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Wie schaffen Sie diese Rekorde Jean-Yves Blatt?

Frankfurt, Köln, Düsseldorf und München, trotz Corona ausbauen konnte. Die Gründe: Das Selbstversorgungskonzept (mit eigener Kochmöglichkeit) erweist sich als besonders nachgefragt. Es entspricht dem Wunsch vieler Gäste nach einer gewissen Unabhängigkeit, unter Beibehaltung des entscheidenden Service-Charakters, den man auf Reisen und bei einem längeren Aufenthalt nicht vermissen möchte. ten auf gesellschaftliche Megatrends wie die Urbanisierung oder den demographischen Wandel geben. Hybride Modelle bieten Übernachtung, Remote Working und Socializing an einem Ort und damit dem Gast ein vielfältiges Angebot zu einem AllIn-Preis. Dem Eigentümer:innen bieten diese smarten Konzepte wiederum solide Einkommensströme und eine konstante Belegung des Hauses und damit eine er höhte finanzielle Sicherheit. nehmen in der Bevölkerung einen immer höheren Stellenwert ein. Dabei werden neben Gesundheits- und Wellness-Resorts Aspekte wie Bio-Verpflegung, Regionalität, CO2-Neutralität oder eine kreislauffähige Bauweise eine immer wichtigere Rolle im Gesamtangebot spielen. Denn smart, ökologisch und verantwortungsvoll aufzutreten ist nicht erst seit Corona oberstes Ge bot für alle Stakeholder der Branche.

Hybride und flexible Immobilien

Dementsprechend haben Konzepte wie Co-Working und Co-Living Konjunktur; die Trennlinie zwischen Urlaubs- und Ge schäftsreisen sowie Wohnen und Beherbergung verschwimmt zunehmend. Hybrid und flexibel soll die Immobilie von morgen schon heute sein. Zudem eignen sich diese hybriden Wohnkonzepte für studentisches Wohnen oder für Senior:innen-Wohnmodelle und können so Antwor-

Die Autorinnen

Gisela Loidol, ist Hospitality Consulting Managerin Europe bei Drees & Sommer und bringt eine 15-jährige Erfahrung in der Hotelbranche mit. Sie unterstützt Investoren, Betreiber und Entwickler im Projektverlauf bei der Konzept- und Strategieausrichtung sowie der kommerziellen Beratung im Hotelbetrieb.

Nora Hoffmann ist als Real Estate Consultant bei Drees & Sommer Schweiz in der Organisations- und Prozessberatung tätig, mit einem Background in Hospitality Management und Erfahrung in unterschiedlichen Hotelbetrieben.

Hotels werden digitaler und nachhaltiger

Auch die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, sowohl alleinstehend als auch in Kombination, zählen zu den derzeit stark nachgefragten Konzepten. Denn durch den gezielten Einsatz von digitalen Helfern können sich für Hotels ökologische und ökonomische Effizienzsteigerungen ergeben. Derzeit liegt der Schwerpunkt hierbei noch auf den vertrieblichen Aspekten. So sind etwa smarte Vernetzungen während der Guest-Journey, der digitale Check-in sowie Zimmerzutrittsmöglichkeiten, Menükarten per QR-Code, das Bu chen von Hotelserviceleistungen per App oder intelligente Marketing- und Kommunikationskampagnen zur Loyalitätssteigerung auf dem Vormarsch.

Doch auch während des Aufenthalts liessen sich weitere wertvolle Informationen sammeln und nutzen, um diese mit den Dienstleistungen des Hotels und mit dem Hotelgebäude bzw. Zimmer zu synchronisieren. Die dadurch optimierten internen Prozesse könnten mittels eines digitalen Client Management Systems erreicht werden. Weitreichende Veränderungen könnten aber auch durch die Digitalisierung der Immobilie für Investoren, Eigentümer und Betreiber von Hotels herbeigeführt werden. So könnte über eine intelligente Steuerung der haustechnischen Anlagen bei geringer Belegung das Dienstplansystem entsprechend angepasst werden. Dies würde nicht nur manuelle Prozesse durch die Mitarbeitenden einsparen, sondern auch reichlich Energie im ökologischen Sinne!

Gesundheit und Regionalität

Nicht zuletzt können Hotels über gesunde und nachhaltige Konzepte einen Wettbewerbsvorteil erzielen, denn beide Themen

Fazit

Für hotelaffine Investoren mit dem entsprechenden Know-how ist die Asset-Klasse Hotel weiterhin auf lange Sicht ein at traktives Investment. Projektentwicklungen und Ankäufe werden jedoch stärker unter die Lupe genommen.

Hotels ohne ein ausgefeiltes Konzept und die Berücksichtigung diverser Gästebedürfnisse werden es in der derzeitigen Marktsituation schwieriger haben, sich gegen smarte Konzepte mit hohem GästeAppeal zu behaupten. Die auf den Markt strömenden Produkte mit innovativen Konzepten (Capsule Hotel Zürich Flughafen), digitalen Vertriebs- und Marketingmodellen (Ruby), hybriden Produkten (Meininger) und Apartmentbetreiber (Yo telpad) unterstreichen den Wandel.

Wohin die Reise genau geht und welches Konzept das Richtige ist, muss jeder Be trieb für sich definieren. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit werden jedenfalls in einem stark umkämpften Markt auch zukünftig die ausschlaggebenden Faktoren für einen resilienten Betrieb sein. Die Integration eines hybriden Produktes ist hierbei einer der Trends, jedoch nicht für jeden Betrieb, Standort und Produkt das Richtige.

Ob hybrides Konzept, Serviced Apartments, Stadthotels mit Resortcharakter oder digitale und nachhaltig effiziente Betriebe – wichtig ist, das Reiseerlebnis mitzugestalten und geschichtsträchtige Aufenthalte zu ermöglichen, die in Erinnerung bleiben. Ein durchdachtes Konzept, das genau diese Geschichten erzählen kann, bildet das Erfolgsrezept für den Betrieb von morgen! 

Daniela Hubert Schläppi über den aktuellen Fachkräftemangel im Gastgewerbe

Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg?

Seit fast zwei Jahren hält uns eine Pandemie im Griff, welche die Tourismus– und Hospitality-Branche bis in die Grundfeste erschüttert. Lockdowns, Schutzkonzepte, ausbleibende Gäste oder die aktuelle Zertifikatspflicht prägten oder prägen unseren Alltag. Und nun manifestiert sich auch noch stärker denn je der sogenannte Fachkräftemangel. Händeringend wird nach gut ausgebildeten Mitarbeitenden für Hotellerie, Gastronomie und Tourismus gesucht.

