Beraterbrief Pflege Ausgabe Februar 2021/03

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Ausgabe Februar 2021/03 6. Jahrgang

Herausgeberin

Liebe Leserin, lieber Leser, nächste Woche ist es so weit. Endlich kommt der Tag, auf den wir seit Monaten warten. Falls Sie jetzt an Rosenmontag oder Faschingsdienstag denken, liegen Sie falsch. Ich meine den Aschermittwoch. Dieser soll laut Erwin Rüddel, dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Bundestag, der Stichtag für mehr Freiheiten in der Corona-Pandemie sein. Das prognostizierte er am 26.01.2021 auf Twitter. Er dankte in seinem Tweet der Bevölkerung, die dies durch ihre Besonnenheit möglich gemacht habe. Ganz ehrlich: Diese Besonnenheit kann ich bei einigen unserer Zeitgenossen nicht erkennen. Sie sind aber nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Das macht mir Hoffnung. Und selbst, wenn sich die Prognose von Herrn Rüddel nächste Woche Mittwoch als Irrtum entpuppt, auch ich hoffe darauf, dass wir nicht mehr so lange auf weitere Lockerungen warten müssen. Bis es soweit ist, halte ich die angeordneten Maßnahmen ein und unterstütze Restaurants und Einzelhändler in meinem Wohnort, indem ich Essen und Waren bestelle und abhole. Gerade ersteres erleichtert mir aktuell das Leben zu Hause enorm. War ich sonst an normalen Arbeitstagen allein zu Haus – meinen Hund zähle ich jetzt mal nicht –, ist jetzt die gesamte Familie anwesend und mit homeschooling, online-Studium und homeoffice beschäftigt. Da sind leckere Mittagsmahlzeiten aus dem Restaurant ein- oder zweimal pro Woche eine wunderbare Ergänzung. Doch Freiheiten hin oder her, unsere Arbeit ruht nicht. Das geht übrigens nicht nur uns so, sondern auch dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), der, wie Sie wissen, u.a. in Richtlinien das Nähere zur Verordnung sogenannter ärztlich veranlasster Leistungen festlegt. Aktuell befasst sich der GBA damit, eine Richtlinie für die außerklinische Intensivpflege zu erarbeiten. Dazu muss er vorab in einem Stellungnahmeverfahren die von diesem Thema betroffenen Verbände der Leistungserbringer auf Bundesebene sowie Verbände von unmittelbar Betroffenen – also z. B. von Klienten, die außerklinische Intensivpflege benötigen – beteiligen. Aber: Im Gesetz ist nicht eindeutig festgelegt, welche Organisationen zu beteiligen sind. In diesem Fall muss der GBA dazu aufrufen, dass sich betroffene Verbände und Organisationen bei ihm melden. Das hat er am 26.01.2021 mit einem entsprechenden Aufruf im Bundesanzeiger getan. >>> Hier können Sie den Aufruf im Bundesanzeiger downloaden Dieser Aufruf richtet sich sowohl an Verbände und Organisationen auf Bundesebene als auch an Fachgesellschaften. Diese sollen Gelegenheit erhalten, beim Verfassen des ersten Richtlinien-Entwurfes ihre Stellungnahme abzugeben. Die Meldefrist endet mit Ablauf des 23.02.2021. Meldungen sind zu senden an: Gemeinsamer Bundesausschuss Abteilung Methodenbewertung & Veranlasste Leistungen Postfach 12 06 06 10596 Berlin E-Mail: aki@g-ba.de Nachmeldungen sind zulässig. Sollten Sie Kontakt zu potenziell infrage kommenden Verbänden, Organisationen oder Fachgesellschaften haben, geben Sie diese Information bitte weiter. Welche Unterlagen beim GBA zusammen mit der Anmeldung vorzulegen sind, steht im o. g. Aufruf im Bundesanzeiger.

