigen Wänden, die in ihrer Schnittlinie die titelgebende Ecke formen. Technisch handelt es sich eigentlich um ein gigantisches Luftgewehr, das mit blutroten, circa elf Kilo schweren Kugeln geladen wird. Sie bestehen aus einer Farbwachsmischung, die bei Zimmertemperatur vom festen in einen zähflüssigen Zustand übergeht. In der plötzlichen Entladung dieses riesigen Kompressors gehen die Farbpigmente der Geschosse in kinetische Energie über, versprühen sich über die ganze Bühne, um nach dem Aufprall eine

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zweite sinnliche Wandlung auf Wänden, Boden und den Körpern der Tänzerinnen und Tänzer zu durchlaufen. Ein ungeheuer rutschender Gleitfilm verformt, verfeinert und sublimiert die faszinierende Ganzkörperzeichensprache, die Siegal im komplexen Übergaberitual choreografiert hat, und trägt die Farbe zurück in den Raum. Ein physischsinnlicher Dialog und zudem eine nicht ganz ungefährliche Grenzerkundung, die sich in eine immer komplexere Bewegungskomposition hineinsteigert. Es entsteht ein virtuoses vielstimmiges Tanzgebilde. Eine Komposition getanzter Gespräche, die ganz unerwartet sichtbar werden und auf eindringliche Weise von einer fremden, einer sinnlicheren Wirklichkeit erzählen. Die Welt aus den Angeln zu heben, scheint ein etwas megalomanes Vorhaben zu sein, aber vielleicht steht dahinter nur der sehr menschliche Wunsch aufzuwecken und aufzuwachen. Die Arbeiten von Pina Bausch haben die Bühnenwelt immer wieder auf unnachahmliche Weise auf den

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Kopf gestellt und die Zuschauenden wacher und lebendiger aus den Theatern entlassen. Auch wenn die Ansätze wie erwähnt ganz unterschiedlich sind, eint alle am Prozess zu „Ectopia“ beteiligten Künstlerinnen und Künstler diese ganz gleiche Motivation zu kreativer und künstlerischer Arbeit. Dies gilt für Richard Siegal, die Tänzerinnen und Tänzer, die dem Tanz von „Ectopia“ mit Haut und Haaren verfallen sind, Alva Noto mit einer betörenden Komposition und seiner nie enden wollenden Klangerzeugung und der beweglichen, durch und durch eigenwilligen Lichtsuche von Matthias Singer. Aufeinandertreffende Extreme und unterschiedlichste künstlerische Sprachen verbinden sie zu einem Gesamtkunstwerk und vielleicht zu einer ganz neuen Perspektive für das Tanztheater. Stefan Dreher Dramaturg des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch Alle Fotos, außer Seite 53 oben: All rights reserved DACS/BILDKUNST, 2021, Foto: Evangelos Rodoulis 55

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Probe Ectopia, Tsai Wei Tien, Azusa Seyama, Choreografie von Richard Siegal 2021, aufgeführt mit Shooting into the Corner (2008-09) von Anish Kapoor©Anish Kapoor

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Oh Karl

Stills aus Frank Ns Film „Oh Karl“

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Frank Ns faszinierend schöner und wütender Beitrag zum Engelsjahr

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Im Rahmen des Engelsjahres hat der Wuppertaler Filmemacher Frank N einen Film geschaffen, der das Thema der Umweltzerstörung in einen engen Zusammenhang mit der Philosophie Karl Marx’ und Friedrich Engels’ setzt. Eine Rezension. In diesem Jahr brannte die Erde, brannte in Brasilien, brannte auf Rhodos, brannte in Sizilien, in Griechenland, in der Türkei. In diesem Jahr ertranken WuppertalBeyenburg, Weindörfer in der Ahr, Städte im Erfttal. Der Golfstrom, der Cornwall, dem Süden Englands, den Kanalinseln ein sanftes mediterranes Klima und uns heitere Sommer beschert hatte, schwächte sich ab. Aus Stürmen wurden Tsunamis, die Erde bebte, und ein Atomkraftwerk kollabierte. Feuer, Wasser, Luft und Erde, die vier Urele56

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mente, bislang in einer lebensfreundlichen Harmonie, wenden ihre Energie gegen den Menschen. Die Erde wird ein unfreundlicher, ein lebensabweisender Ort. Folge des menschgemachten Klimawandels, Folge der unerbittlichen Gier des Menschen, Folge einer Haltung, die die Erde und die Natur als unerschöpfliches Ressourcenlager versteht. Schon Karl Marx hatte in seiner Schrift „Dialektik der Natur“ die Umweltkatastrophe als Folge eines entfesselten Kapitalismus prognostiziert. Dieser Spur folgt Frank N, der mit den Mitteln des Films ein kämpferisches Plädoyer für den Kampf gegen den Klimawandel geschaffen hat. „Wer hofft“, sagt er, „ist ein Loser.“ Und man möchte im Geiste das Zitat der französischen Philosophin Simone Weil hinzufügen: „Die Wirklichkeit des Lebens besteht nicht aus Gefühl, sondern aus Aktivität!“ Also Kampf! Projektionen sagen das Verschwinden der ostfriesischen Inseln in einem halben Jahrhundert voraus, die Inseln meiner Kindheit. Zeeland, dem Meer von den Niederländern mühevoll abgerungen, wird ein modernes Atlantis. Die Horror-Nachrichten und apokalyptischen Szenarien der Wissenschaft erfüllen viele Jugendliche mit Angst: Haben wir noch eine Zukunft? Viele ältere Menschen, wie der Autor dieser Zeilen, haben sich in einer hedonistisch gefärbten Resignation eingerichtet.

Schon das Intro mit seinen faszinierenden Zeitrafferaufnahmen evoziert im Zuschauer einen Zustand der Zeitlosigkeit: eine Reise zurück an den Anfang allen Seins. Bilder vom Feuer, die an die aufsteigenden Blasen in den Lavalampen der 1970er-Jahre erinnern, bieten eine breite Projektionsfläche für Assoziationen: Energie, aus der das Sein entstanden ist? Oder Energie, in der die Welt vergehen wird? Ein Assoziationsraum, der auch durch den Soundtrack zum Film geöffnet wird. Der Wuppertaler Musiker und Soundtüftler Charles Petersohn hat zu dem Film psychedelische Klangwelten geschaffen, die jederzeit tief unter die Haut gehen und die Kraft der Bilder potenzieren.

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Danach taucht der Film ein in eine Erinnerung an den paradiesischen Urzustand: Der Mensch lebt in Einheit mit der Natur. Umso schlimmer ist das Erwachen aus diesem Traum der Menschheit: Aneinandergeschnitten werden Sequenzen von Müllhalden, Menschen in bitterer Armut, Umweltverschmutzung – die tief traurig stimmenden Folgen des Klimawandels. Eine wütende filmische Anklage gegen den durch den Kapitalismus entfesselte Zerstörung der Natur und unserer Lebensgrundlagen, die zugleich den Zusammenhang zwischen der Ausbeutung des Menschen und der Ausplünderung der Natur durch den Menschen verdeutlicht. In einem der vier filmischen Kapitel ergreift der Filmautor selbst das Wort: Seine Botschaft ist in Wut gehüllter Pessimismus, doch sein Film selbst ist ein Appell, sich gegen die Zerstörung der Umwelt zu engagieren, möglicherweise im Bewusstsein des Scheiterns. Im Epilog zeigt die Kamera die Gesichter zweier junger Menschen, die sich für die ökologische Jugendbewegung „Fridays for Future“ engagieren. Einen ganzen Kosmos von Gefühlen fängt die Kamera ein: Ängste und Widerstandswille, Skepsis und Kampfbereitschaft, Mulmigkeit und Hoffnung. Beim Blick auf die Gesichter dieser jungen Menschen fällt mir, ich weiß nicht, warum, ein weiteres Zitat von Simone Weil ein: „Es gibt nur eine Methode, um Bilder zu verstehen – nicht versuchen, sie zu interpretieren, sondern sie so lange anschauen, bis das Licht hervorbricht.“ In diesem Sinne bringt Frank Ns Film ein wenig Licht in die Welt. Heiner Bontrup Filmvorführung mit anschließendem Gespräch: 10. Oktober 2021, 20 Uhr Freibad Mirke In der Mirke 1, 42109 Wuppertal Gäste: TBA Mehr Informationen unter: https://oh-karl.jimdofree.com/termine/ 57

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Dort, wo Marx in seinem Aufsatz zur Dialektik der Natur kluge Sätze aneinanderreiht, bedient sich Frank N der Grammatik des Films: Schnitt und Kameraeinstellungen. An die Stelle des gesprochenen Worts tritt weitgehend die Abfolge von Bildern. In vier Filmkapiteln nebst einem Epilog umkreist Frank N in einer Art filmischem Essay das Thema der Umweltzerstörung. Er spricht von der schöpferischen Kraft der Natur und Destruktivität der Kultur.

Dabei gestaltet Frank N Bildwelten, die den entfesselten Kapitalismus sinnhaft vor Augen führen, wie etwa Zeitrafferaufnahmen aus der Vogelperspektive auf die gigantischen Straßennetze und die Hochhäuser von Metropolen wie Hongkong. Sie zeigen das völlige Verschwinden der Natur: funktionale und funktionierende Systeme von bizarrer Schönheit, die aber den Keim der Selbstzerstörung in sich tragen.