Aber warum gelingt es nicht, die Branche für Mitarbeitende langfristig attraktiv zu machen? Ein wichtiger Schlüssel für die Lösung dieses Problems liegt in der Weiterbildung und Förderung von Mitarbeitenden. Als Co-Lehrgangsleiterin des Fachausweises «Gästebetreuer/-in im Tourismus» am Bildungszentrum Interlaken (bzi) mache ich mir so meine Gedanken. Ist die Branche bereit, Quereinsteiger:innen eine Chance zu geben? Geben wir unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, eine Weiterbildung zu machen, um sie zu motivieren und langfristig an unser Unternehmen zu binden?

Haben Sie gewusst, dass es sehr viele Interessentinnen gibt, welche in die Branche einsteigen möchten? Sie träumen von einem Job im direkten Gästekontakt. Wären dies nicht potenzielle Mitarbeitende für Ihr Unternehmen? Genau für diese Leute gibt es den Lehrgang «Gästebetreuer/-in im Tourismus» mit eidg. Fachausweis. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bringen bereits viel Lebens- und Berufserfahrung mit. In der Weiterbildung erwerben sie die spezifischen Kompetenzen im Umgang mit dem Gast und ein Verständnis für die Tourismusbranche, um in ihrem Unternehmen als qualifizierte Mitarbeitende einen guten Job zu machen. Während einem Jahr erwerben die Teilnehmenden umfassende Kenntnisse in Kundenbetreuung, Marketing, Verkauf, Kommunikation, Event- und Projektmanagement. Ich erlebe immer äusserst motivierte Teilnehmende im Lehrgang, die darauf brennen, sich im Betrieb einzubringen und das Erlernte anzuwenden. Wir müssen ihnen nur eine Chance geben.

Ich erinnere mich gern an eine Bibliothekarin, deren Traum es war, mit 50 Jahren noch einmal einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Sie warf ihren alten Job hin und startete die Weiterbildung zur «Gästebetreuerin in Tourismus». Heute ist sie als stell vertretende Chef de Reception in einem Viersterne-Hotel tätig. Neben der Rezep tion ist sie auch für den Bereich MICE mitverantwortlich und darf die Events in ihrem Hotel organisieren und betreuen.

Wir dürfen auch nicht die langjährigen Mitarbeitenden vergessen, die in unseren Unternehmen aktiv sind. Die meisten Teilnehmenden in unseren Lehrgängen melden sich selber für die Weiterbildung an und erhalten kaum Unterstützung vom Unternehmen. Sie haben Angst, ihre Wünsche mit den Arbeitgebenden zu besprechen. Sie haben Angst davor, dass sie am Arbeitsplatz fehlen und sehen als einzige Alternative, um sich weiterzubilden, sich selbst für den Lehrgang anzumelden. Hier bräuchte es nur ein wenig Unterstützung und ein offenes Ohr. Und dabei rede ich nicht einmal von der finanziellen Unterstützung. Es fängt schon damit an, den Mitarbeitenden die Freitage zu garantieren, um am Unterricht teilnehmen zu können. In den Beratungsgesprächen mit Interessenten höre ich auch, dass die Arbeitgeber eine Weiterbildung nicht als notwendig erachten.

Gebt euren Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich weiterzubilden! Fördert und unterstützt sie! Sie werden während einem Jahr Zeit benötigen, die sie in die Weiterbildung investieren, können jedoch künftig noch weitere Aufgaben im Unternehmen übernehmen. Sie sind motivierter denn je und trauen sich auch mehr zu. Vielleicht bringen sie ja auch einen neuen Blickwinkel auf die Arbeitsweisen im Unternehmen. Meiner Meinung nach liegt hier sehr viel Potenzial und ich bin mir sicher, dass es einen guten Return on Invest für die Unternehmen gibt. Schliesslich sind unsere Mitarbeitenden unser wertvollstes Gut. 

DIE AUTORIN: Daniela Hubert Schläppi ist Co-Lehrgangleiterin des Lehrgangs «Gästebetreuer/-in im Tourismus» mit eidg. Fachausweis am Bildungszentrum Die Autorin Interlaken bzi und Geschäftsführerin der Daniela Hubert Sales & Marketing GmbH. Sie ist spezialisiert auf Hospitality Management und Marketing & Verkauf für Daniela Hubert Schläppi ist Co-LehrHotellerie und Tourismus. gangleiterin des Lehrgangs «Gästebetreuer/-in im Tourismus» mit eidg. daniela-hubert.chFachausweis am Bildungszentrum gaestebetreuer.chInterlaken bzi und Geschäftsführerin info@gaestebetreuer.chder Daniela Hubert Sales & Marketing

GmbH. Sie ist spezialisiert auf Hospitality Management und Marketing &

Verkauf für Hotellerie und Tourismus.

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Wer ist Rolf E. Brönnimann?

Der gebürtige Schweizer Rolf E. Brönnimann begann seine Karriere in den 1970er-Jahren an der Hotelfachschule Lausanne (EHL), später arbeitete er unter anderem im Grand Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken, im SAS Palais Hotel Wien und im Bürgenstock Resort. Von 2013 bis Anfang 2020 führte er das 5-Sterne-Superior-Hotel Budersand Golf & Spa auf der Insel Sylt. Viele Auszeichnungen und Ehrungen belegen Brönnimanns aussergewöhnliche Gast geberqualitäten und seine Passion für die Hotellerie. Das «Savoy» in Zürich führt Brönnimann noch bis zum 31. Dezember 2021. Dann widmet er sich wieder seiner Hotelentwicklungsfirma.

Das 5-Sterne-Superior-Hotel Savoy liegt in Zürich direkt am Paradeplatz, inmitten des Banken- und Geschäftszentrums und der Einkaufsmeile Bahnhofstrasse. Das Hotel verfügt über 104 Einzel- und Doppelzimmer sowie Junior Suiten und Suiten. Vor Rolf E. Brönnimann führte Werner Knechtli das Luxushaus. Aus gesundheitlichen Gründen gab er das Management Anfang 2020 ab.

«Hotelier»-Gespräch mit Rolf Brönnimann, noch bis Ende Jahr General Manager im Hotel Savoy Zürich

Wohin geht die Reise in der Stadthotellerie?

Am 1. Januar 2022 wird das traditionsreiche Hotel «Savoy» am Zürcher Paradeplatz geschlossen. Es wird komplett umgebaut und im November 2023 als «Savoy Mandarin Oriental Hotel» wieder

eröffnet. Der bisherige General Manager, Rolf Brönnimann, verlässt das «Savoy» und wird in Zukunft

neue Hotelkonzepte entwickeln. Ein Gespräch.

INTERVIEW Hans R. Amrein

Rolf Brönnimann, blicken wir kurz auf die vergangenen zwanzig KrisenMonate zurück. 2019 war das beste Geschäftsjahr in der 183jährigen Geschichte des «Savoy» – und dann kam Mitte bis Ende März 2020 die CovidKrise. Wie haben Sie den Beginn der Krise erlebt?

