UmweltBriefe 03/2021

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NACHHALTIGES HANDELN IN KOMMUNEN

März 2021

INHALT

Merk-Würdiges

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Videokonferenzen / Waldzustand

Aus Kommunen und Regionen

Berlin geht voran

Dortmund: Elektrobusse Bernburg: Biogas aus Bioabfall 4-5

Aus Unternehmen und Forschung Schwimmende Solaranlagen Radpendeln im Alltag

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Best Practice

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Energiekommune Trendelburg

Interview

Gewässerkundler Thomas Ternes zur vierten Klärwerksstufe 8-9

Trends 10 Biofach

Perspektiven

Bald dynamische Wassserpreise?

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Sektorenkopplung im Nordosten: Nutzen statt Abregeln 12-13

EU-Politik

FFH-Klage gegen Deutschland Aktionsplan Kreislaufwirtschaft

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Abfall 15 Endlagersuche / Bioabfallverordnung

Immissionsschutz

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Energie

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Luftreinhaltung / Düngeverordnung

Mobilität

Carsharing / ÖPNV und Corona

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Bauen 19 Straßen mit Recycling-Asphalt

Naturschutz

Insektenschutzgesetz Volksbegehren Artenvielfalt

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Publikationen 21 Bürgerinfo

Zum Tag des Wassers VCD-Kostencheck Mobilität

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Veranstaltungen 24 März 2021

Foto: Heiko Küverling/Adobe Stock

Novelle Energiewirtschaftsgesetz 8. Monitoringbericht Energiewende

Dauerhinweis an einem Berliner Bürgersteig. Gehwege wurden in den Kommunen früher mehr so als Resterampen des Straßenraums behandelt. Erst seit wenigen Jahren werden die Belange der Fußgänger diskutabler – bis hin zum ersten deutschen Fußverkehrsgesetz, das am 28. Januar im Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Es ist nun verankert als vierter Baustein im Berliner Mobilitätsgesetz, Fortsetzung auf Seite 2 das seit zweieinhalb Jahren langsam zwar, aber sicher in Bewegung kommt.

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TITEL

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Fortsetzung von Seite 1

ie Stadt Leipzig hat 2018 Deutschlands ersten Fußverkehrsbeauftragten auf den Gehweg geschickt (vgl. UB Aug´19, S. 19). Nun zieht Rot-Rot-Grün in Berlin nach und ergänzt im Mitte 2018 in Kraft getretenen Mobilitätsgesetz (s. UB Juli´18, S. 18) nach den drei Teilen Allgemein, ÖPNV und Radverkehr einen vierten Abschnitt zur „Entwicklung des Fußverkehrs“. Dieses neue Paragrafenwerk setzt Standards, wie das Zufußgehen in Berlin gefördert und sicherer gemacht werden soll. „Längere Grünphasen an Fußgängerampeln, leichtere Einrichtung von Zebrastreifen und Spielstraßen auf Zeit, mehr Bänke und mehr Personal“, zählt der Senat für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz auf, seien die Maßnahmen, die den Fußverkehr attraktiver machen sollen. Die Logik daraus lautet: Wer zu Fuß einfach und sicher zur nächsten U-Bahn kommt, nutzt eher den ÖPNV; wer kurze Wege in seinem Viertel mit dem Fahrrad oder zu Fuß gut nutzen kann, der lässt das Auto viel eher stehen. Der Umweltverbund aus ÖPNV, Fahrrad- und Fußverkehr sei in seiner Summe dann erfolgreich, „wenn die Stärken jedes seiner Elemente zur Geltung kommen“, heißt es beim Senat.