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Für die Dichtung streiten

Ein Rückblick auf die Geschichte des Vereins „Literaturhaus Wuppertal e.V.“

Anne Linsel und Hermann Schulz im „Literaturhaus Wuppertal“, Foto: Willi Barczat

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Auch diese Ära endet nun. Anne Linsel, Kulturjournalistin, Publizistin, Filmemacherin, hat auf der letzten Mitgliederversammlung des Vereins „Literaturhaus Wuppertal e.V.“ nicht wieder als Vorsitzende kandidiert. Sie

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war es seit Januar 2005, genauer schon seit 1997, als sie und etliche Mitstreitende sich von der „Else Lasker-Schüler-Gesellschaft“ trennten und den Verein „Else Lasker-SchülerHaus e.V.“ gründeten – als Einspruch gegen die ausgeprägte Neigung vieler „Else“-Apologeten, Person und Werk der jüdischen Dichterin für alles Mögliche zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. Weil die Namensgebung aber immer wieder mehr oder weniger amüsante Irritationen auslöste, gab sich der Verein Anfang 2005 zunächst aus pragmatischen Gründen einen neuen Namen. Anne Linsel wurde erneut 1. Vorsitzende, Ehrenvorsitzende die hochgeschätzte Wuppertaler Bühnenbildnerin Hanna Jordan, die in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden wäre. Ein erstes provisorisches Dach fand der Verein im sogenannten Soppschen Pavillon am Schauspielhaus. Als dem Verein Anfang 2000 zwei Räume in einem der im klassizistischen Stil erbauten Bürgerhäuser am Haspel mietfrei überlassen wurden, konnte er sich als „Literaturhaus Wuppertal“ für viele Jahre zu der vielleicht wichtigsten Adresse für Literatur in unserer Stadt etablieren. Konzeption und Programm des Vereins bringt eine Sentenz Else LaskerSchülers auf den Punkt, die diese 1927 in ihrer berühmten

Streitschrift „Ich räume auf!“ formuliert hatte: „Ich streite für mich und für alle Dichter, vor allen Dingen für die Dichtung.“ Realisiert wurde dieses Ansinnen in den Anfangsjahren durch zahllose Lesungen, Gespräche, Vorträge, Konzerte und Geselligkeiten, die einem Literaturhaus, das es ja in Wuppertal in Wirklichkeit gar nicht gab, verdammt nahekamen. Zwar weckte der Name entsprechende Erwartungen, von einer soliden Ausstattung in finanzieller, personeller oder infrastruktureller Hinsicht – so wie in anderen Städten mit wirklichen Literaturhäusern – war (und ist) das Domizil am Haspel weltenweit entfernt. Das bleibt ein Defizit - und ein Stachel. Dennoch hat der rein ehrenamtlich betriebene Verein über die Jahre ein beachtliches literarisches und kulturpolitisches Profil entwickelt. Von Anfang an setzte man auf Kooperationen und Partnerschaften, etwa mit dem Kulturbüro, dem Von der HeydtMuseum, dem Kunst- und Museumsverein, der Begegnungsstätte Alte Synagoge, der Stadtbibliothek, der Armin T. Wegner-Gesellschaft, der Ev. CityKirche, der GEDOK, der Bergischen Universität, der Musikhochschule, dem NRW Kultursekretariat, den Wuppertaler Bühnen und dem Skulpturenpark Waldfrieden von Tony Cragg. Zudem standen die immer etwas vernachlässigt anmutenden großbürgerlichen Räumlichkeiten am Haspel allen literarischen Vereinen und Initiativen für eigene Veranstaltungen offen, u.a. dem regionalen Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) mit seinen regelmäßigen Werkstattlesungen. Eine verlässliche Unterstützerin in finanzieller Hinsicht war in all den Jahren die Stadtsparkasse Wuppertal. Dank ihr und den Kooperationspartnern konnten immer auch (geringe) Honorare gezahlt werden. Substanz und Ausstrahlung haben dem „Literaturhaus Wuppertal“ vor allem jene Künstlerinnen und Künstler verliehen, die am Haspel oder an anderen Orten zu Gast gewesen sind: Andrzej Szczypiorski, Judith Kuckart, Emine Sevgi Özdamar, Barbara Nüsse, Georg Klein, Norbert Hummelt, Milena Moser, Ingrid Noll, Eugen Gomringer, Lutz Seiler, Barbara Köhler, Jan Wagner, Mechthild Großmann, Karl Otto Mühl, Michael Zeller, Gerlind Reinshagen, Hermann Schulz, Wolf von Wedel, Safeta Obhodjas, Christiane Gibiec, Angelika Zöllner, Tillmann Rammstedt,

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Ein Markenzeichen des Vereins „Literaturhaus Wuppertal e.V.“ war von Anfang an die Konzeption von Veranstaltungsreihen, die einem bestimmen Thema gewidmet waren oder die – als Eigenprodukt oder in Kooperation ein neues Konzept der Vermittlung von Literatur erproben wollten. Diese neuen Formate sollten auch eine Alternative bieten zu jener klassischen, aber doch zuweilen ziemlich betulich anmutenden Literaturlesung mit Wasserglas, Stehlampe und den höflich einführenden Gastgeberworten. Dahinter stand die Absicht, ein attraktives Angebot für alle literaturinteressierten Menschen zu schaffen - ohne Preisgabe der dichterischen Qualität. Keine „Ranschmeiße“ an das Publikum durch reine Bestsellerorientierung und schon gar nicht eine Unterforderung desselben. Das war und ist der Verein seinem Motto, für die Dichtung zu streiten, schuldig. Zu den Neugier weckenden Veranstaltungsreihen der Anfangsjahre zählen z.B.: „Prominente Wuppertaler und Wuppertalerinnen stellen ein Lieblingsbuch vor“, „Meine besten Seiten – Uni-Dozenten reden über Bücher“, „Kultur am Haspel – Gespräche, Lesungen, Vorträge“ und „Intendanten und Intendantinnen aus der Region im Gespräch“, u.a. mit Gerard Mortier, Michael Gruner, Anna Badura, Roberto Ciulli, Gerd Leo Kuck. Dass inhaltliche Substanz, Wagemut und Erfolg spektakulär und glückhaft gelingen können, zeigte von 2004 bis 2007 die an 15 teils aufregend neu inszenierten Orten in der Stadt gastierende Reihe „Die Schönen Drei – Literatur und Musik in Architektur“. Sie wurde vom Kulturbüro initiiert, das „Literaturhaus Wuppertal“ war mit der Universität fester Kooperationspartner. Dieses altersunabhängig bestens „funktionierende“ Format inspirierte das seit 2008 stets ausverkaufte Angebot „kunsthochdrei“ im Von der Heydt Museum. Diese immer noch existierende Reihe bietet einen breiten Querschnitt vom Barock bis zur klassischen Moderne und bringt jeweils epochenspezifische Musik, Literatur und bildende Kunst in ein sinnfälliges Verhältnis. Als Partner fungieren hier der Kunst- und Museumsverein, das Von der Heydt-Museum und die Musikhochschule.

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„kunsthochdrei“ im Von der Heydt Museum – Lesung mit Thomas Braus, 2019, Foto: Von der Heydt Museum

Gut angenommen wird ebenso die zuletzt pandemiebedingt immer wieder abgesagte Lesereihe „Literarische Teezeit“ im Café Podest des Skulpturenpark Waldfrieden von Tony Cragg, kulinarisch begleitet von Tee und Gebäck aus der Küche vor Ort. Einst verpönt und vermieden, erscheint diese Art kunstsinnig gepflegter Gediegenheit heute als ein Mittel der Wahl im Kampf um Aufmerksamkeit. Nach dem für sie wichtigsten Vereinsprojekt gefragt, antwortet die einstige Vorsitzende: „Die Schulhausromane unter der Leitung von Wuppertaler Schriftstellerinnen und Schriftstellern: Dorothea Müller, Safeta Obhodjas, Christian Oelemann, Hermann Schulz, Michael Zeller u.a.“ Hier wurden mit Jugendlichen aller Schulformen kleine Romane geschrieben, im normalen Schulunterricht und jeweils über ein Vierteljahr hinweg. Die Texte wurden gedruckt und öffentlich vorgelesen. Zwanzig Schulhausromane in über zehn Jahren sind so bei dem von der Dr. Werner Jackstädt-Stiftung geförderten Projekt entstanden. Und wie sieht Anne Linsel die Zukunft von „Literaturhaus Wuppertal e.V.“? Sie wünscht sich, dass Else Lasker-Schülers Motto vom „Streiten für die Dichtung“ weiter Leitlinie des Vereins bleibt und es gelingt, mehr junge Menschen für die Literatur zu begeistern. Das Ende einer Ära also als Aufbruch. Wie in der Politik. Wie in der Politik? Michael Okroy 59

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Tanja Dückers, Rafik Schami, Ralf Thenior, Peter Stamm, Eugen Egner, Falk Andreas Funke, Angela Krauß, Marcel Beyer, Ursula Krechel, Dariusz Muszer, Christoph Peters, Leif Randt, Jan Brandt, Serhij Zhadan und andere.

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„Sounds like Whoopataal“ – immer noch

Das Drei-Tage-Festival “Brötz 80!” versammelte zwei Generationen Brötzmann und internationale Helden des Free Jazz im Café Ada

„Sounds like Whoopataal“, das ist die gängigste Formel, um zu begreifen und doch nicht auf den Begriff zu bringen, was Wuppertal in der Welt des Modern Jazz so einzig macht. Gemacht hat. Manche sind verstorben: Peter Kowald, Hans Reichel, Bernd Köppen, oder verzogen (Rüdiger Carl), haben aufgegeben (Detlef Schönenberg) oder niemals geografisch, nur stilistisch dazugehört (Günter Christmann).

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„Sounds like Whoopataal“, schon die sprachliche Gestalt zeigt, dass die Formel nicht „aus dem Tal“ selbst stammt. Wahrscheinlich ist sie am 1. Oktober 2002 in Manhattan, in der St. Patrick´s Church, entstanden, bei der Trauerfeier für Peter Kowald, geboren 1944.

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Er war der erste Wuppertaler, der in den USA Fuß fassen konnte. Und es bleibt offen, ob Wolfgang Schmidtke ihn oder Peter Brötzmann (oder doch Hans Reichel) in einer gerne zitierten Anekdote meint: Begegnen sich zwei Wuppertaler auf der jeweils anderen Seite der Fifth Avenue. Überqueren aber nicht die Straße, um sich in der Fremde zu begrüßen. „Den kenn ich doch sowieso aus dem Luisenviertel!“ Die Luisenstraße 116 ist in gewisser Weise der zentrale Ort von „Sounds like Whoopataal“. Hier hat Kowald gewohnt. Das Hochparterre heißt nun auch „ort“. Hier blieb Kowald 1994 ein Jahr lang „vor ort“, um Musikerinnen und Musiker zu Konzerten zu empfangen (u.a. so „ort“-fremde Kollegen wie Heiner Goebbels).

