André Ur w yler
E I N M A L P F A R R E R IMME R PFA RRE R
Erinnerungen
André Ur w yler
E I N M A L P F A R R E R IMME R P FA R R E R Erinnerungen
drei Ikonen zu André Urwylers 40. Geburtstag (1990) von seinen Kindern gemalt Nicole (13-jährig) «Abendmahl» Michael (9-jährig) «Arche Noah» Manuel (5-jährig) «Engel»
für
URSI NICOLE MICHI MÄNI MIT CARINE ELIA
Impressum Alle Angaben in diesem Buch wurden vom Autor nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihm und dem Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten. Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe. © 2018 Werd & Weber Verlag AG, CH-3645 Thun/Gwatt Texte André Urwyler, Bern Bildernachweis André Urwyler, Bern Werd & Weber Verlag AG, CH-3645 Thun/Gwatt Gestaltung Cover Michel Graf Satz und Gestaltung Susanne Mani Lektorat Thomas Hirt Korrektorat Lisa Inauen ISBN 978-3-03818-191-0 www.werdverlag.ch www.weberverlag.ch
INHALTSVERZEICHNIS Prolog ����������������������������������������������������������������������������������������������������� 8 Kindheit und Jugend 1950 –1976 ����������������������������������������������������������� 11 Aller Anfang ist schwer – aber spannend 1958–1976 ��������������������������� 33 Wahlern 1977–1983 ������������������������������������������������������������������������������ 55 Amsoldingen 1983–1989 ���������������������������������������������������������������������� 79 Köniz 1989–2011 ��������������������������������������������������������������������������������107 Sonderpfarramt 2011–2014 ����������������������������������������������������������������� 151 Im tätigen Ruhestand ab 2015 ������������������������������������������������������������157 Sieben Lebensjahrzehnte – meine Erinnerungen �������������������������������� 171 Statistik Amtshandlungen Pfr. André Urwyler (1972 – 2018) �������������174
PROLOG «Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an!», sang einst Udo Jürgens. Ob mein Sohn Manuel dieses Lied vor sich hatte, weiss ich nicht. Jedenfalls hat er mir 2016 zu meinem 66. Geburtstag ein schön gefasstes Buch mit leeren Seiten sowie zwei Kugelschreiber mit folgenden Worten geschenkt: «Du hast bisher so spannend Episoden aus deinem Leben erzählt, welche wir für später gerne festhalten möchten. Deshalb schenke ich dir dieses leere Buch mit der Bitte, deine Erinnerungen hier aufzuschreiben.» Ich war überrascht – und nicht sehr erbaut, da ich ahnte, dass mit diesem Geschenk ein rechtes Stück an Arbeit verbunden sein würde. Über einige Monate lag das leere Buch in meinem Büchergestell, mahnte mich immer wieder an meine «Pflicht», reizte mich einerseits und hielt mich anderseits ab. Als ich dann aber für eine einstündige Radiosendung im Radio BEO (Berner Oberland) zu meinen Pfarr-Erlebnissen interviewt und die Sendung 2017 ausgestrahlt wurde, machte ich mich sachte an die Arbeit und schrieb meine Erinnerungen zwar nicht von Hand in besagtes Buch (das war mir dann doch zu viel Aufwand), aber tippte sie «nadisnah» in meinen Computer. Ich bin selber erstaunt, wie viel an Lustigem und Besinn lichem «obsi» kam, und meine Dankbarkeit für ein wunderschönes, spannendes und vor allem begegnungsreiches Leben wurde bei der Schreibe und Rückschau bald einmal sehr gross. Begegnung ist wohl das, was man den roten Faden in meinem ganzen Leben nennen kann. Begegnungen über das Weltliche hinaus – durchaus fest auf dem Boden der Realität stehend, den Blick aber nicht beständig auf diesen Boden konzentriert, sondern die Verbindung nach oben suchend und auch empfangend. Oftmals habe