Börsianer 63. Ausgabe, Q3 2025

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Altersarmut in der Pension

Der Lack ist ab! Mit diesen Maßnahmen retten wir das Pensionssystem

// Trends 2026

Wegweisende Technologien wie Humanoide formen die Welt von morgen

//

Ranking:

Die besten CFOs

Eine Neueinsteigerin unter den ersten drei und ein neuer Sieger auf dem Podium

„Ich habe die Rolle des Katalysators“

Wolfgang Anzengruber

Der ehemalige Verbund-CEO leistet in der Ukraine Pionierarbeit und spielt Matchmaker zwischen Unternehmen und Aufträgen.

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WIE ICH DAS SEHE, wollte Wolfgang Anzengruber in der Pension keine Däumchen mehr drehen. Als der Ruf des Außenministeriums für den ehemaligen Generaldirektor der Verbund AG kam, musste er nicht lange überlegen. Schließlich kann er bei einem Stück Geschichte mit dabei sein. Unser Börsianer des Quartals leistet als Koordinator für den Wiederaufbau Pionierarbeit in der Ukraine und setzt seine Kontakte gekonnt für Österreichs Unternehmen ein. Das gibt nicht nur ihm Energie. Die Chancen für Österreich haben sich kürzlich noch einmal verbessert. „Jetzt werden die Regeln geschrieben, jetzt werden die Claims besetzt. Zu warten, bis Friede herrscht, ist falsch. Dann wären wir zu spät dran. Und die anderen sind schon alle dort. Wir haben jetzt den Beobachterstatus auf der Ukraine-Donor-Plattform zuerkannt bekommen, bei der die wichtigsten Akteure beieinandersitzen. Darum geht es!“, hat mir Wolfgang Anzengruber (Seite 8) eindringlich erklärt.

Nicht minder spannend hat sich meine Kollegin Julia Kistner federführend auf 26 Seiten den revolutionärsten Technologien und Trends 2026 (ab Seite 70) angenommen: Wann ersetzen uns humanoide Roboter? Kommt es zu einer De-Dollarisierung der Weltwirtschaft? Was können Stablecoins? Ist der Krieg mit Patronen bald Geschichte? Und wie disruptieren neue Handelsrouten unser tägliches Leben? Das sind nur einige der brennendsten Fragen, die wir uns stellen sollten. Unser Deutschland-Korrespondent Oliver Stock sprach mit Flix-CEO Andre Schwämmlein über den aggressiven Bahnausbau, Italien-Korrespondentin Micaela Taroni befragte Leonardo-Chef Roberto Cingolani zur Zukunft der Kriegsführung, und ich habe mit der Energieexpertin Eva-Maria Pusch von 360 Jet Fuel über den Hunger nach Energie (Seite 72) diskutiert.

In aller Munde ist das Pensionssystem, bei dem der Lack ab ist, auch wenn es ein Teil der politischen Kräfte nicht wahrhaben will. Wir antworten mit einem Schwerpunkt: Mein Kollege Daniel Nutz hat sich dem Thema Altersarmut (Seite 20) angenommen und die politischen Parteien zur betrieblichen Pension (Seite 104) befragt. Erste-Stiftung-Aufsichtsrat Andreas Treichl (Seite 16) hat seinen eindringlichen Impuls vom Börsianer Editor’s Dinner (Seite 107) für Sie verschriftlicht, und unser Chefkommentator Martin Kwauka (Seite 112) erinnert an die Verzinsung des Pensionskontos der Berufstätigen, die Anfang 2026 immerhin 7,3 Prozent betragen wird. Nicht nur gefühlt erhöht sich die Anzahl und Geschwindigkeit von Cyberangriffen. Meine Kollegin Raja Korinek zeigt auf, wie Anleger (Seite 36) davon profitieren können. Wie Bürgerbeteiligungen mit zukünftigen Börsengängen (Seite 28) kämpfen, hat Daniel Nutz für Sie bei der WEB Windenergie recherchiert; mit meinem Kollegen Robert Winter war er auch bei Post-Vorstandschef Walter Oblin (Seite 100) zu Gast, der auf die Anrede „Herr Generaldirektor“ gern verzichtet. Bewegend: Micaela Taroni hat mit Illycaffe-Geschäftsführerin Cristina Scocchia (Seite 96) über ihren Weg an die Spitze, die Macht der Diversität und einen möglichen IPO gesprochen.

Bleibt mir wie immer noch dem siegreichen Nominierten des Rankings der besten Finanzvorstände zu gratulieren: OMV-CFO Reinhard Florey hat diesmal allen die Schneid abgekauft.

Viel Freude beim Lesen und Durchblättern!

Sagen Sie mir doch, was für Sie die spannendste Zukunftstechnologie ist.

i.krawarik@boersianer.at

Linkedin: Ingrid Krawarik

Eingerahmt

SELFIE. Wolfgang Anzengruber ist in seiner neuen Rolle im Außenministerium angekommen, hat aber nichts von seiner Eloquenz und seinem Charme eingebüßt. Er posiert auch gern mit Ingrid Krawarik und Robert Winter.

POKAL. Friedrich Jergitsch schaute auf einen Plausch in der „Börsianer“Redaktion vorbei und freute sich über die Auszeichnung zum besten Anwalt der Finanzbranche.

INTERVIEW. Daniel Nutz und Robert Winter waren überrascht, als Walter Oblin ihnen seine täglich ausgelebte Leidenschaft verriet.

6,75 % UBM Green Bond 2025–2030

Umtauschfrist: 29.09.– 16.10.2025

(für Umtausch der UBM-Anleihen 2019–2025 und 2021–2026)

Zeichnungsfrist: 20.– 24.10.2025

ISIN: AT0000A3PGY9

UBM Development

UBM Development sieht sich als einer der führenden Entwickler von HolzbauProjekten in Europa. Der strategische Fokus liegt auf Green und Smart Building in Metropolregionen wie Wien, München, Frankfurt oder Prag. Das Platin-Rating von EcoVadis sowie der Prime-Status von ISS ESG bestätigen die konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Mit über 150 Jahren Erfahrung bietet UBM von der Planung bis zur Vermarktung alle Development-Leistungen aus einer Hand an. Die Aktien sind im Prime Market der Wiener Börse gelistet, dem Segment mit den höchsten Transparenzanforderungen.

UMTAUSCH: 29.09.– 16.10.

ZEICHNUNG: 20.– 24.10.

Werbung im Sinne der Verordnung (EU) 2017/1129 („Prospektverordnung“) und der Delegierten Verordnung (EU) 2019/979, in der jeweils geltenden Fassung. Bei dieser Mitteilung handelt es sich weder um einen Wertpapierprospekt noch um ein Angebot zum Verkauf oder Umtausch oder um eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zum Kauf oder Umtausch von Teilschuldverschreibungen (die „Teilschuldverschreibungen“) der UBM Development AG („UBM“ oder die „Emittentin“). Diese Mitteilung stellt weder eine Finanzanalyse in Bezug auf Finanzinstrumente, noch eine auf Finanzinstrumente bezogene Anlageberatung oder eine auf Finanzinstrumente bezogene Empfehlung und auch keine sonstige Beratung jedweder Art dar. Ein öffentliches prospektpflichtiges Angebot von Teilschuldverschreibungen der UBM erfolgt ausschließlich in Österreich, Deutschland und Luxemburg (das „Angebot“) an dort ansässige Anleger auf Grundlage eines gemäß Prospektverordnung erstellten Wertpapierprospekts, einschließlich allfälliger Nachträge und Ergänzungsblätter dazu (zusammen der „Prospekt“), der von der Österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde („FMA“) gebilligt, in der vorgesehenen Weise veröffentlicht und nach Deutschland und Luxemburg notifiziert wurde. Die Billigung des Prospekts durch die FMA ist nicht als Befürwortung der angebotenen Teilschuldverschreibungen zu verstehen. Der Prospekt wurde in elektronischer Form auf der Internetseite der Emittentin, unter www.ubm-development.com, Submenü „investor relations.“, Unterpunkt „anleihen.“, veröffentlicht und ist unter https://www. ubm-development.com/de/ubm-green-bond-2025/ in elektronischer Form abrufbar und einsehbar sowie am Sitz der Emittentin, Laaer-Berg-Straße 43, 1100 Wien, kostenlos erhältlich. Im Zusammenhang mit dem Angebot der Teilschuldverschreibungen sind ausschließlich die Angaben im Prospekt verbindlich, die Angaben dieser Werbemitteilung sind unverbindlich. Der 6,75% UBM Green Bond 2025-2030 wird in Übereinstimmung mit dem Green Finance Framework der Emittentin auf Grundlage der ICMA Green Bond Principles 2021 (samt Anhang 1 vom Juni 2022) begeben. Der Prospekt enthält auch die Bedingungen des Angebots zum Umtausch bestehender Teilschuldverschreibungen. Anleger sollten sich daher vor ihrer Anlageentscheidung mit dem Inhalt des Prospekts vertraut machen, insbesondere mit den Hinweisen auf Risiken, Steuern und Interessenkonflikte, um die potenziellen Risiken und Chancen der Investitionsentscheidung vollends zu verstehen und sich persönlich unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Vermögens- und Anlagesituation eingehend beraten lassen. Eine Veranlagung in Teilschuldverschreibungen unterliegt Risiken. Mit ESG-Ratings der Emittentin geht keine Credit-Rating-Einstufung der Emittentin oder der Teilschuldverschreibungen einher. Anleger tragen das Bonitätsrisiko der Emittentin. Im Insolvenz- und/oder Liquidationsfall der Emittentin können auf Zinsen und/oder Kapital zahlbare Beträge geringer sein; auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist in diesen Fällen möglich.

LeopoldQuartier
Wien

Finanzmarkt

08 Wolfgang Anzengruber

Der ehemalige VerbundCEO koordiniert Österreichs

Beitrag zum Wiederaufbau der Ukraine und bringt Unternehmen mit Projekten zusammen. Energie, Infrastruktur und Mut sind gefragt – denn wer sich jetzt engagiert, kann sich ein Stück vom Milliardenmarkt sichern. Ein Gespräch über Chancen, Risiken und Finanzierung

20 Pensionen Alt, arm, abhängig

28 Börsengang

Warum die WEB Windenergie AG bald aufs Wiener Börsenparkett treten könnte

32 M&A

Kulturschock bei der Übernahme

70 Trends 2026

Welche Innovationen die Welt von morgen formen

72 Interview

Eva-Maria Pusch über die Zukunft der Energie

84 Interview

Leonardo-CEO Roberto Cingolani über moderne Kriegsgeräte

87 Interview

Flix-CEO Andre

Schwämmlein fährt jetzt auch Bahn

93 Interview

Verhaltensökonom

Matthias Sutter erklärt, warum es in Zukunft auf Geduld ankommt

96 Porträt

Auf einen Cappuccino mit Illycaffe-Chefin Cristina Scocchia

100 Interview

Post-Chef Walter Oblin mag’s lieber informell

Rendite

34 Aktienmärkte

Die Wiener Börse im Chart-Vergleich

35 Portfolio

Die Asset-Allocation Kathrein Privatbank

36 Die Lautlosen

Wie Anleger von Cyberbedrohungen profitieren

38 1. Teil: Marktumfeld

40 2. Teil: Veranlagung

42 3. Teil: Interview

44 Börsenwetter

Entwicklung der Weltbörsen und Analystenstimmen

46 Kursdaten

Top-Performer: Aktien, Fonds, Anleihen, Rohstoffe, Krypto

48 Statistik

Börsen- und Wirtschaftsdaten

Branchen

Darüber spricht man in den Branchen: Köpfe, Deals, News, Trends und Events

50 Banken

52 Versicherungen

54 Fonds

56 Aktien

58 Immobilien

60 Berater

62 Recht

64 Private Markets

Eintrittskarte gelöst „Wir haben in der Ukraine ein gutes Image, auch wenn wir keine Waffen liefern“, sagt Wolfgang Anzengruber.

Seitenblicke

66 Ranking

Die 50 besten Finanzvorstände in Österreich

104 So denkt die Politik Was tun gegen Altersarmut?

107 Börsentalk

Wo sich die Finanzbranche trifft

113 Firmenindex/Impressum Auszüge von Unternehmen in dieser Ausgabe

114 Weltblick

Die Sicht der Korrespondenten

Meinungen

16 Andreas Treichl Europa muss in seine Souveränität investieren

17 Jochen Dickinger Lieber Staat, lass uns bitte in Ruhe!

17 Micaela Taroni Armer Pecorino: Käse-Krieg um US-Zölle

Ad-hoc

Editor’s Dinner

Spannend, wegweisend, nachdenklich machend und auf jeden Fall gesellig: Beim Börsianer Editor's Dinner im El Gaucho in Wien traf sich die Creme de la creme des österreichischen Kapital- und Finanzmarkts zum jährlichen Diskurs. Tischredner waren diesmal OeNB-Gouverneur Martin Kocher und Andreas Treichl, Aufsichtsratschef der Erste Stiftung.

Kommende Roadshows

Am 14. Oktober in Linz und am 11. November in Wien diskutieren wir die aktuellen Markttrends mit unseren Anlageexperten. Zu besprechen gibt es ja genug! Plus: Top-CEOs erzählen ihre Investmentstorys.

18 Peter Brezinschek Ziehharmonikaeffekt zwischen EZB- und FedZinspolitik

52 Kurt Weinberger Eine Frage der nationalen Sicherheit

56 Bettina Schragl Kenne deinen Privataktionär

58 Jan Kluge So bekämpft man Inflation nicht!

60 Peter Bartos Management-Top-Priorität KI

62 Albert Birkner Sparsamkeit ist eine Zier

64 Jan-Daniel Neuman Vom Heimatmarkt in die Welt

112 Martin Kwauka 7,3 statt 2,7 Prozent

Wolfgang Anzengruber

Der Matchmaker

In der Ukraine herrscht Aufbruchsstimmung, sagt Wolfgang Anzengruber, der die Koordination des Wiederaufbaus als Vertreter Österreichs übernommen hat. Er ist Ansprechpartner für Unternehmen, die genügend Mut haben, um in der Ukraine Geschäfte zu machen. Und da gibt es bereits einige. Projekte in Sachen Energie und Infrastruktur sind besonders gefragt. Doch wie kommt man an ein Stück des riesigen Kuchens heran?

Interview:

Ingrid Krawarik, Robert Winter

Fotos: Barbara Ster

PIONIER Der „Börsianer“ traf Wolfgang Anzengruber im Alois-Mock-Saal des Außenministeriums.

Vita

WOLFGANG ANZENGRUBER Koordinator für den Wiederaufbau in der Ukraine BMEIA

Der mittlerweile 69-Jährige hatte genug vom Däumchendrehen in der Pension. Seit 1. Mai 2025 ist er Österreichs Koordinator für den Wiederaufbau in der Ukraine und damit das Bindeglied zwischen Wirtschaftstreibenden und potenziellen Auftraggebern. „Ich mache das ohne Bezahlung“, sagt er begeistert von seiner Pioniertätigkeit. Von 2009 bis 2020 war er Vorstandsvorsitzender der Verbund AG.

SSeit fünf Jahren offiziell in Pension, ist Wolfgang Anzengruber, ehemals Verbund-CEO, derzeit Globetrotter. Um genau zu sein, führen ihn seine Reisen quer durch Europa und als Koordinator für den Wiederaufbau auch des Öfteren in die Ukraine. Dort versucht er nicht nur auf höherer Ebene Brücken zu bauen, sondern ist auch Matchmaker zwischen Österreichs Unternehmen und ukrainischen Auftraggebern. Und der Kuchen für potenzielle Geschäfte ist riesig. Die Chancen auch, sofern Wolfgang Anzengruber die Entscheidungsträger ausfindig machen kann. Das ist nicht immer so einfach. Die ganze Welt ist in der Ukraine, sagt er. Wie er sich in dem Gerangel um Aufträge zurechtfindet, wer das eigentlich zahlt und warum es bei der Finanzierung jetzt mehr Dynamik braucht, erklärt er im Gespräch mit der BörsianerChefredaktion, die ihn im Außenministerium am Minoritenplatz in Wien trifft.

Vom Verbund-CEO zum Koordinator für den Ukraine-Wiederaufbau: Das ist ein ordentlicher Quereinstieg. Was hat Sie daran gereizt? – Wolfgang Anzengruber: Das Thema Wiederaufbau. Wir haben Wirtschaftsbeziehungen zur Ukraine und sind der sechstgrößte Direktinvestor. Es ist naheliegend, dass das Land über kurz oder lang der Europäischen Union näherkommen wird. Wir können voneinander profitieren. Diese Pioniertätigkeit gibt mir persönlich sehr viel Energie.

Das letzte vergleichbare Projekt war der Marshallplan. – Genau. Aber da war ich noch nicht dabei (lacht)

Was bringen Sie für diese Aufgabe mit? –Mir hilft auf der einen Seite, dass ich die österreichische Wirtschaft und viele Proponenten gut kenne. Ich weiß, wie die Unternehmen ticken, was ihre Bedarfshaltung ist, was sie machen wollen und wie sie vorgehen. Ich bin kein Ukraine-Spezialist. In dem Bereich hilft mir sehr stark das Außenamt mit der Diplomatie. Aber auch die Wirtschafts-

QUEREINSTEIGER

Der ehemalige Verbund-Generaldirektor Wolfgang Anzengruber koordiniert seit Mai 2025 Österreichs Agenden beim Wiederaufbau in der Ukraine.

„Humanitäre Hilfe ist dieEintrittskarte“

kammer mit dem Wirtschaftsdelegierten vor Ort, unsere Botschaft und auch die Honorarkonsuln. Alle tragen dazu bei, die ukrainische Seite kennenzulernen. Es gilt herauszufinden, ob die Entscheidungen in der Zentralregierung getroffen werden oder in den Regionen und wer wirklich die Entscheidungsträger sind. Das ist nicht immer transparent.

Was nehmen Sie von Ihren Besuchen in der Ukraine als Koordinator mit? – Es herrscht Aufbruchsstimmung. Die wird hoffentlich bald von einem Frieden gekrönt. Das wäre das Wichtigste. Die Menschen dort haben eine unglaubliche Dynamik. Wir können uns das fast nicht vorstellen. Die Resilienz, mit solchen Schwierigkeiten umzugehen, das ist schon großartig.

Die Ukraine ist auch in der Digitalisierung sehr weit.

Österreich ist nicht das einzige Land, das sich um Geschäfte in der Ukraine bemüht. Wie stark ist die Konkurrenz? – Die ganze Welt tummelt sich in der Ukraine. Wie das abläuft, hat sich im Juli bei der Wiederaufbaukonferenz in Rom, bei der ich auch dabei war, gezeigt. Es waren rund 7.000 Leute dort. Die EU war dort, die G7-Staaten, dazu auch Länder wie die Schweiz oder Norwegen.

Das Gerangel um Aufträge soll groß sein. –Es gibt einen Wettbewerb der Staaten, es gibt aber auch einen Wettbewerb um die Bedingungen dahinter. Auch auf ukrainischer Seite. Da geht es ums Matchmaking und um die Frage, was der Bedarf ist, was wir können und wie wir unsere Kompetenz einsetzen.

Welche Unternehmen sind dort aktiv? – Die Inneo ist dabei, Palfinger, Waagner-Biro, aus der Versicherungswirtschaft die Wiener Städtische und Uniqa. Dass Banken wie Raiffeisen Bank International aktiv sind, ist auch bekannt, genauso wie die Agrana. Aktuell sind rund 1.000 österreichische Unternehmen in der Ukraine aktiv, 200 davon mit eigenen Niederlassungen, und beschäftigen bereits jetzt 25.000 ukrainische Mitarbeiter. Da sind wir nicht so schlecht. Frankreich beschäftigt, im Vergleich dazu, zum Beispiel 30.000 Ukrainer.

Wie funktioniert das? Geht man zu Ihnen und nimmt an einer Casting-Show teil? –Nein. Aber ich kann versuchen, den Bedarf, den ich von der ukrainischen Seite erfahre, darzustellen. Wir haben fünf Unternehmenscluster aufgestellt. Einer davon ist der Energiecluster, ein Riesenthema, weil die Infrastruktur täglich attackiert wird. Aber es geht jetzt nicht nur darum, das, was kaputt ist, wieder herzurichten. Sondern es geht auch um Investitionen in die Zukunft. Da müssen Lösungen gefunden werden. Das Strom-

»Es werden keine Almosengeschäfte getätigt. Es geht um Business.«
Wolfgang Anzengruber

netz der Ukraine soll Ende 2026 an das europäische Netz angeschlossen sein. Das bedeutet für uns viel. Ein zweiter Cluster, an dem wir arbeiten, ist der gesamte Infrastrukturbereich. Also Bahn, Straße, Schiff. Die Haupttransversalen sollen auf die europäische Spurweite umgestellt werden.

Das ist vernünftig. – Da gibt es zum Beispiel eine Voestalpine mit Eisenbahnschienen, Weichen und anderen Produkten. Aber auch Signaltechnik und Kommunikationstechnik sind wichtig. Plasser & Theurer offeriert Stopfmaschinen für die Schienenverlegung. Auch die Fluglinie Austrian Airlines hat Interesse, wieder in die Ukraine zu fliegen und Flugrechte zu bekommen. Es geht darum, interessierte Unternehmen zusammenzubringen und zu ermitteln, wie Projekte definiert sind und welchen

Beitrag österreichische Unternehmen leisten können. Der dritte Cluster ist die Bauwirtschaft. Es geht um Hochbau, um Tiefbau, um Brückenbau.

Ist es sinnvoll, etwas aufzubauen, was vielleicht tags darauf wieder zerbombt wird? –In der Ukraine ist die Binnenflucht groß. Viele flüchten vom Osten in den Westen des Landes. Der Westen muss also irgendwie schauen, wie er Wohnraum, Spitäler, Schulen, oder Schutzräume zur Verfügung stellen kann. Der vierte Cluster betrifft die Land- und Forstwirtschaft. Das ist ein großes Thema. Es geht um landwirtschaftliche Technik, um Forstwirtschaft oder um Holz. Die Ukraine ist sehr stark bei der landwirtschaftlichen Rohstoffproduktion, aber nicht so stark in der Lebensmittelproduktion. Da sind wir viel stärker. In der Forstwirtschaft können wir für Ausbildung und Know-how-Transfer sorgen. Wir haben ausgezeichnete Fachschulen im Bereich Landwirtschaft. Der fünfte Cluster ist die gesamte Finanz- und Versicherungswirtschaft. Unternehmen, die aus Österreich tätig werden, brauchen vor Ort Finanzinstitute und Versicherungsträger zur Abwicklung der Geschäfte. Da sind Raiffeisen Bank International, Wiener Städtische und Uniqa bereits tätig. Aber das ist aus meiner Sicht nur die Vorhut der Wirtschaft.

Gibt es je nach Region Prioritätenlisten? –Tendenziell findet zuerst mehr im Westen der Ukraine statt als im Osten. Es werden keine Almosengeschäfte getätigt. Es geht um Business. Unternehmen brauchen Finanzierungen. Aber sie brauchen auch die Garantien dahinter, weil das Risiko nach wie vor da ist. Der Risikozuschlag ist in der Ukraine hoch. Deshalb sind Institutionen nötig, die bereit sind, einen Teil des Risikos zu übernehmen.

Wie wichtig ist der humanitäre Bereich? –Das ist die Eintrittskarte. Ohne humanitäre Hilfe würde man an gewissen Platt-

formen gar nicht teilnehmen dürfen. Wichtig sind auch Städte-, Gemeindeoder Regionalpartnerschaften. Das Land Oberösterreich ist kürzlich eine Partnerschaft mit der Region Odessa eingegangen. Da kommt es zu bilateralen Verbindungen. Das zielt oft auf einen kleineren Bereich ab. Es geht um unterschiedliche Unterstützungen bis hin zu Feuerwehrautos. Das hilft auch uns. Das bereitet den Boden auf und stärkt die Vertrauensbasis. Zusätzlich wird ein Gesundheits-Cluster wichtig. Es geht dabei um Rehabilitation, um physisch und psychisch geschädigte Menschen. Da muss viel geschehen.

Gehen Sie auch aktiv auf Unternehmen zu, oder kommen die zu Ihnen? – Sowohl als auch. Viele kommen aus Interesse zu uns. Es entsteht auch etwas aus den Besuchen vor Ort. Der Energieminister, der Wirtschaftsminister oder andere Experten formulieren, was gebraucht wird. Das gilt auch für Gouverneure aus den Regionen. Ich versuche, die Beteiligten zusammenzubringen und ein Geschäft zu ermöglichen, ohne direkt daran teilzunehmen.

Wie hoch sind die Kosten für den gesamten Wiederaufbau? – Die Weltbank rechnet für die nächsten zehn Jahre mit 550 bis 600 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau in den derzeit nicht besetzten Gebieten der Ukraine. Leider steigt der Geldbedarf täglich an. Die Institutionen versuchen mit Instrumenten, die Privatinvestitionen anzuregen, weil der öffentliche Sektor alleine das nicht stemmen können.

Wie wird das finanziert? – Durch die Unternehmen, aber sie bekommen Garantien, etwa durch die OeKB. Für Investitionen in Projekte sind Finanzierungen nötig. Aber in einem Kriegsland ist das Risiko natürlich ungleich höher. Wir brauchen daher große Finanzierungstöpfe, um das hinzubringen, und die Sicherheiten dahinter. Das ist der wesentliche Aspekt.

EINFÄDLER Wolfgang Anzengruber hilft Unternehmen, an die Finanzierungstöpfe heranzukommen.

Hakt es denn daran? – An dem arbeiten wir.

Das ist sehr diplomatisch ausgedrückt. – Es gibt große Töpfe. Aber eine der wesentlichen Tätigkeiten besteht darin zu versuchen, den Unternehmen zu helfen, an diese Töpfe heranzukommen. Das ist oft komplex. Wenn man versucht, eine Finanzierung aufzutreiben, sieht man, wie mühsam das ist. Gerade für den österreichischen Mittelstand, der hat oft nicht die nötigen Zugänge.

Wer sind die wichtigsten Adressaten? – Adressaten sind etwa die EIB, EBRD, IFC, die Weltbank oder die Europäische Kommission. Es gibt große Fördertöpfe. Wir kommen für unterschiedliche Themen auf 50 bis 100 Milliarden Euro. Das wird in Summe nicht reichen. Aber für den

Start ist es gut. Wir sind jetzt dabei, Institutionen wie der EIB, der EBRD und anderen mit konkreten Themenbereichen zu begegnen und nach Lösungen zu fragen. Wir brauchen keine schönen Präsentationen, wir wollen es wirklich wissen. Es geht darum, Schwierigkeiten, Probleme und Hürden, denen Unternehmen ausgesetzt sind, dort zu adressieren, wo sie gelöst werden können. Ich selbst kann sie nicht lösen.

Wie geht Österreich damit um? – Österreich hat auf OeKB-Ebene grundsätzlich eine 500-Millionen-Fazilität für den öffentlichen Bereich. Dort wurde erst kürzlich das Deckungsvolumen von 90 auf 95 Prozent erhöht. Früher war bei Aufträgen seitens der Ukraine immer eine Staatsgarantie nötig. Nun steht die Ukraine vor der Herausforderung, Staatsgarantien zu

600

MILLIARDEN US-DOLLAR

kostet laut der Weltbank der Wiederaufbau in den derzeit nicht besetzten Gebieten der Ukraine für die nächsten zehn Jahre.

geben für etwas, das vielleicht wieder zerstört wird. Auch das wurde angepasst. Jetzt kann man sich mit einer Garantie einer ukrainischen Bank behelfen. Aber es gibt in Europa und in anderen Ländern unterschiedliche Zugänge. Wir sind bemüht, in diesem Bereich Wettbewerbsnachteile hintanzuhalten.

Gibt es einen Zeitplan? – Der Wiederaufbau ist kein Projekt für die nächsten fünf Jahre. Das ist ein Generationenprojekt. Wir befinden uns derzeit mit zwei Institutionen in der Vorbereitungsphase. Dabei handelt es sich um den IFC und die EIB. Wir werden in den nächsten Wochen in London und in Brüssel mit der EBRD, der Weltbank und der EU-Kommission reden. Ich habe dabei die Rolle des Katalysators. Das Ziel ist, dass österreichische Unternehmen wirklich am Wiederauf-

bau teilnehmen können. Es geht darum, Brückenbauer für unsere Unternehmen zu sein. Die Unternehmen wollen zwar, sagen aber: Wie tue ich jetzt? Da gibt es Fälle bei Unternehmen, die in Österreich ein Zahlungsziel von zwei Monaten haben. Bei Geschäften mit der Ukraine sind es aber zwei Jahre. Das muss finanziert werden. Wichtig ist, dass die Institutionen sehr kooperativ sind. Sie nehmen sich Zeit, sie setzen sich dazu, und wir versuchen Lösungen zu finden.

Ein Friede ist nach wie vor nicht greifbar, es gibt ein Gerangel um Aufträge, die Finanzierungen sind aber ungewiss. Wieso sind Sie so dahinter, dass jetzt etwas passiert? – Jetzt werden die Regeln geschrieben, jetzt werden die Claims besetzt. Zu warten, bis Friede herrscht, ist falsch. Dann wären wir zu spät dran. Und die anderen sind schon alle dort. Darum geht es. Es gibt die Ukraine Donor Plattform (UDP), bei der die wichtigsten Akteure beieinandersitzen. Dort werden im Wesentlichen die Regeln des Aufbaus geschrieben. Es geht um die Spezifikationen für Ausschreibungen. Projekte werden nicht unter der Hand vergeben. Deshalb müssen wir versuchen, unsere Interessen einzubringen, damit auch unsere Aspekte und unsere Industrie bei den Ausschreibungen eine Rolle spielen. Durch die Bemühungen aller Beteiligten ist es gelungen, dass Österreich vor wenigen Tagen der Beobachterstatus zuerkannt worden ist.

Warum ist diese Plattform so wichtig? –Die UDP gibt es seit Dezember 2022. Die Plattform wurde gegründet, um die Donatoren, also die Finanziers, zusammenzubringen und die Länder auf einer Unterstützungsplattform zu vereinen. Wir haben uns lange darum bemüht, da auch mit am Tisch zu sitzen. So erfahren wir, wie die Regeln des Wiederaufbaus geschrieben werden. Das ist wichtig.

Werden die Spielregeln bilateral mit der Ukraine gemacht? – Die Ukraine ist na-

BRÜCKENBAUER. Wolfgang Anzengruber wird von Ingrid Krawarik von der „Börsianer“-Chefredaktion tiefgehend befragt.

türlich dabei, klar. Die Ukraine hat Bedarf. Wir brauchen Regeln, um den Bedarf zu decken.

Das heißt, Österreich steht mit der ganzen Welt im Wettbewerb, vor allem mit Institutionen aus den USA oder aus Asien? – Mit allen. Das bestätigen meine ersten Eindrücke. Zum Beispiel sind die Japaner sehr aktiv. Sie legen wirklich ein großes Engagement an den Tag. Das gilt auch für die Schweiz und für Dänemark. Die USAmerikaner sind sehr stark im AdvisoryBereich engagiert und beraten die Ukraine. Manche Länder gehen mit sehr großen Kapazitäten ans Werk. Es geht um Lieferungen, um Projekte und um Rohstoffe. Allesamt Themen, die eine wichtige Rolle spielen. Wenn der Bedarf für den Wiederaufbau wirklich in der Größenordnung von 600 Milliarden US-Dol-

»Wir haben in der Ukraine ein gutes Image. Auch wenn wir keine Waffen liefern.«

Wolfgang Anzengruber

lar liegt, ist es ein Riesending, wenn es der österreichischen Volkswirtschaft gelingt, einige Prozent davon mit Leistungen abzudecken.

Was hat Österreich davon? – Unsere Unternehmen können Geschäfte machen, ganz einfach. Wir haben viele Kompetenzen, die dort notwendig sind. Im Energiebereich sind jetzt ungefähr 30 Firmen aus Österreich in dem betreffen-

den Cluster. Wir haben im Bereich der erneuerbaren Energie viel Kompetenz. Egal ob es um Wasser, Wind, Sonne oder um Netzwerke geht. Ein Erfolg wäre es, wenn die österreichische Wirtschaft von diesem Markt auch in weiterer Folge eine Belebung erfährt. Die Unternehmen wollen nicht einfach nur etwas liefern. Sie wollen in der Ukraine auch Niederlassungen gründen, sie wollen dort produzieren. Die Ukraine ist ein großer Markt.

Aber das kann derzeit nicht versichert sein, oder? – Ein Problem ist sicherlich die Versicherungsfrage. Schließlich handelt es sich um ein Land im Krieg. Man kann nicht einfach Menschen hinschicken. Sie fahren auf eigenes Risiko hin. Das ist auch ein Thema, an dem wir arbeiten. Derzeit macht jedes Land seine eigene Sache und versucht im eigenen Interesse, möglichst stark auch vor Ort vertreten zu sein. Wir wollen Ende Februar 2026 alle Koordinatoren der Europäischen Union nach Wien einladen. Der Kuchen ist so riesig. Wir sollten mehr kooperieren. Es wäre auch gut, wenn es einen EU-Koordinator gäbe.

Was nehmen Sie für sich persönlich aus der Aufgabe mit, die Sie übernommen haben? – Es ist ein emotionales Thema. Ich habe in Österreich spannende Jobs gehabt. Jetzt bin ich eigentlich in Pension. Da kann man wieder mal was machen für das Land, in dem ich meinen Wohlstand erarbeitet habe. Deshalb mache ich das ohne Bezahlung. Das Ende des Wiederaufbaus werde ich wahrscheinlich nicht erleben.

Was sind Ihre bislang besten Erfahrungen? – Sehr positiv ist, dass sich zeigt, wie engagiert österreichische Unternehmen sind. Wie sie dafür brennen und sagen, dass sie einen Beitrag leisten wollen. Positiv ist auch die Bereitschaft auf ukrainischer Seite, mit Österreich zusammenzukommen. Wir haben dort ein gutes Image. Auch wenn wir keine Waffen liefern. —

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EUROPA MUSS IN SEINE SOUVERÄNITÄT INVESTIEREN

EU­Kommission und Nationalstaaten arbeiten nicht zusammen. Deshalb fällt Europa konsequent zurück. Das beste Instrument für ein souveränes Europa ist ein gemeinsamer Kapitalmarkt, der privates Kapital aktiviert. Dänemark und die Niederlande zeigen vor, wie das mit guten Pensionskassen geht.

VOR KNAPP EINEM JAHR hat Mario Draghi einen sehr ehrgeizigen Plan für die Europäische Union vorgelegt: Mit 383 Vorschlägen wollte der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank die EU wettbewerbsfähiger machen. Er warnte, dass wir zurückfallen, wenn wir so weitermachen wie bisher. Doch wir haben weitergemacht wie bisher. Und wir sind konsequent weiter zurückgefallen.

Es liegt nicht an der neuen Kommission, dass die EU ihren Binnenmarkt nicht fertig baut, obwohl sein aktueller Zustand die europäische Wirtschaft nachweislich bremst. Sie beauftragt italienische Ministerpräsidenten und legt viele gute Pläne vor. Es liegt auch nicht an den Nationalstaaten, die unterdessen mit sehr vielen Problemen gleichzeitig zu kämpfen haben, von der Inflation über Energie- und Sicherheitsfragen bis hin zu Budgetproblemen. Dass nichts weitergeht, liegt vor allem daran, dass die Nationalstaaten und die EU-Kommission nicht wirklich zusammenarbeiten. Nationale Interessen wiegen fast immer mehr als das, was für ganz Europa das Beste wäre.

Ich bin also nicht sonderlich überrascht, dass Draghis Plan nicht sofort zu einem Reformschub geführt hat. Vielleicht aber schafft es Donald Trump. Er hat auch unter Europas Politikern noch seine Fans, aber sie werden etwa mit Blick auf die Schweiz und ihren USZöllen bemerken: 27 Zwerge können sich gemeinsam besser gegen Trumps Willkür wehren als jeder für sich allein.

Damit Europa sein einzigartiges Modell von persönlicher Freiheit, Wohlstand, Sicherheit und sozialer Solidarität in die Zukunft führen kann, muss es zusammenhalten und in seine

»Vielleicht schafft es Donald Trump. Er hat auch unter Europas Politikern noch seine Fans.«

VitaAndreas Treichl Vorsitzender des Aufsichtsrats Erste Stiftung

Der 73-Jährige war von 1997 bis 2019 CEO der Erste Group Bank AG und prägte deren Aufstieg zu einer der führenden Banken in Mittel- und Osteuropa. Seit 2020 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrats der Erste Stiftung, die sich für sozialen Zusammenhalt, Demokratie und europäische Integration engagiert. Zuletzt war er Präsident des Europäischen Forums Alpbach, das er erfolgreich neu ausrichtete.

Souveränität investieren: in seine Sicherheit, in die Transformation seines Energiesystems und in seine Wettbewerbsfähigkeit. Das beste Instrument dafür ist ein gemeinsamer Kapitalmarkt, der privates Kapital aktiviert. In europäischen Bankkonten, Stiftungen und Unternehmen ruhen hunderte Milliarden Euro ungenutzt, weil sie gespart und verwaltet, aber nicht investiert werden. Das führt zu einem Wohlstandsverlust und limitiert gleichzeitig die Wachstumschancen. Ein unterschätzter Hebel dafür, sowohl den Wohlstand zu sichern als auch einen europäischen Kapitalmarkt aufzubauen, ist die betriebliche Altersvorsorge. In Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden zeigen gute Pensionskassen vor, wie sie ein sicheres Vermögen für ihre Beitragszahler aufbauen. In Österreich hat aktuell nur ein Viertel der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Firmenpension. Dass die aktuelle Regierung das ändern will, ist sehr zu begrüßen. Durch eine starke zweite Säule für alle sichern wir nicht nur die Pensionen ab, sondern lernen vielleicht auch, dass Investieren nicht automatisch Spekulieren bedeutet. Dann wächst auch das Vertrauen in den Kapitalmarkt, den Europa so dringend bräuchte.

Die Voraussetzung dafür aber ist, dass unsere Demokratien stark und stabil sind. Autokraten scheren sich in der Regel nicht viel darum, wem das von Pensionskassen oder in Nationalfonds aufgebaute Vermögen zusteht. Damit Europa nicht weiter zurückfällt, braucht es einen gemeinsamen Kapitalmarkt und stabile Demokratien, die bereit sind, endlich wirklich zusammenzuarbeiten. Mario Draghi hat recht: Wir können nicht weitermachen wie bisher.

Kommentar

KÄSE-KRIEG

UM US-ZÖLLE

PARMIGIANO ATMET AUF, Pecorino unter Druck. Die neue Einheitszollpolitik der USA lässt die italienische Käsebranche aufhorchen - und die Produzenten des Pecorino Romano zittern: Durch die Vereinheitlichung der Zölle auf 15 Prozent für alle Käsesorten entstehen für den italienischen Käseexport zusätzliche Kosten von rund 27 Millionen Euro jährlich, davon allein 25 Millionen für den Pecorino – jenen kräftigen Hartkäse, der für Klassiker der italienischen Gastronomie wie Carbonara oder Cacio e pepe unverzichtbar ist.

Noch vor wenigen Monaten war Pecorino Romano zollfrei in den USA. Während Frischkäse wie Mozzarella mit zehn Prozent und gereifte Sorten wie Parmigiano Reggiano mit 15 Prozent besteuert wurden, durfte Pecorino zollfrei in die USA reisen. Seit August ist Schluss mit dem Käsebonus: Alle Sorten unterliegen nun einem 15-Prozent-Einheitszoll. Was für Parmigiano eine leichte Entlastung bringt, wird für den Pecorino zur finanziellen Käseschmelze. Besonders, weil ein Drittel seiner Jahresproduktion direkt in die USA exportiert wird – und das in einer Menge von rund 12.000 Tonnen jährlich, was ihn zum beliebtesten italienischen Käse auf dem US-Markt macht.

