UNTERNEHMEN SZENISCHES
Sopranistin und Wirtschaftsförderer als Quereinsteiger im Piemont Die Berner Sopranistin Romy Dübener und der Foxtrail-Erfinder Fredy Wiederkehr haben im Herbst 2019 einen ehemaligen Landwirtschaftsbetrieb im Piemont übernommen und umgebaut. Den Rückzugsort in der Nähe der Bäder- und Marktstadt Acqui Terme haben sie «Villa Giarvino» getauft, ein Wortspiel aus «Giardino» und «Vino». Artur K. Vogel
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ass Romy Dübener und Fredy Wiederkehr zu perfekten Gastgebern mutieren würden, stand nicht in den Sternen: Romy – man duzt sich hier in dieser familiären Anlage – ist eine erfolgreiche Sopranistin, Chorleiterin und Musikpädagogin. Der ursprünglich aus dem Aargau stammende Fredy war einst Gemeindeschreiber in Diemtigen BE, später Chef der Wirtschaftsförderung des Berner Oberlandes. Bekannt wurde er als Erfinder der modernen Schnitzeljagd namens Foxtrail, die er während fast zweier Jahrzehnte aufbaute und 2018 verkaufte. Schon lange hatte Fredy Wiederkehr den Wunsch nach einem Refugium im Tessin oder in Norditalien gehegt. Die Lösung fand sich bei einem Makler: «Meine Schwiegertochter sah das ausgeschriebene Gästehaus, und mir war rasch klar: Das ist es.» – «Liebe auf den ersten Blick», wie sich Romy Dübener ausdrückt. Was das künftige Gastgeberpaar an der ländlichen Liegenschaft mit ihren vier Hektaren faszinierte, war neben der idyllischen Lage die attraktive Mischung aus alt und neu. Die ältesten sichtbaren Teile des Hauses datieren rund fünf Jahrhunderte zurück. «Die bauliche Substanz ist aussergewöhnlich. Zudem haben
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wir viele Räumlichkeiten, die man für einen rein kommerziellen Betrieb gar nicht bräuchte», sagt Fredy Wiederkehr. Da wäre zum Beispiel ein Weinkeller mit Weinfässern, in welchem man Feste feiern und Gäste bewirten kann, der Salon mit riesigem Cheminée, das ehemalige Hallenbad, das die Gastgeber zum Tagungsund Eventraum umgebaut haben, ein grosser Garten mit Pergola und Pizzaofen und so weiter. Holperiger Start Der Start war holperig wie das Gelände, auf dem das Gästehaus steht: Kaum hatten Romy und Fredy die Villa Giarvino eröffnet, kam die Pandemie. Die beiden nutzten die Zwangspause: Unter anderem entstand ein kleiner Pool, in welchem man planschen und gleichzeitig die Aussicht über die hügelige Landschaft und die Weinberge geniessen kann. Der Corona-Not entsprungen ist auch die hervorragende Küche. Weil die Restaurants geschlossen waren, suchten Romy und Fredy nach einer internen Lösung für die Gäste und konnten Francesco engagieren, einen Spitzenkoch aus Lecce in Apulien. Dank ihm kann das Giarvino, obwohl mit acht Gästezimmern und Suiten eher klein, eine Küche bieten, wie man sie sonst in Fünf-Sterne-Häusern findet.