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Abriss der Geschichte der Schi fahrtsunternehmungen 11
Fünf wichtige Vorbemerkungen zu den Schi slebensläufen 32
Nr. 1: Raddampfschi «Guillaume Tell» I 36
Nr. 2: Raddampfschi «Winkelried» I 44
Nr. 3: Raddampfschi «Léman Remorqueur» 50
Nr. 4: Raddampfschi «Léman» I (genannt «Léman Vaudois») 54
Nr. 5: Raddampfschi «Aigle» I 60
Nr. 6: Raddampfschi «Léman» II (Totalumbau aus Nr.4) 64
Nr. 7: Raddampfschi «Helvétie» I 68
Nr. 8: Raddampfschi «Aigle» II, später «Simplon» I 84
Nr. 9: Raddampfschi «Guillaume Tell» II 92
Nr. 10: Raddampfschi «Ville-de-Nyon», ab 1856 «Italie» I 98
Nr. 11: Raddampfschi «Hirondelle» 104
Nr. 12: Raddampfschi «Rhône» I 110
Nr. 13: Raddampfschi «Aigle» III 118
Nr. 14: Raddampfschi «Rhône No 2» / «Chillon» 128
Nr. 15: Raddampfschi «Léman» III 138
Nr. 15 A: Motorschi «Léman» IV 148
Nr. 16: Raddampfschi «Dranse» / «Mont-Blanc» I 158
Nr. 17: Raddampfschi «Chablais» I 164
Nr. 18: Raddampfschi «Flèche», «Ville de Genève» I, «Guillaume Tell» III 168
Nr. 19: Raddampfschi «Bonivard» 178
Nr. 20: Raddampfschi «Winkelried» II 188
Nr. 21: Schraubendampfer «Mouche No 1», später «L’Abeille» 200
Nr. 22: Schraubendampfer «Mouche No 2», später «Ville d’Évian» 206
Nr. 23: Raddampfschi «Mont Blanc» II, «La Suisse» I, «Évian» 212
Nr. 24: Raddampfschi «Cygne» 226
Nr. 25: Raddampfschi «Mouette» 234
Nr. 26: Schraubendampfer «Mouche No 3», später «Ville de Vevey» 242
Nr. 27: Raddampfschi «Jura» 248
Nr. 28: Raddampfschi «Simplon» II, später «Guillaume Tell» IV 256
Nr. 29: Raddampfschi «Dauphin»
Nr. 30: Raddampfschi «France»
Nr. 31: Raddampfschi «Major Davel»
Nr. 32: Raddampfschi , später dieselelektrisches Radschi «Genève»
Nr. 33: Raddampfschi , später dieselelektrisches Radschi «Lausanne»
Nr. 34: Raddampfschi ; dieselelektrisches Radschi ; Dampfschi «Montreux»
Nr. 35: Raddampfschi «Général Dufour»
Nr. 36: Raddampfschi , später dieselelektrisches Radschi «Vevey»
Nr. 37: Raddampfschi , später dieselelektrisches Radschi «Italie» II
Nr. 38: Raddampfschi «La Suisse» II
Nr. 39: Raddampfschi «Valais» I
Nr. 40: Raddampfschi «Savoie»
Nr. 41: Raddampfschi «Simplon» III
Nr. 42: Raddampfschi , später dieselelektrisches Radschi «Helvétie» II
Nr. 43: Raddampfschi «Rhône» III
Nr. 44: Motorschi «Col-Vert»
Nr. 45: Motorschi «Grèbe»
Nr. 46: Motorschi «Bécassine»
Nr. 47: Motorschi «Henry-Dunant»
Nr. 48: Motorschi «Général-Guisan»
Nr. 49: Motorschi «Albatros» (Tragflügelboot)
Nr. 50: Motorschi «Chablais» II
Nr. 51: Motorschi «Ville-de-Genève» II
Nr. 52: Motorschi «Léman» V
Nr. 53: Motorschi «Lausanne» II
Nr. 54: Motorschi «Morges» 566
Nr. 55: Motorschi «Lavaux» 572
Nr. 56: Motorschi «Valais» II 576
Nr. 57: Motorschi «Coppet» (Navibus®) 582
Nr. 58: Motorschi «Genève» II (Navibus®) 588
Nr. 59: Motorschi «Évian-les-Bains»
Nr. 60: Motorschi «Thonon-les-Bains» 604
Güterschi e der CGN
Kann man sich einen Genfersee ohne seine Schi e vorstellen?
Werbeplakat der CGN um 1900 Sammlung D. Zuchuat
Vorwort und Dank
Jedes Buch birgt seine Abenteuer – auch wenn der Autor schon lange «im Geschä!» ist und über eine gewisse Erfahrung verfügt. Im konkreten Fall waren gleich zwei unübliche Abenteuer zu bestehen: Einerseits ist der Genfersee aus deutschschweizerischer Optik seit 1977 (Meister, Gwerder, Liechti; Birkhäuser Verlag Basel) nie mehr so richtig «en profondeur» bearbeitet worden und erforderte deshalb eine besonders umfangreiche Recherchenarbeit, zumal sich die zahlreicheren (teils wunderschönen) französischsprachigen Publikationen eher spezi schen Themen rund um den Genfersee widmeten. Zusätzlich dazu gesellte sich die Herausforderung, dieses neue Vorhaben in drei Sprachen, also je in Deutsch, Französisch und Englisch, herauszugeben – und zwar eben nicht gemischt dreisprachig, sondern der Übersichtlichkeit und einer grosszügigen Graphik und damit der Lesbarkeit zuliebe in drei getrennten Bänden mit identischem Inhalt.
Dass ein Werk über Schi fahrtsgeschichte parallel in drei Sprachen erscheint, ist nicht nur ein Primeur an sich, sondern gleichzeitig auch eine Herausforderung, es besonders gut zu machen. Und «gut machen» heisst nichts anderes, als auf wohlgesinnten Zuspruch und kompetente Hilfe zu vertrauen. Und genau dies hat der Autor in reichlichem Masse erfahren, sodass der Dank sehr leichtfällt – weil begründet!
Zunächst geht mein Dank an die beteiligten Verlage: den Weber Verlag in Thun unter der unermüdlichen und zielstrebigen Leitung von Annette Weber und die Editions Château & Attinger unter der weitsichtigen Führung von Emmanuel Vandelle. Sie beide und ihre Equipen haben es eben fertiggebracht, aus einer Idee drei parallele Bücher entstehen zu lassen.
Als Autor hatte ich zur Sache weitestgehende Freiheiten, eine gewisse Begrenzung in Sachen Umfang liegt in der Natur der Sache und ist auch für den Leser aus Gewichtsgründen bekömmlicher. Inhaltlich konnte ich nach meinem Gusto, nach meinen Mitteln (und auch Begrenzungen) genau so wirken, wie ich es für richtig hielt. Besten Dank also für die wirklich «lange Leine» bezüglich des Inhalts.
Zielstrebig wirken heisst nun aber ganz klar, sich nicht einfach hinter dem PC zu verschanzen, sondern die vielfältigen bestehenden und weiter möglichen Beziehungen, Quellen und «hot spots» einzubeziehen und freundscha!lich zu nutzen. Das ist vollumfänglich gelungen. Zualleroberst einreihen in die Verdankungen möchte ich Herrn Maurice Decoppet, bis vor kurzem Präsident der ABVL (Association des amis des bateaux à vapeur du Léman). Maurice hat nicht nur die Schatulle dieser tollen Institution für einen stattlichen Druckkostenbeitrag geö net (siehe Thema Sponsoren), sondern er hat mir links und rechts alle möglichen Türen weit geö net – ich denke insb. an das Musée du Léman und natürlich die CGN selbst. Maurice Decoppet hat sich überdies bereit erklärt, das ganze Manuskript zu lektorieren und mit einer grossen Anzahl von Vorschlägen, Hinweisen und Ergänzungen zu bereichern. Ein herzlicher Dank geht aber auch an Herrn Yves de Siebenthal, zusammen mit
Maurice Decoppet Mitbegründer und Vizepräsident der ABVL sowie Präsident ihrer Sti!ung Pro Vapore und – last but not least – Vizepräsident des Verwaltungsrats der Groupe CGN SA für das generelle und das technische Korrektorat. Herrn de Siebenthal verdanke ich eine lange Liste von Detailinformationen – vor allem auch der neueren und neuesten Schi e die ich sonst wohl von keiner Seite so professionell hätte erhalten können.
Im Musée du Léman in Nyon bin ich beim Konservator Lionel Gauthier auf o ene Ohren gestossen, und der tre%iche Dokumentalist Didier Zuchuat hat es freundscha!lich und kompetent verstanden, die physisch und elektronisch für einen Externen völlig undurchdringlichen dortigen Bestände so zu erschliessen, dass ich nur noch «konsumieren» dur!e. Ganz herzlichen Dank dafür – und nicht zuletzt auch für seine so kompetenten wie den Kern der Sache immer tre enden Kommentare!
Bei der CGN hat mich Maurice Decoppet mit dem stv. Direktor für Technik und Verantwortlichen für den Unterhalt, David von Flüe, bekannt gemacht. Dieser hat es neben seiner strengen beru&ichen Beanspruchung unternommen, die ganzen aktuellen technischen Daten spezi sch für das Buch zusammenzustellen – und das ganze Planmaterial nach meinen Wünschen zu erheben und zu portionieren. Mit dem Chef der Dampfmaschinisten, Markus Graf, konnte ich einen sehr wertvollen Austausch p&egen, der sehr dazu beigetragen hat, dass in diesem Bereich eine systematische Darstellung der Maschinendaten zustande gekommen ist. Mille Mercis an die beiden Herren!
Zu den seit vielen Jahren «bekannten Gesichtern» im jeweiligen Abschnitt der Verdankungen haben sich neue wertvolle, ja unersetzliche Bildquellen erschlossen, die vorweg genannt werden sollen. So hat mir der bereits genannte Chefmaschinist der CGN, Markus Graf, seine privaten Bestände zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt: ein herrlicher Fundus, der in Ansätzen auch auf seinen Vater Rudolf Graf zurückgeht, den ich in meinen jungen Jahren auch noch persönlich erleben dur!e.
Als «getreue Helfer seit Beginn», sei es mit Unterlagen, Recherchen, Plänen und vor allem auch Bildern darf ich hier zusätzlich zu den oben Genannten alphabetisch au&isten:
• Dedie Olivier, Rolle (†)
• Dentan Pierre-Alain, St-Légier/La Chiésaz
• Dupasquier Nicolas, Broc
• Eichenberger Daniel, Kriens
• Engemann Markus, Ste sburg
• Fröhlich Markus, Wil
• Gavazzi Mario, Luzern
• Golay Stéphane, Chernex
• Gondolf Peter, Kamen/D
• Gottschall Rodolphe, Lausanne
• Gwerder Josef, Meggen (†)
• Horlacher Robert, Hausen/AG
• Hunziker Kurt, Luzern
• Jacobi Sébastien, Neuchâtel
• Knöpfel Robert, Bonstetten
• Liechti Erich, Wimmis
• Mischler Ernst, Einigen
• Paillex Gilbert, Lausanne
• Reimann Lukas, Arth
• Richard Claude, Lausanne
• Schneider Erik, Samstagern
• Schoog Bruno, Karlsruhe/D
• Vuistiner Alain, Lausanne
• Zumstein Beat, Basel
Hinsichtlich der eminent wichtigen Lektorats- und Korrekturarbeiten bin ich ganz zuerst meinem langjährigen und verlässlichen Freund Peter Gondolf für die Lektorate und Korrektorate des deutschen Textes zu grossem Dank verp&ichtet. Peter hat aber zudem als gewie!er und sensibler Bildbearbeiter der grossen Mehrheit der publizierten Abbildungen zu einem Quantensprung in Sachen Qualität verholfen, eine unschätzbare Arbeit!
