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Wie schaffen die Hotels in Österreich den Turnaround?
Frage an Dr. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV):
Wie schaffen die Hotels in Österreich den Turnaround?
DR. MARKUS GRATZER Die CovidPandemie hat den österreichischen Tourismus seit mehr als 15 Monaten fest im Griff. Mit Aufkommen des Virus war schnell klar, dass die Branche einer jenen – wenn nicht der – Wirtschaftszweig ist, den es am härtesten treffen wird. Gleichzeitig ist es auch einer jener, die am längsten brauchen werden, um sich von den Folgen der Krise zu erholen und wieder auf die Beine zu kommen. Nach der anfänglichen Schockstarre, einem Sommer, der mancherorts über den Erwartungen lag, wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen immer deutlicher: Die Verluste des kompletten Runterfahrens und des anschliessenden zaghaften Wiederaufsperrens summierten sich rasch. Klaffte im April 2020 ein durchschnittliches Umsatzminus von 1,2 Millionen Euro in den Büchern der Hotelbetriebe, waren es im Januar 2021 rund 2,5 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so viel. Noch katastrophaler die Lage in den Städten. Dies bestätigen auch Konjunkturprognosen des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung: Das Tal, in das die CoronaKrise den Tourismus gestürzt hat, ist wirklich tief. Es wird Jahre dauern, bis die Branche wieder herauskommt. Sie wird noch länger Hilfe brauchen. War schon der Einbruch im Vorjahr beispiellos, sollen Reiseverkehrsexporte und Wertschöpfung heuer noch stärker fallen. Die Gesamtwirtschaft erhole sich allmählich, der Tourismus komme durch die nur schrittweise Aufhebung von Beschränkungen nur langsam in Schwung, so die Prognosen der Wirtschaftsforscher.
Vier Punkte für den Turnaround
Was braucht es nun, damit die Branche den Turnaround schafft und die kommende Sommer und Herbstsaison in Angriff nehmen kann? Vier konkrete Punkte helfen:
1. Planbarkeit
Seit einem halben Jahr befinden sich die Hotels im künstlichen Tiefschlaf: Touristische Nächtigungen sind untersagt, nur Geschäftsreisende dürfen in den Häusern absteigen. Gleichzeitig werden etwaige Öffnungstermine immer weiter nach hinten verlegt. Das Resultat: Planbarkeit gleich Null. Das kostet Geld und vor allem Nerven. Wenn man den Betrieben schon kein «Wann» geben kann, dann muss man ihnen zumindest ein «Wie» geben. Denn: Auch das ist Planbarkeit. Soll heissen: Unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Massnahmen können die Hotels öffnen, damit Gäste wieder genauso sicher wie im letzten Sommer willkommen geheissen werden können. Denn das sei auch erwähnt: CoronaInfektionen gab es bis dato in österreichischen Hotels noch keine. Hotels sind und waren sichere Aufenthaltsorte.
2. Mitarbeitende
Die Mitarbeitenden entpuppen sich als Knackpunkt für den Restart: Vor der Krise beschäftigten die Hotels im Durchschnitt 63 Mitarbeitende, für die Wiedereröffnung bräuchten sie 41. Durchschnittlich 9 Mitarbeitende je Betrieb haben die Branche seit Beginn der Krise verlassen, so die Ergebnisse einer aktuellen ÖHVUmfrage. Die Zahlen gilt es richtig einzuordnen: Dass ein Grossteil der Teams in den Betrieben gehalten werden konnte, ist ein Erfolg, dennoch gilt es die Lücke zu schliessen. Die hohe Arbeitslosigkeit ist ein Teil der Lösung: Mitarbeitende in den Tourismus hinein statt hinausvermitteln muss die Devise sein.
4. Durchimpfungsrate
Zu guter Letzt: Reisen, das ansatzweise dem entspricht, was wir alle kennen und lieben, wird nur wieder möglich sein, wenn wir das Impftempo in der Bevölkerung steigern. Sicherheit ist nicht nur die neue Währung im Tourismus, sondern auch das, was wir unseren Mitarbeitenden und Gästen schuldig sind. Eine rasche, EUweite Umsetzung des Grünen Passes ist dabei ein Gamechanger für den Tourismus. Hier müssen Brüssel und die nationalen Regierungen schnell handeln und liefern.
3. Liquidität
Es muss verhindert werden, dass mangelnde Liquidität die Wiedereröffnung gefährdet. Hilfen müssen schneller an die Betriebe ausgezahlt werden, damit diese über die Runden kommen. Eigene neue Instrumente werden entwickelt werden müssen, um die besonders stark angeschlagene Stadthotellerie weiter zu stützen. Ausserdem gilt, es die Deckel der EUHilfsrahmen optimaler zu nutzen. Vor allem hierbei gibt es noch einige Luft nach oben.
DR. MARKUS GRATZER