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Italienische Weinpoesie
CASTELLO DI QUERCETO MERLI TRA GLI ALBERI No 12
Das mittelalterliche Castello di Quercetto hat seine Wurzeln im Jahr 1000 und verarbeitet über 90 Hektaren Reben.

CASTELLO DI QUERCETO
CASTELLODIQUERCETO.IT

CASTELLO DI QUERCETO – MERLI TRA GLI ALBERI
Text ________ Ursula Thurner Fotos ________ Bildarchiv Castello di Querceto
Die 12. Fotografie von George Tatge heisst «Merli tra gli Alberi». Wüsste man es nicht besser, könnte man an ein Märchenschloss aus einer Erzählung der Gebrüder Grimm denken. Die Aufnahme zeigt das Castello di Querceto im Herzen der Toskana, wo zeitlose, elegante Weine kreiert werden, die das Herz traditioneller Weingeniesser erfreuen.
Castello di Querceto war der erste Betrieb, der an unsere Agentur geglaubt hat. Um die Wahrheit zu sagen, sogar schon vor unserer Gründung. Antonietta François hat mich angerufen und um Hilfe für das 100-JahrJubiläum des Gutes im Jahr 1997 gebeten, als ich eigentlich noch ein einjähriges Sabbatical in Frankreich geplant hatte. Stattdessen organisierte ich in jenem Jahr eine der ersten toskanischen Vertikalen. Vor einer Schar internationaler Gäste wurde sogar ein La Corte des Jahrgangs 1904 geöffnet. Jene Degustation, die damalige Energie und vor allem das Vertrauen von Alessandro und Antonietta François haben mir den nötigen Antrieb gegeben, mein Leben zu ändern, und 25 Jahre später ist Castello di Querceto auch heute – glücklicherweise – immer noch Teil unseres Portfolios. Es gibt wenige Weingüter im Chianti Classico, die sich rühmen können, seit 125 Jahren im Besitz der gleichen Familie zu sein. Das trifft auf das Anwesen der Familie François zu, die in diesem Jahr dieses wichtige Jubiläum feiern kann und beweist, wie langjährig und beständig ihre Liebe zu diesem Gebiet und seinem Wein ist. Der Betrieb gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Consorzio Vino Chianti Classico im Jahr 1924. Er liegt auf einer Höhe von mehr als 500 Metern über dem Meer an den Hügeln um Greve in Chianti und erstreckt sich über circa 190 Hektaren, davon 65 Hektaren Rebfläche, 10 Hektaren Olivenhaine und der Rest ist von Eichen- und Kastanienwäldern bedeckt. Die Höhenlage schenkt den Weinen ihre typische Frische, während die Böden, reich an polychromem Schichtgestein, aber von Weinberg zu Weinberg sehr unterschiedlich in ihrem Gehalt an Mangan, Eisen und alkalischen Metallen, einen entscheidenden Beitrag zur Komplexität der Weine leisten. Die geologische Vielfalt ist eine Besonderheit von Castello di Querceto, das schon in den Anfängen einige besonders prädestinierte Lagen identifiziert hat. Heute widmet sich die Familie François im Keller einer immer mehr verfeinerten und gezielteren Arbeit, um noch integrere und begeisterndere Bouquets und Aromen auf die Flasche zu füllen. Die Appellation Chianti Classico bildet das Rückgrat der Weinkollektion des Betriebs und umfasst den Jahrgangs-ChiantiClassico sowie die Riserva, die aus einer Traubenselektion von allen Rebflächen stammen und heute die Basisproduktion des Gutes darstellen. Hinzu kommen die Crus Gran Selezione Il Picchio und La Corte. Angeboten werden ausserdem die interessanten IGT-Cru-Interpretationen wie Il Cignale (Cabernet Sauvignon und Merlot), Il Querciolaia (Sangiovese und Cabernet Sauvignon), Il Sole di Alessandro (100 % Cabernet Sauvignon) und QueRceto Romantic, ein eleganter Blend aus Petit Verdot, Merlot und Syrah. Der Weinkeller besteht aus zwei gegensätzlichen Bereichen, einem modernen und mit AvantgardeTechnologie ausgestatteten Teil und einem historischen Teil mit der kostbaren Weinbibliothek, in der Jahrgänge aufbewahrt werden, die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurückreichen. Castello di Querceto ist nicht nur der Wohnsitz der Familie François, sondern bietet auch Gästen Platz in einem bezaubernden Agriturismo.



