Börsianer Journal 58. Ausgabe, Q2 2024

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BEWEGT DEN MARKT RECHT

PORTRÄT

Als B&C-Boss steht

Wolfgang Hofer in der Kritik

54

Rechtsguide 2024

SIGNA-PLEITE

Die rechtlichen Konsequenzen und neue Regeln

EXKLUSIV

Die große Börsianer-Umfrage zum juristischen Nachwuchs

INFLUENCER

Die Social-Media-Stars der Branche und was sie können

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„Börsianer“

Liebe Börsianer!

Ja, es ist tatsächlich schon wieder ein Jahr um, und Sie halten bereits das zweite Rechtsjournal des „Börsianer“ in Ihren Händen.

Er ist einer jener Männer, die als Stiftungsvorstand der B&C Privatstiftung zurzeit für am meisten Wirbel im ATX sorgen: Wolfgang Hofer. Er verkauft Anteile an österreichischen Traditionsunternehmen wie Lenzing AG, sorgt für jede Menge Fluktuation in der B&C-Holding und verdient bei all dem noch jede Menge Geld. Der Börsianer hat ein Porträt des weitgehend unbekannten Rechtsanwalts Hofer geschrieben und ihn zu einem Interview gebeten. Nach der Lektüre (Seite 54) wird es vielleicht klarer, was ihn antreibt.

Ein weiterer Mann der Finanzwelt liefert sicher noch Gesprächsstoff für viele Jahre: der einstige Immobilienstar und jetzige Pleitier Rene Benko. Welche Lehren man aus der Jahrhundertpleite ziehen kann, lesen Sie auf Seite 58.

Dass Rechtsanwälte aber nicht nur über komplizierte Causen und Schriftsätze nachdenken, sondern auch darüber, wie sie auf Social Media zu Stars werden, wird in der Story „Legal Rockstars“ geschildert. Es tut sich jeden Fall etwas in der Branche!

Auch im Recruiting sorgt die Generation Z für Bewegung. Wie Rechtsanwälte an ihren Nachwuchs gelangen und was sie dafür bereit sind, zu tun, liest man in der aktuellen BörsianerUmfrage.

Jetzt bleibt mir nur noch, Ihnen einen tollen Sommer zu wünschen – und behalten Sie einen kühlen Kopf!

Ihre Angelika Kramer Leitung Börsianer Journal Recht a.kramer@derboersianer.com

„Ohne Anwälte im Aufsichtsrat geht es heutzutage einfach nicht.“

Inhalt Börsianer Journal

54 Porträt & Interview B&C-Vorstand Wolfgang Hofer

58 Regularien Welche Folgen die Signa-Pleite hat

62 Umfrage Wie finden Kanzleien Nachwuchs?

66 Investoren Welche Hürden im M&A-Business lauern

69 Influencer

Das sind die Legal Rockstars

72 Zahlen, Daten, Fakten

Die Branche im Überblick

74 Events der Branche Zeiten des Diskurses und der Feiern

58
Rene Benko verschafft Anwälten für die Zukunft viel Arbeit.
66
Die Experten von Baker McKenzie erklären die Herausforderungen bei M&A.

Der Anwalt als Entrepreneur

Mächtiger Anwalt. Wolfgang Hofer steht mit seiner B&C in der Kritik. Erfüllt die Stiftung ihren Zweck?

Wolfgang Hofer ist seit 50 Jahren Wirtschaftsrechtsanwalt, man könnte ihn das Mastermind der B&C Privatstiftung nennen. Seine Kritiker bemängeln Transparenz und so manche internen Probleme.

Man sieht es Wolfgang Hofer an, dass er sich in seiner Haut nicht so recht wohl fühlt. Als er gemeinsam mit einigen Managern der B&C-Holding Mitte April 2024 einige Wirtschaftsjournalisten zu einem Hintergrundgespräch in die Firmenzentrale in das Palais Ephrussi in der Wiener Innenstadt bittet, liegt eine beklemmende Stimmung in der Luft. Mag sein, dass es daran liegt, dass Hofer die Öffentlichkeit generell scheut, mag aber auch an der für ihn nicht gerade angenehmen Botschaft liegen, die er zu verkünden hat.

Wolfgang Hofer ist seit 50 Jahren als Wirtschaftsrechtsanwalt tätig, seit 24 Jahren steht er auch an der Spitze der B&C Privatstiftung, die Anteile an einigen der wichtigsten heimischen Industrieunternehmen – Amag: 52,7 Prozent, Lenzing: 52,25 Prozent und Semperit: 54,2 Prozent – besitzt. Als längstdienender Stiftungsvorstand neben Birgit Noggler und Ex-Banker Erich Hampel hat der Jurist den Ruf, das eigentliche Mastermind oder die graue Eminenz hinter dem Industriekonglomerat zu sein. „Der Anwaltsberuf, so wie ich ihn gelernt habe, versteht sich als diskrete Beratung, wo der Rat und der Klient im Vordergrund stehen und nicht der Berater“, sagt der 72-Jährige im Gespräch mit dem Börsianer. Verdient hat die Kanzlei Hofer daran dennoch gut. Ein Gutteil ihrer Einnahmen wurde mit

Arbeit für die B&C-Holding und deren Beteiligungen erzielt. Was auch manche Kritiker wegen mangelnder Compliance auf den Plan rief. Bis vor ein paar Jahren hat dieses Konzept auch ganz gut geklappt, aber als Investor Michael Tojner gemeinsam mit einer Gruppe anderer österreichischer Investoren 2018 ein begehrliches Auge auf die Stiftung warf und sie sturmreif schießen wollte, war auch die Zurückhaltung obsolet. „Nach diesem Angriff ist uns klar geworden, dass wir auch Öffentlichkeitsarbeit machen mussten“, meint Hofer heute.

Selbstbedienungsladen?

Denn Tojner ließ die B&C Holding damals in keinem guten Licht stehen. Ein intransparenter Selbstbedienungsladen sei sie, so der Investor. Der eigentliche Stiftungszweck sei nicht die Förderung der heimischen Wirtschaft, sondern die Förderung von Hofer selbst und seinen Vorstandskollegen. Dabei hat sich die Holdingkonstruktion wirtschaftlich lange Jahre gut bewährt und den Aktionären schöne Renditen eingebracht. Doch seit einigen Jahren scheint mächtig Sand im Getriebe zu sein: häufige Managementwechsel, auch Ungereimtheiten bei der ehemaligen Lenzing-Tochter Hygiene Austria und der desaströse Zukauf von Schur Flexibles, bei dem das Management einem Betrug aufgesessen sein dürfte und nun um etliche Millionen Euro Schadenersatz kämpfen muss.

Die Aktien aller drei Beteiligungen schwächeln angesichts dessen und wegen des für die europäische Industrie schwierigen Umfelds. Das veranlasst Hofer während des Hintergrundgesprächs sogar zu ein paar selbstkritischen Worten: „Vielleicht haben wir zu wenig laut vor den Problemen, die auf uns zukommen, gewarnt. Wir waren skeptischer als die Organe der Kernbeteiligungen.“ Denn der Industrie wehe ein besonders „rauer Wind mit heftigen

Windböen“ entgegen, so Hofer. All das hat die Stiftung dazu gezwungen, die Strategie der Holding neu zu überdenken und von der bisherigen Doktrin, „50 Prozent plus eine Aktie“ am Unternehmen zu besitzen, abzugehen.

Ab nun ist die B&C Holding offen für Investments in ihre Beteiligungen. Manche Marktbeobachter werten den Schritt als schwere Niederlage. Auch dem eigentlichen Stiftungszweck, den Standort Österreich zu fördern, werde man mit dem Verkauf an ausländische Investoren nicht gerecht, wird gemunkelt. Das sieht der Anwalt, der ursprünglich Welthandel studieren wollte, ganz anders: „Das passiert genau zur Förderung des Unternehmertums beziehungsweise der einzelnen Beteiligungen. Denn manchmal kann die 50+1-Doktrin für die Unternehmen auch eine Fessel sein. Zum Beispiel: Wenn man am Kapitalmarkt Geld aufnehmen will, benötigt man auch einen gewissen Streubesitz, damit die großen, vor allem angelsächsischen Investoren angesprochen werden können und nach ihren internen Regeln investieren dürfen. Da ist es wichtig, dass man über die Börse auch wieder rauskommt, ohne den Kurs zu zerstören.“ Also wird nun eifrig nach Investoren mit frischem Geld gesucht, bei der Lenzing AG hat das bereits mit dem Einstieg von Suzano Mitte Juni geklappt.