Doch nicht nur der neue Zollsatz selbst sorgt für Kopfschmerzen in Italien: Die ständigen Änderungen und Ankündigungen aus Washington haben die Käseexporte zwischen April und Juni um 18 Prozent einbrechen lassen, berichtet Massimo Forino, Direktor des Branchenverbands Assolatte. Und das in einem Markt, der jährlich Käse im Wert von 500 Millionen Euro in die USA liefert – dem wichtigsten Ziel außerhalb der EU. Die Angst der Produzenten: In amerikanischen Supermärkten könnten bald billigere Imitate den echten Pecorino verdrängen. In einer Branche, die 26,6 Milliarden Euro schwer ist und als Flaggschiff der italienischen Lebensmittelindustrie gilt, wäre das ein herber Schlag. —

»Was für den Parmigiano Entlastung bringt, ist für den Pecorino finanzielle Käseschmelze.«

MANIPULIERTE MÄRKTE

WIR STEHEN AM ENDE eines geldpolitischen Zyklus, der nur ein Ziel hatte: das Unvermeidliche hinauszuzögern. Seit Jahrzehnten manipulieren Zentralbanken Zinsen, Märkte und letztlich unser aller Lebensrealität. Die Politik der billigen Liquidität war kein Rettungsanker – sie war der erste Nagel im Sargdeckel der Marktwirtschaft. Der Nullzins hat nicht nur das Sparen entwertet, sondern die kapitalistische Ordnung pervertiert. Unternehmen überleben nicht mehr durch Innovation oder Produktivität, sondern durch Nähe zu Fördermitteln, billige Kredite und politische Protektion. Der freie Markt, einst Garant von Wohlstand, wurde durch ein System ersetzt, das Insolvenzen als politisches Versagen behandelt.

Die EZB, längst zum politischen Werkzeug degeneriert, hat mit ihrer expansiven Geldpolitik eine gigantische Fehlallokation von Kapital verursacht. Zombieunternehmen vegetieren dahin, Immobilienpreise explodieren, während der Mittelstand unter Steuern und Inflation zerrieben wird. Die Realwirtschaft wird stranguliert – und die politische Antwort? Mehr Regulierung, mehr Subventionen, mehr Staat. Das System kollabiert nicht wegen „zu wenig Staat“, sondern wegen zu viel davon. Ein echter Markt reinigt sich selbst – aber man hat ihn seiner Werkzeuge beraubt. Eine Gesellschaft, die wirtschaftliches Scheitern tabuisiert, verlernt das Prinzip der Verantwortung. Und wer Eigenverantwortung abschafft, schafft Freiheit ab.

Was kommt, ist kein plötzlicher Zusammenbruch, sondern ein schleichender Prozess – Entwertung des Geldes, Entrechtung der Bürger, Erstickung der Innovation. Es sei denn, wir kehren um: zurück zu einer soliden Geldpolitik, zu Eigentum, Leistung und einem Staat, der schützt statt lenkt.

Vita

Taroni Italien-Korrespondentin Börsianer“

Seit heuer liefert die Italienerin exklusive Interviews mit Wirtschaftsgrößen für den „Börsianer . Sie ist zudem auch u. a. Korrespondentin für die Austria Presse Agentur.

»Die EZB ist längst zum politischen Werkzeug generiert.«

Vita

Jochen Dickinger Privatinvestor und Aufsichtsrat Athos Immobilien AG

Der bodenständige Gründer eines börsennotierten Wettanbieters nennt die Teilnahme am New York Marathon seinen größten Karriereerfolg. Seine Leidenschaft gehört der Börse, Twitter und Griechenland.

ZIEHHARMONIKAEFFEKT ZWISCHEN ZINSPOLITIK EZB UND FED

Während also die Eurozone ihren Zinstrend so gut wie abgeschlossen hat, beginnt in den USA die Zinsannäherung an Europa. Der US­Dollar bleibt daher auf der schwächeren Seite.

SEIT DONALD TRUMP als US-Präsident die globalen Wirtschaftsregeln neu schreibt, haben die Konjunktur- und Inflationsaussichten deutlich an Konturen verloren. Und er greift die Unabhängigkeit der US-Notenbank an. Trotzdem darf man die erste Zinssenkung der Federal Reserve in diesem Jahr nicht als Einknicken von Fed-Chef Jerome Powell interpretieren. Er hat die Inflationsentwicklung abgewartet. Doch die Fed hat auch das Ziel möglichst hoher Beschäftigung. Da der Arbeitsmarkt schwächelt, dürfte in den USA der Zinssenkungstrend bis zum ersten Halbjahr 2026 anhalten.

In der Eurozone deuten die Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2026 auf leichte Erholung hin. Zwar bleiben die strukturellen Probleme der industriellen Transformation mit dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und überbordender Bürokratie bestehen, aber die hohen Fiskalprogramme in Verteidigung und Infrastruktur geben einen vorübergehenden Schub. Die expansive Fiskalpolitik mit weiterhin steigenden Schuldenständen und anhaltend hohen Budgetdefiziten hat den Zinssenkungsspielraum der Europäischen Zentralbank EZB spürbar reduziert. Dazu kommt, dass sich die Inflationsrate noch immer leicht über dem Zielwert von zwei Prozent hält. Die Kernrate – also die Teuerung ohne Energie, Nahrungsmittel und Tabak – befindet sich mit 2,3 Prozent hartnäckig darüber. Und ohne Energie, die derzeit zwei Prozent unter dem Vorjahr die Gesamtrate nach unten drückt, wäre der Anstieg der Verbraucherpreise sogar 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Da die EZB traditionell die Energie- und Nahrungsmittelpreise als von ihr nicht beeinflussbar zumeist ignoriert und daher der Kern-

»Die überbordenden Budgetdefizite bedeuten hohe Kapitalnachfrage am Anleihemarkt.«

Peter Brezinschek Chefvolkswirt „Börsianer“

Der renommierte Kapitalmarktexperte (67), der eigentlich Meteorologe werden wollte, zählt seit vier Jahrzehnten zu den gefragtesten Börsen- und Finanzexperten des Landes. Seine Schwerpunktinteressen sind die Ordnungs- und Wirtschaftspolitik im Zusammenhang mit Klimaschutz, Konjunktur sowie Geld- und Fiskalpolitik. Bis Jahresende 2022 war er Chefanalyst von Raiffeisen Research.

rate hohes Augenmerk schenkt, dürfte der Leitzinssenkungstrend ziemlich ausgeschöpft sein. Nach achtmaligen Leitzinsabsenkungen hat die EZB sowohl im Juli wie im September die Wartetaste gedrückt. Und Zuwarten dürfte in absehbarer Zeit auch die Mehrheit im EZBRat präferieren. Grund dafür sind die nach wie vor hohen Steigerungsraten bei den Dienstleistungspreisen von über drei Prozent, die durch hohe Lohnabschlüsse und ausbleibendes Produktivitätswachstum befeuert werden. Der Drei-Monats-Euribor pendelt sich jetzt minimal über der Zwei-Prozent-Marke ein, der Zwölf-Monats-Euribor bei 2,16 Prozent. Während die Geldmarktsätze ihr Abwärtspotenzial vorläufig erreicht haben, tendieren die Kapitalmarktzinsen seit einem Jahr sogar leicht nach oben. Dabei haben die Swap-Sätze nur geringfügig zugelegt, während die Staatsanleiherenditen doch um 20 bis 30 Basispunkte über dem Sommer 2024 liegen. Der Grund ist einfach: Die überbordenden Budgetdefizite mit ihren Sonderfinanzierungsrahmen bei Verteidigung und Infrastruktur bedeuten hohe Kapitalnachfrage am Anleihemarkt. Da dies auch für die Benchmark Deutschland gilt, ist dies auch für alle anderen Euroländer, so auch Österreich, maßgeblich. Somit dürfte sich die Benchmarkrendite für zehnjährige Bundanleihen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zwischen 2,5 und 3,0 Prozent bewegen, österreichische Renditen etwa 30 bis 40 Basispunkte höher. Bei den zehnjährigen Swap-Sätzen ist das Zinsniveau mit 2,69 Prozent aktuell fast dem deutschen Bund entsprechend. Eine Parallelbewegung ist daher künftig plausibel. Ein akuter Sonderfall, der zum Störenfried für die Eurozone werden könnte, ist jedoch Frankreich.

35 Jahre an der Wiener Börse: UNIQA SETZT WEITER AUF WACHSTUM UND VERTRAUEN

UNIQA feiert ein bedeutendes

Jubiläum: Seit 35 Jahren ist die Unternehmensgruppe über ihre Vorgängergesellschaft an der Wiener Börse notiert – ein Meilenstein, der nicht nur Rückblick, sondern auch Ausblick ist.

Bereits 1990 stand bei der Emission der ersten Vorzugsaktien eines im Mittelpunkt: die Öffnung zum Kapitalmarkt mit dem Ziel, Wachstum zu finanzieren und Vertrauen zu schaffen.

Strategischer Einstieg in den Kapitalmarkt Als erstes Versicherungsunternehmen Österreichs nutzte die nachmalige UNIQA schon 1987 Partizipationsscheine zur Kapitalaufnahme. 1990 folgte die Ausgabe von Vorzugsaktien im Wert von 72,5 Millionen Schilling. Der Schritt war zukunftsweisend: Investor:innen gewannen Zugang, während strategische Wachstumspläne in Osteuropa Realität wurden.

„Das Erreichte ist ein Auftrag. Vor 35 Jahren sind wir an die Börse gegangen, um unsere Eigenkapitalbasis zu stärken und unser Wachstum in Osteuropa zu finanzieren. Der Erfolg gibt uns recht: Österreich wie auch die internationalen Märkte bieten großartige Chancen mit vielversprechendem Ausblick. Doch das Erreichte ist für uns nicht nur ein Meilenstein – es ist zugleich ein Auftrag, auch in den nächsten 35 Jahren und darüber hinaus an der Börse erfolgreich zu sein: mit Mut, Optimismus und Kraft.“

Kurt Svoboda

CFO und CRO UNIQA Insurance Group AG

Kapitalmarkt als Wachstumstreiber Besondere Aufmerksamkeit erlangte die UNIQA Aktie ab Mitte der 2000er-Jahre im Zuge der Osteuropa-Dynamik. Analyst:innen entdeckten das Potenzial, das sich später auch im Re-IPO 2013 manifestierte: Mit einer Kapitalerhöhung von 757 Millionen Euro stieg der Streubesitz auf über 35 Prozent. Damit wurde UNIQA endgültig zu einem fixen Bestandteil des österreichischen Kapitalmarkts – und ein verlässlicher Dividendentitel im ATX.

Wachstum mit Strategie und Verantwortung Doch der Börsengang war nie Selbstzweck. Er war und ist Teil eines kulturellen Wandels: „Wir stellen uns dem globalen Wettbewerb um Vertrauen“, sagt CFO Kurt Svoboda. Mit der Strategie „UNIQA 3.0 – Growing Impact“ setzt das Unternehmen bis 2028 auf nachhaltiges Wachstum: fünf Prozent Prämienplus, mindestens sechs Prozent Gewinn pro Aktie jährlich. Der Kapitalmarkt reagiert positiv –und die Geschichte von UNIQA an der Börse ist noch lange nicht zu Ende.

www.uniqagroup.com

ALTERSARMUT Pension und Altersarmut“ ist auch ein Geschlechterthema. Rund 273.000 ältere Menschen gelten hierzulande laut der Diakonie Österreich als einkommensarm. Sie verfügen als Einpersonenhaushalt über weniger als 1.660 Euro brutto im Monat.

Interview

Michael Jørgensen Chefanalyst

Dänische ATP

ALLE PROFITIEREN VOM SYSTEM

Interview: Daniel Nutz

Dänemarks betriebliche Pensionssäule (ATP) ist mit einer Abdeckung von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung ein Vorreiter. Der Börsianer fragte bei Chefanalyst Michael Jørgensen nach, was sich Länder wie Österreich dabei abschauen können.

Wie gelang es den dänischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und Politikern 1987, einen umfassenden Kompromiss zum Ausbau der betrieblichen Vorsorge zu erzielen? – Die sogenannte Gemeinsame Erklärung von 1987 war möglich, weil alle Seiten etwas davon hatten: Die Gewerkschaften sicherten den Arbeitnehmern Renten, die Arbeitgeber erzielten Lohnzurückhaltung und Wettbewerbsfähigkeit, und die Regierung steigerte die Ersparnisse, um Defizite abzubauen. Auch wenn ihre Motive unterschiedlich waren, profitierten alle von höheren Renteneinzahlungen. Ein entscheidender Faktor war das Timing – ihre Interessen deckten sich zu diesem Zeitpunkt.

Das dänische Rentensystem wird regelmäßig zu den besten der Welt gekürt. Kön­

Österreich zahlt hohe Pensionen bei frühem Ruhestand – doch das System kommt zunehmend unter Druck.

Wie es gehen könnte, zeigt Dänemark.

Dort wurde sehr früh die zweite Säule gestärkt, mit einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung.

KKaum ein Thema ist so von argumentativen Nebelgranaten durchzogen wie das der Pensionen. Sind die Pensionen sicher? Ja, klar! Das System sei langfristig stabil – insbesondere durch hohe Erwerbsquoten und gute Lohnentwicklung –, sagt die Arbeiterkammer. Faktisch beziehen Österreicherinnen und Österreicher bei einem im internationalen Vergleich niedrigen Pensionsantrittsalter von 60,2 Jahren bei Frauen und 62,3 Jahren bei Männern mit durchschnittlich 1.594 Euro brutto bei Frauen und 2.321 brutto bei Männern* im internationalen Vergleich eine relativ hohe staatliche Pension. Das zeigen auch die Netto-Ersatzraten, wo Österreichs Pensionisten relativ nahe ans letzte Gehalt kommen (siehe Grafik rechts).

Steuern erhalten Pensionssystem

Nur hält das System auch in Zukunft? Johannes Berger, Pensionsexperte des arbeitgebernahen Instituts Eco Austria, sieht einige Herausforderungen. „Durch die im internationalen Vergleich hohen Pensionen und das geringe Pensionsantrittsalter zählt Österreich – trotz recht junger Altersstruktur – zu den Ländern mit den höchsten öffentlichen Pensionsausgaben. Das resultiert wiederum in einer hohen Abgabenbelastung.“ Dazu komme, dass der demografischen Entwicklung zu wenig Rechnung getra-

gen werde. Der Altersabhängigkeitsquotient – das Verhältnis von Menschen über 65 Jahren zu jenen im erwerbsfähigen Alter – steigt rapid. Laut der Statistik Austria wird er von 32 Prozent im Jahr 2023 bis 2035 auf knapp 46 Prozent und bis 2060 auf über 55 Prozent anwachsen. Die Kopplung des Pensionsantrittsalters an die steigende Lebenserwartung wäre ein logischer Schritt – dafür braucht es keine kühne Mathematik. Während etwa Dänemark das Antrittsalter für alle nach 1970 Geborenen bereits stufenweise auf 70 Jahre erhöht und regelmäßig weiter evaluiert, verharrt Österreich auf der Diskussionsebene. Fiskalratspräsident Christoph Badelt plädiert für eine sozial verträgliche Anhebung auf 67 Jahre. Der ehemalige Neos-Parlamentarier Gerald Loacker ergänzt: „Wenn ein Dachdecker nicht jenseits der 65 arbeiten kann, wird es eine Lösung geben. Aber das kann ja nicht der Grund sein, dass wir alle mit 65 in Rente gehen.“

Kein Glaube an die Rente

Weil die Einnahmen der Pensionsversicherung nicht ausreichen, sind im Bundesbudget für 2025 ein Bundesbeitrag von 18 Milliarden Euro und Überweisungen für Ausgleichszulagen von 1,3 Milliarden budgetiert. Dabei sind die Beamtenpensionen nicht einmal veran-

Text: Daniel Nutz

WIE HOCH IST DIE STAATLICHE PENSION

IM VERGLEICH ZUM LETZTEN EINKOMMEN?

(jeweils netto, Quelle: OECD)

DEU

OECD

DNK

AUT

55,25 Prozent

61,37 Prozent

77,33 Prozent

87,37 Prozent

schlagt. Der Ageing Report der EU-Kommission sowie der österreichische Fiskalrat kommen übereinstimmend auf altersabhängige Ausgaben der öffentlichen Hand von 15 Prozent des BIPs im Jahr 2035. Im internationalen Vergleich ist das ein hoher Anteil. Und trotzdem oder gerade deswegen: Dass der Lebensstandard allein durch die staatliche Pension zu halten ist, glauben gemäß einer Umfrage von Unique Research nur 38 Prozent der 30-Jährigen. 58 Prozent misstrauen dem staatlichen Pensionssystem prinzipiell.

Arme Frauen

Pension und Altersarmut ist auch ein Geschlechterthema. Rund 273.000 ältere Menschen in Österreich gelten laut der Diakonie Österreich als einkommensarm, verfügen als Einpersonenhaushalt über weniger als 1.660 Euro brutto im Monat. Frauen, besonders alleinstehende, sind davon überproportional betroffen. Die Hauptgründe dafür sind neben fehlenden Ersparnissen oder Erbschaften geringe Pensionsbeitragszeiten, bedingt durch viel Teilzeitarbeit, unbezahlte Care-Arbeit und Kindererziehung, die trotz gesellschaftlicher Fortschritte noch immer überwiegend Frauen leisten. Politisch wurde das Thema Kinderbetreuung in Österreich lange vernachlässigt. Laut der Eurostat weist

Österreich mit 35,6 Prozent die drittgrößte Pensionskluft zwischen den Geschlechtern auf – hinter Malta und den Niederlanden. Einige Lösungsverschläge zum Thema Einkommensarmut finden sich in der Börsianer-Politik-Umfrage auf Seite 104.

Was also tun, damit Menschen im Alter mit ihrem Einkommen auskommen? Länger arbeiten, mehr einzahlen? Studien wie der jährlich erscheinende Mercer Global Pension Index oder eine Analyse von Eco Austria von 2024 zeigen: Diversifizierte Pensionssysteme schneiden in Sachen Zukunftssicherheit besser ab als solche, die fast ausschließlich auf das staatliche Umlageverfahren setzen. Als Best Practice gilt etwa Schweden, wo ein kleiner Teil von rund 2,5 Prozent des Bruttogehalts am Kapitalmarkt investiert wird, sowie die Niederlande und Dänemark, wo die zweite Säule der betrieblichen Vorsorge stark ausgeprägt ist. Systeme, denen auch Finanzminister Markus Marterbauer im Juni-Interview mit dem Börsianer etwas abgewinnen kann. Auf Anfrage des Börsianer zeigen sich auch die zuständigen Parlamentarier der Regierungsparteien offen für Schritte in diese Richtung, ohne allerdings konkret zu werden. Laut dem Börsianer vorliegenden Informationen laufen derzeit Vorgespräche unterschiedlicher Stakeholder. Im Regierungspro-

nen andere Länder aus den Erfahrungen der ATP lernen? – Dänemark schneidet im Mercer-Index aufgrund eines starken öffentlichen Sicherheitsnetzes, umfassender obligatorischer Sparpläne durch ATP und Arbeitsmarktprogramme, niedriger Kosten und hohen Vertrauens sehr gut ab. Andere Länder können das dänische Modell möglicherweise nicht vollständig kopieren, da es von vielen historischen Faktoren abhängt, aber sie können von seinem mehrsäuligen Mix, der obligatorischen Absicherung und dem Fokus auf Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität lernen. ATP investiert weltweit rund 100 Milliarden Euro und verspricht gleichzeitig eine Kapitalgarantie. Jährlich machen Sie um die 4,5 Prozent.

Wie? – Wir verfolgen eine Aufteilung der Beiträge: Der Großteil von 80 Prozent wird über Staatsanleihen in ein Absicherungsportfolio investiert, während 20 Prozent weltweit mit höherem Risiko angelegt werden, um die Kaufkraft zu erhalten. Dank dieser Struktur gehen die Mitglieder kein Risiko hinsichtlich ihrer Garantien ein und profitieren dennoch vom Wachstum, wenn sich Märkte positiv entwickeln.

Angesichts steigender Lebenserwartung, früherer selbstfinanzierter Pensionierungen und Debatten über Generationengerechtigkeit – wie sieht die Zukunft des dänischen Modells aus? – Gut! Weil wir rechtzeitig die notwendigen Reformen durchgeführt haben, um das System langfristig zu sichern. Das System befindet sich noch in der Reifephase: Die Arbeitsmarktprogramme werden jedes Jahr ausgeweitet, und immer mehr normale Bürger werden im Ruhestand über ein beträchtliches Einkommen verfügen. Gleichzeitig wird die Besteuerung von Renteneinkünften bis zur Auszahlung aufgeschoben. Das bedeutet, dass das System auch gesunde öffentliche Finanzen unterstützt, da Rentner sozusagen ihre eigenen Steuerzahlungen mitbringen. Wenn der öffentliche Sektor aufgrund einer im Verhältnis zur Erwerbsbevölkerung großen Rentnerpopulation mit hohen Ausgaben konfrontiert ist, stehen auch Steuereinnahmen zur Finanzierung der Altenpflege, von Krankenhäusern und anderen Dienstleistungen zur Verfügung.

„UNSER ANSPRUCH an uns selbst ist es, mehr zu sein als eine Bank.“
Michael Höllerer

Raiffeisen­Holding und Raiffeisenlandesbank NÖ­Wien Generaldirektor Michael Höllerer treibt die Entwicklung innovativer Lösungen mit Mehrwert für Kundinnen und Kunden voran.

G„WIR ENTWICKELN LÖSUNGEN, DIE DEN

MENSCHEN NUTZEN!“

Die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien setzt in ihrer bedeutendsten Beteiligung, der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, auf absolute Kundenzentrierung. Ziel ist es, mehr als eine Bank zu sein: nämlich eine verlässliche Partnerin im Alltag. Im Mittelpunkt steht die Begleitung der Kundinnen und Kunden – mit individuellen Lösungen, die ihre Bedürfnisse erfüllen und den Alltag erleichtern.

eopolitische Herausforderungen, eine schwache Konjunktur sowie steigende Kosten setzen die Menschen zunehmend unter Druck. Sich unter diesen Rahmenbedingungen etwas aufzubauen, fällt vielen – insbesondere jungen Familien – schwer. Auch die Lage der österreichischen Wirtschaft ist angespannt: Unternehmen müssen aktuell – in Zeiten der Transformation – den Balanceakt zwischen Digitalisierung, ESG, Kundenerwartungen und strukturellen Problemen schaffen.

Generaldirektor Michael Höllerer, Raiffeisen NÖ­Wien, ist überzeugt, dass im Ban­

RAIFFEISEN NÖ-WIEN IM PORTRAIT

Die Raiffeisenlandesbank NiederösterreichWien (RLB NÖ­Wien) ist eine moderne Regional­ und Universalbank und das Spitzeninstitut der niederösterreichischen Raiffeisenbanken. Während sie sich als „Raiffeisen Wien. Meine Stadtbank“ vor allem auf die Bundeshauptstadt konzentriert, sind die lokal tätigen selbstständigen Raiffeisenbanken Marktführer in Niederösterreich. Zusammen betreuen sie über 1,25 Millionen Kundinnen und Kunden.

Die RLB NÖ­Wien verfolgt die Strategie der „absoluten Kundenzentrierung in jeder Entscheidung“. Sie unterstützt Unternehmen aktiv bei deren nachhaltiger Transformation –hier richtet sich der Fokus vor allem auf den Mittelstand. Im Privatkundengeschäft setzt die RLB NÖ­Wien auf innovative Lösungen: Über die Mein ELBA­App ermöglicht die

kengeschäft die absolute Kundenzentrierung im Mittelpunkt stehen muss: „Am Ende des Tages geht es immer darum, Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden zu ermöglichen und den Menschen als verlässlicher Partner zur Seite zu stehen.“

Im Fokus: Innovationen mit Mehrwert Raiffeisen NÖ­Wien verfolgt eine klare Vorwärtsstrategie. „Unser Anspruch an uns selbst ist es, mehr zu sein als eine Bank. Was ich damit meine ist, unkomplizierte und verständliche Lösungen für die Menschen zu bieten, und zwar über das Bankgeschäft hinaus. Energie und Gesundheit sind zwei Themen,

RLB NÖ­Wien ihren Kund:innen den unkomplizierten Zugang zur Bitpanda­Welt. Diese Innovation wurde als erste Universalbank in der EU gemeinsam mit Bitpanda umgesetzt. Mit „Raiffeisen JUNIOR“ bietet die RLB NÖWien als erstes traditionelles Kreditinstitut in Österreich eine Banking­App für Kinder und Jugendliche und leistet damit einen Beitrag zur Financial Education.

die bei uns ganz oben stehen und wo wir mit starken Partnern gut unterwegs sind“, so Höllerer: „Unser Engagement ist hier nicht zuletzt auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung.“

So hat Raiffeisen NÖ­Wien etwa mit dem grünen Stromtarif Auri eine ökonomische und ökologische Lösung für Privatkunden und KMUs entwickelt. Einen Beitrag zur Energiewende und Energieversorgung leistet Raiffeisen NÖ­Wien auch mit der Beteiligung an Enlion. Das gemeinsame Ziel: die Energieversorgung in die Hände der Regionen zu legen, und zwar erneuerbar, vernetzt und wirtschaftlich.

Als größte Aktionärin der Raiffeisen Bank International (RBI) ist die RLB NÖ­Wien zudem ein wesentlicher Teil der Raiffeisen Bankengruppe Österreich.

Zusätzlich hält sie Beteiligungen an Unternehmen, die banknahe Dienstleistungen anbieten, wie z.B. am Versicherungsmakler „Aktuell“, und ist Hauptinvestor bei innovativen Beyond Banking­Lösungen wie z.B. dem Ökostromtarif Auri.

Die RLB NÖ­Wien ist ein Tochterunternehmen der Raiffeisen­Holding NÖ­Wien, eine der größten privaten Beteiligungsholdings in Österreich. Deren Fokus liegt auf Beteiligungen in den Geschäftsfeldern Bank, Nahrungs­ & Genussmittel, Medien, Infrastruktur sowie auf neuen Investitionen in Gesundheit, Energie und Unternehmertum & Regionale Verantwortung. Sie arbeitet an der Schaffung von Mehrwerten für ihre Mitglieder und gestaltet gemeinsam mit den Menschen die Zukunft der Region.

„Es geht uns immer um Lösungen, mit denen die Kundenbedürfnisse optimal abgeholt werden. Sei es der private Mittelstand, der unternehmerische mit den KMUs, oder unsere Kommerzkunden.“

Im Gesundheitsbereich setzt die Raiffeisen-Holding NÖWien mit einer Beteiligung an Mavie Next, dem innovativen Gesundheitsanbieter der UNIQA Insurance Group, auf Modelle jenseits der klassischen staatlichen Versorgung – mit Fokus auf 24-Stunden-Betreuung und betrieblicher Gesundheitsvorsorge.

Auch in der Kundenbindung werden 2025 neue Wege bestritten, zum Beispiel mit einer Kooperation mit dem Jö-Bonusclub des REWE-Konzerns. Diese exklusive Partnerscha bietet Kundinnen und Kunden spürbare Vorteile im Alltag. Attraktive Angebote und Ersparnisse bei täglichen Einkäufen machen Banking so unmittelbar nutzbar. Das Ziel: Kundenvorteile und finanzielle Entlastung dort zu schaffen, wo sie am meisten wirkt. Über die ELBA-APP, das Raiffeisen Online-Banking, können Kundinnen und Kunden einfach, digital und transparent durch Verknüpfung mit Kontoangeboten Ös sammeln und zukün ig auch einlösen. Ab Ende 2025 startet die Kooperation in Wien und wird dann Schritt für Schritt ausgebaut.

Im klassischen Bankgeschä ermöglicht Raiffeisen NÖ-Wien Kund:innen den unkomplizierten Zugang zur Bitpanda-Welt und setzt zudem auf Innovationen auf Produktebene, beispielsweise beim Thema Finanzbildung auf die Entwicklung der Raiffeisen Junior-App, einer App-Lösung für Kinder und Jugendliche.

„Es geht uns immer um Lösungen, mit denen die Kundenbedürfnisse optimal abgeholt werden. Sei es der private Mittelstand, der unternehmerische mit den KMUs, oder unsere Kommerzkunden“, so Höllerer.

Investieren,

wo Zukunft entsteht.

Die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien begleitet Unternehmen mit Potenzial: verlässlich, vorausschauend und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit.

Wirtschaftlicher Fortschritt beginnt dort, wo Zukunft gestaltet wird: in der Region.

WIR MACHT‘S MÖGLICH.

Impressum: Medieninhaber: Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, F.-W.-Raiffeisen-Platz 1, 1020 Wien

gramm findet sich das Ansinnen mit dem Generalpensionskassenvertrag –also der Möglichkeit, die Abfertigung in eine Pensionskasse übertragen zu können. Diskutiert wird auch ein Modell für Geringverdiener, das bei zehn Euro monatlich die gesamte Prämienhöhe garantieren soll.

Vorbild Dänemark

Vielleicht kann gerade das Beispiel Dänemark einen gemeinsamen Weg in die Zukunft weisen. Dort waren Gewerkschaften von Anfang an eingebunden, als die zweite Säule der betrieblichen Vorsorge Mitte der 1980er-Jahre massiv ausgebaut wurde. „Heute stellt dieses System kaum jemand infrage“, sagt Matthias Vaa, Gesandter des Königreichs Dänemark. Mit einem Schnitt von etwa 42.000 Euro jährlich und einer Bruttoersatzrate zum letzten Einkommen von 74 Prozent liegt das Königreich im Bereich der österreichischen Pensionen und im Spitzenfeld Europas. Der Unterschied der Systeme: Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung profitieren von der zweiten, betrieblichen Säule, die kapitalgedeckt ist. In Österreich sind es weniger als ein Viertel. Bereits 2040 soll in Dänemark laut Prognosen die Hälfte der Pensionszahlungen aus der zweiten Säule kommen – die andere Hälfte wird in Dänemark überwiegend steuerfinanziert. Was laut Vaa auch zur hohen Akzeptanz beiträgt, ist die Transparenz: Die gesamte Zukunftspension wird über ein online verfügbares Konto berechnet. Ein Service, das in Österreich zwar angedacht, aber nie umgesetzt wurde. So bleiben viele Österreicher beim Alterseinkommen im Unklaren.

Auf mehreren Säulen stehen

Kann man das Problem der Einkommensarmut mit einer stärkeren zweiten Säule lösen? Das Wifo rechnet vor, dass eine 2,5-prozentige Zuzahlung pro Monat bis zu 19 Prozent mehr Pension bringen kann – die über beide Geschlechter gleich verteilte Medianpension in Öster-

VERMÖGEN IN KAPITALGEDECKTEN PENSIONSPLÄNEN INTERNATIONAL (Gemessen am BIP, Quelle: OECD)

6,9 Prozent

»Eine Pensionskasse ist ein kostengünstiger Benefit Arbeitgeber.«

Andreas Zakostelsky

»Österreich zahlt hohe Pensionen bei frühem Antritt –das belastet das System.«

Johannes Berger

reich von 1.704 Euro würde um 324 Euro steigen. Doch diese belasten letztlich auch den Faktor Arbeit weiter. Darum sagt Pensionsexperte Berger: „Stärkere Anreize für die zweite Säule sind sicherlich überlegenswert. Angesichts der ohnehin hohen Abgabenbelastung des Faktors Arbeit würde ich aber, solange sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, von einer verpflichtenden betrieblichen oder privaten Vorsorge absehen.“ Ein Ansatz für Berger sei aber, die Mitarbeitervorsorgekasse, bekannt als Abfertigung Neu, stärker als Pensionsvorsorge zu etablieren.

Andreas Zakostelsky, der Spartenobmann der Pensions- und Vorsorgekassen, sieht das naturgemäß etwas anders: „Man muss in Sachen Arbeitgeberbelastung die Kirche im Dorf lassen. Eine Pensionskassenlösung ist für den Arbeitgeber keine zusätzliche Belastung, weil die Beiträge steuerlich absetzbar und von Lohnnebenkosten befreit sind.“ Auch die Beitragshöhe der Arbeitgeber soll variabel werden. Er will damit auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter ins Boot holen: Eine Pensionskasse ist ein Benefit, ohne dass die Kosten im Verhältnis zu einer vergleichbaren Gehaltserhöhung steigen.“

Das war übrigens auch die Ausgangsposition der Dänen bei der flächendeckenden Einführung der betrieblichen Vorsorge 1987. Damals beschloss man, einen Teil der Lohnerhöhungen in dieses System zu investieren. Das wäre vielleicht auch ein Impuls für die derzeit laufenden Herbstlohnrunden.

#ENERGIEWENDE

Rebellen von gestern, Börsianer von morgen

IPO. Dass es auch ohne die Börse geht, spiegelte lange Zeit die Identität der Aktionäre der WEB Windenergie wider. Jetzt könnte es eine kleine Mehrheit für einen IPO geben und damit ein neues Kapitel aufgeschlagen werden.

Text: Daniel Nutz

Mehr als 100 Milliarden Euro fließen bis 2040 in den Ausbau erneuerbarer Energie. Welchen Beitrag können die beiden Bürgerbeteiligungspioniere WEB Windenergie AG und Oekostrom AG dazu leisten – und wird einer von ihnen den nächsten IPO an der Wiener Börse einleiten?

SSommer 1995. Im Radio läuft der Eurodance-Song „I Wanna Be a Hippie“ in Dauerschleife, und an einem windigen Tag wird im niederösterreichischen Mostviertel Geschichte geschrieben. Auf einem kleinen Hügel bei Michelbach stellen 96 engagierte Menschen aus der Zivilgesellschaft das erste Windrad auf. Es sind Landwirte, Lehrer, Unternehmer. Sie alle eint etwas Aufmüpfiges: ihr Umweltbewusstsein oder die Ablehnung der Kernkraft. Rebellen, die sich auf Protesten trafen – viele mit einer an Abneigung grenzenden Reserviertheit gegenüber dem Börsenparkett.

Heute, genau 30 Jahre später, hat ihnen die Geschichte recht gegeben. Aus dem Bürgerprojekt wurde die nichtbörsennotierte WEB Windenergie AG mit rund 170 Millionen Euro Umsatz und einem Ebit von zuletzt 43,6 Millionen Euro. Die Geschäftschancen erscheinen sonnig. Österreich hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Strom vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken. Bis 2040 soll das Land klimaneutral sein –wobei die Elektrifizierung von Verkehr und Industrie das Herzstück bildet. Das Investitionsvolumen in den kommenden 15 Jahren beträgt laut der Interessenvertretung Österreichs Energie 100 Milliarden Euro. Und die WEB? Sie will kräftig mitmischen.

Sechs Milliarden in Pipeline „Unsere Projektpipeline für die kommenden zehn Jahre umfasst vier Gigawatt“, sagt WEB-Finanzvorstand Michael Trcka im Gespräch mit dem Börsianer. Für Branchenoutsider umgerech-

»Wenn Börse, dann behutsam vorgehen.«
Michael Trcka

net: Über die Faustformel „Ein Gigawatt kostet 1,5 Milliarden Euro“ entspricht das Investitionen in Wind-, Photovoltaik- und Speicheranlagen von etwa sechs Milliarden Euro. Auch wenn man davon ausgeht, dass nicht jedes Projekt tatsächlich umsetzbar ist, erscheint ein Projektvolumen von 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr realistisch, meint Trcka. Um die durch die Energiewende im Markt liegenden Potenziale bestmöglich zu heben, überlegt Trcka, mit seinem Vorstandsteam an die Börse zu gehen. Was bei manch anderem Unternehmen vielleicht ein Formalakt wäre, stellt sich bei einem durch seine DNA als Bürgerbeteiligungsprojekt geprägten Unternehmen jedoch als Herausforderung dar. Ab sofort will man behutsam mit den Aktionären diskutieren, um dann im kommenden Mai auf der Hauptversammlung gegebenenfalls den Plan zu dem Beschluss vorzulegen, wofür es 80 Prozent der anwesenden Aktionärsstimmen braucht. Somit würde sich

das Fenster für ein Börsenlisting mit Kapitalerhöhung (IPO) fürs erste Halbjahr 2027 öffnen. Nur: Gehen die Aktionäre mit, die erst letzten Sommer gegen eine Kapitalerhöhung gestimmt haben, weil man sich nicht auf einen entsprechenden Ausgabepreis einigen konnte?

Insidern zufolge dürfte eine Mehrheit für einen IPO offen sein. Zum Beispiel Andreas Zajc, mit dem „Anteilsschein Nummer eins“ Aktionär der ersten Stunde. „Dass wir es ohne die Börse schaffen, war lange Teil unserer Identität. Aber vielleicht ist jetzt die Zeit, um weiterzuwachsen und noch mehr für die Energiewende beitragen zu können. Und um die nächste Generation zu erreichen, die über Neobanken und TradingApps navigiert, könnte ein Börsenlisting sicher helfen“, sagt der 56-Jährige im Gespräch mit dem Börsianer. Natürlich bleiben für ihn noch einige Fragen offen: Kurspflege, richtige Vermarktung und auch der Ausgabepreis der jungen Aktien, mit dem die bestehenden Aktionäre zufrieden sein müssen – derzeit wird die Aktie um knapp 100 Euro gehandelt, der Höchststand während der Energiekrise 2022 lag bei über 200 Euro. Und dann gilt es eben auch, die Kosten abzuwägen.

Was kostet ein IPO?

Ein Börsengang klingt teuer – ist aber oft günstiger als gedacht. Der Einstieg in den Direct Market Plus kostet laut der Wiener Börse einmalig zwischen 5.000 und 12.500 Euro, dazu kommen rund 4.000 Euro jährlich. Die reinen Börsengebühren eines IPOs liegen bei maximal 50.000 Euro – ein Bruchteil der Ge-

GAR NICHT BRAV. Heftige Debatten sind bei einer WEB-Hauptversammlung keine Seltenheit. Kommt es im Mai 2026 zur IPO-Diskussion, ist für Aufregung gesorgt.

holder Value sowie die Überzeugung, wenn es Sinn ergibt, auch alles an einen besseren Anbieter zu verkaufen – auch wenn der nicht dem ökologisch-moralischen Muster entspricht.“ Gerade wenn es um „feindliche Übernahmen“ geht, dürfte manchen Kleinaktionären der Gusto auf einen Börsengang vergehen. Ein Aktionär dazu mit einem Schmunzeln: „So wie ich die WEB kenne, wären wir kein einfacher Übernahmekandidat.“

Es bleibt also spannend. Finanzvorstand Trcka will jetzt in einen intensiven Diskurs mit den Aktionären über einen möglichen IPO treten. Welches Volumen könnte angestrebt werden? 100 Millionen, wie manche in der Branche angesichts der großen Projektpipeline vermuten? Trcka relativiert: „Wenn wir den Weg an die Börse gehen, werden wir behutsam vorgehen. Mit zu viel Kapital macht man auch tendenziell einige

samtkosten, die laut einer österreichischen Investmentbank meist zwischen drei und fünf Prozent des Emissionsvolumens betragen.

Auch wenn IPOs in Wien zuletzt selten waren, gibt es mit dem IPO von Steyr Motors und den Listings von Reploid Group, Re Guest oder UKO Mikroshops einige Beispiele, bei denen die Börse einen Wachstumsschub bewirkte. Sinnvoll wird ein IPO laut Experten ab einem Volumen im höheren zweistelligen Millionenbereich – dann wird’s auch für institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen interessant.

Dazu ein Vertreter einer Pensionskasse zum Börsianer: „Eine Börsennotierung wäre für uns jedenfalls ein Gamechanger. Der Energiesektor ist gerade aus Nachhaltigkeitsperspektive sehr spannend. Derzeit ist uns die Prüfung solcher Unternehmen einfach zu aufwendig, um über Private Equity oder Ähnliches investieren zu können.“

Was Investoren erwarten

Wolfgang Matejka, der den auf Österreich fokussierten Fonds „Mozart 100“

OEKOSTROM AG – EIN ZWEITER KANDIDAT

Im Unterschied zur WEB, die primär als Kraftwerksbetreiber agiert, tritt die Oekostrom AG hauptsächlich als Anbieter sowie Händler mit erneuerbarer Energie auf. Insider rechnen damit, dass ein möglicher IPO der WEB Windenergie AG, die selbst an der Oekostrom AG beteiligt ist, dazu führen könnte, dass auch die mit einem Umsatz von etwa 130 Millionen Euro kleinere Oekostrom AG diesen Weg gehen könnte. Eigentlich hatte CEO Ulrich Streibl die Börsenpläne seines Vorgängers erst einmal ruhen lassen, da man die Wachstumsfinanzierung über zwei Kapitalerhöhungen sicherstellen konnte. Im Gespräch mit dem „Börsianer“ stellt Streibl aber klar: „Ein Börsengang ist weiter eine Option – mit der Möglichkeit einer breiten Kapitalaufnahme, höherer Liquidität im Aktienhandel, mehr Sichtbarkeit und einem erweiterten Investorenumfeld. Aber: Uns ist es auch wichtig, unsere Identität als Bürgerbeteiligungsprojekt zu wahren.“ Für kommendes Jahr ist deshalb zunächst wieder eine Kapitalerhöhung über das eigene gebührenfreie Aktienportal geplant. Bei der letzten 2022 sammelte man 12,6 Millionen Euro ein. Erst dann wird weiter evaluiert. „Es kann sein, dass wir in Zukunft so viel Kapital aufnehmen wollen, dass wir die Börse brauchen“, so Streibl. Zu einem möglichen Listing der Oekostrom AG an der Börse wurde 2018 ein Stimmungsbild eingeholt: Die Aktionäre zeigten sich positiv.

managt, meint, dass Unternehmen wie die WEB Windenergie AG oder die Oekostrom AG durchaus interessant seien – gerade weil sie aus ethisch-moralischen Grundsätzen heraus entstanden sind. Allerdings stellt er die Erwartung eines Investors klar: „Da müssen die Dividenden passen und der Share-

schlechte Projekte.“ Er spricht von einer ersten Kapitalerhöhung von 50 bis 60 Millionen Euro – dann, wenn auch das Marktumfeld passt. Kommen dann noch weitere spannende Projekte hinzu, könne man den Schritt ja wiederholen. Dann wisse man ja schon, wie so etwas geht.

