Der Einsatz von Forensic Nurses im schweizerischen Gesundheitswesen
Second-Victim-Phänomen: Wenn Fehler belasten
Organspende und Transplantation in der Schweiz – heute & morgen
Nahtoderfahrungen – Ein Résumé nach 50 Jahren Forschung
Anästhesie Journal 2 – 2025 Impressum | Agenda
Impressum
Anästhesie Journal 2, Juni 2025
Offizielles Organ der Schweizerischen Interessengemeinschaft für Anästhesiepflege SIGA-FSIA Erscheint vierteljährlich
Auflage Printausgabe: 2000 Exemplare
Auflage E-Paper: 130
Autorenrichtlinien unter https://siga-fsia.ch/mitglieder/journal/ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird teilweise auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für Frauen und Männer.
Verlag, Inserateverwaltung
Schweizerische Interessengemeinschaft für Anästhesiepflege SIGA-FSIA
Wenn nicht anders vermerkt, sind die Bilder auf den nachfolgend aufgeführten Seiten von Adobe Stock. S. 12/13: romankrykh, S. 18: boyloso, S. 27: Evrymmnt
Agenda SIGA-FSIA
Journal d'anesthésie 2, juin 2025
Organe officiel de la Fédération suisse des infirmières et infirmiers anesthésistes SIGA-FSIA Paraît trimestriellement
Edition imprimée: 2000 exemplaires
Edition E-Paper: 130 Directives pour les auteurs: https://siga-fsia.ch/mitglieder/journal/ Pour des raisons de lisibilité, nous avons partiellement renoncé à l’emploi simultané de la forme masculine et de la forme féminine. Toutes les désignations de personnes se rapportent aux personnes des deux sexes.
Edition, Administration des annonces Fédération suisse des infirmières et infirmiers anesthésistes SIGA-FSIA Bahnhofstrasse 7b, 6210 Sursee 041 926 07 65 info@siga-fsia.ch siga-fsia.ch
Toutes les photos sur les pages suivants sont d’Adobe Stock, sauf mention contraire. p. 5: Samuel B., p. 15: Ermolaev Alexandr, p. 16: Satjawat
Datum | date | data Veranstaltung | Manifestation | L'evento Ort | Lieu | Posizione
25. Oktober 2025 Herbstsymposium Anästhesie-Pflege Basel
25 octobre 2025 12e symposium du GIAL Lausanne
7. November 2025 SIGA-FSIA Friday mit Hauptversammlung Lausanne
7 novembre 2025 SIGA-FSIA Friday avec assemblée générale Lausanne
6. – 8. November 2025 SwissAnaesthesia Lausanne
6 – 8 novembre 2025 SwissAnaesthesia Lausanne
18. April 2026 Anästhesiekongress SIGA-FSIA
18 avril 2026 Congrès d’anesthésie SIGA-FSIA
9. Mai 2026 WCNA World Congress of Nurse Anaesthetists
Bern
Berne
Brisbane, Australien
Editorial
Liebe Kolleg:innen, liebe Leser:innen
Der Anästhesiekongress 2025 ist bereits wieder Vergangenheit. Auch dieses Jahr konnten wir viele spannende Themenbereiche aus der weiten Welt der Anästhesie und Medizin (neu) entdecken. Bereits zum zweiten Mal fand der Kongress in Bern statt und ebenfalls zum zweiten Mal wurden die Poster nicht nur in der Ausstellung, sondern auch in Video-Clips von den Autor:innen vorgestellt. Dabei wurden verschiedene Aspekte aus der Arbeitswelt der Anästhesie beleuchtet. Ganz herzlich möchten wir dem:der Gewinner:in des Posterpreises gratulieren! Weiter möchte ich mich an dieser Stelle auch für die kontinuierliche Arbeit der Mitglieder der Kommission Event bedanken, die wiederum einen spannenden Kongress organisiert haben. In diesem Sinne: Bis im nächsten Jahr in Bern!
In diesem Journal möchten wir Euch ein bisschen aus der direkten Welt der Anästhesie entführen und den Blick weiten. Malaika Vetter sensibilisiert uns für die wichtige Arbeit einer Forensic Nurse in der Schweiz. In Ihrem Artikel plädiert sie dafür, bei der Versorgung von Patient:innen bei unklaren Verletzungsmustern genauer hinzuschauen – zum Schutz der körperlichen Integrität der Patient:innen. Bei Verdacht auf körperliche Gewalt sollte unbedingt in Erwägung gezogen werden, diese speziell ausgebildeten Pflegenden beizuziehen. Was wissen wir eigentlich über Nahtoderfahrungen? Reto Eberhard, Gründer und Präsident der Schweizerischen Informationsplattform für Nahtoderfahrungen gibt uns einen spannenden Einblick in den aktuellen Stand der Forschung. Während zahlreiche Betroffene von ihren Erlebnissen berichten, bleibt die wissenschaftliche Evidenz bislang eher gering. Das Second-Victim-Phänomen findet im Alltag häufig wenig Beachtung. Thomas Nyffeler beschreibt anschaulich, wie stark medizinische Fachpersonen unter Fehlern oder kritischen Ereignissen in der
Betreuung von Patient:innen leiden können. Auch wenn es sich nicht um Einzelfälle handelt, werden sie oft übersehen! Franz Immer legt uns abschliessend in seinem Artikel die zwei Varianten der Widerspruchslösung im Bereich der Organspende dar. Er beschreibt anschaulich den Unterschied zwischen der erweiterten und engen Widerspruchslösung und welche Konsequenzen dies für Betroffene und Angehörige haben kann – ein Thema, das uns alle angeht.
Wir hoffen, dass wir Themen zusammengestellt haben, welche sich zum Lesen lohnen. In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Lektüre und weiterhin viel Interesse an eurem Beruf.
Habt ihr Ideen für zukünftige Artikel? Möchtet ihr selbst einen Beitrag verfassen oder uns Feedback zu einem Artikel oder einer Ausgabe geben? Dann freuen wir uns auf eure Rückmeldungen.
Bleibt gesund und bleibt neugierig!
Tobias Ries Gisler
Inhaltsverzeichnis | Sommaire
Anästhesiekongress SIGA-FSIA 6
Congrès
SMEDEX-AKTION: 20 % RABATT AUF DEINE WEITERBILDUNG
In Zusammenarbeit mit SMEDEX haben alle Teilnehmenden am Anästhesiekongress einen kostenlosen Credit zum Einlösen auf der Weiterbildungsplattform Smedex erhalten. Zusätzlich erhältst du als Mitglied der SIGA-FSIA noch 20 % Rabatt auf alle weiteren Einkäufe von Credits für Weiterbildungen auf smedex.ch. Den RabattCode dazu findest du demnächst im geschützten Mitgliederbereich auf unserer Unterseite unter «Mitglieder» > «Mitgliedervergünstigungen» oder über den nachfolgenden QR-Code.
Anästhesiekongress 18. April 2026
SIGA - FSIA
Congrès dʼanesthésie 18 avril 2026
Kursaal Bern (Berne)
WORKSHOPS «SIGA-FSIA FRIDAY» AN DER SWISSANAESTHESIA 2025
Die diesjährige SwissAnaesthesia der SSAPM und SIGA-FSIA findet vom 6. – 8. November 2025 im Beaulieu in Lausanne statt. Die SIGA-FSIA organisiert wie jedes Jahr am Freitag, 7. November, den SIGAFSIA Friday mit interessanten deutschen und französischen Workshops rund um die Anästhesiepflege. Im Rahmen dieses Programms findet auch die diesjährige Hauptversammlung mit der Wahl des neuen Präsidiums statt. Die Jahresrechnung 2024 wurde auf der Website siga-fsia.ch unter «Über uns» > «Hauptversammlungen» publiziert. Weitere Informationen zur SwissAnaesthesia findest du auf swissanaesthesia.ch
ANÄSTHESIEKONGRESS «BLACKOUT» – 18. APRIL 2026 IN BERN
Der nächste Anästhesiekongress wird am Samstag, 18. April 2026, zum dritten Mal im Kursaal Bern stattfinden. Namhafte Referent:innen werden aktuelle und relevante Themen aus der Anästhesie darlegen und vertiefen. In der grossen Industrieausstellung werden die neuesten Produkte präsentiert und die Aussteller:innen freuen sich auf den Austausch mit dir. Trag dir das Datum bereits ein!
save the date
Traduction française simultanée
WILLKOMMEN, LIEBE FUNKTIONÄR:INNEN
Marc Zublasing und Ilona Schumacher sind in die Kommission SIGA-FSIA Education eingetreten. Wir begrüssen sie herzlich und freuen uns auf ihre tatkräftige Unterstützung!
DANKE UND BYE-BYE, LIEBE FUNKTIONÄRIN!
HERBSTSYMPOSIUM BASEL
AM 25. OKTOBER 2025
Das 12. Herbstsymposium findet zum Thema «Im Fokus» am Samstag, 25. Oktober 2025, im Universitätsspital Basel statt. Das Programm wird bis im Spätsommer online auf pflegesymposium-basel.ch publiziert. Trag dir das Datum bereits ein!
DIE SIGA-FSIA AM PFLEGEKONGRESS
SBK-ASI
Wie jedes Jahr hat die SIGA-FSIA am Schweizer Pflegekongress SBK-ASI vom 7. – 8. Mai 2025 in Bern teilgenommen. Mitglieder der Kommission SIGA-FSIA Education betreuten unseren Stand und zeigten Tätigkeiten der Anästhesiepflege, um unseren Beruf in der Welt der Pflege besser bekannt zu machen. Durch unsere Präsenz versuchen wir auch, junge Pflegefachpersonen für das Nachdiplomstudium in Anästhesiepflege zu motivieren. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, an Schnuppertagen in ausgewählten Anästhesiekliniken in der ganzen Schweiz teilzunehmen und beantworten alle ihre Fragen.
Wir verabschieden Petra Birrer aus der Kommission SIGA-FSIA Event. Wir danken ihr herzlich für das Engagement für die SIGA-FSIA und wünschen ihr viel Erfolg auf ihrem weiteren Weg.
Ronny Lindegger, Michèle Giroud und Markus Gautschi am SIGA-FSIAStand am Schweizer Pflegekongress
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SYMPOSIUM DU GIAL LE 25.10.2025 –POUR LA PREMIÈRE FOIS À LAUSANNE!
Envie de sortir de la routine, d’élargir tes horizons et de découvrir des sujets d’actualité directement liés à ta pratique professionnelle? Ne rate pas le 12e Symposium du GIAL, organisé pour la première fois à Lausanne le samedi 25 octobre 2025!
Cette édition t’offre une journée enrichissante, ponctuée de
conférences passionnantes, soigneusement sélectionnées pour stimuler ta réflexion et renforcer tes compétences. À noter que cette année, les présentations se feront sans traduction simultanée.
Et ce n’est pas tout, participe à notre mini quiz et tente de gagner un bon d’achat chez Galaxus d’une valeur de 250 francs!
Découvre vite le programme complet et inscris-toi dès maintenant sur: siga-fsia.ch/gial-symposium
ATELIERS «SIGA-FSIA FRIDAY»
À LA SWISSANAESTHESIA 2025
Le congrès SwissAnaesthesia de la SSAPM et de la SIGA-FSIA aura lieu du 6 au 8 novembre 2025 à Beaulieu à Lausanne.
Comme chaque année, la SIGA-FSIA organise le vendredi 7 novembre le SIGA-FSIA Friday avec des ateliers intéressants sur les soins d’anesthésie en français et en allemand. Dans le cadre de ce programme aura également lieu l’assemblée générale annuelle avec l’élection de la nouvelle présidence. Les comptes annuels 2024 ont été publiés sur le site internet sigafsia.ch/fr sous «À propos de nous» > «Assemblées générales». Tu trouveras plus d’information sur le congrès SwissAnaesthesia sur swissanaesthesia.ch
12e Symposium du GIAL
25 octobre 2025
Les exposant-e-s industriels seront à votre disposition pour vous renseigner et pour vous présenter leurs nouveaux produits. Tu peux d’ores et déjà réserver cette date dans ton agenda!
et ont présenté des activités des soins d’anesthésie afin de faire mieux connaître notre profession dans le monde des soins infirmiers. Par notre présence, nous essayons aussi de motiver des jeunes infirmier-ère-s pour les études post diplômes en soins d’anesthésie. Nous leur offrons la possibilité de participer à des journées d’initiations dans certains services d’anesthésie dans toute la Suisse et répondons à toutes leurs questions.
CONGRÈS D’ANESTHÉSIE «BLACKOUT»
LE 18 AVRIL 2026 À BERNE
Le prochain congrès d’anesthésie aura lieu le samedi le 18 avril 2026 pour la troisième fois consécutive au Kursaal de Berne. Des orateurs et des oratrices renommé-e-s vous exposeront des sujets pertinents et d’actualité sur l’anesthésie.
LA SIGA-FSIA AU CONGRÈS SUISSE
DES SOINS INFIRMIERS DE L’ASI
Comme chaque année, la SIGA-FSIA était présente au congrès suisse des soins infirmiers du 7 à 8 mai 2025 à Berne. Des membres de la commission SIGA-FSIA Education se sont occupés de notre stand
SOYEZ LES BIENVENUS, CHERS RESPONSABLES!
Marc Zublasing et Ilona Schumacher sont entrés dans la commission SIGA-FSIA Education. Nous leur souhaitons la bienvenue et nous réjouissons de leur soutien actif!
MERCI ET AU REVOIR, CHÈRE RESPONSABLE!
Nous prenons congé de Petra Birrer de la commission SIGA-FSIA Event. Nous la remercions chaleureusement pour son engagement en faveur de la SIGA-FSIA et lui souhaitons beaucoup de bonheur pour la suite.
Anästhesiekongress 2025 in Bern
Am 3. Mai 2025 war es wieder so weit: Der SIGA-FSIA Kongress fand zum zweiten Mal im Kursaal Bern statt und bot uns allen einen spannenden und abwechslungsreichen Tag. Mit 650 Teilnehmenden und 38 Ausstellenden war der Kongress auch dieses Jahr ein grosser Erfolg. Unsere Referentinnen und Referenten haben mit viel Engagement und Fachwissen überzeugt. Sie haben die aktuellen Themen praxisnah, verständlich und mit einer guten Prise Humor vermittelt. So konntest du dein Wissen auffrischen, neue Impulse für den Berufsalltag mitnehmen und dabei auch gemeinsam lachen.
In den Pausen präsentierten die Ausstellenden die neuesten Entwicklungen und Innovationen aus der Anästhesietechnik. Du hattest die Möglichkeit, dich über aktuelle Trends zu informieren, Kontakte zu knüpfen und dich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen.
Ein herzliches Dankeschön geht an alle Referierenden und Ausstellenden – durch euren Einsatz wurde der Kongress zu einem rundum gelungenen und ereignisreichen Erlebnis.
Den stimmungsvollen Abschluss bildeten der gemeinsame Apéro und das anschliessende Abendprogramm auf der Grossen Schanze. Bei schönstem Wetter, feinem
Essen und guten Gesprächen konnten wir den Tag gemeinsam ausklingen lassen.
Das positive Feedback zum Kursaal Bern freut uns sehr und motiviert uns für die Organisation des nächsten SIGA-FSIA-Kongresses am 18. April 2026. Das Thema wird dann «Blackout» sein – wir sind gespannt und hoffen, gemeinsam mit dir Licht ins Dunkel bringen zu können.
Vielen Dank, dass du dabei warst – wir freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr!
Deine Kommission SIGA-FSIA Event
Congrès d’anesthésie 2025 à Berne
Le 3 mai 2025, le moment était enfin venu: le congrès d’anesthésie SIGA-FSIA s’est tenu pour la deuxième fois au Kursaal de Berne et nous a offert une journée passionnante et variée. Avec 650 participante-s et 38 exposant-e-s, l’événement a une fois de plus rencontré un franc succès. Nos intervenant-e-s ont su convaincre par leur expertise, leur engagement et une bonne dose d’humour. Les thèmes actuels ont été abordés de manière concrète et accessible. Tu as ainsi pu rafraîchir tes connaissances, trouver de nouvelles idées pour ton quotidien professionnel – et partager des éclats de rire.
Pendant les pauses, les exposant-e-s ont présenté les dernières évolutions et innovations en matière de technologie d’anesthésie. Tu as eu l’occasion de découvrir les tendances du moment, de nouer des contacts et d’échanger avec d’autres collègues.
Un grand merci à tou-te-s les intervenante-s et exposant-e-s: grâce à vous, le congrès a été une expérience réussie et riche en événements.
L’apéritif commun et le programme de la soirée à la Grosse Schanze ont clôturé cette journée en beauté – sous un ciel radieux, autour d’un bon repas et dans une ambiance chaleureuse.
Les retours positifs concernant le Kursaal de Berne nous réjouissent et nous motivent pour l’organisation du prochain congrès d’anesthésie SIGA-FSIA, qui aura lieu le 18 avril 2026. Le thème en sera «Blackout» – nous sommes curieux-ses de découvrir ce que cette journée nous réserve et espérons faire la lumière sur le sujet avec toi.
Votre commission SIGA-FSIA Event
Ganz herzlichen Dank unseren «big needle»-Sponsoren: Un grand merci à nos sponsors «big needle»:
Ganz herzlichen Dank unseren «small needle»-Sponsoren: Un grand merci à nos sponsors «small needle»: Merci beaucoup d’avoir été là – nous nous réjouissons déjà de vous revoir l’année prochaine!
Politik in Bewegung
Neue Dienstleistung für unsere Mitglieder
Ein zentrales strategisches Ziel der SIGA-FSIA ist es, ihren Mitgliedern ein attraktives und vielseitiges Fortbildungsangebot bereitzustellen. Seit Jahren organisieren wir erfolgreich den Anästhesiekongress, den SIGA-FSIA Friday im Rahmen von SwissAnaesthesia, das Symposium du GIAL sowie eine Fortbildung in Lugano. Ergänzt wird dieses Angebot durch spannende Fachartikel in unserem Anästhesiejournal.
Was bislang fehlte, war ein E-LearningAngebot. E-Learning bietet zahlreiche Vorteile: Lernen ist zeit- und ortsunabhängig möglich – ideal für Berufstätige oder Eltern. Die Inhalte können im eigenen Tempo bearbeitet werden, Reise- und Übernachtungskosten entfallen.
Ein qualitativ hochwertiges E-LearningAngebot aufzubauen, erfordert jedoch erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen. Deshalb haben wir die Zusammenarbeit mit einem professionellen Anbieter gesucht – mit Erfolg: Ich konnte eine interessante Kooperation mit dem CEO von Smedex vereinbaren. Smedex ist eine E-Learning-Plattform für Pflegefachpersonen, Ärzt:innen, Rettungskräfte und die Feuerwehr. Die dort verfügbaren Lernvideos decken eine Vielzahl relevanter Themen ab. Die Inhalte wurden von der Kommission SIGA-FSIA Education geprüft und empfohlen.
Alle Teilnehmenden unseres letzten Kongresses erhielten einen Gutschein für eine zertifizierte Fortbildungsstunde als Probelektion. SIGA-FSIA-Mitglieder profitieren zudem von einem Rabatt von 20 % auf den Kauf von Credits. Detaillierte Informationen dazu finden Sie im News-Bereich dieser Ausgabe.
Stellungnahme zur Lohnungleichheit in den AIN-Berufen
Unsere Stellungnahme zur Lohnungleichheit in den AIN-Berufen wurde Ende Februar an die Spital- und Pflegedirektionen in der ganzen Schweiz verschickt. Seither haben wir zahlreiche Rückmeldungen erhalten:
Einige Institutionen bestätigten, dass im AIN-Bereich eine einheitliche Einstufung erfolgt. Andere haben seither Anpassungen vorgenommen und die Löhne angeglichen. Wieder andere haben angekündigt, die Lohnungleichheit zu überprüfen.