Das Castello ist ein Zeuge einer vergangenen Zeit. Die Weine des Gutes präsentieren Schluck für Schluck Eleganz und Terroircharakter.

Warum genau dieses Foto:
«Es war einmal eine Burg» – so fangen viele Märchen an. Aber das von Castello di Querceto ist eine wahre Geschichte. Der alte Turm aus dem Mittelalter hatte einst die Aufgabe, über das im Chianti-Gebiet gelegene DuddaTal zu wachen, und ist noch heute ein Blickpunkt in der Landschaft.
Ursula Thurner lebt in Florenz und kennt sich in der italienischen Weinlandschaft bestens aus. Man sieht ihn von weither, umgeben von Rebzeilen, die durch die Zweige der Eichen blitzen. Dieser zeitlos zu nennende Anblick muss auch in George Tatge etwas angerührt haben, der das Castello als einziges Gebäude in die Kollektion der «Portraits, 20 Jahre Licht, Schotterstrassen und Rebzeilen» aufnehmen wollte. Die insgesamt 38 Aufnahmen dieser Kollektion hat Tatge in unserem Auftrag in italienischen Weingütern anlässlich unseres 20-Jahr-Jubiläums gemacht. Eine dermassen mit ihrer Umgebung verschmolzene Architektur, dass sie schon fast Teil der Natur geworden ist. Im Italienischen ergibt sich daraus ein schönes Wortspiel: «Merli tra gli Alberi» kann sowohl Zinnen zwischen den Bäumen als auch Schwarzdrosseln bedeuten.
George Tatge
Der in Istanbul geborene Fotograf George Tatge (geb. 1951) studierte englische Literatur am Beloit College in Wisconsin und fotografierte in seiner Freizeit. Tatge zog 1973 nach Italien und begann, als freiberuflicher Fotograf und Schriftsteller zu arbeiten. Von 1986 bis 2003 war er als Director of Photography im Alinari-Archiv tätig. 2010 wurde Tatge mit dem Fotografiepreis Premio Friuli Venezia Giulia Fotografia ausgezeichnet. Seine fotografischen Arbeiten sind in bedeutenden öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter im Metropolitan Museum of Art, New York, Maison Européenne de la Photographie, Paris, und Centre Canadien d’Architecture, Montreal.
GEORGETATGE.COM


IL PICCHIO 2018
CHIANTI CLASSICO GRAN SELEZIONE
«Wir sind sehr stolz auf die beiden Chianti Classico Gran Selezione Il Picchio und La Corte, die heute in unserem Sortiment die Spitze der Appellation darstellen», erklärt Alessandro François, der heute gemeinsam mit seinem Sohn Simone das Unternehmen leitet. «Il Picchio und La Corte», fährt der Winzer fort, «sind stolze Botschafter eines Territoriums, an das wir immer fest geglaubt haben.» Il Picchio wurde 1988 als Chianti Classico Riserva geboren und im Jahrgang 2011 zur Gran Selezione. Die Reben wachsen auf einem 4,5 Hektar grossen Weinberg auf 450 Metern Meereshöhe, der nach Osten/ Südosten ausgerichtet ist, auf einem Boden, der reich an Ton, Kalkstein und Mikroelementen ist, und einen optimalen Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht aufweist. Es ist ein Chianti Classico Gran Selezione, eine Huldigung an die traditionellen Sorten des Gebiets: Sangiovese mit einem geringen Anteil Colorino. La Corte ist ein historischer Cru aus 100 % Sangiovese, entstanden als IGT im Jahr 1978 und seit dem Jahrgang 2017 ein Gran Selezione. Die Trauben stammen von einer 3,4 Hektaren grossen Lage mit sandigen Böden, auf 440 bis 470 Metern über dem Meeresspiegel, mit nach Westen/Südwesten ausgerichteten Rebzeilen, die dem Wein dank dieser Eigenschaften eine bedeutende Langlebigkeit gepaart mit einer bemerkenswerten Finesse verleihen. Seine Zugehörigkeit