Carmen P. Baake Diplom-Ökonomin (Volkswirtschaft), Sozialversicherungsexpertin, Fachautorin zu Themen rund um Pflege- und Krankenversicherung

Inhalt dieser Ausgabe Recht einfach Gesetzliche Unfallversicherung für Pflegepersonen: Weshalb Pflegepersonen ihre Rechte kennen sollten!.....................................2 Ihre Fragen kurz beantwortet Klientin verweigert Mitwirkung an aktivierender Pflege – welche Konsequenzen drohen?......................................4 Pflege beendet: Mit welchem Arbeitslosengeld kann meine Klientin rechnen?..................4 Wird das Pflegeunterstützungsgeld bei anderen Sozialleistungen angerechnet?..............................................5 Verlangt die Pflegekasse für die Vergangenheit Pflegegeld zurück, wenn die Klientin niedriger eingestuft wird?...........................................5 Bezug von ALG II: Muss mein Klient eine Vollzeitstelle annehmen, obwohl er seinen pflegebedürftigen Großvater versorgt?....................................6 Arbeitshilfe Zuständige Unfallkassen für Pflegepersonen nach Bundesländern................................8

Ihre Carmen P. Baake 1

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Recht einfach

BERATERBRIEF Pflege Februar 2021/03

Gesetzliche Unfallversicherung für Pflegepersonen: Weshalb Pflegepersonen ihre Rechte kennen sollten! Für das Jahr 2019 sind in der vom Spitzenverband Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlichten Statistik mehr als 5 Mio. Versicherungsverhältnisse für Pflegepersonen ausgewiesen. Im Vergleich dazu fallen die in der Unfallstatistik für dasselbe Jahr gemeldeten Unfälle von Pflegepersonen mit 419 sehr gering aus. Wie kommt das? Ein Grund könnten fehlende Informationen sein.

Rechtsgrundlage § 19 SGB XI i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII

Gründe liegen auf der Hand Anders als bei der Arbeitslosenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung werden die Voraussetzungen für eine gesetzliche Unfallversicherung von Pflegepersonen nicht aktiv – also z. B. mit einem Fragebogen – von den Pflegekassen erfragt. Die gesetzliche Unfallversicherung läuft nahezu unbemerkt im Hintergrund ab. Zwar werden berechtigte Pflegepersonen auch darauf hingewiesen, dass sie gesetzlich unfallversichert sind, dies aber mehr in einem Nebensatz, der oft unbemerkt bleibt, oder in Form eines Faltblattes, das spätestens dann, wenn man es braucht, „verschwunden“ ist.

Warum gibt es Informationsdefizite?

Voraussetzungen nach § 19 Satz 1 und 2 SGB XI müssen vorliegen Damit eine Pflegeperson gesetzlich unfallversichert werden kann, müssen seit dem 01.01.2017 folgende Voraussetzungen vorliegen: n

Sie pflegt einen oder mehrere pflegebedürftige Personen, die jeweils mindestens Pflegegrad 2 haben in häuslicher Umgebung, n sie pflegt diesen bzw. diese pflegebedürftige(n) Person(en) zusammen mit einem zeitlichen Umfang von mindestens 10 Stunden pro Woche, die sich auf wenigstens zwei Tage pro Woche verteilen und n sie pflegt nicht erwerbsmäßig, d. h. sie bekommt für diese Pflegetätigkeit maximal einen Betrag in Höhe des Pflegegeldes für den jeweiligen Pflegegrad der versorgten Person.

Wann sind Pflegepersonen gesetzl. unfallversichert?

Versorgt die Pflegeperson hingegen eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 1, ist sie nicht gesetzlich unfallversichert. Eine gesetzliche Unfallversicherung kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Pflegeperson zwar einen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 versorgt, jedoch nur durch die Versorgung eines weiteren Pflegebedürftigen, der aber nur Pflegegrad 1 hat, auf mindestens 10 Stunden pro Woche, verteilt auf wenigstens 2 Tage wöchentlich, kommt. Tipp: Für Pflegepersonen, die bereits vor dem 01.01.2017 einen Pflegebedürftigen versorgten und diese Pflegetätigkeit bis heute fortgeführt haben, gilt ein Bestandsschutz. Sie sind auch ohne Erreichen der o. g. zeitlichen Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert.

Versichert sind notwendige Pflegetätigkeiten Als notwendige Pflegetätigkeiten werden die je nach dem im Pflegegutachten festgestellten Grad der Selbständigkeit bzw. den vorhandenen Fähigkeiten erforderlichen Unterstützungsleistungen der Pflegeperson in folgenden Bereichen anerkannt:

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Welche Tätigkeiten sind versichert?