Allerdings sind Hofers Tage an der Spitze der Stiftung gezählt. In ein paar Jahren haben sowohl er als auch Erich Hampel die von den Statuten festgelegte Altersgrenze erreicht und müssen Jüngeren Platz machen. Eine Kandidatin ist mit Birgit Noggler (49) bereits gefunden. Sie ist seit 2022 neben den beiden Herren im Stiftungsvorstand. Als weiterer Favorit wird Cord Prinzhorn (51) gehandelt, der seit einigen Monaten für die B&C als Aufsichtsratsvorsitzender bei Lenzing AG und Semperit AG Holding sitzt – und der kein Jurist ist. n

Doppelfunktion. Wolfgang Hofer erklärt im Gespräch mit dem „Börsianer“, warum er gleichzeitig Berater und Eigentümervertreter sein kann und darin keinen Konflikt sieht.

Der Rechtsanwalt Wolfgang Hofer ist als Vorstand der B&C­Stiftung einer der mächtigsten Männer im ATX. Im Interview mit dem „Börsianer“ liefert der 72­Jährige Argumente für seine Doppelfunktion.

INTERVIEW ANGELIKA KRAMER FOTO STEFAN BURGHART

VITA WOLFGANG HOFER Vorstand B&C Privatstiftung

Wolfgang Hofer (72) ist seit 1980 Partner der Rechtsanwaltskanzlei Grohs Hofer. Zu seinen Mandanten zählten große Banken wie die Creditanstalt und die Länderbank. Im Jahr 2000 wurde er zum Vorstand der B&C Privatstiftung bestellt. 2014 wurde er zusätzlich Aufsichtsratsvorsitzender der B&C-Holding, die Mehrheitsanteile an der Amag, Lenzing und Semperit besitzt. 2018 konnte er einen Übernahmeversuch durch Michael Tojner und andere Industrielle nur mit großem Aufwand abwehren. Hofer hat vier Kinder, fünf Enkelkinder und bezeichnet sich als begeisterten Familienvater.

„Ein paar Jahre habe ich noch“

Herr Hofer, wie viel Ihrer Tätigkeit ist anwaltliche Arbeit, wie viel beansprucht die B&C-Holding? - Wolfgang Hofer: Ich bin ja in der Holding vor allem als Anwalt tätig. Beim Beteiligungsmanagement fällt jede Menge juristische Arbeit an. Das kann man schwer trennen.

Sind Sie auch für die Beteiligungen als Anwalt tätig? - Nein, das nicht. Ich denke, man sollte die Eigentümerinteressen von jenen der Beteiligungen trennen. Nur in ganz speziellen Fällen, etwa bei der Gestaltung von Vorstandsverträgen, beraten wir den Aufsichtsrat. Wir sorgen auch dafür, dass die Beteiligungen gute Anwälte haben.

Ihre Kanzlei hat letztes Jahr Umsätze von knapp zehn Millionen Euro gemacht. Wie viel davon kommt aus der B&C-Holding? - Rund die Hälfte. Dafür sind aber auch sechs Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und sonstiges Personal tätig.

Ihre Doppelfunktion als Berater und Eigentümervertreter bei der B&C-Holding wurde

schon mehrfach kritisiert. Sind die Funktionen für Sie vereinbar? - Dieses Schicksal teile ich mit vielen Stiftungsvorständen. Viele Berater fungieren als Stiftungsvorstände. Die zwei Funktionen lassen sich oft nicht trennen.

Es gibt aber auch Vorstände, die aus Compliance-Gründen diese Funktionen bewusst trennen. - Auch okay. Die B&C Privatstiftung ist insofern besonders, da es – anders als bei den klassischen Familienstiftungen – keine Stifter und keine Stifterfamilie mit vorwiegend Ausschüttungsinteressen gibt und daher nur der Stiftungszweck im Mittelpunkt steht. Aus juristischen Gründen haben die Stifterinnen, Bank Austria und Creditanstalt, bei der Gründung auf alle Stifterrechte verzichtet. Daher kommt dem Stiftungsvorstand bei der B&C eine besondere Verantwortung zu, die eine intensive Befassung und Auseinandersetzung voraussetzt.

Ziehen Sie auch externe Anwälte bei der B&C-Holding hinzu? - Ja, jede Menge. Bei

großen Transaktionen braucht man auch große Kanzleien. Wir arbeiten gerne und immer wieder mit denselben, bewährten Rechtsanwaltskanzleien zusammen.

Die B&C-Holding verkauft ihre ZehnProzent-Beteiligung an der Vamed gerade an Fresenius. Hat Ihre Kanzlei diesen Deal ausgehandelt? - Ja. Die Verhandlungen waren intensiv und haben das ganze Pfingstwochenende hindurch gedauert.

Wird man nach so vielen Jahren als Berater und Eigentümervertreter nicht betriebsblind? - Ja, die Gefahr besteht. Dagegen versuche ich mich zu schützen, indem ich mich viel mit anderen Experten austausche, unterschiedliche Perspektiven einfange und nie mit dem zufrieden bin, was wir erreicht haben. Man darf sich nicht ausruhen.

Haben Sie auch beim Kauf von Schur Flexibles beraten? - Wir haben für die Due Diligence alles, was Rang und Namen hat, als Berater aufgeboten. Unsere Kanzlei war als Vertreterin der Auftraggeberin B&C gegenüber der Transaktionskanzlei und als Beraterin des Deal-Captains, Herbert Ortner, dabei. Dieser hatte ja bei Palfinger viel M&A-Erfahrung gesammelt. Ich selbst habe mich punktuell, vor allem bei preislichen Zielsetzungen, involviert. Ich habe etwa die angedachte weitestgehende Aufgabe aller Verkäuferhaftungen verhindert, was uns jetzt entscheidend hilft.

Machen Sie nach diesem Rückschlag seither etwas anders? - Ja, wir machen nun auch immer eine persönliche Due Diligence der bei potenziellen Beteiligungen tätigen wesentlichen Manager. Wäre das auch bei Schur passiert, hätten die Alarmglocken vielleicht schon vor der Unterschrift geläutet.

Als Stiftungsvorstand gehen Sie nicht in die Aufsichtsräte der Beteiligungen. Wieso nicht? - Das ist rechtlich schwer möglich, man käme dauernd in Konflikte. Wir

haben ein sehr gemischtes Portfolio, daher ist es notwendig und gut, wenn wir uns dafür die jeweiligen Industriefachleute suchen.

Zwei Drittel der österreichischen Stiftungen halten Unternehmensbeteiligungen. Versteinern diese darin nicht? - Unsere Stiftungssatzung ist inhaltlich sehr breit angelegt. Daher sehen wir diese Gefahr bei uns nicht. Der OGH ist ja sehr restriktiv, was Änderungen von Stiftungssatzungen anlangt. Das beklagen viele Familienstiftungen, weil sie auch nach Generationen kaum etwas ändern können. Wir hätten auch gerne einen Stiftungsvorstand mehr als bei der Gründung vorgesehen, was das Gericht aber leider nicht zugelassen hat.

Ein Gericht hat Norbert Zimmermann als Stiftungsvorstand der B&C-Stiftung abgelehnt. Ist das in Ihren Augen richtig, dass Gerichte so etwas entscheiden? - Unsere Satzung besagt, ab dem 70. Lebensjahr kann man nicht mehr auf unbestimmte Zeit als Vorstand bestellt werden. Bei Herrn Zimmermann hat die Richterin leider aber auch eine Bestellung auf bestimmte Zeit ausgeschlossen. Das lässt sich schwer nachvollziehen. Ich selbst bin seit 70 auch auf bestimmte Zeit bestellt.

Bis wann sind Sie bestellt? - Ein paar Jahre habe ich noch.

Wer bestimmt Ihre Nachfolge? - Der Stiftungsvorstand selbst.

Gibt es schon Kandidaten? - Ja, ich denke, das ist eine unserer zentralsten Aufgaben. Aber viele Kandidaten findet man dafür nicht, weil der Job viel Erfahrung benötigt und arbeitsintensiv ist.

Haben Sie aus dem Angriff von Herrn Tojner auf die Stiftung etwas gelernt? - Es ist uns klar geworden, dass man auch Öffentlichkeitsarbeit machen muss. Und wir haben erkannt, dass die B&C-Holding ein appetitliches Angriffsziel ist. Tojner war für uns aber das geringere Übel als Tho-

mas Schmid, der gleich das Stiftungsrecht in seinem Sinn ändern wollte.

Zwei Anwälte sind im ATX die mächtigsten Manager: Sie als B&C-Chef und Edith Hlawati als Öbag-Chefin. Zufall? - Das ist kein Zufall. Frau Hlawati war ja schon lange Jahre als Anwältin in großen Aufsichtsräten dabei. Ohne Anwälte in Aufsichtsräten geht es heutzutage gar nicht, weil so viel reguliert wird. Frau Hlawati ist eine Spitzenjuristin, die nicht in die Öffentlichkeit drängt. Sie ist die Idealbesetzung.