Wir begrüssen diese Entwicklungen ausdrücklich.
Projekt SBK-ASI Futuro
Die ausserordentliche Delegiertenversammlung vom 27. Februar 2025 hat dem Zentralvorstand des SBK-ASI den Auftrag erteilt, das Projekt SBK-ASI Futuro umzusetzen. Im Zentrum steht dabei eine umfassende Strukturreform:
Die bisherige Organisation mit 13 Sektionen wird zu einem national einheitlichen Berufsverband für diplomierte Pflegefachpersonen verschlankt. Die Sektionen werden aufgelöst bzw. in den neuen Verband integriert.
Zudem wird der SBK gemeinsam mit den Fachverbänden einen nationalen Dachverband gründen. Dieser soll sowohl institutionellen Mitgliedern als auch Einzelpersonen aus der Pflege – z. B. Fachpersonen Gesundheit EFZ (FaGe) – eine verbandliche Heimat bieten.
SIGA-FSIA am SBK-Kongress
Am 7. und 8. Mai fand der Schweizer Pflegekongress SBK-ASI im Kursaal statt. Dort hat die Kommission SIGA-FSIA Education unseren Stand betreut. Damit verfolgen wir mehrere strategische Ziele: Einerseits möchten wir die Sichtbarkeit der SIGA-FSIA erhöhen und unseren Verband in der Pflege-Community bekannter machen. Andererseits wollen wir junge Pflegefachpersonen für das Nachdiplomstudium HF Anästhesiepflege gewinnen. Am Stand konnten interessierte Fachpersonen Schnuppertage buchen, praktische Tätigkeiten kennenlernen und Einblicke in die Verbandsarbeit der SIGA-FSIA erhalten. Ein herzliches Dankeschön geht an Ines Rossknecht, Markus Gautschi und Ronny Lindegger von der Kommission SIGA-FSIA Education für ihren grossartigen Einsatz am Pflegekongress.
Die Zustimmung zum Projekt SBK-ASI Futuro stellt einen Grundsatzentscheid dar. Der Zentralvorstand wurde damit beauftragt, eine Totalrevision der SBK-Statuten zu erarbeiten und die Gründung des neuen Dachverbands vorzubereiten.
Die revidierten Statuten werden der Delegiertenversammlung im Juni 2025 vorgelegt. Die vollständige Umsetzung des Projekts ist für das Jahr 2025 geplant. Die neue Organisation soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Ich hatte die Möglichkeit, als Vertreterin der Fachverbände in der Steuergruppe mitzuwirken. Nach der ausserordentlichen Delegiertenversammlung wurde diese Gruppe aufgelöst, und es wurden neue Arbeitsgruppen gegründet. Ich freue mich, weiterhin aktiv an der Gründung des Dachverbands mitzuwirken.
Danke, dass ihr Teil der SIGA-FSIA seid. Euer Einsatz und eure Rückmeldungen bewegen unseren Verband und bringen unsere Anliegen weiter. Ich wünsche euch weiterhin viel Freude und viel Erfolg in der Anästhesiepflege
Michèle Giroud, Präsidentin
Politique en mouvement
Nouveau service pour nos membres Un objectif stratégique central de la SIGAFSIA est d’offrir à ses membres une offre de formation continue attrayante et variée. Depuis des années, nous organisons avec succès le Congrès d’anesthésie, le SIGA-FSIA Friday dans le cadre de SwissAnaesthesia, le Symposium du GIAL ainsi qu’une formation continue à Lugano. Cette offre est complétée par des articles spécialisés passionnants dans notre Journal d’Anesthésie.
Ce qui manquait jusqu’à présent, c’était une offre d’apprentissage en ligne. L’elearning présente de nombreux avantages: il permet d’apprendre indépendamment du temps et du lieu – idéal pour les personnes actives professionnellement ou les parents. Le contenu peut être traité à son propre rythme, et les frais de déplacement et d’hébergement sont éliminés. Cependant, créer une offre e-learning de qualité nécessite d’importantes ressources humaines et financières. C’est pourquoi nous avons cherché à collaborer avec un prestataire professionnel – avec succès: j’ai pu conclure une coopération intéressante avec le CEO de Smedex. Smedex est une plateforme e-learning destinée aux infirmier-ère-s diplômé-e-s, aux médecins, aux ambulancier-ère-s et aux pompiers. Les vidéos d’apprentissage disponibles y couvrent un grand nombre de thèmes pertinents. Leur contenu a été vérifié et recommandé par la commission SIGA-FSIA Education.
Tous les participant-e-s à notre dernier congrès ont reçu un bon pour une heure de formation certifiée en guise de leçon d’essai. Les membres de la SIGA-FSIA bénéficient en plus d’une réduction de 20 % sur l’achat de crédits. Vous trouverez de plus amples informations à ce sujet dans la rubrique news de ce numéro.
Prise de position sur les inégalités salariales dans les professions AIU Notre prise de position sur les inégalités salariales dans les professions AIU a été envoyée fin février aux directions des hôpitaux et des soins dans toute la Suisse. Depuis, nous avons reçu de nombreux retours:
Certaines institutions ont confirmé qu’un classement uniforme est appliqué dans le domaine AIU. D’autres ont effectué des ajustements depuis et ont harmonisé les salaires. D’autres encore ont annoncé vouloir vérifier l’inégalité salariale.
Nous saluons explicitement ces développements.
Projet SBK-ASI Futuro
L’assemblée extraordinaire des déléguée-s du 27 février 2025 a chargé le comité central du SBK-ASI de mettre en œuvre le projet SBK-ASI Futuro. Une réforme structurelle d’envergure est au cœur du projet: L’organisation actuelle avec 13 sections sera transformée en une association professionnelle nationale unifiée pour les infirmier-ère-s diplômé-e-s. Les sections seront dissoutes et intégrées à la nouvelle association.
De plus, l’ASI fondera, en collaboration avec les associations spécialisées, une organisation faîtière nationale. Celle-ci devra offrir un foyer associatif tant aux membres institutionnels qu’aux personnes individuelles du domaine des soins – par exemple les assistant-e-s en soins et santé communautaire CFC (ASSC).
SIGA-FSIA au congrès des soins infirmiers de l’ASI
Les 7 et 8 mai a eu lieu le congrès suisse des soins infirmiers de l’ASI au Kursaal. La commission SIGA-FSIA Education y a tenu notre stand. Nous poursuivons ainsi plusieurs objectifs stratégiques: D’une part, nous souhaitons accroître la visibilité de la SIGA-FSIA et faire mieux connaître notre association dans le monde infirmier. D’autre part, nous voulons motiver les jeunes infirmier-ère-s à choisir la formation post-diplôme ES en soins d’anesthésie. Au stand, les professionnel-le-s intéressé-e-s pouvaient réserver des journées d’observation, découvrir des activités pratiques et avoir un aperçu du travail associatif de la SIGA-FSIA.
Un grand merci à Ines Rossknecht, Markus Gautschi et Ronny Lindegger de la commission SIGA-FSIA Education pour leur formidable engagement au congrès des soins.
L’approbation du projet SBK-ASI Futuro constitue une décision de principe. Le comité central a été chargé d’élaborer une révision totale des statuts de l’ASI et de préparer la fondation de la nouvelle organisation faîtière nationale.
Les statuts révisés seront présentés à l’assemblée des délégué-e-s en juin 2025.
La mise en œuvre complète du projet est prévue pour l’année 2025. La nouvelle organisation faîtière nationale entrera en vigueur le 1er janvier 2026.
J’ai eu l’opportunité de participer au groupe de pilotage en tant que représentante des associations spécialisées. Après l’assemblée extraordinaire des délégué-es, ce groupe a été dissous et de nouveaux groupes de travail ont été créés. Je me réjouis de continuer à participer activement à la fondation de la nouvelle organisation faîtière nationale.
Merci de faire partie de la SIGA-FSIA. Votre engagement et vos retours font avancer notre association. Je vous souhaite beaucoup de plaisir et de succès dans les soins d’anesthésie.
Michèle Giroud, Présidente
Anästhesie Journal 2 – 2025 Verband
Journal d’anesthésie 2 – 2025 Association professionelle
8. Neujahrssymposium
Am 11. Januar 2025 war es wieder so weit: Die Anästhesie- und Aufwachraumpflege des Universitätsspitals Zürich lud zum 8. Neujahrssymposium ein. Insgesamt verfolgten etwa 90 Teilnehmende physisch und online die Vorträge zu etwas anderen Themen: Mentale Gesundheit, Medikamente im Abwasser, Nachhaltigkeit in der Anästhesie, Gewalt gegen Pflegende, Strategien zur perioperativen Schmerztherapie und positive Fehlerkultur. Bei einem Quiz konnten zwei Gutscheine und einige Paare USZ-Socken gewonnen werden. In den Pausen gab es die Möglichkeit, sich zu stärken und die Industrieausstellung der Sponsor:innen zu besuchen. Das abschliessende Apéro bot Gelegenheit, sich weiter auszutauschen und ken nenzulernen.
Le 11 janvier 2025, le temps était à nouveau venu pour le service d’anesthésie et salle de réveil de l’hôpital universitaire de Zurich d’inviter à son 8e symposium du Nouvel An. Au total, environ 90 participants ont suivi physiquement et en ligne les conférences sur des thèmes un peu différents: La santé mentale, les médicaments dans les eaux usées, la durabilité en anesthésie, la violence envers les soignants, les stratégies de traite-
ment de la douleur périopératoire et la culture positive de l’erreur.
Un quiz a permis de gagner deux bons d’achat et quelques paires de chaussettes USZ. Les pauses ont été l’occasion de se restaurer et de visiter l’exposition industrielle des sponsors. L’apéritif final a permis de poursuivre les échanges et de faire connaissance.
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Der Einsatz von
Forensic Nurses
im schweizerischen Gesundheitswesen
Malaika Vetter
Die Versorgung von Patient:innen, die von Gewalt betroffen sind, hat in den letzten Jahren in der Schweiz zunehmend an Bedeutung gewonnen. Gemäss der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) vom Bundesamt für Statistik, (2023) wurden im Jahr 2022 knapp 20 000 Fälle von häuslicher Gewalt, über 8000 Fälle von einfacher und schwerer Körperverletzung sowie 8523 Straftaten gegen die sexuelle Integrität registriert. Da diese Zahlen nur die polizeilich registrierten Delikte widerspiegeln, bleibt eine grosse Dunkelziffer. Es ist von einer weitaus höheren tatsächlichen Zahl an Gewaltbetroffenen auszugehen (1).
Unabhängig davon, ob die Betroffenen eine Anzeige erstatten, suchen viele von ihnen medizinische Hilfe auf. Gesundheitsfachpersonen kommen daher regelmässig mit Patient:innen in Kontakt, die eine Form von Gewalt erlebt haben. Eine Studie des Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) zeigte, dass fast 20 % der Patient:innen in der Notfallstation eine Form der Gewalt erlitten hatten, wobei von diesen wiederum lediglich 27 % direkt aufgrund des Gewaltereignisses in die Notaufnahme kamen (2). Die Betroffenen besuchten die Notfallstation, da die erlebte Gewalt nicht nur Auswirkungen auf die physische Gesundheit mit sichtbaren Verletzungen hinterlässt, sondern auch weitreichende Folgen für die psychische Gesundheit der Betroffenen haben kann. Zum einen mit direkten Folgen in Form von psychischen Belastungen oder einem erhöhten Alkohol- und Medikamentenkonsum. Zum anderen haben Gewaltbetroffene ein erhöhtes Risiko für verschiedene körperliche und psychische Erkrankungen als mittel- und langfristige Folgen der Gewalt. Hierbei seien beispielsweise chronische Schmerzen, Magen-DarmBeschwerden, Depressionen und Suchterkrankungen sowie Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheit genannt (3).
Angesichts dieser Zahlen und der Vielschichtigkeit möglicher Folgen ist eine adäquate Versorgung gewaltbetroffener Patient:innen im Gesundheitssystem zentral. Forensic Nurses1 können hier eine wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung der Betroffenen und ihrer Angehörigen spielen.
Die International Association of Forensic Nurses definiert Forensic Nurses als spezialisiert ausgebildete Pflegefachpersonen, die Patient:innen mit akuten und langfristigen gesundheitlichen Folgen im Zusammenhang mit einem Gewaltereignis spezifisch pflegen (4). In der Schweiz sind Forensic Nurses Pflegefachpersonen mit einem Diplom-, Bachelor- oder Masterabschluss sowie einer Weiterbildung in Forensic Nursing (5). Das Berufsbild der Forensic Nurses entwickelte sich zuerst in den USA und ist auf dem nordamerikanischen Kontinent etabliert. In der Schweiz sind Forensic Nurses erst seit wenigen Jahren tätig. In der Deutschschweiz können die Forensic Nurses in drei Gruppen unterteilt werden. Die erste Gruppe sind Forensic Nurses, die als Pflegefachpersonen angestellt sind und Forensic Nursing als Zusatzfunktion ausüben. Dies ist wahrscheinlich die grösste Gruppe. Die zweite Gruppe sind Forensic Nurses, die
Teilzeit als Forensic Nurses in einem Projekt und Teilzeit als Pflegefachpersonen arbeiten. Die dritte Gruppe sind Forensic Nurses, die speziell als Forensic Nurses in einem Projekt angestellt sind (6).
Wie Forensic Nurses innerhalb des Schweizer Gesundheitssystems, auch zum Wohle der von Gewalt betroffenen Patient:innen optimal eingesetzt werden können, wird derzeit politisch diskutiert. Dieser Artikel gibt eine kurze Übersicht über die Kompetenzen und den möglichen Nutzen der Forensic Nurses.
Gewalt erkennen und ansprechen
Die erste Massnahme für Gesundheitsfachpersonen in der Praxis besteht darin, gewaltbetroffene Patient:innen überhaupt als solche zu erkennen. So selbstverständlich und logisch dies auch erscheinen mag, so herausfordernd ist es in der Praxis, insbesondere bei vulnerablen Gruppen, denn nicht jede gewaltbetroffene Person zeigt dies direkt.
So sind Schätzungen zufolge in der Schweiz jährlich zwischen 300 000 und 500 000 ältere Menschen von mindestens einer Form
1 Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Text der Begriff «Forensic Nurse» verwendet. In der Schweiz ist dies kein offiziell anerkannter Titel. Der Text bezieht sich auf Pflegefachpersonen mit einer Ausbildung auf mindestens Tertiärstufe sowie einer Fortbildung auf CAS-/NDK-Niveau im Bereich Forensic Nursing.
von Gewalt betroffen. Im Alter existieren zahlreiche Risikofaktoren, die das Erleben von Gewalt begünstigen. Zu diesen Risikofaktoren können etwa soziale Isolation, Abhängigkeit von Pflege oder ein schlechter Gesundheitszustand genannt werden (7). Gleichzeitig gestaltet es sich beispielsweise für das medizinische Fachpersonal auf einer Notfallstation schwieriger, ältere Personen als Opfer von Gewalt zu identifizieren. Hierbei seien beispielsweise kognitive Beeinträchtigungen wie demenzielle Erkrankungen genannt, die es den Betroffenen erschweren, das Erlebte zu benennen. Aber nicht nur die Kommunikation stellt eine Hürde dar. Auch die sichtbaren Spuren von Gewalt sind bei älteren Menschen oft schwerer zu deuten. Hämatome können sich bei geriatrischen Patient:innen mit einer medikamentös bedingten Pergamenthaut aufgrund der Gabe von Antikoagulantien zum Beispiel anders manifestieren (8). Zudem gibt es Formen von Gewalt, die besonders schwer zu erkennen sind, wie etwa die chemische Fixierung durch übermässige Medikamentengabe. Diese Form der Gewalt ist besonders bei Personen, die ohnehin regelmässig Medikamente einnehmen, schwer von der allgemeinen Medikation zu unterscheiden (7). Forensic Nurses können eingesetzt wer-
den, um gewaltbetroffene Patient:innen besser identifizieren zu können. Dies nicht nur im Spitalsetting, sondern gerade auch ausserhalb des Spitals (9). Studien weisen darauf hin, dass regelmässige Schulungen der Gesundheitsfachpersonen in diesem Gebiet die Erkennung von Gewaltbetroffenen verbessert und die Selbstsicherheit der Gesundheitsfachpersonen im Umgang mit diesen Situationen erhöht (10, 11).
Wenn der Verdacht einer Gewaltexposition geäussert wird, muss aktiv darauf eingegangen werden. Forensic Nurses sind in solchen Gesprächen geschult und können diese übernehmen oder ihre Berufskolleg:innen interprofessionell und interdisziplinär unterstützen (6, 9). Damit kann der erste wichtige Schritt gemacht werden, damit die Betroffenen die Möglichkeit haben, sich anzuvertrauen.
Forensisch Handeln
Sobald ein:e von Gewalt betroffene:r Patient:in identifiziert wird, geht es darum, die nächsten Schritte zu planen. Forensic Nurses können das Schnittstellenmanagement übernehmen und als Ansprechpersonen für die verschiedenen involvierten Dienste, wie z. B. die ärztlichen Mitarbeiter:innen oder die Polizei fungieren (6, 12).
Priorität hat bei gewaltbetroffenen Patient:innen natürlich in erster Linie die medizinische Versorgung. Forensisch geschultes Personal kann während dieser ersten medizinischen Versorgung auch ein Augenmerk auf die Spurensicherung legen und so zum Beispiel vor der Wundversorgung die Wunddokumentation fotografisch fachgerecht durchführen (6).
Forensic Nurses sind zudem in forensischen Untersuchungen geschult, einschliesslich der Anamnese, der bereits angesprochenen Fotodokumentation und im Spurenschutz. In der Deutschschweiz führen Forensic Nurses in Zusatzfunktion aus Zeitmangel nur vereinfachte Untersuchungen durch. Hier halten sie beispielsweise die Hauptbefunde fotografisch fest, wenn sich die betroffene Person gegen eine Anzeige entscheidet. Eine komplette forensische Untersuchung kann sehr zeitaufwändig sein und wird in der Deutschschweiz hauptsächlich von Forensic Nurses im Rahmen eines Forensic-Nursing-Dienstes durchgeführt. Diese Forensic Nurses haben den Vorteil, dass die Beweismittelkette gesichert ist und sie die Unterstützung einer Fachärztin oder eines Facharztes für Rechtsmedizin haben. Die Fachperson in Rechtsmedizin kann in komplexen Fällen für fachlichen
Rat beigezogen werden und durch die Nachbesprechung der Untersuchung auch die Qualität dieser gewährleisten (6).
Die Forensic Nurses übernehmen die Koordination für die situative und fachgerechte medizinische Weiterbetreuung der betroffenen Personen. So auch die Organisation eines Platzes in einem Schutzhaus, die Anbindung an die Opferberatung oder Ähnliches (6).
Benefits für die gewaltbetroffenen
Patient:innen
Betroffene Patient:innen berichten, dass sie die Betreuung der Forensic Nurses als positiv erlebt haben. Sie hätten sich ernstgenommen und wahrgenommen gefühlt und nicht das Gefühl bekommen, für die erlebte Gewalt verurteilt zu werden.
Die Forensic Nurses wahrten die Autonomie der Betroffenen und gaben diesen das Gefühl einer weiterhin selbstständigen Handlungsfähigkeit (13 – 15).
Diese Punkte sind relevant, da sie eine weitere Traumatisierung durch die Untersuchung minimieren oder verhindern können. Dokumentationen, welche von den Forensic Nurses erstellt wurden, waren vollständig und korrekt. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Forensic Nurses die Versorgung der betroffenen Personen mit Verhütungsmitteln und Infektionsprophylaxen verbessern (16). Forensic Nurses versuchen die Patient:innen ganzheitlich zu betreuen und zu versorgen.