Erich Liechti und seiner Sti!ung danke ich herzlich für die Erlaubnis, seine akribischen Rekonstruktionszeichnungen und Bilder einiger seiner Modelle in diesem Werk verwenden zu dürfen, und Alina Dubach vom Weber Verlag für die diesbezüglichen Fotogra en. Dieser Dank geht auch an die Gemeinde Hilter ngen für die Mithilfe beim Fotoshooting.
Zu guter Letzt danke ich all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Weber Verlags und der Editions Château & Attinger unter der souveränen Führung von Annette Weber und Emmanuel Vandelle auch hier nochmals für ihre so sorgfältige Arbeit und für ihr Verständnis für die Anliegen des Autors ganz herzlich. Ganz besonders erwähnen möchte ich den Projektleiter Samuel Krähenbühl und die Polygra n Shana Hirschi, welche an vorderster Front das Werk zu dem gemacht haben, was es nun ist: ein nicht nur schweres, sondern auch sehr schönes Buch in drei Ausgaben, je in Deutsch, Französisch und Englisch.
Aber: ohne die verständnisvolle und geduldige Unterstützung meiner lieben Gattin Brigitte hätte die ganze Arbeit niemals in einer so entspannten und motivierenden Umgebung entstehen können: Deshalb mein ganz grosser Dank an dieser prominenten Stelle!
Basel, Juni 2025
Jürg Meister
Abkürzungsverzeichnis
ABVL Association des amis des bateaux à vapeur du Léman
APL Association Patrimoine du Léman
BAV Bundesamt für Verkehr
bar Masseinheit für den Druck. In diesem Werk werden durchwegs barometrische Werte verwendet, im Sinne des früher verwendeten atü.
CGN Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman, Sitz in Lausanne
D&M Ditchburn and Mare, Londoner Maschinenfabrik und Schi!swer
DLM Damp okomotiv- und Maschinenfabrik, Winterthur
DS Dampfschi!
EAV Eidg. Amt für Verkehr, Vorgängerin des BAV
EWZ (auch EWC) Escher Wyss & Cie, Zürich
FF Französischer Franc
GV Generalversammlung
HD Hauptdeck
kW Kilowatt, Leistungseinheit, heute üblich anstelle von PS
MERRÉ Société des Etablissements Merré, Nort-sur-Erdre (F)
MS Motorschi!
MdL Musée du Léman, Nyon n Drehzahl (Anzahl Umdrehungen pro Minute)
OD Oberdeck
PSi Indizierte Pferdestärke (Zylinderleistung) bei Dampfschi!en
ÖSWAG Österreichische Schi!swer en AG
PSnom Nominelle Pferdestärke, früheres empirisches Mass, entsprechend rund 4 PSi
SLM Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik, Winterthur
SrDS Schraubendampfer
VHS Verkehrshaus der Schweiz, Luzern
VR Verwaltungsrat
VRA («comité») Verwaltungsrats-Ausschuss
Abriss der Geschichte der Schi fahrtsunternehmungen
Einleitung
Die historische Entwicklung von der Inbetriebnahme des hölzernen Pionierschi es «Guillaume Tell» im Jahre 1823 durch den Amerikaner Edward Church bis zur Gründung der heute noch bestehenden «Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman» im Januar des Jahres 1873 (und ihren Weiterentwicklungen bis zum heutigen Tag) ist ausserordentlich vielschichtig und komplex – aber auch entsprechend interessant.
In diesem Sinne ist insbesondere die Geschichte der ersten 50 Jahre Genfersee-Schi fahrt eine überaus spannende Angelegenheit mit zahlreichen Verknüpfungen, Querverbindungen und Seitenlinien, die eigentlich an dieser Stelle eine sehr gründliche Würdigung erfahren müsste. Allerdings ist dieser Band von seiner Zielsetzung und seinem Konzept her vornehmlich auf die Schi e dieser Unternehmungen fokussiert, sodass hier nur eine relativ summarische, aber für das Verständnis doch wohl unumgängliche geschichtliche Einordnung steht.
Um dieser Übersicht eine gewisse Struktur und damit Lesefreundlichkeit zu verleihen, wird sie in acht kurze Kapitel gegliedert, nämlich:
• Die Entwicklung von Genf her gesehen
• Die waadtländischen Unternehmungen
• Die Formen der Zusammenarbeit dieser Anbieter
• Die verschiedenen Aussenseiter
• Die Fusion zur CGN von 1873
• Kurzabriss der praktisch 150-jährigen Geschichte dieses Unternehmens
• Ein Blick auf die ABVL
• Die Restrukturierungen von 2012
Überblick / summarische Kurzfassung
Die genferischen Gründergesellscha!en «Société du bateau à vapeur Le Guillaume Tell, und die «Entreprise du Winkelried» fusionierten im Jahre 1836 zur «Compagnie Genevoise des Bateaux à vapeur réunis». Diese Gesellscha! änderte im Jahre 1851 ihre Statuten und wurde zur «Société du bateau à vapeur l’Aigle»; sie wurde Mitbegründerin der CGN. Die erste waadtländische Gesellscha!, die «Société du bateau à vapeur le Léman» (Léman Vaudois), überdauerte im Prinzip sämtliche Fährnisse und Wirren bis zur Fusion von 1873. Die 1839 in Genf gegründete «Société du bateau à vapeur l’Helvétie» wurde trotz oder wegen ihres eher o ensiven Geschä!sgebarens zwar mehrmals aufgelöst und wieder neu konstituiert, doch blieb auch sie im Kern bis 1873 bestehen.
Die drei zuletzt genannten Gesellscha!en betrieben zwar ihre eigenen Schi e unabhängig voneinander, doch kam es – neben verschiedenen kurzfristigen Vereinbarungen – zu zwei permanenten Formen der Zusammenarbeit:
Alle drei Gesellscha!en besassen einzelne Schi e zu gesamter Hand und setzten diese auch gemeinscha!lich ein; das letzte dieser «bateaux en indivision» war der berühmte «Winkelried» II. Als Gegengewicht zur meist eher aggressiv und unabhängig agierenden «Société de l’Helvétie» und neben den erwähnten Gesamthandsverhältnissen bestand zwischen der «Société de l’Aigle» und der «Société du Léman» eine zeitweise lockere, streckenweise aber auch sehr enge Betriebsgemeinscha!.
Ausserhalb dieser wichtigsten Gesellscha!en konnten sich jeweilen über kürzere oder längere Zeit verschiedene Aussenseiter halten; wir erinnern z. B. an die «Compagnie du Léman» (le Remorqueur), an die «Société des Rhône», die «S. A. libre du bateau à vapeur la Flèche», die «S. A. des Mouches du Léman» in Genf sowie an verschiedene von den aufkommenden Eisenbahnen gestützte weitere Gesellscha!en bzw. Interessengemeinscha!en.
Die Entwicklung von Genf hergesehen Société du bateau à vapeur le Guillaume Tell
Auch wenn es fast despektierlich tönt: Das erste Dampfschi in der Schweiz war nicht eine lokale Idee, sondern die private Initiative und Investition eines Amerikaners: Edward Church. Church wurde in Boston (nach einigen Quellen in Fayal auf den Azoren) in eine begüterte Familie geboren, besuchte einige höhere Schulen und siedelte sich schon in jungen Jahren in Paris an, wo er eine Französin heiratete. Church war zwar nominell Konsul der Vereinigten Staaten in Frankreich mit wechselndem Dienstsitz, vor allem aber verwendete er alle seine Energie auf die Propagierung der eminenten Errungenscha! seines guten Freundes Robert Fulton – des Dampfschi s. Diesem war er seit seiner ersten Fahrt 1807 auf dem North River (später Hudson genannt) mit Leib und Seele verschrieben. In Frankreich hatte er sich in dieser Materie bereits einen guten Ruf erworben, bevor er 1822 nach Genf kam. Er war denn auch höchst verwundert und enttäuscht, dass es auf einem so grossen See noch kein einziges Fahrzeug gemäss der epochalen Errungenscha! von Fulton gab. Er liess dies denn auch am 15. Dezember die Presse im Raum Genf und Lausanne wissen, welche dafür gesorgt hat, dass das Thema mindestens eine gewisse regionale Verbreitung erfuhr.
Nachdem die genferischen und waadtländischen Behörden ihren prinzipiellen Segen erteilt hatten, gri Church in die eigene Tasche und orderte bei der Schi bau rma Mauriac Père in Bordeaux ein 75 Fuss langes, aus bestem Holz gezimmertes Schi und (wahrscheinlich) bei Fawcett, Preston & Co in Liverpool eine passende Maschine und Kessel. Es ging schnell und schon am 28. Mai 1823 lief das erste Dampfschi der Schweiz im Genfer Quartier Eaux-Vives von Stapel. Am 18. Juni fand die umjubelte Jungfernfahrt über einen beträchtlichen Teil des grossen Sees statt. Das Echo war nicht nur in der Romandie gewaltig, die Wogen der Begeisterung gingen bis nach Zürich und St. Gallen hoch. Der diplomatisch geschickt gewählte Name «Guillaume Tell» mag dazu beigetragen haben.
Edward Church und Familie. Sammlung E. Liechti
Das Schi und seine Dienste (Church bot die Passagen zum gleichen Preis an wie die waadtländische Post) waren ein Riesenerfolg, deckten doch bereits im ersten halben Betriebsjahr die Einnahmen praktisch die Häl!e des Kaufpreises – und doch verkau!e der rastlose Church bereits ab Mitte Sommer 1823 in Tranchen sein bisheriges Alleineigentum, sodass am 25. August 1824 die neue Aktiengesellscha! «Société anonyme du bateau à vapeur le Guillaume Tell» mit acht Teilhabern gegründet werden konnte: Church zog weiter!
L’Entreprise du Winkelried
Die Konkurrenz liess nicht lange auf sich warten: Kaum hatte DS «Guillaume Tell» seine Fahrten aufgenommen, zirkulierte ab dem 1. Juli 1823 ein Prospekt (erhalten geblieben im Museum für Kommunikation in Bern) zur Aktienzeichnung für ein neues Unternehmen, welches ebenfalls patriotisch rmierte: Die «Entreprise du Winkelried» mit einem
Kapital von 100 000 französischen Franken (FF), aufgeteilt auf 50 Aktien, wurde am 15. August 1823 vom Genfer Staatsrat homologiert. Die Bestellung für das Schi erging wieder an Mauriac (welcher Church eine Konventionalstrafe von FF 1500 bezahlen musste, weil er eine Abstandsvereinbarung nicht eingehalten hatte), die Maschine kam von Miller & Ravenhill in London/Blackwall. Das am 14. Juli 1824 ebenfalls in Eaux-Vives von Stapel gelaufene Schi war deutlich grösser, stärker und damit auch schneller als sein Vorgänger. Die Bauaufsicht führte übrigens Oberstleutnant Guillaume Henri Dufour, der spätere General. Hauptinitiant und Geschä!sführer der neuen Gesellscha! war Marc Antoine Demole.
Die Schi e der beiden Gesellscha!en bedienten abwechslungsweise die Strecke Genf–Vevey auf- oder abwärts, d. h. jedes Schi legte nur je eine einfache Fahrt zurück. Weil DS «Guillaume Tell» deutlich langsamer war und auch etwas weniger Komfort bot, mussten seine Preise nach unten angepasst werden. Wenig eilige, aber preisbewusste Fahrgäste wählten also für ihre Fahrten dieses Schi ; wer es eilig hatte und über bessere Finanzen verfügte, nahm die «Winkelried». Dieses Schema hielt trotz der nun in Lausanne erwachten waadtländischen Konkurrenz (siehe Kapitel über die Entwicklungen in Lausanne) rund vier Jahre. Zum 1. Januar 1829 ra ten sich die beiden Gesellscha!en zu einer echten Betriebsgemeinscha! auf, wodurch die nanzielle Situation deutlich besser wurde. 1832 erhielt DS «Winkelried» eine neue, verbesserte Holzschale, während DS «Guillaume Tell» langsam ver el. 1835 musste an ein neues, viel moderneres Schi gedacht werden, und unter diesen Voraussetzungen fusionierten die beiden Genfer Pionierunternehmungen am 8. Februar 1836 zur
Compagnie Genevoise des Bateaux à vapeur réunis
Der Apport von Seiten des «Guillaume Tell» betrug FF 106 000, jener des «Winkelried» FF 162 500. Bei Miller & Ravenhill in London wurde ein Schi «nach den allerneuesten Erkenntnissen» bestellt, dessen Name schon früh mit «Aigle», dem Genfer Wappentier, festgelegt wurde. Die neue Einheit ersetzte nominell den nicht mehr betriebstüchtigen
Pionierdampfer «Guillaume Tell» und war klar dazu bestimmt, den tüchtigen waadtländischen «Léman» zu übertre en.