zur Familie der Chianti Classico Gran Selezione stellt den Höhepunkt eines Weges hin zur Exzellenz durch Forschung dar, der sich durch das ganze 20. Jahrhundert zieht: Der Weinberg La Corte wurde Anfang des 20. Jahrhunderts mit Sangiovese bepflanzt und stets reinsortig vinifiziert. Im Keller wurden Il Picchio und La Corte nach zwei Wochen der Gärung und Mazeration in Edelstahlfermentern 12 Monate in Barriques und Tonneaux aus Tronçais- und Allier-Eiche ausgebaut. Chandra Kurt zum Il Picchio 2018, Chianti Classico Gran Selezione: Schon seine dunkle Erscheinung macht neugierig. Kaum riecht man an diesem Toskaner, wird klar, dass hier ein traditioneller, eleganter und in sich ruhender Chianti auf seine Entdeckung wartet. Noten von Zedernholz, schwarzen Kirschen, Lorbeer und einer Prise Zimt tauchen auf. Im Gaumen sehr geschmeidig und von seidigen Gerbstoffen umgarnt mit einer reifen, aber kühlen und nicht zu dominanten Frucht. Sie ist frisch und saftig zugleich. Es ist ein Klassiker mit Manieren, die man bei aristokratischen Familien aus den ViscontiVerfilmungen her kennt. Zeitlose Zurückhaltung ist sein Motto, entsprechend zeitlos und elegant ist dieser Sangiovese. Ein Wein, der im Nu ein Coup de Cœur von mir geworden ist, vor allem der Tatsache wegen, dass wir in einer Weinzeit leben, die voller Unruhen und aromatisch überpowerten Weinen ist.
Bezugsquelle: www. flaschenpost.ch
In der nächsten Ausgabe reisen wir erneut in die Toskana – diesmal zu Ornellaia, ganz im Sinne von «Natura Domata».
CAVEDELACOTE.CH
Die Cave de La Côte ist auf Erfolgskurs. So wurde sie 2019 und 2021 zur Schweizer Kellerei des Jahres gewählt und gewann dieses Jahr zahlreiche Auszeichnungen – unter anderem den Titel «Gran Maestro du Mondial du Merlot 2022». Verantwortlicher Önologe ist Rodrigo Banto, einer der besten Önologen der Schweiz, der eine besondere Passion für die Merlot-Traube pflegt. Anlässlich des Erfolgs der Merlots der Kellerei Cave de La Côte findet am Samstag, 3. September, das erste «Festival du Merlot» statt, das von der Cave de La Côte in Tolochenaz organisiert wird. Eine Veranstaltung für die breite Öffentlichkeit mit Verkostungen von Merlots verschiedener Erzeuger aus Europa und darüber hinaus sowie am Vormittag eine Masterclass, die Fachleuten vorbehalten ist.


4 Fragen an Rodrigo Banto, Önologe
WAS LIEBEN SIE AN DER MERLOT-TRAUBE? Die Merlot-Traube ist eine sehr elegante Rebsorte für kühle Klimaregionen. Ich mag die Aromen von reifem Merlot und die Weichheit der Tannine.
IST DIE SCHWEIZ EIN GUTES TERROIR FÜR MERLOT? Ich denke schon. Es gibt bekannte Terroirs wie im Tessin und einige weniger bekannte wie La Côte im Waadtland.
HAT DIE GLOBALE ERWÄRMUNG AUSWIRKUNGEN AUF MERLOT? Ja, kühlere Regionen können von Jahr zu Jahr bessere und beständigere Weine hervorbringen. Das erleben wir gerade in unserer Region.