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Recht einfach n n

n n n

n n

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Mobilität, z. B. Pflegeperson stürzt bei Hilfe beim Treppensteigen in Form von Abstützen Kognitive und kommunikative Fähigkeiten, z. B. Pflegeperson verletzt sich beim Greifen nach einem spitzen Gegenstand, den der Pflegebedürftige aufgrund seiner Demenz nicht mehr sachgerecht nutzen kann Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, z. B. Pflegeperson wird vom Pflegebedürftigen verletzt Selbstversorgung, z. B. Pflegeperson erleidet einen Bandscheibenvorfall, als sie dem Pflegebedürftigen beim Aussteigen aus der Badewanne hilft Umgang mit und selbständige Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, z. B. Pflegeperson verunfallt, während sie den Pflegebedürftigen auf dem Weg zum Arzt oder zur ärztlich angeordneten Therapiemaßnahme begleitet Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte, z. B. Pflegeperson verletzt sich bei der Vorbereitung von Bastelmaterialien für den Pflegebedürftigen Hilfen bei der Haushaltsführung, z. B. Pflegeperson stürzt von der Leiter, während sie für den Pflegebedürftigen die Fenster seiner Wohnung putzt oder erleidet einen Unfall, während sie für den Pflegebedürftigen einkauft oder Bankgeschäfte erledigt

Darüber hinaus ist die Pflegeperson für Unfälle versichert, die sich auf dem unmittelbaren Weg zum und vom Ort der Pflegetätigkeit ereignen. Grundsätzlich sind Pflegepersonen aufgrund ihrer Pflegetätigkeit nicht nur gegen Arbeits- und Wegeunfälle versichert, sondern auch bei Berufskrankheiten und chronischen Erkrankungen. Nach meiner Erfahrung wird bei diesen beiden Versicherungsfällen jedoch der Nachweis problematisch, dass diese tatsächlich aufgrund der Pflegetätigkeit entstanden sind. Wichtig: Außerhäusliche Aktivitäten, wie z. B. gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen ein Konzert oder einen Gottesdienst besuchen, sind nicht gesetzlich unfallversichert.

Versichert sind notwendige Pflegetätigkeiten Bei einem Unfall sollte die Pflegeperson unverzüglich einen Durchgangsarzt aufsuchen (D-Arzt) und dort angeben, dass der Unfall während ihrer Pflegetätigkeit für eine pflegebedürftige Person passiert ist. Eine Zuzahlung für Arznei, Heil- und Hilfsmittel fällt nicht an.

Was ist bei einem Unfall zu tun?

Für die Suche nach einem Durchgangsarzt kann die vom DGUV online bereitgestellte Durchgangsarztsuche genutzt werden. >>> Hier gelangen Sie zum Suchportal Alternativ dazu können Pflegepersonen die Anschrift eines Durchgangsarztes in ihrer Nähe auch direkt bei der für sie zuständigen Unfallkasse erfragen. Der Durchgangsarzt meldet den Unfall an die Unfallkasse. Darüber hinaus sollte die Pflegeperson sich auch selbst mit der für sie zuständigen Unfallkasse in Verbindung setzen. Empfehlen Sie betroffenen Pflegepersonen, sich bei dieser Gelegenheit auch detailliert über die Leistungen informieren zu lassen, auf die sie Anspruch haben. Tipp: Auf den letzten Seiten dieser Ausgabe finden Sie eine Übersicht über die für Pflegepersonen zuständigen Unfallkassen je Bundesland, mit Anschrift, E-Mail, Web-Adresse und Telefonnummer.

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Ihre Fragen kurz beantwortet