Hier, in einer Art verlängertem Wohnzimmer, hat auch ein Flügel Platz, hier pflegt die Peter Kowald Gesellschaft e.V. das Erbe des Namensgebers. In einem sehr weiten Sinne. Brötzmann müsste auch hier nur ums Eck biegen - im „ort“ hat man ihn noch nie gesehen. Am 6. März wurde Brötzmann 80. Nachdem er den Glückwunschregen in den Medien gut verkraftet hat, lädt er an drei Tagen ein: zu Brötz 80! Nicht in die Luisenstraße, der „ort“ wäre viel zu klein, sondern in den Konzertraum des Café „Ada“. Und wiederum ist tout Wuppertal versammelt. Die Jazzpolizei (und sie gehört selbst mit dazu) macht wie im „ort“ eine Beobachtung, wie sie sich andern-orts so hermetisch kaum zeigt: Die Fans altern mit ihren Helden. Der „Bunker Ulmenwall“ in Bielefeld winkt mit freiem Eintritt für alle „U18“ - in Wuppertal hätte selbst „U35“ keinen Platz besetzt. Das wäre auch gar nicht nötig gewesen: Das „Ada“ ist ausverkauft. Erster Festivalabend – 180 Zuschauer, 3G-geprüft, manche aus Warschau, Stockholm, aus Chicago. Selbstverständlich Dieter E. Fränzel, der Herausgeber des Bandes „Sounds like Whoopataal“ (2006), ein Langzeit-Kurator der Wuppertaler Szene, ebenso Ingrid Schuh, Kuratorin aus „Impulse“Zeiten, das komplette „ort“-Team. Bei dem Herrn, der sich aufreizend lang am Bühnenrand hält, soll es sich um den Kulturdezernenten der Stadt handeln.

Das Plakat ist ein Produkt des visuellen Künstlers Peter Brötzmann, auch in dem für ihn typischen Lettering. Die Grafik wird separat als Druck angeboten (100 Euro, Auflage 40), T-Shirts und CDs liegen aus.

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Caspar Brötzmann und

... Peter Brötzmann gemeinsam mit

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... Hamid Drake

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Auch das Programm stammt von Brötzmann. Keine Begrüßung, es geht einfach los: Brötzmann und drei weitere Saxofonisten, dazu aus Amerika Hamid Drake. Er spielt nur am ersten von drei Festivaltagen. Und alle, die in diesen Tagen den guten Charlie Watts zu einem „Jahrhundert-Drummer“ hochjazzen (!), müssten Buße tun und wenigstens einen Set lang durch den inzwischen auch schon 66-jährigen Drake eingenordet werden. Er wird sich als der überragende Musiker dieses Abends herausstellen.

niken. Nun ist es an Per-Åke Holmlander aus Stockholm zu zeigen, was die Tuba so alles zulässt. Die Klang-Charakeristika des Instrumentes, wie üblich, werden so weit wie möglich hinausgezögert, man kommt nicht umhin, Spieltechnik zu bestaunen. Holmlander bezwingt die Tuba tatsächlich mit Zirkularatmung. Er muss mal absetzen, um Wasser zu trinken oder Beifall entgegenzunehmen. Aber was er dann melodisch-thematisch entwickelt, verbindet sich kaum noch mit den avancierten Techniken von zuvor.

Der Alte beginnt auf dem Alt. Der Ton ist trocken

Der Alte dankt dem Schweden und kündigt nach

und rau, die Phrasen enden in leichtem Vibrato. Brötzmann spielt etwas, das man freie Melodik nennen könnte. Er gibt vor, die anderen orientieren sich an ihm. Und sie entwickeln dabei so viel Geschick, dass die Jazzpolizei unwillkürlich auf den Bühnenboden schaut: ob da nicht Zettel liegen, die wenigstens skizzenhaft die Ordnung vorzeichnen, die sich in immer neuen Konstellationen einstellt. Aber nein, kein Plan, keine Regie, wie Wolfgang Schmidtke später enthüllt. Lange zögern die vier heraus, was ihnen als Klischee immer wieder vorgehalten wird: die Von-jetztauf-gleich-Raserei, die Ekstase aus dem Stand, die das Gestalten von Prozessen auf Schmalspur reduziert.

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Mats Gustafsson, mit seinem Bariton ohnehin akustisch prädestiniert, würde wohl gerne, das merkt man. Aber auch er fügt sich in immer neue Gruppen-Konstellationen, bis hinunter zu kurzen Solo-Vorträgen. Dass dem Rausch nur knappe Zeitfenster vergönnt sind, liegt an Hamid Drake. Der hört viel zu genau hin, kommentiert, bricht auf, hört einfach nicht auf, in „time“-patterns zu agieren. Ja, kurz nachdem Schmidtke das Tenor gegen ein Sopran ausgetauscht hat, landen beide auf einer Art swamp-funk. Aber nur kurz, wir sind ja im Free Jazz.

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Zum Schluss treffen sich die vier Saxofonisten (man kriegt die Idee mit dem Zettel nicht aus dem Kopf) tatsächlich auf einem Zentralton. Das war so gelungen, das hätte es gewesen sein können. Aber der Jubilar hat ja, nach Alt und Tarogato (eine Art hölzernes Sopran-Sax), sein Tenor noch nicht vorgeführt. Jaaaa, das verströmt nun den vollen Brötzmann-Sound. Die Zugabe wird ökonomisch gehalten; die fünf merken, sie können das Momentum des ersten Set schwerlich überbieten. Danach wird man Zeuge dessen, was „Sounds like Whoopataal“ - egal ob aus dem Tal oder von ästhetisch Verwandten - immer auch bedeutet hat: Erweiterung der Spieltech-

einer Pause „die beiden Brötzmanns“ plus Hamid Drake an. Man möchte nicht in die Köpfe der 180 blicken, um die ausufernde Küchenpsychologie zu erahnen, die dieses Trio dort auslöst - man selbst ist ja auch vollauf damit beschäftigt, die symbolische Aufladung dieser Konstellation größtmöglich unter Kontrolle zu halten. Aber es ist nun mal so: Gegen den Jungen hat der Alte keine Chance, schon akustisch nicht. Peter, 80, beginnt wieder mit dem Alt, Caspar, 58, (man glaubt es kaum, er könnte für Ende dreißig durchgehen) spielt nicht mal herausfordernd laut. Er ist weit entfernt von jenem Noise Rock, in dem er einen Namen hat. Er bedient eine viersaitige Bassgitarre, aber mit anderen Saiten; er spielt sie oftmals in tapping-Technik wie eine Gitarre, viele düstere Glissandi, schwebende Tonglocken.

Hamid Drake kann viel damit anfangen. Als Duo wären die beiden schon „abendfüllend“. Aber der Junge schaut niemals hinüber zum Alten. Und so klingt es. Was Peter spielt, wird von Caspar nicht aufgenommen. Seine Spielästhetik lässt dies gar nicht zu. Herrje, welche außermusikalischen Bilder wollen sich dazu einstellen! Die Szene mutet an wie die nachträgliche Ins-Bild-Setzung eines Projektes des kanadischen Klangfantasten John Oswald. Der hat einst ein Free-Jazz-Quartett aus vollkommen separaten Solo-Spuren im Studio zusammengemischt - es hakte irjenswie, aber es hatte auch was. Hier ist es glücklicherweise der Schlagzeuger Hamid Drake, der die beiden Brötzmann-Generationen in ihren Kammern halbwegs verbindet, indem er mal hier-, mal dorthinein horcht und daraus seine Schlüsse zieht. „Nicht ganz schlecht“ (Marcel Reif), dass man so etwas auch mal erleben durfte. Michael Rüsenberg / Fotos: Elmar Petzold

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Mats Gustafsson, Hans Peter Hiby, Wolfgang Schmidtke und Peter Brötzmann

Zweiter und dritter Festivalabend – Links: Camille Emaille, oben: Heather Leigh

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LCB | Haus der Jugend Barmen Geschwister-Scholl-Platz 4-6, 42275 Wuppertal Aktuelle Infos über www.hdj-online.de

Kinderdisco

Kinderdisco, Foto: Haus der Jugend Barmen

Kulturtipps für Kinder und Jugendliche die börse Wolkenburg 100, 42119 Wuppertal Aktuelle Infos über www.dieboerse-wtal.de

Ferienworkshop Kulturrucksack:

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„Die verrückte Zeitküche“ Montag, 11. Oktober bis Freitag, 15. Oktober, 10 bis 15 Uhr

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Es gab mal eine Zeit in der es noch keine Zeit gab. Diese musste erst noch erfunden werden. Das war die Aufgabe der Erfinderinnen und Erfinder aller Zeiten der Welt. In der Zauberküche wird die Zeit gedehnt oder gerafft, hier werden Zeitsprünge gemacht, die Zeit wird eingefroren oder sie wird süß und lebendig. Willst du mal verrückte Geschichten erfinden, Star in deinem eigenen Film sein, ein Video drehen oder Theater spielen? In unserem Workshop kannst du alles ausprobieren. Leitung Caroline Keufen und Wasiliki Noulesa. Kostenbeteiligung: 25 € / ERM 12,50 für Mittagesen, bei www.wuppertal-live.de oder den VVK-Stellen n