Ja, hier kann man nur sagen, dass ich ins absolut kalte Wasser geworfen wurde – ohne Einführung. Ein Hotel zu übernehmen, ist an und für sich schon eine ziemliche Herausforderung, aber wenn dann noch der Stecker gezogen wird und die Buchungen vollkommen ausbleiben oder storniert werden, wird der Hotelbetrieb zum Blindflug.

Sie haben die Direktion des Hauses am 1. März 2020 ad interim übernommen. Ihr Engagement im «Savoy» dauert noch bis Ende 2021, weil dann das Haus geschlossen und später umgebaut wird. Kann man sagen: Wegen Corona wurden Ihre Pläne komplett über den Haufen geworfen …

Nein, die Inhaberin des Hauses, die Credit Suisse, hatte immer die Absicht, das Haus Ende des Jahres 2021 zu schliessen.

Wie haben Sie eigentlich die Pandemie und die Flaute in der Stadthotellerie bis jetzt überlebt?

Am Anfang der Krise haben wir sofort ein paar Massnahmen ergriffen, zum Beispiel: Überprüfung und Sicherstellung der Li quidität, Änderung der Annullations-Bedingungen, Einstellungsstopp im HR-Be reich, Auslagerung der Marketingabteilung, Stornierung der Verkaufsaktivitäten, Be antragung der Kurzarbeit und viele andere Dinge.

Hatten Sie im letzten Winter 2020/21 und im Frühjahr 2021 überhaupt noch Gäste?

Ja, wir hatten immer Gäste. Die Auslastung des Hauses lag zwischen 15 und 20 Prozent. Als der Bundesrat aber am 22. De zember 2020 entschieden hatte, die Gastronomie schweizweit zu schliessen, mussten wir auch unser Hotel schliessen. Alle Mitarbeitenden wurden in Kurzarbeit ge schickt. Hätte ich damals gewusst, dass die Schliessung der Gastronomie fünf Monate dauert, hätte ich das Hotel nicht geschlossen.

Mussten Sie Mitarbeitende entlassen – aufgrund der Krise?

Wir hatten natürliche Abgänge, die nicht mehr ersetzt wurden. Zudem mussten wir auch ein paar Mitarbeitende entlassen, de nen man jedoch ohnehin eine Kündigung ausgesprochen hätte – auch ohne Corona. Doch die Pandemie hat den Entscheid beschleunigt.

Wie war der vergangene Sommer in Ihrem Haus und in der Zürcher Stadthotellerie?

Ab Juli herrschte eine wesentlich bessere Situation. Dank Gästen aus dem Mittleren Osten hatten die Fünf-Sterne-Hotels in Zürich einen sehr guten Sommer. Wir wa ren an vielen Tagen zu 100 Prozent ausgebucht – und auch die Raten waren auf hohem Niveau.

Auch die Monate August und September waren für viele Zürcher Luxushotels sehr erfolgreich. Es kamen ja nicht nur Gäste aus den Golfstaaten, sondern auch Amerikaner nach Zürich. Wie war oder ist das im «Savoy»?

Seit geraumer Zeit haben wir wieder eine gute Nachfrage – und dies nicht nur aus ➤

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den Golfstaaten, sondern auch aus dem europäischen Raum und den USA, oder den GUS-Staaten. Es reisen wieder vermehrt Gäste in die Schweiz.

Ihre Prognose für die Zürcher Stadthotellerie? Was erwarten Sie in den nächsten sechs bis zwölf Monaten?

(lacht) Leider besitze ich keine Glaskugel! Ich gehe jedoch davon aus, und teile diese Meinung mit diversen Kollegen, dass das Geschäft langsam wieder anzieht. Doch wir werden 2022 noch nicht die herausragenden Zahlen des Geschäftsjahres 2019 erzielen. In den letzten Wochen im Herbst fanden viele Kongresse und Events statt, die Menschen wollen sich wieder physisch treffen und sich austauschen. Das stimmt mich optimistisch.

Die Luxushotellerie werde sich schneller erholen als der Rest, haben Sie kürzlich in einem Referat gesagt. Wie kommen Sie zu dieser Aussage?

Schaut man sich die Wirtschaftskraft in unseren Märkten an, so bewegt sich diese bereits wieder auf einem guten Niveau. Und Leute, die Geld haben, wollen wieder reisen und sich etwas leisten. Sie litten unter «Reiseentzug». Deshalb geniessen sie jetzt den Luxus und Service in unseren Häusern.

Die traditionelle Luxushotellerie sei gefordert in Bezug auf Prozessoptimierung, Digitalisierung, Automatisierung, Kostenoptimierung, Positionierung usw., haben Sie im erwähnten Referat gesagt. Können Sie das etwas ausführen?

Die Luxushotels sollten alle Prozesse hinterfragen und dort, wo eine sinnvolle Digitalisierung möglich ist, diese auch einsetzen, um den Service am Gast mit entsprechenden Hilfsmitteln zu verbessern und noch mehr zu personalisieren. Debitoren und Kreditoren-Buchhaltung sollten vollkommen digitalisiert werden, aber auch Leistungen aus dem Guest Relation-Bereich kann man heute digitalisieren. Wir müssen die Gäste viel früher abholen – nicht erst beim Check-in. Das gilt für die Stadthotellerie genauso wie für die Ferienhotels.

Sie sagen: Positionierung fängt nicht beim Produkt an, sondern beim Arbeitsgeber. Können Sie diese These etwas ausführen?

Die Aussage «der Schnellere frisst den Langsamen» gilt nicht mehr. Derjenige, der genügend und motivierte Mitarbeitende hat, wird das Rennen machen. Deshalb sage ich: Der Betrieb muss sich bei den Mitarbeitenden positionieren. Es ist eine Tatsache: Hotels, die ein gutes Arbeitsklima bieten und sich um die Mitarbeitenden kümmern, werden auch zufriedene Gäste haben. Gäste, die immer wieder kommen.

Sie fordern auch «neue Arbeitsmodelle». An was denken Sie da?

Hier sage ich «New Work». Die Definition von «New Work» beschreibt nichts anderes als die Veränderungen der Arbeitswelt durch neue Technologien, Digitalisierung, Automatisierung sowie die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Es geht also da rum, diese Neuerungen anzunehmen und im eigenen Hotel im Sinne der Mitarbeitenden einzusetzen.

Das Hotel «Savoy» wird am 1. Januar 2022 geschlossen und später komplett umgebaut. Im November 2023 soll das Haus am Paradeplatz als «Savoy Mandarin Oriental Hotel» wieder eröffnet werden. Was passiert eigentlich mit den heutigen Mitarbeitenden?