WELCHES ESSEN PASST AM BESTEN ZU MERLOT? Mediterrane Küche, die ja aus einer Fülle an Gerichten besteht, passt sehr gut. Persönlich mag ich besonders gegrilltes Fleisch und Gemüse, Nudelgerichte sowie Risotto mit Pilzen.
degustiert von Chandra Kurt
L’Art et la Passion du Vin
Merlot Réserve 2018, Inspiration
Elegant und in sich ruhend. Ein stattlicher Merlot mit barockem Flair. Hier taucht man in eine satte Fruchtigkeit ein, die an Cassis, Erdbeergelee und Schokolade denken lässt. Hat eine tolle Struktur und fl iesst mit viel Schmelz und aromatischer Komplexität den Hals hinunter. Ein Wein, der dazu inspiriert, ein klassisches Rezept zu kochen oder wieder einmal Freunde zu einem Nachtessen einzuladen. Festlicher Genuss. Passt zu: Braten, Coq au vin, Kalbsbrust, Polenta mit Kaninchen
Merlot 2020, Expression
Ein absoluter Charmeur mit einer saftigen Fruchtigkeit und Noten, die an reife Walderdbeeren, Cassissorbet und Rosen denken lassen. Im Gaumen delikat und mittelschwer. Von der frischen Frucht getragen, wobei die Tannine ganz fein und straff markieren. Ein wahrlich expressiver Merlot, den man auch gegen den Durst geniessen kann. Fröhlich und dynamisch vom ersten bis zum letzten Schluck. Passt zu: Kalter Platte, Gefl ügel, Terrine, Risotto mit Pilzen
Rosé de Merlot 2021, Expression
Strahlt in fröhlichem Pink aus dem Glas und macht Lust, einen Schluck zu nehmen und den Moment zu geniessen. Duftet einladend nach Walderdbeeren, Rosen und roten Kirschen. Im Gaumen fi ligran und frisch mit einer sanften Aromatik. Frisch im Finale und auch hier von einer schönen Fruchtigkeit dominiert. Perfekt für den Apéro. Passt zu: Antipasti, vegetarischen Gerichten, Vorspeisen
Le Bernardin Merlot Réserve 2019, Collection Ravet
Eine Dimension für sich und ein perfektes Beispiel eines Top-Merlots. Noten von reifen Walderdbeeren, Holunder und Cassis sind zu erkennen, wie auch etwas Pfeffer und Leder. Sehr komplex in der Art mit einer angenehmen Frische im Finale. Viel Struktur und aromatische Tiefe. Ein Wein zum Dekantieren, dessen Trauben von auserlesenen Parzellen der La Côte AOC stammen. Reifte über ein Jahr in französischen Barriques. Passt zu: Steak, Wildgefl ügel, Kalbssteak, Risottogerichten
GRÜNER VELTLINER ÖSTERREICHS SIGNATURTRAUBE
Österreich ist ein Glücksfall für jeden Weinliebhaber. Denn Österreich hat es innert kurzer Zeit geschafft, international als Weinland zum Begriff geworden zu sein –trotz seiner eher kleinen Weinbaufläche von gerade einmal 46000 Hektaren (Schweiz: 15000 ha). Zwei Drittel der jährlichen Produktion sind Weissweine mit dem Grünen Veltliner als autochthonem Aushängeschild.

Der Grüne Veltliner ist die wichtigste autochthone Sorte Österreichs. Aus ihr werden rassige Weissweine vinifiziert, die kulinarisch spannende Partner sind, zumal sie zu Fischgerichten, exotischer Küche oder Geflügel kombiniert werden können.