Bei der Lenzing AG haben Sie mit dem brasilianischen Unternehmen Suzano einen Syndikatspartner gefunden und geben dafür 15 Prozent ab, mit der Option auf weitere 15 Prozent, was ein Übernahmeangebot auslösen würde. Ist das die gewollte Intention der B&C-Stiftung? Wie wird da der Stiftungszweck erfüllt? - Suzano hat darauf hingewiesen, dass von ihr keine Mehrheit an der Lenzing AG angestrebt wird. Wir erfüllen damit den Stiftungszweck der „Förderung österreichisches Unternehmertum“, da die Aktionärspartnerschaft stark auf die erfolgreiche Weiterentwicklung der Lenzing ausgerichtet ist und zusätzlich mit einem „Österreich Paket“der Standort Lenzing und auch die Börsennotierung in Österreich sind langfristig vertraglich abgesichert - versehen ist. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Lenzing AG wird durch Suzano maßgeblich gestärkt und der weitere Ausbau der globalen Marktposition bei nachhaltigen Zellulosefasern unterstützt.

Was würde die B&C-Holding mit einem Anteil unter 25 Prozent machen? - Die B&C bleibt – auch nach einem eventuellen Übernahmeangebot – weiterhin und langfristig Kernaktionär der Lenzing AG und wird in der Rolle die Entwicklung des Unternehmens im Sinne unseres Stiftungszwecks unterstützen. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen sind in einem Aktionärssyndikat vertraglich abgesichert. Dazu braucht es nicht unbedingt mehr als 25 Prozent der Aktien. n

Präzendenzfall Benko. Der tiefe Fall des einstigen Shootingstars der Immobranche und seiner Signa führt zu einer Diskussion über die Lehren aus der Milliardenpleite.

Nie mehr wieder Signa?

Allen ist klar: Nach so einer Riesenpleite wie jener der Signa braucht es Änderungen in diversen Regularien. Experten verraten dem „Börsianer“, wie und wo Adaptierungen notwendig sind.

TEXT ANGELIKA KRAMER

Die Ideen sind schier nicht enden wollend. SPÖ-Chef Andreas Babler etwa forderte kurz nach Auffliegen der Signa-Pleite eine Millionärssteuer, ein Konzerninsolvenzrecht, mehr Aufsicht und mehr Transparenz. „Wir werden nicht mehr zulassen, dass Milliardäre wie Benko Gewinne einstreifen, während die Arbeitnehmer durch die Finger schauen“, polterte er auf seiner FacebookSeite. Viel Konkreteres gab es seither zur größten Pleite in Österreichs Geschichte aus seiner Partei nicht mehr zu hören. Etwas detaillierter sieht der Plan der Grünen für eine „Lex Signa“ aus. Deren Abgeordnete Nina Tomaselli präsentierte kürzlich acht Forderungen als Folge dessen, was aus dem CofagU-Ausschuss an Erkenntnissen gewonnen wurde. Darunter etwa höhere Strafen für Unternehmen, die keine Jahresabschlüsse veröffentlichen, und ein Verbot für Aufsichtsräte, auch als Berater tätig zu sein. Außerdem seien Steuerberater stärker in die Pflicht zu nehmen, wenn sie Ratschläge zur Steuervermeidung geben.

Anfang Februar 2024 gab es im Justizministerium zur Causa prima sogar einen runden Tisch mit zahlreichen Experten von der Finanzprokuratur, Gläubigerschutzverbänden, Kammern sowie mit Steuer-

beratern und Wirtschaftsprüfern. Justizministerin Alma Zadic war damals voller Tatendrang und präsentierte ein Fünf-Punkte-Programm, das neben höheren Strafen bei Bilanzsäumigkeit auch mehr Transparenz für Privatstiftungen vorsah. Nun, Ende Juni, lässt dieses vollmundig angekündigte SignaPaket immer noch auf sich warten, offenbar hat sich der erste Schock gelegt. Aus dem Justizministerium heißt es dazu: „Das angesprochene Gesetzespaket befindet sich derzeit in politischer Abstimmung. Wir arbeiten weiter intensiv an der Umsetzung neuer Regeln, um die gezielte und profitgetriebene Verschleierung von Bilanzen zu verhindern.“ Nach rascher Umsetzung klingt das nicht gerade.

Höhere Strafen bei Bilanzsäumigkeit

Der Börsianer hat sich inzwischen bei Experten umgehört, welche Maßnahmen sie für sinnvoll erachten würden, um ein Desaster wie bei der Signa künftig zu verhindern, und welche Fragen gestellt werden müssen, um mehr Licht ins Dunkel der Jahrhundertpleite zu bringen. Karl-Heinz Götze, Insolvenzleiter beim KSV 1870, stellt gleich eingangs klar: „Verhindern wird man so eine Insolvenz ohnehin nicht können. Aber einige durch die Signa

GASTKOMMENTAR

Dani Zulauf ist Korrespondent des „Börsianer“ in Zürich

Kein Befreiungsschlag für Julius Bär

Die Schweizer Bank kann ihr Benko-Debakel nicht wegfusionieren und muss in sich gehen.

Julius Bär hat durch die Kreditgeschäfte mit der SignaGruppe viel Vertrauen und Geld, verloren. Und zu allem Unglück steht die Bank seit Februar auch ohne Chef da. Philipp Rickenbacher, ein Veteran der Zürcher Vermögensverwaltungsbank, hatte seinen Hut „im besten Interesse des Unternehmens“ genommen, wie er seinen Abgang im dunkelsten Moment der Krise selbst erklärte.

Eine Lösung für das akute Führungsproblem soll zu jenem Zeitpunkt aber bereits in der Luft gelegen haben. Das jedenfalls suggerierten Gerüchte, denen zufolge Julius Bär den lokalen Mitbewerber EFG International übernehmen wollte. Doch die Nachrichtenagentur Reuters setzte den Spekulationen rasch ein Ende. Die Übernahmegespräche seien im Februar geführt, aber bald darauf wieder abgebrochen worden, hieß es.

Zumindest auf den ersten Blick hätte die Übernahme ein eleganter Befreiungsschlag für Julius Bär werden können. Der 56-jährige EFG-Chef Giorgio Pradelli, ein Italiener mit Schweizer Pass, scheint einen guten Job zu machen. Seit seinem Antritt als CEO im Jahr 2018 hat sich der Kurs der EFG-Aktien verdoppelt, während die Julius-BärTitel nur 25 Prozent vorangekommen sind. Dass Pradelli den Wechsel zur der dreimal größeren Nachbarin dennoch vollzieht, ist möglich, aber wohl eher unwahrscheinlich. Der Manager verdankt seine erfolgreiche Karriere nicht zuletzt der griechischen Reederfamilie Latsis, für die er in unterschiedlichen Funktionen seit 20 Jahren tätig ist und die 45 Prozent aller EFG-Anteil hält.

Dank der Agentur Reuters weiß man inzwischen auch etwas genauer, warum der erhoffte Befreiungsschlag ein Schlag ins Wasser wurde. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht hat offenbar ihr Veto gegen die Übernahme eingelegt. Der Grund: Julius Bär soll zuerst analysieren, warum sie mit Rene Benko so hart ins Risiko ging. Kein schlechter Rat!

„Sanktionen können von Verwarnung bis zum Ausschluss vom Markt reichen.“

aufgetauchte Schlupflöcher sollte man zumindest stopfen“, so der Experte. Neben höheren Strafen bei Bilanzsäumigkeit plädiert Götze jedenfalls für mehr Kontrolle durch die Firmenbuchgerichte. Denn er habe schon Bilanzen gesehen, wo Aktiva mit Passiva nicht übereinstimmten oder wo drei Jahre die idente Bilanz hinterlegt wurde. „Da sollte man nicht nur an Strafen denken, sondern auch den Geschäftsführer entsprechend haften lassen“, schlägt Götze vor. Die Begeisterung der Firmenbuchgerichte angesichts der angekündigten Mehrarbeit solle sich aber in Grenzen halten, ist zu hören. In eine ähnliche Richtung geht die Idee Wolfgang Peschorns, des Anwalts der Republik, der sich bei den beiden großen Signa-Gesellschaften SDS und SPS für einen Konkurs anstatt einer Sanierung mit Eigenverwaltung ausgesprochen hat: „Wenn von einem Unternehmenskonglomerat keine Konzernbilanz gelegt wird, gleichwohl diese für rationelle Entscheidungen erforderlich wäre, dann frage ich mich, ob so jemand am Markt teilnehmen können soll. Man könnte hier vielleicht an Sportwettbewerben Anleihe nehmen und gelbe und rote Karten einführen: Die Sanktionen können also von Verwarnung bis zum Ausschluss vom Markt reichen. Nicht die Behörden sollten den Unternehmen nachlaufen müssen, sondern es sollte einen gewissen Automatismus geben. Es sollen keine neuen staatlichen Ressourcen erforderlich werden.“

Von einem Konzerninsolvenzrecht hält Götze wenig: „Ich bin kein Fan dieser Forderung. Gerade die Signa ist ein Konglomerat sehr unterschiedlicher Unternehmensverhältnisse. Wie kommen all die anderen Gläubiger dazu, dass sie auch in die Pleite schlittern, wenn eine Gesellschaft in diesem Riesenkonglomerat insolvent ist?“, gibt er zu bedenken. Außerdem wäre jede Anwaltskanzlei in Österreich mit einer derartigen Rieseninsolvenz als Verwalter vermutlich überfordert. Aktuell arbeiten nicht weniger als 16 verschiedene Insolvenzverwalter am Fall Signa. Der Austausch zwischen diesen, so Götze, funktioniere großteils zufriedenstellend.