Der Dampfer wurde im «Creux-de-Genthod» zusammengebaut, lief dort am 14. Juni 1837 von Stapel und wurde am 25. des gleichen Monats in Betrieb genommen. Der mit einem Aufwand von FF 245 000 erbaute «Adler» erfüllte die hohen Erwartungen ohne Weiteres: Die Waadtländer wurden wortwörtlich «abgehängt», was sie dazu nötigte, ihre Tarife zu senken; die Stimmung in Lausanne war (vorübergehend) eher gedämp!. Im Vorgri auf die weitere Entwicklung der «Compagnie Genevoise» sei schon hier erwähnt, dass sich aufgrund einer neuen, nachstehend beschriebenen genferischen Entwicklung eine starke Annährung zwischen der angestammten Genfer und der Lausanner Gesellscha! ergab; formal gipfelte diese Annäherung im «Pakt Aigle-Léman» vom 20. Oktober 1840. Dieser Pakt sollte 32 Jahre bis zur grossen Fusion von 1873 Bestand haben. Nun zurück nach Genf.
Die Société du Bateau à Vapeur l’Helvétie
1839 konstituierte sich in Genf ein neues Unternehmen, welches von Anfang an eine offensive Strategie wählte und sich trotz zeitweiligen Rückschlägen bis zur Fusion von 1873 stets durch eine hohe Durchsetzungskra! und phasenweise sogar Rücksichtslosigkeit bemerkbar machen sollte. Initianten waren die Genfer Geschä!sleute Charles Binet und Henry Hay, welche als Komplementäre noch eine Schar Kommanditäre um sich scharten. Bei Ditchburn & Mare in London wurde ein Schi nach neuester Technologie bestellt, wobei es laut Literatur durchaus möglich ist, dass D&M die Genfer Gesellscha! geradezu dazu gedrängt hatten: schottische Kessel mit Rauchrohren, oszillierende Niederdruck-Zwillingsmaschine in einer hydrodynamisch sehr gelungenen Eisenschale –der geballte Fortschritt jener Zeit!
Das als revolutionär empfundene Schi lief am 27. Mai 1841 inmitten geradezu eines «Shitstorms» von Meinungen von Stapel und drängte die bereits vorhandenen genferischen und waadtländischen Gesellscha!en mit seinen ausserordentlichen Leistungen, aber auch durch seine Grösse und seine Eleganz in die Defensive. Es überzeugte nicht nur mit einer für damalige Verhältnisse überragenden Geschwindigkeit von 23 km/h, sondern auch durch seinen ruhigen Gang dank der oszillierenden Maschine und durch seine ansprechende Inneneinrichtung. Im Jahre 1842 entspann sich eine unbarmherzige Konkurrenz, aber bereits per Jahresbeginn 1843 einigte man sich doch auf einen gemeinsamen Fahrplan mit den vorbestehenden Gesellscha!en, wobei die «Helvétie» hart um die lukrativsten Kurse kämp!e. Im Oktober 1847 führte der gemeinsame Fahrplan zur eigentlichen Betriebsgesellscha!, welche sich ab 1851 «Société des bateaux à vapeur réunis du Lac Léman» nannte und bis zur Fusion 1873 bestehen blieb. Zur Erinnerung: Die Gesellscha!en blieben dabei an sich juristisch und kommerziell unverändert, teilten sich aber den Fahrplan und einen Teil der Fixkosten.
Im Vorgri auf spätere Entwicklungen sei aber bereits an dieser Stelle gesagt, dass die Gesellscha! der «Helvétie» trotz massiven Widerwärtigkeiten und entsprechenden Rückschlägen sowie nachfolgenden Sanierungen/Neugründungen 1873 die stärkste Partei bei den Fusionsverhandlungen 1872/73 sein sollte.
Und was geschah nun in der Zwischenzeit in Lausanne bzw. Ouchy?
Société du bateau à vapeur le Léman
Die epochemachenden und auch gehörig mit Glockenklang und Salutschüssen untermalten Au!ritte des «Guillaume Tell» und alsdann des «Winkelried» in Ouchy hatten die Lausanner Bevölkerung und letztlich den ganzen Kanton in eine sehr gut verständliche vaterländische Kampfstimmung versetzt. Ein von ein&ussreichen Waadtländern unter der souveränen Führung von Sigismond de la Harpe am 1. November 1824 herausgegebener Prospekt sah zur Finanzierung des Baus und der Indienststellung eines «paquebot à vapeur» ein Aktienkapital von FF 120 000 vor, die Zeichnung der Aktien zu FF 500 (auf heutige Verhältnisse umgerechnet nicht weniger als rund Fr. 5000) verlief ausgezeichnet: Nach Ablauf der Zeichnungsfrist war ein Kapital von FF 168 000 auf dem Konto.
Sigismond de la Harpe.
Sammlung J. Meister
Dies ermöglichte es, wie von Anfang an beabsichtigt, nun mit den zusammengekommenen reichlichen Mitteln «mit der grossen Kelle anzurichten». Das neue Schi , dessen Name «Léman» von Anfang an feststand, sollte viel grösser und schneller und bequemer sein als die genferischen Vorgänger. Es wurde in England bestellt und auch von britischen Spezialisten in Ouchy zusammengebaut. Der Stapellauf des die genferischen Schi e tatsächlich in allen Belangen weit in den Schatten stellenden Dampfers erfolgte am Samstag, dem 15. Juli 1826 im Rahmen eines riesigen Volksfestes. Jungfernfahrt rund um den «Haut-Lac» am 23. Juli (Sonntag). Am 27. Juli begannen die regelmässigen Fahrten nach Genf und zurück. Dort waren die Gefühle etwas gemischt und Marc-Jules Suès, ein bekannter und genauer Beobachter der genferischen Begebenheiten jener Zeit, notierte etwas säuerlich (und hier gekürzt wiedergegeben): Das Schi ist zwar wirklich gross, aber von ausgesprochen schlechtem Geschmack, wenn man von der Bug gur, einer Seejungfrau, mal absieht. Der «schlechte Geschmack», das waren die zahllosen Waadtländer Wappen rund um das Schi und die ostentative Verwendung der Kantonsfarben Grün/Weiss.
Das neue Schi bot eine tägliche Retourfahrt nach Genf (und nicht nur eine einfache Fahrt wie die Genfer Schi e), die «Léman» wurde geradezu gestürmt, die Genfer senkten in der Folge ihre Preise und die Konkurrenz feierte 1826/27 Urständ. Wie schon bei der genferischen Gesellscha! dargestellt, einigte man sich recht bald auf eine Fahrplangemeinscha!,
die aber faktisch eher auf die Bedürfnisse der Lausanner Gesellscha! ausgerichtet war. Nachdem die Genfer 1833 eine neue, optimierte Schale für den «Winkelried» bescha t und dafür das Pionierschi «Guillaume Tell» aus dem Betrieb zurückgezogen hatten, war es relativ ruhig, bis die Genfer 1837 mit ihrem überragenden «Aigle» aufwarteten. Dieser stellte den bisher dominierenden «Léman» klar in den Schatten.
Diesen Rückschlag wollte man in Lausanne nicht hinnehmen und machte einen entscheidenden Schritt nach vorne: Eine Eisenschale musste es richten! Tatsächlich wurden bei der noch kaum in Erscheinung getretenen Maschinenfabrik Escher Wyss & Cie in Zürich die erste eiserne Schale für ein Genfersee-Schi und bei Maudslay in London vier (!) neue Kessel bestellt. Die vorhandene Maschine sollte mit vielen Verbesserungen beibehalten werden. Dieser fast totale Neubau kostete nicht weniger als FF 208 500, die Gesellscha! musste sich mit FF 87 000 verschulden. Das weiterhin «Léman» II genannte Schi nahm am 1. August 1838 seine Fahrten auf: Es war gleich schnell wie der genferische «Aigle» und das Gleichgewicht zwischen den Gesellscha!en war wieder hergestellt.
Wie es mit den zentralen Akteuren «Aigle», «Léman» und «Helvétie» bis zur Fusion 1873 weitergeht
Nachdem 1841 die genferische «Helvétie» auf den Plan getreten war und die aus den Pioniergesellscha!en hervorgegangene «Société Genevoise» ihren kaum vier Jahre alten «Aigle» 1841/42 ebenfalls mit einer verlängerten eisernen Schale ausgestattet hatte, war mit dem «Léman» II, der «Helvétie» und dem «Aigle» II ein gewisser Gleichgewichtszustand erreicht und es wurden für einige Jahre weder neue Schi e gebaut noch ältere Einheiten stark modernisiert. Es war eine Zeit der «Ruhe vor dem Sturm», denn ein anderes Transportmittel hatte da und dort Einzug gehalten: die Eisenbahn! Noch führte keine Bahn an den See heran, aber Projekte waren vorhanden, und die Schi fahrtsgesellschaften begannen, sich darauf einzustellen: Man fürchtete in dieser Phase kaum eine Konkurrenz, sondern ho te vielmehr auf an den See herangeführten Zusatzverkehr. Und diese Ho nung führte neben Eigenbescha ungen vernün!igerweise auch zu schrittweise realisierten Gemeinscha!sbestellungen von Schi smaterial.
Das erste gemeinscha!lich bescha te Schi war 1852 die von John Penn & Sons in London erbaute «Guillaume Tell» II, welche den drei bestehenden Gesellscha!en zu gesamter Hand zu je einem Drittel gehörte. Dieses Konstrukt blieb bis zur Fusion 1873 unverändert.
1855 lieferte Escher Wyss & Cie gemeinscha!lich zu gleichen Teilen für die genferische «Aigle»-Unternehmung und die Lausanner «Léman»-Gesellscha! die (gerade im Gegensatz zum vorerwähnten «Guillaume Tell» II) sehr stattliche «Hirondelle», welcher wegen ihrer unglücklichen Strandung aber nur ein kurzes Leben vergönnt war.
Wichtige individuelle Bescha ungen waren alsdann: 1857 «Aigle» III durch die «Société de l’Aigle» in Genf und im gleichen Jahr «Léman» III durch die entsprechende Unternehmung «Société du bateau à vapeur le Léman» in Lausanne.
1871 kam es zur letzten Gemeinscha!sbestellung der drei Hauptgesellscha!en: das mit zwei charakteristischen Kaminen bestückte sehr grosse Halbsalonboot «Winkelried». Formal lebte diese Investition zu gesamter Hand nur ganz kurze Zeit, denn 1873 stand die Fusion zur CGN auf dem Programm.
Dieser in grossen Linien gut nachvollziehbaren «Mainstream-Entwicklung» standen aber schon sehr früh und immer wieder diverseste Einzelinitiativen entgegen, auf die nachfolgend eingegangen wird.