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Klientin verweigert Mitwirkung an aktivierender Pflege – welche Konsequenzen drohen? Frage: Der ambulante Pflegedienst einer Klientin (Pflegegrad 2) hat mich als gerichtlich bestellte Betreuerin darüber informiert, dass meine Klientin nicht bereit ist, sich im Rahmen der aktivierenden Pflege anzustrengen, um ihre Selbständigkeit wiederzuerlangen. Im Gegenteil, sie wolle quasi von hinten bis vorne bedient werden und beschimpfe die Pflegekräfte, diese würden im Auftrag der Pflegekasse nur dafür sorgen wollen, dass sie keine Leistungen der Pflegekasse mehr bekäme. Muss meine Klientin mit Konsequenzen rechnen? Antwort: Grundsätzlich ist Ihre Klientin dazu verpflichtet, an Leistungen der aktivierenden Pflege mitzuwirken, um ihre Pflegebedürftigkeit zu mindern, zu überwinden oder deren Verschlimmerung zu verhindern. So steht es zumindest in § 6 Abs. 2 SGB XI. Entsprechende auch unter dem Begriff „Eigenverantwortung“ genannte Pflichten finden sich auch in den anderen Sozialgesetzbüchern. Aber: Das Verweigern dieser Mitwirkung zu ahnden ist für die Pflegekassen äußerst schwierig, wenn nicht sogar aussichtslos – leider. Im Klartext bedeutet das: Solange die Klientin es sich aus eigener Tasche + Zuschuss der Pflegekasse für Pflegesachleistungen leisten kann, die von ihr gewünschten Leistungen des Pflegedienstes zu bezahlen, ist es wenig wahrscheinlich – wenn auch nicht völlig ausgeschlossen – dass die Pflegekasse die fehlende Mitwirkung ahndet. Anders sieht das aus, wenn Ihre Klientin zusätzlich zu den Leistungen der Pflegeversicherung auf ergänzende Hilfe zur Pflege durch den Sozialhilfeträger angewiesen ist. Hier wird im Rahmen des Bedarfsfeststellungsverfahrens akribisch geprüft, welche Leistungen des Pflegedienstes tatsächlich notwendig sind. Und spätestens dann werden auch die Hinweise des Pflegedienstes zur fehlenden Mitwirkung bei der Bemessung der Leistungen berücksichtigt.

Pflege beendet: Mit welchem Arbeitslosengeld kann meine Klientin rechnen? Frage: Meine Klientin hat seit Juli 2018 ihren Vater in häuslicher Umgebung gepflegt. Er hatte Pflegegrad 3 und ist Anfang Januar dieses Jahres verstorben. Die Pflegekasse hat für meine Klientin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung gezahlt. Sie hatte ihre Arbeit aufgeben müssen, um zu ihrem Vater zu ziehen und ihn zu versorgen. Da sie aktuell keine neue Beschäftigung in Aussicht hat, fragt sie sich nun, wie hoch das Arbeitslosengeld wäre, das sie eventuell bekäme. Ist die Höhe hier auch vom Pflegegrad und der Art der Versorgung abhängig wie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung? Antwort: Das Wichtigste vorweg: Ihre Klientin sollte sich umgehend bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend melden. 4

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Ihre Fragen kurz beantwortet

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Ob der versorgte Pflegebedürftige Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 hatte oder in welcher Form er versorgt wurde (Pflegegeld, Kombinationsleistung, Pflegesachleistung), spielt dafür keine Rolle. Oder anders gesagt: Die Pflegekasse zahlt für anspruchsberechtigte Pflegepersonen immer den gleichen Beitrag. Zahlt die Pflegekasse für Pflegepersonen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, geschieht das immer auf Basis von 50 % der Bezugsgröße. Die Bezugsgröße wird jährlich neu festgelegt und beträgt aktuell 3.290 € pro Monat (West) bzw. 3.115 € pro Monat (Ost). Für die Beitragszahlung werden 50 % der Bezugsgröße als Basis genommen. Das sind 1.645 € pro Monat (West) bzw. 1.557,50 € pro Monat (Ost). Diese Werte sind – grob gesagt – im Fall der Arbeitslosigkeit nach der Pflege die Grundlage, auf der das Arbeitslosengeld ermittelt wird. Um überhaupt Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu haben, muss zudem eine sogenannte Anwartschaftszeit von mindestens 12 Monaten erfüllt sein. Das bedeutet, es müssen für mindestens 12 Monate Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden sein. Das ist bei Ihrer Klientin der Fall. Eine erste Berechnung des Arbeitslosengeldes kann Ihre Klientin mit dem Arbeitslosengeldrechner vornehmen, den die Bundesagentur für Arbeit online zur Verfügung stellt. >>> Hier gelangen Sie zu diesem Rechner Bei dem dort erfragten Brutto soll sie den für sie zutreffenden o. g. 50 %-Wert der Bezugsgröße eingeben. Für eine detaillierte Berechnung sollte sich Ihre Klientin jedoch unbedingt selbst bei der Agentur für Arbeit melden.