Unsere Leute wissen seit dem Dezember 2019 von der Schliessung des Hotels. Aus diesem Grund haben wir frühzeitig auch einen Sozialplan ausgearbeitet und haben allen Mitarbeitenden per Ende Oktober die Kündigung ausgesprochen. Dies wurde jedoch in diversen Informationsanlässen kommuniziert, so dass die Kündigung für niemanden eine Überraschung darstellt.

Sie sind jetzt dann «Schliessungsmanager». Wie sehen Sie diese Rolle und wie lange dauert die Schliessungsphase?

Mein Engagement im «Savoy» war von Anbeginn begrenzt auf den 31. Dezember 2021. Ich bin und war immer InterimsManager. Die Schliessung des Hotels stellt noch ein paar Herausforderungen für uns alle dar, aber wir sind gut vorbereitet.

Was tun Sie nach dem «Abenteuer Savoy Zürich»?

Ich besitze seit genau zwanzig Jahren eine Firma, die Swiss Hospitality Group AG. Das ist eine Beratungs- Entwicklungs- und Management-Firma, die in der Vergangenheit zahlreiche Hotels im In- und Ausland entwickelt hat. Seit gut zwei Jahren arbeite ich an einem neuen Konzept im Bereich «Health Retreat». Da wollen wir im Bereich nachhaltiges Bauen neue Massstäbe setzen – in der Schweiz und in Europa. Zudem bin ich offen für neue Beratermandate im Bereich der Entwicklung von neuen Hotelkonzepten.

Schlussfrage: Wird die sogenannte «CoronaKrise» die Hotellerie in der Schweiz nachhaltig verändern? Oder bleibt mehr oder weniger alles beim Alten?

Ich hoffe sehr, dass nicht alles beim Alten bleibt und dass uns diese Krise wieder einmal vor Augen geführt hat, wie schön un ser Land ist. Die Schweiz muss kein Land für den Massentourismus werden, sondern auf Qualität setzen. Wir müssen mit neuen, innovativen Konzepten punkten – und nicht versuchen, jedermanns Liebling zu sein. Gerade im Bereich des nachhaltigen, ökologischen Tourismus kann die Schweiz eine Vorreiterrolle spielen. 

[01] Rolf Brönnimann, noch bis Ende Dezember 2021 General Manager im «Savoy» am Zürcher Paradeplatz. In Zukunft wird der Hotelprofi neue, innovative Hotelkonzepte entwickeln.

«Wir müssen mit neuen, innovativen Konzepten punkten und nicht versuchen, jedermanns Liebling zu sein.»

ROLF E. BRÖNNIMANN

[02] SDas «Savoy» am Paradeplatz in Zürich. Ab November 2023 wird das Luxushaus unter der Marke «Mandarin Oriental» betrieben. Bis 2023 wird das Traditionshaus komplett umgebaut.

[03] Balkon mit Sicht auf den Paradeplatz.

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Hoteleröffnung: Dorfcharme 2.0

Ein Dorfplatz gilt als Herz eines Ortes. Jenes von Adelboden bringt Hotelier Chris Rosser diesen Winter zum Hüpfen: Bald spazieren

erste Gäste in sein neues Hotel herein, in das er sein Herzblut reingesteckt

hat – auch, weil ihn seine eigene Familiengeschichte damit verbindet.

TEXT Daniela Dambach

Hotel oder Ferienwohnung? Ein Hotel bietet schliesslich komfortable Nicht-wie-zuhause-Services: einfach hinsetzen und sich verwöhnen lassen, einfach den Wintertag geniessen und sich müden Beines ins «gemachte Nest» kuscheln. Das Apartment hingegen trumpft auf mit Flexibilität – beispielsweise beim selbst Kochen – und dem Für-sich-sein-Gefühl. Dank Chris Rosser braucht man sich über diese entscheidende Entweder-oder-Frage am Familientisch nicht mehr länger den ferienwilligen Kopf zu zerbrechen: Sein neues «Apart hotel Adelboden» bietet von beidem so viel, wie man sich gerade wünscht. Für Gäste der 24 komplett ausgestatteten Ferienwohnungen hat er sich individuell zusammenstellbare Hotelservices ausgedacht. «Der Gast bucht die Übernachtung und sämtliche gewünschten Zusatzdienstleistungen flexibel dazu – und dies digital», beschreibt Chris Rosser. Der 40-Jährige, Initiant und Inhaber des Hotels, schiebt gut und gerne auch mal eigenhändig die Schubkarre aus dem Schotterweg, um Menschen auf einen Baustellenrundgang mitzunehmen. Spricht er zwischen Baggern und Betonmischern darüber, was es hier dereinst an Innovationen zu entdecken gibt, ist das Herzblut spürbar, das er in das Projekt gesteckt hat. Schliesslich kennt er den Boden, auf dem sein Hotel im aparten Chaletstil steht, sein halbes Leben lang. Die Eltern des Berner Oberländers übernahen den Hotelbetrieb unter dem Namen «Kreuz», dessen Bau auf das Jahr 1909 zurückgeht, vor über zwanzig Jahren. Doch das Gasthaus geriet wortwörtlich in Schieflage, weil es auf in stabilem Fundament thronte – dem See geschuldet, der sich einst hier ausdehnte. «Trotzdem am Haus festzuhalten, war eine Herzensangelegenheit», so Chris Rosser, dessen (Durchhalte-)Wille zur Veränderung gross genug ist, um ein kleines, klassisches Gasthaus

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mit 28 Betten in ein durch und durch digitalisiertes Apartmenthotel mit 100 Betten zu verwandeln. Nach über einem Jahr Bauzeit steht nun der Moment, in dem erste Gäste in die «Mountain Loft Apartments» einchecken, kurz bevor – mehr noch: Chris Rosser eröffnet im Erdgeschoss eine «Vogellisi Genusswelt»-Boutique mit einheimischen Produkten, die bis spät abends geöffnet ist, falls die «Bettmümpfeli»-Gelüste nach Adelbodner Nusstorte lechzen. Daneben entsteht die Gelateria «Fridas» mit Glace, deren Herstellung gleich hinter der angrenzenden Mauer erfolgt. «So feine Glace hat noch keiner gegessen …», verkündet Chris Rosser derart nachdrücklich, sodass man nichts anderes mehr will, als sich selbst davon zu überzeugen. Doch, vor oder nach dem Besuch im hauseigenen Restaurant «Mister Cordon»? Die diplomatischste Antwort lautet wohl: davor und danach.

Wer sich quer durch die Panaden geknuspert hat, um an den zartschmelzenden Kern zu gelangen, oder einfach mal wieder Lust hat, den Kochlöffel selbst zu

Eröffnung

Am 17. Dezember findet die grosse Eröffnung des «Apart Hotel Adelboden» im Rahmen eines Dorffests statt, mit Programm-Highlights wie einem Weltrekordversuch, spektakulären Shows und Überraschungen.