Bis zur Zwangsliquidierung

Rechtsanwältin Bettina Knötzl in ihrer Funktion als Präsidentin des Beirats von Transparency International würde bei Bilanzsäumigkeit zu ganz drastischen Maßnahmen greifen: „Das kann bis hin zur Zwangsliquidierung eines Unterneh-

WOLFGANG PESCHORN

„‚Eine Hand wäscht die andere‘ muss aufhören!“

mens gehen.“ Darüber hinaus sollte die Öffentlichkeit, also etwa Gläubiger, im Verdachtsfall auch ein Antragsrecht auf eine Sonderprüfung bekommen. „So kann man vielleicht Gewinnausschüttungen oder üppige Bonuszahlungen an Manager das nächste Mal verhindern“, hofft sie. Heftig kritisiert sie die Verquickung von Politik und Wirtschaft: „Wir haben sogar ein niedliches Wort dafür: die Freunderlwirtschaft.“ Die „Old Boys’ Clubs“, wie sie derart einschlägige Netzwerke nennt, sieht sie als Problem für Österreich. „‚Eine Hand wäscht die andere‘ muss aufhören!“, fordert Knötzl.  Ähnlich sieht das auch Wolfgang Peschorn: „Die Signa ist ein klassisches Beispiel für Berater- und Interessennetzwerke. Wirtschaftsprüfer sind beispielsweise im Signa-Konglomerat in Organen gesessen. Die Verflechtung zwischen einer operativen geschäftlichen Tätigkeit und der Beratung war offenbar sehr eng. Das führt immer zu einem Interessenkonflikt.“ Auch ein bekannter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der allerdings anonym bleiben will, thematisiert die Rolle der Berater: „Mehrere Wirtschaftsprüfer haben die Jahresabschlüsse der großen Signa-Gesellschaften uneingeschränkt bestätigt. Niemandem ist irgendwas verdächtig vorgekommen. Wie ist das möglich?“, fragt er sich. Eine Ausweitung der Befugnisse der APAB, der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer, schlägt der

„Auch Geschäftsführer entsprechend haften lassen.“

Experte deshalb vor. Auch, dass erst die Europäische Bankenaufsicht vor der österreichischen FMA aktiv wurde, ist für ihn nicht verständlich.

Verfahrensrechtlich ortet die TI-Funktionärin Knötzl auch Handlungsbedarf. Die extrem hohen Streitwerte bei österreichischen Gerichten würden die Aufarbeitung erschweren. Auch in der Causa Signa seien manche Klagen deswegen lieber im Ausland eingebracht worden. „Es ist nicht einzusehen, warum es in Österreich keinen Deckel bei Pauschalgebühren gibt“, meint die Anwältin. Zur Entlohnung von Insolvenzverwaltern räumt sie ein, dass auch hier eine Deckelung kommen muss. „Bei den geschädigten Gläubigern schaffen extrem üppige Honorare böses Blut“, bemerkt Knötzl. Speziell in der SPS sollen die Verwalter etliche Millionen bekommen haben.

„Gott sei Dank gibt es hie und da Bilanzskandale“, hat Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Bernhard Vanas vor einigen Jahren in einem vielbeachteten Aufsatz geschrieben. Andernfalls würden nie Verbesserungen im Rechtsrahmen passieren, und es würde so weitergewurschtelt wie bisher. In diesem Sinne kann man Rene Benko und seinen Mannen vielleicht sogar dankbar sein, dass sie zumindest den Anstoß geliefert haben, die eine oder andere Gesetzeslücke zu schließen. n

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Her mit dem roten Teppich!

Nachfolgesorgen. Wie in anderen Branchen auch ist guter Nachwuchs unter den Juristen schwer zu finden. Wie überzeugt man die Jungen davon, bei einem anzuheuern?

Wie sehr fürchten Anwaltskanzleien, dass der Nachwuchs ausgeht, was tun sie dagegen und wo findet man gute Konzipienten? Die große „Börsianer“­Umfrage.

Die Zeiten, als man als Absolvent eines Jusstudiums froh sein musste, wenn man überhaupt ein Bewerbungsgespräch bei irgendeiner Anwaltskanzlei bekam, liegen lange hinter uns. „Manches Vorstellungsgespräch fühlt sich so an, als würde sich der Anwalt beim Konzipienten bewerben“, schrieb Alexander Scheuwimmer, Rechtsanwalt und Präsident des Österreichischen Juristenverbands, deshalb kürzlich in einem Aufsatz. Denn viele der rund 2.200 jährlichen Jusabsolventen würden von der langen Ausbildung und der schwierigen Prüfung abgeschreckt, weswegen viele in andere, etwas weniger beschwerliche Berufe ausweichen würden. Wenn sich also einmal ein ambitionierter Jusabsolvent in eine Rechtsanwaltskanzlei verirrt, dann rollt man ihm meist den roten Teppich aus: mehr Gehalt, gute Weiterbildungsmöglichkeiten und mehr Freizeit zählen fast schon zum Standardpackage beim Berufseinstieg. Aktuell zahlen einige große Wiener Anwaltskanzleien bereits über 4.000 Euro brutto im Monat. Macht immerhin 56.000 Euro im Jahr. Verglichen mit mancher Kanzlei in Deutschland, die zuletzt angetrieben durch angloamerikanische Sozietäten, 150.000 Euro Einstiegsgehalt bot, ist das allerdings immer noch bescheiden.

Der Bedarf an Rechtsanwaltsanwärtern übersteigt aktuell das Angebot an Bewerbern. Und so manche Kanzlei macht sich Sorgen, dass es immer schwieriger wird, an guten Nachwuchs zu kommen. Allerdings, davon ist Scheuwimmer überzeugt, ist diese Phase nur von kurzer Dauer, denn die KI wird vor allem die leichtere Arbeit von Konzipienten rasch ersetzen: „Der Bedarf an Rechtsanwaltsanwärtern wird dementsprechend früher oder später sinken. Insbesondere Kanzleien, die standardisierte Dienstleistungen anbieten oder zumindest über standardisierte Prozesse verfügen, werden mit dem einen oder anderen Junior weniger auskommen als derzeit.“ Die von der Kanzlei GSV entworfene und vorgestellte KI „AI:ssociate“ geht genau in diese Richtung.

Früh Nachwuchs holen

Wie aber sehen die Kanzleien, die der Börsianer zu einer Umfrage eingeladen hat, das Thema Nachwuchs? Insgesamt neun

Kanzleien haben dazu acht Fragen beantwortet. Überraschend dabei ist, dass nur 22,2 Prozent der Befragten angeben, mit Problemen bei der Suche nach Konzipienten zu kämpfen. BPV Hügel erklärt dies so: „Wir hatten im letzten halben Jahr keine nennenswerten Probleme damit, Konzipienten und Konzipientinnen zu finden, weil wir eine effiziente Nachwuchsstrategie verfolgen. Wir haben langjährige und starke Kooperationen mit Universitäten aufgebaut und bieten Studenten und Studentinnen das ganze Jahr über Praktikumsplätze. Dadurch lernt man sich wechselseitig gut kennen, und junge Absolventen und Absolventinnen starten dann sehr gerne bei uns. Das ist ein Erfolgsmodel.“ Etwas differenzierter sieht man das bei FWP: „Es hängt von den Rechtsgebieten ab, da die Anzahl der Bewerber variiert.“ Ein schneller Bewerbungsprozess und persönliche Ansprechpartner würden aber für die Kanzlei sprechen. Große Unterschiede zur Zeit vor fünf Jahren will man bei FWP nicht erkennen, denn: „Zwar zieht es immer mehr Absolventen in Unternehmen, auf der anderen Seite kommen aber immer häufiger Absolventen aus der Wirtschaftsuniversität (WU Wien) in Anwaltskanzleien.“

Der Großteil der vom Börsianer befragten Kanzleien, die alle als Arbeitgeber einen ausgezeichneten Ruf haben, kann kaum Erschwernisse bei der Suche feststellen, wie etwa Baker McKenzie Österreich. „Die Suche ist aus unserer Sicht eigentlich nicht schwieriger, da wir uns bereits früh an die Anforderungen der neuen Generation angepasst haben.“ Ähnlich sieht man das bei BPV Hügel: „Wir haben auch unsere Arbeitsbedingungen kontinuierlich verbessert, sodass wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Wir sehen die Erwartungen der jüngeren Generation als Chance zur Weiterentwicklung und gehen darauf ein – bei Teamkultur, Übertragung von Verantwortung mit sinnstiftender Arbeit, also ‚purpose‘, und Work-Life-Balance.“

Mehr Geld und Freizeit

Der Wunsch nach mehr Geld durch die Bewerber erschwert die Suche zumeist nicht, wie auch die Antworten auf Frage drei zeigen. Da schon eher jener nach mehr Freizeit und mehr Flexibi-

Suche nach Konzipienten

Hatten Sie im letzten halben Jahr Probleme (lange Dauer, Absagen, überzogene Forderungen etc.) damit, Konzipienten zu finden?