Konkret heißt das: Das Queren breiter Stra- Deutschlands Lobbyverband für Fußgänger, ßen soll durch mehr Zebrastreifen, mehr Fuss e.V., hält Berlins Fußverkehrsgesetz Mittelinseln, abgesenkte Bordsteine und zwar für einen Meilenstein. „Es klaffen aber „Gehwegnasen“, aber auch durch fußgän- noch tiefe Widersprüche zwischen Gesetz gerfreundliche Ampeln mit längeren Grün- und Praxis“, sagt Fuss-Geschäftsführer Stephasen sicherer und schneller werden. fan Lieb. Ein ums andere Mal werde Raum Um neue Zebrastreifen schneller auf die für den Radverkehr angelegt – das findet Straße zu bringen und die Bezirke zu ent- Lieb durchaus „richtig und wichtig“. Aber lasten, soll die Berliner Verkehrsverwaltung häufig ginge das zu Lasten der Gehwege, zukünftig diese Aufgabe an sich ziehen kön- gleich würden Fahrbahnen und Parkplätze nen. In der Zwischenzeit könnten Pop-up- geschont, kritisiert der Fußaktivist. Zebrastreifen zum Einsatz kommen. „Eine Rad-Schnellstrecke für 30 000 FahrZur Beruhigung des rollenden Verkehrs zeuge täglich“ drohe zum Beispiel dem vor und zum Schutz der Fußgänger sind außer- zwanzig Jahren von Autos befreiten Brandem „durchgezogene“ Gehwege vorgese- denburger Tor. Und auch im Grünen, findet hen, die die Fahrbahn auf einer Art Plateau Lieb, sei die Planung „aggressiv“: Statt laukreuzen. Zudem will der Senat noch mehr schiger Uferpromenaden seien 8 m breite AsSpielstraßen auf Zeit und weitere Begeg- phaltbänder am Teltower Kanal geplant, das nungszonen (bisher gibt es zwei) einrichten, Gehen am Wasser würde verboten. Deshalb in denen der Autoverkehr keine oder nur fordert Fuss e.V.: „Die Verkehrswende fürs eine nachgeordnete Rolle (Tempo 20) spielt. Rad muss auf der Fahrbahn stattfinden, nicht Polizei und Ordnungsämter sollen die Ge- auf dem Gehweg und nicht im Park.“ (tb) http://www.berlin.de/sen/uvk/verkehr/ fährdung von Fußgängern noch stärker in 4 den Blick nehmen und Falschparken kon- verkehrsplanung/fussverkehr/mobilitaetsgesetz/ Senat für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sequent ahnden; Gehwege müssen ausrei- 4 Jan Thomsen, Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin chend Platz bieten, und mehr Sitzbänke sol- Fon 030/9025-1092, jan.thomsen@senuvk.berlin.de len es vor allem älteren Menschen erlauben, 4 Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS) e.V. Stefan Lieb, Fon 030/492-7473, Fax 030/492-7972 längere Wege mit Pausen zu bewältigen. info@fuss-ev.de, www.fuss-ev.de

Impressum

Ein Foto – und was dahinter steckt

Vorsicht, Krötenverkehr! Autoren: Dr. Ralph H. Ahrens (ra), Tim Bartels (tb) Martin Bopp (mb), Christian Dany (cd) Andreas Greiner (ag), Bernward Janzing (bj) Marcus Franken (mf), Leo Frühschütz (lf) Benjamin Haerdle (hbj), Hans-Christoph Neidlein (hcn), Hartmut Netz (hn), Dr. Roland Knauer, Oliver Ristau, Andreas Schlumberger (sch) Redaktionsanschrift: Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG Redaktion UmweltBriefe Sonnenallee 223 · 12059 Berlin Druck: Wahl-Druck GmbH, Aalen Kundenservice: Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG Wöhrdstraße 12-14 · 93059 Regensburg Telefon: 0941 5684-0 ·Telefax: 0941 5684-111 Copyright: © Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG, Regensburg Nachdruck nur mit Zustimmung der Redaktion (ausgenommen die Bürgerinformation bei Abonnement) Bezugsbedingungen: UmweltBriefe erscheinen monatlich. Der Jahresbezugspreis beträgt 259 Euro (plus 45 Euro Versandkosten); Studenten und Auszubildende zahlen 149 Euro (Bescheinigung erforderlich) Das Jahresabonnement verlängert sich automatisch um ein Jahr, sofern es nicht sechs Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres gekündigt wird. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge zu bear­ beiten. Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt die Redaktion keine Haftung. ISSN: 1866-0037 www.umweltbriefe.de www.WALHALLA.de