Apart Hotel Adelboden Dorfstrasse 26, 3715 Adelboden aparthotel-adelboden.ch

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[01] Umtriebiger Umsetzer: Chris Rosser, Initiant und Inhaber des kürzlich fertig gestellten «Apart Hotel Adelboden», überrascht seit über zehn Jahren mit neuartigen Konzepten in der Thunersee-Region.

[02] Heimelige Schale, digitalisierter Kern: Das «Apart Hotel Adelboden» am Dorfplatz beherbergt neben 24 «Serviced Apartments» ein Cordon-bleuSpezialitätenrestaurant, eine Gelateria und eine GenussBoutique, verknüpft mit neusten, digitalen Möglichkeiten.

[03] Halb Hotel, halb Ferienwohnung: Die geräumigen Apartments für bis zu sechs Personen sind zwar komplett ausgestattet, doch können Gäste spontan Service-Angebote via Smartphone dazu buchen.

schwingen, bestellt Sorglos-Food-Packages via App – zum Beispiel am Ende eines beschwingten Skitags schon von der Gondel aus, sodass die Zutaten für das Fondue bei der Ankunft im Hotel schon vor der Zimmertür bereitstehen. Dies ist nur eine der digitalen Annehmlichkeiten, die Chris Rosser ausgeheckt hat: Auch Raum- oder Butler-Services ordert man spielend leicht via Smartphone und sogar die Zimmerschlüssel sind digital. Überdies lanciert Chris Rosser mit der «di gitalen Dorfstrasse» einen Onlineshop mit schmackhaften und schönen Spezialitäten aus der Bergregion, die man sich liefern lässt oder selbst abholt.

Chinoise-Genuss oder Raclette-Plausch? Wer sich ma genknurrend mit dieser Entweder-oder-Frage herumschlägt, hat mindestens zwei Möglichkeiten: Entweder den Aufenthalt verlängern, bis alles gekostet ist. Oder eine Münze werfen – ganz analog. 

Sorell-Hotelchef Thomas Kleber über den «Fachkräftemangel» im Gastgewerbe

Ohne Mitarbeitende geht in der Hotellerie gar nichts!

Die Menschen reisen gerne und möchten die Welt entdecken. Gerade in der Schweiz gehört Essen gehen zum Kulturgut und wird gerne zelebriert. Doch wem ist es nicht auch schon so gegangen: Im Restaurant wird der Tisch nicht abgeräumt, im Hotel steht man in langen Schlangen an der Rezeption, nur um Auszuchecken – und man denkt sich: Warum geht es hier nicht schneller und warum gibt es hier denn nicht mehr Mitarbeitende?

Eine Frage und ein Problem, das in Hotellerie und Gastronomie schon seit längerer Zeit zum Alltag dazu gehört. Es ist nicht einfach, Fachkräfte zu finden und diese auch langfristig zu halten. Die CoronaPandemie hat diese Herausforderung zu sätzlich verschärft. Während andere Branchen profitierten, brachen die Umsätze in der Hotellerie und Gastronomie um bis zu 90 Prozent ein. Trotz Kurzarbeit mussten schweren Herzens Stellen abgebaut werden. Viele Mitarbeitende, die ihren Job gezwungenermassen verlassen mussten, haben sich neu orientiert. Das Ergebnis: Allein in der DACH-Region und nur auf dem Branchenportal hotelcareer.com über 22 000 ausgeschriebene Stellen, die besetzt werden wollen. Jetzt, da die Lockerungen da sind und man wieder Gäste empfangen könnte, können viele Restaurants und selbst angesagte Szene-Bars gar nicht mehr öffnen. Und die, die noch öffnen können, haben oftmals viel zu wenige Mitarbeitende.

«Die Mitarbeitenden sind der Schlüssel für ein positives Erlebnis beim Hotel- oder Restaurantbesuch – ohne sie geht nichts.»

THOMAS KLEBER Soweit die aktuelle Lage. Aber wie kann es nun weitergehen? Was kann die Branche tun, um attraktiver zu werden für Arbeitnehmende? Klar, der Lohn ist ein wichtiger Hebel. Und – ich will kein Blatt vor den Mund nehmen – da hat die Hotellerie- und Gastronomie-Branche natürlich Luft nach oben. Es sind aber auch andere Faktoren, die eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird für viele immer wichtiger und wir müssen uns entsprechend neuen, kreativen Arbeitsmodellen wie Job-Sharing und flexiblen Einsätzen öffnen. Dank der Grösse und Vielseitigkeit der Genossenschaft ZFVUnternehmungen, zu der die Sorell Hotels gehören, haben wir die Chance, Synergien zu nutzen und Mitarbeitende flexibel einzusetzen. Das bedeutet beispielsweise, dass Rezeptionist:innen in verschiedenen Hotels eingesetzt werden. Wir stellen fest, dass dies die meisten Mitarbeitenden als Bereicherung empfinden.

Um die vielen offenen Stellen zu besetzen, müssen wir bereit sein, Mitarbeitende aufzunehmen, die eventuell ungelernt, aber dafür höchst motiviert sind. Viele ältere Menschen oder Mütter und Väter, die nach der Elternzeit wieder den Einstieg ins Be rufsleben suchen, werden aktuell viel zu wenig als mögliche Arbeitskräfte berücksichtigt. Idealerweise finden sich Interessierte im direkten lokalen Umfeld oder sind sogar bisherige Gäste. Hier gilt es, über den bisherigen Tellerrand hinaus zu denken!

Wichtig für die Zukunft sind ausserdem Betriebe, die bereit sind, auszubilden. Wir dürfen uns nicht über fehlende Fachkräfte beschweren, wenn wir selbst zu wenig da für tun. Wichtig ist, die Bedürfnisse der heutigen jungen Menschen zu verstehen und sie zu antizipieren. Wertschätzung, Anerkennung, aber vor allem auch Sinnhaftigkeit der Arbeit werden immer wichtiger.

Neue Fachkräfte gewinnen und ausbilden ist zentral, dabei dürfen wir aber die bestehenden Mitarbeitenden nicht vergessen. Um zu verhindern, dass die aktuelle Si tuation noch kritischer wird, muss daher unbedingt auch bei den aktuell Beschäftigten angesetzt werden – ihre Leistung ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Sie sind es, die wir pflegen und wertschätzen müssen, denen wir Verständnis und Flexibilität entgegenbringen müssen und dadurch aufzeigen, dass sie entscheidend für den Erfolg sind. Dies gilt natürlich für die Arbeitgebenden, aber durchaus auch für die Gäste. Denn die Mitarbeitenden sind der Schlüssel für ein positives Erlebnis beim Hotel- oder Restaurantbesuch – ohne sie geht nichts. 