Ja Nein

Gestaltet sich die Suche schwieriger als vor 5 Jahren?

Ja Nein

Was erschwert die Suche?

Bewerber sind schlechter ausgebildet

Bewerber wollen mehr Geld

Bewerber wollen mehr Freizeit

Grund

Mussten Sie Bewerbern bei deren Vorstellungen entgegenkommen?

Ja Nein

Was bieten Sie Konzipienten an zusätzlichen Leistungen? (Mehrfachnennungen)

Mehr Geld

Mehr Freizeit / zeitliche, örtliche Flexibilität

Goodies. Bei DLA bekommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die länger im Büro bleiben, ein Late Dinner und ein Late Taxi.

Kostenlose Weiterbildung

Anderes

%

lität. In dem Zusammenhang wird von einigen die im Berufsleben mittlerweile omnipräsente Work-Life-Balance ins Treffen geführt. „Bewerber achten stärker auf ihre Work-Life-Balance, jüngere Generationen schreckt der Anwaltsberuf stärker ab als früher – sie wollen keine 60 Stunden plus arbeiten“, hat man bei Brandl Talos die letzten Jahre beobachtet. Außerdem sei es für viele Juristen gar kein Ziel mehr, Partner einer Kanzlei zu werden, so Brandl Talos. Die Hauptschuld für erschwerte Bedingungen am Arbeitsmarkt ortet man bei Freshfields in der Demografie: „Viele Babyboomer verlassen derzeit den Arbeitsmarkt und gehen in den Ruhestand.“ Die Zahl der Jusabsolventen steige zwar weiterhin, allerdings würde ein immer größer werdender Teil der Jungjuristen in andere Berufe wechseln – etwa in Rechtsabteilungen von Konzernen, wo die Bezahlung trotz gestiegener Anwaltshonorare deutlich attraktiver ist. Von schlechterer Ausbildung der Jungjuristen ist jedenfalls keine Spur. „Bei den Bewerbungsgesprächen ist uns aufgefallen, dass die Bewerber meist sehr gut vorbereitet waren und teilweise mit einer Frageliste gekommen sind, um die unterschiedlichen Kanzleien bestmöglich zu bewerten. Sie waren sehr interessiert an ihren zukünftigen Aufgabenbereichen und in welcher Teamstruktur sie arbeiten würden“, konnte man bei PHH beobachten. Auch das Thema Arbeitsstunden war öfter ein Thema.

Du-Kultur und Weiterbildung

Guten Bewerbern entgegenzukommen ist bei einem Gutteil der Sozietäten gang und gäbe. Um sich von anderen Kanzleien abzuheben, zählen oft banale Dinge. So führt BPV Hügel etwa den neuen Kanzleistandort in der City als entscheidenden Faktor an. Auch bei DLA, seit ein paar Monaten in der früheren Creditan-

stalt und nur wenige Schritte vom Juridicum entfernt, ist man stolz auf das neue Office. Aber auch die Unternehmenskultur wird als Unterscheidungsmerkmal angeführt: „Die Kandidaten gehen im Rahmen der Bewerbung bei Rechtsanwaltskanzleien davon aus, dass die Umgebung hierarchisch geprägt ist mit traditionellen Rahmenbedingungen. Es ist daher sehr wichtig, unsere modernen Strukturen breit zu kommunizieren – mit flachen Hierarchien, Du-Kultur, diversen Teams und stetigem Austausch mit internationalen Kollegen.“ Auch bei Freshfields setzt man verstärkt auf das Thema Internationalität und erklärt: „Wir bieten unseren Juristen eine faire und wettbewerbsfähige Gehaltsstruktur, die sich an der Marktspitze positioniert. Darüber hinaus zeichnen wir uns durch anspruchsvolle Arbeitsinhalte aus, die unseren Mitarbeitenden vielfältige und herausfordernde berufliche Erfahrungen ermöglichen.“ Generell zählen Weiterbildungsmöglichkeiten, Karrierechancen (100 %) und mehr Freizeit (88,9 %) zu den beliebtesten Angeboten für Bewerber. „Zeitgemäß wird der Wunsch nach Homeoffice geäußert, dem wir als Kanzlei auch sehr aufgeschlossen gegenüberstehen. Auch gibt es mittlerweile mehr Bewerberinnen mit Kindern, die wieder zurück in den Beruf kommen möchten. Wir haben mit unseren Teilzeitjuristinnen nur sehr gute Erfahrungen gemacht“, heißt es aus der Kanzlei Herbst Kinsky. Es scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass sich Anwältinsein und Teilzeit nicht ausschließen. Bei PHH fürchtet man etwa, dass der Nachwuchs immer weniger (Frage 8) wird, denn: „Eine lange Ausbildung und meist sehr viele Arbeitsstunden machen den Beruf – gerade für Frauen – nicht attraktiv.“

Zum Repertoire vieler Großkanzleien gehören inzwischen jede Menge „Wellbeing-Angebote“ wie Gratisfitnessstudio, Bioobst, wöchentliches Fußballtraining, Yoga auf der eigenen Dachterrasse oder Achtsamkeitstraining. Bei DLA wird auch noch Late Dinner, Late Taxi sowie Reinigungsservices vergütet. Bei der Suche nach dem besten Nachwuchs für die Kanzlei bleibt kein Kanal ungenützt. Am häufigsten setzt man unter Anwälten aber auf Messen wie die kürzlich stattgefunden habende Jus Success und auf gute Kontakte zu den Universitäten. Auch Mundpropaganda ist bei vielen ein wichtiges Instrument zur Konzipientensuche. Alle befragten Kanzleien geben an, wenn einmal ein Konzipient gefunden sei, dann bleibe dieser jedenfalls länger als eineinhalb Jahre dabei.

Um dem befürchteten Schwund an jungen Rechtsanwälten entgegenzutreten, dürfen Kanzleien jedenfalls nicht untätig sein und sollten wie DLA auch Werbung für den Berufsstand machen: „Der Beruf bietet unglaublich spannende Spezialisierungen und Entwicklungsmöglichkeiten in jede Richtung und die Möglichkeit der Tätigkeit in verschiedensten Settings: Beratung im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit in einer größeren Struktur, Selbstständigkeit mit einer eigenen Kanzlei, Möglichkeit der Tätigkeit in einem internationalen Kontext, sodass das Interesse an der Ausübung sicherlich hoch bleiben wird.“ n

Suche nach Konzipienten

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Über die Unis, Messen

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Wie lange bleiben Konzipienten im Schnitt bei Ihrer Kanzlei

Weniger als ein halbes Jahr

½ Jahr bis 1 ½ Jahre

als 1 ½ Jahre

Machen Sie sich Sorgen, dass die Zahl der Rechtsanwälte in den nächsten Jahren zurückgehen könnte?

Investoren sind überrascht worden

Weltweit kämpft die Beraterbranche mit starken Rückgängen im M&AGeschäft. Christian Atzler und Eva­Maria Segur­Cabanac von der Kanzlei Baker McKenzie sprechen über die Hürden in ihrem Business.

TEXT ANGELIKA KRAMER

Herausforderung. M&A-Deals gingen zuletzt zurück. Die Branche muss sich umstellen. Es werden neue Anforderungen gestellt.

Der Strabag-RBI-Deal, einer der größten des letzten Jahres, ist kürzlich gescheitert. Waren Sie überrascht? - Eva-Maria SegurCabanac: Es ist offensichtlich, dass die Rahmenbedingungen für einen Rückzug aus Russland immer komplexer werden. Unsere Kanzlei hat Mandanten bei einigen der komplexesten und erfolgreichsten Exits aus Russland seit 2022 beraten.

Erschweren geopolitische Krisen das M&AGeschäft im Allgemeinen? - Segur-Cabanac: Die Unternehmen passen ihre Strategien proaktiv an, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Insbesondere bereiten sie sich darauf vor, gefährdete Länder bei Bedarf schnell zu verlassen. Agilität ist von entscheidender Bedeutung, da komplexe gesellschaftsrechtliche Konstrukte eine rechtzeitige Entscheidungsfindung behindern können.

