Börsianer 56. Ausgabe, Q4 2023

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„Wenn die Regeln nicht ­eingehalten werden, greifen wir scharf ein.“ EDUARD MÜLLER

Gibt es Beispiele, wo strenge Regeln wieder gelockert worden sind? – Helmut Ettl: Nicht immer ist die Rücknahme von Regulierungen von Erfolg gekrönt, wenn man sich die Bankenkrise in den USA anschaut. Die Trump-Administration hat größere Banken mit einer Bilanzsumme von über 200 Milliarden US-Dollar, die Argusaugen. Der Anteil an notleidenden Krediten sei noch nicht besorgniserregend, Banken würden aber Risikovorsorgen erhöhen, sagt Eduard Müller: „Wir haben aber ein Auge drauf.“

systemrelevant sind, aus der Basel-Regulierung herausgenommen, damit lokal mehr Dynamik entsteht. Die ist entstanden, aber in die falsche Richtung.

trem streng. Länder wie die Schweiz und

gulierungen. Eines ist aber klar: Wenn

Eduard Müller: Die KIM-Verordnung

Frankreich sind strenger. 23 der 27 EU-

Regeln beschlossen wurden, dann sind

selbst läuft mit 1. August 2025 automa-

Länder haben solche Richtlinien.

diese auch einzuhalten – ohne Wenn

tisch aus. Wir evaluieren ständig und

und Aber.

werden letztlich auch mittels eines Gut-

Eduard Müller: Eine Besonderheit in Österreich ist der extrem hohe Anteil

achtens beurteilen, ob sie verlängert

variabel verzinster Kredite. Das Zins-

Vom billigen Geld haben auch Immobi-

risiko, das eigentlich die Banken per

lienfirmen profitiert. Viele wurden erst in

Hedging managen sollten, wurde auf die

der Niedrigzinsphase gegründet. Experten

Es heißt immer wieder, Österreich betrei-

Kreditnehmer übertragen.

orten bereits die Gefahr uneinbringlicher

be bei vielen EU-Vorgaben Goldplating,

Kredite. Braut sich da etwas zusammen? -

lege also Regeln zu streng aus. Wie sehen

Kritiker werfen den Banken auch vor, sie

Eduard Müller: Aktuell ist der Anteil der

Sie das? – Helmut Ettl: 95 Prozent der ge-

würden Kunden falsch beraten oder hätten

Non-Performing Loans stabil auf einem

samten Regulierung wird nicht in Öster-

sie zu variablen Krediten gedrängt. Die Be-

historisch niedrigen Niveau von rund

reich, sondern in Brüssel festgelegt - das

ratung ist doch streng reguliert? – Helmut

zwei Prozent. Nach der Finanzkrise lag

ist auch eine Folge der Finanzkrise. Da

Ettl: Das hängt vom Produkt ab, Wertpa-

er bei 14 Prozent. Wir sehen aber schon

ist überhaupt kein Goldplating möglich,

piere sind am strengsten geregelt, eben-

eine leichte Bewegung in der Einschät-

weil die EU-Vorgaben direkt angewen-

so Veranlagungsprodukte der Versiche-

zung der Kreditinstitute. Es ist noch

det werden müssen. Starke europäische

rungen. Die klassischen Bankproduk-

nicht besorgniserregend, aber wir haben

Institutionen kontrollieren, ob Vorga-

te sind zwar reguliert, unterliegen aber

ein Auge drauf, und die Banken treffen

ben einheitlich befolgt werden.

nicht unserer Aufsicht.

bereits Vorsorgen. Die weitere Entwick-

Man hört, dass die FMA auf Regulierungs-

wird und wie.

lung hängt von der geopolitischen Ent-

Die Politik hat wiederholt Vorhaben ange-

wicklung ab.

kündigt, um den kleinen österreichischen

kritik der Banken harsch reagiert und Son-

Helmut Ettl: Büroimmobilien sind vom

Finanzplatz zu stärken. An der Durchfüh-

derprüfungen anordnet. Stimmt das? –

Trend zum Homeoffice betroffen, Nach-

rung hapert es. Was wünschen Sie sich von

Helmut Ettl: Gerade die österreichische

frage und Preise sinken massiv. Gleich-

der Politik? – Helmut Ettl: Unser Finanz-

Aufsicht steht besonders für einen offe-

zeitig steigt die Nachfrage nach Woh-

platz ist nicht so klein. Die Bilanzsum-

nen Dialog, gerade im Vorfeld neuer Re-

nungen, wo man gut arbeiten kann.

me der Banken macht 260 Prozent des

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