Thomas Kleber, 55, ist seit Juli 2017 Managing Director Sorell Hotels Switzerland und Geschäftsleitungsmitglied der ZFV-Unternehmungen. Seine Hauptaufgabe ist die Führung und strategische Weiterentwicklung der Sorell Hotels.

Der gebürtige Rheinländer mit belgischem Pass verfügt über mehr als 38 Jahre Erfahrung in der nationalen und internationalen Hotellerie. Er studierte Hotelbetriebwirtschaft und bildete sich an der Cornell University in Ithaca New York, an der IST Hochschule und am Swiss Excellence Form weiter. Zuletzt war er als Area General Manager der Steigenberger Hotels Schweiz und Konstanz, als CEO der Astoria-Gruppe Luzern sowie als Geschäftsführender Direktor des Kameha Hotels in Bonn, des Palais Coburg in Wien sowie des Park Hotels Vitznau tätig. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

Die Sorell Hotels sind die grösste Schweizer Hotelgruppe im Eigenbesitz – mit 16 individuellen Stadthotels im 3- und 4-Sterne-Bereich in neun Destinationen. 2019 wurde mit rund 500 Mitarbeitenden ein Gesamtumsatz von 61 Millionen Franken erzielt. Die Sorell Hotels gehören zu den ZFV-Unternehmungen, einem traditionsreichen, in der ganzen Schweiz tätigen Gastronomie- und HotellerieUnternehmen mit rund 2000 Mitarbeitenden.

DIE AUTORIN: Daniela Hubert Schläppi ist Co-Lehrgangleiterin des Lehrgangs «Gästebetreuer/-in im Tourismus» mit eidg. Fachausweis am Bildungszentrum Interlaken bzi und Geschäftsführerin der Daniela Hubert Sales & Marketing GmbH. Sie ist spezialisiert auf Hospitality Management und Marketing & Verkauf für Hotellerie und Tourismus.

daniela-hubert.ch gaestebetreuer.ch info@gaestebetreuer.ch

Das sind die grossen Themen der Schweizer Hotellerie im kommenden Jahr

Wie entwickelt sich die Hotelbranche 2022?

Wie entwickelt sich die Schweizer Hotellerie im

Jahr 2022? Welche Themen beherrschen die Branche

nach der eigentlichen Corona-Krise? Professor

Norbert Hörburger und Fachdozentin Lena Pescia

vom Institut für Tourismus und Freizeit der

Fachhochschule Graubünden wagen einen Ausblick.

TEXT Lena Pescia und Norbert Hörburger

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«Im Jahr 2022 werden die grossen Branchen-Themen wie Strukturanpassung, Kostenoptimierung, Digitalisierung und Fachkräftemangel wieder zur Chefsache.»

NORBERT HÖRBURGER

[01] Hotel Vitznauerhof am Vierwaldstättersee. «Die Schweizer Ferienhotellerie konnte in der Pandemiezeit neue Gäste gewinnen und sich teils sogar über ein Logiernächte-Plus freuen. Den Blick wiederum auf das Wesentliche gerichtet gilt es nun, diese neuen Gäste zu binden und durch perfekten Service auch weiterhin zu überzeugen» (Norbert Hörburger). Ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu und der Pulverdampf der Pandemie hat sich weitgehend verzogen. Das wachsende BIP, der sich erholende Konsum und die Wertschöpfungssteigerung im Dienstleistungssektor geben Grund zur Hoffnung, dass wir wirtschaftlich in eine Erholungsphase steuern und hoffnungsfroh das neue Jahr erwarten dürfen. Die Höhen und vor allem auch Tiefen nach fast zwei Krisenjahren sollten aber gerade die Hotellerie als Schlüsselbranche des Tourismus nicht dazu verleiten, sich jetzt im Klein-Klein des Tagesgeschäftes zu verlieren, sondern den Blick auf die wesentlichen Dinge zu richten und die grossen Branchenthemen anzugehen.

Wandel vom Business zum Erlebnishotel

Den Blick auf das Wesentliche gerichtet, erfordert diese Situation also von den Hotels einen Wandel vom Business- zum Erlebnishotel oder das Suchen von Auswegen im Bereich von gemischt genutzten Immobilien mit Serviced Appartements, Ladengeschäften, Praxen oder Büros. Für viele Stadthotels ist es Zeit, über grundlegende Veränderungen nachzudenken. Dies gilt insbesondere für die Vertragsgestaltung zwischen Eigentümer:innen und Betreiber:innen zur faireren Chancen- und Risikoteilung der Betriebs- und Unterhaltskosten.

Stadthotellerie neu und vielfältiger denken

Die Schweizer Stadthotellerie hatte – im Vergleich zur Ferienhotellerie – weit mehr unter der Coronakrise zu leiden. Selbst mit dem langsamen Wiedererstarken der Städtereisen ist festzustellen, dass der Strukturwandel auch in der Stadthotellerie angekommen ist und sich die Betriebe auf ein sich dauerhaft verändertes Ge schäftsumfeld einstellen müssen. Denn es ist davon auszugehen, dass ein Teil der Businessgäste aufgrund der Substitution von Meetings durch Videokonferenzen zu künftig wegfallen wird. Gleichzeitig wächst das Zimmerangebot in den Städten immer weiter, da derzeit noch viele, sich bereits in Umsetzung befindliche Pipeline-Projekte zur Fertigstellung kommen.

Der städtische Freizeittourismus ist ein BoomSegment

Städte, die über ein vielfältiges kulturelles Angebot verfügen, bieten Hotelbetrieben einen Standortvorteil und damit eine bessere Ausgangslage als reine «BusinessHubs». Dies umso mehr, da Städtereisen in Europa wieder zunehmen, die Reisemöglichkeiten in die USA und Asien jedoch noch stark eingeschränkt bzw. mit Risiken behaftet sind. Der städtische Freizeittourismus ist ein Boom-Segment und immer mehr Businessgäste entdecken die Möglichkeit, mehr mit ihrer Familie zusammen zu sein, wenn sie gemeinsam auf Tour gehen und das Notwendige mit dem Angenehmen verbinden.

Im Aufwind: Hybride Formen der Beherbergung

Zwischen der klassischen Hotellerie und der Parahotellerie bilden sich seit geraumer Zeit immer mehr hybride Formen der Beherbergung, und die Grenzen zwischen den verschiedenen Betriebsstrukturen verschwimmen. Beispiele sind Serviced Appartments, Co-Living-Spaces, Pop-UpNutzungen oder Ghost Kitchens. Diese neuen Konzepte vermögen es (je nach Ausgestaltung), neue Gästesegmente anzusprechen und flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren – Eigenschaften, die sich während der COVID-Pandemie auszahlten und auch bei zukünftigen Krisen entscheidende Erfolgsfaktoren darstellen dürften.