Natürlich kann man einen Grünen Veltliner auch zum Apéro geniessen. Diese Sorte ist in ihrer Heimat Österreich, was für uns der Chasselas ist – die wichtigste Weissweinsorte, der man auch am meisten Aufmerksamkeit schenkt. Sie gehört zum Alltag und ist fest im önologischen Menüplan eingebaut. Grüner Veltliner (GV) ist aber im Gegensatz zum Chasselas eine aromatische Sorte. Aromatisch sind auch Sauvignon Blanc, Riesling oder MüllerThurgau. Im Vergleich zu einem Riesling wirkt der GV meist würziger und fast schon schwerer im Gehalt. Reife Grüne Veltliner entwickeln Aromen von Mandeln, Harz, Marzipan und Trockenfrüchten, während junge Weine mehr an Limetten, Lindenblüten und weissen Pfeffer denken lassen. Nicht zu vergessen die saftige Säure, die diesem Wein das nötige Temperament verleiht. Der Grüne Veltliner ist die wichtigste autochthone Sorte Österreichs. Auch wenn sie inzwischen in anderen Ländern kultiviert wird (Ungarn, USA, Australien, Tschechien, Neuseeland, Schweiz), kommen doch die schönsten und hochwertigsten Weine aus Österreich. Erstmals erwähnt wurde sie im 18. Jahrhundert. Auch wenn im Namen der Begriff «Veltlin» vorkommt, hat der Wein keine Verbindung zum gleichnamigen Tal. Laut Rebgenetiker José Vouillamoz ist der Grüne Veltliner eine natürliche Kreuzung zwischen einem Traminer (Savagnin) und sehr wahrscheinlich einer unbekannten Rebe, die man in St. Georgen am Leithagebirge unweit von Eisenstadt gefunden hat. Auch gehört der Grüne Veltliner nicht zur Familie der «Veltliner» – er hat also mit Rotem Veltliner, Frührotem Veltliner, Neuburger oder Rotgipfler nichts zu tun. Die Rebfläche in Österreich beträgt rund 46000 Hektaren, die sich primär in den östlichen und südöstlichen Landesteilen befinden. Das bekannteste Terroir für den GV ist die Wachau, die sich im Weinbaugebiet Niederösterreich und direkt an der Donau befindet. Aber wie gesagt, die Sorte gedeiht praktisch im ganzen Land. Aus ihr können sowohl einfache Alltagsweine vinifiziert werden, die man nach 1 bis 2 Jahren geniesst, wie auch komplexe Charakterweine, die auch nach zehn Jahren Lagerung noch fantastisch schmecken. Grüner Veltliner kann sowohl nur im Stahltank ausgebaut werden, wie aber auch in der Barrique. Kulinarisch ist er ein sehr dankbarer Partner, zumal er zu einer breiten Palette von Gerichten serviert werden kann – von exotischer Küche mit Zitronengras, Koriander und Kokosnuss bis zu Kalb, Geflügel, Antipasti, Fisch, Wiener Schnitzel und mediterraner Küche.
Der Grüne Veltliner ist die wichtigste autochthone Sorte Österreichs. Auch wenn sie inzwischen in anderen Ländern kultiviert wird (Ungarn, USA, Australien, Tschechien, Neuseeland, Schweiz), kommen doch die schönsten und hochwertigsten Weine aus Österreich. Erstmals erwähnt wurde sie im 18. Jahrhundert.
Illustrationen ________ Pierre Corboz
Der Wein passt auch immer zu Gerichten, in denen etwas Zitrone vorkommt. Wie gut Grüner Veltliner wirklich schmeckt und wie fantastisch er zu exotischer oder mediterraner Küche passt, habe ich vor vielen Jahren in den USA gelernt. Denn auf jeder Weinkarte der modernen, neuen und trendigen Lokale sind immer ein paar «Grüne», wie sie von den Amerikanern liebevoll genannt werden, aufgelistet – und nicht erst seit gestern. Ich erinnere mich an die herrliche Kombination mit vietnamesischen Rezepten in The Slanted Door (www.slanteddoor. com) in San Francisco genauso wie an die mit amerikanischen Gerichten in der Gramercy Tavern (www.gramercytavern.com) in New York. Ich erwähne das, weil man manchmal viel mehr auf etwas aufmerksam wird, wenn man es ausserhalb seines Ursprungsterroirs entdeckt. Auch schätzt man es vielleicht mehr weit weg von der eigentlichen Quelle, an der es immer verfügbar war und ist.