DER KAPITALMARKT: MOTOR FÜR WACHSTUM UND EXITS

Die Rahmenbedingungen sind klar: die kapitalmarktrechtlichen Anforderungen für Unternehmen sind umfassend, deren Einhaltung unterliegt der laufenden Überwachung der Aufsichtsbehörden und die Erwartungshaltung der Investoren ist hoch, weil renditegetrieben. Mithin verlangt dieses Umfeld von Unternehmen eine klar definierte Positionierung und strategische Ausrichtung – die Equity Story – die im Rahmen funktionierender etablierter Governance-Strukturen abgebildet ist. Auffallend ist, dass der Kapitalmarkt – genauer gesagt, das IPO – oftmals als Ziel ausgerufen und aktiv kommuniziert wird; ein Indiz für die Bedeutung des Kapitalmarktes.

Das Playbook ist bekannt: IPOs dienen häufig der Umsetzung eines Exits einer Portfolio-Gesellschaft – oft in Form eines DualTrack Prozesses – oder der Sicherung des Wachstums eines Familienunternehmens im Rahmen eines geordneten und transpa-

renten Prozesses. Spinn-Off IPOs werden typischerweise zur Hebung von Wertsteigerungspotentialen angestrebt; schließlich dienen IPOs oftmals der Umsetzung einer ambitionierten Wachstumsstrategie durch Aufnahme von Eigenmitteln.

Die Märkte sind zweifelsohne volatil, beweisen aber eine erstaunliche Resilienz mit Blick auf die Gesamtwetterlage – und zeichnen sich aktuell durch hohe Bewertungsniveaus und stabile Aktienindizes aus. Dadurch scheint sich das Fenster für IPOs wieder zu öffnen, was jüngst einige viel beachtete IPOs unterstreichen, wie Klarna an der New York Stock Exchange (Bewertung zum IPO Preis: ca. USD 15 Mrd.), SMG Swiss Marketplace Group in Zürich (Bewertung zum IPO Preis: ca. CHF 4,7 Mrd.) und das geplante IPO von „Verisure“ in Stockholm (Bewertung zu Beginn der Vermarkung: USD 3.7 Mrd.). Aber auch die Zahl von Dual-Track Prozessen nimmt zu, wie einige jüngst kommunizierte Transaktionen zeigen.

Dieses Momentum wird zusätzlich durch eine aktuelle Entwicklung unterstützt: Europa wird zunehmend als attraktive Investitionsopportunität wahrgenommen. Ein Effekt, der von einer „De-Dollarization“ kombiniert mit den für Europa von der Politik in Aussicht gestellten Investitionen getrieben wird.

Der Kapitalmarkt bietet attraktive Wachstums- und Exitmöglichkeiten. Eine proaktive und frühzeitige Vorbereitung ist entscheidend, um Optionen offen zu halten und die sich aktuell auftuenden Möglichkeiten zu nutzen.

Freshfields Rechtsanwälte PartG mbB Peregringasse 4 1090 Wien

T +43 1 515 150 www.freshfields.com

Mag. Victoria Hrubesch-Bazil, B.Sc. Principal Associate
Dr. Stephan Pachinger, LL.M. Partner

MAMMUTAUFGABE. Die Verschmelzung der OMVTochter Borealis mit Adnoc-Tochter Borouge und Nova Chemicals aus Nordamerika bringt drei Kulturen zusammen. Das Ziel lautet „one company, one culture“, bekräftige OMV-CEO Alfred Stern.

Kulturschock bei der Übernahme

Nach dem M&A-Signing ist vor dem Wertschöpfungsgewinn. Welche Hürden genommen werden müssen, damit Unternehmen nachhaltig von M&A profitieren, diskutierten Expertinnen kürzlich beim Börsianer Salon.

70 bis 90 Prozent der weltweiten Übernahmen und Fusionen (M&A) scheitern laut Harvard Business Review oft in erster Linie nicht an Finanzen oder Bilanzierungsfehlern, sondern an Konflikten in der Unternehmenskultur oder weil die Integration aus personeller und menschlicher Sicht mangelhaft erfolgt. Zahlen, Daten und Fakten spielen in der Due Diligence eine große Rolle, aber ohne die Berücksichtigung der Menschen und der Unternehmenskultur

entstehen fast immer Probleme. „Es gibt nicht das eine Erfolgsrezept, aber transparente Kommunikation ist der Schlüssel. Von der Rezeptionistin bis zum Vorstand muss jedem erklärt werden, warum diese Transaktion stattfindet. Und dann ist das Szenariendenken enorm wichtig. Der Bereich ist im Due-Dilligence-Prozess noch sehr unterentwickelt. Ich muss mir die Frage stellen, ob das zu übernehmende Asset auch noch in fünf bis zehn Jahren nachhaltig Wert fürs Unternehmen generiert“, sagte M&AExpertin Eva-Maria Pusch beim Börsianer Salon im September zum Thema "Wachstum durch Übernahmen" (Seite 110). Sie ist Partnerin bei 360 Jet Fuel und war bei jeder großen Transaktion der OMV AG der letzten Jahre mit an Bord.

Auch Stefan Babsch, Geschäftsführer der Strabag Property und Facility Services, der den Auftrag hat, den Geschäftszweig bis 2030 zu verdoppeln, sagt: „Integration hat wahnsinnig viele Stellschrauben, das beginnt mit der ersten Ansprache und setzt sich im Integrationsprozess fort. Wir müssen für Verständnis sorgen und zeigen, was die Möglichkeiten sind, damit die Leute nicht ihre Identität verlieren. Das ist der Schlüssel. Das ist immer auch ein Grenzgang. Ich habe schon viel erlebt. Auch von Verkäuferseite. Als Käufer ist man oft auch Trittbrettfahrer.“ Die Strabag Property und Facility Services hat in den vergangenen 1,5 Jahren sechs Unternehmen aus Österreich, Luxemburg und Tschechien zugekauft, weil sie in der technischen Gebäudeausrüstung stark wachsen möchte. Für die Integration brauche man eine Strategie, die über die ersten 100 Tage hinausgeht. „Das ist ein Prozess, den man immer wieder begleiten und dem man Zeit geben muss“, sagt Stefan Babsch.

Erste Group, OMV und Bawag

Das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen spüren derzeit einige heimische Unternehmen. Die Erste Group Bank AG hat in Polen Anteile

an der Santander Polska übernommen, die OMV AG fusioniert ihre Tochter Borealis mit der Adnoc-Tochter Borouge aus Abu Dhabi und Nova Chemicals aus Nordamerika zur Borouge International Group – ein Kulturclash, wie er im Buche steht. Und die Bawag Group AG steckt inmitten der herausfordernden Post-Merger-Integration der niederländischen Onlinebank Knab. Die Frage bleibt, ob wirklich etwas Neues geschaffen werden kann und die langfristige Wertschöpfung im Auge behalten wird. „Einen Deal zu machen ist keine Kunst, die Herausforderung ist die kulturelle Integrationsperspektive. Es muss Teams geben, die sich auch nach den 100 Tagen in regelmäßigen Abständen treffen und analysieren, ob der M&A-Deal für mehr Wertschöpfung sorgt“, sagt Pusch. Ohne Verständnis für den kulturellen Prozess scheitern M&A-Deals oft schon in der Verhandlungsphase, sagt Claudia Steegmüller, die bei Taylor Wessing das Team für Banken- und Finanzrecht leitet und derzeit in einige M&A-Prozesse involviert ist. „Speziell bei eigentümergeführten Unternehmen ist nicht immer nur der Preis relevant. Der Eigentümer will sehen, dass das von ihm aufgebaute Unternehmen wertvoll ist und ordentlich fortgeführt wird.“

Nach dem Closing beginnt die Arbeit

Die wahre Arbeit beginnt also nach dem Closing der Transaktion. Gerade in dieser Phase gilt es, Verantwortliche in Schlüsselpositionen zu halten. „Früher hat es sechs bis zwölf Monate bis zum Closing gedauert. Jetzt sind es oft 18 Monate. Während dieser 1,5 Jahren sind viele handelnde Personen im Zielunternehmen sehr gefordert. Das ist kein business as usual, die stehen unter immensem Druck, alles Mögliche zu liefern. Wenn so ein großer Druck aufgebaut wird, kann es schon sein, dass handelnde Personen ihre Boni noch abwarten und dann gehen“, sagt M&A-Expertin Raffaela Uhl, Partnerin bei der BDO Austria.

Marktentwicklung

ENTWICKLUNG (YTD) DER INTERNATIONALEN AKTIENMÄRKTE

IM VERGLEICH ZUR WIENER BÖRSE

ATX (ÖSTERREICH)

STOXX EASTERN EUROPE TM (EUR)

STOXX EUROPE TM (EUR)

STOXX US TM (EUR)

STOXX EM TM (EUR)

Der ATX-Index ist seit Jahresanfang zwar noch top, die Luft geht aber auch ihm aus. Osteuropäische Aktien können noch am ehesten mithalten. US-Aktien sind sogar im Minus!

PERFORMANCE DER INDIZES IM VERGLEICH

ATX BRAUCHT EIN BISSERL MEHR ENERGIE

DIE JAHRE, IN DENEN die Börsen im Sommer in den Chill-Modus fielen, sind endgültig vorbei. Geopolitik, die US-Administration und eine Medienlandschaft, die spätestens seit Corona den Zug hin zur täglich neuen ultimativen Bedrohung gefunden hat, lassen auch die Börsen nicht ruhen. Die Konjunktursituation in Europa ist schwächer als erwartet. Die US-Zollpolitik und eine noch immer nicht gelöste Bremse namens „Bürokratie“ sind hauptverantwortlich. Auch ist Schuldenmachen wahrscheinlich einfacher als das Zurückzahlen. Lösungen sind kaum in Sicht. Dagegen steht die US-Notenbank FED vor dem Dilemma, aufgrund schwächerer Arbeitsmarktdaten die Zinsen senken zu müssen, durch die hartnäckig über dem Zielkorridor wandelnde Inflation damit aber deren Wachstum zu provozieren. Und die Geopolitik verbindet die Zoll-Schocks der Trump-Administration mit dem Bemühen, eine neue Weltordnung in Bewegung zu setzen. An den Aktienbörsen waren die Höhenflüge Europas noch bis in den August spürbar, dann setzten Gewinnmitnahmen ein. Die US-Märkte holten in dieser Phase wieder auf. Der österreichische Markt behauptete seine starke Rolle innerhalb der EU, ließ aber genauso ein wenig Dynamik fallen. Im Bankensektor sah man langsam Gewinnmitnahmen und bei Zyklikern und Grundstoffen die Zweifel an der wirtschaftlichen Erholung in Europa. Der Energiesektor zeigte hingegen wachsende Resilienz. Auf de Globus wird Energie zu einem immer begehrteren Gut. Künstliche Intelligenz braucht viel davon. Der ATX scheint in diesem Umfeld durchaus an Kraft gewonnen zu haben, und sollten die Investitionsmilliarden in Europa endlich fließen, wird auch unser heimischer Markt wieder davon profitieren.

„Haben US-DollarRisiko abgesichert“

Europäische Aktien sind wegen der niedrigeren Bewertung und stabilerer Gewinne ebenso attraktiv wie US-Staatsanleihen.

Interview: INGRID KRAWARIK

Welches Thema beschäftigt Sie gerade am meisten? – Eva Födermayr: Mit der europäischen Brille ist die politische Krise in Frankreich großes Thema und damit verbunden die Auswirkung auf die Stabilität in Europa. Frankreich befindet sich in einer politischen und fiskalischen Sackgasse. Da braucht es klare Reformsignale, um eine Vertrauenskrise zu vermeiden, die möglicherweise auf andere Länder Europas überschwappt. Über Europa hinausblickend erzeugt das geopolitische Spannungsfeld Unsicherheit. Mit Blick in Richtung USA beschäftigt uns immer noch die erratische Politik und Zollpolitik von Herrn Trump. Auch die Zinspolitik der Notenbanken, insbesondere der Fed, beschäftigt mich.

Früher galt die Börse als Vorlaufindikator. Gilt das noch? Die wirtschaftliche Realität mit vielen Unsicherheiten passt mit den Kursen nicht zusammen. – Unsere Welt ist schnelllebiger geworden, es werden Ereignisse rasanter in den Kursen abgebildet. Und die Psychologie spielt eine große Rolle. Kurze Rücksetzer werden derzeit sehr schnell wieder aufgeholt. Wichtig ist, eine klare Strategie zu definieren und daran festzuhalten.

Das Portfolio ist stark in US-Aktien investiert im Gegensatz zu Europa. Wieso gehen Sie da gegen den Trend? – Zieht man den MSCI All Country World Index als Benchmark heran, machen US-Unternehmen rund 60 Prozent aus. Im Vergleich dazu sind wir in US-Aktien untergewichtet und in Europa übergewichtet. Wir sichern außerdem aktuell

Die Asset-Allocation

AKTIEN

28,00 % USA

7,00 % Europa

7,00 % Global SRI

6,00 % Global Defensiv

6,00 % Wachstumsmärkte

1,00 % Asien ex Japan

1,00 % Japan

1,00 % Kanada

ANLEIHEN

7,00% Euro Inflation Linked

6,00 % Euro Staaten

6,00 % US-Staatsanleihen

6,00% Wachstumsmärkte Staaten Lokalwährung

4,00% Euro Unternehmen IG 4,00% Euro Unternehmen kurze Laufzeit

2,00% Wachstumsmärkte Staaten Hartwährung

2,00% US Unternehmen Hochzins

2,00% Euro Unternehmen Hochzins

Quelle: Katrhrein Bank AG

50 Prozent des US-Dollar-Risikos auf der Aktienseite ab. Das hat sich bezahlt gemacht, weil der US-Dollar deutlich schwächer geworden ist. Wir sehen den fairen US-Dollarwert bei rund 1,22 zum Euro.

EVA FÖDERMAYR

Leiterin Private Banking Österreich Kathrein Privatbank AG

Die passionierte Weltreisende (45) leitet seit Mai 2025 das PrivateBanking-Team für Österreich.

Wieso ist die Absicherung wichtig? – Auch wenn sich die Aktienmärkte gut entwickelt haben, ist die Performance im Euro aufgrund der Währungsentwicklung signifikant schlechter als im US-Dollar. Wenn man kein Währungsmanagement betreibt, kann das wehtun. Die Währungsabsicherung kostet etwas, aber hat sich ausgezahlt.

Bei welcher Assetklasse sehen Sie momentan die größten Chancen? – Im US-Dollar ist das Zinsänderungsrisiko derzeit erhöht, das bietet beispielsweise auf der Anleiheseite Chancen. Wir sind in unserer Investmentstrategie auch in USDollar-Anleihen investiert, vor allem in Staatsanleihen. Hier können sich nach Abzug der Währungsabsicherungskosten attraktivere Ertragschancen im Vergleich zu Euro-Anleihen bieten. In unserem Bond-Portfolio sichern wir das US-Dollar-Risiko aktuell zu 85 Prozent ab, und wir managen die Duration.

Warum sind keine Alternativen Assets wie Gold oder Private Equity im Portfolio? –In dem Portfolio haben wir auf liquide und schnell handelbare Wertpapiere Wert gelegt. Jeder Kunde kann aber entsprechend der individuellen Bedürfnisse Gold beimischen. Was unsere Kunden sehr gern annehmen, ist ein Golddepot, bei dem Gold physisch gelagert und im Portfolio abgebildet wird. Darüber hinaus bieten wir für geeignete Privatinvestoren und professionelle Investoren Private-Equity-Strategien über unsere Private-Markets-Plattform an, hier ist der Einstieg ab 50.000 Euro möglich.

Die Lautlosen

Text: Raja Korinek

1. Hintergrund

Cybercrime ist gekommen, um zu bleiben: In Österreich gab es 2024 62.330 angezeigte Cyberangriffen. 2014 waren es nicht einmal 9.000. Microsoft verzeichnete laut dem Digital Defense Report 2024 gut 600 Millionen Angriffe auf seine Kunden.

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2.

Veranlagung

In Cybersicherheit können Anleger etwa über Anbieter von Cloud-Schutz, KI-gestützten Lösungen, Netzwerk- und Datenschutz sowie Softwareunternehmen investieren. Es gibt zahlreiche ETFs und Zertifikate, die Cybersecurity-Indizes abbilden.

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3. Interview

„KI senkt die Einstiegshürde in die Cyberkriminalität stark. Auch unerfahrene Akteure können nun komplexe Attacken automatisiert durchführen, die immer ausgeklügelter werden“, sagt Florian Skopik vom Austrian Institute of Technology.

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Es reicht oft ein falscher Klick, und schon haben sich Hacker unbemerkt Zugriff auf Daten, Netzwerke oder Clouddienste verschafft. Angesichts der steigenden Datenmengen und virtuellen Verknüpfungen wächst auch die Zahl der Cyberangriffe rasant. Auf die Entwicklungen reagieren Politik und zahlreiche Technologieunternehmen mit entsprechenden Cyberschutzmaßnahmen. Mit ausgewählten ETFs und Zertifikaten können Anleger die Chancen nutzen, in solche Branchentitel breitgestreut zu investieren.

ATTACKE. Der Automobilhersteller Jaguar Land Rover wehrt sich gegen eine Cyberattacke.

Crime-Time - Die Angriffswellen rollen

Die Zahl der Cyberattacken steigt weltweit stark an. Sowohl Unternehmen als auch der öffentliche Sektor sind betroffen. Jetzt sagt die EU mit neuen Gesetzen den Hackern den Kampf an.

DDie Meldungen über Cyberangriffe häufen sich: Am 2. September 2025 störten Cyberattacken Produktion und Verkauf des UK-Automobilherstellers Jaguar Land Rover. Bereits im Juli entdeckte das IT-Unternehmen Palo Alto Networks eine Cybersicherheitslücke bei Microsofts Sharepoint: Betroffen waren zum Teil heikle Dokumente.

Die Zahl der Cyberangriffe steigt stark an. In Österreich gab es 2024 etwa 62.330 angezeigte Fälle. Dies berichtet der Datendienstleister Statista unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums, das im August selbst Angriffsziel geworden war. Zum Vergleich: 2014 waren es nicht einmal 9.000 Fälle. Weltweit einheitliche Zahlen gibt es nicht.

Jedoch verzeichnete zum Beispiel Microsoft laut seinem Digital Defense Report 2024 gut 600 Millionen Angriffe auf seine Kunden. Zu den häufigsten Fällen zählten Tech-Scams, bei denen sich Kriminelle als Mitarbeiter großer Technologiekonzerne ausgeben, um Daten oder Geld herauszulocken.

Auch Ransomware - eine Methode, bei der Hacker die IT kapern und Lösegeld fordern – sowie Phishing sind verbreitet. Bankkunden soll dabei ihr Passwort mit gefälschten E-Mails und Webseiten entlockt werden. Beim Quishing werden anhand gefälschter QR-Codes etwa am Bankomat, an der Parkuhr oder am Fahrradverleihstand persönliche Daten entwendet.

Politik setzt auf neue Gesetze

Diese Entwicklungen rufen die Politik auf den Plan. Die EU beschloss 2024 das Cyberresilienzgesetz. Dieses schreibt Standards für Produkte vor, die direkt oder indirekt mit einem anderen Gerät oder einem Netz verbunden sind. Zusätzlich werden Hersteller sowie Einzelhändler verpflichtet, die Cybersicherheit während des gesamten Lebenszyklus der Produkte sicherzustellen. Das Gesetz gilt für Neuprodukte, die ab dem 11. Dezember 2027 in der EU eingeführt werden.

Mit der NIS – kurz für Sicherheit der „Netz- und Informationssysteme“ –setzte die EU bereits 2016 eine Regelung um. Sie betrifft vorwiegend Unternehmen der kritischen Infrastruktur und Anbieter digitaler Dienste. Mit der NIS2Richtlinie folgt nun der nächste Schritt. Unternehmen, die unter die NIS2 fallen, müssen unter anderem einen Prozess zur Meldung von Cybersicherheitsvorfällen implementieren sowie Konzepte für ihr Risikomanagement rund um die

Sicherheit von Netz- und Informationssystemen erarbeiten. „Es betrifft das gesamte Unternehmen, nicht nur dessen IT“, präzisiert Erik Rusek, Cybersecurity-Experte und Partner bei PWC Österreich, den jüngsten Schritt. „Das Gesetz hätte im Oktober 2024 in Kraft treten sollen, der Vorschlag scheiterte hierzulande jedoch am österreichischen Parlament“, so Rusesk, der mit einem neuen Entwurf Ende 2025 oder Anfang 2026 rechnet.

Von Energie bis Catering NIS2 umfasst 18 Sektoren, unter anderem Energie, Verkehr, Bank- und Gesundheitswesen. Robert Staubmann, Geschäftsführer der KSV1870 Nimbusec, präzisiert: „Von der Regelung betroffen sind auch Unternehmen, die im Rahmen der Geschäftstätigkeit etwa für einen Energieversorger tätig sind oder via IT-Schnittstellen kommunizieren. Das ist bei klassischen Lieferanten ebenso der Fall wie bei IT-Dienstleistern oder Versicherungspartnern.“

Bereits jetzt können sich Unternehmen eine NIS2-Konformität mit dem Cyberrisk-Rating von der KSV1870 Nimbusec bescheinigen lassen. Das Rating bewertet Cyberrisiken von Dienstleistern, Lieferanten und Dritten – zum Beispiel von Catererern. „Bislang wurden mehr als 1.000 Cyberrisk-Ratings von KSV1870 Nimbusec beantragt und durchgeführt“, sagt Staubmann.

Doch wie sieht die Umsetzung in der Praxis aus? Roland Supper, Group Chief Security Officer der Erste Group Bank AG, präzisiert: Finanzinstitute müssen neben NIS2 vorrangig die EU-Verordnung, den Digital Operational Resilience Act (Dora), anwenden. „Somit gelten noch strengere Vorgaben, die bereits seit 17. Jänner 2025 verbindlich sind. Dora geht über reine Cybersicherheit hinaus und schafft einen gesamtheitlichen Rahmen, um die digitale Widerstandsfähigkeit in allen Systemen und Prozessen sicherzustellen.“

Auch Stefan Deutinger, Head of Digital Security & Architecture beim Kranhersteller Palfinger AG, liefert eine Antwort. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man noch keine validen Aussagen zur Implementierung von NIS2 oder zu möglichen Auswirkungen von deren Umsetzung treffen. „NIS2 wurde zwar in einzelnen Ländern in nationales Recht überführt, in vielen Kernmärkten – darunter Österreich –steht der Schritt aber noch aus.“ Unabhängig davon verfüge Palfinger bereits über ein hohes Cybersicherheitsniveau.

% Meine Rendite

Die Zahl der Cyberangriffe wächst rasant. Weder Unternehmen noch der öffentliche Sektor bleiben verschont. Die EU-Kommission reagiert nunmehr mit neuen Gesetzen, um die Gefahren einzudämmen. Diese nehmen zunehmend unterschiedliche Formen an.

ES KANN GANZ SCHNELL GEHEN.

Volker Meinel, Zertifikate-Experte von BNP Paribas.

Erinnern Sie sich noch an die Zeit vor fast genau drei Jahren? Der Euro am Tiefpunkt, selbst die Parität zum US-Dollar war nicht das Ende. Doch wie oft leben Totgesagte länger. Nun inmitten des ZinssenkungsZyklus der US-Notenbank gewinnt der Euro allein seit Jänner rund 15 Prozent. Dabei könnte der Zyklus noch an Dynamik gewinnen, wenn etwa Ende Oktober und dann noch einmal im Dezember die US-Notenbanker tagen und möglicherweise der moderaten 25 Basispunkte-Senkung – wie etwa im September geschehen – mehr folgen lassen. Da gleichzeitig Europas Währungshüter vergleichbar zurückhaltend agieren, erhöht dies den Zinsunterschied; der Euro wird teuer.

Das ist die eine Sicht. Die andere zeigte sich infolge der US-Zinssenkung im September. Der Dollar gewann und mit ihm die alte Börsenweisheit, wonach die Börse stets auf Tatsachen, die erwartet eintreffen, wenig überraschend reagiert. Und so könnte es auch bei den verbleibenden beiden Sitzungen der Fall sein.

Was bleibt, ist heute schon der Blick auf den Mai 2026: das Amtsende von US-Notenbankchef Jerome Powell. Je nach politischem Willen und Konstellation innerhalb der Notenbank könnte es dann ganz schnell gehen. Denn die USA haben deutlich gemacht, dass sie Wachstum vor den Sorgen wegen erhöhter Inflation stellen.

Kommt es so und die Europäer gehen weiterhin behutsam mit dem Thema Zinssenkungen um, dann könnte es dem Greenback weiter schaden. Bewusst schaden.

So oder so bleibt es spannend rund um das Währungsverhältnis. Für Trader eine interessante Phase, können sie doch mit Hebelprodukten von der Entwicklung überproportional partizipieren. Sowohl für jene, die an einen weiter steigenden Euro, als auch für jene, die an ein Wiedererstarken der USWährung glauben.

Eine große Auswahl an Anlage- und Hebelprodukte auf Euro/Dollar und auch auf andere Währungspaare finden Anleger auf www.bnpp.at

ABCASHEN. Für Kriminelle ist die vernetzte Welt das neue Eldorado.

Cashcow Cybercrime

Der Bedarf an virtuellem Schutz wächst angesichts steigender Datenmengen und eröffnet der IT-Branche ertragreiche

Perspektiven. Die USA sind bei den Entwicklungen federführend.

DDie globale Vernetzung erreicht neue Dimensionen, und mit der wachsenden Zahl an Daten steigen die Cyberangriffe ebenso. Laut dem deutschen Datenanbieter Statista wird bis 2028 die weltweite Datenmenge auf knapp 394 Zettabyte zunehmen, wobei eine Billion Gigabytes ein Zettabyte sind. Zum Vergleich: 2018 erreichte das globale Datenvolumen 33 Zettabyte.

Die Schäden aufgrund eines Cyberangriffs sind beachtlich. Laut IBM liegen die globalen Durchschnittskosten einer Datenpanne bei umgerechnet rund 3,8 Millionen Euro. Statista liefert auch hierzu weitere Zahlen: Demnach werde die Cyberkriminalität die globale Wirtschaft bis 2026 mehr als 20 Billionen USDollar kosten. 2021 waren es sechs Billionen US-Dollar. Solche Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit eines Schut-

zes, den Konzerne auf unterschiedliche Weise anbieten. Cybersicherheit umfasst mehrere Technologieteilsektoren: „Anwendungen für den Cloud-Schutz, KI-gestützte Lösungen, Netzwerk- und Datenschutz zur Unterstützung von ITDiensten, Softwareunternehmen und Authentifizierungssysteme, die in Hardwaregeräte eingebettet werden können, zählen allesamt dazu“, sagt Patrik Hanser, Head of Wholesale Distribution, Germany & Austria beim britischen Vermögensverwalter L&G.

Defensive Eigenschaft als Treiber

Viele dieser Unternehmen sind an der Börse notiert. Hanser hebt insbesondere eine Eigenschaft hervor. Demnach würden sich die Aktienkurse reiner Cybersicherheitsunternehmen nach einer Korrektur aufgrund des defensiven Cha-

rakters ihrer Geschäftsaktivitäten derzeit im Vergleich zum MSCI-Weltindex erholen. Sicherheit ist zunehmend gefragt. Der Schutz muss auch regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden. Solch ein Geschäftsmodell lukriert wiederkehrende Einnahmen aus Abonnements. Das kommt bei Anlegern gut an, da damit künftige Gewinne relativ gut eingeschätzt werden können.

Doch wo setzt der L&G Cyber Security UCITS ETF (ISIN IE00BYPLS672) an? Der ETF bildet den ISE Cyber Security UCITS Index Net Total Return ab und legte auf fünf Jahre um mehr als 65 Prozent auf Eurobasis (per 16. September) zu. Umfasst sind 34 Aktien, wobei die USA mit fast 90 Prozent am höchsten gewichtet sind, gefolgt von Japan und Kanada. Zu den größten Gewichtungen zählt Broadcom aus den USA. Die Softwareschmiede

stellte im April die neue und KI-basierte Sicherheitsfunktion „Incident Prediction“ vor. Sie zielt darauf ab, Cyberangriffe früh zu erkennen und diese möglichst zu verhindern. Cloudflare schützt Webseiten etwa vor einem Massenaufruf, mit dem versucht wird, eine Seite lahmzulegen. Auch Apps werden abgesichert. Cyberark aus Israel bietet ebenfalls Schutz vor unbefugten Zugriff auf IT-Systeme.

Der First Trust Nasdaq Cybersecurity UCITS ETF (IE00BF16M727) bildet den Nasdaq CTA Cybersecurity Exclusions Index ab. In den vergangenen fünf Jahren erzielte der ETF 113 Prozent. Der Index umfasst 30 Unternehmen, die im Bereich der Internetsicherheit tätig sind. Auch hier sind die USA am höchsten gewichtet, gefolgt von Israel sowie

Indien. Zu den größten Positionen zählen die obengenannten Titel sowie Cisco Sytems. Das Unternehmen entwickelt Firewalls und Software für die automatische Erkennung von Cyberbedrohungen. Palo Alto Networks programmiert ebenfalls Firewallsysteme sowie CloudSicherheitsdienste.

Zugriffskontrolle für KI-Systeme

Das Vontobel Cyber Security Performance-Indexzertifikat (DE000VS5ZCS6) – hier betrug das Fünfjahresplus zuletzt 130 Prozent – umfasst 15 Titel, wobei die meisten ebenfalls aus den USA stammen. Auch die Trend Micro aus Japan ist Teil des Zertifikats. Der Konzern entwickelt KI-basierte Sicherheitslösungen unter anderem für Clouddienste wie Google Cloud und für Server. Gemein-

sam mit dem US-Chiphersteller Nvidia werden zudem Zugriffskontrollen für KI-Systeme etwa in Rechenzentren und Clouddiensten implementiert.

Bei all den Produkten sind Kursverluste möglich. Währungsschwankungen insbesondere gegenüber dem US-Dollar müssen ebenso beachtet werden.

% Meine Rendite

Mit der wachsenden Datenmenge steigt die Zahl der Cyberangriffe ebenso wie der Bedarf an virtuellem Schutz. Dabei gibt es eine Vielzahl an Unternehmen, allen voran in den USA, die entsprechende Lösungen, etwa zum Schutz von Clouddiensten und Servern, anbieten. ETFs und Zertifikate bieten dazu Investmentchancen. —

Make responsible investments happen

Expertise und Weitblick –heute und morgen

Raiffeisen Capital Management steht für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH. Dies ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Stand: September 2025.

FEHLER. Eines der häufigsten Missverständnisse in der Cybersecurity-Domäne ist es, in teure Sicherheitslösungen zu investieren und zu glauben, dass man damit sicher ist“, sagt Florian Skopik.

Quantencomputer sind potenzielle Gamechanger

Florian Skopik vom Austrian Institute of Technology warnt:

Die Gefahr von Cyberangriffen wird unterschätzt, die Attacken werden ausgeklügelter.

Interview: Raja Korinek

DDie Zahl der Cyberangriffe häufen sich weltweit. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es dabei nicht, konstatiert Florian Skopik, Leiter des Cyber Security Research Program bei der österreichischen Forschungs- und Technologieeinrichtung Austrian Institute of Technology (AIT). Im Interview mit dem Börsianer hebt Skopik wesentliche Entwicklungen hervor.

Herr Skopik, was sind die häufigsten Formen von Cyberangriffen? – Florian Skopik: Sie sind vor allem im Bereich des Social Engineerings zu finden, zielen also auf Schwächen der Mitarbeiter ab. Dabei hat sich die Ausprägung, wie diese Angriffe durchgeführt werden, geändert. Dies waren bis vor wenigen Jahren eher stümperhaft formulierte E-Mails. Heute können dies zum Beispiel perfekt gefälschte Telefonanrufe – etwa Deepfakes mit sehr gut gefälschten Bildern, Videos – und gezielt auf den jeweiligen Mitarbeiter zugeschnittene Betrugsversuche sein.

Deepfakes werden freilich anhand Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt. Welche Veränderungen sehen Sie aufgrund KI noch? – KI senkt die Einstiegshürde in die Cyberkriminalität stark. Auch unerfahrene Akteure können nun komplexe Attacken automatisiert durchführen. Die dabei verwendeten Tools passen sich aufgrund der KI an ihre Ziele an. Mit einem erhöhten Angriffsaufkommen ist also zu rechnen. Gleichzeitig kann KI aber für einen effektiven Schutz vor solchen komplexen Attacken genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise KI-basierte Tools, die automatisiert Anomalien in großen

Netzwerken erkennen können, was für Menschen manuell nicht mehr überschaubar ist. Solche Werkzeuge werden am AIT im Rahmen großer Forschungsprojekte für unterschiedliche Zielgruppen wie Betreiber kritischer Infrastrukturen, Behörden, aber auch Unternehmen entwickelt.

Software und andere IT-Dienstleistungen werden zunehmend als externen Service zugekauft und nicht mehr am eigenen Server installiert. Wie verändert dies die Bedrohungslage? – Die Wandlung der IT, vieles „as a Service“ zuzukaufen, hat die Problematik von Angriffen auf die Lieferkette nochmals verstärkt. Früher musste etwa ein Angreifer, dessen Ziel es ist, Unternehmen zu erpressen, dutzende Organisationen angreifen, um bei zumindest einer erfolgreich zu sein. Heute reicht ein erfolgreicher Angriff auf einen Dienstleister, der hunderte Kunden serviciert.

Wie verändert Quantencomputing die Welt der Cybersicherheit? – Quantencomputer sind tatsächlich ein potenzieller Gamechanger. Der Grund liegt in ihrer Fähigkeit, Rechenprobleme zu lösen, die für klassische Computer praktisch nicht zu knacken sind. Fast alle gängigen asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren, die etwa zum Aufbau verschlüsselter Verbindungen im Internet verwendet werden, basieren darauf, dass bestimmte mathematische Aufgaben extrem lange dauern. Ein ausreichend leistungsfähiger Quantencomputer kann diese Hürde mit speziellen Algorithmen überwinden. So lassen sich Sicherheitscodes, für

die heutige Supercomputer aktuell Milliarden Jahre bräuchten, in Stunden oder Minuten knacken.

Gibt es Lösungsansätze? – Die Forschung arbeitet weltweit an der sogenannten Post-Quantum-Kryptografie. Das sind neue Verschlüsselungsmethoden, die auch mit Quantencomputern praktisch nicht angreifbar sind. Organisationen wie das US-amerikanische NIST oder auch die EU treiben gerade Standards für solche Verfahren voran.

Können sich kleinere Unternehmen oder auch einzelne Personen den aktuellsten Cyberschutz noch leisten? – Eines der häufigsten Missverständnisse in der Cybersecurity-Domäne ist es, in teure Sicherheitslösungen zu investieren und zu glauben, dass man damit sicher ist, anstatt in Prozesse zu investieren. Cybersecurity ist nicht allein die Aufgabe einiger weniger, die sich um die Sicherheit des Netzwerks oder der Server kümmern. Die meisten Angriffe beginnen nicht mit dem Ausnutzen einer technischen Schwachstelle, sondern mit einer betrügerischen Masche gegenüber unbedarften Mitarbeitern.

% Meine Rendite

In einer zunehmend digitalisierten Welt spielt auch Cybersicherheit eine große Rolle. Die Angriffe nehmen zu, Lösungsansätze werden laufend weiterentwickelt. Quantencomputer könnten das Spiel um die Sicherheit neu definieren. Es braucht braucht neue Verschlüsselungsmethoden.

Year-To-Date-Trends

DER WELTBÖRSEN

(TSX)

| 20,38 %

| 8,86 %

YORK (NASDAQ)

| 17,20 %

Kommentar

ZÖLLE FÜHREN MITTEL- BIS LANGFRISTIG ZUR REDUKTION DER PRODUKTIVITÄT Einkaufsmanagerindizes für Dienstleistungen und das verarbeitende Gewerbe, Frühindikatoren sowie unsere internen Modelle zeichnen das Bild einer wachsenden Wirtschaft, die zumindest kurzfristig weit von einer Rezession entfernt ist. Die globalen geld- und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen unterstützen in den kommenden Monaten das Wachstum. Über 90 Prozent der Zentralbanken weltweit befinden sich in einem Lockerungszyklus. Darüber hinaus hat die US-Notenbank nach einer langen Pause ihren Lockerungszyklus wieder aufgenommen. Viele der größten Volkswirtschaften der Welt, darunter die USA, Deutschland und China, haben ihre fiskalischen Unterstützungsmaßnahmen verstärkt. Dies wird kurzfristig für einen Wachstumsschub sorgen, jedoch mit höheren langfristigen Zinsen als Folge. Die globalen Risiken, die von der US-Zollpolitik und der allgemeinen politischen Unsicherheit ausgehen, sind keineswegs beseitigt und stellen Abwärtsrisiken für den Ausblick dar.

FRANKFURT (DAX)

| 18,74 %

LONDON (FTSE) 9.196,15 | 13,25 %

PARIS (CAC 40) 7.853,59 | 6,41 % qSTOCKHOLM (OMX 30) 2.646,40 | 6,585 % qWIEN (ATX) 4.628,72 | 26,36 %

ZÜRICH (SMI) 12.109,67 | 4,39 %

»KAUF« OMV, Andritz, Voestalpine, Rosenbauer und EVN. »VERKAUF« Lenzing und AT&S.

Markus Remis Head of Austrian and CEE Equity Research bei ODDO BHF Austria

EUROPA (DJ EURO STOXX 50)

5.458,42 | 11,49 %

WELT (DJ GLOBAL)

737,65 | 16,70 % q

WARSCHAU (WIG 20)

2.802,70 | 27,86 %

»KAUF« ATS, CA Immo und Telekom Austria. »VERKAUF« Amag, Bawag und EVN.

Roland Neuwirth Fondsmanager, Salus Alpha

AFRIKA (DJ AFRICA TITANS 50)

690,40 | 52,65 % q

2.826,83 | 25,77 % q

JOHANNESBURG (DJ SOUTH AFRICA)

»KAUF« Andritz mit einem Kursziel von 71,90 Euro, EVN (32,60 Euro), Kontron (30,00 Euro), Palfinger (40,00 Euro) und SBO mit 50,50 Euro.

Fritz Mostböck Head of Group Research, Erste Group Bank AG

SCHANGHAI (SHCOMP)

SEOUL (KOSPI)

3.445,24 | 43,58 %

3.820,09 | 13,97 % q

HONGKONG (HANG SENG)

26.545,10 | 32,33 %

»Anleger sollten nach der tollen Entwicklung seit Mitte April tendenziell etwas Gewinne mitnehmen. So würde ich bei der Erste Bank und Bawag etwas reduzieren und dafür OMV, SBO und CA Immo stärker gewichten.«

Eduard Berger Vorstand, Wiener Privatbank SE

TOKIO (NIKKEI 225) 45.045,81 | 12,91 % q

SYDNEY (ALL ORDINARIES)

9.061,20 | 7,61 %

Kurse

EFONDSKURSE FREQUENTIS AG

DIE TOP 10 ÖSTERREICH­FONDS (3J)

WEB 4 % SENIOR TEILSV. 15-25

ROHSTOFFE

KRYPTOKURSE

DIE TOP 10 ANLEIHEN (YTM)

Börsendaten

HANDELSTEILNEHMER

4.