Aussenseiter inkl. Schi fahrtsinitiativen von Bahnen Compagnie du «Léman» (le Remorqueur), Genf (1825 – 1827)
In der zweiten Häl!e des Jahres 1825 konstituierte sich eine bikantonale Aktiengesellscha! mit einem Kapital von FF 100 000 und Sitz sowohl in Genf als auch in Lausanne. Zweck der Gesellscha! war die Bescha ung und der Betrieb eines Schleppdampfers. Der doppelte Firmensitz wurde gewählt, um den strengen Kabotageverboten für den Güterverkehr zwischen den Uferkantonen zu entgehen. Dieses Konstrukt wurde aber kaum auf die Probe gestellt, denn die Nachfrage nach Schleppdiensten war praktisch null: Der Wind trieb die (im Übrigen sehr zahlreichen) Barken ja gratis an … Über das relativ grosse Schi ist kaum etwas bekannt – es wurde laut Überlieferung aus Grossbritannien geliefert. Dokumentiert ist seine Präsenz am Stapellauf des ersten «Léman» (Vaudois) am 15. Juli 1826. Zwei Tage später transportierte das Schi den Herzog von Orléans mit Familie und Gefolge nach Chillon, die Herzogin war «not amused». Im Weiteren war dem Schleppdampfer der Erfolg versagt und im Frühjahr 1827 wurde die Gesellscha! liquidiert. Das Schi blieb unverwendet und wurde gegen Ende 1829 oder in den ersten Monaten 1830 in Teilen verkau!.
Société de Bateaux à vapeur sur le lac Léman (DS «Ville-de-Nyon») (1853 – 1856)
Im Mai 1853 emittierte das Bankhaus Droin Crüger & Cie in Genf (und London) einen euphorisch aufgemachten Prospekt zur Zeichnung von Aktien für eine neue Schi fahrtsgesellscha!. Das Prozedere zog sich in die Länge und das Zeichnungsziel wurde nur knapp erreicht. Das vom Chantier Chevalier in Lyon gelieferte Schi mit dem programmatischen Namen «Ville-de-Nyon» war relativ klein und vor allem wenig stabil. Trotz günstiger Tarife wurde es vom Publikum nicht geschätzt und die Geschä!e gingen schlecht, dies sowohl im ersten Betriebsjahr auf der schweizerischen Seite zwischen Genf und Nyon als auch in der Folgesaison am südlichen Ufer (welches damals noch zum sardisch-piemontesischen Herzogtum Savoyen gehörte). Im September 1856 war das Abenteuer schon zu Ende. Das Schi konnte an die «Ligne d’Italie», ein Eisenbahnvorhaben (siehe nachstehend), verkau! werden.
Société de Navigation à vapeur sur le lac Léman (Société des Rhône) (1855 – 1861/65)
Im Sommer 1855 entstand in Genf eine neue Aktiengesellscha! mit einem Kapital von vorerst Fr. 200 000, das nach kurzer Zeit auf Fr. 400 000 aufgestockt wurde. Hauptaktionär war die Bahnunternehmung «Compagnie du chemin de fer de l’Ouest». Ziel des Unternehmens war es, den erwarteten Güterverkehr der inzwischen bis Morges reichenden Eisenbahn auf dem ganzen See weiter zu befördern bzw. von den Uferorten nach Morges zu bringen, denn es bestand weitgehend Konsens darüber, dass sich die Bahn wohl noch länger nicht (oder überhaupt nie) dem See entlang ausbreiten würde … Von Escher Wyss & Cie wurden drei speziell für den Güterverkehr, aber auch für den Personentransport und als Schlepper verwendbare Schi e bescha t: die DS «Rhône» I, «Rhône No 2» und «Dranse». Dazu gesellten sich verschiedene Schleppkähne und auch vier klassische Segelbarken. Die Rechnung ging vorderhand auf, das Unternehmen und der Warenumschlag in Morges &orierten für kurze Zeit, doch im April 1858 erreichte die Bahn bereits Coppet und der Weiterbau nach Westen war beschlossene Sache.
Es begann nun eine kurze unübersichtliche Phase des Nebeneinanders zwischen diesem Unternehmen und der «Chemin de fer de l’Ouest», welche ja Hauptaktionär der Schi fahrtsgesellscha! war. Schliesslich einigte man sich laut Urkunde vom 15. Februar 1861 auf die Liquidation des Schi fahrtsunternehmens, und die drei Schi e sowie das übrige Betriebsmaterial gingen an die Eisenbahngesellscha! über. Die kleine Flotte wurde nun auf Rechnung der Bahn hauptsächlich im Personen-/Kabotage- und Lokalverkehr im mittleren Seeteil beschä!igt, eine wenig lukrative Angelegenheit. Die «Dranse» wurde zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt nach Thonon an die bisher inaktive «Société du Chablais» (siehe nachstehend) verkau! und die beiden «Rhône» waren nur mässig beschä!igt, weshalb sie ab Frühjahr 1864 an die «Société de l’Helvétie» auf fünf Jahre x vermietet wurden. Faktisch waren damit die Tage der «Ouest-Suisse» als Reeder gezählt. Nach Ablauf der Vermietungsperiode wurden die beiden «Rhône» 1869 für Fr. 60 000 an die «Société des bateaux à vapeur réunis» verkau!, also an die Betriebsgemeinscha! «Aigle»/«Léman».
Société du Chablais de Bateaux à vapeur sur le lac Léman (1855 – 1873)
Diese Gesellscha! wurde am 14. August 1855 in Thonon gegründet. Über die frühen Aktivitäten dieses Unternehmens ist wenig bekannt. Es gilt als sicher, ist aber bisher nicht urkundlich gesichert, dass um 1861/62 die kleine «Dranse» von der «Ouest-Suisse» dahin verkau! wurde. Bereits 1865 wurde das Dampferchen aber schon weiterverkau!, und zwar an einen Herrn Lugrin in Genf.
Erst 1866 bestellte das Unternehmen bei der Firma Chevalier in Lyon ein eigenes Schi , welches zu Beginn des Jahres 1867 in Genf von Stapel lief. Der Neubau war technisch und nautisch keine Glanznummer und über den kaufmännischen Erfolg der «Société du Chablais» und das Schi gleichen Namens ist wenig bekannt. Immerhin erschien DS «Chablais» während einiger Jahre im allgemeinen Fahrplan der verschiedenen Gesellscha!en. Nach der Fusion zur CGN kau!e diese das Schi , um einer allenfalls unangenehmen Konkurrenz aus dem Wege zu gehen. Wahrscheinlich löste sich daraufhin die savoyardische Gesellscha! auf.
Société anonyme libre du bateau à vapeur la Flèche (1866 – 1873)
Im Juni 1865 langte auf der Landseite des Hafens Morges von Yverdon her ein ganz ungewöhnlicher Konvoi an: die Teile des Dampfers «Flèche», welcher von Genfer Initianten von Estavayer-le-Lac her, konkret von der «Société fribourgeoise de Navigation», bescha t wurde – ein ursprünglich (1856) von Escher Wyss & Cie für die Schi fahrtsgesellscha! des Neuenburgersees gebauter Glattdecker. Über die neue «Société anonyme libre» ist wenig bekannt. Die Statuten dieser «freien» AG datieren vom 5. April 1866 und das Kapital soll Fr. 50 000 betragen haben.
Das Schi behielt mit Heimathafen Genf seinen angestammten Namen und bediente mit einem individuellen Fahrplan zunächst zwei Jahre lang die schweizerischen Ufergemeinden – ohne grossen Erfolg. Der anschliessende Wechsel in savoyarder Ge lde brachte keinen Umschwung und 1871 war das Schi beschä!igungslos stillgelegt. Eine nicht nähere bekannte Genfer Unternehmung erwarb es zu wahrscheinlich sehr günstigen Konditionen, bescha te einen neuen Kessel und tau!e den «Pfeil» auf «Ville de Genève» um. Einige wenige Fahrten unter neuer Eignerscha! ab Herbst 1872. Nach der Fusion erwarb die neu gegründete CGN das Schi für blosse Fr. 25 000, vorwiegend, um eine allfällige Konkurrenz im Keim zu ersticken.
Société des Mouches du Léman (1873 – 1878)
Früh im Fusionsjahr 1873 konstituierte sich in Genf eine neue Gesellscha!, die es sich zum Ziel setzte, im «Petit Lac» (und dort primär im unteren Teil) einen intensiven, systematisierten Lokalverkehr mit kleinen Schi en zu betreiben. Dazu wurden von Oriolle & Cie in Nantes/F zwei kleine Schraubendampfer und ein etwas grösseres Schi bescha t. Der Betrieb startete mit grossen Ho nungen im Mai 1874 mit acht Kurspaaren nach Hermance bzw. Versoix. Er schlug zwar unter dem Eindruck der Neuigkeit im Moment erfreulich ein, aber es zeigte sich bald, dass ausser an schönen Sommertagen mit diesen Verkehren kein Geld zu verdienen war. Schon bald bot die «Société des Mouches» ihre Flottille der CGN zum Kauf an; der Preis von Fr. 280 000 wurde aber als deutlich zu hoch eingestu! und es kam keine Transaktion zustande. Die «Mouches» verkehrten zum letzten Mal im Sommer 1878 und wurden alsdann in Genf aufgelegt.
Société veveysanne de navigation (1885 – 1886)
Die französische Eisenbahngesellscha! PLM (Paris-Lyon-Méditerranée) stiess 1881 bis nach Évian vor und war im Begri , die Linie bis nach St-Gingolph zu verlängern. In Vevey entstand um 1884 die Idee, die «Riviera» des oberen Genfersees systematisch mit kleineren Schi en mit dem im Bau begri enen Grenzbahnhof von St-Gingolph zu verbinden, und zwar sowohl im Bereich des Güterverkehrs als auch für Personen. Zu diesem Zweck gri en die Initianten nach der Firmengründung im Januar 1885 auf die in Genf liegenden «Mouches» zurück. Im März waren die drei Schi e in Vevey und wurden dort auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. Am 31. Mai nahm die «Mouche No 3» unter dem Namen «Ville de Vevey»
ihre Fahrten nach Évian auf – der Bahnbau nach Osten war noch nicht genügend fortgeschritten, er sollte erst im Juni 1886 vollendet sein.
So lange reichte der Schnauf der neuen Gesellscha! nicht und im Mai 1886 wurde nach herben Verlusten die Liquidation beschlossen. Die ehemaligen «Mouches» standen wieder zum Verkauf. Die CGN übernahm sie gegen Ende 1888, um damit eine eigene Güterverkehrssparte aufzuziehen.
Als Au&ockerung ein früher Fahrplan der CGN in der damals üblichen Optik. Musée du Léman
Société du bateau à vapeur
Le Guillaume Tell – Genève 1824
Entreprise du Winkelried Genève 1855
Compagnie du Léman (Le Remorqueur) – Genève 1825
Société du bateau à vapeur
Le Léman – Lausanne à 1824
Société du bateau à vapeur
L’Helvétie – Genève 1839
Société de bateaux à vapeur sur le Lac Léman – Genève 1853
Société du Chablais de bateaux à vapeur sur le Lac Léman –Thonon 1855
Société de navigation à vapeur sur le Lac Léman – Genève 1855
Société du bateau à vapeur
La Flèche – Genève 1866
Société des Mouches du Léman – Genève 1873
Société Veveysanne de navigation – Vevey 1885
Société Genevoise des bateaux à vapeur réunis (fusion) – Genève 1836
Liquidation (1827)
Vereinbarung 1840
Liquidation (1856)
Société de l’Helvétie Genève 1859
Material übernommen von der Compagnie des chemins de fer de la Ligne d’Italie
Liquidation (1873)
Liquidation (1861)
Schi spark übernommen von der Compagnie de l’Ouest des chemins de fer suisses
Liquidation (1873)
Liquidation (1878)
Material übernommen durch die Société Veveysanne de navigation 1885
Liquidation (1886)
Société Anonyme du bateau à vapeur l ’Aigle Genève 1851
L’Aigle, Société Anonyme de bateaux à vapeur Genève 1871
COMPAGNIE GÉNÉRALE
Betriebsgemeinscha! 1847
(Société des bateaux à vapeur réunis sur le Lac Léman)
DE NAVIGATION SUR LE LAC LÉMAN (CGN)
Lausanne 1873
Compagnie du bateau à vapeur
L’Helvétie, Lausanne 1862
FUSION DER DREI GESELLSCHAFTEN
Material gemietet 1875, übernommen 1879
Schi 1873 gekau!
In der Fusion inbegri en
Schi 1873 gekau!
Material 1888 gekau!
