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«Wir möchten in Europa unter die Top 3 vorstossen»

«Im Fokus unseres Wachstums in der Schweiz sind derzeit Städte wie Zürich, Bern oder Genf. Und wir sprechen auch mit Feriendestinationen, die von der CoronaKrise weniger getroffen wurden»

MARCUS BERNHARDT

Aktuell ein Hotel in der Schweiz

Die Deutsche Hospitality betreibt aktuell 118 Hotels, 42 sind in der Planung. Derzeit umfasst das Portfolio fünf Marken: Steigenberger Hotels & Resorts (Luxus), Maxx und Jaz in the City (Lifestyle), IntercityHotel (Mittelklasse) und Zleep (Economy). 2020 feierte Steigenberger den 90. Geburtstag, erstes Haus war der Europäische Hof in Baden-Baden, der seit vielen Jahren restauriert wird. In der Schweiz blieb von einem Steigenberger Trio nur noch das von glamourösen WEF-Partys her bekannte Belvédère in Davos übrig.

deutschehospitality.com

«Hotelier»-Gespräch mit Steigenberger-CEO Marcus Bernhardt

«Wir möchten in Europa unter die Top 3 vorstossen»

Als neuer CEO von Steigenberger hat der Churer

Markus Bernhardt grosse Pläne. Der chinesische Besitzer drängt

auf eine Expansion der deutschen Hospitality. Das Interview.

INTERVIEW Christoph Ammann BILD Henning Ross

Seit November 2020 führt Marcus Bernhardt die renommierte Hotelgruppe Deutsche Hospitality/Steigenberger Hotels AG. Der neue chinesische Besitzer Ji Qi holte den 60jährigen Schweizer (geboren in Chur) zu Steigenberger zurück. Nach seinem Wegzug aus der Schweiz 1996 arbeitete Bernhardt unter anderem im TopManagement der RadissonGruppe und von Gulf Air . Zuletzt war er für die globale Expansion des Autovermieters Europcar verantwortlich.

Marcus Bernhardt, erinnern Sie sich noch an Ihre Zeit als Direktor im Waldhotel National in Arosa?

Ja, wir verwandelten die Lobby des Hotels im Winter in ein Theater und spielten mit der ganzen Crew Musicals wie «Cats» oder «Les Misérables». Anspruchsvoll war «Starlight Express», als alle, vom Zimmermädchen bis zum Chef, auf Rollschuhen über das Parkett glitten. Dies wurde während der etwas ruhigeren Sommersaison eingeübt.

Als talentierter Skifahrer dürfte Ihnen das kaum Probleme bereitet haben?

Ich fuhr in meiner Jugend Rennen für den Bündner Skiverband, besuchte die Sportmittelschule in Davos und träumte von einer Karriere im Skisport. Aber mein Vater zog die Handbremse. Er sagte mir, ich sei zwar gut, aber zu wenig gut, um den Durchbruch zu schaffen.

Ich war natürlich enttäuscht, bin ihm heute aber dankbar. Hätte ich auf den Sport gesetzt, würde ich wohl nicht hier sitzen. ➤

[01] SteigenbergerCEO Marcus Bernhardt war zuletzt für die globale Expansion des Autovermieters Europcar verantwortlich.

[02] Steigenberger Hotel Belvedere Davos.

[03] Steigenberger Hotel Frankfurter Hof.

[04] Inter-City Hotel Berlin.

Neue Luxusmarke

Die Deutsche Hospitality vereint ihre Flagship-Hotels unter einer neuen Dachmarke: Unter dem Namen «Steigenberger Icons» positionieren sich aussergewöhnlich luxuriöse Steigenberger Hotels & Resorts, die sich durch ihren einzigartigen Qualitätsanspruch, ihre Lage und ihren besonderen geschichtlichen Hintergrund auszeichnen. Zu den ersten Steigenberger Icons zählen das Steigenberger Grandhotel & Spa Petersberg, der Steigenberger Frankfurter Hof, das Steigenberger Parkhotel Düsseldorf, das Steigenberger Grandhotel Belvédère Davos, das Steigenberger Wiltcher’s in Brüssel und das Steigenberger Grandhotel Handelshof Leipzig. Mit den Steigenberger Icons will die Deutsche Hospitality neue Massstäbe in der Luxushotellerie setzen.

«Jedes Steigenberger Icon erzählt seine eigene, unverwechselbare Geschichte», so Marcus Bernhardt, CEO Deutsche Hospitality. «Es gibt das legendäre Grandhotel Belvédère in Davos, in dem schon Arthur Conan Doyle seinen ‹Sherlock Holmes› schrieb und wo das Weltwirtschaftsforum gegründet wurde. Es gibt den Frankfurter Hof, auf dessen Fluren die Rolling Stones schon Fussball spielten und heute berühmte Autoren auf Nachwuchskünstler treffen. Jedes dieser Hotels ist in seiner Architektur, in seinem Service und in seiner Historie einzigartig. All diese Hotels sind im besten Sinne die Wohnzimmer ihrer Stadt, lokal verwurzelt und international ausgerichtet. Damit erfüllen sie alle die Kriterien, ein ‹Icon› zu sein.»

Sie übernahmen im vergangenen November die operative Führung der Steigenberger Hotels AG, als die zweite Corona-Welle die Hoffnung der Branche auf bessere Zeiten zunichte machte: Wie erlebten Sie den Start?