Benefits für das medizinische Gesundheitsteam
Forensic Nurses sehen sich als eine Ressource für die verschiedenen interdisziplinären und interprofessionellen Teams (6). Studien weisen darauf hin, dass Gesundheitsfachpersonen im Umgang mit Gewalt teilweise unsicher und überfordert sein können. Schulungen und Trainingsübungen zu verschiedenen Gewaltthematiken können die Einstellung gegenüber gewaltbetroffenen Patient:innen bei den Gesundheitsfachpersonen verbessern und zudem mehr Sicherheit im Umgang mit gewaltbetroffenen Patient:innen geben (11, 17, 18).
Die Forensic Nurses führen Schulungen im interprofessionellen Team durch und sind an der Erarbeitung von Standards
für den Umgang mit gewaltbetroffenen Patient:innen beteiligt. Zudem sind Forensic Nurses für das gesamte interprofessionelle Team Ansprechpersonen bei allen Fragen rund um die Betreuung und Versorgung der Betroffenen und Angehöriger (6). Da sichtbare Gewalt auch eine sehr belastende Situation für alle beteiligten Personen sein kann, sind Forensic Nurses eine grosse Entlastung.
Grenzen der Betreuung von Forensic Nurses
Die Forensic Nurses selbst sind der Meinung, dass es für eine qualitativ hochwertige Praxis zentral ist, die eigenen Grenzen ihrer Kompetenzen einzuhalten. Dazu benötigen sie klare Rollendefinitionen. Diese fehlen derzeit in der Schweiz für Forensic Nurses in Zusatzfunktion häufig. So sind Forensic Nurses unter anderem kein Ersatz für Opferberatungsstellen, noch ersetzen sie Fachärzt:innen für Rechtsmedizin. Viel mehr sind sie auf eine enge Zusammenarbeit mit diesen Fachpersonen angewiesen (6).
Fazit
Die Integration der Forensic Nurses in das schweizerische Gesundheitssystem hat das Potenzial, die gesamte medizinische Versorgung von gewaltbetroffenen Personen zu verbessern und gleichzeitig das Gesundheitssystem zu entlasten. Sie tragen nicht nur zur Verbesserung der medizinischen und psychischen Betreuung bei, sondern gewährleisten auch eine professionelle Dokumentation und Spurensicherung. Dabei ist entscheidend, dass die Forensic Nurses eng mit anderen Professionen und Fachkräften wie zum Beispiel den Opferberatungszentren, der Rechtsmedizin aber auch der Ärzteschaft der verschiedenen Institutionen zusammenarbeiten. Forensic Nurses ersetzen weder Fachärzt:innen der Rechtsmedizin noch die Opferberatung. Im Moment sind in der Deutschschweiz mehrere Pilotprojekte mit Forensic Nurses gestartet worden. Es ist zu hoffen, dass aus diesen Projekten weitere Erkenntnisse gewonnen werden, wie die Forensic Nurses in der Schweiz optimal im Rahmen der Patientenversorgung eingesetzt werden können.
Die Forensic-Nursing-Pilotprojekte in der Deutschschweiz
Der Aufsuchende Dienst Forensic Nurses des Kantons Zürich (19)
Die Forensic Nurses des Aufsuchenden Dienstes rücken in alle Spitäler des Kantons Zürichs aus und führen dort bei Betroffenen von sexueller und häuslicher Gewalt kostenlos die forensische Spurensicherung durch und beraten die Betroffenen.
Forensic-Nursing-Sprechstunde für Betroffene von Gewalt des Kantonsspitals Graubünden (20)
Die Forensic Nurses der Sprechstunde im Kantonsspital Graubünden führen im Rahmen der Sprechstunde kostenlos die forensische Untersuchung für Betroffene aller Arten von Gewalt durch und beraten die Betroffenen.
Forensic Nursing in der Westschweiz Abteilung für Gewaltmedizin CHUV (21)
Das Centre hospitalier universitaire vaudois und die Hôpitaux universitaires de Genève haben an vier Standorten eine spezialisierte Abteilung für Gewaltmedizin, die Unité de médecine des violences (UMV). Auf diesen Abteilungen betreuen auch Forensic Nurses die gewaltbetroffenen Personen.
Zentrum für Gewaltmedizin Neuchâtel (CNMV) (22)
Im CNMV werden Personen ab 16 Jahren, die Opfer jeglicher Form von Gewalt geworden sind, unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei betreut, eine Dokumentation erstellt und bei Bedarf weitervermittelt. Im Zentrum arbeiten Ärzt:innen und Forensic Nurses.
infirmier-ère-s Le recours aux dans le système de santé suisse médico-légales
Malaika Vetter
La prise en charge des patient-e-s victimes de violences est devenue de plus en plus importante en Suisse ces dernières années. Selon les statistiques policières de la criminalité (SPC) de l’Office fédéral de la statistique (2023), près de 20 000 cas de violence domestique, plus de 8000 cas de lésions corporelles simples et graves et 8523 délits contre l’intégrité sexuelle ont été enregistrés en 2022. Étant donné que ces chiffres ne reflètent que les délits enregistrés par la police, un grand nombre de cas non signalés subsistent. On suppose que le nombre réel de personnes touchées par la violence est beaucoup plus élevé (1).
Que les personnes concernées déposent ou non une plainte, bon nombre d’entre elles demandent une aide médicale. Les professionnel-le-s de santé sont donc régulièrement en contact avec des patient-e-s ayant subi une forme de violence. Une étude du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) a montré que près de 20 % des patient-e-s aux urgences avaient subi une forme de violence, dont seulement 27 % se sont présenté-e-s aux urgences directement en raison de l’événement violent (2). Les victimes se sont rendues aux urgences parce que la violence qu’elles ont subie affecte non seulement leur santé physique avec des blessures visibles, mais peut également avoir des conséquences profondes sur leur santé mentale. D’une part, il y a des conséquences directes sous forme de stress psychologique ou d’augmentation de la consommation d’alcool et de drogues. D’autre part, les victimes de
violences présentent un risque accru de souffrir de diverses maladies physiques et mentales comme conséquences à moyen et long terme de la violence. On peut nommer ici, par exemple, la douleur chronique, les troubles gastro-intestinaux, la dépression et la dépendance, ainsi que les effets sur la santé reproductive (3). Compte tenu de ces chiffres et de la complexité des conséquences possibles, il est crucial de fournir des soins adéquats aux patient-e-s victimes de violence dans le système de santé. Les infirmier-ère-s médico-légales peuvent jouer un rôle important dans les soins de santé des personnes touchées et de leurs familles. L’Association internationale des infirmier-ère-s médico-légales définit ces dernier-ère-s comme des infirmierère-s spécialisé-e-qui fournissent des soins spécifiques aux patient-e-s présentant des conséquences sanitaires aiguës
et à long terme liées à un événement violent (4). En Suisse, les infirmier-ère-s médico-légaux-ales sont des professionnel-le-s des soins infirmiers titulaires d’un diplôme, d’un bachelor ou d’un master et d’une formation complémentaire en soins infirmiers médico-légaux (5). La profession d’infirmier-ère médico-légale s’est d’abord développée aux États-Unis et s’est implantée sur le continent nord-américain. Les infirmier-ère-s médico-légales n’exercent leur activité en Suisse que depuis quelques années. En Suisse alémanique, les infirmier-ère-s médico-légales peuvent être divisées en trois groupes. Le premier groupe est employé comme professionnel-le-s des soins infirmiers et exerce des soins infirmiers médico-légaux en tant que fonction supplémentaire. C’est probablement le groupe le plus important. Le deuxième groupe comporte celles et ceux qui travaillent à temps partiel comme infirmier-ère-s médico-légales dans un projet et à temps partiel comme infirmierère-s. Le troisième groupe est composé de soignant-e-s qui sont spécifiquement employé-e-s en tant qu’infirmier-ère-s médico-légales dans un projet (6). La manière dont ces professionnel-le-s peuvent être déployées de manière optimale au sein du système de santé suisse, également au profit des patient-e-s victimes de violence, fait actuellement l’objet de discussions politiques. Cet article fournit
un bref aperçu des compétences et des avantages potentiels des infirmier-ère-s médico-légales.
Reconnaître et lutter contre la violence
La première étape pour les professionnel-le-s de la santé en exercice est de reconnaître les patient-e-s touché-e-s par la violence comme tel-le-s. Aussi évident et logique que cela puisse paraître, cela représente un défi en pratique, en particulier auprès des groupes vulnérables, car toutes les personnes touchées par la violence ne le manifestent pas directement. On estime qu’entre 300 000 et 500 000 personnes âgées en Suisse sont touchées chaque année par au moins une forme de violence. À un âge avancé, de nombreux facteurs de risque favorisent l’expérience de la violence. Ces facteurs de risque peuvent inclure l’isolement social, la dépendance aux soins ou une mauvaise santé (7). Dans le même temps, il devient de plus en plus difficile pour le personnel médical, par exemple dans un service d’urgence, d’identifier les personnes âgées comme victimes de violence. Les troubles cognitifs tels que la démence, par exemple, font qu’il est difficile pour les personnes touchées de nommer ce qu’elles ont vécu.
Mais la communication n’est pas le seul obstacle. Les signes visibles de violence sont souvent plus difficiles à interpréter chez les personnes âgées. Les hématomes, par exemple, peuvent se manifester différemment chez les patient-e-s gériatriques présentant une peau parcheminée induite par des médicaments tels que les anticoagulants (8). Il existe également des formes de violence particulièrement compliquées à détecter, comme la contention chimique par l’administration excessive de médicaments. Cette forme de violence est difficile à distinguer de la médication générale, en particulier chez les personnes qui prennent déjà régulièrement des médicaments (7).
Les infirmier-ère-s médico-légales peuvent être utilisé-es pour améliorer l’identification des patient-e-s touché-e-s par la violence. Cela s’applique non seulement dans le milieu hospitalier, mais également en dehors de l’hôpital (9). Des études indiquent qu’une formation régulière des professionnel-le-s de la santé dans ce domaine améliore la reconnaissance des victimes de violence et augmente la confiance des professionnel-le-s de la santé dans la gestion de ces situations (10, 11). Si des soupçons d’exposition à la violence sont exprimés, ils doivent être activement
traités. Les infirmier-ère-s médico-légales sont formé-es à de telles discussions et peuvent les prendre en charge ou fournir un soutien interprofessionnel et interdisciplinaire à leurs collègues (6, 9). Il s’agit de la première étape importante qui peut être franchie pour donner aux personnes concernées la possibilité de se confier les unes aux autres.
Action médico-légale
Dès qu’un-e patient-e victime de violence est identifié-e, il s’agit de planifier les étapes suivantes. Les infirmier-ère-s médico-légales peuvent gérer les interfaces et servir d’interlocuteurs aux différents services impliqués, comme le personnel médical ou la police (6. 12).
Pour les patient-e-s victimes de violence, la priorité est bien entendu donnée aux soins médicaux. Pendant les premiers soins médicaux, le personnel formé à la médecine légale peut également s’intéresser à la conservation des traces, par exemple en prenant des photos de la plaie avant de la soigner (6).
Les infirmier-ère-s médico-légales sont en outre formé-es aux examens médicolégaux, y compris l’anamnèse, la documentation photographique déjà évoquée et la protection des traces. En Suisse alémanique, les infirmier-ère-s médico-légales exerçant une fonction complémentaire ne réalisent que des examens simplifiés par manque de temps. Ici, elles prennent par exemple des photos des principales constatations lorsque la personne concernée décide de ne pas porter plainte. Un examen médico-légal complet peut prendre beaucoup de temps et, en Suisse alémanique, il est principalement effectué par des infirmier-ère-s médico-légales dans le cadre d’un service de soins médico-légaux. Ces soignant-e-s ont l’avantage de sécuriser la chaîne des preuves et d’avoir le soutien d’un-e médecin spécialiste en médecine légale. Le-la spécialiste en médecine légale peut être sollicité-e pour des conseils techniques dans les cas complexes et peut également garantir la qualité de l’enquête lors de séances d’évaluation (6).
Les infirmier-ère-s médico-légales se chargent de la coordination pour la poursuite du suivi médical des personnes
concernées, en fonction de la situation et dans les règles de l’art. Il en va de même pour l’organisation d’une place dans un foyer, le lien avec le service de conseil aux victimes ou autres (6).
Avantages pour les patient-e-s victimes de violence
Les personnes victimes de violence rapportent que la prise en charge par les infirmier-ère-s médico-légales a été positive. Elles se sont senties prises au sérieux et considérées, et n’ont pas eu le sentiment d’être jugées pour la violence qu’elles ont subie. Les Forensic Nurses ont préservé l’autonomie des personnes concernées et leur ont donné le sentiment de pouvoir continuer à agir de manière indépendante (13-15).
Ces points sont pertinents, car ils permettent de minimiser ou d’éviter un traumatisme supplémentaire lié à l’enquête. Les documentations établies par les soignant-e-s médico-légales étaient complètes et correctes. Il est également prouvé que les infirmières médico-légales améliorent la fourniture de contraceptifs et de prophylaxie des infections aux personnes concernées (16). Ces professionnel-le-s essaient de prendre en charge les patient-e-s de manière globale.
Avantages pour l’équipe médicale
Les infirmier-ère-s médico-légales se considèrent comme une ressource pour les différentes équipes interdisciplinaires et interprofessionnelles (6). Des études indiquent que les professionnel-le-s de la santé peuvent parfois manquer d’assurance et être dépassés par la violence. Des formations et des exercices d’entraînement sur différents thèmes liés à la violence peuvent améliorer l’attitude des professionnel-le-s de la santé à l’égard des victimes de violence et leur donner plus d’assurance dans leurs relations avec ces derniers (11, 17, 18).
Les infirmier-ère-s médico-légales organisent des formations au sein de l’équipe interprofessionnelle et participent à l’élaboration de normes pour la prise en charge des victimes de violence. En outre, ils/elles sont les interlocuteurs de l’ensemble de l’équipe interprofessionnelle pour toutes les questions relatives à la prise en charge
et aux soins des personnes concernées et de leurs proches (6). Comme la violence visible peut aussi être une situation très éprouvante pour toutes les personnes impliquées, les infirmier-ère-s médico-légales représentent un grand soulagement.
Limites de la prise en charge des infirmier-ère-s médico-légales
Les infirmier-ère-s médico-légales eux/ elles-mêmes estiment qu’il est essentiel, pour une pratique de qualité, de respecter les propres limites de leurs compétences. Pour cela, ils/elles ont besoin de définitions claires de leur rôle. Actuellement, celles-ci font souvent défaut en Suisse pour les Forensic Nurses ayant une fonction complémentaire. Ainsi, les infirmierère-s médico-légales ne sont, entre autres, ni des remplaçant-e-s pour les centres d’aide aux victimes, ni les médecins spécialistes en médecine légale. Ils/elles sont bien plus dépendantes d’une étroite collaboration avec ces spécialistes (6).
Conclusion
L’intégration des infirmier-ère-s médicolégales dans le système de santé suisse a le potentiel d’améliorer la prise en charge médicale globale des personnes victimes de violence et de décharger en même temps le système de santé. Ils/elles contribuent non seulement à améliorer la prise en charge médicale et psychique, mais garantissent également une documentation et une conservation des traces professionnelles. Dans ce contexte, il est décisif que les infirmier-ère-s médicolégales collaborent étroitement avec d’autres professions et spécialistes, comme par exemple les centres de conseil aux victimes, la médecine légale mais aussi le corps médical des différentes institutions. Les Forensic Nurses ne remplacent ni les spécialistes de la médecine légale ni les conseillers aux victimes. Actuellement, plusieurs projets pilotes avec des infirmier-ère-s médico-légales ont été lancés en Suisse alémanique. Il faut espérer que ces projets permettront d’acquérir de nouvelles connaissances sur la manière dont ces soignant-e-s peuvent être utilisé-es de manière optimale en Suisse dans le cadre des soins aux patient-e-s.
Les projets pilotes de Forensic Nursing en Suisse alémanique
Le service de recherche Forensic Nurses du canton de Zurich (19)
Les Forensic Nurses du service de recherche se déplacent dans tous les hôpitaux du canton de Zurich et y effectuent gratuitement la recherche de traces médico-légales chez les victimes de violences sexuelles et domestiques et conseillent les personnes concernées.
Consultation de forensic nursing pour les victimes de violence de l’hôpital cantonal des Grisons (20)
Les forensic nurses de la consultation de l’hôpital cantonal des Grisons effectuent gratuitement l’examen médico-légal des victimes de tous les types de violence dans le cadre de la consultation et conseillent les personnes concernées.
Forensic Nursing en Suisse romande
Unité de médecine des violences CHUV (21)
Le Centre hospitalier universitaire vaudois et les Hôpitaux universitaires de Genève disposent sur quatre sites d’un service spécialisé, l’Unité de médecine des violences (UMV). Dans ces unités, on trouve aussi des infirmier-ère-s médico-légales qui prennent en charge les personnes victimes de violence.
Centre de médecine des violences de Neuchâtel (CNMV) (22)
Le CNMV prend en charge les personnes de plus de 16 ans victimes de toute forme de violence, indépendamment d’une plainte auprès de la police, établit un dossier et les oriente si nécessaire. Des médecins et des infirmier-ère-s médico-légales travaillent au centre.
Références sur siga-fsia.ch
Contact
Malaika Vetter
Infirmière experte MScN, CAS Forensic Nursing UZH
Service de consultation Forensic Nurses, IRM-UZH malaika.vetter@irm.uzh.ch
Second-Victim-Phänomen: Wenn Fehler belasten
Thomas Nyffeler
Wenn Patient:innen unerwünschte Ereignisse erleben, kann dies auch für die beteiligten Gesundheitsdienstleistenden schwerwiegende Folgen haben. Das Bewusstsein, eine Patientin oder einen Patienten enttäuscht zu haben, gepaart mit Selbstzweifeln an den fachlichen Fähigkeiten, kann einen schwer zu durchbrechenden Teufelskreis auslösen.
Seit dem medizinischen Rapport «To Err is Human» hat das Bewusstsein für vermeidbare Fehler zugenommen (1). Doch jeder Fehler wird begleitet von Gesundheitsdienstleistenden, die in die Situation involviert waren. Somit gibt es nicht nur das primäre Opfer, die Patientin oder den Patienten, sondern auch weitere Opfer des Fehlers: sogenannte Second Victims (2). Sie erleiden durch ein Patientenereignis ein physisches, psychologisches oder emotionales Trauma – unabhängig von der Schwere des Vorfalls (3). Selbst BeinaheSchäden können erhebliche Belastungen verursachen (4).
Prävalenz
In Europa wird das Second-Victim-Phänomen weiterhin erforscht, eindeutige Prävalenzzahlen sind schwer zu finden. Dennoch geht man davon aus, dass 60 – 80 % aller Expert:innen Anästhesiepflege ein Second-Victim-Phänomen erleben oder erlebt haben (5 – 9). Weitere Prävalenzdaten zeigen, dass mindestens 50 % aller Gesundheitsdienstleistenden vom SecondVictim-Phänomen betroffen sind (10). Es wird vermutet, dass im Laufe der beruflichen Karriere jede gesundheitsdienstleistende Person ein Second-Victim-Phänomen erleben wird (11).