ich von meinen Gemeindegliedern den Ausdruck «dä da obe» gehört. Die vertikale Linie alleine führt jedoch zur Eindimensionalität («I ha’s scho guet mit däm da obe, Herr Pfarrer, und das längt mer!»). Zum «du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und deinem ganzen Verstand» gehört unabdingbar die horizontale Ausrichtung dazu: die Mitmenschen, die ganze Kreatur links und rechts. Gleich wichtig wird das zweite genannt: «liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst». Die vertikale und die horizontale Begegnungsrichtung sind aufeinander bezogen und ergeben das, was wir als das Symbol des christlichen Glaubens kennen, das Kreuz. Von solchen Begegnungen – spirituellen und weltlichen – will ich in diesem Buch erzählen. 8
Ich hoffe, mit meinen Erinnerungen einen zeitgeschichtlichen Einblick in ein Leben in der zweiten Hälfte des 20. und der ersten des 21. Jahrhunderts geben zu können – aus einer beschaulichen, gutbürgerlichen in eine sich stark wandelnde Welt, alles im Bewusstsein, unverdientermassen auf der privilegierten Seite der Menschheit geboren zu sein, immer ein Dach über dem Kopf, von liebenden Eltern erzogen, genug zu essen, herrliches Trinkwasser direkt aus dem Hahn, gute Ausbildungsmöglichkeiten, beste medizinische Versorgung, Krieg nur vom Hörensagen, Kritik üben können ohne Angst vor Repressionen. Bern, im Jahre 2018
Mein Dank geht an Bernhard Linder fürs Mutmachen und weitere Beratungen Joanne Urwyler fürs erste Layout Ursula Urwyler fürs Korrigieren sowohl der Tippfehler als auch einiger Erinnerungen an die «Crew» des Weber Verlages: Annette Weber, Thomas Hirt, Lisa Inauen, Michel Graf, Franz Zölch
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KINDHEIT UND JUGEND
1950 –1976
Anscheinend gefiel es mir im Bauch meiner Mutter dermassen gut, dass ich beschloss, gar nicht erst rauszukommen. Der Geburtstermin war auf Ende Juli geplant – ich kam nicht. Papi freute sich, dass sein erstes Kind mit ihm Geburtstag feiern würde (16. August) – ich kam nicht. Schliesslich konnte man nicht länger zuwarten und beschloss, mich per Kaiserschnitt gut drei Wochen nach Termin zu holen. Am Samstag, den 26. August 1950, wurde Mami über die Strasse (!) in den Operationssaal gekarrt, die Morgenglocke läutete. Eine halbe Stunde später wurde ich unsanft aus meiner gewohnten Umgebung rausgerissen, alles Schreien und Wehren half nichts. Der Verspätung wegen sah ich dermassen schrumpelig aus, dass man beschloss, dieses unschöne Baby den Eltern vorerst nicht zu zeigen. Als am Nachmittag Mami ihr erstes Kind immer noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, weinte es und glaubte, ihr Kind sei gestorben. Papi schlug Alarm. Es nützte, endlich wurde ich – immer noch schrumpelig und verbeult – meinen Eltern vorgeführt. Von da an war ich für Papi der «Pünti», später dann der «Chlöisi», wieso auch immer. Getauft wurde ich jedoch auf die Vornamen André Max. Dies in der neuen Kirche von Wabern durch den späteren Münsterpfarrer Müller, der mir Jahre später Religionsunterricht am Gymer erteilte. Mein Götti kam per Bahn von Biel und typisch für ihn zeitlich sehr knapp, rannte den Tramschienen nach Richtung Wabern und machte auf diesen Schienen «Tramstop», was scheinbar funktioniert hat. An der Taufe selber habe ich den Berichten nach durchgeschrien, sodass ich viel später bei meinen Taufakten einem schreienden Kind nie böse sein konnte, war ich doch selber nicht besser. An die Zeit an der Chutzenstrasse 50 in Bern erinnere ich mich nicht mehr, denn bereits anfangs 1951 zügelten Urwylers …
