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Wie aus dem kleinen «Landhotel» ein

300 Jahre Hotel Belvoir, Rüschlikon (Zürichsee)

Wie aus dem kleinen «Landhotel» ein Top-Business-Haus wurde

Das Vier-Sterne-Hotel Belvoir in Rüschlikon am Zürichsee.

Eines der erfolgreichsten Business- und Freizeithotels der Schweiz.

Jetzt feiert das im Jahr 1721 eröffnete, ehemalige «Landhaus»

das 300-Jahr-Jubiläum. «Hotelier» sprach mit General Manager Daniel Kost über die Zukunft des Hauses in Post-Corona-Zeiten.

INTERVIEW Hans R. Amrein

Blick in die Geschichte

Vor 300 Jahren war es ein Lusthaus – und seit 300 Jahren ist es ein modernes Hotel: das Belvoir in Rüschlikon. Hier residierten grosse Dichter wie Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer oder Stefan Zweig. Hier wirkten grosse Unternehmer, nicht zuletzt war das Hotel von 1948 bis 1951 im Besitz der Migros Genossenschaft unter Gottlieb Duttweiler. Dank diesem Visionär erlebte das Belvoir nach dem Zweiten Weltkrieg einen veritablen Aufschwung und wurde zu einem der beliebtesten Ausflugsziele in der Region. In der heutigen Form feiert das Hotel sein 10-jähriges Jubiläum.

Die ersten Quellen datieren auf 1721: Das damalige Lusthaus aus dem 18. Jahrhundert war als Veranstaltungshaus für Feste, Theater und Bälle definiert. Auch sinnierte man, dinierte man, genoss Konzerte, lauschte der hohen Literatur und debattierte über Gott und die Welt. Heute befindet es sich im privaten Besitz einer lokalen Unternehmerfamilie, die es exakt vor 10 Jahren im heutigen modernen Kleid hat auferstehen lassen. Seit nunmehr 300 Jahren lassen sich Gäste von dieser einzigartigen Aussicht inspirieren, welche bereits seit 1721 ein beliebtes Fotosujet ist.

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[01] 60 Zimmer und Suiten, dazu attraktive Gastronomie und Wellnessangebote: Business- und LeisureHotel Belvoir hoch über dem Zürichsee.

[02] Alte Postkarte aus dem Hotel Belvoir.

[03] Das Hotel Belvoir in den 40er-Jahren.

[04] Ein Panoramabild aus dem Jahr 1930.

[05] Belvoir-Gastgeber und Direktor Daniel Kost: «Ein neuer Trend in der Schweiz ist zu beobachten: Ferien in der eigenen Stadt oder im Radius von 30 bis 60 Minuten.»

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Daniel Kost, wie haben Sie die bisherige Covid-Krise in Rüschlikon überlebt?

Zu Beginn der Pandemie im März 2020 war die allgemeine Unsicherheit in der Bevölkerung gross. Dies spürten wir auch bei den Hotelübernachtungen. Wir lancierten aber sofort und wohl als erstes Hotel in der Schweiz ein HomeOfficePaket. Wir spürten viel Vertrauen seitens unserer Gäste, zudem haben wir deutlich zugelegt bei der LeisureKundschaft. Denn unsere Lage vor den Toren Zürichs, hoch oben über dem See mit viel Platz und Luft, die zahlt sich jetzt mehrfach aus.

Hatten Sie Umsatzverluste und mussten Sie Mitarbeitende in Kurzarbeit schicken?

Ja, wir erlitten definitiv Umsatzverluste, vor allem in den Bereichen Seminare, Bankette und Gastronomie. Aus diesem Grund mussten wir unsere Mitarbeitenden für Kurzarbeit anmelden.

Wie war der Sommer/Herbst 2020? Und die Wintersaison (Februar) 2021?

Während der Sommersaison 2020 spürten wir den Nachholbedarf und konnten dadurch in all unseren Bereichen praktisch auf Vorjahresniveau arbeiten. In der Wintersaison punkteten wir – vor allem an den Weekends – mit dem Bedürfnis nach Auszeit mit Gourmet und Wellness. Ein neuer Trend in der Schweiz ist zu beobachten: Ferien in der eigenen Stadt oder im Radius von 30 bis 60 Minuten.

Haben Sie auch Sonderaktionen lanciert? Motto: Dine & Sleep?

Die Nachfrage nach Packages stieg im letzten Jahr enorm. Unser bestehendes GourmetPackage, das unter anderem ein Nachtessen in unserem 15GaultMillauPunkteRestaurant sowie die freie Nutzung der Wellnessanlage beinhaltet, war und ist ein sehr gefragtes Produkt. Auch unser TakeawayGericht lief erfreulich.

Immer mehr Westschweizer steigen in Hotels in der Deutschschweiz ab. Wie ist das bei Ihnen in Rüschlikon?

Ja, auch wir spüren die Reiselust der Romandie. Die Westschweizer kommen für einen CityTrip nach Zürich – und suchen bei uns über dem See Ruhe, Genuss, Aussicht und Erholung.

Das Hotel Belvoir ist in normalen Zeiten vor allem ein Business- und MICE-Hotel. Haben Sie derzeit überhaupt noch Businessgäste?

Moment mal, wir hatten auch vor der Pandemie schon einen hohen Anteil FreizeitGäste, vor allem an den Wochenenden. Und wir sind in der glücklichen Lage, dass wir während der ganzen PandemiePeriode weiterhin Businessgäste begrüssen durften und regelmässig kleinere Seminare organisieren konnten.

Trotzdem stellt sich die Frage: Werden Sie das bisherige Geschäftsmodell des Hauses aufgrund der Covid-Krise überdenken oder gar verändern?

Wir beschäftigen uns regelmässig mit unserer Strategie und Positionierung, besonders jetzt in der aktuellen Zeit. Ich darf sagen: Wir sind sehr gut positioniert – und wir konnten unsere Zielgruppen eher noch ausbauen.

Wagen wir eine Prognose (Stand Ende April): Ab wann herrscht im Hotel Belvoir in Rüschlikon wieder so etwas wie «neue Normalität?

Ich bin optimistisch, dass mit dem Fortschritt des Impfprogramms zumindest im Tourismus innerhalb Europas ein neuer Drive entstehen wird. Bei den hiesigen Gästen und Firmen beobachten wir eine solide und steigende Nachfrage, und wir werden weiterhin von Nachholeffekten profitieren können. Wie die «neue Normalität» exakt aussehen wird, das wissen wir alle noch nicht. Aber das Hotel Belvoir ist ja schon 300 Jahre alt – wie Sie wissen. Und deshalb hat es schon einiges an Wind und Wetter erlebt in diesen Jahrhunderten. 

«Bei den hiesigen Gästen und Firmen beobachten wir eine solide und steigende Nachfrage, und wir werden weiterhin von Nachholeffekten profitieren können.»

DANIEL KOST

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