Darstellung in Anlehnung an J. Christinat (Quellenverzeichnis)
Ein weiteres Plakat der CGN mit dem Fahrplan 1891 Musée du Léman
Die Fusion von 1873
O enbar war um 1872 die Zeit für einen echten Zusammenschluss der verschiedenen Akteure einfach reif – eine vielleicht etwas simple und sehr pauschale Behauptung, die aber auch dadurch gestützt werden kann, dass gleichzeitig wie die Bemühungen am Genfersee auch die gleichartigen Absichten am Vierwaldstättersee zum Abschluss kamen. Das Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 und die damit verbundene politische Stabilisierung mögen als gesellscha!spolitische und wirtscha!liche Hintergründe mit dazu beigetragen haben.
Vor diesen Megatrends war die örtliche Situation so komplex und vielschichtig geworden, dass nur ein mutiger Schnitt aus der systembedingten bisherigen Ine zienz weiterhelfen konnte: Die drei konstituierenden Grundgesellscha!en «Aigle», «Léman» und «Helvétie» hatten ja jeweils nicht nur ihren eigenen inneren Kern, die unbelastet eigenen Schi e möglichst vorteilha! zu betreiben, sondern auch die diversen Gemeinscha!sbesitze innerhalb der Betriebsgemeinscha!. Die Geschä!sführung dieses Konglomerates musste zudem in einem dreijährigen Zyklus Jahr für Jahr von einer Kerngesellscha! zur anderen wechseln …
Im Oktober 1872 trafen sich die vereinigten Verwaltungsräte der drei Kerngesellscha!en auf Initiative des Ausschusses der «Helvétie»-Gesellscha!, welcher geradehinaus die Fusion des ganzen gewachsenen Konstruktes zu einer neuen Aktiengesellscha! empfahl. Der Vorstoss el bei den beiden anderen Gesellscha!en auf guten Boden – und es begann die Detailarbeit. Wichtig ist dabei festzuhalten, dass es allen drei involvierten Gesellscha!en wirtscha!lich gut ging. Von einem monetären Zwang zur Fusion kann also nicht gesprochen werden; es bestand vielmehr die Chance, durch E zienzgewinne noch deutlich positiver abzuschliessen.
Die vier Gemeinscha!sdampfer wurden auf total Fr. 420 000 eingeschätzt, also je Fr. 140 000 pro teilnehmendes Unternehmen, unabhängig vom Einzelwert der fraglichen Schi e. Es steht vom Ablauf her aber ausser Frage, dass das Gemeinscha!svermögen zum grössten Teil durch den noch neuen Dampfer «Winkelried» II determiniert war. Diese je Fr. 140 000 wurden zum Inventarwert der je eigenen Schi e addiert. Dies gab im Ende ekt zusammen mit den arithmetisch notwendigen Aufzahlungen der Unternehmungen «Aigle» und «Léman» ein Apport-Total von Fr. 1 266 000. Der Löwenanteil stammte mit Fr. 675 000 von der Gesellscha! der «Helvétie». Nachdem die Generalversammlungen der konstituierenden Gesellscha!en die Fusion in den ersten Januartagen 1873 einzeln gutgeheissen hatten, trat der eigentliche Fusionsvertrag vom 14. und 16. Dezember 1872 praktisch in Kra!. Die Statuten der neuen Gesellscha! wurden am 16. Januar 1873 genehmigt und am 4. Februar durch den Staatsrat des Kantons Waadt rati ziert.
Die Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman war entstanden !
Kurzabriss der Unternehmensgeschichte der CGN bis zum heutigen Tag (2025)
Über Startschwierigkeiten und Nachwehen ist nichts bekannt – das junge Unternehmen segelte von Anfang an unter einem guten Stern. Hauptbestreben war es, das Monopol der Personenbeförderung auf dem See zu festigen und auszubauen. Dazu wurde eine Dreifachstrategie beschlossen. Erstens sollten alle an der Fusion nicht beteiligten Dampfschiffe möglichst bald aufgekau! und in die eigene Flottille eingegliedert oder verschrottet werden, um jegliche Möglichkeit einer wie auch immer gearteten Konkurrenz aus dem Weg zu scha en. Zweitens wollte man mit einer Modernisierung der bestehenden Flotte und mit neu gebauten mittelgrossen Schi en am Bevölkerungswachstum und dem doch etwas gestiegenen Mobilitätsbedürfnis der Einwohner des «Arc lémanique» teilhaben. Drittens wurde erkannt, dass sich nun mehr und mehr so etwas wie ein «Ferntourismus» auch in der Genfersee-Region etabliert hatte; diesen neuen Markt wollte man mit schnellen Direktkursen mit einem möglichst grossen Schi erobern. Das erste sogenannte Salonschi des Sees, die überaus stattliche «Mont Blanc» II war der entsprechende Paukenschlag. Die weitere Entwicklung war positiv, die Verhältnisse waren stabil. Es folgte mit der «France» ein zweiter Salondampfer. Die Anzahl der angefahrenen Stationen stieg von 29 im Fusionsjahr auf 39 per 1890.
Der tragische Unfall vom 9. Juli 1892 (Explosion des Dampfsammlers der «Mont Blanc» aufgrund von Unterhaltsmängeln) hatte zwar beträchtliche personelle und technische Folgen,
doch in der grossen Linie kam die CGN dadurch nicht ins Schlingern. Der in der Folge dieses Ereignisses neu eingestellte technische Direktor des Unternehmens, Maurice Cornaz, bekam die technische Sanierung der Flotte sehr rasch in den Gri und der tüchtige Mann sollte sich in der Folge bis zu seinem Hinschied in den zwanziger Jahren als unersetzlicher Denker und Macher erweisen. Diese Fügung kam zur genau richtigen Zeit: Die sog. Belle Époque mit ihrer überschäumenden Entwicklung gerade auch im Tourismus stand unmittelbar bevor.
Zwischen 1896 und 1914 stellte die CGN in diesem Zeitgeist nicht weniger als neun prächtige und überaus leistungsfähige Salondampfer in Dienst, alle aus dem Hause Gebr. Sulzer in Winterthur. Alle neun in technischer, nautischer und ästhetischer Hinsicht praktisch «aus einem Guss». Dies als Resultat der hervorragenden Zusammenarbeit von Cornaz mit dem Hause Sulzer. Dort wirkten unter dem für die Schi fahrt zuständigen Teilhaber Jakob Sulzer-Imhoof der Schi bauingenieur Gunnar Hammershaimb und der Leiter der Dampfmaschinenabteilung, Friedrich Schübeler, äusserst fruchtbar zusammen. Das Resultat war eine hoch leistungsfähige, homogene und ästhetisch unübertro ene Flotte.
In diese beispielha!e Entwicklung hinein (ein weiterer Dampfer der 70-m-Klasse war eben bestellt worden) krachten nun die Schüsse von Sarajevo. Ab diesem Zeitpunkt gab es für die CGN (wie für sämtliche schweizerischen Schi fahrtsunternehmungen) über Jahrzehnte hinweg praktisch nur noch Sorgen. Der Betrieb musste während des Ersten Weltkrieges Schritt um Schritt massiv eingeschränkt werden, um 1918 noch ein klägliches Minimum zu erreichen. 1915 fuhr die CGN das erste Betriebsde zit seit ihrer Gründung ein: 293 000 Franken, ein damals riesiger Betrag. Zur Sicherung der Liquidität mussten 1917/18 fünf Schi e, darunter der legendäre «Winkelried» II und die beinahe mystische «Helvetie» I auf dem Altar der Schrotthändler geopfert werden.
Die ersten Nachkriegsjahre waren schwierig, aber schon die ersten vagen Vorzeichen einer doch etwas verbesserten Konjunktur wurden optimistisch gedeutet – und so wurde das 1914 noch georderte grosse Schi («Simplon» III) auf die Saison 1920 hin fertiggestellt. Im Vorjahr war es dank der schi fahrtsfreundlichen Bevölkerung gelungen, das Kapital der Firma ohne grosse Schwierigkeiten auf 5 Mio. Franken zu erhöhen. Der Optimismus behielt vorderhand recht und 1924 wurde bei Sulzer ein Schwesterschi des neu in Betrieb genommenen «Simplon» III bestellt. Ziel war es, die beliebte «Tour du Haut-Lac» und die Direktkurse ab Genf und Bouveret mit je einem Schi der obersten Kategorie zu bestücken. Die hoch erfreulichen Resultate aus den Jahren der Belle Époque wurden zwar nicht mehr erreicht, aber die «goldenen Zwanziger» ermöglichten doch Abschlüsse, die meistens etwas über der «schwarzen Null» lagen, was es auch erlaubte, für den 1925 ausgebrannten «Bonivard» wieder ein Schi der Klasse «Valais»/«Savoie», nämlich die «Rhone» III, zu bescha en.
Der Börsenkrach von 1929 beendigte das Zwischenhoch der zwanziger Jahre de nitiv und 1930 wurde der für sehr lange Zeit letzte positive Rechnungsabschluss geschrieben. Sparen war nun angesagt, rationalisieren, abspecken. Als Erstes wurde der Fahrplan etwas ausgedünnt und die Zuteilung der Schi e zu bestimmten Diensten wurde nicht mehr vorwiegend nach Prestige, sondern eben auch nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip beurteilt. Die per
1933 neu formulierte Konzession erlaubte es nun auch, den hoch de zitären Winterverkehr stark einzuschränken. Aber auch die Schi stechnik lieferte ihren Anteil zur Reduktion der Betriebskosten: Das im Quervergleich am wenigsten erfolgreiche Dampfschi «Genève» wurde, im Hintergrund durch die Firma BBC in Baden gefördert, auf dieselelektrischen Antrieb umgebaut – ein unerhörter Primeur. Die Aktion erbrachte zwar die erhoten Resultate – an eine unmittelbare Fortsetzung konnte aber wegen fehlender Mittel nicht gedacht werden. Direktor Meystre entwarf hingegen ein Schrauben-Motorschi für etwa
300 Personen Tragfähigkeit, aber auch dieses Projekt scheiterte an den Finanzen. Die Bundesbeschlüsse über die Privatbahnhilfe von 1933 und 1937 verscha ten durch privilegierte Darlehen zwar etwas Lu!, aber der Grundtenor blieb angespannt.
Der Kriegsausbruch 1939 wirkte, wen wundert’s, katastrophal und am 16. Januar 1940 musste der Betrieb eingestellt werden, weil das Personal nicht mehr entlöhnt werden konnte! Ein penibel dosierter Kredit der ö entlichen Hand ermöglichte es, ab Ostern wieder zu fahren. Erstaunlicherweise wurde bis hin zur Wintersaison ein Betriebsüberschuss von Fr. 49 000 realisiert, dies dank einer unerwartet starken Zunahme der Frequenzen als Resultat der Benzinrationierung. Man nahm an Stelle des Automobils wieder das Schi !
Dies galt aber nur für den Längsverkehr, die Grenze nach Frankreich war geschlossen. Weil wegen der Treibsto rationierung die «Genève» nur ganz punktuell eingesetzt werden durfte, ergaben sich durch das umgebaute Schi kaum Einsparungen. Das Gleiche galt ab 1942 für das Motorschi «Léman» IV. Die spezi sch betriebsteuersten Dampfer «La Suisse», «Général Dufour», «Rhône» und «Major Davel» wurden werterhaltend eingemottet und verkehrten nicht. Auf Grund eines im Februar 1943 eingereichten Gesuches im Sinne der Privatbahnhilfe konnte die CGN in der unmittelbaren Nachkriegszeit dank einer Subvention von 1,2 Mio. Franken mit der Zielsetzung «technische Adaptationen» saniert werden. Entgegen den sehr schwierigen Zeiten nach 1918 normalisierte sich die Situation nach 1945 rasch und nachhaltig: Die sog. Nachkriegskonjunktur machte sich sehr schnell bemerkbar, unterstützt durch wunderbares Sommerwetter im Jahr 1947 (und wieder 1949) und stark anziehende internationale Tourismus. Direktor Meystre beabsichtigte, Schritt um Schritt die mittelgrossen Dampfer auf dieselelektrischen Antrieb umzubauen, beginnend mit der «Lausanne»; die «drei Grossen» waren von diesem Programm ausgenommen. Die «Lausanne» war ein Erfolg und es folgten nun die «Vevey», die «Italie» und die «Montreux», bis nach einem Direktionswechsel ein neuer Weg eingeschlagen wurde, und zwar nach dem ziemlich deutlichen Motto «kein Geld in ein altes Schi investieren, welches auch nach der besten Verdieselung ein alter Schlitten bleibt». Die nötigen Finanzhilfen dafür wurden durch das neue Eisenbahngesetz ermöglicht.