5.

6.

8. (6.) Raiffeisen Bank International

9. (–) Erste Group Bank AG

(9.) Barclays Bank

MEISTGEHANDELT

(3.) Bawag Group AG 641,96 4. (4.) Raiffeisen Bank Internat. AG

(6.) Verbund AG

(6.) Wienerberger AG

(7.) Voestalpine AG

8. (8.) Andritz AG

9. (–) AT&S AG

10. (9.) StrabagSE 111,01 Gesamt August 2025 5.168,23 Gesamt August 2024 6.544,62 Differenz –1.376,40

VERGLEICHSPERIODE

AKTUELLE PERIODE

VERGLEICHSPERIODE

VERGLEICHSPERIODE

AKTUELLE PERIODE

GUT PERFORMT. Der Börsenwert der französischen Großbank Societe Generale stieg im ersten Halbjahr stark an.

BÖRSENWERT: EUROPAS BANKEN HOLEN AUF

Aktien von Europas Großbanken haben im ersten Halbjahr besser performt als die Pendants aus den USA. Laut einer Studie des Beraters EY stieg die Marktkapitalisierung der nach Bilanzsumme zehn größten europäischen Banken um 34 Prozent auf knapp 834 Milliarden Euro. Die Marktkapitalisierung der zehn

größten US-Banken stieg in den ersten beiden Quartalen nur um vier Prozent. Nichtsdestoweniger sind die USInstitute mit 1,95 Billionen Euro mehr als doppelt so viel wert als die Banken auf dem alten Kontinent. Bei der Eigenkapitalrendite hat sich der Unterschied verringert. In Europa liegt der Return on

Interview

BEI KI IST UNS ASIEN VORAUS

Björn Pichler, Leiter Banking & Financial Industries der Managementberatung Horvath Wien, über die Ergebnisse eines Auszugs der CxO-Priorities-Studie zu „Banken und Finanzdienstleister 2025“.

Herr Pichler, Sie haben 130 Führungskräfte befragt, darunter 25 aus Österreich. Wie sehen diese die Geschäftschancen der Banken? – Björn Pichler: Weltweit rechnen die Führungskräfte 2025 mit einem moderaten Umsatzwachstum von vier Prozent und einem Anstieg der operativen Ertragskraft auf 13 Prozent.

Stichwort Globale Unsicherheiten. Wie gehen die österreichischen Banken damit um? – Für das laufende Jahr soll die Risikovorsorge um acht Prozent erhöht werden. Im Vorjahr lag der Anstieg bei 6,4 Prozent. Die Banken im DACH-Raum und in Österreich agieren vorsichtig. Das ist der Tenor, der sich aus den Interviews mit Top-Managern der heimischen Bankenlandschaft ableiten lässt. Es ist ein Vorteil, das österreichische Banken stabil und resilient sind. Auch angesichts des für 2026 anberaumten EZB-Stresstests, der geopolitische Schocks und globale Machtverschiebungen berücksichtigt.

BJÖRN PICHLER

Managementberatung

Horvath Wien: „In Österreich sind die Banken beim KI-Einsatz noch nicht sehr weit.“

Die Digitalisierung ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit. Wie stehen Österreichs Banken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz da? – Die Zeit der Testläufe ist vorbei. KI wird angewendet. Das Thema wird mittlerweile auf Vorstandsebene intensiv diskutiert. Aber Investments in KI müssen sich rechnen. In Österreich sind die Banken beim Einsatz von KI noch nicht sehr weit. Bei Entscheidungen auf Managementebene ist das Thema noch nicht angekommen. Asiatische Banken sind da viel weiter. Die Kosten für KI sind relevant. Deshalb gibt es keine Ad-hoc-Investments. Eine Integration in vorhandene Datenpools bringt keine Probleme, wenn die Datenarchitektur mit den relevanten Schnittstellen auch einer effizienten und effektiven Governance unterliegt. Umfassend beschäftigen müssen sich Banken jedoch bei der KI-Datennutzung mit den aktuellen Compliance-Anforderungen, Stichwort Dora.

Equity bei 10,7 Prozent, in den USA bei 11,3 Prozent. Kursgewinner waren die französische Societe Generale, die Deutsche Bank sowie die Santander aus Spanien. Heimische Banken können da auch mithalten: Bawag Group AG, der RBI AG und der Erste Group Bank konnten den ATX deutlich outperformen.

UNICREDIT: KATZ-UND-MAUSSPIEL MIT COMMERZBANK

Die Unicredit macht in Sachen Fusion Druck auf die Commerzbank. Unicredit-CEO Andrea Orcel sagt in einem Interview mit der „FAZ“, dass er sein Aktienpaket auch an einen nichteuropäischen Investor verkaufen würde, wenn seine Vorstellungen eines starken europäischen Players bei der Commerzbank AG nicht auf Gegenliebe stoße. „Wenn dies nicht gewünscht ist, gelten selbstverständlich die Regeln der freien Marktwirtschaft“, betonte Orcel. Die Unicredit hält derzeit mehr als 25 Prozent an der Commerzbank und kann via Optionen auf knapp 30 Prozent aufstocken.

UNICREDIT-CEO. Andrea Orcel kann sich eine feindliche Übernahme der Commerzbank vorstellen.

HARTE ZEITEN FÜR BAUSPARKASSEN

Vor 20 Jahren war die Welt für Bausparkassen noch in Ordnung. Damals lag die Zahl der abgeschlossenen Bausparverträge laut einer Auswertung der OeNB noch bei 5,67 Millionen. Über die Jahre hinweg setzte ein langfristiger Abwärtstrend ein. Per Mitte des laufenden Jahres wurden nur noch 2,92 Millionen Bausparer gezählt. Angesichts des für das laufende Jahr festgelegten Prämiensatzes in Höhe von 1,5 Prozent kommen bei der maximal möglichen Einzahlung von 1.200 Euro im Jahr unterm Strich 18 Euro Prämie heraus. Eine vernachlässigbare Größe.

Karriere

Stefan Neubauer ist seit 2019 Vorstandsmitglied der Kathrein Privatbank und wird ab 1. Jänner 2026 als neuer CEO der Bank fungieren.

Louis Kahane wurde im September zum Vorstandsvorsitzenden der Bank Gutmann AG bestellt.

Ab Anfang 2026 fungiert auch Meinhard Platzer als Mitglied des Vorstands der Bank.

Bei der HYPO NOE beraten wir Sie auch bei BusinessLösungen von Mensch zu Mensch. Denn nur ein persönlicher Zugang auf Augenhöhe macht maßgeschneiderte Lösungen möglich. Mehr dazu auf hyponoe.at

Stresstest 2026: EZB überprüft erstmals Kriegsresilienz der Banken

Oberbank bietet in fünf Filialen in Bayern kein Bargeld mehr an Bawag-Umfrage: Vier von zehn Österreichern borgen sich kurzfristig Geld aus — Maybank aus Malaysia leiht der AT&S AG

150 Millionen Euro für das Werk in Kulim Bank99 platziert erste Senior-Preferred-Anleihe mit Volumen von 85 Millionen Euro

Kolumne

Kurt Weinberger

Vorstandsvorsitzender

Österr. Hagelversicherung

JEDER HEKTAR ZÄHLT!

Die Zahlen zum verfügbaren Ackerland in Österreich sind alarmierend: Nur 16 Prozent der Fläche Österreichs stehen für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung – und dennoch verschwinden Tag für Tag rund zwölf Hektar wertvolle Äcker und Wiesen unter Asphalt und Beton. Straßen, Gewerbegebiete oder Supermärkte verdrängen die Landwirtschaft, ertragreiche Agrarflächen gehen unwiederbringlich verloren. Für unsere Landwirtschaft bedeutet diese Entwicklung eine spürbare Mehrbelastung. Allein zwischen 2011 und 2021 sind die Pachtpreise laut Statistik Austria um 18 Prozent gestiegen – Tendenz weiter steigend. Die Folge: Was die Konsumentinnen und Konsumenten in Form höherer Lebensmittelpreise zu spüren bekommen, trifft die Bauernschaft durch steigende Pachtkosten noch unmittelbarer. Zusätzlich verschärft die höchste Supermarktdichte Europas –mit 60 Geschäften pro 100.000 Einwohnern, deutlich mehr als in Deutschland mit 40 – die Situation rund um die hohen Lebensmittelpreise in Österreich. Wir dürfen nicht vergessen: Jeder verlorene Hektar Boden fehlt dauerhaft für die Produktion heimischer Lebensmittel. Bedenken wir: Ernährungssicherheit kann man nicht importieren! Deshalb gilt es, Agrarflächen konsequent zu schützen und vorrangig bestehende Leerstände zu nutzen. Nur so können wir die Natur in ihrer Schönheit bewahren sowie Konsumentinnen und Konsumenten und unsere Bäuerinnen und Bauern unterstützen – jene, die mit harter Arbeit das Fundament für unsere Lebensmittelversorgung legen, aber den kleinsten Anteil am Lebensmittelpreis erhalten. k.weinberger@boersianer.at

EXPANSION. Die VIG wächst weiter. In Deutschland und Moldau.

VIG AUF EXPANSIONSKURS

Die Vienna Insurance Group setzt ihren Expansionskurs fort – und das gleich doppelt. Zwei strategische Schritte, die nicht nur geografisch weit auseinanderliegen, sondern auch die Ambitionen der VIG unterstreichen, ihre Position in Europa weiter zu stärken und zu diversifizieren. Mit dem Kauf von 80 Prozent der Anteile an Moldasig direkt vom Staat steigt die VIG zum Marktführer in Moldau auf. Zusammen mit Donaris, die man sich schon 2014 gesichert hat, kontrolliert die VIG künftig damit rund 30 Prozent des Versicherungsmarktes und wird zur Nummer eins in dem Staat, den man früher Moldawien nannte. Mit der Transaktion – 80 Prozent der Anteile an Moldasig wurden direkt vom Staat gekauft – positioniert sich die VIG in einem Land, das sich mitten in einem geopolitischen Spannungsfeld befindet, aber zugleich mit den 2024 begonnenen EU-Beitrittsverhandlungen auf einen klaren europäischen Kurs setzt. Sowohl Moldasig als auch Donaris sind breit aufgestellt und bieten alles außer Lebensversicherungen – zudem sind sie tief in der Region verankert. Die Wette auf die Integration Moldaus ist mutig, birgt aber auch Risiken. Die Lage in der abtrünnigen Provinz Transnistrien bleibt fragil, Russland mischt weiter mit und will den EU-Beitritt Moldaus torpedieren. Dass die VIG konsequent ihre Mittel aus der gefüllten Übernahmekasse einsetzt, zeigte sich zuletzt auch bei den Avancen zur Mehrheitsübernahme an der Nürnberger Versicherung. Bis zum vierten Quartal soll die Entscheidung gefallen sein, ob die Vienna Insurance Group AG eine kontrollierende Mehrheitsbeteiligung von mehr als 50 Prozent an der deutschen Nürnberger Beteiligungs AG erwirbt. Für die VIG hat der Deal Charme, laut deren CEO Hartmut Löger kann der deutsche Erstversicherer zur weiteren Diversifikation des Konzerns beitragen.

Donau Versicherung übernimmt die betriebliche Kollektivversicherung der Ergo Versicherung Bawag Versicherung wurde vollständig in die Generali Versicherung integriert Fusion der Fondstöchter von Generali und der Bank BPCE wackelt Uniqa offeriert eine flexible Privatarzt-Versicherung

REGULIERTE

INFRASTRUKTUR FÜR

DIGITALE

ASSETS: WARUM BITPANDA TECHNOLOGY SOLUTIONS DER PARTNER FÜR DIE ZUKUNFT IST.

Mit Bitpanda Technology Solutions (BTS) stellt das Wiener FinTech eine White-Label-Infrastruktur bereit, die Banken, Brokern und FinTechs direkten Zugang zu digitalen Assets ermöglicht.

Statt selbst komplexe Systeme und Lizenzen aufzubauen, können Partner ihren Kunden über BTS ein vollständiges Investmentangebot anbieten, von Kryptowährungen bis hin zu Aktien und Edelmetallen. Die Besonderheit: Die gesamte technische Abwicklung und regulatorische Verantwortung liegt bei Bitpanda, während die Partner ihr Angebot unter eigener Marke präsentieren.

„Unsere Infrastruktur zeigt, dass KryptoRegulierung und Innovation Hand in Hand gehen können“, sagt Lukas EnzersdorferKonrad, Co-CEO von Bitpanda. Mit den MiCAR, FCA (UK) und VARA (UAE) Lizenzen zählt Bitpanda zu den am strengsten regulierten Plattformen. Dieses Fundament sorgt dafür, dass auch konservative Institute digitale Assets anbieten können, ohne regulatorische Risiken einzugehen.

Dass das Modell funktioniert, zeigen die bestehenden Kooperationen. Die Neobank N26 ermöglicht ihren Kunden Krypto-Trading direkt in der App. Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien war 2023 die erste traditionelle Bank in der EU, die über BTS einen Krypto-Service startete. Auch die LBBW nutzt die Infrastruktur, um institutionellen Kunden Zugang zu digitalen Assets zu verschaffen, während die Rakbank aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sie für ihr Retail-Angebot einsetzt. Gemeinsam bilden diese Partner ein Ökosystem, das vom Start-up bis zum etablierten Institut reicht – ein klares Signal für die wachsende Bedeutung regulierter Infrastruktur im Krypto-Sektor.

Für 2025 plant BTS den weiteren Ausbau seiner regulierten Custody-Technologie und die Anbindung zusätzlicher Banken in Europa und weltweit. Ein Schwerpunkt liegt

auf der Erweiterung des Asset-Universums: Neben Kryptowährungen sollen weitere digitale Anlageklassen hinzukommen. Gleichzeitig strebt BTS den Ausbau in allen wichtigen Finanzmärkten an – in Europa und darüber hinaus. Rückenwind bietet der neue Regulierungsrahmen MiCA, der grenzüberschreitende Finanzinnovationen erleichtert.

Lektüretipp

Der Europe Diving Into Crypto Report 2025 von Bitpanda Technology Solutions und Zeb Consulting liefert Einblicke in die Krypto-Adoption. Die Studie zeigt: Jeder siebte Privatanleger und fast die Hälfte der vermögenden Investoren sind bereits in Krypto engagiert oder planen den Einstieg – ein deutliches Signal für die steigende Relevanz digitaler Assets in Europa.

Lukas Enzersdorfer-Konrad (l.) und Eric Demuth (r.), Co-CEOs Bitpanda
BTS Report 2025

COMGEST

ERWEITERT EUROPA-TEAM

Gleich drei neue Investmentexperten hat die Pariser Fonds-Boutique Comgest unlängst ins Boot geholt. Der ehemalige DWS-Fondsmanager Mark Schumann wird als Analyst und Co-Portfoliomanager bei den Fonds Comgest Growth Europa und Comgest Growth Europe ex UK seine Expertise beitragen. Bassel Chougari wechselt innerhalb von Paris zu Comgest und wird als Analyst zwei Europa-Themen-Fonds betreuen. Analyse ist auch die Kernkompetenz von Quentin Borie, der zuvor bei Oddo BHF tätig war und nun bei Comgest europäische Unternehmen aus verschiedenen Branchen unter die Lupe nimmt.

FIDELITY

MIT ERSTEM HALB TRANSPERANTEM ETF IN EUROPA

Fidelity hat im September die neue Produktlinie Fundamental Equity mit aktiven ETFs auf den Markt gebracht. Was sich zunächst wie ein Widerspruch anhört, bedeutet mehr Flexibilität für das Management bei der Gewichtung einzelner Titel im Index. Bis zu fünf Prozentpunkte kann dabei die Abweichung von der Benchmark betragen und damit mehr als bei bisherigen „smarten“ ETFs. In die neuen Fonds fließt auch mehr fundamentale Analyse. Fidelity nutzt darum bei einem der Fonds als Erster in Europa eine semitransparente Struktur. Das heißt: Beim US-Fundamental SmallMid Cap ETF muss nicht mehr täglich das Portfolio offengelegt werden, und die Research-Ergebnisse bleiben länger geschützt. Erst kürzlich hat die irische Finanzaufsicht diese Möglichkeit in Europa eingeräumt.

IM GESPRÄCH. Robert Stark, CEO bei Nomura für das US-Geschäft

ES GEHT UM AUFBAU, NICHT UM KÜRZUNGEN

Die japanische Fondsgesellschaft Nomura übernimmt von der australischen Macquarie das Fondsgeschäft in den USA und Europa. Dabei geht es immerhin um 180 Milliarden US-Dollar an Assets under Management. Was sich Nomura erwartet und wie es mit den Macquarie-Fonds weitergeht, hat der Börsianer bei Robert Stark, CEO bei Nomura für das US-Geschäft, nachgefragt.

Wie kam es zur Übernahme der Macquarie-Fondsgesellschaften in den USA und Europa? –Robert Stark: Die USA sind unser größter Markt außerhalb Japans und gleichzeitig der größte Asset-Management-Markt der Welt. Insofern war die Übernahme der Fondsgesellschaften von Macquarie eine einmalige Gelegenheit, unsere Kompetenzen in diesem wichtigen Markt auszubauen. Die Plattform von Macquarie bietet Zugang zu neun der zehn größten US-Vertriebsplattformen für Privatkunden. Zudem verfügt sie über enge Kundenbeziehungen im institutionellen Bereich, insbesondere im Versicherungssektor. Das gilt auch für die Plattform in Europa.

Welche Synergien erhoffen Sie sich durch die Übernahme, und wird das den Personalstand betreffen? – Bei dieser Transaktion geht es nicht um Kostensynergien. Tatsächlich erwarten wir weitere Investitionen in das fusionierte Unternehmen, da es bedeutende Wachstumschancen bietet. Unter anderem sehen wir Potenzial für einen verstärkten internationalen Vertrieb, neue Lösungen für die Private Markets und die Möglichkeit, mehr Kundenbedürfnisse in verschiedenen Regionen zu erfüllen. Bei dieser Transaktion geht es um Aufbau, nicht um Kürzungen.

Wird es ein Rebranding der Macquarie-Fonds geben? – Nach dem Abschluss wird das Macquarie-Geschäft eine neue Nomura-Markenidentität annehmen, die die Stärken der fusionierten Organisation widerspiegeln soll. Diese einheitliche Marke signalisiert unser Engagement für eine größere, globalere Plattform mit breiteren Fähigkeiten.

Werden weitere Übernahmen ein Teil der internationalen Wachstumsstrategie sein? – Wir sind immer offen für Möglichkeiten, die uns helfen, unseren Kunden besser zu dienen, aber unsere kurzfristige Priorität liegt darin, die Stärken, über die wir derzeit verfügen, auch wirklich auszuschöpfen. Das bedeutet, in Talente und Technologie zu investieren, unser aktives ETF- und Private-Markets-Geschäft weiter auszubauen, neue Produkte zu entwickeln und unser erweitertes Vertriebsnetz zu nutzen.

Emerging Markets: Aktive Fonds besser STUDIE. Nicht nur Privatanlegerinnen und -anleger greifen gern zu kostengünstigen ETFs, die in der Regel einen Index passiv abbilden. Auch bei Dachfondsmanagern sind sie inzwischen gern gesehen, um große Aktienmärkte abzubilden. Rebekka Haller, Analystin beim Bankhaus M.M. Warburg, hat sich in einer Auswertung genauer angesehen, wie gut die passiven Produkte für Schwellenländermärkte geeignet sind. Dabei wurden mehr als 500 aktive Fonds über 15 Jahre mit dem MSCI-Emerging-Markets-Index verglichen. Es zeigt sich, dass hier mehr als die Hälfte den Index durch aktives Management schlagen konnten. Zum Vergleich: Aktive US-Aktien-Fonds landeten praktisch alle unter dem S&P500-Index. Bei heterogenen Märkten wie den Schwellenländern konnten lokale Expertise und aktive Auswahl der Unternehmen ihre Vorteile ausspielen. Bei der absoluten Performance blieben aber selbst die erfolgreichsten Schwellenländer-Fonds hinter dem S&P500 zurück. Sie konnten nur weniger als halb so viel Rendite erzielen.

Karriere

Marcus Thom ist neuer Head of Institutional Business für Deutschland und Österreich bei Alliance Bernstein. Er bringt 20 Jahre Branchenerfahrung mit und war zuvor bei Nordea Asset Management.

Anton Eser Wurde im September 2025 zum Chief Investment Officer (CIO) und Mitglied des Executive Committee von Robeco ernannt. Er folgt Mark van der Kroft, der in den Ruhestand geht.

Plattform Moonfare stellt ihren Private-Equity-ELTIF ein Europäer griffen im 2. Quartal wieder bei ESGFonds zu Erste Rückzahlungen bei Fonds-Provisionen durch Banken Ökoworld plant nachhaltigen, aktiven ETF für 2026 Wiener Börse: ETF-Angebot seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt

WEIL MÄRKTE NICHT WARTEN

Es klingt wie ein Paradox: Auf der einen Seite wissen wir durch eine aktuelle von der Raiffeisen Bank International beauftragten Umfrage unter 500 Österreicherinnen und Österreicher, dass Inflationssorgen eine ganz zentrale Rolle bei Anlageentscheidungen spielen. Auf der anderen Seite liegen dreistellige Milliardenbeträge in niedrigverzinsten Anlagen geparkt. Wie lässt sich erklären, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher vor der Geldentwertung fürchten und dennoch zu einem sehr großen Teil den Kapitalmärkten fernbleiben?

Sehr oft sind es psychologische Barrieren, die einer aktiven Anlagestrategie im Wege stehen. Viele Österreicherinnen und Österreicher nehmen nur die Risiken der Kapitalmärkte wahr und sehen nicht deren Chancen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Menschen, die zwar grundsätzlich zu Kapitalmarktinvestments bereit sind, jedoch auf einen passenden Einstiegszeitpunkt hoffen, während ihnen die Märkte davonlaufen. Da die Märkte nicht auf sie warten, bleiben sie dem Kapitalmarkt dauerhaft fern.

Bei diesen psychologischen Hemmnissen müssen wir ansetzen. Wir müssen vermitteln, dass Zertifikate sehr gute Lösungen sein können, um die ersten Schritte in den Kapitalmarkt zu wagen. Viele Zertifikate, oftmals mit Kapitalschutz oder Teilschutz ausgestattet, sind so konzipiert, dass sie auch in seitwärtslaufenden oder korrigierenden Marktphasen attraktive Renditechancen bieten. Entwicklungen der Märkte in der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Zudem besteht das Emittentenrisiko, das bedeutet, dass die Rückzahlung des Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt.

Mehr Infos auf unserer Website: www.raiffeisenzertifikate.at

Heike Arbter, Leiterin Raiffeisen Zertifikate in der Raiffeisen Bank International

Kolumne

Bettina Schragl

Kommunikationsleiterin

Semperit AG Holding

KENNE DEINEN PRIVATAKTIONÄR

Das KYC-Prinzip („Know Your Customer“) ist aus der Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken. Mit der Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie hat sich auch das „Know Your Shareholder“Prinzip etabliert: Emittenten können über Depotbanken die Identität ihrer Aktionäre abfragen und diese gezielt adressieren. Ein Fortschritt – aber leider kein vollständiger für österreichische Unternehmen, deren Streubesitz zu einem hohen Anteil von Privatanlegern gehalten wird. Denn hierzulande können nur jene Aktionäre identifiziert werden, die mehr als 0,5 Prozent halten. In der Praxis betrifft das meist Institutionelle, die ohnehin freiwillig offenlegen – etwa im Rahmen einer Shareholder-ID – oder mit denen man durch Roadshows und Konferenzen in Kontakt steht. Die breite Masse der Privatanleger hingegen bleibt anonym. Viele von ihnen nehmen nicht an Hauptversammlungen teil und sind für die IR-Arbeit weder identifizierbar noch direkt erreichbar. In Deutschland ist das anders: Dort wurde auf die Einführung eines Schwellenwerts verzichtet. Die EU räumte den Mitgliedstaaten einen Spielraum bis zu einer Grenze von 0,5 Prozent ein – Österreich hat diesen voll ausgeschöpft. Damit ergibt sich ein klarer Standortnachteil für österreichische Emittenten in der Aktionärskommunikation. Das Problem ist erkannt, und Initiativen von Wiener Börse, CIRA und Embera Partners setzen sich dafür ein, hier Gleichstellung zu schaffen. Bleibt zu hoffen, dass sie erfolgreich sind – im Sinne einer transparenten und dialogorientierten Kapitalmarktkommunikation. b.schragl@boersianer.at

ZUKUNFT DER OMV Blick in eine chemische Recyclinganlage.

OMV: TRANSFORMATION MIT TURBULENZEN

Kommendes Jahr wird Alfred Stern den CEO-Sessel der OMV AG räumen – und er geht nicht ohne Wirbel. Dass jetzt 2.000 Arbeitsplätze wegfallen – fast zehn Prozent der globalen Belegschaft –, sorgt nach Jahren mit teilweise üppigen Dividendenausschüttungen auch für Kritik. Stern verteidigt das mit der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens: 400 Millionen Euro werden eingespart. Das soll in die Zukunft fließen, und diese dürfe nicht durch ein Zuviel an Regulatorik, Stichwort Green Deal, behindert werden, betont der CEO bei fast jeder Gelegenheit. Der gebürtige Steirer hat den Konzern in einer der turbulentesten Phasen der europäischen Energiegeschichte geführt: Die Abkehr vom russischen Gas, das laut Stern in einem „Profil“-Interview „das teuerste war, das wir je gekauft haben“, war ein Kraftakt, der die OMV AG unabhängiger und resilienter gemacht hat. Parallel dazu wurde die Strategie 2030 forciert: Die OMV AG will sich vom klassischen Öl- und Gaskonzern zum integrierten Anbieter nachhaltiger Chemikalien, Kraftstoffe und Energie wandeln. Rund 40 Prozent des Investitionsbudgets fließen inzwischen in Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Projekte.

Stichwort Petrochemie: Die gemeinsam mit der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) beschlossene Gründung der Borouge Group International mit künftigem Sitz in Österreich kann als Meilenstein in Sterns Amtszeit gelten. Sehr ungelegen kommt da ein mutmaßlicher Spionagefall rund um einen Mitarbeiter, der auch für Adnoc tätig war. Auf die geplante Fusion der Polyolefin-Geschäfte von Borealis und Borouge habe dies keinen Einfluss, versucht Stern zu beruhigen.

ATX MIT ZWEI NEUEN

Porr AG und Strabag AG verdrängten mit Ende September die Telekom Austria AG und Mayr-Melnhof Karton AG aus dem ATX. Auch in anderen Indizes der Wiener Börse gibt es Änderungen: Pierer Mobility AG und Rosenbauer International AG scheiden aus dem ATX Family aus, also Unternehmen, an denen Gründerfamilien, Vorstände und Aufsichtsräte zwischen 25 Prozent und 75 Prozent halten. Die Agrana Beteiligungs AG wird neu in den ATX Global Players aufgenommen, Wienerberger aG wird gestrichen. Der Index enthält aktuell 16 Prime-Market-Unternehmen, die mehr als 20 Prozent der Umsätze außerhalb Europas erwirtschaften. Die Zusammensetzung der Indizes wird einmal jährlich im September überprüft. Die Berechnung erfolgt nach einer quantitativen Methodik.

Palfinger erhöht Streubesitz Um den Wiedereinzug in den ATX zu erleichtern, hat die Palfinger AG rund 2,8 Millionen eigene Aktien zu je 35,40 Euro an internationale Investoren verkauft. Das sind rund 7,5 Prozent des Kapitals. Der Deal bringt rund 100 Millionen Euro und erhöht den Streubesitz auf 43,5 Prozent. CEO Andreas Klauser spricht von einem „Meilenstein“. Die Aktie liegt seit Jahresbeginn rund 85 Prozent im Plus – auch dank globaler Konjunkturprogramme wie dem deutschen Fiskalpaket.

Karriere

Petra Preining verließ im Sommer nach weniger als drei Jahren die AT&S AG und ist jetzt neue Finanzvorständin der KTMMutter Pierer Mobility und der KTM AG. Zuvor war sie – auch nur eineinhalb Jahre – bei der Semperit AG Holding tätig.

Mathias Breuer, aktuell Senior Vice President und zuständig für das Performance-Programm, wird mit 2026 neuer Finanzvorstand der Lenzing AG. Vorstand Christian Skilich bleibt bis 2029.

Agrana: Ergebniskorrektur nach oben Cyberangriff: Software von VAS AG betroffen 30 Millionen Euro: WEB Windenergie beendet Zeichnungsfrist der Jubiläumsanleihe vorzeitig — Vergütungsstudie: ATX-Manager haben kaum Interesse an eigenen Aktien

Marketingdokument

Dieses Marketingdokument wird von Pictet Asset Management herausgegeben. Jede Anlage birgt Risiken, einschließlich des Risikos, die ursprünglich investierten Beträge nicht zurückzuerhalten.

Sollten sie auch Ihre

Thematische Investments.

Seit 1995 sind wir Pioniere im Bereich der aktiv gemanagten thematischen globalen Aktienstrategien. Wir sind immer auf dem neuesten Stand und identifizieren die dauerhaftesten globalen Themen, um langfristige Ergebnisse zu erzielen. pictet.com/assetmanagement

Art installation inspired by the Large Hadron Collider at CERN, Geneva.

Kommentar

Jan Kluge Ökonom

Agenda Austria

SO BEKÄMPFT MAN INFLATION NICHT

Die Regierung greift ein. Sie durchlöchert die Wertsicherung der Mieten im regulierten Bereich noch weiter und weitet die Mietpreisbremse sogar auf das freie Segment aus. Und in ein paar Jahren werden sich dann wieder alle wundern, warum der Nachfrageüberhang in den Ballungsräumen noch größer geworden ist und warum es nun gar keine unbefristeten Mietverträge mehr gibt. Dass die SPÖ damit ihre Klientel bedienen möchte, ist offensichtlich. Ihre Wähler – so glaubt sie jedenfalls –wohnen ohnehin im Gemeindebau. Und wenn die Neumieten im freien Markt nun noch weiter durch die Decke gehen, ist ihr das nur recht. So bleibt das Feindbild des gierigen Vermieters am Leben. Diese simple Parteitaktik aber als Inflationsbekämpfung zu bezeichnen, ist absurd. Die Mieten werden immer nur nachträglich – und im regulierten Bereich seit 2023 nicht einmal mehr das – an die allgemeine Teuerung angepasst. Sie können die Inflation nicht treiben; sie können allenfalls ein Transmissionsmechanismus sein, mit dem eine Inflationskrise in die Länge gezogen wird. Dafür ist die Gewichtung der Mieten im Warenkorb aber viel zu gering. Die Lohn-Preis-Spirale – von der die SPÖ so kurz vor den Lohnverhandlungen natürlich nichts hören will – ist dafür viel relevanter. Und die dreht sich munter weiter.

ÖRAG-EXPERTE. Michael Buchmeier: „Unsere neuen Kunden sind Masseverwalter und nicht mehr wie früher Bauträger.“

DIE BANKEN BETREIBEN

VOGEL-STRAUSS-POLITIK

Örag-Immobilien-Vorstand Michael Buchmeier über die Verwerfungen in der Immobilienbranche und die Auswirkungen auf den Bankensektor.

Der Immobilienmarkt ist sehr angespannt. Wie reagieren die Banken darauf? – Michael Buchmeier: Der österreichische Immobilienmarkt ist am Scheideweg. Der starke Zinsanstieg vor drei Jahren hat Bedrängnis gebracht. Aktuell ist der Transaktionsmarkt auf ein Drittel des früheren Niveaus gesunken. Unter den Banken wurde in den vergangenen beiden Jahren eine Vogel-Strauß-Politik betrieben. An den gesamten Insolvenzen ist der Anteil von Pleiten im Bau- und Immobilienbereich im Vorjahr und der ersten Hälfte 2025 stark gestiegen. Laut OeNB lag der Anteil notleidender Kredite an allen NonPerforming Loans im Immobilienbereich früher bei 13 bis 15 Prozent. Jetzt sind es 35 Prozent. In der Bauwirtschaft lag der Satz früher bei rund zehn Prozent, nun sind es 16 Prozent. Insgesamt sind so mehr als 50 Prozent aller notleidenden Kredite aus dem Immobilien- und Bausektor. Besonders betroffen sind Regionalbanken. Das hat bei Raiffeisenbanken schon zu Zusammenschlüssen geführt.

Ist man bei den Finanzierungen zu lasch vorgegangen? – Ab dem Jahr 2008 war wegen der Nullzinspolitik der österreichische Immobilienmarkt für Investoren ein Schlaraffenland. Das Investmentgeschäft war überzogen. Und alle Beteiligten haben mitgespielt. Auch die Banken. Es wurden Finanzierungen gewährt, die es sonst nicht gab. Aufgrund des raschen Drehens der Immobilien haben die Banken an diesen Finanzierungen kaum eine Zinsmarge verdient, es wurde nur über Bearbeitungsgebühren ein Geschäft gemacht.

Was bedeutet das für Ihr Geschäft – Der Immobilienmarkt ist schwierig und wird es auch bleiben. Bis Ende 2026 wird der aktuelle Marktzyklus andauern. Die Marktbereinigung wird weitergehen. Unsere neuen Kunden sind Masseverwalter und nicht mehr wie früher Bauträger.

MODERATER MIETPREISANSTIEG BEI LOGISTIK-IMMOS

Europas Logistikimmobilienmarkt stabilisiert und konsolidiert sich. Vom zweiten Quartal 2025 bis zum zweiten Quartal 2030 wird laut Garbe Research ein durchschnittlicher Mietpreisanstieg von jährlich 1,9 Prozent erwartet. Zum Vergleich: Zwischen dem zweiten Quartal 2020 und dem zweiten Quartal 2025 lag der jährliche Anstieg bei 5,6 Prozent. Laut Garbe Research war der außergewöhnliche Mietschub der letzten Jahre nicht dauerhaft reproduzierbar. Bei hochwertigen Lagen besteht jedoch Wachstumspotenzial.

WOHNIMMOBILIEN KAUM LEISTBAR

Die Leistbarkeit von Wohnimmobilien hat sich in Österreich in den vergangenen zweieinhalb Jahren laut einer Immobilienmarkt-Analyse der Unicredit Bank Austria AG verbessert. Die ImmoPreise sind seit 2022 im Schnitt um 3,5 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum ist das Haushaltseinkommen um durchschnittlich 23,5 Prozent gestiegen. Dennoch ist es um die Leistbarkeit nicht gut bestellt. Unicredit-Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: „Im Vergleich zu 2008, dem Beginn des Immobilienbooms, stiegen die Immobilienpreise deutlich stärker als die Einkommen. Die Leistbarkeit ist aktuell um fast 30 Prozent geringer als 2008.“

LOKALE KÄUFER DOMINIEREN

Der heimische Immobilienmarkt wurde laut EHL Immobilien auch im zweiten Quartal 2025 klar von österreichischen Investoren dominiert. Rund 70 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens entfielen auf lokale Akteure. Private Investoren, speziell via Family Offices und Stiftungen, bleiben die mit Abstand stärkste Käufergruppe. Ausländische Investoren zeigen zunehmendes Interesse vor allem an großvolumigen Objekten. Im Laufe des Jahres ist laut EHL damit zu rechnen, dass internationale Player vermehrt in den Transaktionslisten zu finden sein werden.

DIE MARKTBEREINIGUNG GEHT WEITER

Der Untergang des von Rene Benko aufgebauten Signa-Reichs schlägt noch immer Wellen. Und insgesamt ist bei Insolvenzen im Immo-Sektor weiterhin Feuer am Dach. Im Vorjahr entfiel mehr als die Hälfte der Großinsolvenzen mit Passiva von je mehr als zehn Millionen Euro auf den Immobiliensektor. Laut dem Kreditschutzverband von 1870 hat sich der negative Trend auch 2025 fortgesetzt. Von Jahresanfang bis Ende des dritten Quartals hatte neuerlich mehr als die Hälfte der Großpleiten einen Bezug zum Immobilienbereich, wurden also im Bau-, Grundstücks- und Wohnungswesen verzeichnet. Karl-

KRISE. Wegen der gesunkenen Bautätigkeit sind auch beim Wiener Donaukanal weniger Kräne zu sehen.

Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz: „Trotz etwas weniger Pleiten in den vergangenen drei Monaten steht der Immobiliensektor weiter massiv unter Druck. Besonders Projektentwickler befinden sich angesichts einer angespannten Kostenstruktur und einer überschaubaren Anzahl an Bauprojekten nach wie vor in einer brenzligen Lage.“

Raiffeisen Immobilien: Eigentumswohnungen in Eisenstadt und St. Pölten am günstigsten CBRE: Nachfrage nach ESG-konformen Flächen treibt Spitzenmieten in Wien CPI Europe: Vít Urbanec und Zdeněk Havelka als neue Vorstände nach Immofinanz-Umbenennung

Wienwood-Preis: Mehrere Wiener Holzbauten ausgezeichnet

Kolumne

„LIFESTYLE-TEILZEIT“

Der Befund ist eindeutig: Österreich hat mit 36,1 Prozent die zweithöchste Teilzeitquote in der EU. Seit 1994 hat sich diese laut Ministeriumsangaben mehr als verdoppelt, gleichzeitig ist die durchschnittliche Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in keinem anderen EULand stärker gesunken. Laut Eurostat sind Betreuungspflichten nur bei weniger als zehn Prozent der Teilzeitarbeit ausschlaggebend. Trotz hoher Teilzeitquote weist Österreich im OECDVergleich mit einem Steuerkeil von 47 Prozent bei alleinstehenden Arbeitnehmenden einen der höchsten Werte aus – also die Differenz zwischen den Arbeitskosten des Arbeitgebers und dem Nettoverdienst.

Diese Umstände legen nahe, dass ein erheblicher Teil der Teilzeitarbeit mit der hohen Steuer- und Abgabenbelastung zusammenhängt. In den letzten Jahren wurden von der Politik einige kosmetische Maßnahmen gesetzt, etwa die Anhebung des steuerbegünstigten Ausmaßes für Überstundenzuschläge – allerdings konterkariert durch verschärfte GPLBPrüfungen.

Wirksame Anreize für mehr Vollzeitarbeit erfordern gezielte Reformen: flachere Progressionsstufen im mittleren Einkommenssegment und die Abschaffung von sozialversicherungsrechtlichen Unterschieden, die Teilzeitarbeit finanziell begünstigen. Ob diese Überlegungen Realität werden oder ein Wunsch ans Christkind bleiben, hängt vom politischen Willen und der Fähigkeit ab, den nötigen budgetären Spielraum zu schaffen und den Faktor Arbeit endlich zu entlasten. p.bartos@boersianer.at

Dieter Schalko. In seiner Arbeit legt er besonderen Fokus auf Transaction Diligence. Ein Schwerpunkt liegt auf Private Equity.

PRIVATE EQUITY IM EXIT-STAU

Private-Equity-Experte Dieter Schalko erklärt im Interview, warum derzeit Exits schwerfallen, was das für Investoren bedeutet – und wo trotz der Krise Chancen liegen.

Laut EY-Analyse halten 78 Prozent der Private-Equity-Fonds ihre Beteiligungen länger als geplant. Ist das eine Reaktion auf das wirtschaftliche Umfeld, oder waren Bewertungen zu optimistisch? – Dieter Schalko: Es gibt einen „Valuation Gap“ zwischen Käufer und Verkäufer. Das gestiegene Zinsniveau erhöht die Kapitalkosten und drückt die Bewertungen. Viele Portfoliounternehmen wurden in einer anderen Marktphase erworben und müssen ihre Equity-Story nun anpassen.

Würden Sie von einer Blase sprechen? – Nein, so weit würde ich nicht gehen. Die Entwicklungen waren kaum vorhersehbar.

Der Exit-Stau muss sich irgendwann lösen. Was bedeutet das für Investoren? – Der Druck auf die Fonds wächst, die Erwartungen an Capital-Returns steigen. Das wirkt sich auch auf die Bewertungserwartungen der Verkäufer aus – die Renditen für Investoren sinken.

Warum gibt es trotz hoher Dry-Powder-Bestände und günstigerer Finanzierungen nicht mehr Transaktionen? – Es gibt kein Vertrauensproblem. Vielmehr ist die Verfügbarkeit attraktiver Assets gering, und die Investitionskriterien sind fokussierter. Das Marktumfeld bietet aber auch Chancen, etwa bei Zukunftstechnologien und Transformation.