Folgen
Die direkten Folgen des Second-VictimPhänomens sind noch nicht gänzlich geklärt. Bekannt ist hingegen, dass das Second-Victim-Phänomen individuelle und dramatische Konsequenzen haben kann
(12). Zusätzlich steigt die Fehleranfälligkeit bei Betroffenen des Second-VictimPhänomens, was wiederum direkte Folgen für die Patient:innen und somit zu weiteren belastenden Situationen der betroffenen Personen führen kann (13). Betroffene leiden unter Schuldgefühlen, verspüren Wut, sind frustrierter, psychisch weniger belastbar und haben Angst. Dies kann ihr privates und berufliches Leben erheblich beeinträchtigen. Rückversicherungen, sichere Behandlungsstrategien und Rückzug sind häufig zu beobachten. Die Auswirkungen hängen stark von der Persönlichkeit und den Coping-Strategien der betroffenen Person ab. Studien zeigen zudem geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen mit Second-VictimPhänomen geben häufiger eine grössere psychische Belastung an, fürchten eher einen Verlust ihres Selbstvertrauens, ihrer Reputation und befürchten häufiger, beschuldigt zu werden, als ihre männlichen Kollegen. Allerdings sind sie eher bereit, die Situation mit ihren Kolleg:innen zu besprechen und so ähnliche Fehler im Team zu vermeiden (14).
Unbehandelt kann das Second-VictimPhänomen zu Burnout (24 – 84 %), posttraumatischen-Belastungsstörungen (3 – 40 %), Depression (9 – 77 %), Schlafstörungen (10 – 60 %), erhöhtem Substanzkonsum (Medikamente und/oder Alkohol [~6,5 %]), Berufswechsel (~36 %), suizidalen Gedanken (3 – 25 %) bis hin zu Suizid (0,5 – 2 %) führen (13 – 21). Die angegebenen Daten variieren je nach Setting stark, sind nicht abschliessend, und die Prozentsätze wurden nicht ausschliesslich auf das Second-Victim-Phänomen erhoben. Dementsprechend sind die Prozentsätze mehr als allgemeine Prävalenzwerte zu verstehen. Wichtig erscheint jedoch, dass die Anästhesie über einen Drittel der Fachpersonen an andere Berufszweige verliert und dass das Second-Victim-Phänomen eine behebbare Ursache sein könnte. Von den Folgen sind jedoch nicht nur medizinisches Personal und Expert:innen Anästhesiepflege betroffen, sondern auch
vitiosus aus Verlust an Qualität und Wohlbefinden (23)
Abbildung 1:
Circulus
Studierende der Nachdiplomstudiengänge Anästhesiepflege. Daten zeigen, dass das Risiko der angegebenen Folgen bei Studierenden der Nachdiplomstudiengänge teilweise höher ist als bei ausgebildetem Fachpersonal (22).
Verlauf
Gemäss Scott et al. (2009) durchlaufen Betroffene des Second-Victim-Phänomens typischerweise sechs Stadien, unabhängig von ihren individuellen CopingStrategien und Resilienzen (24, 25).
Stadium Charakteristika
Chaos und Notfallmanagement
Intrusive* Reflexion
Herstellung persönlicher Integrität
Aushalten der Inquisition
Emotionale Erste Hilfe
Weitergehen
* aufdrängend, nicht freiwillig
Interventionsmöglichkeiten
Die Interventionsmöglichkeiten gegen das Second-Victim-Phänomen beginnen bei der Prävention. Die Stärkung der eigenen Resilienz, inklusive des eigenen Selbstwertgefühles, Reflexion und kritischer Be-
Initialer Schock – Realisieren, dass ein Fehler passiert ist, und Einleiten adäquater Massnahmen zur Fehlerbehebung (bspw. Stabilisierung der Patientin, des Patienten)
Betroffene fragen sich: Wie konnte dies passieren? Warum musste es passieren?
Gefühlschaos – Selbstisolierung sowie Gefühl der inneren Unzulänglichkeit drängen sich auf. Situation wird stetig wiedererlebt (bspw. Flashbacks)
Betroffene fragen sich: Was habe ich verpasst? Hätte ich es verhindern können?
Akzeptanz – Das Ereignis beeinflusst die Arbeits- und die Sozialstrukturen. Gerüchte können entstehen und Angst über die Konsequenzen herrschen bei den Betroffenen vor.
Betroffene fragen sich: Was denken die anderen? Wird mir jemals wieder vertraut? Welche Konsequenzen erwarten mich? Warum kann ich mich nicht konzentrieren?
Realisation – Bewusstwerden des Schweregrades des Ereignisses und des eigenen Anteils daran; Besprechungen mit unterschiedlichen Parteien, einschliesslich Patient:innen und deren Angehörige Betroffene fragen sich: Wie soll das Ereignis dokumentiert werden? Was passiert als nächstes? Mit wem kann ich darüber sprechen? Könnte ich meinen Job verlieren?
Suchen – Manche Betroffene versuchen, personelle oder professionelle Unterstützung zu erhalten. In einigen Fällen wird Unterstützung von Dritten angeboten, doch das Angebot wird teilweise von den Betroffenen nicht angenommen.
Betroffene fragen sich: Warum habe ich so reagiert? Was stimmt nicht mit mir? Brauche ich Hilfe? Wo finde ich Hilfe?
Entschluss – Betroffene entscheiden sich für einen der folgenden drei Wege:
1. Flucht – Arbeitsplatzwechsel oder Berufsaufgabe
2. Überleben – Versuch, die Situation zu bewältigen. Versuch endet in mässigem oder keinem Erfolg (persistierende Traurigkeit könnte auftreten)
3. Wachsen – Situation wird analysiert und daraus gelernt. Vermeidung von weiteren Fehlern mit ähnlichem Charakter. Die Work-Life-Balance wird aufrechterhalten.
Betroffene fragen sich je nach Weg:
1. Habe ich den richtigen Beruf gewählt?
2. Wie hätte ich die Situation verhindern können? Warum fühle ich mich weiterhin schuldig?
3. Wie kann man die Patientensicherheit verbessern? Was kann ich aus der Situation lernen? Was kann ich tun, damit es besser wird?
trachtung der Situation dient als wichtige Ressource im Umgang mit belastenden Situationen. Ebenso kann eine unterstützende Führungsstruktur die Resilienz der Mitarbeitenden positiv beeinflussen (25). Zu einer solchen Struktur gehören unter anderem:
• ausreichend personelle und fachliche Ressourcen
• Fallanalysen
• vertrauliche Gesprächsmöglichkeiten für Mitarbeitende
• Sensibilisierung des Personals auf das Second-Victim-Phänomen
• gelebte Just Culture (bspw. Vermeidung von Schuldzuweisungen und Mobbing)
• gelebte Feedbackkultur
• offene und neutrale Fehler-, Sicherheits- oder Lernkultur
• Förderung von Selbstfürsorge (bspw. ausgewogene Mahlzeiten anbieten,
Tabelle 1: Stadien des Second-VictimPhänomens (basierend auf Scott et al. und Klemm et al.)
Schlafhygiene gewährleisten, Einführung von Fitnessprogrammen für Mitarbeitende) (25 – 27)
Es bestehen weitere Angebote, welche bestenfalls bereits routinemässig in den Alltag integriert werden oder Bestandteil der Teamkultur sind:
• Empowerment (Anerkennung der Fachkompetenz des Personals)
• kollegiale Gesprächsangebote (routinemässig und nach vermutenden Fehlern)
• Debriefings (routinemässig und standardisierte nach belastenden Situationen)
• Rückversicherung (bspw. gewährleisten der Beantwortung von Verständnisfragen und Absicherungen) (25, 26)
Des Weiteren gibt es spezifische Interventionsmöglichkeiten für Betroffene und für diejenigen, die Unterstützung anbieten. Diese Interventionen lassen sich teilweise in der Drei-Stufen Eskalation wiederfinden (25, 26).
• Mitwirkung: Betroffene sollen die Möglichkeit erhalten, aktiv an der Fehleranalyse teilzunehmen.
• Informationsfluss: Betroffene sollen über den Verlauf, die Analysen und die Ergebnisse umfassend informiert werden.
• Bereitschaft: Gespräche sollen den Betroffenen aktiv angeboten werden.
• Kontinuität: Betroffene sollen mehrfach Gespräche erhalten, um den Verlauf kontinuierlich beurteilen zu können.
• Auszeit: Eine kurze Auszeit soll Betroffenen angeboten und ermöglicht werden, auch bei Personalknappheit – langfristiger Personalausfall ist schwerer zu kompensieren als eine kurzzeitig geplante Auszeit gegebenenfalls mit Betreuung.
• Sprache: Die Gesprächsführung muss einfühlsam, eindeutig und klar in ihrer Sprache sowie das Gespräch frei von jeglicher Schuldzuweisung sein (25, 26). Die genannten Interventionsmöglichkeiten decken sich mit der ersten Stufe des DreiStufen-Modells (Tabelle 2) und können entsprechend weiter ausgebaut werden. Das Modell bietet einen strukturierten Support-Eskalationsplan für Personen, die vom Second-Victim-Phänomen betroffen sind (24, 26, 28).
Zusätzlich zur Anwendung des Drei-Stufen-Modells wird empfohlen, ein spezi-
fisches Supportprogramm für Second Victims zu implementieren (29). In Europa und der Schweiz sind solche Programme noch selten, während es im Ausland bereits
Stufe 1 – kollegiale Hilfe
etablierte Angebote gibt, wie das RISEProgramm, das forYOU-Programm oder die Medically Induced Trauma Support Services (MITSS) (26).
Emotionale Erste Hilfe wird durch das Team der betroffenen Person geboten oder durch andere Personen direkt vor Ort.
• Gespräch wird in einem privaten sicheren Raum angeboten – nicht an Ort und Stelle, wo die Situation passierte
• Bereitschaft klären und Gespräch auf Wunsch der betroffenen Person kurz halten oder ausdehnen
• offene Fragen stellen, bspw. «Was fühlst du im Moment?», «Wie würdest du deine aktuelle Situation beschreiben?»
• Einwilligung einholen später nachzufragen, wie es der betroffenen Person geht. Am gleichen Tag sowie am nächsten Morgen
• nach Gespräch betroffener Person Zeit lassen ihre Gedanken zu ordnen – Pause vom Alltag
Sollte die kollegiale Hilfe nicht ausreichen, oder es wird eine Veränderung im Verhalten der betroffenen Person bemerkt, sollte ein Support durch ein Spezialteam stattfinden. Dies kann bspw. ein Kriseninterventionsteam sein.
• direkte sowie vertrauliche Unterstützung
• Support meist 24/7 vorhanden
• gewährleisten von kontinuierlichem Support durch Spezialteams
• gegebenenfalls Ausbau zur professionellen Unterstützung
Stufe 3 – Professionelle Unterstützung
Die Stufe der professionellen Unterstützung wird empfohlen, sobald Second-Victim-Symptome sich nicht verbessern oder mehr Einfluss auf das berufliche oder private Leben der Betroffenen nehmen.
• Anbindung an Netzwerke ausserhalb der Organisation, bspw. Sozialarbeit, Psychologie oder Seelsorge
Fazit
Das Second-Victim-Phänomen kann jede Person treffen, die einem unerwünschten Ereignis ausgesetzt ist. Die Auswirkungen vom Second-Victim-Phänomen sind oft schwerwiegend und erstrecken sich sowohl auf das berufliche als auch auf das private Leben. Ein Circulus vitiosus kann mit gezielten Interventionen durchbrochen werden. Eine offene Teamund Lernkultur, die Fehler als Lernchancen betrachten, ist hierbei essenziell. Opfer des Second-Victim-Phänomens brauchen Unterstützung statt Bestrafung – Jede:r kann Teil dieser Hilfe sein – Speak Up.
Referenzen auf siga-fsia.ch
Drei-Stufen-Modell zur Unterstützung von Second-Victim-Betroffenen (24, 26, 28)
Kontakt
Thomas Nyffeler Fachverantwortlicher NDS HF Intensivpflege
Phénomène de la deuxième victime: quand les erreurs pèsent
Thomas Nyffeler
Lorsque des patient-e-s sont confronté-e-s à des événements indésirables, cela peut avoir de graves conséquences pour les professionnel-le-s de la santé impliqué-e-s. La conscience d’avoir déçu un-e patient-e, associée à des doutes sur ses capacités professionnelles, peut déclencher un cercle vicieux difficile à briser.
Depuis le rapport médical «To Err is Human», la conscience des erreurs évitables s’est accrue (1). Mais chaque erreur est accompagnée par des professionnel-le-s de la santé qui ont été impliqué-e-s dans la situation. Ainsi, il n’y a pas seulement la victime primaire, le patient, mais aussi d’autres victimes de l’erreur: les «secondes victimes» (2). Elles subissent un traumatisme physique, psychologique ou émotionnel à la suite d’un événement survenu chez un patient, quelle que soit la gravité de l’incident (3). Même des dommages évités de justesse peuvent entraîner un stress considérable (4).
Prévalence
En Europe, le phénomène de la deuxième victime fait toujours l’objet de recherches et il est difficile de trouver des chiffres de prévalence clairs. Néanmoins, on estime que 60 à 80 % des expert-e-s en soins d’anesthésie vivent ou ont vécu un phénomène de seconde victime (5-9). D’autres données de prévalence montrent qu’au moins 50 % de tous les professionelle-s de la santé sont concerné-e-s par le phénomène de seconde victime (10). On suppose qu’au cours de sa carrière professionnelle, chaque professionnel-le de la santé connaîtra un phénomène de deuxième victime (11).
Conséquences
Les conséquences directes du phénomène des secondes victimes ne sont pas en-
core totalement élucidées. Ce que l’on sait en revanche, c’est que le phénomène de seconde victime peut avoir des conséquences individuelles et dramatiques (12). De plus, les personnes concernées par le phénomène de la deuxième victime sont plus susceptibles de commettre des erreurs, ce qui peut avoir des conséquences directes sur les patient-e-s et conduire à des situations encore plus difficiles pour les personnes concernées (13).
Celles-ci souffrent de sentiments de culpabilité, ressentent de la colère, sont plus frustrées, moins résistantes psychologiquement et ont peur. Leur vie privée et professionnelle peut s’en trouver considérablement affectée. La réassurance, les stratégies de traitement sûres et le retrait sont souvent observés. Les effets dépendent fortement de la personnalité et des stratégies d’adaptation de la personne concernée. Des études montrent en outre des différences entre les sexes: les femmes victimes du phénomène de la deuxième victime déclarent plus souvent
une plus grande détresse psychologique, craignent davantage une perte de confiance en soi, de réputation et craignent plus souvent d’être accusées que leurs collègues masculins. Elles sont toutefois plus disposées à discuter de la situation avec leurs collègues et à éviter ainsi des erreurs similaires au sein de l’équipe (14). S’il n’est pas traité, le phénomène de seconde victime peut entraîner un burnout (24 – 84 %), un état de stress post-traumatique (3 – 40 %), une dépression (9 – 77 %), des troubles du sommeil (10-60 %), une consommation accrue de substances (médicaments et/ou alcool [~6,5 %]), un changement de profession (~36 %), des pensées suicidaires (3 – 25 %), voire le suicide (0,5 – 2 %) (13 – 21). Les données indiquées varient fortement selon le setting, ne sont pas exhaustives et les pourcentages n’ont pas été relevés exclusivement sur ce phénomène. En conséquence, les pourcentages doivent plutôt être compris comme des valeurs de prévalence générales. Il semble toutefois important de noter que l’anesthésie perd plus d’un tiers de ses spécialistes au profit d’autres branches professionnelles et que le phénomène des secondes victimes pourrait être une cause remédiable.
Les conséquences ne touchent toutefois pas seulement le personnel médical et les expert-e-s en soins d’anesthésie, mais aussi les étudiant-e-s des filières d’études postgrades en soins d’anesthésie. Des données montrent que le risque des conséquences indiquées est parfois plus élevé chez les étudiant-e-s des filières postgrades que chez le personnel spécialisé formé (22).
Figure 1: Cercle vicieux dû à une perte de qualité et de bien-être (23)
Évolution
Selon Scott et al. (2009), les personnes concernées par le phénomène de la deuxième victime passent typiquement par six stades, indépendamment de leurs stratégies d’adaptation et de leur résilience individuelles (24, 25).
Possibilités d’intervention
Les possibilités d’intervention contre le phénomène de la deuxième victime commencent par la prévention. Le renforcement de sa propre résilience, y compris de son estime de soi, de sa réflexion et de son regard critique sur la situation, sert de ressource importante dans la gestion des situations stressantes. De même, une structure de direction favorable peut influencer positivement la résilience des collaborateurs (25). Une telle structure comprend entre autres:
• des ressources humaines et professionnelles suffisantes
• des analyses de cas
• des possibilités d’entretien confidentiel pour les collaborateurs
• sensibilisation du personnel au phénomène de la deuxième victime
• une «Just Culture» vécue (par exemple, éviter les reproches et le mobbing)
• culture du feedback
• culture ouverte et neutre en matière d’erreurs, de sécurité ou d’apprentissage
• promotion du bien-être personnel (p. ex. proposer des repas équilibrés, garantir l’hygiène du sommeil, introduire des programmes de fitness pour les collaborateurs) (25-27)
Il existe d’autres offres qui, dans le meilleur des cas, sont déjà intégrées de manière routinière dans le quotidien ou font partie de la culture d’équipe:
• Empowerment (reconnaissance des compétences professionnelles du personnel)
• offres d’entretiens collégiaux (de routine et après des erreurs présumées)
• débriefings (routiniers et standardisés après des situations stressantes)
• réassurance (par exemple en répondant aux questions de compréhension et en assurant la sécurité) (25, 26)
Stade Caractéristiques
Chaos et gestion de l’urgence
Réflexion intrusive*
Instauration de l’intégrité personnelle
Choc initial - Réaliser qu’une erreur s’est produite et prendre les mesures adéquates pour y remédier (p. ex. stabiliser le patient).
Les personnes concernées se demandent: comment cela a-t-il pu se produire? Pourquoi cela devait-il arriver?
Chaos émotionnel - l’isolement de soi-même et le sentiment d’insuffisance intérieure s’imposent. La situation est constamment revécue (p. ex. flashbacks).
Les personnes concernées se demandent: qu’est-ce que j’ai manqué? Aurais-je pu l’éviter?
Acceptation - L’événement influence les structures de travail et les structures sociales. Des rumeurs peuvent naître et la peur des conséquences prédomine chez les personnes concernées.
Les personnes concernées se demandent: que pensent les autres? Est-ce qu’on me fera à nouveau confiance? Quelles conséquences m’attendent? Pourquoi ne puis-je pas me concentrer?
Réalisation - prise de conscience de la gravité de l’événement et de sa propre part ; discussions avec différentes parties, y compris les patient-e-s et leurs proches.
Supporter l’inquisition
Premiers secours émotionnels
Les personnes concernées se demandent: comment l’événement doit-il être documenté? Que se passe-t-il ensuite? Avec qui puis-je en parler? Est-ce que je pourrais perdre mon emploi?
Certaines personnes concernées tentent d’obtenir un soutien personnel ou professionnel. Dans certains cas, un soutien est proposé par des tiers, mais l’offre n’est parfois pas acceptée par les personnes concernées.
Les personnes concernées se demandent: pourquoi ai-je réagi ainsi? Qu’est-ce qui ne va pas chez moi? Ai-je besoin d’aide? Où puis-je trouver de l’aide?
Décision - Les personnes concernées optent pour l’une des trois voies suivantes:
1. fuite - changement d’emploi ou abandon de la profession 2. survie - tentative de maîtriser la situation. La tentative se solde par un succès modéré ou nul (une tristesse persistante pourrait apparaître).
Poursuivre la démarche
3. croissance - la situation est analysée et des leçons en sont tirées. Éviter de commettre d’autres erreurs de même nature. L’équilibre entre vie professionnelle et vie privée est maintenu.
Les personnes concernées se demandent, selon leur parcours: 1. ai-je choisi le bon métier?
2. comment aurais-je pu éviter cette situation? Pourquoi estce que je continue à me sentir coupable?
3. comment améliorer la sécurité des patient-e-s? Que puis-je apprendre de cette situation? Que puis-je faire pour que la situation s’améliore?
* Imposé, non volontaire
Tableau 1: Stades du phénomène de la seconde victime (d’après Scott et al. et Klemm et al.)