Strukturwandel in der Ferienhotellerie geht weiter

Die Schweizer Ferienhotellerie konnte in der Pandemiezeit neue Gäste gewinnen und sich teils sogar über ein LogiernächtePlus freuen. Den Blick wiederum auf das Wesentliche gerichtet gilt es nun, diese neuen Gäste zu binden und durch perfekten Service auch weiterhin zu überzeugen. Nicht jeder neue Gast wird zum Stammgast werden, aber viele können mit positiven Erlebnissen von wiederholten Aufenthalten überzeugt werden. Die (digitale) Mund-zu-Mund-Propaganda ist mehr denn je ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Die Corona-Hilfen der öffentlichen Hand haben den Strukturwandel in der Ferienhotellerie so gut wie «eingefroren». Er wird sich aber nach Auslaufen der Massnahmen unvermindert fortsetzen. Da in vielen Destinationen ein Überangebot an Zimmern besteht, droht qualitativ schlechteren Betrieben, welche über geringe freie Finanzmittel verfügen, früher oder später das Aus. Es muss kritisch evaluiert werden, welche Betriebe eine Fortführungsperspektive haben und welche in neuen Eigentums- und Betriebsmodellen aufgehen können. Eine Lösungsmöglichkeit besteht in der Bildung grösserer, attraktiverer, leistungsfähigerer und kostenoptimierter Einheiten. Eine andere erfordert den politischen Willen des Zulassens einer auch tatsächlich umsetzbaren Exit-Lösung im Rahmen einer Anpassung des Zweitwohnungsgesetzes. Eine schnelle Lösung ist hier aber nicht in Sicht.

Dem Fachkräftemangel auf allen Ebenen begegnen

Sowohl die Schweizer Stadt- als auch die Ferienhotellerie sind seit Jahren stark vom Fachkräftemangel betroffen. Die Coronakrise hat die Situation weiter verschärft und noch mehr Arbeitskräfte dazu getrieben, die Branche zu verlassen. Der Blick der Betriebsinhaber:innen muss also den be triebsinternen Prozessen gewidmet werden, um die Arbeitgebendenattraktivität zu steigern, die Mitarbeitendenzufriedenheit sicherzustellen und qualifizierte Mitarbeitende langfristig zu binden.

Eine Chance der Betriebsoptimierung besteht im Bereich der Digitalisierung der internen Prozesse. Ziel muss es sein, Mitarbeitende von Standardtätigkeiten zu entlasten, um ihnen Zeit für das Wesentliche zu schaffen: die Kommunikation mit dem Gast! Gelingt dies, trägt die Massnahme nicht nur zur Entlastung (und damit zur höheren Zufriedenheit) der Mitarbeitenden, sondern auch zur Steigerung der Servicequalität am Gast bei.

«Digitale Helfer» einsetzen

Durch die Digitalisierung der Warenwirtschaft sowie der Leistungs- und Personaleinsatzplanung können ebenfalls Zeit und Kosten gespart werden. Die Kosteneinsparungen könnten sinnvoll in Lohnerhöhungen investiert werden, was die Branche als Arbeitgeberin attraktiver machen und den Mitarbeitenden zu einem besseren Lebensstandard verhelfen würde. Die digitalen «Helfer» ermöglichen zudem die unkompliziertere und frühere Dienstplanung, was einen Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance der Mitarbeitenden leisten kann.

Ebenfalls müssen noch mehr (massgeschneiderte) Aus- und Weiterbildungsformate für geringqualifizierte Berufseinsteiger:innen sowie Quereinsteiger:innen angeboten und für sie passende Karrierepläne entwickelt werden. Die Qualität dieser Bildungsformate wird entscheidend sein, um potenzielle Arbeitskräfte und po tenzielle Arbeitgebende dauerhaft zusammenzubringen.

Der Fachkräftemangel muss in den Feriendestinationen ebenfalls über die Mitarbeitendenunterbringung angegangen werden. Dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe von mehreren Hotels mit den jeweiligen Ge meinden. Denkbar wäre im Rahmen eines genossenschaftlichen Modells, speziell ge widmetes Bauland für die Projektvorhaben zur Verfügung zu stellen und durch gemeinschaftliche Beteiligung entsprechende Unterkünfte zu realisieren. Denn es wäre äusserst schade, wenn mühsam aufgebaute Mitarbeitende verloren gingen, weil sie und ihre Familien sich die Lebenshaltung am Arbeitsort finanziell nicht leisten können.

Die grossen Themen im 2022

Im Jahr 2022 werden die grossen Branchenthemen wie Strukturanpassung, Kostenoptimierung, Digitalisierung und Fachkräftemangel wieder zur Chefsache. Dieser Problemmix mag zwar an den Vierklang Spiel, Spass, Spannung und Schokolade eines bekannten Werbeslogans erinnern, ist aber alles andere als ein süsses Vergnügen. Diesen Herausforderungen muss sich die Hotellerie auf jeder Branchenebene stellen, sei es einzelbetrieblich, im lokalen Verbund, auf Verbandsebene oder in der Politik. Wenn es als Einzelunternehmen nicht geht, müssen sich kooperative, partizipative Projekte diesen Themen gesamtstrategisch und im Miteinander annehmen und die künftig besser ausgestatteten Förderinstrumente des Bundes und der Kantone zusammen mit kompetenten Partnern nutzen. 

«Die CoronaHilfen der öffentlichen Hand haben den Strukturwandel in der Ferienhotellerie so gut wie eingefroren.»

LENA PESCIA

Die Autoren

Lena Pescia ist Dozentin am Institut für Tourismus und Freizeit der Fachhochschule Graubünden. Prof. Norbert Hörburger ist stellvertretender Leiter Forschung & Dienstleistung am gleichen Institut und ebenfalls Dozent.

«Hotelier»-Interview mit Marriott-CEO Anthony Capuano

«Die Mischung Business und Leisure wird immer wichtiger»

Anthony «Tony» Capuano ist seit Februar dieses Jahres CEO von Marriott

International, der weltweit grössten Hotelgesellschaft. Beim Internationalen Hotel-Investment-Forum in Berlin stellte er sich den Fragen von AHGZChefredaktor Rolf Westermann. «Hotelier» publiziert Auszüge aus dem Gespräch.

INTERVIEW Rolf Westermann

01

Tony, herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt. Sie haben Marriott in einer besonderen Zeit übernommen. Wie ist es im Fahrersitz des grössten Hotelunternehmens der Welt?