Warum ist der Rückgang der Transaktionen in Österreich moderater? – Das liegt an der mittelständischen Struktur. Der Markt ist von kleineren, oft von Add-on-Transaktionen geprägt. Mega-Deals sind selten, und die Volatilität ist geringer als international.

430 MILLIARDEN FÜR NET ZERO

Österreichs Klimainvestitionen lagen 2023 bei rund 49 Milliarden Euro – mit einem Neugeschäftspotenzial für Banken von 250 Millionen Euro. Laut dem neuen KlimaModell des Beraters ZEB könnten die Investitionen bis 2030 auf 59 Milliarden jährlich steigen, sofern der Pfad zur Klimaneutralität 2040 eingehalten wird. Insgesamt

wären bis dahin 430 Milliarden nötig, davon 173 Milliarden Euro als Bankfinanzierung. Besonders gefragt: Umschichtungen vom Gebäudesektor hin zu Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Der Wettbewerb um grüne Finanzierung nimmt deutlich zu. Für Banken gilt: jetzt die Weichen stellen.

Mitten in der Transformation

Laut Deloitte Leadership Survey 2025 befinden sich 82 Prozent der österreichischen Unternehmen bereits in einem Transformationsprozess, weitere 86 Prozent stehen kurz davor. Haupttreiber sind technologischer Fortschritt, Kostendruck und Nachhaltigkeit. Doch über 70 Prozent der Projekte scheitern – meist wegen mangelnder Kommunikation und fehlender Einbindung der Mitarbeitenden. Effektive Führung mit klarer Vision und strategischer Orientierung wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

Karriere

Daniel Tasch ist neuer CEO von Marsh McLennan Österreich. Er kommt von Mercer Deutschland, einer Tochtergesellschaft von Marsh McLennan. Zuvor war er für Carl Zeiss, Siemens und BMW tätig.

Benjamin Fassl wird neuer Partner bei PWC Österreich. Seine Schwerpunkte: Melderegime für Finanzdienstleister, Kapitalertragsteuer sowie Konzernsteuerrecht für Banken. Mit ihm steigt auch Regulatorikexperte Florian Bachmann zum Partner auf.

Lena Winkler verstärkt seit Juni die Praxisgruppe Legal bei Deloitte als Rechtsanwältin. Zuletzt war sie mehrere Jahre in der Rechtsabteilung der OMV-Aktiengesellschaft tätig.

STEUERDRUCK GEFÄHRDET STANDORT ÖSTERREICH

Österreichs Steuersystem wird zunehmend zum Risiko für den Wirtschaftsstandort. Laut dem aktuellen Deloitte Austrian Tax Survey 2025 bewerten rund drei Viertel der befragten Führungskräfte die steuerlichen Rahmenbedingungen als herausfordernd. Besonders häufige Gesetzesänderungen und widersprüchliche Auslegungen durch die Finanzverwaltung sorgen dabei für Unsicherheit. Trotz Rekordsteuereinnahmen bleibt das Budgetloch groß – die geplanten Maßnahmen zur Konsolidierung gelten mehrheitlich als unzureichend, lautet die Kritik. Auch globale Entwicklungen wie Zölle und umweltbezogene Abgaben verschärfen die Lage. Deloitte-Experte Herbert Kovar fordert einen steuerpolitischen Neustart, um Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand langfristig zu sichern. Doch wo ansetzen? Bürokratieabbau, eine Gesundheitsreform und die Entlastung des Faktors Arbeit stehen ganz oben auf der Liste der Ansätze – im Grund hat sich da seit der letzten Umfrage nichts verändert.

Arme Reiche

STUDIE. Das weltweite Nettovermögen stieg 2024 laut BCG Wealth Report um vier Prozent auf 512 Billionen US-Dollar. In Österreich ist das Nettovermögen aber um 85 Milliarden US-Dollar auf 2,5 Billionen gesunken. Besonders betroffen: rund 400 Superreiche, die fast 40 Prozent des Finanzvermögens halten, sowie 50.300 Dollarmillionäre. Während sich die Finanzvermögen nur leicht um 0,3 Prozent verringerten, verloren Sachwerte im Schnitt 5,2 Prozent an Wert – vor allem wegen hoher Zinsen und des schwachen Immobilienmarkts. Weltweit war das Plus von vier Prozent von einem Plus beim Finanzvermögen um 8,1 Prozent getrieben. Sachwerte verloren global um 0,4 Prozent.

Deloitte Studie: Österreichs Immo-Preise stabilisieren sich McKinsey: Finanzinstitute in Österreich KI-Vorreiter

KPMG: Österreichische ESG-Berichte im EU-Vergleich besonders umfangreich EY-Studie: Die Automobilbranche schwächelt weltweit, nur China geht es gut

Kolumne

SPARSAMKEIT IST EINE ZIER

Die Staatsschulden haben ein Rekordhoch erreicht. Wir sichern unsere Bequemlichkeit und unseren Wohlstand auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder. Gleichzeitig steigen die Abgabenquote, die Unzufriedenheit der steuerbelasteten arbeitenden Bevölkerung und die geopolitische Sicherheitslage Europas. Die Schweiz etwa funktioniert als Staat auch ohne laufende Defizite: Die Schuldenquote im Bund konnte zuletzt mit einer Ausgabenobergrenze maßgeblich gesenkt werden. Undifferenzierte Förderungen, Helicopter-Money für alle, sollen zurückgefahren werden. Wenn rund ein Viertel des jährlichen Bundeshaushalts in das staatliche Pensionssystem gepumpt wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass alles so bleibt, wie es ist. Es ist nicht zielführend, durch neue und/ oder höhere Steuern die bisherige hemmungslose Ausgabenpolitik zu befeuern. Trotz zahlreicher Steuerreformen zahlt ein Durchschnittsverdiener fast die Hälfte seiner Arbeitsleistung Steuern und Abgaben an den Staat. Die gearbeiteten Stunden stagnieren auf dem Niveau 2019. Es ist höchste Zeit, unabhängig von veralteter politischer Ideologie Denkverbote zu beseitigen. Der Steuerzahler will überzeugt sein, dass mit seinem Beitrag gut gewirtschaftet wird. a.birkner@boersianer.at

Alpine-Pleite.

Zehn Jahre Verfahren, kein Cent für die Anleger. Die Banken sind scheinbar raus.

OGH ZERSCHMETTERT HOFFNUNG DER ALPINE-ANLEGER

Bekanntlich heißt es ja: „Was lange währt, wird endlich gut.“ In diesem Fall gilt das jedenfalls für die involvierten Banken, nicht aber die geschädigten Anleger. Die Rede ist von mehreren Hundert Anlegern, die in den Jahren 2010 bis 2012 Anleihen des 2013 in die Pleite gerutschten Alpine-Konzerns gekauft hatten. Sie zogen 2015 in Form einer Sammelklage vor Gericht und machten Prospekthaftung und Beratungsfehler gegen die Emissionsbanken Bank Austria, RBI, Bawag und Erste Group geltend. Seit wenigen Tagen ist nun klar, dass diese Anleger jedenfalls wegen der Prospekthaftung kein Geld erhalten werden. Das geht aus einem OGH-Urteil (3Ob 200/24 v) hervor, das dem „Börsianer“ exklusiv vorliegt. Bei den Anlegern handelte es sich um etliche Einzelpersonen, darunter Pensionisten, Postbeamte und Anwälte, denen jeweils ein Schaden zwischen 5.000 und 100.000 Euro entstanden ist, sowie von der Arbeiterkammer gesammelte Personen. Vertreten wurden die Anleger von den Anlegeranwälten Benedikt Wallner und Michael Poduschka. „Es ist ein erstaunliches Urteil“, meint Wallner resignierend, „das Thema Prospekthaftung ist damit leider erledigt.“

Und in der Tat hat sich in den zehn Jahren, die das Verfahren gedauert hat, an den Gerichten Merkwürdiges abgespielt. Während das Erstgericht feststellte, die Alpine Holding wäre zum Zeitpunkt der Emission gar nicht zahlungsunfähig gewesen, verneinte die zweite Instanz eine Haftbarkeit der Banken für Prospektangaben generell. Der OGH ist nun auf die Frage gar nicht eingegangen, ob Banken für einen Prospekt haften, und konnte keine unrichtigen Angaben im Prospekt finden. Wallner will dennoch nicht aufgeben: „Es ist nur ein Teilurteil, es bleibt ja noch die Beratungshaftung“ – die aber den weit kleineren Teil ausmacht. Die siegreichen Bankenanwälte von Doralt Seist Csoklich, Martin Oppitz, Fellner Wratzfeld und Binder Grösswang wollten sich zu dem Urteil nicht äußern. Wahrscheinlich wollten die Banken die Arbeiterkammer nicht zusätzlich verärgern, schließlich kommt der Finanzminister aus deren Haus. Und den will man bestimmt nicht reizen.

NEUE REGELN BEI ECHTZEITÜBERWEISUNGEN

Die seit dem 9. Jänner 2025 gültige Instant-Payment-Verordnung verpflichtet Zahlungsdienstleister im Euroraum dazu, Echtzeitüberweisungen ohne zusätzliche Gebühren entgegenzunehmen. Ab 9. Oktober müssen Instant Payments dann auch kostenlos angeboten werden. Neu dabei ist, dass Banken ab dann bei jeder Überweisung prüfen müssen, ob der Empfängername mit dem hinterlegten Kontoinhaber übereinstimmt. Bei Abweichungen kann das zu zusätzlichen Fragen seitens der Bank und Verzögerungen führen. Ab 2027 sollen diese Regelungen auch außerhalb des Euroraums gelten.

RÜCKENWIND

FÜR

CA-IMMO-KLAGE

Mehr als 20 Jahre nach dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaft Buwog an die Immofinanz AG und ein halbes Jahr nach der rechtskräftigen Verurteilung des dafür verantwortlichen Finanzministers Karl-Heinz Grasser kommt Bewegung in die von der unterlegenen CA Immo AG angestrengten Schadenersatzklage. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürzlich nämlich erkannt, dass die Schadenersatzansprüche gegen die Republik und das Land Kärnten in der Causa Buwog nicht verjährt seien. Wie die CA Immo mitteilt, wird das Verfahren nun in erster Instanz weitergeführt. Für die Republik könnte das noch teuer werden: Der Schaden soll bei 1,9 Milliarden Euro liegen.

Karriere

Carl Walderdorff wechselt von Herbst Kinsky zur Kanzlei Müller Partner, wo er als Partner neuer Head of Corporate/M&A sein wird. Walderdorff ist auch in New York als Anwalt zugelassen.

Gröller ist neuer Managing Partner für Kontinentaleuropa bei Freshfields. Zu den Kunden des M&A-Experten, der auch das Wiener Büro leitete, zählen Porsche, Flick und EVN.

Binder Grösswang hat Lenzing bei zwei hochvolumigen Finanztransaktionen rechtlich beraten BPV Hügel stand CPI

Europe beim Verkauf des Wiener Marriott-Hotels zur Seite Beim Verkauf des Kaufhauses Tyrol der insolventen Signa-Gruppe waren Freshfields, FWP und Wolf Theiss beratend mit an Bord Cerha Hempel hat Flatex beim Start des Kryptogeschäfts in Österreich begleitet Vorwurf betrügerische Krida: Rene Benko ab 14. Oktober in Innsbruck vor Gericht

Entgeltliche Einschaltung

WIE

ARBEITGEBER MITARBEITENDEN ZU MEHR PENSION VERHELFEN KÖNNEN

Betriebliche Altersvorsorge ist Teil der sozialen Verantwortung von Unternehmen.

Viele Unternehmen erkennen zunehmend, dass eine nachhaltige Personalpolitik weit über das aktuelle Gehalt hinausgeht. Ein attraktiver Arbeitgeber bietet nicht nur wettbewerbsfähige Löhne und Sozialleistungen, sondern sorgt auch langfristig für die finanzielle Absicherung seiner Mitarbeitenden. In diesem Zusammenhang gewinnt die betriebliche Altersvorsorge in Form von Pensionskassen-Zusatzpensionen zunehmend an Bedeutung.

„Pensionskassen-Zusatzpensionen sind eine wertvolle Ergänzung zur staatlichen Pension. Deutschland und die Schweiz haben dies bereits seit vielen Jahren erfolgreich umgesetzt“, erklärt Andreas Za-

kostelsky, Generaldirektor der VBV-Gruppe. „Auch in Österreich erkennen immer mehr Unternehmen, dass sie mit einer betrieblichen Zusatzpension aktiv zur finanziellen Sicherheit ihrer Mitarbeitenden beitragen können und setzen aktiv auf eine Lösung der VBV-Gruppe.“

Arbeitgeber übernehmen soziale Verantwortung Unternehmen, die damit in die finanzielle Zukunft ihrer Mitarbeitenden investieren, stärken nicht nur ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die Loyalität ihrer Belegschaft. Sie unterstützen aktiv die soziale Sicherheit ihrer Mitarbeitenden im Alter, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber und fördern die langfristige Bindung qualifizierter Fachkräfte. Mehr Infos: www.vbv.at

Andreas Zakostelsky, Generaldirektor der VBVGruppe

Konrad

Kommentar

VOM HEIMATMARKT IN DIE WELT

Unternehmen zögern oft, ihr Geschäft international auszuweiten. Dabei gilt: Ein starkes Produkt, das einen echten Mehrwert bietet, sollte nicht auf die Grenzen des Heimatmarktes beschränkt bleiben. Wer den Schritt wagt, profitiert gleich mehrfach: Wachstumspotenzial und Krisenresilienz steigen, international aufgestellte Teams lernen voneinander und entwickeln Angebote, die passgenau auf die jeweiligen Märkte zugeschnitten sind. Und nicht zuletzt gelingt es leichter, Großaufträge zu gewinnen. Dennoch ist der Sprung ins Ausland oft mit sprachlichen, kulturellen und rechtlichen Hürden sowie einem hohen Investitionsbedarf verbunden. Es bietet sich dafür die Partnerschaft mit einem erfahrenen Investor an, der die Rahmenbedingungen der jeweiligen Märkte kennt und die Expansion mit Finanzierungslösungen sowie Vertriebs- und M&AKnow-how unterstützen kann. Ein Beispiel: Gemeinsam mit BU hat das auf Beratung und Implementierung von Modern-Work-Technologien spezialisierte Unternehmen Communardo seit 2024 bereits drei Firmenzukäufe in Österreich, der Schweiz und Skandinavien getätigt und ist auf dem besten Weg zur europäischen Marktführerschaft. Damit wird Communardo nicht nur für seine Kunden interessanter, sondern auch für die Softwarehersteller Atlassian und Microsoft, die auf leistungsfähige Partner angewiesen sind, um ihre Lösungen in den Märkten erfolgreich zu etablieren. Das zeigt: Private Equity kann Unternehmen dabei helfen, internationale Märkte zu erschließen und ihre Rolle als gefragter Partner im Ökosystem zu stärken.

DER

„RESILIENZMOTOR“

Kleine und mittlere Buyouts sind nach wie vor die wichtigste Quelle für die Widerstandsfähigkeit eines Private-EquityPortfolios, da sie attraktive Einstiegsbewertungen mit operativer Flexibilität, einem defensiven Ertragsprofil und weniger zyklischen Ausstiegswegen verbinden, heißt es bei Schroders Capital, dem Spezialisten für Private Markets. Die durchschnittlichen Kaufpreismultiplikatoren für diese Transaktionen liegen einer Analyse zufolge bei etwa dem 7,7-fachen Unternehmenswert/Ebitda und damit mehr als 40 Prozent unter dem Niveau vergleichbarer Large-Cap-Unternehmen. Im Vergleich zu börsennotierten Unternehmen liege dieser Wert sogar noch weiter darunter, was einen erheblichen Spielraum für die Wertschöpfung schaffe. In diesem Zusammenhang sei auch zu erwähnen, dass kleinere Buyouts in der Regel nur eine moderate Fremdkapitalquote aufweisen.

ANGEBOT AN ELTIFS WIRD BREITER

Privatanleger, die lange Zeit von Private Equity mehr oder weniger ausgeschlossen waren, können in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Das Angebot nimmt schrittweise zu. Investmentmanager Neuberger Berman schloss seinen NB Private Equity Open Access Fund mit 110 Millionen Euro. Eltif-2.0-Partnerschaft von Neuberger mit Liqid stieß unter Anlegern nach eigenen Angaben ebenfalls auf großes Interesse. Mit ihrem Start im Mai 2024 wurden der Zugang zu PrivateEquity-Investments für vermögende Privatanleger in Deutschland und 200 Millionen Euro eingesammelt.

Auch Schroders Capital legt einen neuen Eltif auf. Der Schroders Semi-Liquid Global Private Equity Eltif ist ein Evergreen-Fonds, der regelmäßiges Ansparen und auch Anteilsrückgaben ermöglicht. Die Anlagestrategie ist auf Buyouts von kleinen und mittelgroßen Unternehmen in Nordamerika und Europa ausgerichtet. „Die Hürden für Anleger sind geschrumpft, es gibt mehr und mehr Fonds mit Mindestanlagebeträgen. Noch kann die Nachfrage aber nicht mit dem gewachsenen Angebot mithalten. Vonseiten der Anbieter ist alles bereitet, um Privatanlegern den Einstieg in nichtbörsennotierte Investments zu ermöglichen. Jetzt müssen die Anleger den Einstieg wagen“, sagt Hosna Houbani, Senior Director Alternative Investments bei Scope Fund Analysis.

First Sentier Group: Privates Kapital spielt künftig größere Rolle bei Infrastrukturinvestitionen L&G: First Closing des L&G Digital Infrastructure Fund mit 600 Millionen Euro an Kapitalzusagen

Ambienta: Beteiligung Frigoveneta übernimmt im Lebensmittelsektor Bonera Refrigerazioni

UBS: Infrastrukturfonds sammelt rund 116 Milliarden US-Dollar ein

ES GEHT UM SCHNELLE UNTERSTÜTZUNG

Die Fonds für Venture Capital und Growth sind derzeit in schwerem Fahrwasser, die Stimmung könnte besser sein. Österreichs Staatssekretärin Elisabeth Zehetner erläutert im Gespräch mit dem Börsianer, wie der kommende Dachfonds die Innovationskraft der österreichischen Wirtschaft stärken soll.

Frau Zehetner, die Bundesregierung in Wien hat den Rot-Weiß-Rot-Dachfonds für Venture Capital auf den Weg gebracht. Was versprechen Sie sich von dem neuen Instrument? – Elisabeth Zehetner: Uns geht es vor allem darum, schnell wachsende Start-ups zu unterstützen, indem wir den einzelnen Venture-Capital-Fonds über den Dachfonds finanzielle Mittel bereitstellen. Unsere Volkswirtschaft lebt davon, dass wir bei der Innovation vorn mitspielen, und dafür benötigen wir Risikokapital.

Um welche Unternehmensphasen geht es konkret? – Es geht nicht so sehr um die ganz frühen Seed- oder Pre-Seed-Phasen, da gibt es viele staatliche Förderinstrumente. Wir haben vor allem die zweiten und dritten Finanzierungsphasen im Blick, wenn die jungen Firmen wachsen und der Staat bei der Hochskalierung aussteigt.

Über welche Summen sprechen wir da? –Es geht um die Finanzierung im „Valley of Death“ während des Wachstums, da kann der Mittelbedarf recht unter-

schiedlich sein, die Spanne kann von zehn bis zu 200 Millionen Euro reichen. Die Business-Angels steigen da aus, oft springen dann ausländische Fonds aus Übersee ein, aber wir wollen zukünftig die Innovation in Europa und in Österreich halten.

Der Dachfonds soll also eine Lücke schließen? – Ja, denn wir haben Nachholbedarf beim Wagniskapital. In Österreich liegt der Anteil der Venture-CapitalInvestments bei 0,02 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, damit liegen wir in Europa relativ weit hinten. In Dänemark und Estland sind es beispielsweise 0,15 Prozent, in Israel 2,85 Prozent.

Sind das Vorbilder für Sie? – Ja, das würde ich schon sagen, und auch der Wachstumsfonds der deutschen KfW Capital ist eine gute Vorlage. Und wir werden auch den Staat als Ankerinvestor mit im Boot haben, das hat die Regierung bereits beschlossen.

Welches Zielvolumen wird der Dachfonds haben? – In einem ersten Schritt streben wir 500 Millionen Euro an, unter beispielsweise 300 Millionen Euro würde es wenig Sinn machen. Bei den Zielfonds werden wir in europäische und österreichische Adressen investieren. Das Anlageuniversum in Österreich umfasst circa 30 potenzielle Zielfonds.

AUSBLICK Staatssekretärin Elisabeth Zehetner setzt im Staatsfonds auf KI, Life-Sciences und Schlüsseltechnologien.

Welche Branchen haben Sie im Fokus? –Defense wird wegen der Neutralität Österreichs eher schwierig werden, aber Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Life-Sciences oder Innovationen in der Materialwirtschaft sind für uns natürlich sehr wichtig.

Welche Rendite stellen Sie den Investoren in Aussicht? – Wir werden uns sicher an den branchenüblichen Renditen orientieren, die Verzinsung des bereitgestellten Kapitals sollte also auf jeden Fall zweistellig sein. Und bei den Gebühren werden wir vielleicht attraktiver sein als andere.

Haben Sie schon Vorstellungen für das Management des Dachfonds? – Wir wissen, dass das Management der ganz entscheidende Faktor für den Erfolg des Dachfonds ist. Es muss auf jeden Fall einen guten Track-Record haben und muss nicht zwangsläufig aus Österreich kommen. Das Management muss die rund 100 Stakeholder in Österreich überzeugen können, darunter Pensionskassen, Family-Offices, Versicherungen und Banken.

Wann wird der Dachfonds die ersten Investments tätigen? – Es ist extrem wichtig, dass wir ein Top-Management gewinnen können, das international anerkannt ist. Dieser Auswahlprozess kann schon mal rund ein halbes Jahr dauern. Meine Hoffnung ist, dass wir 2026 operativ starten können.

Finanzvorstände Österreichs Die

DIE POSITION des Finanzvorstands in den börsennotierten Unternehmen Österreichs ist augenscheinlich eine volatile. Gleich 18 der Nominierten haben im Vergleich zum goldenen Ranking der besten 50 CFOs aus dem Jahr 2023 die Hoheit über die Finanzen in einem neuen Unternehmen übernommen. Vor zwei Jahren waren es übrigens 20 neue Gesichter und vor vier Jahren 21. Diesmal sind elf davon Frauen. Bestes Beispiel ist etwa Petra Preining (Platz 26 / 30,63 Punkte) die kürzlich ihr Amt bei der AT&S AG nach erfolgreicher Refinanzierung niederlegte und bei der Pierer Mobility AG im Team um Vorstands-

chef Gottfried Neumeister (Platz 36 / 21,25 Punkte) andockte, der die Agenden bisher erfüllte. Eine Doppelfunktion CEO/CFO findet sich auch bei der Agrana Beteiligungs AG mit Stephan Büttner (Platz 22 / 34,38 Punkte), der SBO AG mit Klaus Mader (Platz 21 / 34,38 Punkte), der Rosenbauer International AG mit Robert Ottel (Platz 25 / 33,33 Punkte) sowie bei der Kapsch Trafficcom AG mit Georg Kapsch (Platz 23 / 33,75 Punkte). Sie sind also bei Strategie und Finanzierung ihr eigener Sparringspartner, ein Umstand, der von Aktionären und Analysten nicht gern gesehen wird. Andererseits muss der CFO ohnehin ein Alleskönner sein.

EStefan Dörfler

Erste Group Bank AG

Reinhard Florey OMV AG

Barbara PotiskEibensteiner Österreichische Post AG

2 3 1 Platz Platz Platz

DIE AUFSTEIGER

Platz Zuletzt Name Unternehmen

8. (22.) Sorger Helmut Semperit AG Holding

18. (32.) Reiner Nico Lenzing AG

29. (42.) Oudkerk Scipio Manner AG

6. (12.) Hiesinger Franz Mayr-Melnhof Karton AG

7. (13.) Strohbichler Felix Palfinger AG

Wer das am besten erfüllt, hat der Börsianer nun zum sechsten Mal eruiert. Im goldenen Ranking der besten Finanzvorstände konnten sich die Nominierten gegenseitig mit Punkten von eins bis zehn bewerten, der Börsianer hatte auf das Ergebnis keinen Einfluss.

Diesmal hat OMV-Finanzvorstand Reinhard Florey (78,67 Punkte) allen anderen die Schneid abgekauft und gewinnt mit vier Mal Höchstnote und 14 Punkten Vorsprung vor Barbara Potisk-Eibensteiner (64,67 Punkte). Sie schafft mit Platz zwei den höchsten Neueinstieg und steht seit 1. Jänner 2025 dem vom Finanzvorstand zum Generaldirektor aufgestiege-

nen Walter Oblin, dem letzten Sieger des goldenen CFO-Rankings, bei der Österreichischen Post AG zur Seite. Reinhard Florey hat ein Monsterjahr hinter sich. Der OMV-Finanzvorstand war im Verhandlungsteam im Zuge der Fusion von OMV-Tochter Borealis mit Adnoc-Tochter Borouge und jongliert die Finanzen des Konzerns durch alle möglichen Transformationsversuche nun schon seit 2016. Über vier Mal die Höchstnote zehn darf sich auch Stefan Dörfler (Platz 3 / 62,67 Punkte) von der Erste Group Bank AG freuen, der vor zwei Jahren noch knapp am Stockerl vorbeigeschrammt ist. Den zweithöchsten Neu-

Platz Zuletzt Punkte Trend Name

1. (2.) 78,67  Florey Reinhard

RANKING

2. (–) 64,67  Potisk-Eibensteiner Barbara

3. (4.) 62,67  Dörfler Stefan

4. (7.) 62,50  Mayer Gerald

5. (8.) 58,00  Hirner Liane

6. (12.) 52,67  Hiesinger Franz

7. (13.) 49,33  Strohbichler Felix

8. (22.) 46,67  Sorger Helmut****

9. (–) 46,67  Trampitsch Claudia****

10. (11.) 45,63  Kollmann Peter

11. (9.) 45,00  Eiter Klemens

12. (6.) 42,00  Svoboda Kurt

13. (10.) 41,88  Ofner Günther

14. (14.) 40,00  Harder Christian

15. (–) 39,38  Hellwing Vanessa

16. (–) 38,13  Steinert Dagmar

17. (21.) 36,88  Sirucic Enver

18. (32.) 36,25  Reiner Nico

19. (20.) 35,00  Abfalter Sabine*

20. (17.) 34,67  Szyszkowitz Stefan***

21. (18.) 34,38  Mader Klaus ****

22. (16.) 34,38  Büttner Stephan****

23. (–) 33,75  Kapsch Georg****

24. (–) 33,75  Wallner Sonja****

25. (3.) 33,33  Ottel Robert

26. (24.) 30,63  Preining Petra**

27. (–) 28,00  Stöger Sabine

28. (–) 27,50  Heindl Florian

29. (42.) 26,67  Oudkerk Scipio

30. (–) 25,00  Buffin Helene****

31. (28.) 25,00  Wallner Klaus****

32. (33.) 24,67  Skerlan Peter

33. (35.) 24,38  Botha Ian

34. (–) 23,75  Schillhofer Andreas

35. (–) 22,50  Echeverria Johannes

36. (–) 21,25  Neumeister Gottfried**

37. (–) 20,63  Billek Clemens****

38. (46.) 20,63  Thate Patric****

39. (27.) 20,63  Hofstätter-Pobst Gregor****

40. (–) 19,38  Kirchmayr Markus

41. (34.) 18,75  Erath Thomas

42. (31.) 18,67  Bayerle Andreas

43. (38.) 18,13  Unger Rene****

44. (–) 18,13  Mühlböck Markus****

45. (50.) 18,00  Folian Daniel

46. (43.) 17,50  Flaggl Edgar

47. (–) 16,88  Ram Gabriele

48. (–) 15,63  Irle Rainer

49. (–) 15,63  Mosdorf Lars

50. (–) 15,00  Zechner Claudia*

Unternehmen

OMV AG

Österreichische Post AG

Erste Group Bank AG

Voestalpine AG

Vienna Insurance Group AG

Mayr-Melnhof Karton AG

Palfinger AG

Semperit AG Holding

Amag Austria Metall AG

Verbund AG

Porr AG

Uniqa Insurance Group AG

Flughafen Wien AG

Strabag SE

Andritz AG

Wienerberger AG

Bawag Group AG

Lenzing AG

Raiffeisen Bank International AG

EVN AG

SBO AG

Agrana Beteiligungs AG

Kapsch Trafficcom AG

A1 Group

Rosenbauer International AG

AT&S AG

Allianz Gruppe Österreich

FACC AG

Manner AG

Unicredit Bank Austria AG

Generali Gruppe Österreich

Frequentis AG

RHI Magnesita

Ca Immo AG

Do&Co AG

Pierer Mobility AG

Kontron AG

UBM Development AG

Wüstenrot Gruppe

Austriacard Holding

Zumtobel Group AG

Helvetia Versicherungen AG

Zürich Versicherungs AG

Polytec Holding AG

Warimpex AG

Addiko Bank AG

Marinomed Biotech AG

AMS Osram AG

Eurotelesites AG

Rath AG

DIE NEUEINSTEIGER

Platz Zuletzt Name Unternehmen

2. (–) Potisk-Eibensteiner Barbara Österreichische Post AG

9. (–) Trampitsch Claudia Amag Austria Metall AG

15. (–) Hellwing Vanessa Andritz AG

16. (–) Steinert Dagmar Wienerberger AG

23. (–) Kapsch Georg Kapsch Trafficcom AG

einstieg sichert sich Claudia Trampitsch (Platz 9 / 46,67 Punkte) von der Amag Austria Metall AG, die dort den jetzigen Voestalpine-Finanzvorstand Gerald Mayer (Platz 4 / 62,50 Punkte) im Jänner 2024 beerbte, dem nur 0,17 Punkte auf einen Stockerlplatz fehlen. Stark zeigen ebenso die Neueinsteigerinnen Vanessa Hellwing (Platz 15 / 39,38 Punkte) von der Andritz AG und Dagmar Steinert (Platz 16 / 38,13 Punkte) von der Wienerberger AG auf, die genau wie Barbara Potisk-Eibensteiner zwei Mal die Höchstnote von ihren Peers bekommen.

Aufsteiger des goldenen Rankings ist Helmut Sorger (46,67 Punkte) von der Semperit AG Holding auf Platz acht, der 14 Plätze gutmacht und seit 1. April 2025 gemeinsam mit dem neuen CEO Manfred Stanek versucht, das Unternehmen wieder profitabler zu machen. Um 14 Plätze deutlich verbessert hat sich auch LenzingCFO Nico Reiner (Platz 18 / 36,25 Punkte), der täglich mit viel Einsatz und Schweißperlen daran arbeitet, den Turnaround bei der Lenzing AG nachhaltig hinzukriegen.

Allerdings nur noch bis Jahresende, dann wird er von Mathias Breuer abgelöst. Neben Helmut Sorger, Nico Reiner und Stefan Dörfler mussten sich auch Christian Harder (Platz 14 / 40 Punkte) von der Strabag SE und Scipio Oudkerk (Platz 29 / 26,67 Punkte) von der Manner AG auf einen neuen CEO einstellen.

Flexibilität und eine gesunde Portion Gelassenheit gehören also zum Alltag der Finanzvorstände dazu. Einen Erfolg verbuchte zuletzt auch Felix Strohbichler (Platz 7 / 49,33 Punkte) von der Palfinger AG, der die eigenen Aktien des Unternehmens bei internationalen Investoren platzieren konnte und als nächstes Ziel den ATX-Index anpeilt. Sabine Abfalter (Platz 19 / 35,00 Punkte) von der Raiffeisen Bank International AG (RBI), die auch zwei Mal die Höchstnote bekommt, ist eine der wenigen, die zwar die Rolle der CFO wahrnimmt, aber nicht im Vorstand ist. Die Stelle des Finanzvorstands ist bei der RBI derzeit ausgeschrieben, vielleicht klappt es mit einer Beförderung.

DIE BEWERTUNGSKRITERIEN

Das Ranking wird nach qualitativen Methoden in einem einstufigen Scoringmodell (PeergroupBewertung) ermittelt. Die nominierten Kandidaten konnten einander gegenseitig bewerten. Das Ergebnis des Rankings wurde mit dem Mittelwert aller Bewertungen berechnet und in Prozent umgewandelt. Eine Person kann maximal eine Bewertung von 100 Prozent erreichen. Bei Punktegleichheit zweier oder mehrerer Personen entscheidet die höchste Einzelbewertung. Die Kandidaten konnten keine Bewertung für sich selbst oder Kanzleikollegen abgeben.

#INNOVATION

MEGATRENDS. Was uns die nächsten Jahre bewegen und verändern wird.

#TREND 1

Zukunft der Energie

Eva-Maria Pusch im Interview Seite_72

#TREND 2

Roboter – Hype um humanoide Blechkameraden Seite_76

#TREND 3

Social Commerce –Shoppen in sozialen Medien Seite_78

#TREND 4

Geopolitik –Weltordnung im Umbruch Seite_80

#TREND 5

Neue Handelswege –Protektionismus 2.0 Seite_81

#TREND 6

Sicherheit –Verteidigung im All Seite_82

#INTERVIEW

Leonardo-CEO Cingolani –Bytes statt Kugeln Seite_84

#TREND 7

Infrastruktur –Milliarden für den Ausbau Seite_86

#INTERVIEW

Flix-CEO Schwämmlein –Signale stehen auf Grün Seite_87

#TREND 8

Stablecoins –Zahlungsmittel der Zukunft Seite_90

#TREND 9

Weltwährung –Die De-Dollarisierung Seite_91

#TREND 10

Social Skills –Matthias Sutter im Interview Seite_93

Megatrends

#1 ENERGIE

Wertschöpfung nur mit günstiger Energie

Der Börsianer traf Energieexpertin Eva-Maria Pusch beim Theseustempel in Wien und sprach mit ihr über Aufbruchsstimmung und Energieweitsicht in den Golfstaaten, die Macht Chinas in Sachen Solar, Wind und Elektrolyse und warum Europa entscheidungsfreudiger werden muss.

EEnergiesysteme sind die treibende Kraft einer Gesellschaft und greifen sehr komplex in unser tägliches Leben ein. Wo entwickeln sich unsere Energiesysteme hin, und wie diversifizieren wir diese Systeme für mehr Energiesicherheit?

Was ist die Energieform der Zukunft? – EvaMaria Pusch: Die Energie der Zukunft ist ein hybrides Portfolio aus Molekülen und Elektronen. Nur wenn erneuerbare und konventionelle Energieträger zusammenspielen, gewährleistet das Energiesicherheit und Stabilität. Ich beschäftige mich seit 18 Jahren mit Energie und ihren Zusammenhängen – und wir müssen stärker additiv denken sowie regionale Unterschiede anerkennen. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie muss das zu einem leistbaren Preis gelingen.

Wird die Innovationskultur dafür genug gefördert? – Ich war vor kurzem in Bahrain auf einer Energiekonferenz. Dort wurden Energiewende, Klimawandel und Energiesicherheit vor allem im Zusammenhang mit Wasser diskutiert. Die Golfstaaten spüren die Folgen des Klimawandels mit extremer Hitze und Wasserknappheit bereits deutlich und suchen intensiv nach Lösungen: Wasser so lange wie möglich zu erhalten und Tech-

NEUE PARTNERSCHAFTEN

360 Jet Fuel entwickelt eine digitale Book-&-Claim-Plattform für den Aufbau eines globalen Ökosystems für nachhaltige Kraftstoffe, die Transparenz schafft von der Nachverfolgung der Produkte bis hin zur CO2-Einsparungsmessung. Diese soll auch bald als Basis für ein zukünftiges globales Tradingmodell dienen. „Und wir prüfen derzeit den Aufbau von Infrastrukturlösungen für Abfallstoffe in Süd- und Lateinamerika. Man muss Businessmodelle neu denken, es geht mehr um Partnerschaften. Da findet ein Umdenken im kleinen Rahmen statt. Das gibt Hoffnung, dass da etwas schönes Neues entsteht“, sagt Eva-Maria Pusch.

nologien zu entwickeln, die ohne Wasser auskommen. Gleichzeitig steht die Entwicklung alternativer Energieträger stark im Vordergrund, insbesondere das Thema Elektrifizierung. Es herrscht Aufbruchsstimmung: Neugier und Appetit auf Neues sind groß – und die finanziellen Mittel vorhanden.

Welche Technologien entstehen? – Der weltweite Fokus liegt auf erneuerbare Energieträger für jene Sektoren, die sich besonders schwer elektrifizieren und dekarbonisieren lassen, etwa die Luftfahrtund Schifffahrtsindustrie, die Zementund Stahlproduktion sowie die chemische Industrie. Derzeit entstehen Technologien, um Treibstoffe nicht länger aus Öl und Gas, sondern aus Altspeiseöl oder anderen Reststoffen herzustellen.

Haben die Länder schon die Infrastruktur dafür? – Ja, diese gibt es weltweit schon, jedoch nimmt die Geschwindigkeit in Asien sowie in Latein- und Südamerika zu – vom Errichten von Sammelstellen bis hin zu neuen Technologien, die Reststoffe in nachhaltige Treibstoffe umwandeln. Bei 360 Jet Fuel arbeiten wir daran, ein globales Ökosystem für erneuerbare Energieträger aufzubauen – mit Fokus auf jene Sektoren, die sich

Interview:

TRANSPARENZ. „Der Theseustempel ist für mich die Symbolkraft von Realität versus Mythos. Das gilt auch für die Energiewirtschaft. Durch die Komplexität und Volatilität in der Welt müssen wir verstehen, wie man unser Energiesystem für Energiesicherheit diversifizieren kann“, sagt

Expertin Eva-Maria Pusch.

EVA-MARIA PUSCH

Partnerin

360 Jet Fuel

Die internationale Energie- und M&A-Expertin (38) begleitet Unternehmen bei Transformationund Wachstumsprozessen. Als Partnerin bei 360 Jet Fuel treibt sie den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe in Schwerindustrien wie Aviation, Shipping und Chemie voran. Parallel dazu entwickelt sie mit 360 Valuse ein Venture für Advisory, Venture-Building und digitale Lösungen zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Ihre Schwerpunkte liegen auf Energie, Kreislaufwirtschaft sowie der Verbindung von Technologie, M&A und Foresight.

»Wertschöpfung wird dort stattfinden, wo günstige Energie produziert wird.«

Eva-Maria Pusch

nur schwer über Elektrifizierung dekarbonisieren lassen. Unsere Aufgabe ist es, weltweit Produzenten solcher Kraftstoffe zu identifizieren und sie mit den Abnehmern zu vernetzen.

Werden Biokraftstoffe in ausreichender Menge hergestellt? – Ich sage immer: Die McDonald’s dieser Welt müssen das nun liefern. Durch die europäische Regulierung ist ein klarer Bedarf entstanden –und damit ein Markt. Seit Jänner 2025 gilt in der EU und im Vereinigten Königreich die Verpflichtung, mindestens zwei Prozent Biokraftstoffe beizumischen. Theoretisch ist dafür genug Produktionskapazität vorhanden, praktisch läuft die Umsetzung erst an: Bis 2030 steigt die Quote auf sechs Prozent, weshalb jetzt großskalige Projekte starten müssen. Europa bleibt dabei vor allem Abnehmer: Produziert wird überwiegend in Asien und Lateinamerika. Bemerkenswert ist, dass gerade in diesem Bereich viele Start-ups aktiv werden. Sie wollen so nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch gesellschaftliche Probleme wie Abfallwirtschaft lösen.

Wann gibt es Biokraftstoffe zu wettbewerbsfähigen Preisen? – Bis zu einer echten Kostenparität mit fossilem Kerosin wird es noch einige Jahre dauern. Aktu-

ell sind Biokraftstoffe drei- bis viermal so teuer wie fossiler Treibstoff – ein Zeichen, wie jung und volatil der Markt noch ist. Die Tendenz ist aber sinkend, je mehr Produktionskapazitäten entstehen.

Ohne Gas geht es nicht? – Gas wird noch lange eine Rolle spielen – nicht zuletzt, weil es Kohle ersetzt, die nach wie vor den zweiten Platz im globalen Energiemix fossiler Energieträger einnimmt. China diversifiziert stark: Es ist bei Erneuerbaren erstmals führend, baut aber zugleich weiter auf Kohle und Gas. Die USA profitieren von ihrem Zugang zu günstigem kanadischem Gas: Sie können ihr teureres eigenes Gas nach Europa und Asien exportieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre eigene Wirtschaft stärken.