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Foto: NABU/K. Büscher

Redaktionsleitung: Tim Bartels (v.i.S.d.P.) Bartels.Tim@WALHALLA.de

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icht nur für dieses Erdkrötenpaar, auch für andere Lurcharten beginnt jetzt dort, wo der Winter weicht und die Temperaturen abends auf über fünf Grad ansteigen, die jährliche Rückkehr zu den Laichgewässern. Ein gefährliches Unterfangen, denn sie müssen auf ihrer Wanderung viele Straßen überqueren. Zwar sind die Brennpunkte der Amphibienwanderung längst bekannt, Krötenzäune und -tunnel gebaut, und viele Aktive des NABU stehen Eimer bei Fuß, um die die darin versammelte Lurchenschaft über die Straße zu tragen. Dennoch geraten immer wieder Tausende der ohnehin gefährdeten Rote-Liste-Arten unter die Räder. Wie viele Amphibien insgesamt überfahren werden, ist nicht bekannt. Wie viele gerettet werden, schon: Allein im Südwesten bewahren die Ehrenamtlichen alljährlich bis zu 400 000 Tiere vor dem Tod auf der Straße. (tb)

März 2021


MERK-WÜRDIGES Geschäftsreisen und Corona

Klimaschutz durch Zoom & Co Seit 20 Jahren ist die Technik dazu vor- ber. Und wie wirkt sich das Homeoffice aus? handen, doch erst seit Corona kommen Ob dadurch der CO₂-Ausstoß sinkt, sagt Videokonferenzen „auf Arbeit“ oder im Clausen, lasse sich noch nicht klären. Zwar Homeoffice verstärkt zum Einsatz. Und sie pendelten Menschen derzeit seltener ins sind mit nur rund 1 kg CO₂-Ausstoß am PC Büro. Doch „dafür nutzen sie dann aber deutlich klimafreundlicher als Dienstreisen häufiger als zuvor das Auto, um eine Infekmit Flugzeug (470 kg CO₂ für Stuttgart-Ber- tion zu vermeiden“, gibt VCD-Experte Milin und zurück von 2 Personen), Auto (380) chael Müller-Görnert zu bedenken. Trotz oder Bahn (65 kg). Doch werden die Mana- dieses zusätzlichen PKW-Verkehrs könnte ger und Firmenvertreter auch nach der Pan- das zunehmende Homeoffice in Deutschdemie dabei bleiben? Nachgefragt bei 500 land immerhin aber 1,5 Mio. t CO₂ vermeiGeschäftsleuten, die 2019 noch regelmäßig den, errechnete das Borderstep-Institut. Diese Treibhausgaseinsparung könnte (bis zu 50 000 km pro Jahr) unterwegs waren, hat das Borderstep-Institut für Innova- aber durch Reboundeffekte wieder zunichtion und Nachhaltigkeit in Kooperation mit te gemacht werden: etwa durch zusätzliche dem Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Fahrten für Besorgungen, die früher beim Befragung wurde vom BMBF gefördert. Pendeln miterledigt wurden; oder durch Ein Drittel der Befragten erwartet, dass sie das Anmieten größerer Wohnungen, um in Zukunft nicht mehr reisen müssen, weil mehr Platz fürs Homeoffice zu schaffen. (tb) Mehr zum Projekt Klimaschutzpotenziale der ihre Meetings immer virtuell stattfinden 4 werden. „Dies könnte die Treibhausgasemis- digitalen Transformation finden Sie unter https://www.borderstep.de/projekte/klimasionen um zirka drei Millionen Tonnen pro schutzpotenziale der digitalen transformation/ Jahr senken helfen“, sagt Studienautor Jens 4 Borderstep Institut für Innovation und Clausen. Den Anreiz für Videokonferenzen Nachhaltigkeit, Büro Hannover, Dr. Jens Clausen bilde der Gewinn an Arbeits- und Freizeit so- Fon 0511/30059245, clausen@borderstep.de Die Umfrageergebnisse finden Sie unter wie die Kosteneinsparung für den Arbeitge- 4 www.vcd.org/videokonferenzen

Klimawandel und Corona

Schön für die Fledermäuse, schlecht für den Infektionsschutz Der Klimawandel hat die natürliche Vegetation in Südchina so verändert, dass sich virenübertragende Fledermäuse dort stärker ausbreiten konnten. Das spielt offenbar eine Rolle dafür, dass sich diese Regionen zu einem Hotspot für Coronaviren entwickelt haben – so das Ergebnis einer soeben veröffentlichten internationalen Studie.