En outre, il existe des possibilités d’intervention spécifiques pour les personnes concernées et pour celles qui offrent un soutien. Ces interventions se retrouvent en partie dans l’escalade en trois étapes (25, 26).
• Participation: les personnes concernées doivent avoir la possibilité de participer activement à l’analyse des erreurs.
• Flux d’informations: Les personnes concernées doivent être informées en détail du déroulement, des analyses et des résultats.
• Disponibilité: les entretiens doivent être proposés activement aux personnes concernées.
• Continuité: les personnes concernées doivent bénéficier de plusieurs entretiens afin de pouvoir évaluer le développement de manière continue.
• Temps mort: un temps mort de courte durée doit être proposé aux personnes concernées et rendu possible, même en cas de pénurie de personnel - une absence de personnel à long terme est plus difficile à compenser qu’un temps de congé planifié à court terme, le cas échéant avec accompagnement.
• Langage: la conduite de l’entretien doit être empathique, sans ambiguïté et claire dans son langage, et l’entretien doit être exempt de tout blâme (25, 26).
Les possibilités d’intervention mentionnées coïncident avec la première étape du modèle en trois étapes (tableau 2) et peuvent être développées en conséquence. Le modèle propose un plan d’escalade de soutien structuré pour les personnes touchées par le phénomène de la deuxième victime (24, 26, 28).
En plus de l’application du modèle en trois étapes, il est recommandé de mettre en œuvre un programme de soutien spécifique pour les secondes victimes (29). En Europe et en Suisse, de tels programmes sont encore rares, alors qu’il existe déjà des offres établies à l’étranger, comme le programme RISE, le programme forYOU ou les Medically Induced Trauma Support Services (MITSS) (26).
Niveau 1 - aide collégiale
Les premiers secours émotionnels sont offerts par l’équipe de la personne concernée ou par d’autres personnes directement sur place.
• L’entretien est proposé dans un espace privé et sûr - pas sur le lieu où la situation s’est produite.
• Clarifier la disponibilité et, si la personne concernée le souhaite, maintenir ou prolonger l’entretien.
• Poser des questions ouvertes, par exemple: «Que ressens-tu en ce moment?», «Comment décrirais-tu ta situation actuelle?».
• Demander l’autorisation de demander plus tard comment va la personne concernée. Le jour même et le lendemain matin
• après l’entretien, laisser à la personne concernée le temps de mettre de l’ordre dans ses pensées - faire une pause dans le quotidien
• le cas échéant, contacter l’équipe d’intervention de crise
Niveau 2 - Soutien par une équipe spéciale
Si l’aide collégiale ne suffit pas ou si l’on constate un changement dans le comportement de la personne concernée, une équipe spéciale doit intervenir. Il peut s’agir par exemple d’une équipe d’intervention de crise.
• Soutien direct et confidentiel
• Assistance généralement disponible 24h/24 et 7j/7
• garantie d’un soutien continu par des équipes spéciales
• le cas échéant, évolution vers un soutien professionnel
Niveau 3 - Soutien professionnel
Le niveau de soutien professionnel est recommandé dès que les symptômes de seconde victime ne s’améliorent pas ou qu’ils ont une plus grande influence sur la vie professionnelle ou privée des personnes concernées.
• Lien avec des réseaux extérieurs à l’organisation, par exemple le travail social, la psychologie ou l’aumônerie.
Conclusion
Le phénomène de la deuxième victime peut toucher toute personne exposée à un événement indésirable. Les conséquences du phénomène de la deuxième victime sont souvent graves et s’étendent aussi bien à la vie professionnelle qu’à la vie privée. Il est possible de briser un cercle vicieux grâce à des interventions ciblées. Une culture d’équipe et d’apprentissage ouverte, qui considère les erreurs comme des opportunités d’apprentissage, est essentielle à cet égard. Les victimes du phénomène de la deuxième victime ont besoin de soutien plutôt que de punition - chacun peut faire partie de cette aide - Parlez.
Références sur siga-fsia.ch
Contact
Thomas Nyffeler
violences (24, 26, 28)
Responsable de la discipline EPD ES
Soins intensifs
Enseignant au département de formation continue AIN
Expert diplômé EPD ES en soins intensifs
Centre de formation bernois pour les soins infirmiers
Tableau 2: Modèle à trois niveaux de soutien aux deuxièmes victimes de
Organspende und Transplantation in der Schweiz – heute und morgen
Julius Weiss, Jeanne Kreis, Franz F. Immer
Die Situation der Organspende hat sich aufgrund verschiedener Massnahmen in den letzten Jahren verbessert. Eine der aktuellen Herausforderungen ist die hohe Ablehnungsrate der Organspende in den Angehörigengesprächen. Die frühestens ab 2026 geltende erweiterte Widerspruchsregelung könnte für die Angehörigen eine Entlastung darstellen, da sie dann nicht mehr stellvertretend im Sinne der verstorbenen Person einer Organspende zustimmen müssen.
Drei Ereignisse waren in den letzten Jahren für die Organspende und Transplantation in der Schweiz prägend: Die Wiedereinführung der Organspende nach Herz-Kreislauf-Stillstand, welche zu einem beachtlichen Anstieg der Spendezahlen beigetragen hat und damit mehr Transplantationen ermöglicht (1, 2). Zudem die Implementierung des «Swiss Monitoring of Potential Donors» (SwissPOD), ein System zur Qualitätssicherung im Organspendeprozess in den Spitälern, welches dazu dient, die Erkennung von potenziellen Organspenderinnen und -spendern zu optimieren (3, 4). Und schliesslich der Entscheid der Schweizer Stimmberechtigten anlässlich der Volksabstimmung vom 15. Mai 2022, dass bei der Organspende die erweiterte Widerspruchsregelung eingeführt werden soll (5, 6).
In der folgenden Übersicht der aktuellen Situation der Organspende und Transplantation sowie zum Stand der Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung zur Organspende in der Schweiz wird ausschliesslich die Spende von verstorbenen Personen berücksichtigt: Eine solche kann entweder nach Hirntod (donation after brain death, DBD) oder nach Herz-Kreislauf-Stillstand (donation after cardiocirculatory death, DCD) erfolgen, wenn eine Zustimmung zur Organspende erteilt wurde, keine absoluten Kontraindikationen zur Organspende vorliegen und der Tod ge-
mäss den Richtlinien der SAMW diagnostiziert wurde (7).
Aktuelle Situation der Organspende und Transplantation in der Schweiz Die Umsetzung verschiedener Massnahmen im Rahmen des Aktionsplans «Mehr Organe für Transplantationen» (8, 9) und insbesondere die Wiedereinführung der DCD-Spende (10) auf Initiative von Swisstransplant, der Schweizerischen Nationalen Stiftung für Organspende und Transplantation, zeigte Wirkung: Seit der Wiederaufnahme des DCD-Programms im Jahr 2011 konnte die jährliche Anzahl verstorbene Spendende verdoppelt werden.
In den Jahren 2023 und 2024 wurde mit 200 respektive 187 spendenden verstorbenen Personen die bisher meisten Organspenden verzeichnet (11). Im 2024 überstieg die Anzahl der DCD-Organspenden (n = 98, 52 %) zudem erstmals diejenige der DBD-Organspenden (n = 89, 48 %).
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 539 Organe von verstorbenen Spendenden transplantiert, wobei Nieren mit 287 Transplantationen den grössten Anteil (53 %) hatten. Anzahlmässig folgten 129 Lebertransplantationen (24 %), 63 Lungentransplantationen (12 %), 47 Herztransplantationen (9 %) sowie 13 Pankreasoder Inselzelltransplantationen (2 %). Pro spendende verstorbene Person konnten 2024 bei der DBD-Spende im Durchschnitt
3,3 Organe und bei der DCD-Spende 2,2 Organe zugeteilt und an Patientinnen und Patienten auf der Warteliste transplantiert werden.
Während die Organspende von verstorbenen Personen in den letzten Jahren zugenommen hat, so hat die Anzahl Patientinnen und Patienten, die auf ein oder mehrere Organe von verstorbenen Spendenden warten, kontinuierlich abgenommen. Ende 2024 waren in der Schweiz 1283 Personen auf der Warteliste, was im Vergleich zu Ende 2023 einen Rückgang um 52 Personen (-4 %) bedeutet. Ebenfalls abgenommen hat die Anzahl Personen, die verstarben, während sie für eine Transplantation gelistet waren, nämlich von 92 im Jahr 2023 auf 73 (-21 %) im 2024. Eine Analyse der mittleren Wartezeit, definiert als die Zeitdauer, nach welcher die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation 50 % erreicht hat, ergab, dass die mittlere Wartezeit mit 0,8 Jahren für eine Lungentransplantation am kürzesten und mit 3,1 Jahren für eine Nierentransplantation am längsten war (12). Sollte die Anzahl Organspenden auf dem erreichten Niveau bleiben oder noch zunehmen und gleichzeitig die Anzahl Patientinnen und Patienten auf der Warteliste entweder konstant bleiben oder abnehmen, so kann davon ausgegangen werden, dass die mittlere Wartezeit ebenfalls abnimmt.
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern setzt sich Swisstransplant auch laufend für Optimierungen bezüglich der Organentnahme und -zuteilung ein. Aktuelle Beispiele hierfür sind das «Donor Evaluation Tool» (13), «KIDMO» und «EXAM», zwei Tools im Bereich der Nierentransplantation (14, 15) sowie, in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit, die Anpassung des Algorithmus für die Zuteilung von Nieren (16).
Zustimmung der Angehörigen als Herausforderung Swisstransplant ist nicht nur im Auftrag des Bundes für die gesetzeskonforme Zuteilung von Organen zuständig. Im Auftrag der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) ist Swisstransplant – in Zusammenarbeit mit den Organspendenetzwerken und
Transplantationszentren – auch verantwortlich für das Monitoring aller Todesfälle auf Intensivstationen im Rahmen von SwissPOD (4). Eine wichtige Erkenntnis von SwissPOD ist, dass die Erkennung von potenziellen Organspenderinnen und -spendern auf den Intensivstationen der Spitäler grundsätzlich gut funktioniert. Hingegen zeigt die Auswertung der SwissPOD-Daten, dass in mehr als der Hälfte der Angehörigengespräche eine Spende abgelehnt wird. Im ersten Halbjahr 2024 geschah dies in insgesamt 62 % aller Angehörigengespräche. Diese hohe Ablehnungsrate steht im Kontrast zur mehrheitlich positiven Einstellung zur Organspende in der Bevölkerung. So gaben in der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2022 nur 44 % der Befragten an, dass sie eher oder gar nicht bereit wären, ihre Organe im Todesfall zu spenden, während 56 % einer Organspende tendenziell oder sicher zustimmen würden. Gleichzeitig haben jedoch 49 % aller Befragten ihren Willen weder festgehalten noch ihre Angehörigen über ihre Entscheidung informiert, ob sie ihre Organe spenden möchten oder nicht (17). Dies bedeutet in der Praxis, dass die stellvertretende Entscheidung der Angehörigen häufig in Unkenntnis des Willens der verstorbenen Person geschieht, was bei erforderlicher expliziter Zustimmung mit bedeutend höherer Wahrscheinlichkeit zu einer Ablehnung der Spende führt, wie verschiedene Studien zeigen (18 – 20). Es kann deshalb angenommen werden, dass mit der Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung, bei der die Angehörigen in berechtigten Fällen eine Organspende stellvertretend ablehnen können, jedoch nicht stellvertretend ihre Zustimmung erteilen müssen, die Ablehnungsrate durch die Angehörigen sinken wird. Dies würde bei ansonsten gleichbleibenden Bedingungen zu einer Zunahme der Organspende in der Schweiz führen – zum Wohl der Patientinnen und Patienten auf der Warteliste, für die die Chance auf eine zeitnahe Transplantation steigen würde.
Wechsel zur erweiterten Widerspruchsregelung
In der Schweiz gilt derzeit die erweiterte
Zustimmungsregelung: Organe und Gewebe dürfen nur entnommen werden, wenn die Einwilligung der verstorbenen Person vorliegt. Fehlt eine Willensäusserung, müssen die nächsten Angehörigen im mutmasslichen Willen der verstorbenen Person über eine Organspende entscheiden. Am 15. Mai 2022 stimmten 60 % der Schweizer Stimmberechtigten für die Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung (21). In der künftigen Opt-out-Modalität wird bei Personen ab 16 Jahren grundsätzlich von der Zustimmung zur Organspende ausgegangen. Wer nach seinem Tod keine Organe oder Gewebe spenden möchte, muss dies entsprechend festhalten (5).
Wann die erweiterte Widerspruchsregelung in Kraft tritt, steht noch nicht fest. Der Bund plant, sechs Monate vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes ein elektronisches Organ- und Gewebespenderegister bereitzustellen, in dem Nutzerinnen und Nutzer ihren Widerspruch oder ihre Zustimmung zur Organspende verbindlich festhalten oder eine Vertrauensperson benennen können (22). Die Identifikation der Nutzerinnen und Nutzer im Organspenderegister erfolgt über eine elektronische Identität (E-ID). Da die E-ID frühestens 2026 zu erwarten ist (23), wird auch das Register erst im Laufe des Jahres 2026 eingeführt (24).
Auch nach Inkrafttreten des revidierten Transplantationsgesetzes und der Lancierung des offiziellen Organ- und Gewebespenderegisters kann der persönliche Wille etwa mit Patientenverfügung, Organspende-Karte oder elektronischem Patientendossier festgehalten werden. Da die Fachpersonen in den Spitälern das Register zwingend konsultieren müssen, wenn eine aussichtslose Prognose vorliegt und die Entscheidung getroffen wurde, die lebenserhaltenden Massnahmen abzubrechen, ist der Eintrag im Organ- und Gewebespenderegister im Gegensatz zu analogen Dokumenten einfach und sicher auffindbar (25).
Heute stellen Angehörigengespräche, in denen Fachpersonen gemeinsam mit Hinterbliebenen den Willen verstorbener Personen eruieren, belastende Situationen dar. Insbesondere, wenn der Wille der Verstorbenen wie in den meisten Fällen nicht
bekannt ist (26). Da bei einer fehlenden Willensäusserung künftig von einer Zustimmung zur Organspende ausgegangen werden kann, entlastet die erweiterte Widerspruchsregelung die Angehörigen von der Entscheidung über die Organspende bei der ihnen nahestehenden Person. Auch nach dem von einer breiten Informationskampagne begleiten Systemwechsel sollte eine Zustimmung oder eine Ablehnung im Organspenderegister eingetragen werden oder zumindest die nächsten Angehörigen über den Entscheid zur Organspende informiert werden. Liegt im Ernstfall keine Willensäusserung vor, können die Angehörigen einer Organspende stellvertretend für die betroffene Person widersprechen, wenn sie Kenntnis davon haben oder vermuten, dass die Organspende nicht dem Willen der ihnen nahestehenden Person entspricht (22). Wenn bei einer fehlenden Willensäusserung keine Angehörigen erreichbar sind, ist die Entnahme von Organen unzulässig (25).
Erfahrungen mit der Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung im Ausland
In den Niederlanden und im Vereinigten Königreich wurde die erweiterte Widerspruchsregelung im Juli 2020 respektive Mai 2021 eingeführt (27). In den Niederlanden waren im 2024 4,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner mit einer Zustimmung im Register vermerkt, während 4,3 Millionen mit einer Ablehnung registriert waren. 1,5 Millionen haben festgelegt, dass jemand anderes über ihre Organspende entscheiden soll, und 3,3 Millionen haben keine aktive Entscheidung getroffen, was als «keine Ablehnung» gewertet wird (28). Im Vereinigten Königreich haben bis 2024 insgesamt 28,1 Millionen Menschen im Opt-in-Organspenderegister ihre Zustimmung eingetragen, was 42 % der Bevölkerung entspricht. Gleichzeitig haben 2,6 Millionen Menschen im Opt-outOrganspenderegister ihre Ablehnung dokumentiert (29). Im 2023 waren 56 % der 1’510 spendenden verstorbenen Personen im Opt-in-Organspenderegister eingetragen. Wenn keine Entscheidung für oder gegen eine Organspende im Register hinterlegt war, haben die Angehörigen in rund
Anästhesie Journal 2 – 2025 Buchempfehlung
der Hälfte der Fälle eine Spende abgelehnt (30). Diese beiden Beispiele weisen auf verschiedene Punkte hin, welche auch in der Schweiz bei der Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung relevant sein könnten: Als Erstes gilt es, den negativen Trend bei der Zustimmungsrate zur Organspende zu stoppen, welcher sowohl im Vereinigten Königreich als auch in der Schweiz seit der Covid-19-Pandemie beobachtet wurde (4, 31). Zweitens braucht es im Vorfeld der erweiterten Widerspruchsregelung und auch begleitend eine umfangreiche Information der Bevölkerung über die Änderung der gesetzlichen Bestimmung. Drittens ist nicht davon auszugehen, dass die Zustimmungsrate – und damit die Anzahl Organspenden – mit der Einführung der erweiterten Widerspruchsregelung sprunghaft ansteigen wird. Jedoch wird die erweiterte Widerspruchsregelung in Kombination mit der Einführung
des offiziellen Organ- und Gewebespenderegisters dazu führen, dass bei bedeutend mehr Personen als bisher der Entscheid bezüglich einer Spende dokumentiert ist. Dies wird schliesslich dazu führen, dass bei einem grösseren Anteil der Bevölkerung ein Entscheid vorliegt und sich damit die Angehörigen seltener als bisher stellvertretend für oder gegen eine Organspende entscheiden müssen.
Fazit
Die Wiedereinführung der Organspende nach Herz-Kreislauf-Stillstand und die Implementierung des «Swiss Monitoring of Potential Donors» (SwissPOD) haben in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Spendezahlen beigetragen. Die erweiterte Widerspruchsregelung, welche in der Schweiz frühestens im Jahr 2026 in Kraft tritt, kann einen positiven Effekt auf die Organspende haben. Bis die erweiterte
Anesthesia Secrets
Widerspruchsregelung und das Organ- und Gewebespenderegister in der Bevölkerung etabliert sind, dürften aber über 2026 hinaus noch einige Jahre vergehen. Neben der Bevölkerungsinformation des Bundes ist die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Organspende unter Einbezug der nächsten Angehörigen deshalb nach wie vor unverzichtbar.
Referenzen auf siga-fsia.ch
Article en français sur: siga-fsia.ch/traductions
Kontakt
Franz F. Immer
Direktor Swisstransplant und Facharzt für Herzchirurgie FMH, PD Dr. med., Swisstransplant, die Schweizerische Nationale Stiftung für Organspende und Transplantation, Bern franz.immer@swisstransplant.org
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Millionär?»-Manier ermöglicht das Aneignen von Wissen ohne Anstrengung. Die Antworten, Checklisten und Flussdiagramme unterhalb der Fragen erleichtern das Nachschlagen von Themen erheblich und bieten einen schnellen und einfachen Überblick.
«Anesthesia Secrets» ist somit ein Werk, das Best Practice ermöglicht, zur Repetition genutzt werden kann und Studierenden dabei hilft, sich auf Examen vorzubereiten. Der einzige Nachteil ist, dass die komplette «Secrets Series» ausschliesslich in englischer Sprache verfügbar ist. Ich hoffe, Sie geben diesem einmaligen Werk eine Chance und haben am «Wer wird Millionär?»-Wettbewerb gegen das Buch dasselbe Vergnügen, wie ich es bereits mit Büchern der «Secrets Series» erleben durfte.
Die Diplomarbeit von Fabienne Buri, Felicia Hintermeister und Nina Kronenberg widmet sich dem hämodynamischen Management während einer Sectio caesarea unter Spinalanästhesie, einem zentralen Thema in der Anästhesiepflege. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse pflegetherapeutischer und medikamentöser Massnahmen zur Stabilisierung des mütterlichen Kreislaufs und zur Sicherstellung der fetalen Perfusion. Ziel ist es, die Herausforderungen und Lösungsansätze in der perioperativen Versorgung evidenzbasiert zu beleuchten und konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten.