Es geht wieder los! Nach unserem tollen Auftakt der September-Kinderdisco auf dem Spielplatz hinter dem Haus der Jugend Barmen können wir endlich wieder mit den Kindern feiern. Murat tanzt und macht lustige Spiele. Ort: LCB / Eingang Höhne. Eintritt: 1 € (6 bis 10 J.) + ohne Eltern! Sonntag, 3. Oktober 2021, 14 bis 16 Uhr: Kinderdisco Sonntag, 31.Oktober 2021, 14 bis 16 Uhr: Halloweenkinderdisco – mit gruseligen Aktionen Sonntag, 5. Dezember 2021, 14 bis 16 Uhr: Weihnachtskinderdisco – mit tollen Überraschungen

Ferienworkshops Vom 11. bis 15. Oktober 2021 findet ein Ferienworkshop für Kinder von sechs bis zwölf Jahren statt. Täglich von 10 bis 16 Uhr führen bekannte Wuppertaler Künstlerinnen und Künstler die Workshops durch. Das Motto diesmal ist das Weltall. Die Teilnahme inklusive Mittagessen ist kostenlos. Anmeldungen und Informationen: Anja Gräve – Tel. 563 77 61 n

Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater Theater im Berufskolleg Bundesallee 222, 42103 Wuppertal Aktuelle Infos und Anmeldung über: www.kinder-jugendtheater.de oder telefonisch unter 0202 89 91 54

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K 4 | Theater für Menschlichkeit Neuenteich 80, 42107 Wuppertal Weitere Infos: www.k4theater.de oder telefonisch unter 0202 44 77 66

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Akademie für Darstellende Kunst Westfalen Neuenteich 80, 42107 Wuppertal Aktuelle Infos: www.adkwestfalen.de oder telefonisch unter 0202 44 77 66 Die Stagefreaks kommen nach Wuppertal! Schauspiel, Tanz und Gesang ist unsere Leidenschaft. Wir unterrichten dich in allen drei Bereichen und zeigen dir, wie du sie

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eindrucksvoll kombinieren kannst. Jeden Samstag bieten wir dir ein geschütztes Umfeld. Peinlich gibt’s nicht. Hier hilft jeder jedem und ist für den anderen da. n

Junior Uni Wuppertal Forscherplattform Bergisches Land Am Brögel 31, 42283 Wuppertal Kursprogramm, auch mit eigener Sparte „Kunst & Kultur“: www.junioruni-wuppertal.de

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Kulturelle Jugendbildung Kursinformationen und Anmeldungen über www.jugend-kult.de oder unter 0202 563 26 45 Ein buntes und interessantes Programm für Kinder und Jugendliche quer durch alle Stadtteile Wuppertals könnt ihr auf der Internetseite www.jugend-freizeit.de finden. n

Von der Heydt-Museum Wuppertal Turmhof 8, 42103 Wuppertal www.von-der-heydt-museum.de

Angebote für Kinder und Familien Oktober/November/Dezember 2021 Für alle Angebote ist eine Anmeldung erforderlich. Buchungen im Onlineshop auf der Website des Museums per E-Mail: vdh.kunstvermittlung@stadt.wuppertal.de Tel. 0202 563 66 30 oder 563 69 00 Anmeldungen am Wochenende nur an der Museumskasse, Tel. 0202 563 22 23 Aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation bitte auf der Webseite über kurzfristige Änderungen informieren.

Kinderführung: Spuk im Museum – Kunst zu Halloween Sonntag, 31.Oktober, 15 bis 17 Uhr Zu Halloween gehen im Museum seltsame Dinge vor. Es wispert und raschelt, brummelt und quietscht auf den Fluren. Wer sich traut, kommt verkleidet zum Spuk: Vampire, Zombies und Hexen sind willkommen! Kinderführung: Bilder werden lebendig Sonntag, 14. November, 15 bis 17 Uhr Lebendiges Eisvergnügen, betriebsame Marktgänge, aufregende Wirtshaus- und Bauernszenen, wir sind aktiv dabei, um dann gemeinsam die Bilder lebendig werden zu lassen.

Familiensonntage, sonntags, 15 bis 17 Uhr Pro Kind können max. zwei erwachsene Begleitende für den Familiensonntag angemeldet werden. Kosten Erwachsene 10 €/Kinder 5 € Familiensonntag: Jede/r ist ein/e Künstler/in Sonntag, 24. Oktober, 15 bis 17 UHR Joseph Beuys war ein Künstler, der mit ungewöhnlichen Aktionen bekannt wurde. Wir lassen uns von den SchwarzWeiß-Fotos Ute Klophaus‘ inspirieren und gestalten unsere eigenen wilden Geschichten. Familiensonntag: Drucken – Ganz schön zugespitzt Sonntag, 12. Dezember, 15 bis 17 Uhr In der Ausstellung entdecken wir grafische Werke berühmter Künstlerinnen und Künstler. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche und drucken mit einfachen Mitteln, was uns gefällt. Foto: Von der Heydt-Museum

Zweistündig mit Atelierarbeit, für Kinder ab fünf Jahren ohne Begleitung der Eltern. Sonntags findet eine halbe Stunde später die öffentliche Führung für Erwachsene statt. Kosten: 7 €/Kind Kinderführung: Let‘s Move – Kunst in Bewegung Sonntag, 10. Oktober, 15 bis 17 Uhr Die Kunstwerke im Bürgersaal hängen zwar an der Wand, aber trotzdem stecken sie voller Bewegung. Mithilfe von Musik, Taschenlampen und unseren eigenen Bewegungen untersuchen wir die imposanten Kunstwerke. Im Atelier fertigen wir im Anschluss ein Mobile nach dem Vorbild Alexander Calders an. 65

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Kinderführungen

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Foto: Von der Heydt-Museum

Kreativangebote für Kinder AB 5 JAHREN (ohne Ausstellungsbesuch) Nikolauswerkstatt Sonntag, 5. Dezember, 15 bis 17 Uhr Das Museumsatelier wird zur vorweihnachtlichen Werkstatt. Kreativ steigern wir die Vorfreude auf das Fest. ((Aber es heißt doch Nikolauswerkstatt, nicht Weihnachtswerkstatt!?)) Schokolade und Mandarinen warten auf euch. Kosten: 5 €/Kind Weihnachtswerkstatt – alles verpackt? Donnerstag, 23. Dezember, 14 bis 17 Uhr Nur noch einmal schlafen, dann ist Heiligabend! Wir stellen euch kreative Ideen vor und gestalten mit wenig Aufwand und einfachen Mitteln schönes Geschenkpapier selbst. Kosten: 8 €/Kind n

Medienprojekt Wuppertal Hofaue 59, 42103 Wuppertal-Elberfeld Infos und Kontakt: www.medienprojekt-wuppertal.de Tel. 0202 28 31 98 79

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Filmemachen, Filmeschauen für junge Menschen ab 14 Jahren, Teilnahme an Filmprojekten (Doku, Kurzspielfilm, Musikvideo u.a.). Teilnahme kostenlos. n

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Wuppertaler Bühnen Kurt-Drees-Str. 4, 42283 Wuppertal wwww.wuppertaler-buehnen.de

Comic-Wettbewerb zur ZAUBERFLÖTE Die Oper Wuppertal veranstaltet ihren fünften ComicWettbewerb. Dieses Mal wird die Handlung der Oper „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart als Comic gestaltet. Alle Schüler ab zwölf Jahren können teilnehmen, und der Gewinnercomic wird ausgestellt. Weitere Infos: https://oper-wuppertal.de/comic

SCHNEEWITTCHEN – Familienstück zu Weihnachten Premiere: Freitag, 26. November 2021, 16 Uhr Wer ist die Schönste im ganzen Land? Auf diese Frage möchte die böse Königin nur eine Antwort von ihrem Spiegel hören ... Familien und Schulklassen können sich dieses Jahr über das Weihnachtsmärchen „Schneewittchen“ nach den Brüdern Grimm freuen. In Henner Kallmeyers Inszenierung wirken das Inklusive Schauspielstudio und das Sinfonieorchester Wuppertal mit. Außerdem können Schulklassen bis einschließlich Klasse 5 an einem Malwettbewerb zum Stück teilnehmen. Als Preis winkt ein Besuch von Mitgliedern des Ensembles in der Schule.

FAUST – für Schulen ab Klasse 11 Das Schauspiel Wuppertal veranstaltet in diesem Winter zwei Schulvorstellungen des Klassikers „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe in einer Inszenierung von Nicolas Charaux im Theater am Engelsgarten. Das Stück eignet sich für Schülerinnen und Schüler ab der 11. Klasse. Durch die Dramaturgie und die Theaterpädagogik erhalten die Lehrenden auf Wunsch Unterstützung bei der Vorund Nachbereitung.

BLECH AUF DIE OHREN – mobiles Schulkonzert Mit dem mobilen Konzertformat „Blech auf die Ohren“ kommen das Blechbläserquintett des Sinfonieorchesters Wuppertal und die Moderatorin Nadja Wiesemann direkt zu euch in die Schule! Warum braucht man bleibende Schneidezähne, um eine Trompete zu spielen? Und jede Menge Blech gibt’s selbstverständlich auch auf die Ohren! Dauer: 45 bis 60 Minuten Anfragen richten interessierte Schulen bitte an n.wiesemann@sinfonieorchester-wuppertal.de n

Historische Stadthalle Wuppertal Johannisberg 40, 42103 Wuppertal, Großer Saal

2. Familienkonzert: CAMILLE SAINT-SAËNS Sonntag, 5. Dezember 2021, 11 Uhr Sinfonieorchester Wuppertal Boussa Thiam, Moderation, Harry Ogg, Dirigent Wir spitzen anlässlich Camille Saint-Saëns’ 100. Todestages die Ohren für seine Werke und lassen die Orgel pfeifen. Dauer: ca. 60 Minuten

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Kinderchor Lust, in einem Chor der Wuppertaler Bühnen zu singen? Unser Vorchor richtet sich an kleine Sängerinnen und Sänger ab sechs Jahren (Probe: mittwochs, 15.15 bis 16 Uhr). Bei unserem Kinderchor können Kinder ab acht Jahren gemeinsam singen (Probe: mittwochs, 16 bis 17 Uhr). Leitung: Ulrich Zippelius Kontakt: ulrich.zippelius@wuppertaler-buehnen.de n

Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal www.skulpturenpark-waldfrieden.de

Modul 1, Mittwoch, 13. Oktober 2021 Wie funktionieren die Lichtstelen? Wir gehen dem Licht und seiner Energie auf die Spur. Draußen und drinnen entdecken wir die Wirkung von Licht. Modul 2, Mittwoch, 20. Oktober 2021 Heinz Mack hat in weiten Räumen mit Licht und Skulpturen gearbeitet. Dabei hat er Materialien eingesetzt, die für uns heute normal sind, wie Plexiglas oder Alufolie oder Spiegel. Aber die Großeltern können ganz andere Geschichten über diese Materialien erzählen ...