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ie menschengemachte Erderwärmung hat in der südchinesischen Provinz Yunnan und in benachbarten Arealen Myanmars und Laos den Lebensraum für Fledermäuse im Laufe des vergangenen Jahrhunderts deutlich attraktiver gemacht. In diesen Regionen beförderten klimatische Veränderungen das Wachstum von Waldgebieten, die auch Fledermäusen geeignete Habitate bieten. Dies haben Forscher der Universität Cambridge, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Hawai´i-Manoa herausgefunden. Danach hat der Klimawandel die Ausbreitung zahlMärz 2021

reicher neuer Fledermausarten ermöglicht, mit denen sich auch rund 100 neue Arten von Coronaviren in der Region etablierten. Dass Sars-Cov-2 in genau diesen Gebieten erstmals in Fledermäusen aufgetreten ist, legen nun genetische Daten nahe. Damit beschreiben die Wissenschaftler einen wichtigen Mechanismus, der der Erderhitzung eine direkte Rolle bei der Entstehung von Sars-Cov-2 zuweisen könnte. Denn die klimabedingte Verschiebung ihrer Lebensräume bedeutet nicht nur, dass sich mit den Fledermäusen auch Viren verbreiten. Es ermöglicht auch neue Interaktionen mit anderen Tieren, durch die schädliche Erreger übertragen werden oder sich weiterentwickeln können. Studienleiter Camilo Mora von der Uni Hawai’i-Manoa warnt deshalb: „Wir wissen, dass der Klimawandel die Übertragung von Viren in Wildtieren auf den Menschen beschleunigt. Das sollte uns dringend dazu veranlassen, Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen zu verbessern.“ (ag) Das Paper in Science of the Total Environment: 4 https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2021.145413

Waldzustandsbericht 2020

So licht und krank wie nie zuvor

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er im Wald unterwegs ist, der sieht die massiven Schäden“, sagte Bundesforstministerin Julia Klöckner bei der Vorstellung der Waldzustandserhebung 2020. Die Bilder großflächig abgestorbener Wälder hätten sich bei vielen eingebrannt. „Unsere Wälder sind krank“, so Klöckner. In Zahlen: Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen, konkret: 79 Prozent der Fichten, 80 Prozent der Kiefern, 80 Prozent der Eichen, 89 Prozent der Buchen. Das heißt: Bei diesen Bäumen sind mindestens 26 Prozent der Blätter oder Nadeln vorzeitig abgefallen. „Nur noch 21 Prozent aller Bäume weisen keine Kronenverlichtungen auf “, heißt es in dem 70-seitigen Bericht. Vor allem ältere Wälder über 60 Jahre seien von „Absterbeerscheinungen“ betroffen. Die aktuelle Erhebung zeige damit eine weitere deutliche Verschlechterung gegenüber dem vergangenen Jahr. Für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) sind 285 000 ha zerstört. „Nach drei trockenen Jahren sind die Wälder so geschwächt, dass die Bäume keine Abwehrkräfte mehr gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer haben“, teilt der SDW mit. Der Grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling spricht gar von 400 000 ha Fläche, die entwaldet seien, rund 80 Prozent der Bäume seien krank oder abgestorben. Angesichts dieser alarmierender Zahlen warnt der BUND vor einem neuen Waldsterben. „Die Lage ist ernst. Die Bundesregierung muss endlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig Schadstoffemissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft massiv reduzieren“, fordert der Sprecher des BUNDArbeitskreises Wald, Jörg Nitsch. Ministerin Julia Klöckner dagegen lobt sich für „frühes und entschlossenes Handeln“: Schließlich stünden anderthalb Milliarden Euro zur Verfügung. „Die Mittel fließen sehr gut ab und kommen zielgenau dort an, wo sie gebraucht werden“, teilt Klöckner mit. Damit sollen Deutschlands Forstwirte neue resiliente und standortangepasste Bäume pflanzen, die Wälder weiter umbauen, um sie damit besser an den Klimawandel anzupassen. „Doch wer garantiert, dass mit diesen Summen wirklich naturnahe Wälder aufgebaut werden?“, fragt Häusling. Der EU-Grüne findet, dass das Unterstützungsprogramm der Bundesregierung strikt für heimische Baumarten ausgegeben werden müsse, vor allem für die Eiche, „die wesentlich besser mit der Trockenheit klarkommt“. (tb) https://www.bmel.de/SharedDocs/ 4 Downloads/DE/Broschueren/ergebnissewaldzustandserhebung-2020.html