VieVinum – Weinmesse Wien
Alle zwei Jahre findet im Herzen von Wien eine öffentliche und einzigartige Weinmesse für den österreichischen Wein statt. Die VieVinum wurde 1998 gegründet und spielt sich im prachtvollen Ambiente der Wiener Hofburg ab. Über 550 Winzer und Weinbetriebe stellen jeweils ihre Weine vor. Zudem finden zahlreiche geführte Verkostungen und ein reichhaltiges Rahmenprogramm statt. Die Messe ist nicht nur ein guter Grund, wieder einmal nach Wien zu reisen, sondern auch der ideale Ort, um sich ein Bild über das tolle Weinschaffen unseres Nachbarlandes zu machen.
WWW.VIEVINUM.AT

Loibner Grüner Veltliner 2020 Federspiel, Weingut Knoll
Schon das Etikett ist eine Augenweide – der heilige Urban erstrahlt darauf und segnet förmlich jeden Geniesser dieser Flasche. Die Weissweine des Weinguts Emmerich Knoll gehören seit Jahren zu den sicheren Werten aus Österreich. Genauer gesagt aus der Wachau, jener Region, die in Sachen Eleganz, Terroir und Grösse wahrscheinlich die besten Weine des Landes hervorbringt. Kultiviert werden primär Grüner Veltliner und Riesling. Sie sind nicht nur in der internationalen Gastronomie beliebt (da sie unter anderem zu exotischer Küche perfekt passen), sondern schaffen es auch bei Blindproben regelmässig auf die Podestplätze. Dieser Grüne Veltliner duftet bereits im Glas intensiv fruchtig und entfaltet im Gaumen eine spannende Komplexität. Spannend sein Spiel zwischen saftiger Säure, süsser Frucht und eleganter Mineralität. Er zischt durch den Gaumen und macht Lust auf mehr. Präzise und kühl in der Art.
Fr. 29.80
VINOTHEK-BRANCAIA.CH KNOLL.AT
Grüner Veltliner Klostersatz 2021 Loibner Ried, F.X. Pichler
Ein weiteres Highlight aus der Wachau ist das Weingut F.X. Pichler. Der Familienbetrieb ist vor Kurzem aus dem Gebietsschutzverband Vinea Wachau ausgetreten, um damit auch in der Vinifikation klimabedingt agiler zu sein. Auf den Abfüllungen sind daher die Bezeichnungen «Smaragd», «Federspiel» und «Steinfeder» verschwunden, was aber nichts daran ändert, dass die Abfüllungen des Hauses Spitzenerzeugnisse sind. Der Klostersatz ist ein toller Einstieg ins präzise Schaffen der Familie. Er ist leichtfüssig, mit einem dynamischen Frucht-Säure-Spiel, das den Gaumen stimuliert. Die Balance ist nahezu perfekt. Noten von Rhabarber, Limette und weissem Pfirsich sind zentral.

Fr. 33.80
VINOTHEK-BRANCAIA.CH FX-PICHLER.AT Grüner Veltliner 2020, Ried Grub 1. Lage, Schloss Gobelsburg
Ein opulenter Lagen Wein, der etwas Zeit und Musse braucht, bis er sich voll und ganz präsentierte. Dekantieren Sie ihn und geniessen Sie dann seine schmelzig, charmante und vielschichtige Aromatik. Noten von kandierten Melonen, Fleur de Sel und in Honig getauchte Birnen sind zentral. Generell sind die Weine von Schloss Gobelsburg ein Muss für den Weinkeller, zumal in jeder Abfüllung die Liebe zur Herkunft, die Achtung der Tradition und die Energie für die Zukunft steckt.