Nicht zuletzt auch im Hinblick auf die für das Jahr 1964 programmierte Landesausstellung (Expo 64) und die vorgesehene neue Ufergestaltung in Ouchy erhielt die CGN mit Rechtstitel vom 3. Dezember 1960 einen Zuschuss von 8 Mio. Franken. Dieser war zum grösseren Teil für den Bau einer total neuen Wer! und eines Wer!hafens vorgesehen, er reichte aber auch für den Erwerb von zwei kleinen, eleganten Motorschi en («Col-Vert» und «Grèbe») und von zwei gut mittelgrossen modernen Motorschi en («Henry-Dunant» und «GénéralGuisan»). Erstmals echte Neubauten seit 1927!
Die Expo 64 wurde ein Erfolg – auch für die Schi fahrt, dies einerseits ganz generell, anderseits aber auch durch den Einsatz des Trag&ügelbootes «Albatros», welches eine grosse Strahlkra! ausübte. Dank mehreren sehr schönen Sommern war die Geschä!slage auch sonst insgesamt stabil.
Nachdem im Winter 1958/59 der grosse Dampfer «Simplon» erfolgreich von Kohle- auf Schwerölfeuerung umgebaut werden konnte, folgten in kurzen Abständen auch die weiteren Dampfer mit Ausnahme der Gruppe «Général Dufour», «Valais» und «Savoie», deren Zukun! unsicher war, da rein numerisch mindestens zwei davon durch die erwähnten Motorschi e nun ersetzt waren und die «Montreux» als letzter dieselelektrischer Umbau wieder in Fahrt gekommen war. In der Folge wurde zuerst der beliebte Dampfer «Valais» ausrangiert, als Stations- und Restaurantschi umgebaut und in Genf Jardin Anglais stationiert. Auch der nach dem Krieg erst 1954 reaktivierte «Général Dufour» musste nach der Landesausstellung daran glauben. Einzig die «Savoie» wartete noch auf ihr Schicksal. Bei diesem Schi ereignete sich nach diversen Studien nun ein richtungsweisender Paradigmenwechsel, welcher weit über den Genfersee hinaus strahlte und indirekt zu den verschiedenen Dampfer-Rettungsaktionen auf anderen Seen beitrug: Das Schi sollte seinen bewährten Dampfantrieb beibehalten, aber mit einer vollkommen neuen Kesselanlage ausgerüstet werden und darüber hinaus noch diverseste Modernisierungen erfahren –dies zu deutlich geringeren Kosten als jene für eine Verdieselung. So kam es, dass die «Savoie» überlebte. Im Sommer 1967 fuhr somit erstmals ein gesamterneuertes Dampfschi auf einem Schweizer See. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend waren vom Steuerhaus über die Interieurs und viele Details hinweg Modernisierungen entstanden, die später glücklicherweise rückgebaut wurden. Eine Pionierleistung, ja ein Fanal, war die Generalrenovation der «Savoie» aber allemal.
In der Folge segelte die CGN längere Zeit in eher ruhigen Gewässern und sie konnte mit den mittelgrossen Neubauten MS «Chablais» und MS «Ville-de-Genève» den Betrieb optimieren. Auf die 700-Jahr-Feier der Eidgenossenscha! hin entstand (mit diskretem Anschub aus der Kulisse in der Person von Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz, einem überzeugten Schi sliebhaber) das vergleichsweise riesige MS «Lausanne», welches sich aber für den Kursverkehr nur bedingt eignete und zeitweise ein wenig als «weisser Elefant» apostrophiert wurde.
Inzwischen hatte sich aber eine Entwicklung ergeben, die in ihrem Ausmass nicht erahnt werden konnte und die auch heute noch andauert: der Grenzverkehr mit Frankreich und dies vor allem für Berufspendler. Konnte dieser noch einige Zeit mit der Verstärkung der ordentlichen Kursschi fahrt abgedeckt werden, geriet dieses «normale» Angebot aber bald einmal an seine Grenzen. Deshalb wurde 1990 mit dem Traditionsnamen «Léman» V ein spezi sch für den Pendler-Querverkehr gebautes Schi in Betrieb genommen, das sich bis heute bewährt … dessen Kapazität aber inzwischen nicht mehr genügt. Wir werden gegen Schluss dieses geschichtlichen Abrisses nochmals auf das Phänomen des schier überbordenden Grenzgängerverkehrs zurückkommen.
Gegen die Jahrtausendwende hin begann sich – siehe das Kapitel ABVL – der andernorts schon gefestigte Gedanke der «Dampferrettung» auch am Genfersee in den Köpfen festzusetzen, denn die noch vorhandenen Dampfschi e zeigten Alterserscheinungen und strotzten vor allem in ihrer Architektur und bei den Interieurs vor zahlreichen seinerzeit gut gemeinten Sünden. Der damalige Verwaltungsratspräsident der CGN, Edgar Styger, hatte in diesem Zeitgeist die Vision, die vorhandenen dieselelektrischen Radschi e – immerhin vier Exemplare – auf Dampfantrieb zurückbauen zu lassen und ihrem Ursprungszustand während der Belle Époque wieder anzunähern. Als Versuch und Nummer 1 dieser Aktion wurde MS «Montreux» ausgewählt. Versehen mit einer von der DLM in Winterthur konzipierten und gebauten Dampfmaschine mit Fernbedienung von der Brücke aus, entstand in den Jahren 1998 bis 2001 das Neo-Dampfschi «Montreux», das ästhetisch tatsächlich ein positiver Schritt zurück war und ist, dessen Renovation aber sämtliche Kostenvorstellungen gesprengt hatte, worauf das Revaporisierungsprogramm für die anderen dieselelektrischen Einheiten abgeblasen wurde. Technisch hat sich die neue Dampfmaschine trotz zahlreichen Adaptionen (vor allem am Überhitzer) nie ganz bewährt. Der «Fall Montreux» mit allen seinen speziellen Aspekten hat die Sensibilität für die noch vorhandenen «echten» Dampfer weiter erhöht.
In diesem Zeitraum wurde die ABVL gegründet, die, wie wir noch zeigen werden, zur Schlüsselinstitution im nun folgenden Prozess der Generalrenovationen aller Radschi e auf dem See werden sollte. Dank seinem erfolgreichen Fundraising und dank seiner charismatischen Führung konnte sich dieser Verein auch das Vertrauen der Gemeinwesen um den See und vor allem auch der haupt nanzierenden Kantone erwerben – eine sehr erfreuliche Win-win-Situation. So wurde es durch wechselseitige Finanzierung und unter dem Dach der Restrukturierung des Unternehmens im Jahre 2012 innert kurzer Zeit möglich, folgende Schi e einer grundlegenden technischen und architektonischen Generalrenovation zu unterziehen: DS «Savoie» (2004 – 2006), DS «La Suisse» (2007 – 2009), MS «Vevey» (2012 – 2013), MS «Italie» (2015 – 2016) und DS «Rhône» (2019 – 2021). DS «Simplon» erhielt 2003/04 eine von der ABVL nanzierte Zwischenrevision und in der Folge noch weitere Optimierungen.
Um 2008 setzte die Entwicklung der Treibsto preise die CGN unter sehr starken Druck, sodass bei den die De zite deckenden Kantonen der Gedanke aufkam, die Gesellscha! durch eine grundlegende Strukturveränderung in die Mehrheit der Kantone zu überführen. Die durch intensive Beratungen und Verhandlungen getro ene Lösung bestand darin, dass – vereinfacht ausgedrückt – eine mehrheitlich (rund 57 %) den drei Uferkantonen gehörende Holding-Gesellscha! gegründet wurde, welche zwei Tochterunternehmungen besitzt: die «CGN SA» und die «CGN Belle Époque SA». Die ABVL besitzt mit einem Aktienanteil (gehalten von ihrer Sti!ung Pro Vapore) von rund 23 % einen gewichtigen Minderheitsanteil am Kapital dieser Holding-Muttergesellscha!. Die nachfolgenden Kurzbeschreibungen dieser drei Institutionen folgen dem Wortlaut der Eigendarstellung.
Die Gruppe CGN SA besteht aus den Tochtergesellscha!en «CGN SA» und «CGN Belle Époque SA». Ihre Aktionäre (etwa 10 000) stammen aus privaten und ö entlichen Bereichen. Die ö entlichen Aktionäre (Kantone und Gemeinden am Genfersee) haben einen massgeblichen Ein&uss auf die wirtscha!liche Tätigkeit der Gesellscha!, da sie mit 57,3 % der Aktien Mehrheitsgesellscha!er sind. Die Kantone Waadt, Genf und Wallis tragen hauptsächlich zu den für die Erneuerung der Flotte notwendigen Investitionen bei. Die nicht gewinnbringenden Leistungen der Gesellscha! sind jährlich Gegenstand von Verhandlungen mit den drei Kantonen und Frankreich.
Die CGN SA
Die Ziele des Unternehmens bestehen darin:
• jedwede Aktivität auszubauen und zu verwalten, die direkt oder indirekt mit dem Betrieb einer Schi s&otte auf dem Genfersee verbunden ist;
• ein ö entliches Verkehrsmittel auf dem Genfersee zu betreiben, insbesondere in jenen Gebieten, in denen die Binnenschi fahrt, von einem ganzheitlichen Blickwinkel aus betrachtet, schneller oder sogar wirtscha!licher ist als andere Verkehrsmittel;
• die Flotte, einschliesslich der Belle-Époque-Raddampfer, die Eigentum der «CGN Belle Époque SA» sind, seetüchtig zu halten und gemäss dem/den mit dieser Gesellscha! geschlossenen Vertrag/Verträgen zu betreiben.
Das Unternehmen kann:
• jeder nanz-, wirtscha!s- oder industriebezogenen Tätigkeit bzw. Tätigkeit in Zusammenhang mit Grundstücken und Immobilien nachgehen, die direkt oder indirekt in Verbindung mit ihren Zielen steht;
• Niederlassungen oder Tochterunternehmen in der Schweiz und in Frankreich gründen.
CGN Belle Époque SA
Die Ziele des Unternehmens:
Das primäre Ziel des Unternehmens besteht darin, seine acht historischen Belle-ÉpoqueRadschi e («Montreux», «Vevey», «Italie», «La Suisse», «Savoie», «Simplon», «Helvétie» und «Rhône») in einem Zustand zu erhalten und zu restaurieren, der ihrem Originalzustand so nahe wie möglich kommt und der mit ihrer Nutzung in Einklang steht, sowie mit ihnen den Fahrbetrieb auf dem Genfersee durchzuführen, indem sie die «CGN SA» mit deren Betrieb beau!ragt. Es bewahrt auch ein historisches Erbe, das gemäss der Entscheidung des Infrastrukturdepartements des Kantons Waadt vom 9. Juni 2011 als solches ausgezeichnet und unter Denkmalschutz gestellt wurde und zur nachhaltigen touristischen Entwicklung der Genfersee-Region beiträgt.
Das Unternehmen übt keine nanzielle, wirtscha!liche, industrielle oder immobilienbezogene Tätigkeit unabhängig oder in Konkurrenz zur «CGN SA» und der «Gruppe CGN SA» aus. Es ist befugt, im Hinblick auf die Verwirklichung seines Ziels Gelder zu sammeln.
Es ist kein gewinnorientiertes Unternehmen.