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AUS KOMMUNEN UND REGIONEN CUXHAVEN – Heide-Renaturierung. Auf zwei Teilflächen der sich über 1400 ha erstreckenden Cuxhavener Küstenheiden wurden 5 ha Schwarzkiefernwald gerodet, um selten gewordenen Pflanzenrelikten mehr Licht zu verschaffen und seltene Lebensräume zu fördern. So werden bei Berensch europaweit geschützte Heideflächen auf Binnendünen entstehen. Die Arbeiten sind Teil des EULife-Projekts Atlantische Binnendünen. (mb) DBU, Pressesprecher Klaus Jongebloed, An der 4 Bornau 2, 49090 Osnabrück, Fon 0541/9633-520 Fax -198, presse@dbu.de, www.dbu.de/naturerbe/

HAMBURG – Mikrodepot. Als eines der elf Teilprojekte des Reallabors Hamburg ist seit Januar das erste Mikrodepot für Warenlogistik in der Burchardstraße in Betrieb. Unter Leitung der Hochbahn AG, die das Gebäude und Flächen stellt, erproben Rewe, Hermes, UPS und die Deutsche Post die emissionsfreie Warenzustellung an Kunden in der Altstadt per Lastenrad oder E-Lieferwagen. Das Projekt läuft zunächst bis Jahresende. (mb) Hamburger Hochbahn AG, Christoph Kreien4 baum, Steinstr. 20, 20095 Hamburg, Fon 040/32 88-2121, presse@hochbahn.de, www.hochbahn.de

HANNOVER – Verkehrswende. Zum Jahreswechsel hatten die Stadtwerke Enercity 1 000 E-Ladepunkte in der Landeshauptstadt und in der Region Hannover installiert. Nur rund 480 davon sind öffentliche Ladepunkte, die große Mehrheit (rund 80 bis 85 Prozent) der Ladevorgänge geschieht zuhause oder auf Firmengrundstücken. Bei geschätzt rund 6 000 E-Fahrzeugen bis Ende 2020 kommen so in der Region Hannover sechs E-Autos allein auf jeden von enercity installierten, öffentlichen wie auch privaten Ladepunkt. Mit 56 Ladepunkten pro 100 000 Einwohnern liege Hannover bundesweit auf Platz 3, gleich nach München und Hamburg. (mb) enercity AG, Kommunikation, Carlo Kallen 4 Ihmeplatz 2, 30449 Hannover, Fon 0511/430-2161 carlo.kallen@enercity.de, www.enercity.de/

BERLIN – Pop-Up-Radwege. Die temporären Radstreifen muss die Stadt vorerst nicht zurückbauen, urteilt das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Das OVG hat auf Beschwerde des Landes Berlin hin den gegenteiligen Beschluss des VG Berlin vom 4.9.2020 aufgehoben. Der Grund: Inzwischen habe der Verkehrssenat die Sicherheit dieser Radstreifen belegen können. Die Deutsche Umwelthilfe hat dazu nun ein Gutachten vorgelegt und will in 236 deutschen Städten solche Radwege beantragen (s. S. 18). (mb) Das Gutachten der DUH: http://l.duh.de/p210107 4 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und 4 Klimaschutz, Pressesprecher, Jan Thomsen Fon 030/9025-1092 , jan.thomsen@senuvk.berlin.de