Was wird sich ändern? – Die vertrauten Handelsströme brechen auf. Der Globale Süden rückt enger zusammen: Indien kooperiert mit Brasilien, China mit Afrika. Dadurch verschiebt sich die gesamte Wertschöpfungskette.

Wo wird Wertschöpfung stattfinden? – In Zukunft dort, wo günstige Energie produziert wird. In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden viele Industrien, etwa Chemie, Pharma, Auto, aus Europa vermutlich abwandern müssen, wenn

AUSBLICK. „Wir erleben eine Deglobalisierung der Energiewelt: Jedes Land und jede Region sucht nach Wegen, sich unabhängig zu versorgen“, sagt Eva-Maria Pusch im Gespräch mit Ingrid Krawarik von der „Börsianer“-Chefredaktion.

keine kostengünstigen Energieträger zur Verfügung gestellt werden können. Der Wegfall des russischen Gases trifft Europa hart auf der Kostenseite, und erneuerbare Energien allein können die Lücke nicht schließen.

Wer sind die Hoffnungsträger? – Die Golfstaaten spielen eine wichtige Rolle, weil sie in der Forschung bereits weit fortgeschritten sind. China ist heute Weltmarktführer – nicht nur bei Solarpaneelen und Batterien für Elektromobilität, sondern auch bei Elektrolyseuren, die für die Wasserstoffproduktion entscheidend sind. Zudem hat sich China schon früh Minen in Afrika für seltene Erden und Edelmetalle gesichert – Rohstoffe, die wir für die Energiewende dringend brauchen.

Was heißt das jetzt für Europa? – Wir erleben eine Deglobalisierung der Energiewelt: Jedes Land und jede Region sucht nach Wegen, sich unabhängig zu versorgen. Öl und Gas bleiben global verfügbar, doch bei neuen Energieträgern entsteht ein fragmentierter Markt. Europa muss schneller und entschlossener handeln. Know-how und Technologie sind vorhanden, aber wir müssen auf die unterschiedlichen regionalen Bedürfnisse die richtigen Antworten finden.

FOTO: BÖRSIANER “

Aus eigener Kraft.

Wir versorgen Österreich. Tag und Nacht. Mit nachhaltiger Energie.

ÜBERNAHME. Agibot will jährlich 10.000 humanoide Roboter in Schanghai herstellen und sie in der Logistik, Fertigung und Lagerhaltung einsetzen.

»Sehen uns als europäische Antwort auf die dominierende Konkurrenz aus China und den USA.«

Ümit Bas

Hype um „Humanoide“

Text: Julia Kistner

Humanoide Roboter sind in der KI-Welt das nächste große Ding. China, der weltgrößte Markt für Industrieroboter, subventioniert mit Nachdruck die Massenproduktion der humanoiden Blechkameraden. So will Agibot jährlich zum Bruchteil der Kosten der westlichen Konkurrenz 10.000 humanoide Roboter in Schanghai herstellen, um sie vorerst dort einzusetzen, wo die Nachfrage hoch ist: in der Logistik, Fertigung und Lagerhaltung. Bestücken will man auch den Dienstleistungssektor und den Kundenservice, später die privaten Haushalte.

Der demografische Wandel ist vor allem in Japan der große Treiber. Humanoide sieht man in der Alterspflege, im Einzelhandel oder der Bildung. In Japans Autoindustrie waren 2024 rund 13.000 humanoide Roboter beschäftigt, um elf Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor.

Europa will mit „Humanoiden“ die Effizienz, Produktivität und Sicherheit in der Produktion und Logistik steigern. So testet Daimler gerade humanoide Roboter vom texanischen Produzenten Apptronic in seinen Produktionsstraßen. Im Maschinenbau rechnet die deutsche

Branchenvertretung VDMA in der Industrieautomation einen Markt für „Humanoide“ bis 2030 von einer Billion US-Dollar. Das größte Potenzial, 30 Billionen USDollar, sieht VDMA in physischen Arbeiten, wo es bisher kaum Automation gab – wie etwa beim Treppenputzen, bei der Flugzeugreinigung oder beim Hantieren mit gefährlichen Materialien.

Rund fünf bis zehn Jahre könnte es dauern, bis humanoide Roboter breitflächig eingesetzt werden, für Standardeinsätze wie Knöpfedrücken oder Bauteileeinlegen zwei bis drei Jahre.

„Den jüngsten Boost haben den humanoiden Robotern leistungsfähigere Chips und die rasante Entwicklung in der KI beschert, insbesondere der Large-Language-Modelle. Das macht es möglich, humanoide Roboter für ganz neue Anwendungen zu bauen“, meint Bernhard Holzfeind, Leiter des Robotik-Labors bei Johanneum Research in Graz, wo Prototypen für die Industrie gefertigt werden.

Ob Nvidia, Amazon oder Tesla, alle arbeiten intensiv an den nächsten Generationen von AI und Robotik. Es fließen viele Gelder aus der Rüstungsindustrie eben-

#2 ROBOTER

so wie private Finanzierungen in die Robotik. Viele Start-ups tummeln sich in der Welt der Humanoiden, darunter Iono Robotics aus Österreich. „Wir sehen uns mit einer eigenen Plattform für humanoide Robotik für kontrollierte und sichere Anwendungen als europäische Antwort auf die starke Konkurrenz aus China und den USA“, gibt sich CEO Ümit Bas selbstbewusst, „wir bereiten aktuell mehrere Schlüsseltechnologien für die Patentierung vor.“

Aufgeschreckte Gewerkschafter kann Ümit Bas beruhigen: „Der Einsatz von ‚Humanoiden‘ ist nicht überall sinnvoll, zum Beispiel nicht dort, wo es schon sehr spezialisierte Industrieroboter gibt. Man setzt sie dort ein, wo die klassische Automatisierung an ihre Grenzen stößt. Im Haushalt werden humanoide Roboter erst später sinnvoll einsetzbar sein, weil die Anforderungen an Sicherheit und Autonomie dort noch nicht erfüllt sind.“

Humanoide Roboter sind immer weniger eine Frage des Geldes als eine der Sicherheit, meint Bernhard Holzfeind vom Johanneum Research, „angefangen von drohenden Kollisionen bei falschen Bewegungen über Notausschalter, die über 5G-Funk funktionieren sollten, bis hin zur Cybersicherheit. Wer will schon humanoide Roboter nach Dienstschluss seine verwaisten Fabrikhallen überlassen, in denen sie sich mittels WLAN und ausgestattet mit hochauflösenden 3D-Kameras, Richtmikrofonen und jeder Menge Sensoren unbeaufsichtigt frei bewegen können. Man weiß ja nicht, was alles in den WLAN-verbundenen ‚Humanoiden‘ eingebaut ist. Da sollte das Produktionsnetzwerk gut gesichert sein. Produktionsleiter sind in der Regel keine ITler. Betriebsunterbrechungen beim Einspielen neuer Sicherheitssoftware sehen sie gegenüber Hackerangriffen bei fehlenden Updates als die größere Gefahr.“ Nicht nur Sicherheitsaspekte, sondern auch KI-„Halluzinationen“ und die Regulatorik setzen dem Einsatz von Robotik und KI Grenzen. Hier hat Christian Trummer, Mitbegründer des Brokers Bitpanda,

ZAHLEN ZUM MARKT

FÜHRENDE LÄNDER BEI ROBOTIK

1.000)

Quelle: World Robotics Report 2024

Erfahrungen: „Vor rund eineinhalb Jahren waren Chatbots der naheliegendste Weg, LLMs nutzbar zu machen, und unser Prototyp des Bitpanda Finanz-Coach lieferte sehr gute Ergebnisse. Der Weg von der Demo zum regulierten Livebetrieb mit Millionen von Kunden erfordert andere Qualitäts- und Sicherheitsmaßstäbe. Ein offenes Chat-Interface erlaubt beliebige Eingaben und macht es extrem schwierig, Antworten lückenlos zu testen. In der Anlageberatung ist das Risiko missverständlicher Aussagen besonders kritisch. Wir wollen und dürfen keine Anlageberatung bieten und können heute noch nicht ausschließen, dass ein offenes Chat-Format diesen Eindruck erweckt. Aus Verantwortung gegenüber Kunden und Regulatorik haben wir den produktiven Einsatz daher vorerst pausiert.“

Die Akzeptanz der Anwender von humanoiden Helfern im Alltag, sei es als Kofferträger in der Hotellerie oder in der Gastro, sei hingegen nicht das Problem, nennt Bernhard Holzfeind das Beispiel der humanoiden Abservierer, wie sie auch die Möbelkette Lutz in ihren Restaurants im Einsatz hat: „Die Kunden stellen bereitwillig ihre Tabletts auf ihm ab. Kein Mensch würde sein Tablett in die Küche tragen.“

4,28

MILLIONEN ROBOTER sind weltweit laut der International Federation of Robotics in Fabriken im Einsatz.

CLICKBAIT. Lifestyle, Mode und Schminke finden über soziale Medien einen reißenden Absatz.

#3 SOCIAL COMMERCE Shoppen in sozialen Medien

Text: Julia Kistner

»Produktvideos fördern den Absatz auf OnlineMarktplätzen.«

Andreas Frank EXPERTE FÜR DIGITALES MARKETING

Social Commerce heißt der Vertriebskanal, der gerade abhebt. Andreas Frank, Experte für digitales Marketing, nennt dafür zwei Gründe: „Wir alle haben unser Smartphone ständig griffbereit. Dazu kommt, dass Produktvideos den Absatz auf Online-Marktplätzen eindeutig fördern.“ Die Kunden können direkt auf Tiktok, Youtube, Instagram, Facebook, Pinterest oder bald vielleicht auch auf Linkedin mit einem Bezahlknopf bestellen, ohne ihre beliebte soziale Plattform verlassen zu müssen – verlockend für superschnelle Impulskäufe.

Die Zahlen sprechen für sich, meint der deutsche Händlerbund: Laut einer DHL-Studie wollen 70 Prozent der weltweit Befragten in den nächsten fünf Jahren hauptsächlich über soziale Medien shoppen. Laut Statista machen die globalen S-Commerce-Umsätze 2025 bereits 1,23 Billionen US-Dollar aus. In Chi-

na nutzen 90 Prozent der Online-Käufer Social Commerce. In Europa deutlich weniger. Denn hier bietet vorerst nur Tiktok direkte Shoppingfunktionen in der App an, und das nur in ausgewählten Ländern wie Großbritannien, Irland, Frankreich, Spanien, Italien oder Deutschland. So sucht man auch in Österreich noch vergeblich nach einem Bezahlknopf. Wie lange noch, will Tiktok-Sprecherin Simone Schiefke nicht verraten, nur so viel: „Bereits in den ersten Monaten nach dem Launch von Tiktok-Shop in Deutschland 2025 sind über 14.000 Verkäuferinnen aktiv. Die Nutzung von Shoppable Videos ist innerhalb von nur zwei Monaten um fast 200 Prozent gestiegen.“

Im Livestream lässt sich ratzfatz das erwerben, was der Influencerin auch schmeckt oder gefällt. „Eine Art mobiles Tele-Shopping, weshalb erfolgreiche Teleshopping-TV-Stars wie die Ös-

terreicherin Judith Williams diesen Vertriebskanal für ihre Körperpflegeprodukte auch gerne nutzt“, sagt Andreas Frank. Man brauche weder eine eigene E-Commerce-Plattform noch eine Webseite „und obendrein sind die Gebühren beispielsweise bei Tiktok mit fünf Prozent Verkaufsprovision verglichen mit 15 Prozent bei Amazon günstig.“

Nicht alle Waren seien für S-Commerce geeignet. Gut gehen Lifestyle-, Mode- und Beautyprodukte. „Am besten verkaufen sich im Tiktok-Shop Produkte um 20 bis 30 Euro, maximal 40 Euro. Außerdem müssen sie sich gut im Bewegtbild präsentieren lassen“, nennt Andreas Frank als erfolgreiches Beispiel den Süßwarenproduzenten Hitschler: „In den ersten vier Monaten haben sie rund

60.000 Hitschies-Produkte über Tiktok Shop um 1,29 Euro bis 40 Euro verkauft. Der Top-Seller wurde über 15.000-mal bestellt. Das ist zwar erst ein Sechzigstel des Gesamtumsatzes. Aber vor 20 Jahren waren auch die Amazon-Umsätze noch nicht durchschlagend.“

Oft werde die Altersstruktur von sozialen Plattformen falsch eingeschätzt: „Rund ein Drittel der Tiktok-User sind älter als 35 Jahre, elf Prozent sind sogar 50 Jahre und älter. Global liegt der Männeranteil bei 53 bis 56 Prozent.“

Immer noch ein regulatorischer Graubereich bestehe beim Einpflegen von Rechtstexten. Da gibt es in Deutschland schon eine Armada an Juristen, die sich mit Abmahnungen eine goldene Nase verdienen möchten.

1,23

BILLIONEN US-DOLLAR

beträgt der weltweite Umsatz mit S-Commerce. In China nutzen bereits 90 Prozent der OnlineKäufer Social Commerce.

Unsere Ziele haben nicht viele.

Die EVN ist eines von 35 Energieunternehmen in der Europäischen Union mit einem 1,5°C-Ziel. Wir investieren in die Energiezukunft, die Versorgungssicherheit, schaffen Arbeitsplätze und setzen Wachstumsimpulse für unsere Wirtschaft. Das macht die EVN zu einem nachhaltigen und soliden Investment mit einer stabilen Dividendenpolitik.

#4 GEOPOLITIK

Weltordnung im Umbruch

Text: Julia Kistner

»China ist technologieführend auf Kosten von riesigen Überkapazitäten.«

Holger Schmieding BERENBERG

3. September sendete Chinas Präsident Xi Jinping eine eindeutige Botschaft an den Westen. Auch seine Gästeliste liest sich wie die einer Supermacht: von Wladimir Putin über die Regierungsspitzen Nordkoreas und Irans bis zum indischen Premier Narendra Modi. Erstaunlich, sind doch „Drache und Elefant“ seit Jahren wegen Grenzkonflikten im Himalaja, Wasserstreitigkeiten und des Gerangels um weltpolitischen Einfluss nicht gut aufeinander zu sprechen. Indien ist in das Autokratenlager gewechselt, nachdem die USA und US-Präsident Donald Trump die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt mit 50 statt wie bisher 25 Prozent Zölle bestraft.

WER MIT WEM. Alte Allianzen brechen auf, neue formen sich. Ohne China geht nichts. Auch Indien ist erstarkt.

Dass Indien Öl von Russland kauft und China näherrückt gefällt auch Europa nicht, allen voran Deutschland. Wollte man sich doch eigentlich mit engeren Beziehungen zu Indien wirtschaftlich unabhängiger von China machen. „Ich denke, dass Indien sich diesem Block nicht wirklich anschließen wird“, sagt Holger Schmieding, Chef-Volkswirt bei Berenberg, „Indien würde gern mit allen guten Handel treiben. Die anderen, China, Russland, Iran, Nordkorea, das sind Wirtschaften, die alle große Probleme haben. China hat den Gipfel erreicht in dem Sinne, dass Chinas Anteil an der Weltwirtschaft bei 17 Prozent nicht mehr zunimmt.“ Man habe mit seinem Zehnjahresplan „China 2025“ zwar seine eigene E-Automobil-Industrie aufgebaut, beherrscht den Solarpaneelmarkt, kann sich in puncto KI und Robotik mit den USA messen. „Allerdings auf Kosten riesiger Überkapazitäten. Eine gigantische Verschwendung von Ressourcen und Kapital“, mahnt Schmieding. „Wer sich davon abkoppeln möchte zugunsten einer Blockbildung mit China oder Russland, hat auf Dauer schlechte Karten. Darauf kann auch China nicht verzichten.“

#5 NEUE HANDELSWEGE Protektionismus 2.0

Text: Julia Kistner

„China ist extrem wichtig im Welthandel, es braucht aber Bündnisse mit sogenannten neutralen Staaten wie Indien, Singapur, den Golfstaaten, der Türkei, Südafrika oder auch Brasilien, die sich nicht ausschließlich einem der großen Wirtschaftsblöcke verschreiben möchten. Auch Europa muss hier pragmatischer werden“, rät Gunter Deuber, Head of Raiffeisen Research zu mehr Pragmatismus statt Protektionismus. Und der ist im Vormarsch: Laut der Welthandelsorganisation WTO waren im Vorjahr geschätzte 11,8 Prozent der weltweiten Einfuhren von Einfuhrbeschränkungen betroffen, verglichen mit nur 1,3 Prozent im Jahr 2011, und bei protektionistischen Maßnahmen sind gerade die G20-Staaten, allen voran China und die USA, Spitzenreiter. Neben dem US-Rundumschlag mit Zöllen fördern die Amerikaner mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) massiv die Produktion von Elektrofahrzeugen, Batterien und erneuerbaren Energien. Die EU droht wiederum, chinesische E-Autos mit Zöllen zu belegen. Wirtschaftssanktionen und Exportverbote kommen ebenso vermehrt zum Einsatz wie Ursprungsregeln, bürokratische und technische Vorschriften wie die CE-Kennzeichnung. „Gerade weil die WTO-Regeln zahnlos sind, ist es für den freien Handel umso wichtiger, jetzt viele Handelsabkommen zu schließen.“ Gunter Deuber begrüßt hier die aktuellen Verhandlungen der EU mit der südamerikanischen Zollunion.

Ohne die USA sei Europa allerdings zu klein, um ihren Handelspartnern noch viel vorschreiben zu können, so der RBIChefanalyst, „wenn Brasilien Rohstoffexporte in brasilianische Real und nicht mehr in US-Dollar fakturiert haben möchte, so muss man das akzeptieren“.

Gunter Deuber sieht trotz Trumps Hochzollpolitik und der teilweise ver-

hängten Gegenzölle und Handelshemmnisse keinen globalen Trend zu mehr Protektionismus, „es ändern sich nur die Handelsströme. Damit werden die Lieferketten teurer. Doch neue Handelsbündnisse sind immer noch ökonomischer, als sich abzuschotten.“

Es gäbe zwar einen gewissen Trend zum „Reshoring“, also Fabriken im eigenen Land aufzubauen, so Madeleine Ronner von DWS. So seien die Bauinvestitionen in US-Fabriken von 50 Milliarden USUS-Dollar 2020 auf etwa 200 Milliarden bis 2024 gestiegen. Aber auch die DWSExpertin kann dem Schreckgespenst der Deglobalisierung nichts abgewinnen: „In Europa sehen wir das aufgrund der hohen Energie- und Arbeitskosten noch am ehesten in Osteuropa. US-Präsident Trump versucht den Trend mit Zöllen zu forcieren. Trotz allem geht sich so ein Produktionsaufbau, der zumindest zwei bis drei Jahre dauert, in seiner jetzigen Wahlperiode nicht mehr aus.“ In Summe sehen die drei Ökonomen Risse in der politischen Weltordnung. „Auch in Europa haben wir erkannt, dass es nicht nur um Handel und Wirtschaftsbeziehung, sondern auch um Verteidigung geht“, sagt Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding.

ZÖLLE. Lieferketten werden teurer.

»Neue Handelsbündnisse sind immer noch ökonomischer, als sich abzuschotten.«

Gunter Deuber RAIFFEISEN RESEARCH

»Die Raumfahrt spielt eine zunehmende Rolle in der Verteidigung.«

Josef Aschbacher

#6 SICHERHEIT

Verteidigung im All

Text: Julia Kistner

Die Zahlen sprechen eine gewaltige Sprache. Laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri wurden 2024 weltweit 2,7 Billionen US-Dollar in die Rüstung gesteckt. Das sind 9,4 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor – der stärkste Anstieg seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist selbst mehr als zu Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 – laut Sipri ein Hinweis auf die sich weltweit zuspitzende Sicherheitslage mit einer Vielzahl von Konflikten, wie wir sie seit 1939 nicht mehr gesehen haben.

Bis 2029 fünf Prozent

Der Rearm-Plan, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im März 2025 präsentierte, sieht vor, weitere 800 Milliarden Euro für europäische Verteidigung zu mobilisieren: 650 Milliarden Euro sollen die Mitgliedsstaaten aufbringen, 150 Milliarden will man über das EU-schuldenfinanzierte Vehikel „Safe“ für die Luft- und Raketenabwehr, Drohnen, Artilleriesysteme oder auch Cybersicherheit bereitstellen. Deutschland rückt mit einem Son-

KOSTEN. Die EU will 800 Milliarden Euro für die europäische Verteidigung mobilisieren.

dervermögen von 100 Milliarden Euro für seine Bundeswehr im Militärausgaben-Ranking bereits vom siebenten auf den vierten Platz vor. Dort gibt es auch viel zu tun, meint Madeleine Ronner, die für DWS den Fonds „Critical Technologies“ mit Schwerpunkt Rüstungsindustrie managt: „Beim aktuellen deutschen Beschaffungstempo würde es laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft 40 Jahre dauern, bis Deutschland bei den Panzern wieder seine Bestände von 2004 erreicht, und 100 Jahre bei den Artilleriehaubitzen.“

Da die Erweiterung der Rüstungsproduktion sehr kapital- und zeitintensiv sei, versuche man bestehende stillgelegte Produktionen wieder hochzufahren. „Selbst wenn man damit für die Aufrüstung nur zwei bis drei statt fünf bis sechs Jahre benötigt und selbst wenn auch die anderen großen Rüstungsproduzenten wie Frankreich oder die osteuropäischen Staaten ihre Kapazitäten aufstocken, um sich gegen Russland zu wehren, wird man vor allem im Kampfjetbereich und in der Flugabwehr weiter

von Amerika abhängig sein“, meint Madeleine Ronner.

Das All als Schauplatz

Heute wird schon ganz anders Krieg geführt, wie die Ukraine zeigt. Zum einen werden günstige Drohnen, wie sie Private für Foto- und Videoaufnahmen verwenden, zur Überwachung und Aufklärung oder bestückt mit Sprengkörper im Kampf eingesetzt. Zum anderen muss man sich auch im Weltall verteidigen, so Josef Aschbacher, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA zum Börsianer: „Die Raumfahrt spielt eine zunehmend zentrale Rolle bei der Stärkung der europäischen Autonomie und Resilienz. Aus diesem Grund haben unsere Mitgliedstaaten Mitte Juni eine Entschließung zur Auf-

stellung eines Programms für die weltraumgestützte Resilienz Europas ERS angenommen, das Teil des Vorschlags für unsere Ministerkonferenz im November in Bremen ist. ERS, eine Antwort auf die komplexen und sich rasch wandelnden Bedrohungen des 21. Jahrhunderts, wird ein modernes, modulares System bereitstellen, das auf Basis bestehender und neuer hochauflösender Erdbeobachtungs-, Navigationsund Telekommunikationsinfrastrukturen leistungsfähige, sichere sowie souveräne weltraumgestützte Kapazitäten für Resilienz und Verteidigung in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ermöglichen wird.“

Verteidigungs- sind oft auch Infrastrukturausgaben, relativiert DWS-Expertin Madeleine Ronner das Ziel der

32 Nato-Mitgliedsländer, ihre Verteidigungsausgaben bis 2035 auf zumindest fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts zu heben: „Ein berühmtes Beispiel ist die Brücke nach Sizilien, die auch dort hineinfällt. Tatsächlich sollen 3,5 Prozent des BIPs in Rüstung, Waffen und Truppen fließen, 1,5 Prozent sollen in sicherheitsrelevante Infrastruktur fließen. Darunter fallen Cybersicherheit ebenso wie Brücken und Straßen für militärische Zwecke.“ Nichtsdestoweniger warnen die Vereinten Nationen, dass die Milliarden für die Aufrüstung der Entwicklungshilfe bei sozialen Projekten fehlen und jahrzehntelange Fortschritte in der Armutsbekämpfung wieder zunichtemachen könnten, was wiederum ein Nährboden für neue Konflikte sein könnte.

PORR schafft Sprung in den ATX

Bisher im ATX Prime vertreten, ist die PORR nun in den Austrian Traded Index (ATX) eingezogen. Damit ist sie Teil der 20 größten und liquidesten Unternehmen Österreichs. Ausschlaggebend waren die ausgezeichnete Kursentwicklung des vergangenen Jahres sowie das gesteigerte Handelsvolumen.

PORR CEO Karl-Heinz Strauss sagt: „Die PORR hat insbesondere 2024 eine ausgezeichnete Performance hingelegt und sich damit in Zeiten der unsicheren Weltwirtschaftslage das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger sowie Analystinnen und Analysten erarbeitet. Wir sind sehr stolz auf diesen Aufstieg – er zeigt, dass unsere Erfolge in der Bauwirtschaft auch am Kapitalmarkt honoriert werden.“ Der erstmalige Handel im ATX erfolgte am Montag, 22.09.

Wiener Börse. Im Juni 2025 kam noch zusätzlich Bewegung in die Aktie: Der Streubesitz stieg auf 52,6 %, da die PORR 1.703.674 Stück eigener Aktien veräußerte und weitere 1.175.000 Stück der SuP Beteiligungs GmbH im Rahmen eines Privatplatzierungsverfahrens auf den Markt kamen. Das Interesse internationaler institutioneller Investorinnen und Investoren wurde dadurch verstärkt und die Aktie gewann weiter an Liquidität.

Ausbau der StakeholderKommunikation

Der Aufstieg in den ATX ist ein weiterer Schritt in der langen Erfolgsgeschichte der PORR am österreichischen Kapitalmarkt: Am 8. April 1869, in ihrem Gründungsjahr, startete die „Allgemeine österreichische Baugesellschaft“ erstmals an der Wiener Börse. Damit ist die PORR die älteste dort durchgängig notierte Aktie. Handelsvolumen

In 12 Monaten konnte die PORR ihren Aktienkurs mehr als verdoppeln: Die Kurssteigerung um +118 % von 01.09.2024 bis 31.08.2025 war ein wesentlicher Faktor für den Aufstieg. Zudem vervierfachte sich das Handelsvolumen der PORR Aktie an der

Ein wesentliches Erfolgskriterium sieht Strauss im Ausbau der Kommunikation mit den Stakeholdern. „Konferenzen, Roadshows und die gezielte Ansprache über Social Media sind heutzutage unabdingbar, um zum Beispiel auch die Zielgruppe der Retail-Investorinnen und -Investoren verstärkt anzusprechen. Unsere Anlegerinnen und Anleger sind in hohem Maße top-informierte Entscheider, die laufend aktuelle Informationen benötigen.“

#INTERVIEW

Bytes statt Kugeln

Die Rüstungsindustrie ist mit einem Umsatz von 41 Milliarden Euro eine der wichtigsten Wirtschaftsbranchen Italiens. Börsianer­Korrespondentin Micaela Taroni hat sich mit Leonardo-CEO Roberto Cingolani in Rom über die Macht der Künstlichen Intelligenz in der Verteidigungswirtschaft unterhalten.

WWas sind derzeit die Prioritäten von Leonardo im Bereich der Verteidigungssysteme? – Roberto Cingolani: Wir wollen Leonardo in ein echtes Technologieunternehmen verwandeln, das nicht mehr in getrennten Sektoren arbeitet. Die heutigen Einsatzszenarien sind vernetzt: Land, Luft, Meer, Weltraum und Cyberraum agieren wie ein einziges, integriertes System, gesteuert durch Digitalisierung und Cybersicherheit. Hybride Bedrohungen summieren sich zu den traditionellen und erfordern integrierte und schnelle Reaktionen. Das Konzept globaler Sicherheit umfasst auch Energie, Infrastrukturen, digitale Netze und sogar Nahrungsmittel. Diese Realität wurde mit dem Krieg in der Ukraine besonders deutlich. Leonardo hat daraus gelernt und eine industrielle Vision entwickelt, die gezielt in hochwertige Bereiche investiert – Digitalisierung, Raumfahrt, Cybersecurity.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz, also KI, in der Luftraumverteidigung? – In modernen, komplexen Einsatzumgebungen mit einer Mischung aus hybriden und traditionellen Bedrohungen spielt KI eine Schlüsselrolle. KI integriert und koordiniert Informationen aus allen Einsatzräumen – Luft, Land, Meer, Weltraum und Cyber – und beschleunigt die Analyse, Bedrohungserkennung und Entscheidungsprozesse. In Szenarien,

»Die Verteidigung der Zukunft wird von

Bytes

geprägt

sein.«

Roberto Cingolani

in denen ein Staat durch Angriffe auf digitale Systeme lahmgelegt oder eine Drohne per Smartphone gesteuert werden kann, ist KI unerlässlich, um schnelle, resiliente Reaktionen zu ermöglichen.

Was ist notwendig für ein gemeinsames europäisches Handeln? – Zuerst braucht es den politischen Willen der Regierungen und die Bereitschaft der Industrie. In den vergangenen Monaten gab es auf europäischer Ebene wichtige Fortschritte – aber es ist noch viel zu tun. Unternehmen tragen hier große Verantwortung: Sie können Vorreiter sein, indem sie Synergien schaffen und Regierungen zur Kooperation ermutigen. Ein Beispiel ist das Joint Venture mit dem deutschen Konzern Rheinmetall im Bereich der Landverteidigungssysteme. Leonardo verfolgt eine europäische industrielle Vision. Daher haben wir unsere Anstrengungen verstärkt, strategische internationale Partnerschaften aufzubauen. Unser Ziel ist es, europäische Sicherheitszentren zu konsolidieren und die Zersplitterung zu reduzieren – eine Zersplitterung, die Europa in der aktuellen geopolitischen Lage nicht nur ineffizient macht, sondern auch schadet.

Werden in der Verteidigung künftig noch Menschen gebraucht – oder übernehmen Roboter die Oberhand? – Die Verteidigung der Zukunft wird weniger von Kugeln

Interview:
Micaela Taroni

VISIONÄR. Ohne den politischen Willen und die Bereitschaft der Industrie werde es kein gemeinsames Verteidigungssystem in Europa geben, sagt Roberto Cingolani.

und mehr von Bytes geprägt sein. Das Verteidigungswesen steht vor beispiellosen Herausforderungen, und unbemannte Systeme gehören definitiv dazu. Leonardo hat deshalb zuletzt eine strategische internationale Partnerschaft mit dem türkischen Konzern Baykar Technologies geschlossen, einem führenden Unternehmen im Bereich unbemannter Technologien. Wir sind überzeugt, dass technologische Kooperation ein entscheidender Hebel ist, um die neuen Herausforderungen im Verteidigungssektor zu meistern. Die Kombination von Leonardos Expertise in Zertifizierung und multidomainfähigen integrierten Technologien mit den unbemannten Plattformen von Baykar wird wichtige Impulse geben – sowohl in Europa als auch weltweit.

Vita

ROBERTO CINGOLANI

CEO

Leonardo

Der Physiker ist Inhaber von mehr als 100 Patenten und war von Februar 2021 bis Oktober 2022 italienischer Umweltminister im Kabinett von Mario Draghi. 2023 wurde er von Ministerpräsidentin Georgia Meloni mit der Leitung des Rüstungskonzerns Leonardo betraut, dessen Hauptaktionär das italienische Finanzministerium ist. Er ist Autor oder Co-Autor von etwa 1.100 Publikationen.

LEONARDO UND ÖSTERREICH

2022 und 2023 unterzeichneten Leonardo und das italienische Verteidigungsministerium zwei Verträge im Rahmen eines Abkommens zwischen Italien und Österreich im Gesamtwert von 650 Millionen Euro. Gegenstand der Vereinbarungen ist die Lieferung von 36 Mehrzweckhubschraubern des Typs AW169M LUH inklusive Unterstützungs- und Ausbildungsleistungen für das österreichische Verteidigungsministerium. Die Lieferung der Hubschrauber an Österreich ist derzeit im Gange. Zusätzlich nutzt Österreich RAT31Überwachungsradaranlagen, die ebenfalls von Leonardo stammen. Im Mai 2025 gab das italienische Verteidigungsministerium bekannt, im Rahmen desselben Abkommens zwölf M-346 Advanced Jet Trainer für Österreich zu beschaffen.

LEONARDO

#7 INFRASTRUKTUR Milliarden für den Ausbau

Text: Julia Kistner

»Deutschland hat die Notwendigkeit erkannt.«

Stefan Kratochwill STRABAG SE

Nicht nur der Wunsch, die in die Jahre gekommenen Verkehrswege militärtauglich zu machen, sorgt dafür, dass das Geld für Infrastruktur locker sitzt. Straßen, Brücken und Wasserleitungen sind schlichtweg veraltet. Schwellenländer speziell in Asien müssen ihre Infrastruktur massiv ausbauen, weil es ihr Wirtschaftswachstum und die Verstädterung erfordert.

AUFWAND.

Straße, Schiene, Brücke, Netze, alles braucht Erneuerung.

94 BILLIONEN US-DOLLAR beträgt laut dem Global Infrastructure Outlook der G20 der weltweite Investitionsbedarf in Infrastruktur bis 2040. Geplant sind Investitionen in Höhe von 79 Billionen US-Dollar.

Auch der Klimawandel, die Energiewende und die Digitalisierung benötigen Infrastrukturausgaben. Laut dem jüngsten Global Infrastructure Outlook der G20-Staaten müssen bis 2040 weltweit 95 Billionen US-Dollar in die Infrastruktur fließen, die die Bereiche Energie, Telekommunikation, Luftfahrt, Seehäfen, Straßen, Eisenbahn und Wasserversorgung umfasst. Das wären in etwa 3,55 Prozent der weltweiten Wertschöpfung.

Deutschland hat hier mit seinem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen einen Turbo gezündet. CEO Stefan Kratochwill von der Strabag SE rechnet jedoch frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2026 mit konkreten Aufträgen. Die Voraussetzung dafür sei, dass die Planungs- und Genehmigungsprozesse deutlich beschleunigt würden. „Es ist jedenfalls ein wichtiges Signal, dass Deutschland die Notwendigkeit erkannt

hat, seine Infrastruktur zu modernisieren. Positive Impulse erwarten wir vor allem im Bereich der Mobilitätsinfrastruktur, allen voran Straße, Schiene, Brücken und Wasserstraßen“, so der CEO der Strabag SE, die in Deutschland mit 40.000 Mitarbeitern und einem starken Baustoffnetzwerk den Markt beherrscht. In Deutschland seien ein Sechstel der Autobahnen nicht voll nutzbar, ein Drittel der Straßen in schlechtem Zustand und rund 16.000 Brücken sanierungsbedürftig – da kommen dem Staat auch die Zinssenkungen entgegen.

Private Gelder notwendig

Da bei den leeren Staatskassen die Finanzierungslücke immer größer wird, versucht man private Gelder anzuzapfen. Dazu dienen Public-Private-Partnership-Modelle, Infrastrukturfonds, die Gelder von institutionellen Anlegern einsammeln, Bürgerbeteiligungsmodelle oder seit heuer auch vermehrt Eltifs. Das sind Europäische langfristige Investmentfonds, mit denen die EU Gelder von Privatanlegern mobilisieren möchte. Denn trotz der Ankündigungen, die staatlichen Infrastrukturausgaben deutlich zu erhöhen, klafft laut dem G20-Report bis 2040 weltweit eine Finanzierungslücke von 15 Billionen US-Dollar.

#INTERVIEW

„Für uns stehen alle Signale auf Grün“

Andre Schwämmlein ist Chef von Flix, einem der erfolgreichsten deutschen Jungunternehmen dieses Jahrhunderts. Bisher vor allem mit Bussen unterwegs, investiert er jetzt Milliarden in eigene Züge. Seine Ansage: immer günstiger sein als die Staatsbahn. Damit wirbelt Flixtrain die Ticketpreise durcheinander.

Interview: Oliver Stock

HHerr Schwämmlein, Sie investieren massiv in Flixtrain. Warum jetzt dieser Fokus auf die Schiene? Ist das wirklich ein Geschäft, das sich rechnet – oder eher ein strategisches Signal an die Bahn? – Andre Schwämmlein: Fernzüge sind generell ein sehr gutes Produkt. Die Menschen wollen Zug fahren. Zumindest wenn der Preis und die Pünktlichkeit stimmen.

Womit Sie gleich das Problem benennen. –Es gibt zwei Probleme. Das eine ist das Schienennetz: Das ist in einem schlechten Zustand. Aber es fließt jetzt viel Geld hinein, um es zu verbessern. Wenn wir da nicht in den nächsten fünf Jahren eine fundamentale Verbesserung sehen, wäre es wirklich schlecht investiertes Geld. Das zweite Thema sind die Trassenpreise. Preisstruktur und Qualität passen hier überhaupt nicht zusammen. Deutschland hat in Europa die höchsten Trassenpreise. Verhandeln lässt sich das nicht, weil wir es mit einem Monopol zu tun haben.

Wer muss daran etwas ändern? – Letztlich ist es die Politik und da der Verkehrsminister. Ich hoffe, da tut sich etwas.

Flixtrain ist eine Kampfansage an die Staatsbahnen. Was machen Sie anders? –

»Deutschland hat in Europa die höchsten Trassenpreise. Preisstruktur und Qualität passen hier nicht zusammen.«

Wir werden mit unseren gerade bestellten Zügen eine neue Wagenflotte haben, das wirkt sich positiv auf den Komfort aus. Auch die Pünktlichkeit wird positiv beeinflusst, weil durch die ebenerdigen Einstiege der Zu- und Ausstieg schneller geht. Es wird keine erste Klasse geben, aber dafür hat jeder einen Sitzplatz. Ein Bordbistro haben wir nicht, dafür werden wir aber Snackautomaten anbieten. Und unser Angebot wird immer günstiger sein als das der Staatsbahnen.

Also bringen Sie die Ticketpreise unter Druck? So wie es damals bei der Lufthansa geschehen ist, als die ersten Billigflieger am Himmel auftauchten? – Das will ich nicht beurteilen. Unser Ziel ist es, Leute für die Schiene zu begeistern, die heute nicht Zug fahren.

Wurden Sie gefragt, ob Sie Bahnchef werden wollen? – Wenn Sie meinen, ob mich der Verkehrsminister angerufen hat und gefragt hat? Nein. Aber ich wurde allgemein gefragt und habe gesagt, das soll lieber jemand anders machen.

Was müsste dieser andere denn mitbringen für den Job? – Es steht mir nicht zu zu beschreiben, welche Eigenschaften der Chef oder die Chefin meines Mitbewer-

GROSSE PLÄNE. Andre Schwämmlein ist auf Globalisierungstour und will Flix spätestens in fünf Jahren als weltweite Marke etabliert haben.

Der gebürtige Nürnberger, Jahrgang 1981, ist Mitgründer von Flix und im Unternehmen für die operative Führung sowie globale Weiterentwicklung verantwortlich. Er ist diplomierte Wirtschaftsingenieur war drei Jahre Strategieberater bei der Boston Consultung Group, bevor er 2011 Flix gründete.

bers haben sollen. Er oder sie müssen Probleme lösen. Wir haben in Deutschland viele Probleme. Angefangen von den Schultoiletten über die Autobahnbrücken, allgemein die Infrastruktur, bis hin eben zur Eisenbahn. Und da müssen alle einen guten Job machen. Ich kann das im Namen von Flixtrain für das Schienensystem zusagen.

Stichwort Infrastruktur: Sie haben einen weltweiten Überblick. Mit einer Note von eins bis sechs: Wie bewerten Sie die Straßenund Schieneninfrastruktur in Deutschland? – Was die Straße angeht, haben wir bis auf die Brücken Einzelprobleme, aber für eine solide Drei reicht es noch allemal. Wir stehen nicht so schlecht da, wie wir uns immer machen. Das viele Geld für die Infrastruktur muss jetzt allerdings effektiv eingesetzt werden. Die Straßensysteme in den Emerging Markets sind viel schlechter als in Deutschland.

Sollen wir uns wirklich mit Schwellenländern vergleichen? – Wir müssen in allen Dimensionen global denken. Die Emerging Markets haben eine unglaubliche Dynamik. Indien baut einmal im Jahr etwa so viele Straßen, wie das gesamte deutsche Straßennetz lang ist. Aber auch wenn ich nach Europa schaue, sind wir in Deutschland lange nicht so schlecht, wie wir vielleicht denken. Wir eröffnen zum Beispiel demnächst das nationale rumänische Geschäft. Da haben wir ganz andere Probleme.

Wann fahren Flix-Busse elektrisch? – Wir haben keine elektrische Flotte live, weil die Vollbetriebskosten dafür noch nicht auf Level von Dieselflotten sind. In Indien sind wir da zum Beispiel weiter. Dort sind die Gesamtkosten für eine EFlotte wettbewerbsfähiger. Klar ist aber, mit dem Flixbus zu reisen wird auf Dauer CO2-frei. Wir müssen beweisen, dass das geht, und da arbeiten wir dran.