Workshop II

Generationenworkshops im Skulpturenpark Waldfrieden Neues Kurskonzept lädt Jung und Alt zum gemeinsamen Kunsterlebnis ein. Eine Anmeldung ist erforderlich. In zwei Workshops erleben Kinder (8 bis 12 Jahre) und ihre Großeltern oder Jugendliche (10 bis 14 Jahre) mit Seniorinnen und Senioren den Kunstraum Skulpturenpark Waldfrieden und können einander im Gespräch und mit kreativer Umsetzung unterschiedliche Zugänge zur Kunst öffnen – im Generationendialog. Die Kurse werden geleitet von Sophie Voets-Hahne, Kunstpädagogin und Kulturgeragogin. Generationenworkshops zur Ausstellung „Heinz Mack. Skulpturen“ Das Werk von Heinz Mack ist Thema der beiden Generationenworkshops, die der Skulpturenpark Waldfrieden erstmals im Rahmen der Kunstvermittlung anbietet. Durch seine lange künstlerische Wegstrecke – Heinz Mack ist in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden – spricht Mack alle Generationen mit seinem Werk an.

Mixed Generations für Jugendliche (10 bis 14 Jahre) und Seniorinnen und Senioren Freitag, 15. Oktober 2021, und Freitag, 22. Oktober 2021, jeweils von 15 bis 16.30 Uhr Schon in den 60er-Jahren experimentierte Heinz Mack mit Material, Licht und Bewegung. Er schuf im Rahmen der Gruppe ZERO sowie darüber hinaus vibrierende Lichtreliefs, monumentale Lichtstelen und lichtreflektierende Kuben. Modul 1, Freitag, 15. Oktober 2021 Wir betrachten gemeinsam die Ausstellung und kommen ins Gespräch über das Thema „Material, Licht und Bewegung“. Der Spaziergang durch den Skulpturenpark befeuert dabei Nachdenken und Inspiration. Modul 2, Freitag, 22. Oktober 2021 Wir beschäftigen uns mit Aussagen von Heinz Mack: Was ist eigentlich Material? Was bedeutet Licht und welche Energien lässt es entstehen? n

Workshop I Lichträume für Klein und Groß Für Kinder (8 bis 12 Jahre) und Großeltern Mittwoch, 13. Oktober 2021, und Mittwoch, 20. Oktober 2021, jeweils von 15 bis 16.30 Uhr

Foto: A. Zeiss-Loi, Medienzentrum Wuppertal, Collage & Gestaltung

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„Ferienworkshop zu Heinz Mack im Skulpturenpark Waldfrieden“ Foto: Alexandra Peter

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Befragung von Beate Hablitzel durch Uta Atzpodien im Marktwagen der Mobilen Oase im Freibad Neuenhof. Foto: Mirela Hadzič

Von Homeoffice bis honorarfrei

Das filmisch-performative Projekt „Arbeit:Mensch:Utopia“ reflektiert Facetten der Arbeit Spot auf Arbeit und deine Sicht dazu: Das Filmprojekt „Arbeit:Mensch:Utopia“ widmet sich in einer Mischung aus persönlich und grundsätzlich dem großen Thema Arbeit. Hinter der vom )) freies netz werk )) Kultur getragenen Produktion steckt ebenso Aufwand wie der Anspruch auf Breite und Nachwirkung. Nicht zuletzt steht im Hintergrund ein künstlerisches Konzept.

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Im Grunde sind es kleine Einzelauftritte, die über den Sommer gefilmt und dann neu montiert wurden. Auch damit knüpft man an einen Vorgänger an, „Mensch:Utopia“ von 2016; damals erzählten Wuppertaler Menschen über ihre Visionen zu ihrer Stadt. Die Dramaturgin Uta Atzpodien und die Filmemacherin Kim Münster waren schon damals dabei; vom bewährten Konzept übernahmen sie die hübsche Idee, im Film die Teilnehmenden zu zeigen, wenn sie aus dem Off ihre eigenen Statements hören, die sie gerade eingesprochen haben. Hinzu kam nun die Unternehmensberaterin Anne Brüne, die gewissermaßen aus der Rolle als Arbeitsexpertin mit Atzpodien die Interviews führte.

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Gemeinsam ist generell das Vorgehen - einen wichtigen Beteiligten inbegriffen: ein Bauwagen, der zum Filmstudio wurde. Sonst ist er im Einsatz als Teil der SoziokulturPlattform Mobile Oase, und deren Akteure um Roland Brus machen wie der Wagen auch heute mit. Das Vehikel, innen schön ausgebaut und geschmückt, ging nun auf Tour und machte dreimal Station - an der Utopiastadt, im Freibad Neuenhof und an der Nordbahntrasse am alten Bahnhof Wichlinghausen. Film-Stills von oben nach unten: Jürgen Botta, Dr. Christoph Quarch, Bernardo Mariadas,

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Kalinda Cox, Julia Wolff, Kamera: Kim Münster.

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Mit „Tour“ und zugleich „Station“ klingt schon an: Die Drehsituation war paradox. Einerseits mobil wie die „Oase“, wurde der Marktwagen dreimal für je einen Tag zum festen Drehort. Währenddessen blieb das Brus-Team altgewohnt in Bewegung - und trug damit einen Gutteil des besagten künstlerischen Konzepts: Wer etwa den Dreh im Neuenhof verfolgte, staunte über Leute in Verkleidung statt Badezeug, die quer übers Gelände unterwegs waren, mit stummen Gesten oder auch mal einer Arie am Beckenrand. Das mochte Schwimmgästen auch die Gesamtaktion in den Blick rücken, und natürlich fand es Eingang in den Film.

Opernsängerin Tina Hermann als Gastperformerin der Mobilen Oase parallel zum Arbeit:Mensch:Utopia-Dreh im Freibad Neuenhof am 26. Juni 2021.

Nicht zuletzt markiert die begleitende Performance, dass „Arbeit:Mensch:Utopia“ sich klar von einer spontanen Straßenbefragung unterscheidet. Stichwort Aufwand: Nicht lange nach dem Vorgängerfilm begannen schon die Pläne, bis Corona dazwischenkam und alles verschob - was übrigens eine anvisierte Kooperation stoppte: Im Neuenhof hatte man sich ursprünglich mit dem Opernformat „Sound of the City zum Thema: Arbeit?“ zusammentun wollen; das fiel ins Wasser.

Zum erwähnten „breiten Anspruch“ gehört: Der Querschnitt durch Arbeitssichten sollte ausgewogen und aussagekräftig sein, wenn nicht repräsentativ. Was für die drei vorab hieß, bedachtsam auszuwählen - das Spektrum sollte Jung und Alt abbilden, verschiedene Berufsfelder und kulturelle Hintergründe. Jeder sprach für sich, aber es ging ja doch um Grundsätzliches. Und im Ertrag, dem im August abgeschlossenen Film, spiegelt der Plan sich wider. Ein hiesiges Kultur-Urgestein äußert sich ebenso wie eine Schülerin, ein Werkzeugmacher oder ein Politiker. Und zum Grundsätzlichen mag passen, dass im Zentrum nicht so sehr konkrete Berufsbeschreibungen stehen. Eine sinniert: „Man spürt sich ganz anders, wenn man arbeitet. Auf der anderen Seite ist es aber auch Struktur und Gewohnheit.“ Ein weiterer macht sich durchaus streitbar Gedanken übers Verhältnis von Arbeit und Honorar: „Man kann sich interviewen lassen oder im

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Grünen einen Bericht schreiben. Das ist aber alles nicht Arbeit. Es gibt Aktivitäten, die werden belohnt durch Anerkennung.“ Wieder andere berühren Punkte wie Grundeinkommen oder auch Arbeitsformen der Zukunft. Wie überhaupt der fertige Film die Auswahl aus den Statements lose nach Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft gliedert. Dazwischen ohne Worte: Sequenzen der Performance. Roland Brus und seine Mitstreiterinnen und -streiter schreiten durchs Bild oder den Horizont entlang, kostümiert und kollektiv, und sie begleiten damit die Wortbeiträge als surrealer Kontrapunkt. Und die eingangs angesprochene „Nachwirkung“? Nun, die Produktion will Kreise ziehen. Wie schon der Vorgänger zeigt sich „Arbeit:Mensch:Utopia“ nicht nur betrachtenden Zuschauern, sondern wird Material zum Weiterdenken: Zur Ausstrahlung an verschiedenen Orten gibt es Workshops, wo alles reflektiert und diskutiert werden kann: das Gesehene und die vielen Sichten auf Arbeit. Uta Atzpodien wünscht sich, dass der Film aktiv weiterlebt: „Die Menschen können das als Impuls nutzen, um sich gemeinsam mit der jeweils eigenen Arbeit, Erfahrungen, Ideen und Wünschen zu beschäftigen.“ Martin Hagemeyer Nach den Filmpräsentationen mit Workshop von „Arbeit: Mensch:Utopia“ im September in der Färberei, Oper und BOB Campus folgen weitere Termine: 5. Oktober in Utopiastadt, 26.Oktober in der Kunststation in Vohwinkel, 16. November in der Kulturschmiede in Cronenberg und am 25. November im Café ADA/INSEL e.V., jeweils von 19-21 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung via Wuppertal Live. Infos: www.arbeitmenschutopia.de 69

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Auch die Teilnahme gestaltete sich ein gutes Stück bewusster, als einfach in der Innenstadt in ein Mikro zu sprechen. Wer sich zur Arbeit äußern mochte (insgesamt knapp 40 Menschen), begab sich hin zu Bahnhof, Trasse, Bad - nach Anmeldung (überwiegend). Ein wenig überlegen, was man in die Kamera sagen wollte, konnte man also schon zuvor, und nach Ankunft begrüßten Brüne oder Atzpodien zum freundlichen Plausch, ehe Münster jeden ins Visier nahm.

