MARKTGEFLÜSTER
MÄRKTE
EINLAGENSICHERUNG ALS UNGEDECKTER SCHECK
MARTIN KWAUKA JOURNALIST Martin Kwauka ist freier Wirtschaftsund Finanzjournalist. Im Auftrag von D erBörsianer füllt er diese Seite regelmäßig mit seinen Gedanken.
Die geplante Neuregelung des Einlagenschutzes ist unausgegoren und könnte den Vertrauensverlust in die Banken und den Finanzplatz Österreich noch verstärken. Im schlimmsten Fall drohen Massen abhebungen von Sparguthaben. Dann müsste der Staat erst recht wieder einspringen.
In gut zwei Monaten zieht sich der Staat aus der Einlagensicherung zurück. Ab dann können die Sparer nur hoffen, dass die Banken auch in Systemkrisen so stabil bleiben, um sogar den Zusammenbruch
„Der vorliegende Gesetzesentwurf lässt zu viele Fragen offen.“
geht. Schon jetzt sehen laut jüngstem
MARTIN KWAUKA
sorgniserregender ist die Tendenz: Wäh-
großer Institute auffangen zu können.
GfK-Stimmungsbarometer 13 Prozent aller Befragten die Bargeldhaltung zu Hause als attraktive Anlageform an. Noch berend laut GfK-Umfrage alle anderen Ver-
Kurz zusammengefasst die Kernpunkte
anlagungen vom Sparbuch bis zum Fonds
des neuen Gesetzes zur Einlagensicherung: Ab 3. Juli 2015 sind
in den vergangenen drei Jahren an Ansehen verloren, findet das
die Banken allein für die Sicherung der Einlagen zuständig. Die
Motto „Nur Bares ist Wahres“ immer mehr Anhänger.
Institute haben zehn Jahre lang bis zum Jahr 2024 Zeit, einen
Was ist, wenn das Vertrauen in die Sicherheit der Banken
Topf von 1,49 Milliarden Euro zu dotieren. Heuer wird eine halbe
weiter verloren geht und die Sparer die Einlagengarantie bloß
Jahresrate fällig, also rund 75 Millionen Euro. Bei 8,5 Millionen
als ungedeckten Scheck wahrnehmen? Wird es künftig zum
Einwohnern entspricht das etwa 8,80 Euro pro Kopf. Damit lässt
Volkssport der Österreicher, als Möchtegern-Dagobert-Ducks
sich allenfalls ein kleines Institut auf dem Land retten. Falls
den privaten Geldspeicher zu Hause zu befüllen? Um dann von
plötzlich eine neue Finanzkrise das Bankensystem erschüttert,
irgendwelchen Panzerknackern ausgeraubt zu werden? Und was
wäre die Einlagensicherung völlig überfordert. Da wäre es auch
passiert, wenn es in der nächsten Finanzkrise zu einem Ansturm
nur ein Tropfen auf den heißen Stein, dass die heimischen Ban-
auf die Banken kommt? Wird dann von den Politikern plötzlich
ken im Notfall maximal 932 Millionen Euro nachzuschießen ha-
doch eine Bundesgarantie aus dem Hut gezaubert wie einst im
ben. Reicht das nicht, müsste die Einlagensicherung als letzte
Oktober 2008, als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
Option Kredite aufnehmen. Stellt sich nur die Frage: von wem?
mit den Worten „Die Spareinlagen sind sicher. Dafür steht der
Anders als bisher haftet der Staat künftig nicht mehr für die-
Staat ein“ den Steuerzahler zur Gesamthaftung verpflichtete?
se Rettungskredite. Wer gibt aber dann in einer systemischen
Das Zahlungsmoratorium für die bei der Heta geparkten
Bankenkrise plötzlich blanko hunderte Millionen her? Zumal
Hypo-Alpe-Adria-Altlasten, das sogar Anleihen umfasst, die
die Rückzahlung nicht geklärt ist. Laut Paragraf 22 des Gesetz-
laut Gesetz als mündelsicher galten, hat bereits das Vertrauen
entwurfs können sich nämlich finanzschwache Geldinstitute
des Auslands in den Finanzplatz Österreich erschüttert. Verlie-
von der Nachschusspflicht so lange befreien lassen, bis sie wie-
ren jetzt auch inländische Sparer den Glauben in die Sicherheit
der solvent sind. Der vorliegende Gesetzesentwurf lässt zu viele
ihrer Guthaben, hat das im Fall der Fälle unabsehbare Konse-
Fragen offen. Zwar ist der Vorsatz des Staates, die Banken nicht
quenzen. Die geplante Einlagensicherung neu muss so adaptiert
länger aus jeder Notlage herauspauken zu müssen, verständlich.
werden, dass mögliche Ängste schon von vornherein beruhigt
Doch kann es letztlich für den Staat noch teurer werden, wenn
werden. Das liegt nicht nur im Interesse der Sparer, sondern
das Vertrauen der Sparer in die Sicherheit der Banken verloren
auch der gesamten Bankenbranche. n
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