Der Hauptteil widmet sich zunächst einer detaillierten Analyse und systematischen Darstellung der physiologischen und anatomischen Veränderungen während der Schwangerschaft, einschliesslich der Veränderungen des Herz-Kreislauf- und Atemwegsystems sowie der Plazentafunktion. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei dem Vena-cava-Kompressionssyndrom gewidmet, das in Rückenlage auftreten und sowohl mütterliche Symptome wie Hypotonie und Schwindel als auch fetale Komplikationen durch eine eingeschränkte uteroplazentare Perfusion verursachen kann. Diese physiologischen Besonderheiten verdeutlichen die Notwendigkeit eines zielgerichteten hämodynamischen Managements während einer Sectio caesarea. Darüber hinaus wird die Spinalanästhesie als bevorzugtes Anästhesieverfahren im Kontext der Sectio caesarea erörtert, wobei potenzielle Risiken wie Hypotonie und deren Management eingehend diskutiert werden. Der Fokus liegt hier insbesondere auf präventiven Massnahmen wie Pre- und Coloading, spezifischen Lagerungsstrategien sowie der gezielten Anwendung von Vasopressoren. In diesem Zusammenhang wird eine Gegenüberstel-
lung von Phenylephrin, Noradrenalin und Ephedrin hinsichtlich ihrer Effektivität und Sicherheit vorgenommen. Studien über die Evidenz der Linksseitenlage werden verglichen und die verschiedenen Resultate dargestellt. Darüber hinaus wird die Rolle zeitgemässer Technologien wie der Hypotension Prediction Index (HPI), nichtinvasive Überwachungssysteme und die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) zur frühzeitigen Identifikation hypotensiver Episoden und deren Prävention beleuchtet.
Im Schlussteil reflektieren die Autorinnen die gewonnenen Erkenntnisse, betonen die Relevanz eines individualisierten Ansatzes im hämodynamischen Management und unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung, um evidenzbasierte Empfehlungen zu präzisieren. Diese Diplomarbeit liefert wertvolle Beiträge zur klinischen Praxis der Anästhesiepflege und leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und zum Wohlbefinden von Mutter und Kind.
Anästhesiepflegende und ärztliches Personal im Dialog
Die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Anästhesiepflege und ärztlichem Personal in der Anästhesie ist essenziell für den Erfolg perioperativer Prozesse und die Sicherheit der Patient:innen. Doch wie sehen sich diese beiden Berufsgruppen gegenseitig? In unserer Interview-Serie beleuchten wir die Dynamik dieser Partnerschaft aus beiden Blickwinkeln. Damit möchten wir die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Anästhesie fördern und Impulse für deren Weiterentwicklung geben.
In dieser Ausgabe beantworten Prof. Dr. med. Martin Schläpfer und Caroline Feliz Matos-Büchi, dipl. Expertin Anästhesiepflege NDS HF, unsere Fragen.
Prof. Dr. med. Martin Schläpfer
Warum bist du Anästhesist geworden?
Meine erste Berührung mit dem Fach hatte ich als Assistenzarzt, ursprünglich mit dem Ziel, eine chirurgische Ausbildung zu absolvieren. Doch schnell wurde mir klar, dass mich die Anästhesie besonders fasziniert: die Kombination aus manueller Tätigkeit, der Notwendigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren und der Betreuung komplexer Patient:innen. Besonders schätze ich den stark ausgeprägten Team-Ansatz in der Anästhesie, der auch heute noch für mich einen zentralen Aspekt dieses Fachgebiets darstellt.
Was schätzt du an deinen pflegerischen Kolleg:innen aus der Anästhesiepflege?
Ich schätze meine Kolleg:innen aus der Anästhesie ausserordentlich – unabhängig davon, ob sie einen pflegerischen oder ärztlichen Hintergrund haben. Unsere
Schwerpunkte sind teilweise unterschiedlich gesetzt, was unsere Zusammenarbeit bereichert. Kolleg:innen mit pflegerischem Hintergrund bringen insbesondere eine hohe Expertise in den Bereichen Gerätekompetenz, Hygiene und praktische Abläufe mit, während ärztliche Kolleg:innen oft den Fokus auf medizinische Diagnosen und Nebendiagnosen legen. Diese Ergänzung macht unsere Teamarbeit besonders wertvoll.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit deinen pflegerischen Kolleg:innen in der Anästhesiepflege?
Unsere Zusammenarbeit ist äusserst kollegial und geprägt von einem respektvollen Miteinander auf Augenhöhe. Wir ergänzen uns in vielen Aspekten der täglichen Arbeit und profitieren von der jeweiligen Expertise des anderen.
SERIE INTERVIEW
Hast du bereits von der kontinuierlichen Praxisentwicklung im Bereich der Anästhesiepflege gehört? Was denkst Du darüber?
Den Begriff in dieser Form kannte ich bisher nicht, aber das Konzept ist mir durchaus vertraut. Am KSGR wurde die kontinuierliche Praxisentwicklung bereits unter meinem Vorgänger, Dr. Thomas Sieber, aktiv gelebt. Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist fester Bestandteil unseres Alltags: Fortbildungen werden sowohl von ärztlichen als auch von pflegerischen Kolleg:innen gestaltet, SOPs entstehen in gemeinsamer Diskussion und durch unser Crew Resource Management (CRM) trainieren wir gezielt die interprofessionelle Zusammenarbeit für unsere tägliche Arbeit. Dies sind nur einige Beispiele für die gelebte Praxisentwicklung an unserem Haus.
Was wünschst du dir für die Zukunft der Anästhesiepflege?
Ich wünsche mir weiterhin eine starke Anästhesiepflege, die sich sowohl für pflegerische als auch für medizinische Themen interessiert und sich aktiv in die Weiterentwicklung unseres Fachgebiets einbringt.
Kontakt
Prof. Dr. med. Martin Schläpfer, M.Sc.
Chefarzt Anästhesie
Departementsleiter ANIR
Mitglied der Geschäftsleitung
Kantonsspital Graubünden, Chur martin.schlaepfer@ksgr.ch
Caroline Feliz Matos-Büchi
Warum hast du den Beruf der Anästhesiepflege gewählt?
Während meiner Ausbildung zur dipl. Pflegefachfrau HF habe ich zum ersten Mal überhaupt von diesem Beruf gehört und ich wusste sofort, dass dies mein Weg sein wird. All das Fachwissen über Anatomie und Physiologie sowie die Pharmakologie weckte mein Interesse. Es war und ist nach wie vor faszinierend für mich, ein Medikament zu verabreichen und innert Minuten zu sehen, wie es wirkt.
Was schätzt du an deinen ärztlichen Kolleg:innen der Anästhesie?
Ich schätze das Fachwissen meiner ärztlichen Kolleg:innen der Anästhesie sehr. Insbesondere in Schockraum-Situationen bin ich fasziniert, wie schnell Zusammenhänge erkannt und entsprechende Therapien eingeleitet werden.
Ausserdem schätze ich das Vertrauen, das sie uns schenken und uns so die Möglichkeit geben, selbstständig innerhalb unseres Kompetenzbereiches zu arbeiten.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit deinen ärztlichen Kolleg:innen Anästhesie?
Ich finde gerade die Zusammenarbeit in der Anästhesie sehr respektvoll. Durch die flache Hierarchie, die wir am KSGR leben, fühle ich mich stets wahr- und ernstgenommen. Ich denke, dass wir vielleicht unterschiedliche Skills als Schwerpunkte haben, aber eben deshalb alle sehr gut voneinander profitieren können und so zusammen eine hohe Expertise abliefern.
Hast du bereits von der kontinuierlichen Praxisentwicklung im Bereich der Anästhesiepflege gehört? Was denkst du darüber?
Ich kann mir vorstellen, worum es geht. Ich denke, wir leben es hier am KSGR schon. Wir haben verschiedene Tools (PDCA-Zyklus, Kaizen etc.), welche wir benutzen, um unseren Alltag und somit auch uns weiterzuentwickeln. Diese Auswertungen werden dann vom Qualitätsmanagement ausgearbeitet und implementiert.
Was wünschst du dir für die Zukunft für die ärztlichen Mitarbeitenden Anästhesie?
Ich wünsche weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit meinen ärztlichen Kolleg:innen der Anästhesie, gemeinsames Profitieren, tollen Teamspirit und viel Freude am Beruf.
les infirmier-ère-s anesthésistes et le personnel médical en dialogue
La collaboration interprofessionnelle entre les infirmier-ère-s anesthésistes et le personnel médical en anesthésie est essentielle pour le succès des processus périopératoires et la sécurité des patient-e-s. Mais comment ces deux groupes professionnels se perçoivent-ils mutuellement? Dans notre série d’interviews, nous mettons en lumière la dynamique de ce partenariat des deux points de vue. Nous souhaitons ainsi promouvoir la collaboration interprofessionnelle en anesthésie et donner des impulsions pour son développement. Dans ce numéro, le Prof. Dr méd. Martin Schläpfer et Caroline Feliz Matos-Büchi, experte diplômée en soins d’anesthésie EPD ES répondent à nos questions.
Prof. Dr méd. Martin Schläpfer, M.Sc.
Pourquoi es-tu devenu anesthésiste?
J’ai eu mon premier contact avec cette discipline en tant que médecin assistant, à l’origine dans le but de suivre une formation chirurgicale. Mais j’ai vite compris que l’anesthésie me fascinait particulièrement: la combinaison de l’activité manuelle, la nécessité de réagir rapidement aux changements et la prise en charge de patient-e-s complexes. J’apprécie particulièrement l’approche d’équipe très marquée en anesthésie, qui représente encore aujourd’hui pour moi un aspect central de cette spécialité.
Qu’est-ce que tu apprécies chez tes collègues infirmier-ère-s anesthésistes?
J’apprécie énormément mes collègues de l’anesthésie, qu’ils/elles aient une formation d’infirmier-ère ou de médecin. Nos points forts sont parfois différents, ce qui
enrichit notre collaboration. Les collègues ayant une formation en soins infirmiers apportent notamment une grande expertise dans les domaines de la compétence en matière d’appareils, de l’hygiène et des procédures pratiques, tandis que les collègues médecins se concentrent souvent sur les diagnostics médicaux et les diagnostics secondaires. Cette complémentarité rend notre travail d’équipe particulièrement précieux.
Comment se passe la collaboration avec tes collègues en soins d’anesthésie?
Notre collaboration est extrêmement collégiale et se caractérise par une cohabitation respectueuse d’égal à égal. Nous nous complétons dans de nombreux aspects du travail quotidien et profitons de l’expertise de chacun.
As-tu déjà entendu parler du développement continu de la pratique dans le domaine des soins d’anesthésie? Qu’en penses-tu?
Je ne connaissais pas le terme sous cette forme, mais le concept m’est tout à fait familier. Au KSGR, le développement continu de la pratique était déjà activement vécu sous mon prédécesseur, le Dr Thomas Sieber. La collaboration interprofessionnelle fait partie intégrante de notre quotidien: les formations continues sont organisées aussi bien par des collègues médecins que par des infirmier-ère-s, les SOPs sont le fruit d’une discussion commune et, grâce à notre Crew Resource Management (CRM), nous entraînons de manière ciblée la collaboration interprofessionnelle pour notre travail quotidien. Ce ne sont là que quelques exemples de l’évolution pratique vécue dans notre établissement.
Que souhaites-tu pour l’avenir des soins d’anesthésie?
Je souhaite que les soins d’anesthésie continuent à être forts, qu’ils s’intéressent à la fois aux thèmes infirmiers et médicaux et qu’ils s’impliquent activement dans le développement de notre spécialité.
Contact
Prof. Dr méd.
Martin Schläpfer, M.Sc.
Médecin-chef de l’anesthésie
Directeur du département AIU Smur
Membre de la direction
Hôpital cantonal des Grisons, Coire martin.schlaepfer@ksgr.ch
Journal d’anesthésie 2 – 2025 Série 31
Pourquoi as-tu choisi le métier d’infirmière anesthésiste?
C’est pendant ma formation d’infirmière diplômée ES que j’ai entendu parler pour la première fois de ce métier et j’ai tout de suite su que ce serait ma voie. Toutes les connaissances en anatomie et en physiologie ainsi qu’en pharmacologie ont éveillé mon intérêt. J’étais et je suis toujours fascinée par le fait d’administrer un médicament et d’en voir les effets en quelques minutes.
Qu’est-ce que tu apprécies chez tes collègues médecins anesthésistes?
J’apprécie beaucoup les connaissances spécialisées de mes collègues médecins anesthésistes. En particulier dans les situations déchoc, je suis fascinée par la rapidité avec laquelle les liens sont identifiés et les thérapies appropriées mises en place.
J’apprécie également la confiance qu’ils nous accordent et qui nous permet de travailler de manière autonome dans notre domaine de compétences.
Comment s’organise la collaboration avec tes collègues médecins anesthésistes?
Je trouve que la collaboration en anesthésie est très respectueuse. Grâce à la hiérarchie horizontale que nous pratiquons au KSGR, je me sens toujours pris en compte et au sérieux. Je pense que nous avons peut-être des compétences différentes, mais que c’est justement pour cela que nous pouvons tous profiter les uns des autres et fournir ainsi ensemble une expertise de haut niveau.
As-tu déjà entendu parler du développement continu de la pratique dans le domaine des soins d’anesthésie? Qu’en penses-tu?
Je peux imaginer de quoi il s’agit. Je pense que nous le vivons déjà ici, au KSGR. Nous avons différents outils (cycle PDCA, Kaizen, etc.) que nous utilisons pour faire évoluer notre quotidien et donc aussi nous-mêmes. Ces évaluations sont ensuite travaillées et implémentées par le département gestion de la qualité.
Que souhaites-tu à l’avenir pour les collaborateurs-trices médicaux en anesthésie?
Je souhaite que la bonne collaboration avec mes collègues médecins anesthésistes continue, des bénéfices communs, un excellent esprit d’équipe et beaucoup de plaisir dans mon travail.
Contact
Caroline Feliz Matos-Büchi
Experte diplômée en soins d’anesthésie
EPD ES Hôpital cantonal des Grisons, Coire caroline.feliz@ksgr.ch
Caroline Feliz Matos-Büchi
Nahtoderfahrungen -
Ein Résumé nach 150 Jahren Forschung
Reto Eberhard Rast
In Todesnähe erlebt beinahe jeder fünfte Mensch eine sogenannte Nahtoderfahrung (NTE). Jede dieser Erfahrungen ist einzigartig, aber es finden sich wiederkehrende Elemente und typische Nachwirkungen. Mit verschiedenen Situationen, die eine NTE auslösen können, ist das Fachpersonal der Anästhesie bestens vertraut – weniger mit den subjektiven Erlebnissen und Nachwirkungen einer NTE. Der Artikel versucht, die für den Fachbereich der Anästhesie wichtigsten Erkenntnisse aus fünf Dekaden Nahtodforschung zusammenzufassen.
Es käme keinem Menschen in den Sinn, ein gerade ertrunkenes Kind nicht wiederzubeleben, weil die Möglichkeit besteht, dass das Kind wegen der Erfahrung, die es gerade macht, auf eine Wiederbelebung verzichten möchte. Der diesbezügliche Kontrast zwischen überglücklichen
Retter:innen und enttäuschten Betroffenen ist jedoch gar nicht so selten. Beispielsweise dominierte bei einer damals sechsjährigen Kollegin erst tiefer Groll und masslose Enttäuschung darüber, dass ein Fischer sie offenbar vom Seegrund geborgen und am Strand wiederbelebt hatte. Aber wem hätte sie das erzählen können? Das Phänomen Nahtoderfahrung (NTE) war damals unbenannt und bei Laien wie Fachkreisen weitgehend unbekannt. 1975 publizierte der damalige Medizinstudent Raymond Moody mit dem Buch «Life After Life» eine vergleichende Untersuchung des Phänomens. Die 1977 auf Deutsch erschienene Publikation stieg in kürzester Zeit zum Weltbestseller auf, gab dem Phänomen einen Namen und begründete die heutige Bekanntheit von Nahtoderfahrungen. Moody wurde Teil einer kleinen Gruppe amerikanischer Wissenschaftler, welche die im Vergleich zur weltweiten Resonanz zögerlich einsetzende NTE-Forschung anstiessen. Ein halbes Jahrhundert später sind zwar immer noch wichtige Bereiche dieses Phänomens wenig untersucht oder
harren einer Erklärung, aber das Fachwissen darüber hat sich enorm erweitert und basiert auf hunderten von Studien, die seither zu NTE gemacht wurden. Dieser Artikel stellt damit eine Art Destillat aus 50 Jahren NTE-Forschung dar. Eher vorsichtig geschätzt haben 1 % der Bevölkerung in der westlichen Welt eine NTE hinter sich. Die meisten Studien gehen von höheren Prozentzahlen aus. Hunderttausend in der Schweiz lebende Menschen kennen damit eine NTE aus eigener Erfahrung. Die Wahrscheinlichkeit, in lebensbedrohlichen Situationen eine Nahtoderfahrung zu machen, scheint bei Kindern deutlich grösser zu sein. Nach Parnia berichten bis 85 % der Kinder nach einem Herzstillstand von einer NTE , während es bei den Erwachsenen zwischen 12 % und 18 % sind (1).
Die Nähe zum Tod als einzige ätiologische Gemeinsamkeit von NTE
Es gibt modellhaft gesprochen zwei Auslöser von NTE. Zum einen der in der Anästhesie bestens bekannte Zusammenbruch der Vitalfunktionen mit rasch eintretendem komatösem Zustand, zum anderen die plötzliche Konfrontation mit einer äusseren Bedrohung. Während es im ersten Fall innert Sekunden zu einem Bewusstseinsverlust und spätestens nach 30 Sekunden zu einem Nulllinien-EEG kommt
(2), die Betroffenen aber meist gar nicht realisieren, in welch lebensbedrohlicher Gefahr sie sich befinden, erwarten umgekehrt die anderen den bevorstehenden Tod aufgrund einer akut aufgetretenen äusseren Bedrohung. In den bewusst wahrgenommenen Gefahrenmomenten kann eine NTE auch dann durchlebt werden, wenn weder Bewusstseinsverlust noch lebensbedrohliche Verletzung resultieren. Man kann sich also fälschlicherweise des sicheren Todes gewiss sein oder völlig unbedarft das plötzliche Sterben «verschlafen». Man kann während der gesamten Dauer der Situation unverletzt über ein hochaktives Gehirn verfügen oder sterbend in einen komatösem Zustand mit Nulllinien-EEG verfallen. Auf das Auftreten, die Häufigkeit, den Inhalt, die Dauer oder die affektive Tiefe einer NTE haben diese sehr unterschiedlichen psychologischen wie physiologischen Grundbedingungen keinen Einfluss. Nur die Nähe zum Tod ist der gemeinsame ätiologische Faktor. Ebenso fand sich entgegen häufig geäusserten ätiologischen Vermutungen bisher kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von NTE und soziokulturellen, psychologischen oder biologischen Faktoren. Auftreten und Häufigkeit von NTE sind unabhängig von Alter, Geschlecht oder Kultur, vom persönlichen Glauben oder Weltbild, vom Niveau einer Hypoxie oder Hyperkapnie, von einer allfälligen Medikamentengabe oder Reanimationsdauer.
