"die beste Zeit", Oktober-Dezember 2021

Page 18

Von „on the go“ zum Gemälde

Der Bergische Kunstpreis geht 2021 an Pascal Sender und sein Bild „Exit“

Der Künstler in seinem Atelier mit seinem Siegerbild x

Schnell und doch bedächtig, Anglizismenfreund und sprachsensibel: Pascal Sender ist Träger des 75. Internationalen Bergischen Kunstpreises 2021, seine Kunst startet spontan, und gern sagt er Dinge wie „on the go“, „weird“ oder „spooky“. Hilft nichts – der Mann ist ein angenehmes Gegenüber und reflektiert, was er tut: „Ich mache Malerei - in jeder Hinsicht.“

46800

- SCHWEBETAL

- DbZ 4-21 - 16 Einzelform - 11.10.2021 - 09:58:37 - Yellow Black -- - E-Plott Cyan Magenta E-Plott -E-Plott E-Plott

Die Auszeichnung, seit 2012 verliehen vom Geldhaus „National Bank“, erhält der frühere Student der Düsseldorfer Kunstakademie für sein Werk „Exit“. Neben Gisela Elbracht-Iglhaut, Direktorin des Kunstmuseums Solingen, gehörten zur Jury Dr. Anna Fricke (Kuratorin des Folkwang-Museums), Dr. Thekla Zell (Kuratorin des Museums Morsbroich), Dr. Roland Mönig (Direktor des Von der Heydt-Museums), ferner Bankchef Dr. Thomas A. Lange sowie mit David Czupryn auch ein ehemaliger Preisträger.

46800 - 16 - Einzelform - Yellow Black Cyan Magenta

Auch „Exit“ spiegelt Tempo. Das gilt allgemein schon für den Rahmen, der das Ganze wörtlich umgibt und damit auch prägt: unverkennbar ein Smartphone und sein Display. Und nicht nur durchs Wort „Mobiltelefon“ ist das so zeittypische Allzweckgerät ja eng mit ständiger Mobilität verbunden. Was zeigt das Display? Die Uhrzeitanzeige ist ein dem Betrachter vertrautes Versatzstück; kombiniert ist sie mit Ansichten der Handykamera: Motive vom Bahnhof sowie das grüne, internationale Symbol für Fluchtwege, das gemeinhin so heißt wie der Titel. Dieses wird die Jury meinen, wenn sie in ihrer Begründung von „vertrauten semantischen Zeichen“ spricht.

Nicht nur dieses Werk Senders hat diese Struktur, zeigt sich in seinem Atelier. Es liegt im Düsseldorfer Stadtteil Unterbilk in einem einstigen Fabrikgebäude; beim Aufstieg durchs schroffe Treppenhaus passiert man ein paar Stahltüren. Großformatig hängen diese und andere Bilder an den weißen Wänden der weitläufigen Halle, in der er arbeitet. Ordentlich schaut es hier aus und vorzeigbar - beim Besuch war in der Tat just am Vortag seine Tür zur Atelierschau „Kunstpunkte“ für Publikum geöffnet. Den Arbeitsort bezeugt am Rand der Tisch mit Computer, im Raum ein Regal mit Werkzeug und Malutensilien. Den Begriff „Collage“, im Juryurteil gleichfalls verwendet, weist Sender nicht zurück, aber mit seinem Eingangszitat zum „Malen“ scheint er nach Präzisierung dazu zu suchen. An dieser Stelle einiges zum Vorgehen, wie es hinter dem Siegerbild und einigen weiteren steckt: Basis sind Aufnahmen mit der Handykamera - was sich zunächst „flüchtig“ nennen ließe. Zum fertigen Werk werden sie durch die Bearbeitung. Diese ist aufwendig, erstreckt sich gern einmal über ein Jahr - und kann dennoch in denkbar beiläufiger Form beginnen: noch unterwegs im Handyprogramm. Entsprechende „Tools“ imitieren den klassischen Pinsel und lassen den Künstler schon kurz nach der Aufnahme erste Modifikationen vornehmen. Malen ist das für ihn, „weil ich es mit meinem Finger mache“. Im Atelier dann wird ausgedruckt und der Ausdruck dem kreativen Zugriff unterzogen - eingehend, langwierig und diesmal materiell-physisch. Das erwähnte WerkzeugEquipment lässt es erahnen. Der Künstler nimmt sich alle Zeit fürs Gegenüber, doch zugleich glaubt man sofort, dass er jederzeit aufspringen und sich einen Pinsel greifen

16

dbz 04.2021_inhalt_210921.indd 16

26.09.21 18:35


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.