Diese fundamentale Restrukturierung hat sich grundsätzlich bewährt und ist seit ihrer Realisierung (Statuteneintrag) per 16. Mai 2012 unverändert geblieben. Die Zusammenarbeit der Gesellscha! mit der ABVL ist weiterhin eng und gut.
Auf der operativen Ebene sind allerdings in diesen zwölf Jahren entscheidende Entwicklungen und Ereignisse eingetreten. So sind die weiter oben vermerkten Generalrenovationen von historischen Schi en teilweise erst durch die neuen Strukturen ermöglicht worden. Gleichzeitig hat sich der Querverkehr über den See weiter stark entwickelt und die Gesellscha! betrieblich stark herausgefordert. Dies hat zur Planung und schliesslich zum Bau und Betrieb von zwei grossen, modernen und leistungsfähigen Fährschi en (Projektname «Naviexpress») geführt. Der Bau und die Inbetriebnahme erwiesen sich als weit komplexer als angenommen, weshalb sich die Übernahme der «Évian-les-Bains» und der «Thonon-les-Bains» in die Länge zog.
Die ABVL
Die «Association des amis des bateaux à vapeur du Léman» (ABVL) (Dampferfreunde Genfersee) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Lausanne und dem statutarischen Ziel, durch Spendenaufrufe und Goodwillaktionen zur Erhaltung und dem fahrplanmässigen Einsatz der acht Belle-Époque-Schaufelradschi e der Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman (CGN) beizutragen. Die ABVL wurde im Juni 2002 durch eine Gruppe von begeisterten Dampferfreunden gegründet, die besorgt waren, weil die historische Flotte wegen nanzieller Schwierigkeiten der CGN zunehmend in Gefahr stand. Heute zählt der Verein ca. 4000 aktive Mitglieder und 20 000 Gönner. Der Verein ist im Handelsregister des Kantons Waadt eingetragen. Er arbeitet bei Gesamtrenovationen eng mit der APL zusammen.
Dank der grossen Anstrengungen des Vereins unter der souveränen und charismatischen Führung von Maurice Decoppet (bis zur GV 2024) und seinem Vizepräsidenten Yves de Siebenthal wurden seither sieben der acht Schaufelradschi e vollständig oder teilweise renoviert. Bis zum heutigen Tag hat die ABVL total mehr als 40 Mio. Franken der CGN zur Verfügung gestellt. Das entspricht ca. 35 % der Gesamtausgaben für die Erhaltung der acht historischen Schi e. Um die Ebenen Fundraising, Marketing, Events und Mitgliederwesen einerseits und Vermögensverwaltung anderseits bestmöglich zu trennen, wurde letzterer Bereich ausgegliedert und in die Sti!ung «Pro Vapore» mit Sitz in Genf überführt. Damit wurde eine saubere interne «Gewaltentrennung» realisiert und zudem der Kanton Genf mit dem Sitz einer wichtigen Sti!ung besser ins ABVL-Gefüge eingebettet.
Fünf wichtige Vorbemerkungen zu den Schi slebensläufen
Zum Bild- und Datenmaterial und zu den Quellvermerken
Die Auswahlkriterien für die Bebilderung auch dieses Bandes sind gleich wie in den früheren Publikationen des Autors geblieben. Generell hat der Aussagewert eines Bilddokuments eine etwas höhere Priorität als seine technische oder kompositorische Qualität. Es sind deshalb durchaus Bilder ausgewählt worden, welche ästhetischen oder formalen Kriterien nicht genügen, aber eine Situation oder einen Zustand zeigen, der anderweitig nicht besser belegt werden kann. Zudem wurde versucht, auf bereits publizierte Bilder zu verzichten, was vereinzelt zu einem vielleicht nicht ganz ebenbürtigen Ersatz führte. Eine gewisse Ambivalenz herrscht bei Fotogra en aus der Zeit des Übergangs zur Farbfotogra e. Hat eine perfekte Schwarz-Weiss-Aufnahme Priorität vor einer faden Farbfotogra e oder umgekehrt? Formal nicht genügende Farbbilder wurden dann vorgezogen, wenn das betro ene Schi relativ früh ausgeschieden war und somit keine späteren und besseren Farbaufnahmen verfügbar waren. Insgesamt ist die Bebilderung möglichst der ganzen Lebensgeschichte der Schi e höher gewichtet als die Dokumentation des letzten oder des gegenwärtigen Zustandes, da ja die digitale Fotogra e und die modernen Medien zu einem massiven Breitenwachstum der Bestände geführt haben. Die Quellvermerke wurden nach bestem Wissen und Gewissen notiert. Sollte sich jemand in seinen/ihren Rechten verletzt fühlen, ist diese Person/Institution gebeten, mit dem Autor Kontakt aufzunehmen. Da die meisten Bilder über einen sehr langen Zeitraum hinweg gesammelt wurden, ist immer der Name des Bildeigentümers bei Akzession genannt und nicht die allenfalls heutige, geänderte Bezeichnung, dies gilt vor allem für Institutionen.
Zu den Plänen und den technischen Daten
Die Datenraster sind nach einem einheitlichen Schema aufgebaut. Zu längst nicht allen Schiffen sind aber die Werte vollständig oder sogar widersprüchlich – vor allem wenn es sich um historische Einheiten handelt. Aus Gründen der Konsequenz und Vergleichbarkeit bleibt aber der Raster immer gleich und fehlende oder unklare Daten werden o en gelassen oder mit einem Fragezeichen ersetzt. Die Daten aller heute verkehrenden Schi e sind von den technischen Diensten der CGN sorgfältig zusammengestellt worden und dürfen somit als «o ziell» betrachtet werden. Dies ist umso wichtiger, als in verschiedensten Verlautbarungen und Publikationen in der Vergangenheit immer etwa wieder widersprüchliche Angaben gemacht worden sind. Gewisse Daten sind a priori keine festen Werte, sondern aufgrund von Gegebenheiten variabel. So der Brennsto verbrauch: Dieser hängt stark vom jeweiligen Einsatz eines Schi es ab und ist somit in den meisten Beobachtungsperioden unterschiedlich. Für diese Publikation wurde das Mittel der Jahre 2021 bis 2023 errechnet. Auch das Schi sgewicht (Déplacement)
eines Schi es variiert mit jeder Veränderung an diesem. Festgehalten in den Tabellen ist der Stand im Jahre 2024. Die Leertiefgänge der Schi e werden in diesem Sinne von der CGN gar nicht mehr exakt ermittelt und fehlen deshalb bei den aktuell vorhandenen Schi en. Sogar die Tragfähigkeit eines Schi es ist gerade auf dem Genfersee seit dem Inkra!treten von stark verschär!en Vorschri!en (insb. aus Frankreich) nie für sehr lange Zeit festgeschrieben, sie hängt ganz wesentlich von der Kapazität und den Platzierungsmöglichkeiten für die Rettungsmittel ab. Im Jahre 2020 wurde die Tragfähigkeit der meisten Schi e zudem im Rahmen eines spezischen Audits aus Stabilitäts- und Komfortgründen deutlich nach unten angepasst. Bei den Plänen ist die Ausgangslage ebenfalls vielschichtig. Für die meisten Schi e des 19. Jahrhunderts sind keine Baupläne mehr greifbar. Wenn doch und einigermassen reproduzierbar, sind sie auch publiziert. In allen anderen Fällen wurde auf möglichst sorgfältige Rekonstruktionen zurückgegri en. Für die Dampfschi e der «klassischen» Epoche sind Baupläne der Firma Gebr. Sulzer für den Originalzustand weitgehend, aber nicht lückenlos vorhanden – oder teils auch schlecht reproduzierbar. Für die Zwischenzustände der Radschi e, bspw. bei Umbauten in dieselelektrischen Antrieb, gibt es Pläne unterschiedlicher Qualität. Für die noch in Betrieb stehenden Schi e, ob historischer Bauart oder ultramodern, erschien die durchgehende und einheitliche Verwendung der o ziellen Sicherheitspläne als zielführend.
Zu den Leistungsdaten der aktuell vorhandenen Raddampfschi e
Der Leser mag verwundert feststellen, dass die Probefahrtgeschwindigkeit bei allen Einheiten mit 25 km/h festgehalten ist. Tatsächlich werden seit einiger Zeit die Dampfer bei ihren Probefahrten vor der Fahrsaison nur bis zu dieser Limite (welche dem obersten Bereich der Fahrplangeschwindigkeit entspricht) ausgefahren. Dies einerseits aus Nachhaltigkeitsgründen, aber bewusst auch zur Schonung der Anlagen. Nach grossen Umbauten oder nach grossen Maschinenrevisionen werden die Dampfmaschinen aber jeweils indiziert, d.h. es wird die e ektive Zylinderleistung bei einer vertretbaren höheren Umdrehungszahl gemessen. Es zeigt sich dabei, dass alle Maschinen unter Berücksichtigung der seit dem Originalzustand meist etwa rund 10 % höheren Schi sgewichte durchaus noch ihre Ursprungsleistung abrufen können.
Zu den Begri en bei den Entwicklungsschritten der Dampfmaschinen
Bis 1892, dem Zeitpunkt der systematischen Einführung von sogenannten Receivern zwischen den Hochdruck- und Niederdruck-Zylindern, o! als Mantel um den ND-Zylinder ausgeführt, wird vorliegend der Ausdruck Zweifachexpansionsmaschine verwendet, ab 1892 Verbundoder Compoundmaschine. Die Abgrenzung ist bei den Herstellern nicht ganz konsequent.
Zum Vokabular der Erneuerungen
Am Genfersee wird bei durchgreifenden Sanierungen meist von «Generalrenovation» gesprochen, nur bei Maschinen von «Generalrevisionen». Das Bundesamt für Kultur braucht seinerseits den Begri «Restaurierung». Die Besatzungsstärken beruhen auf amtlichen Festlegungen, vermerkt im Schi sausweis.
DIE SCHIFFE
Nr. 1: Raddampfschi «Guillaume Tell» I
Bau rma des Schi skörpers Mauriac, Bordeaux
Länge über Perpendikel 22,73 m (70’)
Länge über Deck 25,00 m (ca.)
Breite im Hauptspant 4,55 m (14’)
Breite über alles 8,00 m (ca.)
Seitenhöhe 2,30 m (ca.)
Mittlerer Tiefgang, leer 0,90 m (ca.)
Mittlerer Tiefgang, beladen ?
Anzahl Schotten ?
Hersteller der Maschine Liverpool; ev. Fawcett, Preston & Co.
Maschinenbauart Stehende 1-Zylinder-Niederdruckanlage mit Zahnradgetriebe
1822 Der mit Robert Fulton, dem «Er nder» des Raddampfschi es, befreundete amerikanische Konsul in Frankreich, Mr. Edward Church, besucht den Genfersee und ist sehr erstaunt, dass wohl «durch einen bizarren und fast undenkbaren Zufall auf diesem wunderschönen See noch kein einziges Dampfschi verkehrt». Church ersucht die Kantone Genf und Waadt sogleich um Konzessionen und bestellt als absoluter Alleinunternehmer bei Mauriac in Bordeaux die hölzerne Schi sschale und in Liverpool die Maschine und den Kessel; als plausible Lieferantin kommt die damals dort führende Firma Fawcett, Preston & Co. in Frage.
1823 Am Mittwoch, dem 28. Mai läu! das erste maschinengetriebene Schi der Schweiz im Quartier Eaux-Vives von Stapel. Die Kosten belaufen sich auf 106 000 Francs Français, dem kantonalen Vorgänger des Schweizerfrankens. Begleitet von unbeschreiblichem, bis weit in die Deutschschweiz hinein schallendem Jubel in Form von Artikeln in den Wochenblättern und gar Gedichten, unternimmt es am Mittwoch, den 18. Juni seine Jungfernfahrt. Church fährt im Rest des Jahres dank einer überbordenden Nachfrage auf der Strecke nach Ouchy über das Schweizer Ufer einen Gewinn von 52 000 FF ein, beinahe die Häl!e seiner Investition! Der Tarif orientiert sich an jenem der Postkutsche, der Zeitgewinn ist aber deutlich. Die Namen der wichtigsten Besatzungsmitglieder sind dokumentiert, nämlich ein Mr. Errington als Kapitän, Monsieur Poncet als Kassier (comptable) und Herr Jordan als Maschinist.