Wird das Pflegeunterstützungsgeld bei anderen Sozialleistungen angerechnet? Frage: Ich habe gelesen, dass Leistungen der Pflegeversicherung grundsätzlich nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet werden. So werden z. B. Wohngeld oder der Grundsicherungsbetrag nicht gekürzt, wenn der Leistungsempfänger auch Pflegegeld bekommt. Ist das beim Pflegeunterstützungsgeld auch so? Schließlich ist das auch eine Leistung der Pflegekasse. Antwort: In Bezug auf das Pflegegeld haben Sie Recht. Dieses zählt weder beim Pflegebedürftigen selbst noch bei der Pflegeperson, an die er das Pflegegeld ganz oder teilweise weiterreicht, als Einnahme zum Lebensunterhalt. Beim Pflegeunterstützungsgeld ist das anders. Das Pflegeunterstützungsgeld gilt als Ersatz für entgangenes Arbeitsentgelt. Es zählt ebenso wie andere Lohnersatzleistungen (z. B. Kinderkrankengeld, Krankengeld oder Verletztengeld) zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt. Darum wird das Pflegeunterstützungsgeld bei Sozialleistungen, die einkommensabhängig sind, als Einkommen berücksichtigt.

Verlangt die Pflegekasse für die Vergangenheit Pflegegeld zurück, wenn die Klientin niedriger eingestuft wird? Frage: Meine Klientin hat Pflegegrad 2 und bekommt Pflegegeld. Im März soll sie operiert werden. Geplant ist eine Knie-Endoprothese beider Knie mit anschließender An5

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Ihre Fragen kurz beantwortet

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schlussheilbehandlung in einer stationären Rehabilitationsklinik. Ihre Knieprobleme sind ein wesentlicher Grund für ihre beeinträchtigte Selbständigkeit. Sie weiß, dass sie bei einer erneuten Begutachtung nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme wahrscheinlich den Pflegegrad 2 verlieren wird. Nun macht sie sich aber Sorgen, dass die Pflegekasse ihr rückwirkend das Pflegegeld streicht, also ab dem Tag der Operation. Ist diese Befürchtung berechtigt? Antwort: Da muss sich Ihre Klientin keine Sorgen machen. Sollte die Pflegekasse entscheiden, dass Ihre Klientin aufgrund der erfolgreichen OP und Rehabilitation – wofür ich ganz fest die Daumen drücke – nur noch Pflegegrad 1 oder sogar keinen Pflegegrad mehr hat, wird sie den Pflegegrad 2 und damit ihre Leistungsentscheidung mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Bevor die Pflegekasse neu über den Pflegegrad entscheiden kann, muss allerdings einiges passieren. Und damit meine ich nicht nur die OP und die Rehabilitation, sondern vor allem eine erneute Begutachtung. Auf der sicheren Seite ist Ihre Klientin, wenn sie die Pflegekasse über die erfolgte OP und die Reha informiert. Dann kann die Pflegekasse entscheiden, wann sie eine Begutachtung veranlasst. Ob diese von der Pflegekasse direkt veranlasst wird, nachdem Ihre Klientin aus der Rehabilitationsklinik kommt oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, wäre abzuwarten. Nach meiner Erfahrung stellt sich die gravierende Besserung der Selbständigkeit nach einer Knie-OP erst im Verlauf mehrerer Monate ein. Wichtig: Bitte denken Sie daran, dass die Pflegekasse bei vollstationärer Krankenhausbehandlung mit unmittelbar anschließender Rehabilitation nur für insgesamt längstens 4 Wochen das Pflegegeld weiterzahlt. Sollte Ihre Klientin zunächst nach Hause entlassen werden und evtl. erst zwei oder drei Tage später zur Anschlussheilbehandlung in die stationäre Rehabilitationseinrichtung gehen, sind es jeweils 4 Wochen, in denen die Pflegekasse das Pflegegeld weiterzahlt.

Bezug von ALG II: Muss mein Klient eine Vollzeitstelle annehmen, obwohl er seinen pflegebedürftigen Großvater versorgt? Frage: Ich berate einen jungen Mann. Er versorgt als Pflegeperson seinen Großvater in dessen Haushalt. Der Großvater hat Pflegegrad 2. Nach längerer Arbeitslosigkeit erhält der junge Mann diverse soziale Unterstützungsleistungen, u. a. Grundsicherung für Arbeitsuchende, das sogenannte Arbeitslosengeld II. Nun will die Agentur für Arbeit ihn in eine Vollzeitstelle vermitteln. Kann sie trotz Pflegetätigkeit darauf bestehen? Antwort: Ob und in welchem zeitlichen Umfang eine Beschäftigung zumutbar ist, wenn der ALG II-Empfänger einen nahen Angehörigen pflegt, hat die Bundesagentur für Arbeit in einer Weisung zum § 10 SGB II geregelt.

