ES WAR EINMAL… S CHWEFELWASSER UND SUPPE
1560 durchstreiften eine frohgemute Patrizierschar und einige wohlhabende Bürger auf der Jagd die riesigen Gurnigelwälder. Beute war dank treibenden Hunden gewiss. Eine Gruppe Jäger gelangte beim Erkunden des unergründlichen Waldes in ein seichtes und übelriechendes Gebiet. Hühnereier, die zu spät gefunden und aufgeschlagen wurden, stanken genau wie dieses Sumpf gebiet. Wie sich bei Nachforschungen ergab, war es das Quellgebiet des «Stink-» oder «Stockbrünnelis», das offen Schwefel, kohlensauren Kalk, Kohlensäure, Magnesium und Natriumchlorid enthielt. In verschiedenen Dokumenten ist zu lesen, dass das ganze Gurnigel- und Gantrischgebiet von Bären, Wildschweinen, Wölfen, Hirschen, Luchsen, Rehen, Hasen und Federvieh besiedelt war. Dieser immense Bergwald war für die damaligen Patrizier und die wohlhabenden Bürger ein wunderbares Jagdgebiet. Flurnamen wie Bärenvorsass, Bäreloch, Bärenwartsstöck, Hirschhorn, Hirschmatt, Wolfsbödeli, Wolfsschlucht, Wolfegrabe und Wolfsegg erinnern noch heute an die hier längst ausgestorbenen oder durch die Jagd ausgerotteten Tiere. Der letzte Bär in der Region wurde am 17. Mai 1819 in der Bäuert Riedern, Gemeinde Diemtigen, also auf der hinteren Seite des Gantrischgebietes, erlegt. Das Schussgeld für den Jäger: 50 Franken, mehr als ein damaliger Monatslohn! Die riesigen Waldungen des Gurnigelberges sind durchzogen von Bächen, Rinnsalen, weiten Sumpfgebieten und Gräben aller Art, in denen nach der Schneeschmelze bis in den Herbst immer mehr oder weniger Wasser fliesst. Meist entwässert sich heute ein Sumpfgebiet in eines dieser Rinnsale. Dieses Wasser ist farblos. Es verfärbt sich aber, kaum mit Sauerstoff in Berührung gekommen, grau-trüb, und der Geruch nach verfaulten Eiern, also Schwefelwasserstoff, sticht in die Nase. In einer verschlossenen Flasche bleibt dieser unangenehme Geruch sogar monatelang erhalten.
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