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MÜNSTER – Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). das BMU rund 1 500 Elektrobusse. (mb) DSW21 – Dortmunder Stadtwerke AG, KommuniMit der Aufnahme dieser Wirtschaftsphiloso- 4 phie in den Koalitionsvertrag unterstreicht kation, Frank Fligge, Deggingstr. 40, 44141 Dortmund Fon 0231/955-2105, presse@dsw21.de der Stadtrat, dass die Wirtschaft dem Wohl www.bus-und-bahn.de/ aller Menschen und der Umwelt dienen soll. Eine GWÖ-Anlaufstelle wird Konzepte für DORTMUND – Mikrodepot. Ein solches hat Gemeinwohl und Kreislaufwirtschaft erarbei- die Stadt als Umschlagplatz zur klimaschoten und umsetzen. Ein Förderprogramm soll nenden Zustellung von Paket-, Kurier- und Unternehmen beim Erstellen einer GWÖ- Expressdiensten in die Innenstadt eingerichBilanz unterstützen. Vorreiter sollen die städ- tet. Von Januar 2021 bis Februar 2022 liefern tischen Unternehmen sein. (mb) die vier Paketdienstleister Amazon Logistics, Gemeinwohlökonomie Münsterland, Koordinator 4 DPD, GLS und UPS ihre Sendungen in Lieund GWÖ-Berater Tobias Daur, Fon 0251/703669-52 ferwagen zu den als Mikrodepot dienenden tobias.daur@ecogood.org, www.ecogood.org Übersee-Containern am Ostwall. Von dort B´ 90/Grüne Münster, Sprecher Stephan Orth 4 aus werden die Lieferungen mit klimaWindthorststr. 7, 48143 Münster, Fon 0251/89958-20 kv@gruene-muenster.de, https://gruene-muenster. freundlichen Verkehrsmitteln, wie elektrisch de/2021/zustimmung-zum-koalitionsvertrag/ unterstützten Lastenrädern, auf der letzten Meile in der Innenstadt transportiert. (mb) Stadt Dortmund, Pressestelle, Frank Bußmann, HALLE(WESTF.) – Zuckerwaren vs Wald. 4 Süßwarenhersteller Storck darf sein Areal Friedensplatz 1, 44135 Dortmund, Fon 0231/50-23022 pressestelle@stadtdo.de, www.dortmund.de/presse/ erweitern. Dies hat der Stadtrat am 24.2. mit der 18. Änderung des Flächennutzungsplan mehrheitlich beschlossen. Der Firma KÖLN – Stromkonzession. Der regionale gehören bereits ihrem Betrieb benachbarte Versorger Rheinenergie AG, der zu 80 ProWaldflächen, die nun gerodet werden dür- zent den Stadtwerken Köln gehört, hat bei fen. Dagegen, und dass zur Verlegung des der europaweiten Neu-Ausschreibung die Laibachs auch 80 Bäume des Stadtwaldes Lieferverträge an den Ökostrom-Anbieter fallen müssen, protestierten Aktivisten ta- „Lichtblick SE“ aus Hamburg verloren. Der gelang mit einem Baumcamp. Der örtliche Verlust des Großkunden-Auftrags geht ofUmweltverband GNU hat zudem eine Pro- fenbar auf die neuen Klimaschutz-Vorgaben test-Postkarten-Aktion aufgelegt. (mb) der Stadt zurück. Seit Jahresbeginn versorgt Stadt Halle (Westfalen), BM Thomas Tappe 4 nun also LichtBlick die Stadt mit 100 Prozent Ravensberger Str. 1, 33790 Halle (Westf.), Fon 05201/ Strom aus erneuerbaren Energien. Insgesamt 183-0, kontakt@hallewestfalen.de, https://rim. liefert LichtBlick rund 120 Mio. kWh pro hallewestfalen.de/ (> Vorgang DS NR. 61/2020 ) Jahr für 2840 städtische Gebäude. Dazu zäh Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz im 4 Kreis Gütersloh e.V., Angelika Daum, Pellwormweg 7 len Rathäuser, Behörden, Museen, Schulen 33334 Gütersloh, Fon 05241/927986, info@gnu-gt.de und Kitas. Der Vertrag läuft bis Ende 2023 www.gnu-gt.de/storck-aktion.html und kann bis 2025 verlängert werden. (mb) LichtBlick SE, Ralph Kampwirth, Zirkusweg 6, 20359 4 HERFORD – Energiesprong. Nach diesem Hamburg, Fon 040/63601208, ralph.kampwirth@ lichtblick.de, www.lichtblick.de/presse/klimaschutzVerfahren werden vier dreigeschossige Alt- lichtblick-versorgt-koeln-mit-oekostrom bauten mit 24 ehemaligen Wohnungen der 4 RheinEnergie AG , Leiter Presse, Christoph Preuß britischen Streitkräfte energetisch saniert. Parkgürtel 24, 50823 Köln, Fon 0221/178-3035 Für 3,3 Mio. Euro erhalten die über 60 Jahre presse@rheinenergie.com , www.rheinenergie.com/ alten Häuser vorgefertigte dämmende Fassadenelemente samt Fenstern und Türen sowie KÖLN – Radverkehr-Rekord. Die Stadt melSolaranlagen. Mögliche Mieterhöhungen det für 2020 mehr als 14,2 Millionen Ticks werden durch sinkende Nebenkosten aufge- an den zwölf Dauerzählstellen und somit fangen. Je mehr Häuser nach dem gleichen elf Prozent mehr als 2019. Damit haben die Prinzip saniert werden, desto geringer fallen Radler einen neuen Rekord aufgestellt. Die die Kosten pro Umbau aus. (mb) neue (13.) Dauerzählstelle an der Universi Hansestadt Herford, Presse, Susanne Körner 4 tätsstraße wurde 1,35 Millionen Mal passiert. Rathausplatz 1, 32052 Herford, Fon 05221/189-220 Wohl pandemiebedingt nutzten die Kölner Fax -888, susanne.koerner@herford.de 2020 besonders die Strecken in den Außenbezirken fürs Freizeitradeln, sodass die AlDORTMUND – E-Busse. Die Stadtwerke fred-Schütte-Allee 63 Prozent mehr Radler haben im Februar den Förderbescheid des befuhren. 2020 hat die Stadt zudem 26 StraBMU über 13,6 Mio. Euro zur Beschaffung ßenabschnitte in Fahrradstraßen umgewanvon 30 Elektrobussen erhalten. Daneben för- delt, das Netz ist nun 17,1 km lang. (mb) dert das BMU auch die Ladeinfrastruktur 4 Stadt Köln, Fahrradbeauftragter Jürgen Möllers sowie weitere Kosten, wie notwendige Werk- Willy-Brandt-Platz 2, 50679 Köln, Fon 0221/221-0 https://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/ stattausrüstung oder Schulungen von Fahr- verkehr/radfahren/aktuelle-info/radverkehrund Werkstattpersonal. Bundesweit fördert legte-2020-deutlich-zu