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Ihre Fragen kurz beantwortet

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Danach soll die Beurteilung, in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene wegen einer Pflegetätigkeit keiner Arbeit nachgehen kann, unter Berücksichtigung des Pflegeaufwandes vorgenommen werden. Hierfür sieht die o. g. Weisung eine Tabelle zur Orientierung vor. Hieraus ergibt sich folgende zumutbare Arbeitszeit in Abhängigkeit vom Pflegegrad des nach Angehörigen: Pflegegrad 1

Vollzeit

Pflegegrade 2 und 3

bis zu 6 Stunden pro Tag (in Abhängigkeit von der erforderlichen Präsenz der Pflegeperson beim Pflegebedürftigen – hier bitte im Pflegegutachten nachlesen)

Pflegegrade 4 und 5

keine Arbeitszeit zumutbar

Zusätzlich erfolgt der Hinweis, dass sich bei Pflegegrad 1, 2 und 3 möglicherweise Einschränkungen hinsichtlich Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit ergeben können. Dabei sind die vom Betroffenen nachgewiesenen Einschränkungen einzelfallbezogen zu besprechen. Interessanterweise steht in der Weisung „besprechen“ und nicht „berücksichtigen“. Das hat einen wichtigen Grund. Die Agentur für Arbeit wird in diesem Zusammenhang nämlich auch prüfen, ob die Pflege anders sichergestellt werden kann bzw. ob die Leistungen der Pflegeversicherung und hier insbesondere die Pflegesachleistungen ggf. sogar ausreichen, um den Pflegeaufwand komplett zu decken. Ist das der Fall, muss der Klient mit einer Vermittlung in eine Vollzeitstelle rechnen. >>> Hier können Sie diese Weisung downloaden

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Arbeitshilfe: Zuständige Unfallkassen für Pflegepersonen nach Bundesländern

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Baden-Württemberg

Unfallkasse Baden-Württemberg Hauptsitz Stuttgart: Postanschrift: 70324 Stuttgart

info@ukbw.de

Sitz Karlsruhe: 76128 Karlsruhe

Tel. Stuttgart.: 0711 9321-0 Tel. Karlsruhe: 0721 6098-0

Kommunale Unfallversicherung Bayern 80791 München

post@kuvb.de post@bayerluk.de

Bayern

https://www.ukbw.de/

https://kuvb.de/aktuelles/ Tel.: 089 360 93-0 Berlin

Unfallkasse Berlin Postfach 490366 12283 Berlin

unfallkasse@unfallkasse-berlin.de https://www.unfallkasse-berlin.de/ Tel.: 030 7624-0

Brandenburg

Unfallkasse Brandenburg Postfach 11 13 15201 Frankfurt

info@ukbb.de https://www.ukbb.de/ Tel.: 0335 5216-0

Bremen

Unfallkasse Freie Hansestadt Bremen Konsul-Smidt-Str. 76a 28217 Bremen

office@ukbremen.de https://www.ukbremen.de/ Tel.: 0421 35012-0

Hamburg

Unfallkasse Nord Standort Hamburg Spohrstraße 2 22083 Hamburg

ukn@uk-nord.de https://www.uk-nord.de/main/aktuelles/ Tel.: 040 27153-0

Hessen

Unfallkasse Hessen Postfach 10 10 42 60010 Frankfurt

ukh@ukh.de https://www.ukh.de/startseite/ Tel.: 069 29972-440

MecklenburgVorpommern

Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern Wismarsche Straße 199 19053 Schwerin

postfach@uk-mv.de https://unfallkasse-mv.de Tel.: 0385 5181-0

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Arbeitshilfe: Zuständige Unfallkassen für Pflegepersonen nach Bundesländern