1824 Church verkau! am 15. August die Häl!e seines bisher ungeteilten Besitztums am Schi an einen Herrn Morton in Bordeaux und einen Viertel an Herrn François Mathieu in Genf. Dieser war der Oberaufseher beim Bau des Schi es. Mit dem verbliebenen Vierteil und einem Grossteil des von Morton bald an fünf Genfer zedierten Anteils plus der Quote von Monsieur Mathieu wird eine Kollektivgesellscha! gegründet, die «Société du bateau à vapeur le Guillaume Tell».
1825 Am 19. Oktober wird im Sturm in der Gegend von Morges ein Fahrgast von einer ins stark krängende Schi hineinschlagenden Welle «fortgespült» (emporté). Der junge Mann lehnte mit dem Rücken gegen die tief liegende Reling und liess sich dort o enbar à tout prix nicht wegkomplimentieren. Er bezahlte seinen Starrsinn mit dem Leben.
1829 Die Nachteile einer hemmungslosen Konkurrenz mit der «Entreprise du Winkelried» führen am 1. Januar zur Bildung einer vernun!basierten Betriebsgesellscha! der beiden Pionierunternehmungen.
1835 Die mit der «Entreprise du Winkelried» seit 1829 bestehende Betriebsgemeinscha! führt zur Fusion mit der «Société du bateau à vapeur le Guillaume Tell». Diese neue «Compagnie Genevoise des Bateaux à vapeur réunis» beschliesst, den seit Jahren schlecht unterhaltenen «Guillaume Tell» I aus dem Betrieb zu nehmen und durch eine neue Einheit («Aigle» I) zu ersetzen.
1836 Das erste Dampfschi des Genfersees wird Anfang Jahr abgebrochen.
Sehr viel plastischer und lebendiger als durch zweidimensionale Graphiken wird ein Schi durch ein Modell wiedergegeben. Die künstlerisch o! recht phantasievoll behandelten Proportionen älterer Schi e werden mit den Modellen von Erich Liechti durch absolute Massstab-Getreue in ein objektives Licht gerückt. Eine gewisse Freiheit hat der Modellbauer hingegen bei der Farbwahl, weil dazu meistens keine belastbaren Unterlagen bestehen. Eine grüne Schale ist für den «Guillaume Tell» I aber so gut wie belegt; beim Baldachin ist nach heutigem Erkenntnisstand eher von einer gelbgoldenen Ausführung auszugehen.
Modell E. Liechti, Foto A. Dubach
Das erste Dampfschi auf dem Léman – und gleichzeitig in der ganzen Schweiz – erregte naturgemäss ein sehr grosses Interesse. Dieses dem Biedermeier verp&ichtete Gemälde von Ed. Elzingre zeichnet die Atmosphäre in Genf naturalistisch und ein wenig verklärt sehr schön auf. Das Schi , DS «Guillaume Tell» I, ist typischerweise durch die Verkleinerung der an Bord be ndlichen Personen «vergrössert» worden: Das Schi war ja mit einer Decklänge von nur 25 Metern wirklich klein.
Lithographie des vor den Eaux Vives seeaufwärts strebenden Schi es. Die wichtigsten Merkmale sind gut erkennbar: Drachenförmig kaschierte Signalkanone am Bug, mit aufgemalten Luken teilweise kaschierter Radkasten, Bedachung in Form von Pergolas, ein sehr selten auf Schi en anzutre ender Schutz vor Sonne und Regen. Die Schale ist – so sind verschiedene ähnliche Graphiken zu beurteilen – wohl zweifarbig dunkel, der sog. «Batteriestreifen» hell, und zwar in Anlehnung an die Genfer Farben wohl gelb, ebenso wahrscheinlich auch die Pergola. Musée du Léman
Musée d’Art et d’Histoire, Genf
Dieser Stahlstich ist insofern bemerkenswert, als er das Schi im Zusammenhang mit dem savoyardischen Ufer und der Ortscha! Meillerie zeigt, eine sehr selten gewählte Perspektive. DS «Guillaume Tell» I ist durchaus realistisch und proportionengetreu wiedergegeben.
Musée du Léman
Welches war wohl das zentrale Sujet für den Künstler? Auf jeden Fall ist die Gegenüberstellung des renommierten Hôtel de l’Ancre (später Hôtel Angleterre) mit dem neuen Dampfschi sehr schön gelungen. Auch hier sind die Merkmale und Proportionen des Schi es recht gut getro en.
Zum Jubiläum 200 Jahre Dampfschi fahrt in der Schweiz hat die Post durch die Illustratorin Janine Wiget eine Sondermarke für die Standard-Brie rankatur von SFr. 1.10 gescha en, und zwar mit dem stilisierten «Guillaume Tell» I. Das abgebildete Exemplar ist postalisch gelaufen.
Frankatur W. Jau, Foto J. Meister
Musée du Léman
Weil die Pergola wahrscheinlich etwa zwei Meter hoch war, kommen die wahren Proportionen des ersten Schweizer Dampfschi es hier besonders gut zur Geltung. Rekonstruktionszeichnung E. Liechti
Nr. 2: Raddampfschi «Winkelried» I
Bau rma des Schi skörpers Mauriac, Bordeaux (wahrscheinlich beide Schalen)
Länge über Perpendikel 29,2 m (90’)
Länge über Deck 31,5 m (ca.)
Breite im Hauptspant 5,8 m (18’)
Breite über alles 9,5 m (ca.)
Seitenhöhe 2,4 m (ca.)
Mittlerer Tiefgang leer 0,9 m (ca.)
Mittlerer Tiefgang beladen ?
Anzahl Schotten ?
Hersteller der Maschine Barnes and Miller, London-Blackwall Maschinenbauart wahrscheinlich Niederdruck-Balancieranlage Kolbenhub ?
Kolbendurchmesser ?
Leistung 30 PSnom
Kesselhersteller wahrscheinlich Barnes and Miller
Anzahl Kessel × Flammrohre ?
Betriebsdruck Niederdruck
Kesseldurchmesser ?
Kessellänge ?
Flammrohrdurchmesser ?
Durchschnittl. Brennsto verbrauch ?
Druckkreisdurchmesser der Räder ?
Anzahl Schaufeln ?
Höhe × Länge der Schaufeln ?
Durchschnittl. Probefahrts-vmax 14,5 km/h
Leerverdrängung ?
Tragkra 300 Personen
Besatzung ?
1823 Der durchschlagende Erfolg des «Guillaume Tell» I ru!, wen wundert es, sofort Konkurrenten auf den Plan. Schon am 15. August wird in Genf die «Entreprise du Winkelried» gegründet, welche ebenfalls bei Jean Mauriac in Bordeaux ein hölzernes Schi , jedoch deutlich grösser dimensioniert (20 Fuss länger), in Au!rag gibt. Der Au!rag für die Antriebsanlage geht an die Firma Barnes and Miller in London-Blackwall, Vorläuferin des bekannten Unternehmens Miller & Ravenhill. Der Preis für das fertig ausgerüstete neue Boot beläu! sich auf Fr. 125 000, also 18 % mehr als das Pionierschi .
1824 Das unter der Aufsicht des Oberstleutnants und nachmaligen Generals Guillaume Henri Dufour zusammengebaute Schi , dessen maschinelle Einrichtungen nun aber von der Themse stammen, läu! am 14. Juli in Eaux-Vives von Stapel und wird am 14. September dem Betrieb übergeben. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist DS «Winkelried» mit einer stattlichen Hilfsbesegelung bestückt: vier seitliche Dreiecksegel, am Vormast ein Rahsegel und davor zum Klüverbaum ein Schratsegel als Fock. Diese Vorrichtungen erlaubten aber keine Fahrt hoch am Wind und funktionierten primär bei achterlichem Windeinfall. Als prominente Bug gur ist selbstverständlich der Held von Sempach zu erblicken. Als Kapitän waltet Monsieur Maubert, die Restauration wird von M. F. Guy gewährleistet.
1825 Die Radwelle bricht zweimal im Verlaufe des Jahres. Das kam in den frühen Jahren der Dampfschi fahrt nicht selten vor – ist aber für eine renommierte Firma wie Barnes and Miller schon etwas erstaunlich.
1829 Zum 1. Januar geht die «Entreprise du Winkelried» mit der «Société du bateau à vapeur le Guillaume Tell» eine Betriebsgemeinscha! ein. Die Fahrpläne und Tarife werden harmonisiert.
1832 DS «Winkelried» I erhält, wahrscheinlich wieder aus Bordeaux, eine völlig neue hölzerne Schale sowie, wohl wieder aus England, einen neuen Kessel. Die Maschine kann weiterverwendet werden.
1835 Aus der seit dem 1. Januar 1829 bestehenden Betriebsgemeinscha! mit der Gesellscha! des «Guillaume Tell» wird durch Fusion die «Compagnie Genevoise des Bateaux à vapeur réunis».
1842 Das Schi wird ausser Dienst gestellt und o enbar unverzüglich abgebrochen.
Der erste (und rasch auf den Plan getretene) Konkurrent des Pionierdampfers «Guillaume Tell» I war der Dampfer «Winkelried» I. Das Schi wurde ebenfalls von Jean Mauriac in Bordeaux gebaut, die Maschine stammte von Barnes and Miller in Blackwall (östlich der City of London). Dieser traute man aber o ensichtlich nicht so ganz und deshalb erhielt das neue Schi eine umfangreiche und fortan charakteristische Hilfsbesegelung.
Bibliothèque de Genève
Gleich wie beim Vorgänger wurden auch beim DS «Winkelried» I die Radkästen durch aufgemalte Luken «getarnt». Neben der erwähnten Hilfsbesegelung unterscheidet sich aber das neue Schi durch eine imposante Bug gur in Form des Nationalhelden und durch eine bunte Bemalung des Radkasten-Oberteils mit dem prominenten Genfer Wappen und weiteren Insignien. Im Hintergrund das bereits beim «Guillaume Tell» I erwähnte Hôtel de l’Ancre, später Hôtel Angleterre.
Musée du Léman
Hier erweist DS «Winkelried» I Vevey die Ehre. Alle erwähnten Charakteristiken des Schi es sind auch hier gut ersichtlich. Interessant ist die doppelte Einfärbung des Kamins, wie sie auch im allerersten Bild zu DS «Guillaume Tell» I zu sehen ist. Patrinum VD, Bestand Ed. Meystre
Patriotische Verwandlung: Hier hat der Künstler das Schi nicht nur bei den Proportionen etwas eigenwillig dargestellt, er hat auch das Genfer Wappen auf dem Radkasten zu Ehren des Besuchs in Ouchy durch jenes des Kantons Waadt ersetzt! Rechts des Kamins das wiederholt genannte Hotel, zur Zeit des «Winkelried» I eines der führenden Häuser am See. Iconopôle (Bibliothèque Cantonale et Universitaire, Lausanne)
Bekanntlich gab es in der Frühzeit der Dampfschi fahrt ausser den grossen, befestigten Häfen keine Landestellen im heutigen Sinne: Die Schi e wurden mit Kähnen bedient und es galt, über das bei der hinteren Ausladung be ndliche Fallreep ein- oder auszusteigen. Dieses eindringliche Gemälde mit DS «Winkelried» I wird wohl nicht besonders dazu eingeladen haben
Gemälde François Diday, Sammlung J. Meister
Die diversen Masten für die Hilfsbesegelung sind aus dieser Rekonstruktion gut zu ersehen, ebenso die für die Frühzeit charakteristische Steuerung mit Pinne.
Die beiden «Gebilde» bei der vorderen Ausladung, die auch auf allen Graphiken klar zu erkennen sind, dür!en Toilettenhäuschen gewesen sein.