Fr. 39.80
GOBELSBURG.AT Pierre Corboz
1973 geboren, aufgewachsen in Südafrika, Türkei, Irak, Indonesien und in der Schweiz, startete Pierre Corboz mit dem Zeichnen in den 80ern, während er die Welt von Wrightson, Wood, Vance, Jim Lee, Otomo, Hermann oder Olivier Vatine entdeckte. Seitdem hat er mit dem Zeichnen nie mehr aufgehört, wobei er sich das meiste selber beigebracht hat. Am liebsten arbeitet Corboz mit Federkiel, Ecoline oder Wasserfarben und zeichnet hauptsächlich im Comic-Stil. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Baden und ist auf Instagram unter «the_doodling_crow» zu finden.


Foto: © ÖWM

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Klassisch Rot
Filigranere Rotweine mit sehr feinkörnigem Tannin, wie ein gereifter Pinot Noir oder ein saftiger Sankt Laurent, sind klassisch edle Begleiter für rotes Wildfleisch pur. Auch ein Blaufränkisch macht sich gut, sei es in schlank-fruchtiger Variante vom Eisenberg oder mineralisch durchsetzt vom Leithaberg. Saftig weichselfruchtige Zweigelt aus Carnuntum verschmelzen gut mit dunklen Saucen und mürbem Filet. Kommen würzige Aromen beim Kochen zum Fleisch, darf es ruhig ein wenig kräftiger sein: ein körperreicher Blaufränkisch aus dem Mittelburgenland oder dessen Verschnitt mit den klassischen Bordeauxrebsorten Merlot und Cabernet. Diese Weine harmonieren auch gut mit fruchtparfümiertem Rotkraut oder glacierten Maroni.
Präferenz Weisswein
Auch Weißwein kann gute Figur zum Wild machen. Allerdings sollte er etwas körperreicher sein. Vortrefflich eignen sich Burgundersorten z. B. aus der Steiermark wie Chardonnay (Morillon), Weißburgunder, Grauburgunder oder Neuburger. Zwei autochthone Spezialitäten aus der Thermenregion sind Rotgipfler und Zierfandler. Ihre angenehme Säure und das feine Bukett, gepaart mit kräftigem Körper, fügen sich harmonisch ein. Frucht und Schmelz dichter Rieslinge oder Grüner Veltliner der Wachau oder aus dem Kamp-, Krems- oder Traisental verleihen so manchem Wildgericht einen feinen, elegant süßen Touch. Wer als Begleiter nicht fehlen darf, ist ein kräftiger Grüner Veltliner Reserve aus dem Weinviertel. Vergnügen bereitet auch ein Gemischter Satz aus Wien, so er mit etwas Fülle und Reife aufwarten kann.
Darf's wilder zugehen?
Was Top-Sommeliers auf internationalem Parkett längst erkannt haben, können heimische Gaumen zur Wildzeit selbst entdecken: Die österreichische Natural-Wine-Szene liefert eigenständige, charaktervolle Weine, die sich als spannende Speisenbegleiter eignen. Die Philosophien sind dabei so unterschiedlich wie die Winzer selbst. Doch man ist sich meist einig, dass sich der individuelle Charakter der Herkunft, ohne viel menschliches Zutun, im Wein widerspiegeln soll. Auch wenn dieser Zugang manchen etwas wild vorkommt, bietet sich zu Wildgerichten die perfekte Gelegenheit, alternative Weinstile mit vibrierender Säure, lebendiger Frucht und eigenständiger Textur für sich zu entdecken.
Perlender bis süsser Genuss
Noch ungewöhnlicher ist es wohl, z. B. ein Rehragout mit einem Schaumwein zu begleiten, doch Österreich hat Qualitätssekt erster Güte zu bieten. Die Kohlensäure im Sekt wirkt als Aromenverstärker und hebt den Genuss auf neue Höhen. Sekt Austria Reserve oder Große Reserve mit Lagerzeiten auf der Hefe von mehreren Jahren tragen reiche Fülle in sich, um nicht nur als Aperitif zu dienen, sondern durchaus auch zur Begleitung eines ganzen Menüs. Auch das andere Ende der Wein-Palette, eleganter Süßwein, eignet sich hervorragend dazu. Seine Süße gleicht Pikanz in Gerichten aus und vollendet es mit balanciertem Frucht-Säure-Spiel.