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Niedersachsen

Braunschweigischer Gemeinde-Unfallversicherungsverband Postfach 15 42 38005 Braunschweig

info@bs-guv.de https://www.bs-guv.de/ Tel.: 0531 27374-0

Gemeinde-Unfallversicherungsverband Hannover Postfach 81 03 61 30503 Hannover

info@guvh.de https://lukn.de Tel.: 0511 8707-0

Gemeinde-Unfallversicherungsverband Oldenburg Postfach 27 61 26017 Oldenburg

info@guv-oldenburg.de https://www.guv-oldenburg.de/ Tel.: 0441 77909-0

NordrheinWestfalen

Unfallkasse Nordrhein-Westfalen

info@unfallkasse-nrw.de

Regionaldirektion Rheinland Moskauer Straße 18 40227 Düsseldorf

https://www.unfallkasse-nrw.de/

Regionaldirektion Westfalen-Lippe Salzmannstraße 156 48159 Münster Rheinland-Pfalz

Unfallkasse Rheinland-Pfalz 56624 Andernach

Tel.: 0211 2808-0

Tel.: 0251 2102-0 info@ukrlp.de https://www.ukrlp.de/home Tel.: 02632 960-0

Saarland

Unfallkasse Saarland Postfach 20 02 80 66043 Saarbrücken

poststelle@uks.de https://www.uks.de/startseite/ Tel.: 06897 9733-0

Sachsen

Unfallkasse Sachsen Postfach 42 01651 Meißen

sekretariat@unfallkassesachsen.com https://www.uksachsen.de Tel.: 03521 724-0

Sachsen-Anhalt

Unfallkasse Sachsen-Anhalt Käsperstraße 31 39261 Zerbst

nfo@ukst.de https://www.ukst.de/ Tel.: 03923 751-0

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Arbeitshilfe: Zuständige Unfallkassen für Pflegepersonen nach Bundesländern

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Bundesland

Anschrift

E-Mail / Webadresse / Telefon

Schleswig-Holstein

Unfallkasse Nord Standort Kiel Seekoppelweg 5a 24113 Kiel

ukn@uk-nord.de https://www.uk-nord.de/main/aktuelles/ Tel.: 0431 6407-0

Thüringen

Unfallkasse Thüringen Postfach 10 03 02 99853 Gotha

info@ukt.de https://www.ukt.de/ Tel.: 03621 777-0

Impressum Verlag | Redaktion | Kundenbetreuung: Walhalla Fachverlag Haus an der Eisernen Brücke, 93042 Regensburg Tel.: 0941/56 84-0, Fax: 0941/56 84 111 E-Mail: WALHALLA@WALHALLA.de Redaktionsleitung: Barbara Bayer (v.i.S.d.P.) Autorin: Carmen P. Baake Fragen, Hinweise an: beraterbrief-pflege@WALHALLA.de

Erscheinungsweise: Der Beraterbrief Pflege erscheint zweimal im Monat in elektronischer Form (PDF-Datei)

Die Weitergabe oder Vervielfältigung der Daten ist untersagt. Ausgenommen sind die Archivierung, die Erstellung einer Sicherheitskopie und das Ausdrucken für den eigenen Gebrauch. Eine schriftliche oder elektronische Verbreitung oder Veröffentlichung Bezugsbedingungen: Bestellungen über jede Buchhandlung und beim Verlag. Der Jahres- der Informationen aus diesem Beraterbrief darf nur unter vorhebezugspreis im Abonnement beträgt 149,00 Euro. Das Jahresabon- riger schriftlicher Zustimmung durch den Walhalla Fachverlag erfolgen. In einem solchen Fall ist der Walhalla Fachverlag als nement verlängert sich automatisch um ein Jahr, sofern es nicht Quelle zu nennen. Ausgenommen davon sind die Arbeitshilfen sechs Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres gekündigt wird. und Muster, die für die eigene Tätigkeit verwendet werden dürfen. Es ist nicht gestattet, den Beraterbrief im Rahmen Copyright, Hinweise zum Urheberrecht: einer gewerblichen Tätigkeit Dritten in elektronischer oder © Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG, Regensburg ausgedruckter Form zur Verfügung zu stellen, zu verbreiten oder Die Inhalte dieses Beraterbriefes wurden mit erheblichem Aufwand zu veröffentlichen. recherchiert und bearbeitet. Sie sind für den Käufer/Abonnenten ISSN 2367-4210 zur ausschließlichen Verwendung für interne Zwecke bestimmt.

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