Ihre Meinung zum Verbrennerverbot? – Es geht darum, CO2-frei zu fahren. Das ist

»Wir eröffnen demnächst das nationale rumänische Geschäft. Da haben wir ganz andere Probleme.«
Andre Schwämmlein

das Ziel. Wir sollten es vielleicht weniger dogmatisch diskutieren, es kommt nicht auf ein Jahr an. Denn am Ende brauchen wir wirtschaftlich starke Unternehmen, die die Verkehrswende umsetzen. Da dürfen wir nicht den Fehler machen, die Unternehmen und die Menschen zu überfordern.

Sie haben einmal ausgeschlossen, ins Fluggeschäft einzusteigen. Bleibt es dabei –oder wann startet „Flixfly“? – Wir bleiben am Boden.

Warum? – Wir wollen Märkte nicht nur erkennen und wirtschaftliche Potenziale heben, sondern einen Mehrwert für die Mobilität bieten. Das geht auf der Straße mit unseren Bussen, und das geht auch auf der Schiene. Da wollen wir der einzige Low-Cost-Operator mit internationalem Anspruch sein. Natürlich könnte ich auch ein Flugzeug in die Luft schicken, um 250 Passagiere von A nach B zu bringen. Aber welchen Mehrwert würde ich damit liefern? Ich kann den Luftverkehrsmarkt nicht neu gestalten.

Flix kam einst ohne Hardware aus, also ohne eigene Busse und Züge. Jetzt kaufen Sie selbst Züge und wie im Fall des US-Unternehmens Greyhound auch Busse. Was hat diesen Kurswechsel ausgelöst? – Bei den Bussen ist Greyhound die Ausnahme, wir wollten diese Marke und dieses einzigartige Netz haben. Bei den Zügen wollen wir das Material selbst besitzen, weil wir so Mehrwert im Markt schaffen können. Wenn wir größere Einheiten selbst besitzen, bringt uns das Kostenvorteile. Wir sind da nicht dogmatisch.

Machen die Investoren da einfach so mit? Sie haben mächtige Geldgeber wie EQT und die Kühne-Gruppe an Bord. Wie viel Einfluss nehmen die auf Ihre Strategie? –Unsere Strategie ist seit Gründung vor 15 Jahren klar. Im Jahr fünf wollten wir auch Züge fahren. Und das haben wir gemacht. Diese Expansion war Teil der Strategie. Jeder Investor weiß das. Es ist doch so: Jeder Geldgeber investiert in Personen, Strategie und Inhalte. Ein guter Investorenkreis kann gute Fragen stellen. Gute Investoren sind Challenger, aber ihre Aufgabe ist es nicht, operative Probleme zu lösen. Dafür gibt es das Management.

Haben Sie manchmal das Gefühl, gegen politische Interessen statt gegen den Wettbewerb zu kämpfen? – Auf der Straße und mit dem Bus ist das weniger der Fall. Da sind die regulatorischen Hürden nicht so hoch. Aber bei der Schiene und dem Zug ist es sicher manchmal so. Dort schlägt sich der politische Wille in der Regulatorik nieder. Bundesnetzagentur, Kartellamt und die EU sind unsere Ansprechpartner. Im Moment ist unser Eindruck, dass für uns da alle Signale auf Grün stehen.

Wo sehen Sie Flix in fünf Jahren? – Bedeutend globaler. Ich möchte, dass die Brand überall erkannt wird. In Indien hat mir der deutsche Botschafter gesagt, er fühlt sich zu Hause, wenn er einen grünen Bus sieht. Das finde ich großartig.

»Der digitale Euro soll in Peak­Geschäftszeiten mehrere Millionen Transaktionen pro Sekunde abwickeln. Öffentliche Blockchains erfüllen diese Voraussetzungen heute nicht.«

Petia Niederländer OENB

MODERNES ZAHLUNGSMITTEL. In den USA müssen Stablecoins mit US-Staatsanleihen hinterlegt werden.

#8 STABLE COINS

Zahlungsmittel der Zukunft

Text: Thomas Müller

Wie werden wir in zehn Jahren den Coffee to go bezahlen oder unsere Stromrechnung? Über den guten alten Bankserver oder mit digitalem Geld auf einer Blockchain, die in einer Wallet auf dem Smartphone gespeichert ist? Die Welt des Bezahlens ist jedenfalls im Umbruch, und das hat nicht nur mit Bitcoin zu tun, der prominentesten Kryptowährung, die unabhängig von Notenbanken und Goldreserven zirkuliert. Denn

Bitcoins werden noch überwiegend als Wertanlage gekauft und eher selten als Zahlungsmittel genutzt. Besser geeignet dafür sind die sogenannten Stablecoins, die ebenfalls auf einer Blockchain basieren, aber an eine staatlich kontrollierte Währung gekoppelt sind. Plötzliche Wertverluste wie bei Bitcoin sind damit bei den US-Dollar- oder EuroStablecoins ausgeschlossen. Zudem sind die Transaktionskosten für den Handel

wesentlich geringer als bei den etablierten Debitkarten.

Privatgeld auf dem Vormarsch

Die meisten Stablecoins werden von privaten Krypto-Unternehmen wie Tether oder Circle herausgegeben, und die US-Regierung kontrolliert diese seit Juni strenger. Das Kalkül dahinter: Die Stablecoins müssen mit USStaatsanleihen hinterlegt werden, und die US-Dollar-Stablecoins sollen in Zukunft das führende globale Zahlungsmittel sein. Was jetzt auch neun europäische Großbanken, darunter die heimische RBI, auf den Plan rief, um 2026 einen eigenen Euro-Stablecoin auf den Markt zu bringen. Die EU-Kommission und die EZB treiben ihrerseits die Entwicklung eines digitalen Euro voran, der

dem Prinzip des Stablecoins ähnelt, eine sogenannte CBDC. Zuletzt wurde intern überlegt, dafür bestehende öffentliche Blockchains wie Ethereum oder Solana zu nutzen, um Zeit zu sparen und gegenüber den US-Emittenten nicht ins Hintertreffen zu geraten. Aber Notenbanken haben auch andere Aufgaben zu erfüllen als ein Krypto-Unternehmen. Man müsse die Interessen von Konsumenten, Handel, Banken und die regionalen Gegebenheiten berücksichtigen, erklärt Petia Niederländer, Direktorin für den Zahlungsverkehr bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Öffentliches Geld sei auch ein Sicherheitsthema: „Bei der Einführung des digitalen Euro stehen monetäre Unabhängigkeit und europäische Souveränität im Vordergrund. Die Hauptziele sind,

dass der digitale Euro für alle immer und überall zur Verfügung steht und überall angenommen wird.“ Das Design soll außerdem leicht verständlich sein und auch eine Offline-Funktion haben.

Keine öffentlichen Blockchains

Private US-Stablecoins sieht Niederländer hingegen nicht als Alternative für Europa: „Sie haben sich besonders in Ländern mit unstabilen Währungen oder hoher Inflation verbreitet. Zugleich bergen sie Stabilitäts- und Sicherheitsrisiken.“ Spekulationen über die zu nutzenden Blockchains weist die Expertin zurück: „Der digitale Euro soll sicher sein und in Peak-Geschäftszeiten mehrere Millionen Transaktionen pro Sekunde abwickeln. Öffentliche Blockchains erfüllen diese Voraussetzungen heute nicht.“

#9 WELTWÄHRUNG

Die De-Dollarisierung

Text: Julia Kistner

Ebenso wie die neue Weltordnung nicht mehr nur zwei große Blöcke vorsieht, wird der US-Dollar aktuell nicht von einem einzigen neuen Fiat-Geld abgelöst wie einst der britische Sterling vom US-Dollar nach dem Ersten Weltkrieg. Mangels starker Alternativen würden wir gerade eine schleichende Ablöse des Greenbacks sehen durch einen Korb aus Fiat-Währungen, Edelmetallen und Stablecoins. Davon ist Währungsexperte Gerhard Massenbauer von Hedgego überzeugt: „Wir sehen gerade erst den Beginn einer langen, starken Abwärtsbewegung des US-Dollar. Die Kaufkraftparität liegt bei 1,40 Euro zum USDollar. Damit ist der US-Dollar immer noch 25 Prozent überbewertet.“ Das Damoklesschwert sei die extreme Ver-

schuldung, so Massenbauer: „Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt sind die USA ähnlich hoch verschuldet wie Italien, nur mit deutlich höherer Neuverschuldungsdynamik. Das allein reicht schon, um den US-Dollar zu schwächen.“

Der Internationale Währungsfonds rechnet damit, dass die US-Staatsverschuldung noch 2025 auf über 124 Prozent steigen könnte. „Die USA konnten sich bisher ein Doppeldefizit und noch ein katastrophales Defizit in der Kapitalbilanz leisten, weil es die letzten 15 Jahre durch ausländischen Kapitalzufluss überstopft wurde. Das führte zur immensen Überbewertung der US-Börsen und des US-Dollars. Damit ist langsam Schluss“, sagt Massenbauer.

»Wir sehen beim US­Dollar erst den Beginn einer langen, starken Abwärtsbewegung.«

Gerhard Massenbauer HEDGEGO

11,5

BILLIONEN

US-DOLLAR betragen die weltweiten Währungsreserven, China hält davon 3,2 Billionen US-Dollar. Insgesamt werden 57,74 Prozent der Devisenreserven in US-Dollar gehalten und 19,83 Prozent in Euro. Der Goldanteil beträgt zehn bis 15 Prozent, davon besitzen die Deutsche Bundesbank und die USA gemeinsam 70 bis 75 Prozent.

Laut Massenbauer hätten die geopolitischen Konflikte und die De-Dollarisierung so bald kein Ende. Schwellenländer reduzieren ihre US-Dollarreserven und nutzen den Greenback ungern als Zahlungsmittel, weil die USA ihnen nicht genehmen Staaten den Zugang zum Dollar verwehrt. Auch möchten aufstrebende Schwellenländer ihre Wirtschafts- und Währungspolitik selbst kontrollieren. Vor allem China will nicht länger eine US-dominierte Weltordnung mit dem US-Dollar als Weltwährung akzeptieren. „Die USA haben keine Freunde mehr“, sieht Gerhard Massenbauer auch deshalb deren Währung unter Druck.

Sehen wir also bald die Ablöse des US-Dollar wie in den 1920er-Jahren einst das Ende des Sterling als führende Weltwährung? „Nein“, meint der Währungsexperte, „dafür fehlt uns die Alternative. Am ehesten profitiert davon noch der Euro, vor allem aber Gold, das mit seinem Anteil von 23 Prozent an den Weltwährungsreserven schon wichtiger geworden ist als der Euro.“ China habe als größter Exporteur der Welt derzeit gar kein Interesse, seine Währung frei konvertierbar und zur Weltwährung

zu machen oder die Kontrolle über den Yuan aufzugeben.

Eine zunehmende Bedeutung als Währungsreserve könnten Stablecoins haben, also Krypto-Assets, deren Wert an jenen stabiler Fiat-Währungen und anderer Vermögenswerte gekoppelt sind. Deshalb drängt die Europäische Zentralbank darauf, den digitalen Euro als Alternative zu Stablecoins einzuführen, die von reichen Privatpersonen ausgegeben werden und mit amerikanischen Schulden hinterlegt sind.

Es wird somit ein Korb von Währungen, Edelmetallen und Stablecoins geben, die den US-Dollar als akzeptiertes Zahlungsmittel in den diversen Wirtschaftsblöcken unterschiedlich ersetzen werden. Wobei Stablecoins durch Regulierungen und Verbote wie in Ägypten oder Nigeria angezählt sein könnten, erwartet Massenbauer: „Das Problem an der zunehmend zersplitterten Weltordnung, in der in unterschiedlichen Währungen fakturiert wird, ist: Wir haben keine eindeutig stärkste Ökonomie mehr, die die Regeln festlegt. Das macht die Kapitalmärkte und auch die Währungen in Zukunft deutlich volatiler.“

US-DOLLAR. Die Diskussion um die Zukunft des Greenback ist voll entbrannt.

#10 SOCIAL SKILLS

Die Zukunft braucht Geduld

Geduld ist genauso wichtig wie Intelligenz, meint der Verhaltensökonom

Matthias Sutter. Im Interview mit dem Börsianer erklärt er, was die Fähigkeiten der Zukunft ausmachen und warum ein kritischer Geist dafür essenziell ist.

DHerr Sutter, die Welt dreht sich gefühlt immer schneller. Welche Fähigkeiten müssen wir fördern, um für das Morgen gewappnet zu sein? – Matthias Sutter: Das ist eine große Frage, die man kaum abschließend beantworten kann. Mir fallen aber drei konkrete Dinge ein: Kritikfähigkeit, Bildung und Innovation. Gerade im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz braucht es Kritikfähigkeit, um zu lernen, Informationen richtig einzuordnen: Was ist verlässlich, was nicht? Es geht nicht nur um Fake News, sondern generell darum, Inhalte zu hinterfragen, Quellen gegenzuchecken und nicht alles sofort zu glauben. Ohne kritischen Geist verlieren wir in dieser komplexen Welt schnell die Orientierung. Damit eng verbunden ist die Bildung. Sie ist die Grundlage dafür, dass wir neue Lösungen entwickeln können. Und Innovation ist nichts anderes als die Frage: Wie können wir Wohlstand sichern, ohne die Umwelt zu zerstören? Das ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.

Aber gerade globalpolitisch scheint Kritikfähigkeit nicht das dominierende Prinzip zu sein. – Leider nicht. Der alte Gedanke, dass „Wandel durch Handel“ Demokratien fördern würde – mit Russland oder China –, hat sich als Illusion erwiesen. Wir sehen heute, dass wirtschaftliche Verflechtung nicht automatisch zu Frieden und Freiheit führt. Im Gegenteil: Wir müssen in Europa lernen, unsere

»Geduld ist genauso wichtig wie Intelligenz, wenn es um beruflichen und unternehmerischen Erfolg geht.«

Matthias Sutter

eigene Verteidigungsfähigkeit ernst zu nehmen. Das bedeutet höhere Ausgaben fürs Militär – und damit weniger Spielräume für anderes. Umso wichtiger wird es, produktiver zu werden. Mehr Output mit gleichen Ressourcen, mehr Wertschöpfung. Und das führt uns zurück zur Innovation: Wir brauchen mehr Bildung, Orte der Begegnung von klugen Köpfen, und wir brauchen vor allem Risikokapital. In Europa fehlt es uns daran nach wie vor. Solange wir da schwächeln, dürfen wir uns nicht wundern, wenn große Innovationen meist aus den USA kommen.

Welche Rolle spielen dabei Unternehmenskultur und Führung? – Eine entscheidende. Ich erinnere mich an eine Studie in Tiroler Mittelstandsunternehmen, die gezeigt hat: Firmen, die von Menschen geführt werden, die langfristige Ziele verfolgen und kurzfristigen Versuchungen widerstehen können, sind innovativer und wirtschaftlich erfolgreicher. Diese Führungskräfte haben Geduld und Ausdauer – und genau das macht den Unterschied.

Sie haben ein ganzes Buch über die Geduld geschrieben. Erklären Sie uns doch bitte Ihre Hauptthese. – Empirisch zeigt sich: Geduld ist genauso wichtig wie Intelligenz, wenn es um beruflichen und unternehmerischen Erfolg geht. Wer langfristig denkt, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Entscheidungen

MATTHIAS SUTTER

Verhaltensökonom

Max-Planck-Institut

Der 1968 geborene gebürtige Vorarlberger ist Direktor am Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter in Bonn und Professor an den Universitäten Köln und Innsbruck. Er zählt zu den führenden Verhaltensökonomen Europas. Bekannt wurde er durch Bücher wie "Die Entdeckung der Geduld" und "Der menschliche Faktor".

AHA-EFFEKT. „Verhaltensänderungen allein werden den Planeten nicht retten. Wir brauchen technologische Lösungen", sagt Matthias Sutter.

durchspricht und sie konsequent umsetzt, bringt bessere Ergebnisse hervor als jemand, der nur auf die nächste Quartalsbilanz schaut.

Kann man Geduld denn lernen? – Geduld ist lernbar, und zwar besser, je früher man damit beginnt. Wir forschen dazu mit Kindern in Bangladesch, aber es gibt auch Programme in Europa. Ein Ansatz ist die sogenannte Ampelmethode: erst einmal stoppen, dann die Optionen prüfen, Vor- und Nachteile abwägen –und erst danach handeln und die Entscheidung auch wirklich durchziehen. Das klingt banal, aber es hilft enorm, voreilige Entscheidungen zu vermeiden. Geduld heißt nicht, dass man nie spontan sein darf. Natürlich braucht es auch kreative Momente. Aber entscheidend ist, die Ideen bis zum Ende durchzudenken und durchzuziehen. Das unterscheidet oft erfolgreiche Führungskräfte von weniger erfolgreichen.

Lassen Sie uns über Nachhaltigkeit sprechen. Anreize, also Nudging, sollen zu Verhaltensänderungen der Menschen führen. Reicht das? – Nein, Verhaltensänderungen allein werden den Planeten nicht retten. Nudging – also kleine Anstöße, die das Verhalten in eine bestimmte Richtung lenken – funktioniert durchaus. Wenn Menschen etwa auf ihrer Stromrechnung einen Smiley bekommen, weil sie weniger verbraucht haben als der Durchschnitt, sparen sie vielleicht ein oder zwei Prozent Energie. Aber das reicht nicht. Wir brauchen technologische Lösungen. Ein Beispiel ist die Kernfusion. Noch vor einigen Jahren hieß es immer „in 50 Jahren“. Heute sprechen Forscher davon, dass man in 15 Jahren so weit sein könnte, dass mehr Energie herauskommt, als hineingesteckt wird. Das wäre ein Quantensprung. Dafür brauchen wir massive Investitionen, Forscher, Ingenieure, Programmierer. Leute, die sich auf die Straße kleben, sind da weniger hilfreich.

Das klingt polemisch. – Was ich meine: Nur mit vollem Fokus auf Innovation und Technologie werden wir die Klimafrage lösen. Gleichzeitig bleibt Fairness wichtig: Jeder sollte einen Beitrag leisten. Denn wenn der Eindruck entsteht, dass sich einige herausnehmen, nichts zu tun oder sogar von ihrem Fehlverhalten profitieren, bricht der gesellschaftliche Konsens auseinander.

Forschungen zeigen: Mehr Frauen in Führungspositionen wirken sich positiv aus. Wieso sind Frauen noch nicht dort? – Die Forschung zeigt: Frauen mögen Wettbewerb im Schnitt weniger als Männer. Männer überschätzen sich systematisch eher und gehen öfter in Konkurrenzsituationen – manchmal auch, wenn sie es gar nicht sollten. Das führt dazu, dass Frauen sich seltener für Führungspositi-

onen bewerben, selbst wenn sie genauso qualifiziert sind. Wir haben in Experimenten gezeigt: Wenn klar ist, dass in einem Auswahlverfahren mindestens eine Frau gewinnen wird, sind Frauen deutlich motivierter teilzunehmen. Solche Regelungen helfen, dass mehr talentierte Frauen überhaupt ins Rennen gehen. Es geht nicht darum, Männer auszuschließen, sondern darum, Potenziale zu heben, die sonst verlorengingen. Für Unternehmen lohnt es sich, hier aktiv zu werden und gezielt auf geeignete Kandidatinnen zuzugehen.

Sie haben ursprünglich Theologie studiert. Es scheint, dass derzeit wieder Mythen und Narrative an Bedeutung gewinnen. Teilen Sie diesen Eindruck – und was bedeutet das für unser Handeln? – Es gibt in der Ökonomie tatsächlich eine wachsen-

de Forschung zu Narrativen. Geschichten helfen, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen und sich Kausalitäten besser zu merken. Das ist übrigens etwas sehr Theologisches: Eine gute Predigt beginnt mit einem Bild, legt es aus – und kehrt am Ende wieder zu diesem Bild zurück. Genauso funktionieren Narrative in der Wirtschaftsforschung. Sie können das Verständnis von Zusammenhängen erleichtern. Aber: Geschichten sind immer auch selektiv. Das macht sie anfällig für Vereinfachungen oder sogenannte alternative Fakten. Narrative können Orientierung geben –oder in die Irre führen. Entscheidend ist, dass wir lernen, mit ihnen umzugehen: Sie kritisch zu hinterfragen, sie auf Fakten zu prüfen. Insofern schließt sich der Kreis: Kritikfähigkeit ist auch hier wieder zentral.

#CRISTINA SCOCCHIA

Auf einen Cappuccino mit der Kaffeekönigin

Interview und Text:

CRISTINA SCOCCHIA. Nach ihrem Studium an der Mailänder Bocconi-Universität und 16 Jahren bei Procter & Gamble wurde die 51-Jährige 2016 Geschäftsführerin von L'Oreal Italien. Dem Kosmetikproduzenten Kiko half sie umzustrukturieren.

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Wahre Diversität ist eine Bereicherung"

Die Illycaffe-Chefin wollte schon als Kind Geschäftsführerin werden. Sie arbeitet derzeit an einem IPO. Ihr Herz schlägt für Diversität und Cappuccino – auch am Nachmittag.

JJahrzehntelang war Illycaffe ein gut strukturiertes Familienunternehmen. Unter Firmenchef Andrea Illy begann eine starke Expansion. 2025 ist die Marke in 140 Ländern vertreten, seit 2012 mit einer Niederlassung in Österreich. Inzwischen hat der Unternehmer die italienische Managerin Cristina Scocchia (51) beauftragt, das Geschäft zu einem globalen Player und die Firma für den Börsengang fit zu machen. Wir haben uns mit der Kaffeekönigin zwischen Cappuccino und Amarettini unterhalten.

Trinken Sie eigentlich viel Kaffee? – Cristina Scocchia (lacht): Kaffeepuristen werden die Nase rümpfen, aber ich muss gestehen: Ich liebe vor allem Cappuccino, den ich im Gegensatz zu einer festen Regel in Italien auch nachmittags trinke.

In den letzten Jahren sind die Kaffeepreise gestiegen. Die Kunden beklagen sich, dass Espresso und Cappuccino teurer werden. Wie lange wird man sich Kaffee noch leisten können? – Seit 2022 sind die Preise deutlich gestiegen. Im Februar erreichte der Preis fast 400 Cent pro Pfund, das ist beinahe das Vierfache des Durchschnitts der Jahre davor. Das setzt die Unternehmen stark unter Druck, denn es gibt Grenzen, wie weit sich Margen noch reduzieren lassen, ohne die Preise zu erhöhen. Das ist uns nicht ganz gelungen.

Die Wurzeln von Illycaffe reichen tief in die Triester Kultur mit engen Verbindungen zur habsburgischen Tradition zurück. Wie bedeutend ist der österreichische Markt für das Unternehmen? – Triest hat enge Beziehungen zu Österreich, das für Illycaffe zwar ein kleiner Markt, aber mit einer qualitätsbewussten Klientel ist. In Österreich sind wir mit einer eigenen Filiale präsent und mit den Resultaten zufrieden.

Seit 2022 hat Illycaffe mit Ihnen zum ersten Mal eine Frau als Geschäftsführerin. Warum fiel die Wahl auf Sie? – Andrea Illy kannte mich von den Zeiten, als ich noch Länderchefin in Italien bei L'Oreal war. Er vertraut mir. Führungsfähigkeiten hängen vom Charakter, von Erfolgen und auch von Misserfolgen ab – nicht davon, ob man Mann oder Frau ist. Wahre Diversität ist eine Bereicherung, sie bezieht alle Menschen mit ein, unabhängig vom Geschlecht.

Haben Sie viele Änderungen in der Managerstruktur vollzogen? – Ein Geschäftsführer ist wie ein Orchesterdirigent. Er muss nicht der beste Violinist oder Pianist sein, er muss aber das Beste aus jedem einzelnen Musiker herausholen können. Ich habe das Führungsteam erneuert, auch mit Personen mit anderen kulturellen Hintergründen und anderen Erfahrungen. Ein Beispiel: Unser Chief Marketing Officer ist Grieche und bringt eine starke internationale Erfahrung mit, die das Team spürbar bereichert.

Für Frauen ist der Weg zu Spitzenpositionen in großen Unternehmen nicht einfach. Wie haben Sie es geschafft? – Ich wollte schon von Kind auf Geschäftsführerin werden. Dabei komme ich nicht aus einer reichen Familie. Meine Mutter war Kindergärtnerin, mein Vater Lehrer, und ich bin in ei-

nem 2000-Seelen-Dorf in Ligurien aufgewachsen. Mein Vater hat immer an mich geglaubt und mir einen Satz mit auf den Weg gegeben, den ich nie vergesse: ‚Denk daran, dass es kein Hindernis sein darf, eine Frau zu sein, aus einem Dorf und aus einer nicht wohlhabenden Familie zu stammen. Kämpfe für dein Ziel!‘ Das hat mich sehr geprägt.

Illycaffe hat vor einigen Jahren den Sprung vom reinen Familienunternehmen zum globalen Konzern geschafft. Hat das reibungslos funktioniert? – Ein zentrales Problem vieler Familienunternehmen ist, dass sie sich verschließen und somit langfristig an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil die Eigentümer nicht bereit sind, Verantwortung abzugeben oder externe Führung zuzulassen. Andrea Illy hatte die wichtige Intuition, bereits 2016 erste Geschäftsführer außerhalb der Familie ins Unternehmen zu holen. Dieser Weg wurde ab 2022 konsequent weiterverfolgt.

Ein weiterer Meilenstein für das Unternehmen war 2020 der Einstieg des US-amerikanischen Private-Equity-Fonds Rhone Capital. Welche Überlegungen standen dahinter? – Rhone Capital wurde als Partner wegen seiner Verankerung auf dem US-Markt –dem zweitgrößten für Illycaffe nach der Heimat Italien – sowie wegen seines strategischen Netzwerks und seiner Expertise gewählt. Auch dank dieser Partnerschaft hat Illycaffe in den letzten Jahren einen Qualitätssprung im Auslandsgeschäft unternommen.

Plant Illycaffe nach der starken Internationalisierung dieser Jahre den Börsengang? –Die Börsennotierung ist die Krönung eines Reifeprozesses der Unternehmensführung im Rahmen eines langfristigen Wachstumsprozesses. Sie ist aber kei-

neswegs zwingend, vor allem weil jetzt die Lage wegen des ungünstigen geopolitischen und makroökonomischen Kontextes sowie wegen der hohen Rohstoffpreise für einen Börsengang ungünstig ist. Nichtsdestoweniger arbeiten wir weiterhin in diese Richtung. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wird das Unternehmen die Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt treffen. In fünf Jahren rechnen wir mit einem viel stärkeren Unternehmen, was Umsatz, Dimension und internationale Position betrifft. Wir arbeiten hart für Wachstum in den USA.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit? – Wir haben jetzt Kapseln mit recycelbarem Aluminium entworfen. Unsere eigenen Bauern unterstützen die Kaffeeanbauer direkt vor Ort bei der Einführung regenerativer Anbaumethoden. Das Ziel ist es, Pestizide zu reduzieren, die CO2-Emissionen pro Quadratmeter Anbaufläche zu senken und durch Fruchtfolgen und Mischkulturen die Böden im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu regenerieren. Wir beziehen unseren Rohkaffee aus neun Ländern, vor allem aus Brasilien, Guatemala, Costa Rica, Äthiopien und Ruanda.

Illycaffe ist inzwischen ein Weltkonzern –wird Triest als Standort an Bedeutung verlieren? – Nein, im Gegenteil. Hier sind unsere Wurzeln, und hier werden wir 120 Millionen Euro investieren, um die Kapazität unserer Rösterei zu verdoppeln und die Produktionslinien auszubauen. In den vergangenen Monaten haben wir bereits 100 neue Mitarbeiter eingestellt – es werden weitere folgen. Unser Unternehmen wächst sowohl beim Volumen als auch beim Umsatz. Wir haben uns ganz bewusst dazu entschieden, in Triest verwurzelt zu bleiben.

„Wir haben das Recht, groß zu träumen“ Porträt

Sie ist eine von wenigen Frauen in Spitzenpositionen in Italiens Großkonzernen: Cristina Scocchia (51) ist CEO des renommierten Kaffeeproduzenten Illycaffe.

„Als Frauen sollten wir stolz auf unsere Anfänge sein. Oft sehen wir nur, was uns fehlt. Die Herausforderung besteht darin, den eigenen Startpunkt - der sich nicht ändern lässt – in einen Antrieb zu verwandeln. Das gilt auch für Männer“, sagt sie. Cristina Scocchia hat diese Überzeugung in ihrer Autobiografie mit dem Titel „Il coraggio di provarci“, übersetzt „Der Mut, es zu versuchen“, festgehalten. Darin erzählt sie von ihren Anfängen in einem kleinen Dorf nahe der Küstenstadt Sanremo mit 2.000 Einwohnern. „Man darf sich nicht von Vorurteilen und Stereotypen entmutigen lassen. Wir haben das Recht, groß zu träumen“, so Scocchia. Sie sieht es als ihre Aufgabe, auch andere Frauen zu motivieren.

„Ich wünsche mir, dass viele andere Frauen die gläserne Decke durchbrechen, wie ich es getan habe. Ich hoffe, das ermutigt junge Frauen – und auch Männer. Es geht nicht um ein Gegeneinander, sondern darum, Männer und Frauen zusammen in Richtung Leistung und Fairness zu

ziehen“, so Scocchia. Mit einem Zitat des römischen Philosophen Seneca bringt sie ihre Haltung auf den Punkt: „Glück gibt es nicht – es gibt nur den Moment, in dem Talent auf Gelegenheit trifft.“ Talent sei gleich verteilt - zwischen Männern und Frauen, Reichen und Armen. Was fehle, seien die gleichen Chancen.

KAFFEEPAUSE. Die Tassen der Illy-Collection Amici wurden vom Architekten Luca Trazzi im Jahr 1994 designt.

ZUM KONZERN ILLYCAFFE

Im Triest der 1930er-Jahre legte der Kaufmann Francesco Illy den Grundstein für das heutige Kaffeeimperium, die Gruppe Illycaffe. Damals handelte er mit Kaffee, Kakao und Kaffeemaschinen. Im Geschäftsjahr 2024 erzielte Illycaffe einen konsolidierten Umsatz von 630 Millionen Euro, was einem Wachstum von sechs Prozent gegenüber 2023 entspricht. Das Ebit erreichte 61 Mio. Euro, ein Plus von 50 Prozent gegenüber 2023. Der Nettogewinn erhöhte sich um 42 Prozent auf mehr als 33 Mio. Euro. Als Anerkennung für die herausragenden Leistungen wurde ein außerordentlicher Bonus in Höhe von einer Million Euro an die 1.000 Mitarbeitenden weltweit ausgeschüttet.

FÖRDERMÖGLICHKEITEN ERKENNEN, KOSTEN EINSPAREN –UND TROTZDEM WETTBEWERBSFÄHIG

TOP 5 FÖRDERUNGEN FÜR FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

Egal, ob Sie ein Start-up mit einem ambitionierten Tech-Projekt, ein Spin-off aus der Wissenschaft oder KMU mit eigener F&EAbteilung sind: Wer Innovation betreibt, steht oft vor der gleichen Frage. Nämlich: Wie finanzieren wir den nächsten großen Wurf? Die Antwort darauf beinhaltet selten „Eigenmittel“ und beginnt häufig mit einem Blick auf die komplexen, aber chancenreichen Förderlandschaften. BDO Förderspezialistin Eva Martischnig hat die fünf wichtigsten Programme für Sie zusammengetragen.

1. FFG-Basisprogramm und Frontrunner: Die Allrounder der Forschungsförderung Das FFG-Basisprogramm ist der F&E-Förderklassiker – flexibel sowie themen- und technologieoffen. Ob verwertbare Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen: Unternehmen jeder Größe können ihre Vorhaben einreichen und bis zu 70% der Kosten in einem Mix aus Zuschuss und Darlehen fördern lassen. Wer besonders visionär denkt, sollte einen Blick auf den Frontrunner werfen –das High-Risk-High-Gain-Segment des Basisprogramms für Projekte mit disruptivem Potenzial. Hier entfällt der Darlehensanteil und es wird rein durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von bis zu maximal 45% der anerkennbaren Projektkosten gefördert.

2. Die Forschungsprämie: Steuerliche Entlastung für F&E Forschung steuerlich geltend machen? Die Forschungsprämie macht’s möglich. Unter-

nehmen können sich 14% ihrer F&E-Ausgaben direkt als Gutschrift vom Finanzamt zurückholen. Ohne langen Förderantrag, ohne thematische Einschränkung – aber mit der Challenge, in nur 3.000 Zeichen eine aussagekräftige, präzise Darstellung der Forschungsprojekte bzw. -schwerpunkte zu liefern. Besonders interessant: Die Prämie kann z.B. auch mit dem Basisprogramm kombiniert werden.

3. aws Preseed & Seedfinancing: Wenn die Idee noch in den Kinderschuhen steckt Diese Programme der Austria Wirtschaftsservice (aws) zielen darauf ab, impactorientierte Vorhaben in der Frühphase (Vorgründungsund Gründungsphase) zu unterstützen. Preseed richtet sich an Gründer:innen in spe mit innovativen, skalierbaren Ideen mit hohem gesellschaftlichen Mehrwert in allen Branchen und bietet bis zu EUR 100.000. Wer einen Schritt weiter ist – also nach der Gründung -, kann mit Seedfinancing zusätzlich bis zu EUR 400.000 abholen. In der Deeptech Schiene sind sogar bis zu EUR 1 Mio. möglich.

4. Horizon Europe: Die EU als Finanzier Das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU – Horizon Europe – ist mit rund EUR 95 Mrd. bis 2027 das weltweit größte seiner Art. Komplex, international und wettbewerbsintensiv – dennoch bietet es eine einmalige Gelegenheit für forschungsstarke Unternehmen und Konsortien.

Neben spezifischen Programmen wie dem EIC Pathfinder (Förderquote 100%, bis zu EUR 3 Mio.) für risikoreiche Frühphasen-Forschung oder dem EIC Accelerator (Förderquote 70%, bis zu EUR 2,5 Mio.) für die Markteinführung disruptiver Innovationen stehen im Rahmen von Horizon Europe zahlreiche weitere themenspezifische Förderaufrufe (Calls) zur Verfügung. Diese richten sich branchenübergreifend an große, mittlere und kleine Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen und fördern (kooperative) Projekte mit europäischem Mehrwert.

5. Der EU Innovation Fund: Klimaschutz mit Kapital Dekarbonisierung, CO2-Abscheidung, grüne Transformation: Der EU Innovation Fund fördert große Technologieprojekte, die Treibhausgase reduzieren. Mit einer neuen Ausschreibungsrunde ist Ende des Jahres zu rechnen.

„Forschung und Entwicklung sind kein reiner Selbstzweck, sondern auch Motor für Fortschritt, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Deshalb gibt es in diesem Bereich großes (Förder-)Potenzial, das es auch abzurufen gilt“, betont die Spezialistin.

Wert

#ÖSTERREICHISCHE POST AG

Sagen Sie nicht Herr Generaldirektor

WALTER OBLIN

Generaldirektor

Österreichische Post AG

Der 1969 geborene Kärntner Walter Oblin ist seit Anfang Oktober 2024 Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Österreichischen Post AG. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens und Maschinenbaus an der TU Graz und einem MBA in den USA begann er seine Karriere 1994 bei McKinsey und war später bei einem deutschen Cleantech aktiv.

PLÄNE. „Immer da, wenn du uns brauchst“, lautet der Slogan der Österreichischen Post AG. Walter Oblin möchte das auf mehrere Geschäftsfelder ausweiten.

Walter Oblin ist ein begnadeter Briefeschreiber. Als CEO lenkt er die Österreichische Post AG auch in risikoreichere Gegenden und nimmt es gern mit Platzhirschen auf. Der Börsianer sprach mit dem gebürtigen Kärntner über sein Engagement in ehemaligen Sowjetrepubliken, warum er jetzt mit Pay Pal konkurriert und nicht Herr Generaldirektor genannt werden will.

HHerr Oblin, wann haben Sie zuletzt einen Brief verschickt? – Walter Oblin: Fast täglich – geschäftlich und privat. Persönliche Briefe oder Karten stechen bei besonderen Anlässen aus der digitalen Masse heraus.

Ich frage deshalb, weil das Briefgeschäft seit 18 Jahren rückläufig ist. Die Dänen stellen ab Jänner keine Briefe mehr zu. Ist das auch hier denkbar? – In Dänemark wurde der Universaldienst abgeschafft. Aber keine Sorge, es wird nach wie vor Möglichkeiten geben, einen Brief von Österreich nach Dänemark zu schicken. Es gibt dort alternative Dienstleister, die Briefe aus dem Ausland zustellen. Für Österreich ist eine Einstellung der Zustellung kein Thema. Wir stellen nach wie vor rund 500 Millionen Briefe jährlich mit hoher Qualität zu.

Ist bei der Österreichischen Post das Geschäftsfeld Brief noch profitabel? – Ja, aber es ist unter Druck – wegen sinkender Mengen und steigender Personalkosten. Der durchschnittliche Privatkunde gibt zehn Euro im Jahr für Briefporto aus. Man bekommt dafür nicht einmal mehr zwei Cappuccinos in dieser Stadt.

Interview: Daniel Nutz und Robert Winter

Laut dem Postmarktgesetz ist die Österreichische Post verpflichtet, Briefe zuzustellen. Ist das Gesetz noch zeitgemäß? – Nein. Es stammt von 2009, als fast doppelt so viele Briefe verschickt wurden. Heute läuft kaum noch zeitkritische Kommunikation über den Brief. Digitale Kanäle haben vieles ersetzt. Die Politik zeigt Verständnis, und im Regierungsprogramm ist eine Reform bereits vorgesehen.

Sie haben die internationale Ausrichtung der Österreichischen Post weiter intensiviert. Wie entwickelt sich das Auslandsgeschäft? – Die Türkei ist für uns ein strategischer Brückenkopf in einer noch wenig erschlossenen Region. Von dort aus entwickeln wir Märkte wie Georgien, Aserbaidschan und Usbekistan – gemeinsam mit türkischen E-Commerce-Plattformen.

Das sind allesamt ehemalige Sowjetrepubliken. Ist das nicht etwas riskant? – Nennen Sie mir einen Markt, der heute geopolitisch risikofrei ist.

Wie groß ist das Investment in den neuen Ländern? – Unser Modell ist bewusst kapitalschonend. Wir investieren wenig –es sind nur niedrige siebenstellige Beträge. Statt eigene Flotten zu betreiben, setzen wir auf lokale Zustellpartner und minimales Sortier-Equipment. So halten wir das Risiko gering. In Aserbaidschan etwa erwarten wir heuer einen siebenstelligen Umsatz – mit positivem Ergebnisbeitrag.

Rund 50 Prozent Ihrer Kosten in Österreich liegen beim Personal. Im Juli gab es 2,8 Prozent mehr. Wie geht sich da ein profitables Geschäft aus? – Die Lohnabschlüsse waren maßvoll, aber dennoch summierten sie sich in den vergangenen vier Jahren auf 25 Prozent, auf eine Basis von einer guten Milliarde Euro. Wir konnten nur einen Teil davon an den Markt weitergeben, den anderen Teil mussten wir durch Einsparungen und Wachstum kompensieren. Wir haben auch Instrumente wie die Teuerungsprämie, die die Regierung zur Verfügung gestellt hat, gut genutzt.

Sie haben Post Pay eingeführt. Der Markt ist mit Klarna oder Pay Pal bereits stark besetzt. Wo liegt Ihr Vorteil? – Post Pay

ist eine moderne, digitale Variante der Nachnahme. Kunden bezahlen erst, wenn das Paket in den Händen der Post ist oder direkt beim Zusteller. Das schafft Vertrauen, besonders bei unbekannten Onlinehändlern, und senkt die Kaufhürde. Für Händler bedeutet das: höhere Conversion-Rates, weil der Bezahlvorgang vereinfacht wird.

Und was ist Ihr USP? – Die Kombination aus Zustellung und Zahlung – beides aus einer Hand. Die Zahlung wird erst ausgelöst, wenn das Paket physisch übergeben wurde. Das bietet kein anderer.

Gibt es konkrete Ziele für Post Pay? – Wir pilotieren Post Pay derzeit erfolgreich auf unserem Marktplatz Shöpping.at mit aktuell rund 1.000 Händlern. Bis Jahresende wollen wir zwei bis drei große Partner gewinnen, die es fix in ihren Online-Shops integrieren.