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Chutzenstrasse Bern
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… an die Gebhartstrasse 19 ins Liebefeld in der Gemeinde Köniz, wo ich meine ganze Kindheit und Jugend verbrachte. Dass wir an der Gemeindegrenze zu Bern wohnten, sah man schon dadurch, dass die Gemeinde Köniz von der BKW ihren elektrischen Strom bezog, Bern jedoch von der EWB. Die BKW hatte regelmässig Stromausfall, man musste in der Wohnung mit Kerzenlicht rumlaufen – und vis-à-vis erstrahlten die Wohnungen in hellstem Licht! Gebhartstrasse Liebefeld
1951
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Schon früh wollte ich nie «bevormundet» ins Bett oder sonst wo zur Ruhe gestellt werden – es musste immer etwas laufen. So kletterte ich als ganz Kleiner auf das Balkongeländer, die Nachbarin sah es und telefonierte meiner Mutter, welche sich auf allen vieren anschlich und mich dann ruckartig vom Geländer herabzog. Beim obligaten Mittagsschläfli überwand ich regelmässig das Kinderbettgitter; die Kinder draussen waren etwas erstaunt, dass der kleine André im Pyjama oder Nachthemdchen spielen kam, bis die Eltern entnervt diesen verhassten Mittagsschlaf abschafften. 1952
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Und auch das unbemerkte Loslösen von Mamis Hand in der Stadt beherrschte ich perfekt. Einmal hat das geschockte Mami den kleinen A ndré in den Lauben gesucht, gerufen, ist rauf- und runtergerast und hat sich über den «Trübu» Menschen vor einem Schaufenster genervt, bis es selber einen Blick ins weihnachtlich geschmückte Schaufenster des damals berühmten Spielzeuggeschäfts «Franz Carl Weber» geworfen hat. Und wer war dort seelenvergnügt am Spielen? Der kleine André im roten Mäntelchen – zum grossen Gaudi der Passanten. Wie er dort rein gekommen ist, bleibt sein Geheimnis. 1953
1953
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André Ur w yler
E I N M A L PFARRER IMMER PFARRER Erinnerungen André Urwyler, geboren 1950 in Bern, aufgewachsen in der Gemeinde Köniz. Primarschule Liebefeld, Progymnasium Bern, Literargymnasium Bern-Kirchenfeld, theologische Fakultät der Universität Bern. Vielfältiges Engagement in der Jugendarbeit (Pfadfinder, Junge Kirche, diverse Jugendklubs und -verbände). Werkstudent als Aushilfelehrer und Taxifahrer. Lernvikariat in Schwarzenburg, Pfarrstellen in Wahlern-Schwarzenburg, Amsoldingen, Köniz und im Seeland. Mitglied in der kantonalen Kirchensynode und Abgeordneter im Schweizerischen Kirchenbund. Aktivitäten schwergewichtig in sozialen Verbänden, Stiftungen und Vereinen. Seit Ende 2014 im «tätigen Ruhestand». Urwyler ist verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern, Grossvater und wohnt in der Altstadt von Bern. «Pfarrer, Geistlicher, Hochwürden, Seelenhirt, Diener Gottes, Wanderprediger, Mönch, Pfaffe oder eher Bruder – was trifft zu? Jedenfalls ein absolut umfassender, vielseitiger und faszinierender Beruf. Dazu gehören das Predigen, die Taufen und das Abendmahl, Konfirmationen, Bibelstunden, Trauungen, Beerdigungen. Dies nebst Vorträgen, Gemeindereisen, Altersferienwochen, Begleiten von Vikaren und Beratung von Menschen, die vom Hochseil des Lebens heruntergepurzelt sind. Urwyler erlaubt seinen Lesenden Einblick in eine komplexe, ja direkt polychrome Tätigkeit eines Pfarrers, die farbiger kaum sein könnte.» Bernhard Linder, ehemaliger Kirchenschreiber der reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn
Werd & Weber AG Verlag CH-3645 Thun / Gwatt www.weberverlag.ch www.werdverlag.ch
ISBN 978-3-03818-191-0