Foto: Mirela Hadzič.

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Das Kernteam von Arbeit:Mensch:Utopia – Filmemacherin Kim Münster, Dramaturgin Uta Atzpodien und Unternehmensberaterin Anne Brüne. Hier zusammen mit dem Kooperationspartner Mobile Oase um Robert Brus mit Daniela Raimund, Gisela Kettner und anderen am 1. Mai 2021 mitten auf dem Sandareal auf dem Campus von Utopiastadt. Möglich wurde das Projekt in Trägerschaft von )) freies netz werk )) KULTUR durch die Förderung via Neustart Kultur, Fonds Soziokultur, Kunststiftung NRW, Kulturbüro Wuppertal, Renaissance Immobilien und die Förderer des Festivals der Oper. Foto: Mirela Hadzič

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Joseph Beuys und die Schamanen, 340 Seiten mit zahlreichen Klaus Staeck/Gerhard Steidl:

überwiegend farbigen

Beuys Book,

Abbildungen,

736 Seiten mit 455 überwiegend

Hardcover, 30,5 x 24 cm,

s/w-Abbildungen, Hardcover,

Stiftung Museum

24 x 16,5 cm, Steidl, 45,- €

Schloss Moyland, 34,50 €

Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch

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Beuys und die Migration der Tiere

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beuys2021 ist noch nicht vorbei. Einige der angekündigten Bücher stehen aus, einige der Ausstellungen haben gerade erst begonnen – auf die Wuppertaler Schau mit den Fotografien der Aktionen von Beuys, aufgenommen von der großartigen Ute Klophaus, freue ich mich besonders. Insgesamt aber (wie schon beim „von oben“ initiierten Bauhaus-Jahr) ist irgendwann des Guten zu viel, trotz der unbestrittenen Leistung von Joseph Beuys und seiner „Sozialen Plastik“. Und wenn demgegenüber zum 500. Jubiläum von Dürers Reise durch das Rheinland nur eine einzige Ausstellung – die fantastisch ist: im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen – stattfindet, dann stimmt etwas nicht in der „staatlichen“ Wahrnehmung von Kunst ... Unter den vielen Publikationen, die zu Joseph Beuys erschienen sind, fallen zwei besonders positiv ins Auge: Eine ist die Wiederaufnahme des Beuys Book von Staeck/Steidl ins Programm des Steidl Verlages. Es ist radikal und intensiv und zeigt eben, dass Beuys eine öffentliche Person mit einem Sendungsbewusstsein war. Ganzseitig, nur mit Orts- und Datumsangaben versehen, folgen Hunderte Fotos unmittelbar aufeinander, die Beuys in vorwiegend öffentlichen Situationen, innerhalb von diesen aber auch allein zeigen, meist als dokumentarische Sequenzen, die dem kontrolliert spontanen Schnappschuss entstammen und umso mehr wahr sind. Es beginnt im Juni 1972 in Neapel: mit einer Performance, einem Ausstellungsaufbau und der Zusammenarbeit mit Lucio Amelio. Und es endet im November 1985 an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg mit

Konzerten mit Henning Christiansen und Nam June Paik und, im Abspann, der Verleihung des Lehmbruck-Preises in Duisburg. Dazwischen ist Beuys immer wieder zu Hause am Drakeplatz in Düsseldorf fotografiert worden. Von seiner Kunst und der Performance sieht man (und eigentlich ist das sehr angenehm) wenig. Dass das Buch von 2012 noch nicht vergriffen ist, ist – erstaunlich. Wo beginnt die Arbeit, wo endet das Private bei einem Künstler, der die Durchdringung von Leben und Kunst propagiert hat und sich selbst geradezu zum Kunstwerk stilisiert hat? Das betrifft auch die Frage nach den Wurzeln von Beuys und der Spiritualität seiner Beiträge. Ein ebenfalls dickleibiges, genauso intensives Buch ist zur Ausstellung Joseph Beuys und die Schamanen im Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau erschienen, dort, wo sich das Beuys-Archiv befindet und die Sammlung der Brüder van der Grinten aufbewahrt und gezeigt wird und ganz in der Nähe zu Kleve, wo Beuys herstammt. Also a priori ist das Museum Moyland besonders kompetent, war es immer schon durch die fachspezifische Kompetenz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und daher rührt nun die Souveränität, auch externe Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Augenzeugen hinzuzuziehen. Mit dem Schamanismus als überliefertem Glauben der Urvölker, als Spiritualität und Aktion, verbunden mit Riten, Inventar und Kleidung, greift das Museum Moyland direkt ins Zentrum der Arbeit von Beuys. Großartig ist das

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Potential Worlds, Planetary Memories & Eco Fictions,

Francesca Buoninconti:

englisch, 274 Seiten, 118 farbige

Grenzenlos. Die erstaunlichen

Abbildungen, gebunden,

Wanderungen der Tiere,

flex. Cover, 23,5 x 17,5 cm,

208 Seiten, gebunden,

Scheidegger & Spiess, 38,- €

21 x 13,5 cm, folio Verlag, 22,- €

Aber diese Gegenwartskünstlerinnen und -künstler demonstrieren, dass die Gedanken, Ansätze von Beuys Allgemeingut sind und sich über das Gestern und Heute in die Zukunft fortsetzen. Das betrifft entsprechend den Umgang mit der Schöpfung, der Natur und den Visionen für das zukünftige Leben auf der Erde. Eine Ausstellung wie die, die im Sommer in der Kunstsammlung NRW zu sehen war, hat es gruselig überzogen und ins Beliebige ausgeweitet. Beuys war plötzlich überall, in allen Themen unserer Zeit. Umso fairer, dass es 2021 auch Ausstellungen und Bücher ohne Beuys gibt, hierzulande und im Ausland ohnehin. Zentralen, drängenden Fragen der Zukunft unseres Planeten hat sich die zweiteilige Ausstellung Potential Worlds im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich gewidmet: der Erderwärmung und der Umweltverschmutzung, der Überbevölkerung, der Rolle des Digitalen, den Mutationen und dem Aussterben der Artenvielfalt, der Mobilität der Zukunft – und weiteren, damit zusammenhängenden Aspekten unserer Zeit. Der Katalog überdauert als Dokument und Reader die Ausstellung, und bitte keine Angst vor dem unangenehmen Titel und dem gummiartigen Umschlag mit dem recycelten Papier und vor dem Umstand,

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dass es leider nur eine englische Ausgabe gibt! Die Künstlerinnen- und Künstler-Auswahl (u.a. mit Mark Dion, Peter Fend, Tue Greenfort) ist profund und gibt einen soliden Überblick, wie ernsthaft heute in der bildenden Kunst im Schulterschluss u.a. mit den Naturwissenschaften über die Zukunft nachgedacht wird. Das Katalogbuch, das von theoretischen Texten begleitet wird, „funktioniert“ auch rein anhand seiner Abbildungen. Um die herkömmliche Erwartung an bildende Kunst (ihre Ausformulierungen, ihre Themen, ihr Vorgehen) zu revidieren, ist es ohnehin hilfreich. Und es zeigt, wie wichtig die Naturwissenschaften für das Sensorium der Kunst sind. Und deshalb hier der Hinweis auf ein weiteres Buch aus dem Wissenschaftsbereich, an dem auch ein Joseph Beuys seine Freude gehabt hätte. Francesca Buonincontis Buch Grenzenlos. Die erstaunlichen Wanderungen der Tiere vermittelt Basiswissen über die Migration der verschiedenen Tierarten, wie sie über Tausende von Kilometern reisen und wieder dort ankommen, wo sie herstammen, und welche Rolle die Evolution und das Klima dabei spielen. Das Buch liest sich – jedenfalls in der deutschen Übersetzung – gut, an literarische Ansprüche reicht es naturgemäß nicht heran und muss es auch nicht. Es verweist, was seine Glaubwürdigkeit unterstreicht, in einzelnen Anmerkungen auf die wissenschaftliche Fachliteratur. Immer wieder werden die Begeisterung der Wissenschaftsautorin für ihr Thema und ihr einfühlendes Beobachten deutlich. Klar, auf die Dauer mag es sich für den Laien wiederholen. Aber es bleibt dabei, es ist lehrreich, mithin spannend, und hinterher schaut man anders, mit noch mehr Respekt, auf die Vögel und all die anderen Tiere. 73

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Gespräch zwischen Barbara Strieder, Eugen Blume und Michael Oppitz als herausragendem Kenner hierzulande zum Schamanismus. Hier und an anderer Stelle in diesem Buch vieler Autoren werden der Begriff und die Vorstellung davon geklärt und mit Beuys‘ eigenem Verhalten abgeglichen und mit Beispielen seines Werkes belegt. Engagiert ist, dass in der Ausstellung noch weitere jüngere künstlerische Positionen hinzugezogen wurden, sehr gut, dass sie im Buch erst im Anhang vorkommen und so das Thema nicht verwirren.

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Kulturtipps

MUSIK

AUSSTELLUNGEN

Peter-Hansen-Platz 1, 42275 Wuppertal

Kulturwerkstatt Ins Blaue e.V.

