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Was, wenn alle Schweizer im eigenen Land Ferien machen?

Revenue Management-Experte Gianluca Marongiu über das Ferienland Schweiz 2021

Was, wenn alle Schweizer im eigenen Land Ferien machen?

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was passieren würde, wenn alle Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferien in der Schweiz verbringen würden? Dies könnte im Jahr 2021 Realität werden, so führen zum Beispiel im Tessin schon mehrere Hotels eine Warteliste für den Juli und August. Alle Destinationen am Wasser werden dieses Jahr besonders gefragt sein und sprechen von einem rekordverdächtigem Saisonstart, der viele Betriebe nach dem Lockdown auch überfordert hat. Die Bevölkerung hat all die Verbote und Einschränkungen im Alltag satt und begrüsst die laufenden Lockerungen des Bundesrats. Die Menschen wollen sich jetzt wieder etwas Gutes tun, sie wollen das Leben geniessen, Restaurants und Hotels besuchen, sie wollen reisen. Doch die Reiseeinschränkungen fürs Ausland werden im Sommer 2021 nur bedingt gelockert, was dazu führt, dass eben viele Eidgenossen in der Schweiz bleiben werden.

These 1: Im Jahr 2021 wird die Schweiz zum Ferienland der eigenen Bürger und Bürgerinnen.

Tourismusexperten sprechen von einem bevorstehenden Rekordsommer, der von Schweizer Feriengästen dominiert wird. Von klassischen Ferienwochen bis zu Familienrundreisen – die InlandGäste werden die Schweiz in den kommenden Sommerwochen neu entdecken – und diese Chance sollten sich die Hoteliers nicht entgehen lassen. Wir sollten uns jetzt auf eine intensive Saison vorbereiten – eine Saison mit vielen warmen Betten, die je nach Region auch sehr spontan besetzt werden können. Denn viele Schweizerinnen und Schweizer mögen und schätzen das Abenteuerland Schweiz und werden ihre Ferien erneut nicht am Pool oder am Strand im tiefen Süden (sprich am Meer) verbringen, sondern aktive SchweizTouren unternehmen, und davon profitieren vielleicht auch die Städte.

These 2: Viele Gäste und nur wenige Zimmer. Die Nachfrage im Sommer 2021 zieht an, aber die Hotels werden die Kapazität nicht erhöhen können.

In solchen Momenten wünscht sich jeder Hotelier doppelt so viele Zimmer, aber leider lassen sich verlorenen Zimmernächte nicht mehr nachholen. Dies ist eine der Grundregeln im Revenue Management – und das heisst: Wir werden in diesem Jahr erneut besonders auf die Preisgestaltung, die Restriktionen sowie StornoBedingungen achten müssen. Ein NachfrageÜberschuss könnte schon bald Realität werden und die Strategie muss erneut über Bord geworfen werden. Wir empfehlen – im Gegensatz zum letzten Jahr – die Preise eher anzuheben, aber auch nicht zu teuer in den Preismarkt einzusteigen, denn Schweizer Feriengäste sind sehr preissensitiv. Es gilt, je nach Region, eine gesunde Balance zu finden zwischen Preis, Mindestaufenthalt sowie StornoBedingungen. Besonders wichtig werden die Raten mit Abendessen sein, denn Gäste wünschen sich einen gesicherten Restaurantplatz im Hotel und wollen sich gegenüber den externen Gästen differenzieren. Wir empfehlen, das klassische Halbpensionsmenü zu eliminieren und mit Food Credits zu arbeiten, die dann à la carte eingelöst werden können. Hotelgäste können es ja kaum erwarten, wieder im Restaurant zu sitzen und lassen sich deswegen keine Wünsche offen, was die Auswahl der Speisen und Getränke betrifft.

These 3: Auf den richtigen Filter setzen, um den maximalen Gewinn zu erzielen.

Sollte die Nachfrage stark anziehen, so empfehlen wir, die technischen Filter einzusetzen wie zum Beispiel in gewissen Perioden nur Zimmer ab 3 Nächten mit Nachtessen zu verkaufen. Denn wenn man die Übernachtungen dem Zufall überlässt, könnte es passieren, dass Gäste an einem Samstag zehn individuelle Zimmer für eine Nacht (ohne Nachtessen) buchen, was im schlimmsten Fall zu weniger Umsatz und zu mehr Kosten führt. Am besten definiert man, welche Gäste man in diesem Sommer ansprechen will und richtet seine Strategie auf diese Zielgruppe aus. Kurzfristig kann man immer noch die Restriktionen lockern und das Haus mit SpontanReisenden füllen. Eine strategische Vorbereitung ist demnach unerlässlich, wenn man mit den beschränkten Kapazitäten eine Maximierung rausholen möchte. So wird Revenue Management endlich wieder zum Thema, nur wird der Fokus nicht mehr so stark auf dem Preis liegen wie vor Corona, sondern auf dem Gesamterlebnis für den Gast. «Totale Revenue Management», heisst jetzt das Motto. 

Der Autor

Gianluca Marongiu ist bei Swiss Hospitality Solutions (SHS) Managing Partner, Senior Consultant und Dozent.

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