Vom Kuriosum zum Allgemeinwissen: Elemente von NTE
Welche Erfahrung aber klassiert als NTE? Der Psychiater Bruce Greyson definierte NTE als «tief gehende, psychische Ereignisse mit transzendenten und mystischen Elementen, die vor allem bei Menschen auftreten, die dem Tode nahe sind oder sich in einer Situation ernster körperlicher oder emotionaler Gefährdung befinden» (3). Er hat mit der «Near-Death Experience Scale», häufig «Greyson Scale» genannt, ein bis heute gültiges – wenn auch nicht ganz befriedigendes – Rating zur Erfassung von NTE geschaffen (4). Greyson ordnete die Phänomene von NTE nach psychiatrisch-psychologischen Kriterien in kognitive, affektive, transzendente und paranormale Komponenten. Häufiger zitiert werden die von Raymond Moody beschriebenen 10 Elemente von NTE.
10 Grundelemente einer NTE nach Moody
1. Das Unaussprechliche der Erfahrung
2. Ein Gefühl des Friedens und der Ruhe
3. Die Erkenntnis, tot zu sein
4. Ein Verlassen des Körpers
5. Dunkler Raum, Tunnelerlebnis
6. Ausserweltliche Umgebung
7. Begegnung mit Verstorbenen
8. Lichterfahrung
9. Lebenspanorama
10.Wahrnehmen einer Grenze
Einige davon wie die ausserkörperliche Erfahrung oder das Tunnelerlebnis wurden so bekannt, dass selbst humoristische Anspielungen heute verstanden werden. Während einer ausserkörperlichen Erfahrung (AKE) fühlen sich Betroffene in einem ausserleiblichen Zustand und können auf ihren physischen Körper heruntersehen. Viele erleben diesen an sich hochirritierenden Anblick, der nicht selten begleitet sein kann von der Wahrnehmung eingeleiteter Rettungsbemühungen, erstaunlich gelassen. Vor allem bei Unfällen kann eine Auffächerung in ein rational denkendes Bewusstsein, das den Unfall aus der gewohnten Körperperspektive miterlebt, und der parallel stattfindenden AKE gemacht werden. Letztere Dimension wird als zeitlos und transzendent erlebt. Die dort gemachte Erfahrungsdichte kann gefühlt Tage bis Wochen dauern (5, 6). Ausserkörperliche Erfahrungen sind nicht auf Nahtoderfahrungen beschränkt. In den allermeisten Kulturkreisen und bis zurück in die Antike ist dieses Phänomen bekannt und vielfach beschrieben (7).
Etwa ein Viertel aller Menschen erlebt während der Nahtoderfahrung einen Lebensrückblick, welcher auch Lebenspanorama oder Lebensfilm genannt wird. Eine erste Beschreibung solcher Rückblenden veröffentlichte 1892 der Geologe Prof. Albert Heim im Jahrbuch des Schweizer Alpenclubs, worin er sich mit den Erlebnissen in Todesnähe befasste (8). Es sind heute verschiedene Varianten dieses Lebensfilmes bekannt. Die Bilder können farbig oder schwarzweiss, die Projektion kinoartig oder multidimensional sein: beispielsweise kugelförmig um den Betrachter angeordnet. Sogar ein Bildschirm wurde beschrieben, in welchen der Erfahrende hineinschauen konnte. Eine spezifische Gemeinsamkeit liegt in der imponierenden Gleichzeitigkeit der Projektionsstränge respektive des Abspielens dieser zurückliegenden Ereignisse. Zudem können die eigenen Empfindungen sowie auch diejenigen der damals involvierten Personen nochmals durchlebt werden. Ob das eigene Handeln gut oder schlecht war, erfährt der Betroffene durch das Nachempfinden der Gefühle, die er bei seinem Nächsten ausgelöst hat. In NTE japanischer Kollek-
tive scheint ein Lebensrückblick eher selten aufzutreten, ebenso wenig bei Kindern (9). Letztere berichten generell von weniger Elementen und geringerer Komplexität ihrer NTE (10).
Paranormale Phänomene als Normalität bei NTE
Zu den paranormalen Komponenten zählen verifizierbare ausserkörperliche Erfahrungen oder das Auftreten unbekannter Sinne wie erweitertes Farbspektrum, Rundumsehen, Seherfahrungen von Blinden (11) oder «telepathische» Fähigkeiten. Gerade für letztere fehlt ein passender Begriff, da es sich dabei mehr um eine unmittelbare Wahrnehmung der Gedanken und Empfindungen beobachteter Personen wie den involvierten Rettungskräften handelt. Als «Peak in Darien»-Phänomene werden Situationen genannt, in denen Personen während ihrer NTE bislang unbekannte und erst nach der NTE verifizierte Informationen erhalten. Hauptsächlich sind das Begegnungen mit Verstorbenen, von denen man annahm, dass sie noch am Leben sind, und von denen man erst nach der NTE vom kurz zuvor eingetretenen Tod dieser verwandten oder befreundeten Person erfahren kann. Während oder nach einer NTE sind paranormale Phänomene so häufig, dass man sie dort als normal bezeichnen müsste (12).
Erschreckende NTE
Eher wenig bekannt ist, dass es neben den bekannten elysischen NTE auch erschreckende bis hochtraumatisierende Erfahrungen gibt. Die Formen reichen von angstvoller Interpretation an sich angenehmer NTE zu Erfahrungen in absoluter Leere (Void) bis phänomenologischen «Höllenerfahrungen». Bei Void-Erfahrungen fühlt man sich auf Ewigkeit im endlosen All oder dunklen Nichts ausgesetzt. Erschreckende NTE sind bisher unzureichend erforscht und schwer quantifizierbar. Bei unbekannter Dunkelziffer aufgrund Verdrängung oder schambehaftetem Rückzug geht man von 5 bis 10 % aller NTE aus. Im Gegensatz zu beglückenden Erfahrungen in Todesnähe haben Menschen mit negativer NTE daraufhin erhöhte Angst vor dem Tod. Betroffene von negativen NTE
zu erfassen und danach einer geeigneten Therapie zuzuführen wäre entscheidend, da das psychologische Trauma meist zu lebenslangen Einschränkungen führt. Ausgenommen hiervon sind NTE, die negativ beginnen und positiv enden (13).
NTE als Zäsur und Herausforderung
Jede NTE ist sowohl individuell wie kulturell geprägt. Umso transzendenter die Erlebnisse und umso einmaliger die affektiv-sinnliche Dimension, umso schwieriger ist es für die Betroffenen, die gemachte Erfahrung zu vermitteln. Mit den uns bekannten Worten und Erfahrungen scheint dies meist nicht möglich zu sein. Darin liegt mit ein Grund, dass die meisten Menschen nur selten und mit Vorbehalt von ihrer NTE sprechen. Für die meisten Betroffenen ist ihre NTE kaum vermittelbar und tief verunsichernd. Die grösste Befürchtung im Kontakt mit anderen ist die Ablehnung oder Desinteresse – und genau das erleben viele Betroffene am häufigsten. Gewisse Menschen haben gerade nach ihrer NTE ein feines Gespür dafür, wem sie von ihrer NTE erzählen sollten oder nicht. Da Betroffene nach dem Erwachen oft zuerst auf Fachkräfte der Notfall- und Intensivmedizin treffen, ist ein einfühlsamer Umgang entscheidend. Zuhören und gelten lassen scheint dabei das Wichtigste zu sein. Es braucht keinen Kommentar bis auf die fachlich korrekte Einordnung des Phänomens als mögliche NTE. Damit gibt man Sicherheit, dass diese Erfahrung bekannt ist und man sich so im weiteren Verlauf damit beschäftigen kann. Dass eine NTE tiefe Spuren hinterlässt, scheint jedoch nicht allein mit der kritischen Lebenssituation zusammenzuhängen. Der moralische Sinngehalt der Erfahrung und die enorme Steigerung des Realitätsempfindens lassen bei den Betroffenen kaum Zweifel daran, dass die Erfahrung echt war und dass man unter Umständen seinen weiteren Lebensplan und Umgangsstil ändern will oder soll. Damit verbunden ist ein oft mühsamer Selbstfindungs- und Integrationsprozess. Nach einer NTE kommt es öfter zu Scheidungen, Berufswechseln, Depressionen und bei Kindern und Jugendlichen auch zu Suizid. Hingegen scheinen Nahtoderfahrungen
aufgrund von Suizidversuchen die beste Prävention gegen einen erneuten Suizidversuch zu sein. Als positive Nachwirkungen von NTE imponieren die Reduktion hemmender Ängste oder Schuldgefühle, die deutliche Minderung einer allfälligen Todesangst (14) und die Reduktion des Besitz- und Statusstrebens zugunsten von Sinnerfüllung und Mitgefühl (15).
Deutungsvarianten und ihr Einfluss auf das wissenschaftliche Weltbild Eine der ersten Hypothesen zur Erklärung von NTE gründete in hirnphysiologischer Stressreaktion unter Hypoxie (16) oder Hyperkapnie (17). Allerdings war schon damals bekannt, dass NTE auch ohne diese Bedingungen auftreten. Es fand sich in der Folge keine Korrelation zwischen Ausmass des Sauerstoffabfalls (extrapoliert aus der Dauer zwischen Herzstillstand und Reanimation bzw. Wiederherstellung des Kreislaufs) und dem Auftreten von NTE (1, 18). Partielle Ähnlichkeiten mit NTE wie dem Tunnelblick zeigen die ansonsten unstrukturierten Wahrnehmungen von Kampfpiloten während der Beschleunigung in einer Humanzentrifuge (19). Seit den späten 1950er Jahren ist bekannt, dass die elektrische Stimulation oder Epilepsien im Bereich des rechten Temporallappens AKE-ähnliche Zustände erzeugen können (20, 21).
Bei intraoperativen elektrischen Stimulationen im Bereich des rechten Schläfenund Hinterhauptlappens hatten Betroffene teilweise das Gefühl, sich ausserhalb ihres Körpers zu befinden und Körperteile wie die eigenen Beine zu sehen (22). Die Temporallappenaktivitäten von Menschen, die eine Nahtoderfahrung hatten (n=23), scheinen eine verstärkte epileptiforme Aktivität im Vergleich zum Kollektiv (n=20) zu haben, allerdings nicht im rechten, sondern praktisch ausschliesslich im linken Temporallappen (23). Man kann zudem mit Videoinstallationen recht zielsicher die Illusion einer Lokalisation ausserhalb des eigenen Körpers erzeugen (24). Weder solcherart induzierte Störungen des Ich-Bewusstseins noch AKE-ähnliche Erfahrungen unter Temporallappenepilepsie und Stimulation erreichen jedoch den Realitäts- und Komplexitätsgrad von AKE wäh-
rend NTE. Dort wird neben dem klar umrissenen Körper in seinen realen Kleidern auch die aktuelle Szenerie, die nähere Umgebung, gelegentlich benachbarte Räume oder weiter entfernte Orte wahrgenommen. Es gibt über hundert anekdotische Berichte von NTE induzierten AKE mit verifizierten und oft hochgradig detaillierten Wahrnehmungen. Der Notfallmediziner Sam Parnia wollte dieses Phänomen mit Hilfe von oben einsehbaren Kästen empirisch klären. Die einzige in seiner Studie AWARE aufgenommene Ausserkörperliche Erfahrung fand zwar nicht in der Nähe dieser Kästen statt, trotzdem waren die Schilderungen des Reanimationsablaufs durch den betroffenen Patienten korrekt (25). Der Kardiologe Michael Sabom untersuchte Berichte von Menschen, die während einer Reanimation eine NTE mit AKE hatten und verglich diese mit den Berichten von Reanimierten, die sich nicht an diesen Zustand erinnern können und deshalb aufgefordert wurden, aus den eigenen Vorstellungen ihre Reanimation zu rekonstruieren. Die erste Gruppe schilderte die Ereignisse präzise mit hochgradiger Übereinstimmung mit den wahren Begebenheiten, während die zweite oft fantasierte (26,27).
Im Fokus von Untersuchungen und Hypothesen stehen auch EEG-Veränderungen bei Sterbenden Personen wie die sogenannte «Spreading Depolarisation» (28, 29). Auch wird schon länger über körpereigene Botenstoffe im Sinne endogener Transmitterkaskaden spekuliert (1, 30). Während kein Zusammenhang zwischen der Gabe von Narkotika und Analgetika und dem Auftreten von NTE gefunden werden konnte (31, 18), gibt es deutliche Parallelen zwischen NTE und drogeninduzierten Erfahrungen, namentlich solchen unter Entheogenen wie Dimethyltryptamin (DMT) oder in schwächerem Masse Psilocybin und LSD. Zwar gibt es bisher keine grössere Studie, die NTE mit 5MeODMT-Erfahrungen vergleicht, aber klar ist, dass deutliche Gemeinsamkeiten bestehen wie das Eingehen in eine andere Welt, die Begegnung mit bedrohenden oder wohlwollenden Wesen sowie synästhetische Erfahrungen und Ich-Auflösung (32, 33). Von Personen, die sowohl eine NTE wie
eine DMT-Erfahrung gemacht haben, wird die NTE als intensiver und realer beschrieben (34).
Psychologische Erklärungsansätze reichen von eher bizarr anmutenden Thesen wie der Rückerinnerung an den Geburtskanal als Auslöser eines Tunnelerlebnisses bis zu genetisch programmierten Engrammen, die das Sterben angenehm gestalten sollen. Psychiatrische Untersuchungen zwischen psychotischen Störungen und Delirzuständen mit NTE zeigen formal und inhaltlich eher konträre Erfahrungsspektren (35).
NTE während Operationen werden gelegentlich mit intraoperativer Awareness in Zusammenhang gebracht. Dafür gibt es bisher aber keine Hinweise. Im Gegenteil ist der typische Auslöser einer NTE während einer Operation der Zusammenbruch der Vitalfunktionen. Gewisse Betroffene berichten dann von einer Ausserkörperlichen Erfahrung und einer Sicht auf den Operationsraum. Beispielsweise habe sich der Basler Musiker Bo Katzman nach einem Motorradunfall erstmals wieder bei Bewusstsein befunden, als er über dem Operationstisch auf sich hinabschauen konnte und der Chirurg geschrien habe «Jetzt hät’s am au no d’Pumpi abgställt». Solche Situationen mit gleichzeitiger Narkotikagabe und Kreislaufzusammenbruch machen eine hirnphysiologisch basierte Bewusstseinserfahrung wie auch Awareness unwahrscheinlich.
Wie zu Beginn dargestellt ist die ätiologische Gemeinsamkeit aller NTE die Nähe zum Tod. Weder die psychologische Erwartung zu sterben noch die reale Gefährdung im Sinne der Hirndurchblutung stellen eine Bedingung dar. Diese an sich triviale Feststellung wird von den meisten naturalistisch geprägten Erklärungsansätzen übersehen. Gleichermassen werden die äusserst zahlreichen paranormalen Phänomene während NTE meist ignoriert bis negiert (36). Ein weiteres Skotom liegt in der fälschlichen Annahme, dass die bekannte Parallelität zwischen messbaren Hirn- und Bewusstseinsfunktionen gleichzeitig eine Kausalität darstellen soll. Aber die empirischen Daten zu Hirnaktivität und Bewusstseinsfunktionen sichern nur das interaktive Modell, nicht die metaphy-
sische Interpretation. So wie das Gehirn der Sender eines in ihm entstandenen Bewusstseins sein kann, können seine Aktivitäten ebenso gut den Empfang immaterieller Bewusstseinsaktivitäten darstellen. Dass die übersteigerten Sinnes- und Denkerfahrungen während NTE offenbar unabhängig vom Aktivitätsgrad des Gehirns sind, dass über hundert gut dokumentierte und hochdetaillierte ausserkörperliche Erfahrungen bekannt sind, dass während NTE paranormale Supersinne und völlig unmögliche Raum-Zeit-Bedingungen auftreten können, spricht neben vielen hier ungenannten Aspekten eher für eine idealistische oder dualistische Deutung und damit für eine immaterielle Grundlage des Bewusstseins. Weitere Phänomene wie terminale Luzidität, Gedächtnis- und Bewusstseinserhalt nach Hemisphärektomie und hoher IQ trotz papierdünnem Grosshirn deuten in dieselbe Richtung. Auch würde dazu passen, dass die Hirndurchblutung und Hirnaktivität mit dem Intensitätsgrad der drogeninduzierten subjektiven Erfahrungen nicht zunimmt, sondern in umgekehrter Korrelation abnimmt (37). Für die meisten Menschen, die eine NTE erlebt haben, sind diese metaphysischen Diskussionen aber nicht mehr bedeutsam, da sie aufgrund ihrer Erfahrung von einem immatieriellen Bewusstsein und von einem Weiterleben nach dem Tode überzeugt sind.
Fazit
Nahtoderfahrungen haben eine vielschichtige Bedeutung. Für Betroffene sind sie
lebenslang prägend – als Bereicherung und Herausforderung zugleich. In der Notfallmedizin und Psychiatrie sollten sie als wichtiges Phänomen Teil der Ausbildung sein. Ontologisch berühren NTE die ungelöste Bewusstseinsfrage. Nach Verlust eines geliebten Mitmenschen oder in der Nähe des eigenen Todes können NTE eine auf Erfahrung basierende Hoffnung und Unterstützung darstellen.
Referenzen auf siga-fsia.ch
Organisation SWISS IANDS
Die Organisation SWISS IANDS informiert via Onlinepräsenz, an Treffen und Fachtagungen sowohl Betroffene wie auch Interessierte und Fachpersonen über das Phänomen der Nahtoderfahrung. Sie bietet Unterstützung bei der Kontaktaufnahme, Vernetzung oder Vermittlung von Therapieplätzen. SWISS IANDS ist verbunden mit der 1981 gegründeten Mutterorganisation IANDS (International Association for Near-Death Studies), welche sich für ein weltweites Verständnis für Nahtod- und nahtodähnliche Erfahrungen engagiert. Fachkräfte, die sich für das Gebiet interessieren oder sich darin engagieren wollen, sind bei uns herzlich willkommen. www.swiss-iands.ch
Reto Eberhard Rast (geb. 1. Februar 1973) studierte in Zürich und Lausanne Medizin, Geschichte und Biologie. Er arbeitet als ärztlicher Dozent an der BFH in Basel und als Kunstmaler in Luzern (www.reto-rast.com). Zuvor war er mehrere Jahre als Hausarzt tätig. Als Delegierter des Schweizerischen Roten Kreuzes leistete er Einsätze bei zivilen Katastrophen in Asien oder Afrika. Während der Assistenzzeit begann er sich
intensiv für das Phänomen der NTE zu interessieren und Erfahrungen reanimierter Patient:innen zu sammeln. 2014 gründete er die Organisation SWISS IANDS, die er seither präsidiert.
Kontakt
Reto Eberhard Rast Libellenhöhe 2 6004 Luzern reto.eberhard.rast@gmail.com
Zum Autor
Expériences de mort imminente
- Un résumé après 50 ans de recherche
Reto Eberhard Rast
A l’approche de la mort, près d’une personne sur cinq vit ce que l’on appelle une expérience de mort imminente (EMI). Chacune de ces expériences est unique, mais on y retrouve des éléments récurrents et des séquelles typiques. Les professionnel-le-s de l’anesthésie connaissent bien les différentes situations qui peuvent déclencher une EMI - mais moins les expériences subjectives et les séquelles d’une telle expérience. Cet article tente de résumer les connaissances les plus importantes pour le domaine spécialisé de l’anesthésie, issues de cinq décennies de recherche sur la mort imminente.