Ich bin nun 26 Jahre im Unternehmen und erst der vierte CEO in der Firmengeschichte. Es ist ein Privileg, das mit grossen Herausforderungen verbunden ist. Absolut interessant finde ich die Leidenschaft und Resilienz unserer Mitarbeitenden. Als ich kürzlich in Frankfurt war, habe ich einen Mitarbeiter getroffen, der sich freiwillig bei der Feuerwehr engagiert. Das hat mich nachdenklich gemacht – diese Person läuft auf die «Flammen» zu, und das gilt auch für unsere Mitarbeitenden. Wenn sie eine Krise angehen, denken sie darüber nach, wie wir unsere Situation verbessern und Probleme lösen können. Das ist für mich sehr inspirierend.

Wie viele Ihrer früheren persönlichen Begegnungen haben sich auf Videokonferenzen verlagert und was bedeutet Ihre Erfahrung für das Tagungsgeschäft der Hotels?

Heute Morgen hatten wir ein Video-Meeting und die Verbindung war schlecht. Es wurde immer wieder unterbrochen. Ich wurde daran erinnert, wie wichtig persönliche Kontakte sind, als ich in Washington ein persönliches Führungstreffen hatte. Da sieht man die Körpersprache, den Gesichtsausdruck. Selbst in den Kaffeepausen wurde viel gearbeitet. Unser Geschäft ruht auf tiefen Beziehungen. Technologien werden den persönlichen Austausch ergänzen, aber niemals ersetzen.

Mit welchem Rückgang von Businessreisenden rechnen Sie auf Dauer und wie füllen Sie die Lücke?

Das Geschäft wird zurückkommen, auch wenn die Erholung im Detail schwer vorherzusagen ist. Aber das Reisen bleibt ein Grundbedürfnis. Wenn etwa Griechenland öffnet, dann gehen die Buchungszahlen für unsere Hotels innerhalb kürzester Zeit nach oben. Das ist faszinierend zu sehen. Auch wenn Geschäftsreisen um zehn Prozent zurückgehen sollten, wird die Mi schung von Business- und Leisure-Reisen diesen Rückgang ausgleichen.

Ein stark wachsender Bereich ist die Vermietung von Privatunterkünften. Wie sieht die Entwicklung von Homes & Villas by Marriott International aus?

Auch hier sind wir schon früh gestartet, während der Pandemie ist die Nachfrage allerdings explodiert. Wir sind im April 2019 mit nur 2000 Einheiten gestartet, jetzt sind es über 30000 in mehr als 250 Destinationen. Bei Marriott gehört ein Top-Service dazu. Es gibt immer einen Ansprechpartner, bei dem man auch noch um Mit-

Marriott-CEO Anthony Capuano über den

Kampf um Talente

Der Kampf um die besten Talente gehört nach Einschätzung des neuen CEO von Marriott International, Tony Capuano, zu den wichtigsten Aufgaben der Zukunft. In der Covid-Krise hätten 20 Prozent der Mitarbeitenden die Branche verlassen, sagte der Marriott-Chef beim International Hotel Investment Forum (IHIF) in Berlin. Das sei eine der wichtigsten Veränderungen durch die Krise und gleichzeitig eine der grössten Herausforderungen für die Zukunft. Bei der Gewinnung von Talenten spiele auch das Thema Diversität eine wichtige Rolle. Für viele Mitarbeiterinnen sei es eine grosse Inspiration, dass bei Marriott viele hochrangige Positionen mit Frauen besetzt sind. «Aber unsere Arbeit ist noch lange nicht getan.»

Insgesamt zeigte sich Capuano optimistisch, dass Marriott gut durch die Krise kommt. Das Unternehmen habe schon verschiedene Zyklen überstanden, wie die Anschläge in New York oder die Finanzkrise. Und die resiliente Haltung der Mitarbeiter ermutige ihn für die Zukunft.

Quelle & Copyright: AHGZ, Deutschland, September 2021

ternacht den Schlüssel abholen und der sich etwa um eine kaputte Spülmaschine kümmern kann.

Der Börsenkurs hat sich seit dem Tiefpunkt im April 2020 wieder mehr als verdoppelt, ist aber nach der Ergebnisveröffentlichung des ersten Halbjahres Anfang August gesunken. Sind die Erwartungen der Märkte zu hoch?

Wir hatten ein atemberaubendes zweites Quartal. Ich bin sehr zufrieden mit unseren Ergebnissen und der Beschleunigung der globalen Erholung. Die enorme Ge samtverbesserung, die wir im zweiten Quartal sowohl bei der Auslastung als auch bei der Rate gesehen haben, zeigt, dass die Menschen es lieben, zu reisen und in unseren Hotels zu übernachten. Die Nachfrage wuchs im zweiten Quartal stetig. Die weltweite Auslastung stieg im Monat Juni ge genüber Mai um sechs Prozentpunkte auf über 55 Prozent. Die durchschnittliche Tagesrate war im Juni nur um 13 Prozent niedriger als im Juni vor zwei Jahren. Der Markt fokussiert sich aber weniger auf das zweite Quartal, er will Klarheit, wann die Pandemie vorüber ist. Das sind Fragen, die wir nicht beantworten können. 

Quelle & Copyright: AHGZ, Deutschland, September 2021. Autor: Rolf Westermann, Chefredaktor

[01] Marriott Hotel Zürich: «Die enorme Gesamtverbesserung, die wir im zweiten Quartal sowohl bei der Auslastung als auch bei der Rate gesehen haben, zeigt, dass die Menschen es lieben, zu reisen und in unseren Hotels zu übernachten» (Anthony Capuano).

[02] Marriott-CEO Anthony Capuano.

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Mariott International

Gründung

1927 in Washington D.C. durch J. Willard und Alice Marriott.

Fakten

Marriott mit Hauptsitz in Bethesda/ Maryland, USA, verfügt über ein Portfolio von mehr als 7800 Hotels in 138 Ländern und umfasst direkt und als Franchise betriebene Häuser sowie lizensierte Vacation Ownership Resorts unter dem Dach 30 führender Marken.

Mitarbeiter

121 000 (Stand: Ende 2020).

Umsatz 2020

10,5 Mrd. US-Dollar (2019: 21 Mrd. US-Dollar).

Vorsteuergewinn 2020

minus 466 Mio. US-Dollar (2019: 1,6 Mrd. US-Dollar).

Prognosen 2021

13 Mrd. US-Dollar Umsatz, 1,16 Mrd. US-Dollar Vorsteuergewinn.

Marken

30 Marken (u. a. Moxy, Marriott, St.  Regis, Ritz Carlton, Sheraton, Westin).

Grösste Marke

Courtyard by Marriott (1234 Hotels).

Treueprogramm

Marriott Bonvoy mit mehr als 153 Mio. Mitgliedern.

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