Baker McKenzie beschäftigt in Europa 500 Leute allein im Corporate-Bereich. Gibt das Business denn genug für alle her? Es lief die letzten Monate nicht berauschend. - Christian Atzler: Der Markt für Fusionen und Übernahmen hat einen Rückgang verzeichnet, aber das kann hauptsächlich Schwierigkeiten der Preisfindung zwischen Käufern und Verkäufern zugeschrieben werden. In der Praxis sieht es so aus, dass in den meisten unserer europäischen Büros die Transaktionsberatung ab November 2023 wieder angezogen hat. Private-Equity-Investoren haben in den vergangenen Jahren viel Geld eingesammelt, und das ist nach wie vor verfügbar, was zu einem Investitionsdruck führt. Gleichzeitig kommen wieder großvolumige Transaktionsobjekte auf den Markt, sodass es Grund zu Optimismus gibt.

Gibt es in Österreich derzeit auch große Transaktionen auf dem Markt? - Atzler: Ja, zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur. Es tut sich also wieder etwas, auch wenn eine gewisse Zurückhaltung aufseiten der Verkäufer noch immer vorhanden ist.

Was bedeutet ein solcher Geschäftsrückgang für die Anwaltskanzlei? Musste Baker McKenzie Mitarbeiter im Bereich M&A abbauen? - Segur-Cabanac: Im Gegenteil, wir haben in Wien und weltweit erheblich ausgebaut. In den letzten 18 Monaten haben wir Fusionen und Übernahmen im Wert von 40 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, mit einem kumulierten Gesamtwert von mehr als 150 Milliarden US-Dollar weltweit. Wir befinden uns im Wachstumsmodus und sind bestrebt, in den wichtigsten Geldmärkten weiter zu expandieren, indem wir unsere M&A-Riege um hochkarätige und vielfältige Talente erweitern. Wir hatten in den letzten Jahren viele strategische Investoren als Klienten, bei denen die Preissensibilität weniger ausgeprägt war als bei Finanzinvestoren. Außerdem hält uns das Corporate Advisory sehr busy.

Ist das M&A-Geschäft auch das umsatzstärkste in der Kanzlei? - Atzler: Dieser Bereich ist nicht nur die größte Gruppe der Kanzlei in Bezug auf die Zahl der Beschäftigten, sondern auch derjenige mit dem höchsten Umsatz.

Die EZB hat kürzlich eine Zinswende vollzogen. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie für das M&A-Geschäft? - Atzler: Es ist schwierig, dies vorherzusagen. Allerdings rechne ich nicht mit einem sofortigen Boom nach einer einzigen Zinssenkung. Niedrigere Zinssätze könnten allerdings Marktteilnehmer dazu veranlassen, einige Transaktionen zu starten, die sie vor einigen Monaten eher vage in Erwägung gezogen hatten.

Wird das regulatorische Umfeld für Transaktionen denn auch komplexer? - SegurCabanac: In Österreich haben vor allem die Investitionskontrollen die Komplexität von Transaktionen erhöht, das hat auch zu Verzögerungen geführt. Das österreichische Recht ist in dieser Hinsicht sehr weit gefasst. Selbst wenn Österreich nur eine der vielen Jurisdiktio-

#ÜBERBLICK

DIE CORPORATE GROUP (M&A, GESELLSCHAFTSRECHT, RESTRUKTURIERUNG) von Baker McKenzie umfasst 500 Anwälte in Europa (EMEA). Im Wiener Büro sind 20 Mitarbeiter in diesem Bereich tätig.

Rechtsberater

nen ist, in denen eine Transaktion stattfindet, können die Behörden den Prozess sehr kompliziert machen.

Hat dieses Gesetz auch Investoren abgeschreckt? - Segur-Cabanac: In den Fällen, die wir bearbeitet haben, sind einige Investoren zumindest davon überrascht worden.

Atzler: Wir haben bislang vor allem die kartellrechtliche Konstellation sehr früh als Teil einer Transaktion angesehen, heute geht es auch um Investitionskontrollen in vielen Ländern, die auch deshalb unterschiedlich sind, weil es keine EU-weite Harmonisierung gibt. Wenn etwa Erwerber aus dem Fernen Osten oder dem Nahen Osten kommen, wird der Prozess noch komplexer. Und neuerdings kommen auch ausländische Subventionen – Foreign Subsidies – hinzu, bei denen geprüft wird, ob Erwerber aus anderen EU-Ländern staatliche Unterstützung erhalten haben –das ist in Kraft getreten im Jänner 2023. Dies führt bereits in der Vorbereitung zu Verzögerungen, da Unternehmen häufig nicht über die notwendigen Prozesse verfügen, um die erforderlichen Daten bereitzustellen. Als Anwalt betonen wir

QUELLE: REFINITIV; IM ERSTEN QUARTAL ABGESCHLOSSEN

den frühzeitigen Dialog mit den Behörden, um Transaktionshürden in letzter Minute zu vermeiden.

Welche Folgen ergeben sich, wenn ein Unternehmen staatliche Unterstützung erhalten hat? - Atzler: Das kann bis zum Verbot gehen, wenn die EU befürchtet, dass der Markt auf der Käuferseite verzerrt wird. Mir ist jedoch noch kein Verbot bekannt.

Sind diese Vorschriften in Ihren Augen übertrieben? - Segur-Cabanac: In Österreich betrifft die Investitionskontrolle sehr weit gefasste Bereiche und auch kleinere Transaktionen. Diese Transaktionen haben daher gewisse Verzögerungen. All dies bedeutet, dass es nicht unbedingt vorteilhaft für das Unternehmensumfeld ist.

Atzler: Wenn es ein gewisses Maß an Vorhersehbarkeit gibt, können alle Marktteilnehmer gut damit umgehen. Das ist aber noch nicht der Fall.

Gibt es neben dem Investitionsschutzgesetz noch andere nachteilige Austro-Spezifika für das M&A-Geschäft? - Segur-Cabanac: Das österreichische Gebühren-

recht stellt in Transaktionen oftmals eine große Herausforderung dar und führt bei Investoren und Vertragspartnern außerhalb von Österreich zu Verwunderung.

Inwieweit wird KI bei Übernahmen und Fusionen eingesetzt? - Segur-Cabanac: Die gesamte Branche arbeitet an Tools, die die Due Diligence erheblich unterstützen werden. Oftmals scheitert es heute noch an der Qualität der für die KI verwendbaren Daten.

Atzler: Natürlich ist die Überprüfung der Dokumente dennoch häufig automatisiert.

Ein Blick in die Zukunft: Wann werden wir in Europa wieder Riesendeals wie den Vodafone-Mannesmann-Deal sehen? - Atzler: Ob es ähnlich große Transaktionen geben wird, ist in diesem Umfeld schwer vorherzusagen. Allerdings sind bereits einige größere Tickets auf dem Markt. Großes Potenzial sehe ich in Carveouts, also in dem Verkauf von Unternehmensteilen, und in Unternehmensverkäufen, wenn der bisherige Eigentümer keinen geeigneten Nachfolger finden konnte. n

Influencer. Angus Young, Frontman bei AC/DC, führte Krawatte und Uniform bei Rockkonzerten ein. Die Bühnen der Legal Influencer sind dagegen das Internet und vorerst Social Media.

E#KOMMUNIKATION

Legal Rockstars

Manche Anwälte haben die sozialen Medien für sich entdeckt: als Marketing­Tool, als AkquiseInstrument oder einfach, um Gleichgesinnte kennenzulernen. Der „Börsianer“ hat die Rockstars unter ihnen ausfindig gemacht.

TEXT ANGELIKA KRAMER

s wäre eindeutig zu kurz gegriffen, Dominik Leiter nur als Anwalt zu bezeichnen. Der Arbeitsrechtsexperte und Partner der Kanzlei Weisenheimer – was im Englischen übrigens so viel wie Klugscheißer heißt – bietet laut seinem Linkedin-Profil „more than legal advice“. „Ich will die Rechtsberatung weiterentwickeln, weg von der KI wieder hin zum Menschen. Der Sinn hinter der Tätigkeit ist es, der mich interessiert“, formuliert es

der 53-Jährige im Gespräch mit dem Börsianer. Karin Schmollgruber, eine Juristin, die sich auf Marketing für Rechtsanwälte spezialisiert hat und die Szene bestens kennt, nennt Leiter gar die „gute Linkedin-Seele“. Denn Linkedin ist Leiters Hauptinstrument, seine Vorstellung der wahren Seele des Rechts unter das Volk zu bringen. Noch. Denn der Rechtsanwalt, der unter anderem für Tesla tätig ist, hat Großes vor: Am 24. September 2024 will er mit seinem „Recht+“

einen Abend lang eine ganze Halle füllen. „Das wird eher ein Rockkonzert als eine Konferenzveranstaltung“, so Leiter. Mit dabei sind auch einige DJs und mehrere Speaker, die wie auch Leiter selbst den Sinn hinter dem Recht ergründen wollen. Einige hat er über Linkedin kennengelernt, wo der Anwalt seit etwas mehr als zwei Jahren sehr regelmäßig Beiträge postet. „Ich mache das, weil es mir Spaß macht und weil man über das Netzwerk gut Leute kennenlernen kann“, so Leiter, der mittlerweile mehr als 5.000 Follower hat. Seine Beiträge haben mit rein rechtlichem Inhalt oder Selbstbeweihräucherung wenig zu tun. Von Mode bis Philosophie ist alles dabei. Seine Themenauswahl erfolgt nicht zufällig, denn der Jurist hat vor Jahren in den USA im Zuge einer Coaching-Mentoring-Runde gelernt, wie Social Media funktionieren kann. Und auch heute arbeitet er mit Social-Media-Profis aus Deutschland zusammen.