Als Steuermann muss ich das Schiff auch bei stürmischer See auf Kurs halten. Steigenberger hatte sich schon vor meiner Ankunft auf die Pandemie eingestellt und die richtigen Massnahmen getroffen. Die Deutsche Hospitality profitiert von ihrer 90jährigen Tradition und der Verankerung gerade in Deutschland. So konnten wir dank guter Kontakte zur Bundesregierung beispielsweise Armeeangehörige und Einsatzkräfte in unsern Häusern beherbergen, die zur Pandemiebekämpfung aufgeboten worden waren.

Wieviele Hotels mussten Sie schliessen?

Aktuell betreiben wir 118 Hotels auf drei Kontinenten. Zu Hochzeiten des Lockdowns im vergangenen Jahr waren teilweise nur knapp 30 Hotels geöffnet. Auch für uns ist die Situation schwierig. 2020 kam Steigenberger auf eine Durchschnittsauslastung von gerade mal 34 Prozent.

Beruhigend, dass die Steigenberger Hotels heute dem mächtigen asiatischen Huazhu-Konzern gehören: Haben Sie dessen Gründer und Chef Ji Qi schon persönlich getroffen?

Nein, wir kommunizieren über Video. Er kann pandemiebedingt noch nicht nach Europa reisen.

Wie muss man sich den Umgang mit einem der reichsten Männer Chinas vorstellen?

Ich hatte geschäftlich schon oft mit Asiaten zu tun und weiss, dass man diplomatisch vorgehen muss. Ji Qi ist sehr offen und klar in der Ansage. Er hat Robotik studiert, entsprechend digitalisiert sind seine Hotels. Mein oberster Chef ist ein aussergewöhnlicher Unternehmer, sonst hätte er nicht innerhalb von 15 Jahren den siebtgrössten Hotelkonzern der Welt aufgebaut mit fast 7000 Hotels und einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Dollar.

Wird aus der Deutschen Hospitality nun die Chinese Hospitality?

Es gibt eine klare geografische Trennung: Huazhu ist im asiatischpazifischen Raum engagiert, wir in Europa, dem Mittleren Osten, Indien und Afrika. Ji Qi war bis jetzt mit seinen Hotels nur im Ein bis DreisternSegment tätig. Mit Steigenberger erhält er nun Kompetenz im Luxusmarkt. Chinesische Hotelmarken werden vorläufig nicht nach Europa kommen, aber Huazhu wird acht SteigenbergerHotels in China eröffnen.

Wo sehen Sie Ihre grösste Herausforderung?

Huazhu hat uns einen Auftrag erteilt: Steigenberger soll stark wachsen. Wir streben ein Portfolio von 700 Hotels an und möchten unter die Top 3 der europäischen Hotelgruppen vorstossen. Dafür müssen wir die Deutsche Hospitality neu positionieren und strukturieren.

Gefährdet Corona die ambitionierten Ziele?

Nicht unbedingt. Es ist eine gute Zeit für Wachstum – weil viele Hotels einen neuen Betreiber suchen und Hotelgruppen zum Verkauf stehen. So können wir auch dank den Mitteln von Huazhu schnell anorganisches Wachstum kreieren.

Ahmen Sie Ihren ehemaligen Chef Kurt Ritter nach, der einst Radisson auf einen strammen Wachstumskurs trimmte?

Wir eröffneten bei Radisson in der Tat jeden elften Tag ein neues Hotel. Huazhu hingegen eröffnet in Asien drei neue Hotels – pro Tag. Natürlich können wir in Europa dieses Tempo unmöglich kopieren.

In der Schweiz gibt es nur noch ein Steigenberger – das Belvédère in Davos. Wann legen Sie in Ihrer Heimat wieder los?

Wir eröffnen dieses Jahr das IntercityHotel am Flughafen Zürich, 2022 ein Intercity in Genf und 2023 ein Zleep ebenfalls am Flughafen Zürich.

Die Pläne für drei neue MittelklasseHotels klingen recht unglamourös?

Wir verhandeln derzeit ein paar sehr interessante Projekte für Steigenberger. Im Fokus sind derzeit Städte wie Zürich, Bern oder Genf. Und wir sprechen auch mit Feriendestinationen, die von der CoronaKrise weniger getroffen wurden. Bei unsern Schweizer Plänen geht es um Synergien im deutschsprachigen Raum mit seiner hochwertigen und diversifizierten Kundschaft. Die Deutschen, die unsere Marken schätzen, werden nach der Pandemie wieder in die Schweiz reisen.

Was schätzen Sie persönlich an einem guten Hotel?

Den Kontakt zu den Mitarbeitenden, die gute Lage und das Umfeld.

Weilen Sie dank des neuen Arbeitsortes Frankfurt nun vermehrt in der Schweiz?

Wir sind als Familie seit 1996 auf der Welt unterwegs. Ich schätze, wir haben eben den 13. Umzug hinter uns. Meine Frau Bettina stammt aus Ascona, wir haben im Tessin ein Pied à terre, das wir dank der vergleichsweise kurzen Anreise nun mehr nützen. 

Quelle: Das Interview wurde als Erstabdruck in der Sonntagszeitung (Tamedia Verlag) publiziert.

«Es ist eine gute Zeit für Wachstum – weil viele Hotels einen neuen Betreiber suchen und Hotelgruppen zum Verkauf stehen»

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