Könnte das auch der Bank 99 nützen? –Nicht direkt, aber es zeigt, wie wir unser Ökosystem erweitern. So wie die Bank auf der Infrastruktur der Post aufbaut, überträgt auch Post Pay die Marke Post in ein neues Feld. Da bleiben wir unserem neuen Claim treu: „Immer da, wenn du uns brauchst.“

Die Bank 99 als Bank für jedermann hat jetzt den Break-even erreicht. Wie geht es weiter? – Wir sind eine Bank für 99 Prozent der Österreicher, also für Menschen, die kein Private Banking brauchen, aber ein verständliches, verlässliches Angebot. Unser Vorteil ist die Kombination aus digitaler Wettbewerbsfähigkeit und persönlichem Kontakt, wenn gewünscht. Dank der Post-Infrastruktur können wir Filialen zu deutlich geringeren Kosten betreiben, weil wir sie mit Post- und Handelsservices teilen. Das macht uns effizienter, das können klassische Banken einfach nicht.

Als sehr digital wird die Bank 99 aber nicht wahrgenommen. – Wir sind sehr digi-

tal. Wir haben zwei Kernbanksysteme zusammengeführt und bieten beispielsweise Konsumkredite über einfache Online-Prozesse an. Die Bank gewinnt Auszeichnungen für ihren Kundenservice. Und das ist vielleicht noch die Überleitung zu einem anderen Thema: Dort, wo man Services mit echtem Mehrwert anbietet – einfach, verständlich und funktional –, werden sie von den Kunden auch gut angenommen. Ein Beispiel sind unsere Selbstbedienungsstationen. Unsere Kunden haben im Vorjahr 32 Millionen Pakete selbst abgeholt oder aufgegeben, weil es funktioniert, gut verfügbar ist und weil es extrem einfach ist.

Auf Drei-Jahres-Sicht ist der Aktienkurs der Deutschen Post um 46 Prozent gefallen. Der Aktienkurs der heimischen Post liegt exakt auf demselben Niveau wie damals. Was sagt uns das über die Branche? – Wir sehen, dass viele Postgesellschaften durchaus kämpfen. Auch die italienische Post mit einem sehr starken Finanzdienstleistungsschwerpunkt ist erfolgreich. Trotz der Aktienkursentwicklung haben wir großen Respekt vor dem, was die Deutschen machen. Das ist ein erfolgreiches Unternehmen.

Sie peilen für 2025 ein Ebit von 200 Millionen Euro an. Ist dieses Ziel aufrecht? –Ja. Sonst hätten wir natürlich eine Gewinnwarnung gemacht.

Seit einiger Zeit gibt es unter den 20.000 Mitarbeitenden in Österreich das Du-

»Unsere Kunden haben im Vorjahr 32 Millionen Pakete selbst abgeholt oder aufgegeben.«

Walter Oblin

ÖSTERREICHISCHE POST AG

Quelle: baha

Wort. Wie ist das angekommen? – Das war ein Leuchtturmsignal, eine hochwirksame Maßnahme für ein stärkeres Miteinander. Niemand muss mich unterwürfig mit Herr Generaldirektor grüßen. Und ich glaube, dass das Du-Wort auf allen Ebenen einen Unterschied gebracht hat. Natürlich braucht der eine oder die andere ein bisschen länger, um Distanz abzubauen. 99,9 Prozent der Mitarbeitenden haben das aber mittlerweile aufgenommen und fühlen sich sehr wohl damit.

CAPTRADER BRINGT KOSTENLOSE FIRMENDEPOTS NACH ÖSTERREICH

Trading-GmbHs, Sti ungen und große Privatvermögen profitieren von günstigen Gebühren, automatisierter Buchhaltung und steuerlichen Vorteilen.

Der Zugang zu den Finanzmärkten ist heute einfacher und günstiger als je zuvor – allerdings bislang fast ausschließlich für Kleinanleger. Wer über eine Sti ung oder eine Trading-GmbH investiert, war bisher auf teure Banken angewiesen. Mit den kostenlosen Firmen- und Privatdepots von CapTrader gibt es nun eine Alternative, die auch professionelle Marktteilnehmer in Österreich überzeugt.

Kaum Angebote für Profis Während Privatkunden von der Konkurrenz der Broker profitieren, konzentrieren sich Banken weiterhin auf ihr Kerngeschä : 98 % der Wertpapierdienstleistungen entfallen in Österreich auf den klassischen Retail-Bereich. Für die rund 44.500 professionellen Depots bleiben die Auswahl und Konditionen entsprechend eingeschränkt. Hohe Gebühren, begrenzter Marktzugang und fehlende Automatisierung sind die Folge.

Besonders ins Gewicht fällt zudem die hohe Steuerlast für vermögende Personen in Österreich. Abhilfe schafft hier die Verlagerung von Kapital oder Unternehmensgewinnen in eine Trading-GmbH oder eine Sti ung. Beide Modelle eröffnen attraktive Steuervorteile und eignen sich hervorragend, um Vermögen langfristig zu vermehren, zu schützen und an die nächste Generation weiterzugeben. Traditionelle Banken bieten solche Depots jedoch o gar nicht oder nur zu unattraktiven Konditionen an.

Moderne Lösung für Österreich

CapTrader geht hier einen anderen Weg: ein kostenloses Depot, Handel an über 160 Börsen in 38 Ländern, 27 verschiedenen

Währungen und über 1,2 Millionen Wertpapieren. Auch große Orders sind günstig, etwa US-Aktien ab einem Cent pro Stück (mind. 2 $ pro Order). Besonderes Plus: Der deutschsprachige, prämierte Support mit ausgebildeten Eurex-Händlern, die über besondere Expertise in den Bereichen Firmendepots, Sti ungen und vermögende Anleger verfügen.

Ein weiterer Vorteil ist die steuerliche Stundung: Als internationaler Broker führt CapTrader keine Kapitalertragsteuer ab, sodass Gewinne während des Jahres ungeschmälert reinvestiert werden können. Zudem sorgt das Tool WAVE für eine automatisierte, gesetzeskonforme Wertpapierbuchhaltung, eine spürbare Entlastung für Kanzleien und Anleger.

Sie möchten als Unternehmen, Sti ung oder vermögende Privatperson in Österreich professionell an den Finanzmärkten agieren – mit klaren Vorteilen, günstigen Konditionen und automatisierter Wertpapierbuchhaltung? Dann wenden Sie sich jetzt an CapTrader über den untenstehenden QR-Code.

www.captrader.com/ boersianer

#UMFRAGE

Altersarmut bekämpfen

Vielen Menschen reicht das Einkommen im Alter nicht zum Leben. Besonders betroffen sind Frauen, denen vielfach Versicherungsjahre fehlen. Was sind die Lösungswege, und welche Rolle kann eine Ausweitung der betrieblichen Vorsorge spielen?

Text: Daniel Nutz

WWer allein in einem Haushalt lebt, braucht 1.661 Euro fürs Leben. Wer weniger hat, hat weniger als 60 Prozent des österreichischen Medianeinkommens und gilt daher als armutsgefährdet. Wohlgemerkt ein statistischer Wert, der nichts über tatsächliche Lebensrealitäten auszusagen vermag. Dennoch: Dass 17 Prozent der über 65-Jährigen darunterfallen, alarmiert. Besonders betroffen sind Frauen, die vielfach Kinderbetreuungspflichten und andere CareArbeit wahrnehmen und so weniger Beiträge ins Pensionssystem leisten. Gemessen am internationalen Schnitt ist die Differenz zwischen Männer- und Frauenpensionen besonders hoch: nämlich 35,6 Prozent! Vom sogenannten Gender-Pension-Gap abgesehen, ist das Pensionssystem auch mit anderen Herausforderungen konfrontiert. In Österreich ist die umlagenfinanzierte erste Säule besonders ausgeprägt: 82 Prozent des Alterseinkommens kommen aus dieser Quelle. Wäre es nicht an der Zeit, hier etwas zu ändern? Der Börsianer fragte bei den fünf Parlamentsparteien nach.

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Unser Ziel ist klare finanzielle Sicherheit im Alter. Wer ein langes Arbeitsleben hinter sich hat, soll in Würde alt werden können. Wichtigster Schutz vor Altersarmut ist eine Vollzeitbeschäftigung bis zum Regelpensionsalter. Gleichzeitig braucht es Solidarität für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen früher ausscheiden müssen. Für fitte Pensionistinnen und Pensionisten schaffen wir Anreize zum Weiterarbeiten, etwa durch eine Flat Tax von 25 Prozent auf Zuverdienst über das gesetzliche Pensionsalter hinaus.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Vollzeitarbeit ist hier der Schlüssel. Dafür braucht es gute Rahmenbedingungen: Flächendeckende Kinderbetreuung und ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr erleichtern beiden Elternteilen Vollzeitjobs. Teilzeit soll nur bewusst und befristet für Kinderbetreuung, Pflege oder Aus- und Weiterbildung genutzt werden. Zusätzlich verringert die seit 2024 laufende Angleichung des Frauenpensionsalters die Pensionslücke nachhaltig.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollten alle Beschäftigten Zugang dazu erhalten? Und soll die kapitalmarktorientierte dritte Säule attraktiver werden? – Die zweite und dritte Säule ergänzen das Pensionssystem, ersetzen aber nicht die staatliche erste Säule. Die Bundesregierung hat sich für die zweite und dritte Säule auf wichtige Maßnahmen verständigt wie einen Generalpensionskassenvertrag, mehr Transparenz bei Veranlagungen und flexible Entnahmeregeln. Zudem wird das Mandat der Alterssicherungskommission erweitert.

JOSEF MUCHITSCH

Sprecher für Arbeit, Soziales und Senioren SPÖ

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Gut bezahlte, sichere und gesunde Arbeit ein Leben lang schützen gemeinsam mit unserem ausgezeichneten öffentlichen Pensionssystem vor Armut im Alter. Ergänzend dazu gilt: Vom Heizkostenzuschuss über Wohnbeihilfe, Sozialhilfe bis zur Ausgleichszulage für kleine Pensionen – all das hilft konkret. Aber zentral bleibt: Wir müssen gut bezahlte Arbeit und den Sozialstaat dauerhaft absichern. Wer sein Leben lang gearbeitet hat, darf im Alter nicht arm sein.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Frauen bekommen oft weniger Pension, weil sie in ihrem Leben weniger bezahlt gearbeitet haben – meist wegen der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Auch wenn diese Leistungen für die Pension gut einbezogen und staatlich unterstützt werden, reicht das oft immer noch nicht. Wir brauchen – vor allem auf dem Land – bessere Kinderbetreuung und Pflegeangebote sowie faire Arbeitsbedingungen und gleiche Bezahlung für Frauen.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarktorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Der Ausbau betrieblicher oder privater Altersvorsorge darf nie zulasten der öffentlichen Pension gehen. Alle Beschäftigten sollen Zugang zur zweiten Säule – also zur betrieblichen Vorsorge – haben. Das ist Regierungsprogramm. Zur privaten Vorsorge: Banken und Versicherungen müssen faire und sichere Produkte anbieten. Dann wird es auch Vertrauen geben. Was wir nicht wollen, ist Druck oder Risiko – Altersvorsorge muss verlässlich sein.

Neos

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Vor allem Frauen, die lange in Karenz und danach nur in Teilzeit erwerbstätig waren, haben ein hohes Risiko für Altersarmut. Um dafür zu sorgen, dass Frauen später eine höhere Pension haben, müssen wir es ihnen ermöglichen, schon in jungen Jahren mehr Stunden zu arbeiten und höhere Beiträge zu leisten. Wird der Gender-PayGap kleiner, verringert sich dadurch auch der Pension-Gap.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Das Ziel muss sein, die viel zu hohe Teilzeitquote bei Frauen zu verringern. Damit Frauen tatsächlich dieselben Karriere- und Verdienstmöglichkeiten offenstehen wie Männern, braucht es einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung. Die neu geschaffenen Betreuungsplätze müssen mit Vollzeitarbeit vereinbar sein. Außerdem brauchen wir Maßnahmen für eine gleichmäßigere Aufteilung der Betreuungspflichten, ein automatisches Pensionssplitting und steuerliche Anreize für Mehr- und Vollzeitarbeit. Wir müssen auch verstärkt auf Bewusstseinsbildung setzen, welche negative Folgen Teilzeitarbeit langfristig hat. Dass wir im Regierungsprogramm durchgesetzt haben, die Finanzbildung zu stärken, ist daher ein wichtiger Schritt.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarktorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Ja! Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm auf die Einführung eines Generalpensionskassenvertrags geeinigt. Die genaue Ausgestaltung ist allerdings noch Gegenstand von Verhandlungen. Neos sprechen sich zudem dafür aus, auch die kapitalmarktorientierte dritte Säule auszubauen.

DAGMAR BELAKOWITSCH

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche sind aus Ihrer Sicht die wirksamsten Maßnahmen dagegen? – Wir treten entschieden gegen eine Anhebung des Pensionsantrittsalters und gegen Pensionskürzungen auf. Pensionskürzungen sind für uns tabu. Dass Pensionisten gezwungen sind, Pfandflaschen zu sammeln, um über die Runden zu kommen, darf in unserem Land nicht Realität werden. Einsparungspotenzial gibt es nämlich ausreichend: weniger Steuergeld für überbordende Bürokratie, für ungesteuerte Migration und für politische Prestigeprojekte der Regierung – damit wieder mehr Mittel bei jenen Menschen ankommen, die unser Land aufgebaut haben.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Unser Ansatz ist eine wirklich familienfreundliche Politik, die durch steuerliche Entlastungen für Familien, den Ausbau der Kinderbetreuung sowie eine gerechte Anrechnung von Kindererziehungszeiten und generell von Betreuungsarbeit in der Pension echte Wahlfreiheit ermöglicht.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarkorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Die staatliche Pension bleibt das zentrale Fundament unserer Altersvorsorge. Gleichzeitig sind wir aber offen für zusätzliche, freiwillige Vorsorgemodelle. Entscheidend ist, dass jede und jeder Zugang zu betrieblichen Pensionskassen haben soll, sofern dies vom Arbeitgeber angeboten wird. Die dritte Säule darf jedoch nicht einseitig vom Kapitalmarkt abhängig sein, denn Sicherheit muss stets Vorrang vor Spekulation haben. Steuerliche Anreize können die Attraktivität erhöhen, allerdings ohne jeglichen Zwang und bei voller Wahlfreiheit für die Menschen.

MARKUS KOZA Sprecher für Arbeit, Soziales und Seniorinnen und Senioren Grüne

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Altersarmut lässt sich dauerhaft fast nur mit Änderungen in der Erwerbsphase verhindern. Weil das aber erst in 30 oder 40 Jahren wirken würde und auch aktuelle Altersarmut wirksam verhindert werden muss, braucht es andere Maßnahmen. Etwa die Ausweitung des Angebots von Sachleistungen für ältere Menschen. Es bedarf aber auch einer Anhebung der Ausgleichszulage über die Inflation. Bereits zehn Euro mehr im Monat machen bei der Ausgleichszulage einen effektiven Unterschied und kosten geringe 31 Millionen Euro im Jahr.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Der Pension-Gap muss im Erwerbsleben verhindert werden. Budgetmittel in den Pensionselementen könnten nicht relativ zur Pensionshöhe, sondern auf Köpfe aufgeteilt werden und nach einer Mindestaufenthaltsdauer eine Grundpension bilden. Diese Maßnahme würde Einkommensarmut im Alter und geschlechtsbezogene Diskriminierung ohne zusätzliche Kosten erheblich verringern. Auch Abhängigkeiten und damit oft einhergehende Gewalt in Beziehungen könnte damit vermindert werden.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarktorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Förderung und jeder Ausbau der zweiten und dritten Säule mit öffentlichen Geldern ist eine falsche Verteilung der Gelder. Diese Systemelemente schaffen weder Klarheit noch Sicherheit und erfüllen nicht die Aufgaben von Alterssicherungssystemen. Die Grünen treten dafür ein, jene öffentlichen Mittel, die bereits jetzt in diese Systeme fließen, zu verringern und zur Absicherung des gesetzlichen Pensionssystems zu verwenden.

Festliches CEO-Dinner

Bitte lächeln! Valentina Stark („Börsianer“) mit Andreas Treichl (Erste Foundation) und Ingrid Krawarik („Börsianer“).

Gunter Deuber (Raiffeisen Research) unterhält sich angeregt mit Julia Kistner („Börsianer“), der Cocktail hatte es in sich.

Nicht nur der Finanzmarkt war Thema bei den Gästen: Hier zeigt Andreas Klauser (Palfinger AG) Fritz Mostböck (Erste Group AG) ein Foto von seinem richtig coolen Motorrad.

Martin Kocher (OeNB) war ein gesuchter Gesprächspartner. Georg Knill (IV) nutzte die Gelegenheit, ihn mit Fragen zu löchern.

BÖRSIANER EDITOR’S DINNER 2025 2. September 2025 El Gaucho am Rochusmarkt, Wien

Das Börsianer Editor’s Dinner 2025 bot erneut einen exklusiven Rahmen für den intensiven Austausch zwischen den führenden Köpfen des Kapital- und Finanzmarktes. Nach der Begrüßung durch Geschäftsführerin Valentina Stark eröffnete OeNB-Gouverneur Martin Kocher den Abend mit einer Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Ingrid Krawarik und Daniel Nutz aus der Chefredaktion gewährten einen Einblick in ihre redaktionelle Arbeit, bevor Andreas Treichl mit einem eindringlichen Plädoyer daran erinnerte, Österreichs Chancen aktiv zu nutzen und die Kapitalmarkt-Community stärker zu positionieren. Die entspannte Stimmung des Abends und das exklusive Drei-Gänge-Menü mit Steak und edlen Weinen bot den passenden Rahmen für angeregte Gespräche.

„Börsianer“-Redakteur Robert Winter im Gespräch vertieft mit Andreas Brandstetter (Uniqa Insurance Group AG).

Freude und gute Laune bei Gerda Holzinger-Burgstaller, CEO der Erste Bank Österreich und dem neuen OeNBGouverneur Martin Kocher.

Versicherungstreff: Thomas Neusiedler (Helvetia), Stefan Jauk (Niederösterreichische Versicherung), Gregor Pilgram (Generali Österreich) und Kurt Weinberger (Österreichische Hagelversicherung). Palfinger-CEO Andreas Klauser nahmen sie in ihrer Runde auf.

Nach dem Steak gab es einen eindringlichen Impulsvortrag von Andreas Treichl (Erste Foundation).

Noch eine nette Runde: Beate Wolf (APK Pensionskasse AG), Daniel Nutz („Börsianer“), Michael Brönner (Mastercard), Mariana Kühnel (FMA), Andreas Klauser (Palfinger AG) und Georg Knill (IV).

Alexandra Wittmann (EVN AG) und Ingrid Krawarik strahlen zur Begrüßung in die Kamera.

Gespannt lauschen die Gäste der Rede von Martin Kocher (OeNB).

Christoph Boschan (Wiener Börse) ließ es sich nicht nehmen, trotz eines eigenen Events noch auf einen Sprung nach dem Essen zum Networking vorbeizuschauen. Hier im Talk mit APK-VorsorgekasseVorstand Thomas Keplinger.

Die Zukunft von Private Equity

Die Expertenrunde hatte schon vorab richtig gute Laune: Peter Köhler („Börsianer“), Andreas Holtschneider (PAI Partners), Jan-Daniel Neumann (BU), Dörte Höppner (The Riverside Company) und Joseph Pacher-Theinburg (Naxicap Partners) diskutierten bei der ersten Private Equity Lounge des „Börsianer“ Chancen und Risiken der PE-Branche (v. l.).

Herwig Weiss (MS Galleon Group) und Laurent Müller (BU) unterhielten sich prächtig.

Steyr-Motors-CEO Julian Cassutti zeigte in seiner Investmentstory, wie sein Unternehmen durch Investor und Rüstungsboom profitieren konnte – ein Beispiel dafür, dass Geopolitik und Unsicherheit die Branche nachhaltig prägen.

Das hochkarätig besetzte Podium der ersten Private Equity Lounge – mitten in der Diskussion und im Austausch über die aktuelle Marktlage.

Auch Robert Winter („Börsianer“), Peter Reisenhofer (LLB) und Ingo Bleier (Erste Group) genossen den Abend in entspannter Atmosphäre.

EVENTPREMIERE

BÖRSIANER PRIVATE EQUITY LOUNGE 10. September 2025 Audi House of Progress, Wien

Premiere gelungen: Die erste Private Equity Lounge des „Börsianer“ brachte internationale Speaker aus dem DACH-Raum ins Audi House of Progress in Wien. Das neue Format erwies sich auf Anhieb als Erfolg und zeigte, wie relevant Private Equity im Mid-Market geworden ist. Dörte Höppner (The Riverside Company) beschrieb den gestiegenen Konkurrenzdruck und die Notwendigkeit zur Neuerfindung. Andreas Holtschneider (PAI Partners) hob hervor, dass stabile Fonds und Ausschüttungen trotz Zinsanstiegs entscheidend bleiben. Jan-Daniel Neumann (BU) unterstrich Europas Rolle als stabilen Hafen für Investoren, während Joseph PacherTheinburg (Naxicap Partners) Defence kritisch sah, aber in Healthcare und Industrial Technology große Chancen erkannte. Für zusätzlichen Praxisbezug sorgte die Investmentstory von Julian Cassutti (Steyr Motors), der zeigte, wie geopolitische Entwicklungen Kapitalströme beeinflussen. Mit klaren Botschaften, internationaler Perspektive und starkem Austausch setzte die Lounge einen markanten Auftakt in der PE-Szene.

Salon: Kulturschock M&A

Das hochkarätige Podium des 33. Börsianer Salons: Stefan Babsch (Strabag), Claudia Steegmüller (Taylor Wessing), Ingrid Krawarik („Börsianer“), Raffaela Uhl (BDO Austria) und Eva-Maria Pusch (360 Jet Fuel). „Börsianer“-Geschäftsführerin Valentina Stark gesellte sich auch dazu (v. r.).

Culture-Clash kommt.

Gute Stimmung unter den Gästen: Der Börsianer Salon macht es möglich.

33. BÖRSIANER SALON 16. September 2025

Das Mezzanin, Wien

In bester Stimmung verfolgten die Teilnehmerinnen die Podiumsdiskussion bei dem Frühstücksevent.

Der 33. Börsianer Salon widmete sich im Mezzanin am Schottentor in Wien den Chancen und Hürden von M&ATransaktionen. Beim Frühstück diskutierten Expertinnen und Experten, wie nachhaltige Wertschöpfung gelingt und warum viele Deals scheitern. Eva-Maria Pusch (360 Jet Fuel) hob die Bedeutung vorausschauenden Szenariodenkens hervor. Stefan Babsch (Strabag) sprach über Integration als Grenzgang zwischen Identität und neuen Möglichkeiten. Claudia Steegmüller (Taylor Wessing) verwies auf rechtliche Aspekte bei Unternehmensnachfolgen, während Raffaela Uhl (BDO Austria) die Belastung von Schlüsselpersonen in langen Closing-Phasen betonte. Der Kulturschock nach einer Übernahme lässt sich nur durch Verständnis auf beiden Seiten meistern.

„Exklusivität schafft Entspannung und Raum für ein echtes Kennenlernen“, sagte BDO-Partnerin Raffaela Uhl.

EVN-Aufsichtsrätin Maria Patek und Maria Zenker (Raiffeisen KAG) sind gern gesehene Gäste beim Börsianer Salon.

Waltraud Kaserer wollte wissen, wie Teams aufgestellt werden müssen, damit es zu keinem

Recharge Europa

EUROPEAN FORUM ALPBACH

16. bis 29. August 2025

Alpbach, Tirol

Das European Forum Alpbach 2025 feierte sein 80. Jubiläum mit einem starken Auftritt unter dem Motto „Recharge Europe“. Rund 4.700 Teilnehmer aus 127 Ländern – ein neuer Rekord – diskutierten in über 550 Sessions über Wettbewerbsfähigkeit, Geopolitik, Klimakrise und Innovation. Mit dem Bundespräsidenten, drei Viertel der Bundesregierung, 36 CEOs und mehreren EU-Kommissaren war Alpbach politisch und wirtschaftlich hochkarätig besetzt. Präsident Othmar Karas betonte die Rolle des Forums als Ort des Dialogs und der Lösungen.

Othmar Karas, Präsident des European Forum Alpbach, bei der Eröffnungszeremonie: „Recharge Europe“.

Ins Gespräch vertieft am EFA 25 (v. l.): Bart De Wever (Premierminister von Belgien), Christian Stocker (Bundesminister), Othmar Karas (EFA-Präsident) und Axel van Trotsenburg (Leitender Geschäftsführer der Weltbank).

Globale Herausforderungen, lokale Chancen

KOMMUNALE SOMMERGESPRÄCHE 2025

28. bis 29. August 2025

Bad Aussee, Steiermark

Zum 20-Jahr-Jubiläum wurden die Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee erneut zum Treffpunkt hochkarätiger Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Unter dem Leitmotiv „Globale Herausforderungen, lokale Chancen“ wurde zwei Tage lang über die großen Zukunftsfragen der Gemeinden diskutiert. Für inhaltliche Impulse sorgten Christian Lindner, ehemaliger deutscher Finanzminister, Marcel Haraszti (Rewe International), Gerhard Christiner (APG) und Jacques Ripoll, (Kommunalkredit). Die Politologen Peter Filzmaier und Thomas Hofer lieferten Analysen zu den vier Themenfeldern Demografie, Dezentralisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung.

Der neue CEO der Kommunalkredit Austria AG, Jacques Ripoll (3. v. l.), hatte neben Vorstand Sebstian Firlinger (Mitte) einen „trachtvollen“ Auftritt.

Gute Gespräche führte auch Gastredner Christian Lindner (ehemaliger deutscher Finanzminister). Hier mit Johannes Pressl.

Kolumne

VOESTALPINE: 30 JAHRE AN DER WIENER BÖRSE –30 JAHRE WACHSTUM UND WERTSTEIGERUNG

Am 9. Oktober 1995 notierte die Voestalpine erstmals an der Wiener Börse und legte damit den Grundstein für ihr wertsteigerndes Wachstum. Seither hat der Kapitalmarkt die Entwicklung des heute weltweit führenden Stahl- und Technologiekonzerns entscheidend mitgeprägt. An der Börse notiert zu sein bedeutet Transparenz und Verantwortung. Man steht im ständigen öffentlichen Blick und legt das eigene Handeln offen. Dies gilt auch für die Kommunikation. Zudem ist man als börsennotiertes Unternehmen den Aktionären und Aktionärinnen verpflichtet: Ihre Interessen müssen ernst genommen werden und es gilt, nachhaltig Wert zu schaffen. Die Voestalpine kommt ihrer Pflicht seit jeher nach: Seit ihrer Erstnotiz schüttet sie jährlich eine Dividende aus – insgesamt rund 3,8 Milliarden Euro in den letzten 30 Jahren. Der Kapitalmarkt eröffnet zugleich neue Wege der Finanzierung: So hat die Voestalpine im letzten Jahr als erstes europäisches Stahlunternehmen eine grüne Anleihe emittiert – ein Meilenstein für die Finanzierung ihrer nachhaltigen Projekte. Die Erlöse aus dieser Emission fließen zu 100 Prozent in nachhaltige Voestalpine-Projekte. Auch künftig bleibt für die Voestalpine wertsteigerndes Wachstum das Ziel. Die Grundlage dafür bilden Technologie, Innovation und operative Leistung. Die „Local for local“-Strategie wird weltweit weitergeführt, und in Österreich setzt der Konzern sein Transformationsprogramm Greentec Steel, das größte Klimaschutzprogramm Österreichs, weiter erfolgreich um. p.felsbach@boersianer.at

7,3 STATT 2,7 PROZENT

Die langfristige Sanierung des Pensionssystems wird weiter auf die lange Bank geschoben. Kurios: Über die Verzinsung des Pensionskontos der Berufstätigen redet niemand. Dabei bekommen die Aktiven Anfang 2026 immerhin 7,3 Prozent mehr gutgeschrieben.

EIGENTLICH IST DIE RECHNUNG EINFACH: Bei Pensionisten ergibt laut Gesetzesformel die Inflation der vergangenen zwölf Monate von August 2024 bis Juli 2025 die Erhöhung der Renten im kommenden Jahr – auch wenn fast jedes Jahr davon abgewichen wird. Traditionell gab es auf Druck der Pensionisten-Lobby ein Extra obendrauf. Übrigens ein wesentlicher Grund dafür, dass jetzt der Sparstift angesetzt wurde. Auch bei den Aktiven gibt es eine Formel, um die Verzinsung des staatlichen Pensionskontos zu berechnen. Heuer werden dafür die durchschnittlichen Einzahlungen pro Kopf im Jahr 2024 im Verhältnis zum Jahr 2023 herangezogen. Weil der Berechnungsmechanismus also nur verzögert wirkt, wird die hohe Inflation erst jetzt mit immerhin 7,3 Prozent plus abgegolten. Wer also zum Beispiel im Dezember 2025 ein Guthaben auf dem Pensionskonto von 1.000 Euro erreicht hat, hat im Jänner 2026 dann 1.073 Euro stehen. Dazu kommen gegebenenfalls Gutschriften für die frisch erworbenen Pensionsbeiträge aus der Berufstätigkeit. Diese können bei Erreichen der Höchstbeitragsrundlage für heuer maximal 114,81 Euro als neuer Pensionsbaustein ausmachen.

Eigentlich sollten Berufstätige diese Werte kennen, schließlich sind die Berechnungsgrundlagen schon länger veröffentlicht, die 7,3 Prozent zumindest seit August (es handelt sich um die sogenannte Aufwertungszahl, die auch die Höchstbeitragsrundlage anhebt). Diese ausgesprochen erfreuliche Erhöhung für rund fünf Millionen Besitzer eines Pensionskontos ist trotzdem praktisch niemandem bekannt. Selbst die Künstliche Intelligenz wusste bei der Recherche mit dem Wert „Pensionskonto“ und „7,3 Prozent“ rein gar nichts anzufangen, weil offenbar das gesamte Internet noch ahnungslos war. War es Absicht, dass man im Vorfeld der Kürzungen

»Langfristig hebt sich der Effekt durch höhere Pensionszahlungen finanzmathematisch auf.«

Vita

Martin Kwauka Finanzjournalist

Der leidenschaftliche Weinbauer (67) ist seit 23 Jahren Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Zu den wichtigsten Stationen des gebürtigen Deutschen zählen die langjährige Chefredaktion des Magazins „Format“ und das seit 2015 von ihm organisierte Finanzjournalistenforum. Sein Steckenpferd ist die Altersvorsorge. Sich selbst beschreibt der studierte Agrarökonom als chronisch neugierig.

höherer staatlicher Pensionen diesen Wert für die Aktiven aus taktischen Gründen verheimlichte? Oder konnten die Sozialpolitiker die frohe Kunde deshalb nicht bekanntgeben, weil auch sie nicht wirklich wissen, wie das Pensionskonto funktioniert?

Auf mangelndes Know-how könnte der Passus im Regierungsübereinkommen hinweisen, dass die Darstellung des Pensionskontos endlich leichter verständlich werden soll. Das könnte langfristig das Vertrauen in das staatliche Pensionssystem erhöhen und auch manchen zu höheren Einzahlungen durch weniger Teilzeitarbeit bewegen. Doch das Wort Langfristigkeit ist wohl bei Sozialpolitikern eher nicht im Vordergrund des Bewusstseins. Es dominieren Hauruck-Maßnahmen, wenn der Hut brennt. So wird das gesetzliche Pensionsalter nicht angefasst, sondern nur auf die Notwendigkeit des Hinaufsetzens des effektiven Antrittsalters verwiesen. Nur zur Erinnerung: Das Argument wird seit Jahrzehnten wie ein Mantra mit überschaubarem Erfolg wiederholt. Der finanzielle Effekt von effektiv längerem Arbeiten für das Budget ist obendrein begrenzt. Es wird zwar aktuell mehr eingezahlt, aber langfristig hebt sich der Effekt durch höhere Pensionszahlungen finanzmathematisch auf. Immerhin steigt jetzt das gesetzliche Antrittsalter für Frauen. Selbst da ist der Effekt geringer als vermutet: Ein großer Teil der Frauen kann nämlich mit minimalen Abschlägen weiter mit 60 in Schwerarbeitspension gehen – und das obendrein viel leichter als Männer. Frauen müssen nämlich zur Erreichung der Schwerarbeitslevels beruflich nur 1.400 Kilokalorien verbrauchen, Männer dagegen 2.000. Die kuriose Folge: Die Tätigkeit als Bäckerin, Briefzustellerin, Kellnerin, Köchin oder Krankenpflegerin gilt gesetzlich als Schwerarbeit, die männlichen Kollegen müssen bis 65 weiterhackeln.

Unternehmen

IN DIESER AUSGABE

FIRMENINDEX

360 Jet Fuel 33 Manner AG 67

Agenda Austria 58 Matejka & Partner Asset Management 34

AIT 43 Max-Planck-Institut 93

Alpine 62 Mayr-Melnhof Karton AG 67

Amag Austria Metall AG 68 Mercer 23

Andritz AG 68 Microsoft 38

Arbeiterkammer (AK) 22 Ned Davis Research 44

Athos Immobilien AG 17 Neos 22, 105

Bawag Group AG 68 Neuberger Bermann 64

BDO Austria 33,60 Nomura Asset Management 54 Berenberg 79 Nürnberger Versicherung 52

BMEIA 9 Oddo BHF Austria 44

Boston Consulting Group 61 Oekostrom AG 29

BU AG 64 OeNB Nationalbank 90

Bundesministerium f. Wirtschaft 65 OMV AG 32, 56, 68 CA Immo AG 63 ÖRAG 58

Cerha Hempel 62 Österr. Gemeindebund 111

Dänische ATP 22 Österr. Post AG 68, 100

Deloitte 61 Österreichische Hagelversicherung 52

Diakonie Österreich 23 Österreichischer Fiskalrat 22 DWS 81 Österreichs Energie 29

Eco Austria 22 ÖVP 104

EHL Immobilien 59 Palfinger AG 39, 57, 67

Erste Group Bank AG 39, 45, 68 Porr AG 68

Erste Stiftung 16 Porsche SE 114 ESA 82 PWC 39

Europäisches Forum Alpbach 111 Raiffeisen Bank International AG 68

Eurostat 23 Salus Alpha 45

EY Österreich 50, 60 Schroders Capital 64

Fachverb. Pensions- & Vorsorgekassen 27 Semperit AG 56, 67 Flix 87 SPÖ 105

Flughafen Wien AG 68 Statista 40, 78 FPÖ 106 Strabag SE 33, 68, 86

Garbe Research 58 Taylor Wessing 33

Grüne 106 Tiktok 78

Hedgego 91 UBS Group AG 114

Hitschler 78 Unicredit 50

Horvath 50 Unicredit Bank Austria AG 59 IBM 40 Uniqa Insurance Group AG 68

Illycaffe 96 Unique Research 23

Iono Robotics 76 VDMA 76

Joanneum Reseach 76 Verbund AG 68

Kathrein Privatbank AG 35 Vienna Insurance Group AG 52, 68

Kommunalkredit Austria AG 111 Voestalpine AG 68,111

KSV 1870 59 WEB Windenergie AG 29

L&G 40 Wiener Börse AG 29

Lenzing AG 67 Wiener Privatbank SE 45 Leonardo 84 Wifo 27

M.M. Warburg 55 ZEB 60

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WAYNE

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Grafik: Martin Jandrisevits, Titanweiß Werbeagentur GmbH; Fotos: Dieter Brasch, Stefan Burghart, Barbara Ster, Unternehmen beigestellt; Lektor: Armin Baumgartner; Kursdaten: baha GmbH, Schlusskurse vom 19.9. 2025, keine Gewähr für die Richtigkeit der Daten. Aus Gründen der Textökonomie verzichten wir auf geschlechtsspezifische Formulierungen.

Druckerei/Nachhaltigkeit:

Das Magazin wurde nach Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens und der nachhaltigen Waldbewirtschaftung (PEFC) bei der Druckerei Ferdinand Berger und Söhne GmbH (10.000 Stück) auf nachhaltigem Papier (Umschlag: holzfrei 250g, Kern: fast holzfrei 80g) gedruckt.

Das Österreichische Umweltzeichen für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686 Ferdinand Berger & Söhne GmbH.

OLIVER STOCK

Korrespondent Deutschland

Weltblick

DIE WIRTSCHAFT IST EIN GLOBALES GESCHÄFT. EIN BLICK DER KORRESPONDENTEN ÜBER DIE GRENZEN.

DAX-ROTATION: ABGESANG

AUF DIE INDUSTRIELLE SEELE

PORSCHE FLIEGT AUS DEM LEITINDEX, ein Immobilienportal ersetzt die Sportwagen-Ikone. Porsche ist aus dem deutschen Leitindex Dax geflogen, Immoscout ist drin – das ist mehr als eine bloße Rotation. Da fliegt der Inbegriff von Ingenieurskunst, Mythos auf vier Rädern, Symbol für deutsche Wirtschaftskraft – und wird ersetzt durch ein Immobilienportal, das nichts herstellt außer Klicks. Willkommen im Deutschland des Jahres 2025: Der Traum vom Sportwagen wird gegen Wohnungsanzeigen eingetauscht.

Für Porsche ist der Abstieg zwar kein Totalverlust. Über Volkswagen bleibt die Marke weiterhin im Dax. Doch die Botschaft ist unübersehbar: Die Börse zweifelt am Glanz der Verbrenner-Ikone. Porsche bleibt Traumwagen, aber der Traum verblasst.

Und Immoscout? Es steht für die neue, unsichtbare Ökonomie: Plattformen, die Daten und Aufmerksamkeit handeln, statt Stahl zu biegen oder Motoren zu konstruieren. Ihr Aufstieg in den Dax zeigt, wo Investoren die Zukunft wittern –nicht mehr in Fabriken, sondern in Serverfarmen. Ein Land, das einst die Welt mit Autos, Chemie und Maschinen prägte, feiert jetzt ein Portal für Mietwohnungen.

Der Dax war immer Schaufenster der Starken – und hat damit umgekehrt auch die Schwachen geoutet. Der Wechsel aber, den er jetzt vollzieht, ist brutal. Er illustriert den Abgesang auf die industrielle Seele einer Nation.

DANIEL ZULAUF Korrespondent Schweiz

SCHWARZER-PETER-SPIEL MIT UBS

DIE UBS ist nach einer zwischenzeitlichen Flaute wieder gut unterwegs an der Börse. Keine andere europäische GroßbankAktie hat zuletzt besser performt. Hilfreich waren ein unerwartet gutes Semesterergebnis und der reibungslose Fortgang der Credit-Suisse-Integration. Doch um in die Sphären der weltweit rentabelsten Großbanken aufzusteigen, braucht es mehr – viel mehr: Morgan Stanley, die Wall-Street-Bank, der die UBS erklärtermaßen nacheifert, erreichte im ersten Halbjahr 2025 eine Verzinsung des materiellen Eigenkapitals von mehr als 20 Prozent. Die UBS kam auf gut die Hälfte davon. Mit der geplanten Verschärfung der Kapitalauflagen in der Schweiz lässt sich dieser Rückstand wohl nicht aufholen. Aktivistische Aktionäre wie der schwedische Investmentfonds Cevian unterstützen deshalb das Management in dessen Kampf gegen die Regulierung. Die Rede ist von einer Kapitalverordnung, welche die UBS ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit beraube und sie dazu zwinge, den Umzug ins Ausland zu erwägen. Dahinter steckt wohl mehr als plumpes Lobbying. Die UBS muss sich stärker spezialisieren. Als Universalbank mit einem kapitalintensiven Schweizer Kreditgeschäft und einem lukrativeren globalen Vermögensverwaltungsgeschäft wird sie ihr Potenzial nie vollständig ausschöpfen können. Die hitzig geführte Umzugsdebatte in der Schweiz ist im Kern eine Frage der Spezialisierung – bevor die UBS Verantwortung abschiebt, muss sie selbst klären, wohin sie strategisch will.

ZUSAMMENHALT

Wir denken in Generationen. Schon heute an die Absicherung des Lebensstandards von morgen zu denken, liegt auch in unserer Verantwortung. Dafür haben die Gesellschaften unserer Gruppe individuelle Vorsorgelösungen entwickelt. Wir verstehen dies als unseren Beitrag für die Volkswirtschaft und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Was noch für uns zählt, erfahren Sie unter group.vig

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