Auf Mandantenjagd

Dominik Leiter ist einer von denen, die man in der Szene „Legal Influencer“ nennt. Der Rechtsanwalt erklärt: „Juristischer Content allein reicht nicht.“

Stefanie Thuiner Die

mittlerweile nicht nur auf Linkedin ein Star, sondern sie ist auch als Speakerin sehr gefragt.

Heidemarie

Florian Stangl

Nadine Leitner Cerha

Er verbringt täglich mindestens ein bis zwei Stunden und am Wochenende noch einmal einen halben Tag mit der Arbeit auf Linkedin, mit Inhalten, mit denen er die Community unterhalten will. Die Mühe rentiert sich nicht nur in Form von Spaß, der zurückkommt, sondern auch in Form von Mandanten. „Ich habe schon ein paar Mandanten über Linkedin kennengelernt“, erzählt Leiter. Aber nicht nur irgendwelche Mandanten, sondern „solche, die gut zu mir passen.“ Die eben auch mehr als nur Rechtsberatung suchen.

Die Szene der Legal Influencer ist anders als etwa in Deutschland hierzulande noch recht überschaubar. Und sie spielt sich großteils auf Linkedin ab. Nur wenige Juristen wie etwa die „Yoga-Anwältin“ Therese Frank wagen sich auch auf Tiktok oder Instagram. Zwei Dutzend Juristen sind es etwa, die den Channel regelmäßig nützen. Gemeinsam mit Expertin Schmollgruber hat der Börsianer eine – keinesfalls erschöpfende – Liste der besonders auffällig, regelmäßig und qualitativ hochwertig agierenden Linkedin-Anwälte (siehe Liste) erstellt. Auch der Wiener Vergaberechtsanwalt Martin Schiefer gehört dazu. Er zählt mittlerweile über 20.000 Follower – eine sensationelle Zahl für Österreich. Er ist bereits seit sechs Jahren regelmäßig dabei, denn, so Schiefer: „Schon damals war klar, dass Linkedin im Kommen ist.“ Und es ist in seinen Augen der für Anwälte relevanteste Kanal. „Über Linkedin erreicht man zielgerichtet die Politik und wichtige CEOs.“ Und das ist für einen Vergaberechtler nicht so unwichtig. Allerdings ist seine Kanzlei auf nahezu allen Kanälen vertreten: Youtube, Instagram, Facebook, nur Tiktok vermeidet der 53-Jährige aus Datenschutzgründen. Auch er widmet rund ein bis zwei Stunden täglich dem Social-Media-Content. Eine Agentur hilft ihm bei der Umsetzung der Beiträge. „Ich denke, die Anwaltsszene unterschätzt die Wirkung

Dominik Leiter Der Arbeitsrechtsspezialist Dominik Leiter will seinen Followern viel mehr als nur Recht vermitteln.
General Counsel von Myflexbox ist

Martin Schiefer. Vergaberecht sexy? Bei manchen Beiträgen von Martin Schiefer könnte man das fast glauben.

von Social Media sträflich.“ Viele seiner Kollegen wären der Meinung, wenn ein Anwalt auf Social Media aktiv sei, dann hätte er das nötig, dann ginge es ihm schlecht. „Aber ich kann alle beruhigen: Mir geht es gut“, sagt Schiefer launig. Als langjähriger Social-Media-Experte hat er auch einen Rat bei der Hand: „Man darf nicht zu emotional sein, sonst sollte man die Finger davon lassen.“ Denn die eine oder andere Rückmeldung auf Postings verlangt schon eine harte Haut.

Likes für Prost

Auch Marketingexpertin Schmollgruber, die im Manz-Verlag das Buch „Selbstmarketing für Anwälte. Das Fitnessprogramm für mehr Anwälte“ herausgebracht hat, hat Ratschläge für werdende Legal Rockstars: „Linkedin erfordert eine regelmäßige Investition von Zeit und Energie, um mit inhaltlich wertvollen Beiträgen sichtbar zu werden. Dort zählt vor allem die kontinuierliche Präsenz und der aktive Austausch mit anderen. Mit hübschen Selfies oder Urlaubsgrüßen erreicht man hier wenig bis gar nichts.“ Allerdings vermehren rein inhaltliche Beiträge auch nicht unbedingt die Follower. Das weiß auch Nadine Leitner, M&A-Expertin und Partnerin bei Cerha Hempel, die erst seit ein paar Monaten dabei ist, sich in der Szene aber bereits einen Namen gemacht hat. Ihr am häufigsten gelikter Beitrag

Nadine Leitner Die Corporate-Anwältin ist erst seit kurzem auf Linekdin aktiv – und zeigt sich über die starke Resonanz erstaunt.

war bislang jener, wo sie in einem Video Kollegen zugeprostet hat. „Ich fand es spannend, dass die Resonanz darauf so groß war“, so Leitner. Auch Mandanten sprechen sie gelegentlich darauf an. Vor allem Inhalte, die Frauen Mut machen, kommen gut an. „Generell war ich erstaunt, wie sehr meine Beiträge wahrgenommen werden“, sagt Leitner. Rein private Inhalte würde die Anwältin jedenfalls nie posten. Aber orientiert sich die 37-Jährige bei ihren Beiträgen an anderen Social-Media-Nutzern? „Ich bin nicht hier, um jemanden zu kopieren, die Inhalte kommen alle von mir selbst“, sagt sie. In ihrer Kanzlei ist Leitner die

mit Abstand aktivste Linkedin-Userin. Warum nicht mehr Anwälte, so wie sie, den Kanal für Marketing nutzen? „Viele Anwälte denken, ihre Inhalte würden sich dafür nicht eignen, weil sie zu trocken seien“, glaubt Leitner. Was sie aber nicht bestätigen kann. Auch bei der Mitarbeiterakquise spielt Social Media eine immer bedeutendere Rolle, wobei man jüngere Mitarbeiter eher über Instagram als Linkedin erreicht.

Plötzlich ein Star

Doch nicht nur in der heimischen Anwaltei erwacht allmählich das Bewusstsein, dass man über Social Media neue Mandanten- und Mitarbeiterschichten erreichen kann, auch Unternehmensjuristen entdecken das Instrument zusehends für sich. Eine, die hier sehr weit zu sein scheint, ist Stefanie Thuiner, General Counsel beim Start-up Myflexbox. Das Thema Marketing hat sie bei den Profis gelernt: Nach dem Berufseinstieg in einer großen Anwaltskanzlei landete sie vor fünf Jahren in der Marketingabteilung von Red Bull. „Dort habe ich wertvolle Impulse erhalten“, erzählt Thuiner. Aber als sie dann von Red Bull zu Myflexbox wechselte, war sie von heute auf morgen Einzelkämpferin, der ständige Austausch mit Kollegen ging verloren. Und so kam auch bei ihr Linkedin ins Spiel. Über die Plattform tauscht sie sich nun regelmäßig mit anderen Unternehmensjuristen aus, auch über die Grenzen hinweg. Bei Interesse finden auch immer wieder Remote-Treffen mit anderen Linkedin-Usern statt. Ihre Präsenz auf Linkedin hat Thuiner mittlerweile zu einer richtigen Star-Speakerin gemacht: So ist sie kürzlich in der Wiener Hofburg aufgetreten, um ihren Berufsstand zu vertreten, Ende Juni war sie in Amsterdam am Alternative Events In-House Technology Europe Summit vertreten, und im Herbst hat sie einen Auftritt auf der Rust NextGen. Nebenbei bringt sie im Linde-Verlag auch noch ein Buch heraus. Da soll noch jemand sagen, der Beruf eines Juristen sei langweilig. n KANZLEIEN UND FOLLOWER

Daten & Fakten

VERDIENST

STATISTIKEN JUNI 2024 Kanzlei Zahl der Partner Umsatz 23/24* Gewinn*

*IN MIO. €; QUELLE FIRMENBUCH; BLAU: MINUS GEGENÜBER VORJAHR; GRÜN: PLUS; KEINE UMSATZ- UND GEWINNANGABEN VON FRESHFIELDS

Das durchschnittliche Jahresgehalt eines Anwalts in Österreich beträgt 83.850 EURO (2023: 86.232 Euro)

Das Jahresgehalt eines Rechtsanwaltsanwärters liegt bei 63.229 EURO (2023: 58.775 Euro)

QUELLE: GLASSDOOR

PERSONALSTAND JUSTIZ

Im BMJ sind 225 BEDIENSTETE im höheren Dienst sowie RICHTER und STAATSANWÄLTE sowie 198 ÜBRIGE BEDIENSTETE beschäftigt.