Friedrich + Ebert, Galerie für zeitgenössische Kunst

Siemensstraße 21, 42857 Remscheid

Friedrich-Ebert-Straße 236 42117 Wuppertal

So., 17. Okt., bis So., 14. November 2021

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EXPERIMENT_RAUM

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Färberei e.V. Zentrum für Integration und Inklusion

Multimediales Kunstprojekt Die Kulturwerkstatt Ins Blaue e.V. zeigt den zweiten Teil des multimedialen Kunstprojektes EXPERIMENT_RAUM. Bereits erfolgreich im September, in Kooperation mit LOCH und Hebebühne e.V. in Remscheid und Wuppertal gestartet, entwickeln die Künstlerinnen und Künstler ihre Wahrnehmung von Raum weiter und reflektieren ihre Sichtweisen in vielschichtigen künstlerischen Ansätzen. In den dunklen Abendstunden erschaffen sie rund um die Galerie und entlang der Siemensstraße temporäre, ungewohnte neue Licht- und Klangräume durch Video-, Licht,- und Soundinstallationen. Ortsbezogene Rauminstallationen, neu entwickelte Videoarbeiten und Performance sind in der Ins Blaue Art Gallery zu sehen. Am Samstag, 30.10.2021, ermöglicht inner_room, ein Ambient-Music-Liegekonzert in Ballett im Hof/Solingen, die Chance auf eine entspannte Wahrnehmung des eigenen Raumes. Beteiligte Künstlerinnen uns Künstler: Alicja Darski, Michael Lufen, Julia Priss, Beate Gärtner, Bela Usabaev, Tobi Löhde, Ria Gerth, Beate Gördes, RaumZeitPiraten Öffnungszeiten: jeweils Samstag und Sonntag, 18 bis 20 Uhr Eröffnung am Sonntag, 17. Oktober 2021, von 18 bis 22 Uhr weitere Informationen: www.ins-blaue.net n

bis 23.Oktober 2021

„Here/THERE” Christian Bolte, Stephen Nolan, Patrick Redmond (siehe Artikel S. 24)

Sa., 13. November., bis Sa., 18. Dezember

„Unter der Aktlampe“

Doris Faassen Der inneren Logik ihres Werks folgend, setzt die Künstlerin ihre Reflexion über den Raum im Bild fort und stellt auf der inhaltlichen Ebene historische Bezüge her: Ikonen der Kunstgeschichte wie Botticellis „Geburt der Venus“ tauchen neben Werbemotiven der 70erJahre auf, der zumeist nackte Körper bildet hierfür eine Klammer. Neben aktuellen Malereien werden auch Bilder früherer Werkreihen gezeigt. n

Gedok Wuppertal bis Sonntag, 31. Oktober 2021

Ausstellung

Die GEDOK Wuppertal e.V. stellt drei neue Künstlerinnen der Fachgruppe Bildende Kunst vor: Heidi Becker, Isabel Kämpf und Rita Viehoff. Vernissage mit einer Einführung von Dr. Jutta Höfel ist am Sonntag, 10. Oktober 2021, um 15 Uhr. Ort: Galerie Kirschey Güterhallen Solingen, AlexanderCoppel-Straße 22, 42651 Solingen n

Donnerstag, 21. Oktober 2021, 19 Uhr

TriOrganico

Musikwelten Lateinamerikas Das belgisch-mexikanische Trio spielt eigene Kompositionen, die inspiriert sind von vielen Bezügen zu traditionellen Riten Lateinamerikas - mal festiv, mal magisch-spirituell. Besetzung: Patricia Van Cauwenberge (Perkussion, Cajon, Bombo, Tanz), Osvaldo Hernandez Napoles (Fideln, Blasinstrumente, Perkussion, Gesang), Juan Carlos Bonifaz (Marimba, Perkussion) n

Jazz Club im Loch Plateniusstraße 35, 42103 Wuppertal Samstag, 16. Oktober 2021, 20 Uhr

Schnellertollermeier Jazz Cl Manuel Troller (Gitarre) Andi Schnellmann (Bass) David Meier (Schlagzeug) Ihre Konzerte sind energetische Entladungen aus dem Spannungsfeld zwischen moderner Komposition und freier Improvisation, und hinter den Türen, die die Band öffnet, liegen neue, unvermessene Landschaften aus Minimal Music, Avant-Garde und elektronischen Einflüssen, versehen mit Anleihen aus Krautrock und der Direktheit von Punk.

Freitag, 12. November 2021, 20 Uhr

Pop wie Früher

Anna Luca (Gesang, Keyboard) Rasmus Zschoch (Elektronik) Chris Mohrhenn (Schlagzeug Die elektronischen Songs der schwedisch-deutschen Sängerin und Kom-

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ponistin Anna.luca sind Hymnen. Dunkel und hoffnungsvoll zugleich - ein gnadenlos ehrlicher und zutiefst poetischer Spiegel unserer Zeit. Samstag, 27. November 21, 20 Uhr

Zuzana Leharová Quartett Zuzana Leharová (Violine) Constantin Krahmer (Klavier) Joscha Oetz (Kontraba) Nils Tegen (Schlagzeug) Das Quartett um die slowakische Violinistin Zuzana Leharová vereint Geige, Klavier Trommeln und Bass und bietet einen unorthodoxen, spannenden Mix aus verschiedenen stilistischen Einflüssen. n

Peter Kowald Gesellschaft/ ort e. V. Luisenstraße 116, 42103 Wuppertal Infos: www.kowald-ort.com Freitag, 15. Oktober 2021, 20 Uhr Reihe „Neue Musik und Kammermusik im ort“:

Mit der von Prof. Werner Dickel kuratierten neuen Reihe „Neue Musik und Kammermusik im ort“ in Kooperation mit der Musikhochschule Wuppertal zieht eine neue Klangfarbe in den ort ein. Im ersten Konzert der Reihe spielt Florence Millet Werke von Abrahamsen, Chopin, Debussy, Beethoven und Maminova. Samstag, 23. Oktober 2021, 20 Uhr Reihe „all female“:

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Kristina Brodersen – „KRISTINA 4“

Für ihr Projekt „KRISTINA 4“ hat die Kölner Alt- und Sopransaxofonistin Kristina Brodersen ein wunderbares Repertoire geschaffen. Exzellent besetzt ist die Formation mit dem Trompeter Bastian Stein, Altmeister Christian Ramond am Bass, dem versierten Schlagzeuger Silvio Morger und nicht zuletzt Kristina Brodersen selbst. Donnerstag, 4. November 2021, 20 Uhr Reihe „Jazz im ort“: „Ganz

unten, oben im Norden“

Wolfgang Schmidtke und Peter Weiss präsentieren das neueste Projekt des Jazzpool NRW, wofür sie ein erstklassiges siebenköpfiges Ensemble zusammengestellt haben. Besetzung: Lotte Anker (Saxofone/ Dänemark), Jan Klare (Saxofon), Stephan Meinberg (Trompete), Jakob Riis (Posaune, Laptop/Schweden), Wolfgang Schmidtke (Saxofon), Dieter Manderscheid (Kontrabass), Peter Weiss (Schlagzeug)

Samstag, 6. November 2021, 20 Uhr

soundtrips NRW – Jerome Noetinger

Gäste: Sabine Akiko Ahrendt (Violine), Gunda Gottschalk (Violine)

Freitag, 19. November 2021, 20 Uhr Reihe „Neue Musik und Kammermusik im ort“: Jee-Young Phillips (Klavier),

Mariá Portugal & Angelika Niescier

Susanne Müller-Hornbach (Cello) und Werner Dickel

Zwei absolute Top-Musikerinnen im Duo: Mariá Portugal, Schlagzeugerin, Komponistin, Produzentin und Sängerin und Angelika Niescier, Saxofonistin

(Violine/Viola) – alle drei DozentInnen an der Wuppertaler Musikhochschule. Sie spielen Kammermusik von Schumann, Kurtag, Webern und Beethoven. In Kooperation mit der Musikhochschule

Freitag, 26. November 2021, 20 Uhr Reihe „all female“:

Hilde Quartett

Julia Brüssel (Violine), Marie Daniels (Stimme), Maria Trautmann (Posaune), Emily Wittbrodt (Cello) „Die Fähigkeiten dieser vier Musikerinnen, allesamt Mitglieder des The Dorf & Umland-Kollektivs, sind spektakulär und vereinen sich hier in gemeinsam gelebter Freiheit“, schrieb die JazzZeitung über sie (Juli 2020).

Dienstag, 7. Dezember 2021, 20 Uhr

Alexander von Schlippenbach Trio

Alexander von Schlippenbach (Piano), Rudi Mahall (Saxofon) und Dag Magnus Narvesen (Schlagzeug)

Mittwoch, 8. Dezember 2021, 20 Uhr Potsa Lotsa plus Thomas Krüger

Kurt Schwitters „Die Ursonate“.

Ein Lautgedicht in vier Sätzen Das Bläserensemble Potsa Lotsa erweckt eines der berühmtesten Werke der Dada Bewegung zum Leben: Kurt Schwitters „Ursonate“. Besetzung: Silke Eberhard (Altsaxofon), Anke Lucks (Posaune), Patrick Braun (Tenor Saxofon), Nikolaus Neuser (Trompete), Gerhard Gschlößl (Posaune), Thomas Krüger (Stimme) n

BÜHNE Wuppertaler Bühnen Theater am Engelsgarten Engelsstraße 18, 42283 Wuppertal Premiere: Samstag, 2. Oktober 2021, 19.30 Uhr

FAUST

von Johann Wolfgang von Goethe Fast sechs Jahrzehnte schrieb Goethe 75

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Klavierabend Florence Millet

Sonntag, 31. Oktober 2021, 20 Uhr Reihe „Jazz im ort“:

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an seinem „Faust“, entwickelte ein Material, das die klassische Dramenform sprengt und wirklich die ganze Welt erzählen will: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte, Natur, Wissenschaft, Dichtkunst und die tiefsten Motivationen des einzelnen Menschen. Regisseur Nicolas Charaux denkt den „Faust“-Stoff von einem kollektiven und durchaus deutschen Bewusstsein her. Er untersucht in seiner Performance, was die faustischen Versuchungen in einer krisengeschüttelten Gegenwart sein könnten. Tickets und weitere Termine (So., 3.10.2021, bis Sa., 5. Februar 2022) www.schauspiel-wuppertal.de/faust

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Laurentiusstraße 7, 42103 Wuppertal

von Karl Schönherr Karl Schönherr (1867-1943) konzipierte den „Weibsteufel“, der 1914 erschien, als erstaunlich modernes psychologisches Kammerspiel. Inszenierung: Peter Wallgram Weitere Termine: Samstag, 20., Samstag, 27. November, Sonntag, 5. Dezember 2021. Tickets: schauspiel-wuppertal.de/ weibsteufel n

Roboter als Haushaltshilfen, Pflegekräfte, Partnerersatz, medizinische Diagnostikerinnen, Spielgefährten – das ist keine Zukunftsmusik mehr. Wie spiegeln die Roboter, die wir erfinden, das Menschsein wider? Wann werden Mensch und Roboter nicht mehr unterscheidbar sein? Werden wir sie beherrschen oder sie uns? GEDOK-Autorinnen befassen sich mit Fragestellungen zur Künstlichen Intelligenz und deren Einfluss auf unser Leben. Im Austausch mit ihnen entwickeln bildende Künstlerinnen der GEDOK und eine Cellistin Bilder, Objekte und Klangwelten zum Thema, die im Rahmen der Veranstaltung präsentiert werden. Eine Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk Wuppertal/ Solingen/Remscheid.