Il ne viendrait à l’idée de personne de ne pas réanimer un enfant qui vient de se noyer, car il est possible que l’enfant préfère renoncer à une réanimation en raison de l’expérience qu’il est en train de vivre. Le contraste entre les sauveteurs ravis et les victimes déçues n’est cependant pas si rare. Par exemple, une petite fille de six ans a d’abord éprouvé une profonde rancœur et une immense déception en apprenant qu’un pêcheur l’avait apparemment repêchée au fond de l’eau et réanimée sur la plage. Mais à qui aurait-elle pu le dire? Le phénomène des expériences de mort imminente (EMI) n’avait alors pas de nom et était largement inconnu des profanes comme des spécialistes. En 1975, Raymond Moody, alors étudiant en médecine, publia une étude comparative du phénomène dans son livre «Life After Life». Cette publication, parue en allemand en 1977, est devenue en peu de temps un best-seller mondial, a donné un nom au phénomène et a fondé la notoriété actuelle des expériences de mort imminente. Moody a fait partie d’un petit groupe de scientifiques américains qui ont lancé la recherche sur les EMI, dont le démarrage était hésitant par rapport à l’écho mondial. Un demi-siècle plus tard, bien que d’importants domaines de ce phénomène soient encore peu étudiés ou en attente d’une explication, les connaissances en la
matière se sont énormément développées et se basent sur des centaines d’études menées depuis lors sur les EMI. Cet article constitue donc une sorte de distillat de 50 ans de recherche sur les EMI.
Selon une estimation plutôt prudente, 1 % de la population du monde occidental a connu une EMI. La plupart des études partent de pourcentages plus élevés. Des centaines de milliers de personnes vivant en Suisse connaissent donc une EMI par expérience personnelle. La probabilité de vivre une expérience de mort imminente dans des situations où la vie est en danger semble être nettement plus élevée chez les enfants. D’après Parnia, jusqu’à 85 % des enfants font état d’une EMI après un arrêt cardiaque, contre 12 % à 18 % chez les adultes (1).
La proximité de la mort, seul point commun étiologique des EMI Il existe deux déclencheurs d’EMI, selon le modèle. D’une part, l’effondrement des fonctions vitales, bien connu en anesthésie, avec apparition rapide d’un état comateux, et d’autre part, la confrontation soudaine à une menace extérieure. Alors que dans le premier cas, une perte de conscience survient en quelques secondes et un EEG plat au plus tard après 30 secondes (2), les personnes concernées ne réalisent généralement pas dans
quel danger vital elles se trouvent, les autres s’attendent au contraire à une mort imminente en raison d’une menace extérieure aiguë. Dans les moments de danger consciemment perçus, une EMI peut être vécue même s’il n’en résulte ni perte de conscience ni blessure mortelle. On peut donc être faussement convaincu d’une mort certaine ou passer à côté de la mort subite de manière totalement inconsciente. On peut posséder un cerveau très actif pendant toute la durée de la situation sans être blessé ou tomber dans un état comateux avec un EEG plat en mourant. Ces conditions psychologiques et physiologiques de base très différentes n’ont aucune influence sur la survenue, la fréquence, le contenu, la durée ou la profondeur affective d’une EMI. Seule la proximité de la mort est le facteur étiologique commun. De même, contrairement aux suppositions étiologiques souvent exprimées, aucun lien n’a été trouvé jusqu’à présent entre la survenue d’une EMI et des facteurs socioculturels, psychologiques ou biologiques. La survenue et la fréquence des EMI sont indépendantes de l’âge, du sexe ou de la culture, des croyances personnelles ou de la vision du monde, du niveau d’hypoxie ou d’hypercapnie, d’une éventuelle administration de médicaments ou de la durée de réanimation.
De la curiosité à la connaissance générale: Éléments des EMI
Mais quelle expérience est classée comme EMI? Le psychiatre Bruce Greyson a défini les EMI comme «des événements psychiques profonds, avec des éléments transcendants et mystiques, qui surviennent principalement chez des personnes proches de la mort ou en situation de danger physique ou émotionnel grave» (3). Avec la «Near-Death Experience Scale», souvent appelée «échelle de Greyson», il a créé une notation encore valable aujourd’hui - même si elle n’est pas entièrement satisfaisante - pour recenser les EMI
(4). Greyson a classé les phénomènes d’EMI selon des critères psychiatriques et psychologiques en composantes cognitives, affectives, transcendantes et paranormales. Les 10 éléments des EMI décrits par Raymond Moody sont plus souvent cités.
10 éléments de base d’une EMI selon Moody
1. L’inexprimable de l’expérience
2. Un sentiment de paix et de calme
3. La prise de conscience d’être mort
4. Une sortie du corps
5. Espace sombre, expérience du tunnel
6. Environnement hors du monde
7. Rencontre avec des personnes décédées
8. Expérience de la lumière
9. Panorama de la vie
10.Perception d’une limite
Certains d’entre eux, comme l’expérience extracorporelle ou l’expérience du tunnel, sont devenus si connus que même les allusions humoristiques sont aujourd’hui comprises. Pendant une expérience de hors-corps (out-of-body expérience ou OBE en anglais), les personnes concernées se sentent dans un état extracorporel et peuvent regarder leur corps physique de haut. Nombreux sont ceux qui vivent avec une sérénité étonnante cette vision en soi très dérangeante, qui peut souvent s’accompagner de la perception des efforts de réanimation engagés. En cas d’accident, il est possible de distinguer la conscience rationnelle, qui vit l’accident dans sa perspective corporelle habituelle, et l’OBE parallèle. Cette dernière dimension est vécue comme intemporelle et transcendante. La densité de l’expérience qui y est vécue peut durer des jours, voire des semaines (5, 6). Les expériences extracorporelles ne sont pas limitées aux expériences de mort imminente. Dans la plupart des cultures et depuis l’Antiquité, ce phénomène est connu et décrit à de nombreuses reprises (7).
Environ un quart des personnes font l’expérience d’une rétrospective de leur vie, appelée aussi panorama de vie ou film de vie, au cours d’une expérience de mort imminente. En 1892, le professeur Albert Heim, géologue, a publié une première des-
cription de ces flashbacks dans l’annuaire du Club alpin suisse, dans lequel il traitait des expériences vécues à l’approche de la mort (8). On connaît aujourd’hui différentes variantes de ce film de vie. Les images peuvent être en couleur ou en noir et blanc, la projection peut être de type cinématographique ou multidimensionnelle: par exemple, disposée en forme de sphère autour du spectateur. On a même décrit un écran dans lequel l’expérimentateur pouvait regarder. Un point commun spécifique réside dans l’impressionnante simultanéité des lignes de projection ou de la retransmission de ces événements passés. De plus, il est possible de revivre ses propres sentiments ainsi que ceux des personnes impliquées à l’époque. La personne concernée apprend si sa propre action était bonne ou mauvaise en ressentant les sentiments qu’elle a provoqués chez son prochain. Dans les EMI des collectifs japonais, la rétrospective de vie semble plutôt rare, tout comme chez les enfants (9). Ces derniers font généralement état de moins d’éléments et d’une moindre complexité dans leurs EMI (10).
Phénomènes paranormaux comme normalité dans les EMI
Parmi les composantes paranormales, on compte des expériences extracorporelles vérifiables ou l’apparition de sens inconnus, tels qu’élargissement du spectre des couleurs, vision panoramique, expériences visuelles des aveugles (11) ou capacités «télépathiques». Pour ces dernières, il manque un terme approprié, car il s’agit plutôt d’une perception directe des pensées et des sensations des personnes observées, comme les sauveteurs impliqués. On appelle phénomènes «Peak in Darien» les situations dans lesquelles les personnes reçoivent pendant leur EMI des informations jusque-là inconnues et qui ne sont vérifiées qu’après l’EMI. Il s’agit principalement de rencontres avec des personnes apparentées ou amies décédées que l’on croyait encore en vie et dont on ne peut apprendre le décès récent qu’après l’EMI. Pendant ou après une EMI, les phénomènes paranormaux sont si fréquents qu’ils devraient y être considérés comme normaux (12).
EMI terrifiantes
On sait peu qu’il existe, outre les EMI élyséennes bien connues, des expériences terrifiantes voire hautement traumatisantes. Les formes vont de l’interprétation angoissée d’une EMI en soi agréable à des expériences dans le vide absolu (Void) jusqu’à des «expériences infernales» phénoménologiques. Lors d’expériences du Vide, on se sent exposé pour l’éternité dans l’espace infini ou le néant obscur. Les EMI effrayantes n’ont pas encore été suffisamment étudiées et sont difficilement quantifiables. On estime que 5 à 10 % de toutes les EMI ne sont pas connues, en raison d’un refoulement ou d’un repli honteux. Contrairement aux expériences heureuses à l’approche de la mort, les personnes ayant vécu une EMI négative ont ensuite davantage peur de la mort. Il serait essentiel de recenser les victimes d’EMI négatives et de leur proposer ensuite un traitement approprié, car le traumatisme psychologique entraîne généralement des limitations à vie. Les EMI qui commencent de manière négative et se terminent de manière positive font exception à cette règle (13).
Les EMI comme rupture et défi
Chaque EMI est à la fois individuelle et culturelle. Plus les expériences sont transcendantes et plus la dimension affective et sensorielle est unique, plus il est difficile pour les personnes concernées de transmettre l’expérience vécue. Les mots et les expériences que nous connaissons ne semblent généralement pas y parvenir. C’est l’une des raisons pour lesquelles la plupart des personnes ne parlent que rarement et avec réserve de leur expérience. Pour la plupart des personnes concernées, leur EMI est difficilement transmissible et profondément déstabilisante. La plus grande crainte dans le contact avec les autres est le rejet ou le désintérêt - et c’est précisément ce que beaucoup de personnes concernées vivent le plus souvent. Après leur EMI, certaines personnes ont une intuition très fine pour savoir à qui elles devraient en parler ou non. Comme les personnes concernées rencontrent souvent en premier lieu des spécialistes des urgences et de la médecine intensive après
leur réveil, une approche empathique est décisive. Écouter et laisser faire semble être la chose la plus importante. Aucun commentaire n’est nécessaire, si ce n’est la classification techniquement correcte du phénomène comme possible EMI. On donne ainsi l’assurance que cette expérience est connue et que l’on peut ainsi s’en occuper par la suite.
Le fait qu’une EMI laisse des traces profondes ne semble toutefois pas être uniquement lié à la situation de vie critique. Le sens moral de l’expérience et l’énorme augmentation de la perception de la réalité ne laissent guère de doute aux personnes concernées sur le fait que l’expérience était réelle et que, dans certaines circonstances, on veut ou on doit changer son plan de vie et son style d’interaction. Cela implique un processus de recherche de soi et d’intégration souvent difficile. Après une EMI, les divorces, les changements de profession, les dépressions et, chez les enfants et les adolescents, les suicides sont plus fréquents. En revanche, les expériences de mort imminente suite à des tentatives de suicide semblent être la meilleure prévention contre une nouvelle tentative. Les séquelles positives des EMI sont la réduction des peurs inhibitrices ou des sentiments de culpabilité, la nette diminution d’une éventuelle peur de la mort (14) et la réduction de la quête de possession et de statut au profit de l’épanouissement et de la compassion (15).
Variantes d’interprétation et leur influence sur la vision scientifique du monde L’une des premières hypothèses pour expliquer les EMI reposait sur une réaction de stress physiologique du cerveau en cas d’hypoxie (16) ou d’hypercapnie (17). Cependant, on savait déjà à l’époque que les EMI se produisaient également sans ces conditions. Par la suite, aucune corrélation n’a été trouvée entre l’ampleur de la baisse d’oxygène (extrapolée à partir de la durée entre l’arrêt cardiaque et la réanimation ou le rétablissement de la circulation) et l’apparition d’EMI (1, 18). Des similitudes partielles avec les EMI, comme la vision en tunnel, apparaissent dans les perceptions par ailleurs non structurées des pilotes de
chasse pendant l’accélération dans une centrifugeuse humaine (19). Depuis la fin des années 1950, on sait que la stimulation électrique ou l’épilepsie dans la région du lobe temporal droit peut produire des états similaires à l’OBE (20, 21).
Lors de stimulations électriques peropératoires dans la région du lobe temporal droit et du lobe occipital, les personnes concernées avaient parfois l’impression de se trouver en dehors de leur corps et de voir des parties de leur corps comme leurs propres jambes (22). L’activité du lobe temporal des personnes ayant vécu une expérience de mort imminente (n=23) semble avoir une activité épileptiforme renforcée par rapport au collectif (n=20), non pas dans le lobe temporal droit, mais pratiquement exclusivement dans le lobe temporal gauche (23). On peut en outre créer l’illusion d’une localisation à l’extérieur de son propre corps à l’aide d’installations vidéo (24). Ni les troubles de la conscience du moi induits de cette manière, ni les expériences similaires à l’OBE sous épilepsie du lobe temporal et stimulation n’atteignent cependant le degré de réalité et de complexité des expériences extracorporelles pendant les EMI. Là, outre le corps clairement défini dans ses vêtements réels, on perçoit également le décor actuel, l’environnement proche, parfois des pièces voisines ou des lieux plus éloignés. Il existe plus d’une centaine de récits anecdotiques d’OBE induites par des EMI, avec des perceptions vérifiées et souvent très détaillées. L’urgentiste Sam Parnia a voulu clarifier ce phénomène de manière empirique à l’aide de boîtes visibles d’en haut. La seule expérience extracorporelle enregistrée dans son étude AWARE n’a certes pas eu lieu à proximité de ces boîtes, mais les descriptions du déroulement de la réanimation par le patient concerné étaient néanmoins correctes (25). Le cardiologue Michael Sabom a examiné les récits de personnes ayant vécu une EMI avec OBE au cours d’une réanimation et les a comparés avec les récits de réanimés qui ne se souviennent pas de cet état et qui ont donc été invités à reconstruire leur réanimation à partir de leurs propres représentations. Le premier groupe a décrit les événements avec pré-
cision et un haut degré de concordance avec les faits réels, tandis que le second a souvent fantasmé (26,27).
Les modifications de l’EEG chez les personnes en fin de vie, telles que la «spreading depolarisation» (28, 29), font également l’objet d’études et d’hypothèses (28, 29). On spécule également depuis longtemps sur des messagers endogènes au sens de cascades de transmetteurs endogènes (1, 30). Alors qu’aucun lien n’a pu être établi entre l’administration de narcotiques et d’analgésiques et l’apparition d’EMI (31, 18), il existe des parallèles clairs entre les EMI et les expériences induites par les drogues, notamment celles sous enthéogènes comme la diméthyltryptamine (DMT) ou, dans une moindre mesure, la psilocybine et le LSD. Bien qu’il n’existe pas encore d’étude de grande envergure comparant les EMI et les expériences de 5MeO-DMT, il est clair qu’il existe des points communs évidents tels que l’entrée dans un autre monde, la rencontre avec des êtres menaçants ou bienveillants ainsi que des expériences synesthétiques et la dissolution du moi (32, 33). Les personnes qui ont vécu à la fois une EMI et une expérience de DMT décrivent l’EMI comme plus intense et plus réelle (34).
Les explications psychologiques vont de thèses plutôt bizarres comme le souvenir du canal de naissance comme déclencheur d’une expérience de tunnel à des engrammes génétiquement programmés pour rendre la mort agréable. Des études psychiatriques entre les troubles psychotiques et les états délirants avec EMI montrent des spectres d’expérience plutôt contradictoires sur le plan de la forme et du contenu (35).
Les EMI pendant les opérations sont parfois mises en relation avec l’awareness peropératoire. Il n’existe cependant pas d’indices à ce sujet. Au contraire, le déclencheur typique d’une EMI pendant une opération est l’effondrement des fonctions vitales. Certaines personnes concernées font alors état d’une expérience extracorporelle et d’une vision de la salle d’opération. Par exemple, le musicien bâlois Bo Katzman a repris conscience pour la première fois après un accident de moto, lorsqu’il a pu se regarder en
bas au-dessus de la table d’opération et que le chirurgien a crié «Jetzt hät’s am au no d’Pumpi abgställt» («Maintenant, on a même éteint la pompe»). De telles situations, avec l’administration simultanée de narcotiques et l’effondrement de la circulation, rendent improbables une expérience d’awareness et une prise de conscience basées sur la physiologie du cerveau. Comme expliqué au début, le point commun étiologique de toutes les EMI est la proximité de la mort. Ni l’attente psychologique de la mort ni le danger réel en termes d’irrigation du cerveau ne constituent une condition. Cette constatation en soi triviale est ignorée par la plupart des approches explicatives d’inspiration naturaliste. De même, les très nombreux phénomènes paranormaux qui se produisent pendant les EMI sont généralement ignorés, voire niés (36). Un autre scotome réside dans l’hypothèse erronée selon laquelle le parallélisme connu entre les fonctions cérébrales mesurables et les fonctions conscientes doit simultanément représenter une causalité. Mais les données empiriques sur l’activité cérébrale et les fonctions de la conscience n’assurent que le modèle interactif, pas l’interprétation métaphysique. De même que le cerveau peut être l’émetteur d’une conscience née en lui, ses activités peuvent. tout aussi bien représenter la réception d’activités immatérielles de la conscience. Le fait que les expériences sensorielles et intellectuelles exacerbées pendant les EMI soient apparemment indépendantes du degré d’activité du cerveau, que plus d’une centaine d’expériences extracorporelles bien documentées et très détaillées soient connues, que des super-sens paranormaux et des conditions spatio-temporelles totalement impossibles puissent se produire pendant les EMI, tout cela, en plus de nombreux aspects non mentionnés ici, parle plutôt en faveur d’une interprétation idéaliste ou dualiste et donc d’un fondement immatériel de la conscience. D’autres phénomènes tels que la lucidité terminale, la conservation de la mémoire et de la conscience après hémisphérectomie et un QI élevé malgré un cerveau mince comme du papier vont dans le même sens. Il serait également
cohérent que l’irrigation sanguine du cerveau et l’activité cérébrale n’augmentent pas avec le degré d’intensité des expériences subjectives induites par la drogue, mais diminuent en corrélation inverse (37). Pour la plupart des personnes ayant vécu une EMI, ces discussions métaphysiques n’ont cependant plus de sens, car elles sont convaincues, sur la base de leur expérience, d’une conscience immatérielle et d’une survie après la mort.
Conclusion
Les expériences de mort imminente ont une signification à plusieurs niveaux. Pour les personnes concernées, elles sont marquantes tout au long de leur vie - à la fois comme enrichissement et comme défi. En médecine d’urgence et en psychiatrie, elles devraient faire partie de la formation en tant que phénomène important. Sur le plan ontologique, les EMI touchent à la question non résolue de la conscience. Après la perte d’un être cher ou à l’approche de sa propre mort, les EMI peuvent représenter un espoir et un soutien basés sur l’expérience.
Références sur siga-fsia.ch
Concernant l’auteur
Reto Eberhard Rast (né le 1er février 1973) a étudié la médecine, l’histoire et la biologie à Zurich et Lausanne. Il travaille comme professeur de médecine à la HESB à Bâle et comme artiste peintre à Lucerne (www.reto-rast.com). Auparavant, il a exercé pendant plusieurs années comme médecin de famille. En tant que délégué de la Croix-Rouge suisse, il a effectué des missions lors de catastrophes civiles en Asie ou en Afrique. Pendant son assistanat, il s’est intéres-
Organisation SWISS IANDS
L’organisation SWISS IANDS informe, via sa présence en ligne, lors de rencontres et de congrès spécialisés, aussi bien les personnes concernées que les personnes intéressées et les spécialistes sur le phénomène des expériences de mort imminente. Elle offre son soutien pour la prise de contact, la mise en réseau ou la recherche de places en thérapie. SWISS IANDS est liée à l’organisation mère IANDS (International Association for Near-Death Studies), fondée en 1981, qui s’engage pour une compréhension mondiale des expériences de mort imminente et des expériences similaires. Les professionnelle-s qui s’intéressent à ce domaine ou qui souhaitent s’y engager sont les bienvenus chez nous. www.swiss-iands.ch
sé de près au phénomène de la mort subite du nourrisson et a recueilli les expériences de patient-e-s réanimé-e-s. En 2014, il a fondé l’organisation SWISS IANDS, qu’il préside depuis lors.
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