50 Prozent der Rechtsanwaltsanwärter sind Frauen

In Wien gibt es 3.715 Rechtsanwälte, davon 1.042 Frauen

In Österreich gibt es 7.073 Rechtsanwälte und 2.275 Rechtsanwaltsanwärter

24 Prozent der Rechtsanwälte sind

Frauen

QUELLE: RAK WEIN

Im Planstellenbereich der Justizbehörden in den Ländern sind 7.010,33 BESCHÄFTIGTE, davon 1.685,3 RICHTER, 255,25 RICHTERAMTSANWÄRTER UND 441,3 STAATSANWÄLTE, beim Bundesverwaltungsgericht 610,93 PERSONEN, hievon sind 215,98 RICHTER tätig.

In den Justizanstalten arbeiten 4.164 MITARBEITER.

2024 steigen die Planstellen in der Justiz um 135. Das Justizbudget konnte um 15 PROZENT AUF 2,398 MRD. EURO erhöht werden.

QUELLE: BMJ

DIE 20 GRÖSSTEN KANZLEIEN IN ÖSTERREICH

Schönherr 161

Wolf Theiss 146

Cerha Hempel 125

Binder Grösswang 115

Freshfields 107

CMS 100

E+H 98

Dorda 96

Saxinger 85

fwp 70

bpv Hügel 68

DLA 65

Taylor Wessing 65

Baker McKenzie 61

Haslinger Nagele 61

KWR 51

Schramm Öhler 46

EY Law 44

Brandl Talos 37

Deloitte Legal 36

QUELLE: TREND, APRIL 2024

77 Untersuchungen wegen Marktmissbrauchs (–7)

198 Vor­Ort­Maßnahmen (+4)

56 Verwaltungsstrafen (–23), verhängt mit einer Gesamtsumme von 2,6 Mio. € (+1,1 Mio. €)

145 Anzeigen (–16) an die StA sind erfolgt

39 Geldwäscheermittlungsverfahren (–125)

48 GeldwäscheVerwaltungsstrafverfahren (–69)

24 Strafanzeigen im Kampf gegen unerlaubten Geschäftsbetrieb (–28)

432 Whistleblower­Hinweise, davon 213 aufsichtsrelevant

QUELLE: FMA-GESCHÄFTSBERICHT; () VERGLEICH ZUM VORJAHR

roadmap24 passion

At Schoenherr, we are passionate about what we do and how we do it.

Our passion fuels extraordinary ideas, dedication and innovation. It enables legal excellence.

Read our roadmap24, a compilation of passionate legal articles and artwork.

schoenherr.eu/passion

Auf dem Stand von März 2024 waren in der WKStA 230 Verfahren anhängig.

Ein Drittel davon sind Großverfahren mit zwei- bis dreistelligem Millionenschaden

12 Prozent sind reine Korruptionsdelikte

70 Prozent sind reine Wirtschaftsstrafdelikte

18 Prozent sind eine Kombination aus beidem

Die Verfahren werden von 45 Staatsanwälten, 15 IT-Experten und 10 Wirtschaftsfachleuten bearbeitet

2023 wurden 770 Verfahren abgeschlossen

In 257 kam es zu keiner Einleitung von Ermittlungen

Bei 459 Beschuldigten kam es zu einer Einstellung

In 54 Fällen gab es Schuldsprüche

In 60 Fällen kam es zu Teilfreisprüchen

QUELLE: WKSTA

Sophie Martinetz ist das österreichische Gesicht der Legal-Tech-Szene. Wenn Sie ruft, kommen heimische Legal-Tech-Experten wie Susanne Mortimore (LexisNexis) ebenso wie jene aus dem Ausland wie etwa Daniella Domokos (ARAG) oder Top-Speaker Martin Selmayr (beide unten).

„KI

kapert Rechtsbranche“

Weitere Experten, die Martinetz’ Ruf nach Wien folgten, waren: Nienke van der Have und Marijm Janssen.

Martin Selmayr wechselte nach Jahren als Vertreter der EU-Kommission in die Wissenschaft und hält derzeit eine Gastprofessur an der Universität Wien.

PHH UND ANDERE KANZLEIEN

ERSTER WIENER M&A-TAG

24. APRIL 2024

HAUS DER INDUSTRIE

Was machen M&A-Berater, wenn ihr Geschäft nicht gerade berauschend läuft? Sie treffen einander zum Austausch und zum gegenseitigen Aufrichten. So geschehen beim ersten Wiener M&A Day von PHH, Brandl Talos, Freshfields, Schönherr und Wolf Theiss und der Universität Wien. Den internationalen Touch steuerten der Schweizer Anwalt Christoph Neeracher (Bär & Karrer), Jan Bauer aus Deutschland (Skadden Arps) und Leo Borchard aus London (Davis Polk) bei.

Sie brachten internationale Sichtweisen in die Wiener

M&A-Szene: Die Anwälte

Christoph Neeracher, Jan Bauer und Leo Borchardt im Gespräch mit Rainer Kaspar (v. l.).

WU LEGAL TECH CENTER

ERSTER EUROPEAN LEGAL TECH SUMMIT

23. MAI 2024

WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN

Unter Juristen ist KI derzeit Topthema. Das konnte man auch am regen Interesse am ersten „European Legal Tech Summit“ an der WU Wien beobachten. Das europäische Who’s who fand sich auf dem vom WU Legal Tech Center veranstalteten Summit und diskutierte über aktuelle Fortschritte in der Legal-Tech-Branche und den Einsatz von KI in der Rechtsfindung. Als Keynote-Speaker wurde der frühere EU-Botschafter in Wien und nunmehrige Wissenschaftler Martin Selmayr gewonnen.

„Von Praktiker zu Praktiker“

Der M&A-Markt sei internationaler und vernetzter geworden. Umso wichtiger sei der gegenseitige Austausch, sagt Rainer Kaspar, Partner bei PHH.

„Go West“

Full House bei der Büroeröffnung von Thomas Talos (l.) und Ernst Brandl. Die rund 100 Mitarbeiter von Brandl Talos freuen sich über mehr Platz und einen schönen Ausblick im Vio Plaza.

Brandl-Talos-Partner Roman Rericha (l.) und Speedinvest-Partner Markus Lang mit Erfrischungen.

Brandl-Talos-Partner Raphael Toman (l.) begrüßt Mandanten aus dem Banking-Bereich.

BINDER GRÖSSWANG

PODIUMSDISKUSSION „IMPULSE“

05. JUNI 2024

KANZLEI BINDER GRÖSSWANG

Die EU-Überregulierung stand im Mittelpunkt. Unter dem Titel „Finanzpolitik, Kapitalmärkte und Banken – was bringt die Zukunft?“ diskutierten Vertreter der Hochfinanz. Finanzminister Magnus Brunner forderte vor rund 100 Gästen einen „New Deal“ zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, bevor man den Green Deal überhaupt weiterverfolgen könne. Weiteres Thema: Fokus auf Innovation und Bildung, um im Wettbewerb mit den USA und Asien nicht auf der Strecke zu bleiben.

BRANDL TALOS

BT OPEN HOUSE

06. JUNI 2024

VIO PLAZA

Die Rechtsanwälte von Brandl Talos vollzogen vor kurzem einen Perspektivenwechsel. Von den Büroräumlichkeiten auf der Wiener Mariahilfer Straße ging es für rund 100 Mitarbeiter nicht nur hoch hinaus, sondern auch weiter westlich. Über der U4-Station Meidlinger Hauptstraße im neuen Vio Plaza residieren die Juristen nun im 12. bis 14. Stockwerk mit exzellentem Blick über Wien. Davon konnten sich auch zahlreiche Mandanten und Freunde der Kanzlei bei der BT-Open-House-Feier überzeugen.

Finanzminister Magnus Brunner, der ja auch als Kandidat für den nächsten EU-Kommissar gehandelt wird, präsentiert in der „Impulse“Diskussion neue Ideen für Europa.

„New Deal vor Green Deal“

Reges Interesse am Impulse-Talk in der Kanzlei Binder Grösswang mit Peter Oswald (CEO MM), Ingrid Hengster (Barclays Germany), Finanzminister Brunner, Erste-Bank-Chefin Gerda Holzinger-Burgstaller und RLB-OÖ-Boss Heinrich Schaller.

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