Wolkenburg 100, 42119 Wuppertal

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Katholisches Stadthaus Donnerstag, 28. Okt. 2021, 18.30 Uhr

die börse

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LITERATUR

Premiere: Freitag, 19. November 2021, 19.30 Uhr

DER WEIBSTEUFEL

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in TV-Shows Partnerwahl anhand entblößter Körperteile betrieben wird oder Günther Jauch als der klügste Deutsche gilt, weil er Quiz-Antworten korrekt von einem Bildschirm ablesen kann. Entlang haarsträubender, absurder und vor allem unterhaltsamer Beispiele geht Sebastian 23 dem Phänomen Dummheit selbst auf den Grund. n

Donnerstag, 28. Oktober, 20 Uhr

Sebastian 23 – Cogito, ergo dumm

Sebastian 23 studierte Philosophie und hatte danach sehr viel Freizeit. So wurde er einer der bekanntesten Poetry Slammer Deutschlands und mit diversen Kleinkunstpreise ausgezeichnet. Sein neues Programm „Cogito, ergo dumm“ beschäftigt sich mit der Zeit, in der ein amerikanischer Präsident den Klimawandel leugnet,

Mensch – Maschine – Metamorphose

Sonntag, 14. November 2021, 11 Uhr

Utopien einer besseren Welt für alle

„Verschlemmen soll nicht der faule Bauch, was fleißige Hände erwarben ...“: In ihrer philologisch feuilletonis-

tischen Hommage beschäftigen sich die Literaturwissenschaftlerinnen Dr. Jutta Höfel und Dr. Christine Hummel mit den Vorstellungen von Gerechtigkeit, die Friedrich Engels und Heinrich Heine bewegten und sie zu ihrem Engagement als politischer Dichter und philosophischer Politiker veranlassten. Die Schauspieler Thomas Braus und Udo Thies ergänzen den Vortrag mit markanten Zitaten. Eine Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk Wuppertal/ Solingen/Remscheid, dem Museum Industriekultur Wuppertal und dem Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf. Eintritt: 10 € n

FILM Peter Kowald Gesellschaft/ ort e. V. Luisenstraße 116, 42103 Wuppertal Infos: www.kowald-ort.com Donnerstag, 21. Oktober 2021, 20 Uhr cine:ort: Clubs in Deutschland

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Von Werner Schretzmeier, 1970 Vor 50 Jahren war am Wuppertaler Arrenberg ein Alternatives Kulturzentrum (1968 bis 1973) beheimatet. Für viele Wuppertaler der 68er-Generation verbinden sich damit Erinnerungen an eine bewegende Zeit ...

Donnerstag, 2. Dezember 2021, 20 Uhr Aretha Franklin: Amazing Grace Regie: Sydney Pollack USA 1972, 86 Min. Auf dem Zenit ihrer Karriere, nach 20 Studioalben inklusive elf Nummereins-Hits, beschließt die Queen of Soul 1972, zu ihren musikalischen Wurzeln zurückzukehren. In der Missionary Baptist Church in Los Angeles gibt sie zusammen mit dem Southern

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California Community Choir und der Gospellegende Reverend James Cleveland ein Konzert und lässt einen Mitschnitt für ein Album aufnehmen ... Der Eintritt zu den Filmabenden ist frei (0-Euro-Ticket über www.wuppertal-live.de erforderlich). Weitere Termine und Infos: www.kowald-ort.com n

VORTRAG die börse Wolkenburg 100, 42119 Wuppertal Mittwoch, 27. Oktober, 19.30 Uhr attac: Die Umwelt hat ein

Vortrag von Burcu Gözet (Wuppertal Institut) Die globale Textilindustrie zählt zu den weltweit umweltschädlichsten Industrien, die sich auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen stützt. Als zentraler Treiber hierfür gilt das lineare Wirtschaftssystem, welches den günstigen Erwerb von Kleidung und deren schnellen Wegwurf ermöglicht. Die Kreislaufwirtschaft bietet eine Strategie, dem etwas entgegenzusetzen und umweltschädliche Industrien ressourcenschonend zu gestalten. Die Sozioökonomin Burcu Gözet ist seit 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut. Teilnahme kostenfrei, Anmeldung unter: vortrag@attac-wtal.de

MÄRKTE Historische Stadthalle Wuppertal Johannisberg 40, 42103 Wuppertal

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FineArts

Der Kunst- und Manufakturenmarkt „FineArts“ kommt nach erfolgreicher Etablierung im Schloss Lembeck im Münsterland und im Kloster Eberbach im Rheingau nun auch in die Historische Stadthalle Wuppertal. Über hundert Künstler, ausgewählte Manufakturen und Designerinnen bieten ihre auf höchstem Niveau hergestellten Kreationen aus den Bereichen Kunst, Skulpturen, Recycling, Mode, Wohntextilien, Schmuckunikate und Malerei an. Hier trägt jedes Stück seine persönliche Handschrift. Eintritt: 10 Euro (Kinder bis 16 J. frei) VVK: unter www.omms.net

Schloss Grünewald, Haus Grünewald 1, 42653 Solingen-Gräfrath 26. bis 28. November, 3. bis 5., 10. bis 12., 17. bis 19. Dezember 2021 (immer freitags bis sonntags)

Romantischer Weihnachtsmarkt

Vom 1. bis 4. Advent wird das historische Gelände in Solingen-Gräfrath mit knisternden Feuerkörben und Lichterketten in eine traumhafte Stimmung versetzt. Rund hundert Künstlerinnen, Kunsthandwerker und moderne Designer bieten je Wochenende ausschließlich selbst gefertigte Stücke an. Mit kulinarischen Köstlichkeiten und anspruchsvoller Gastronomie. Aufgrund von Corona besteht auf dem gesamten Gelände Maskenpflicht. Mehr Infos unter: www.romantischer-Weihnachstmarkt.net freitags 14 bis 21 Uhr, samstags und sonntags 11 bis 20 Uhr Eintritt: 7,50 Euro (Kinder bis 16 J. frei) VVK: unter www.omms.net 77

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Kleidungsproblem - Warum die Textilindustrie im Kreis geführt werden muss

Sa., 9., und So., 10. Oktober 2021, von 10 bis 18 Uhr

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Impressum

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Herausgeber und v.i.S.d.P.: Schwebetal, Stadtteilverlag Wuppertal

Für unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr übernommen werden.

Willi Barczat, Rita Küster, Juliane Steinbach GbR

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Redaktion: Willi Barczat, Rita Küster, Dr. Anne-Kathrin Reif

Schutzfrist nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Uta Atzpodien,

Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und

Dr. Marlene Baum, Tillmann Braune, Heiner Bontrup, Stefan Dreher, Ruth Eising,

der Herausgeber wider. Für den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen

Martin Hagemeyer, Guido Halfmann, Prof. Dr. Lutz-Werner Hesse,

Autoren verantwortlich.

Dr. Thomas Hirsch, Andreas Landrock, Karin Linde, Marion Meyer, Michael Okroy,

Alle Inhalte des Magazins sind urheberrechtlich geschützt.

Michael Rüsenberg, Dr. Johannes Vesper Druck: Offset Company, Wuppertal, Auflage: 1000 Titelbild: Alexej von Jawlensky, Mädchen mit Pfingstrosen, 1909, Dr. Philipp Horst Erscheinungsweise: vierteljährlich, Erfüllungsort und Gerichtsstand: Wuppertal Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung, Irrtümer oder Unterlassungen keine Haftung übernommen. Texte und Fotos: Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt. Haftung oder Garantie für Richtigkeit, Aktualität, Schreibweise, Inhalt und Vollständigkeit der Informationen kann nicht übernommen werden. Kürzungen bzw. Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion.

Verlag Wuppertal Schwebetal Verlag Wuppertal W. Barczat · R. Küster, · J. Steinbach Friedrich-Engels-Allee 191a · 42285 Wuppertal Telefon: 0202 313431 · info@schwebetal-verlag.de www.schwebetal-verlag.de

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Für die Dichtung streiten

5min
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„Sounds like whoopataal“ – immer noch

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pages 62-65

Oh Karl

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Ectopia

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Finster schönes Traumgedicht auf Glanz und Elend des Menschen

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Neues aus der Kuturszene

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pages 43-47

Wuppertaler Jazzmeeting

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Neue Einfachheit“?

7min
pages 40-42

Von „on the go“ zum Gemälde

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pages 18-19

Blick nach vorn“

6min
pages 14-17

„Der Expressionismus ist meine Leidenschaft“

10min
pages 6-13

Here/THERE

10min
pages 26-31

Im Reich von Engel, Elfen und Co

11min
pages 20-25

Jazz en famille – das Wolfgang Eichler Trio

4min
pages 32-34
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