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AUS KOMMUNEN UND REGIONEN MENDEN – Spielplatz zu Trinkwasserthemen. Der im Sommer 2020 eröffnete interaktive Spielplatz, mit elektronischer Augmented Reality ausgestattet, wurde von der Jury der European Excellence Awards unter die fünf besten Projekte „Digitale Umsetzung 2020“ gewählt. Mit der kostenlosen SmartphoneApp ARvin können Kinder auf dem Spielplatz Abenteuer mit Willi, dem Wassertropfen, erleben und eigene Geschichten entwickeln. Ein Gedanke ist, Kindern nachhaltigen Umgang mit Trinkwasser zu vermitteln. (mb) Stadtwerke Mende, Kommunikation, Maria Geers 4 Fon 02373/169-1300, m.geers@stadtwerke-menden. de, www.stadtwerke-menden.de

BERNBURG – Biogas aus Bio-Abfällen. In der Stadt baut der Mannheimer MVV im Gewerbegebiet West an der A14/B6n etwa zwei Jahre später als geplant eine Anlage zur Vergärung und energetischen Nutzung von Bioabfällen. Die Stadtwerke beteiligen sich mit zehn Prozent am 20-Millionen-Euro-Projekt. Von 2022 an soll die Anlage etwa 33 000 t Bioabfälle jährlich aus Bernburg und Umgebung verarbeiten. Der Vorteil: Bioerdgas werde aus Abfällen gewonnen, die sowieso anfielen, und sei deutlich zuverlässiger verfügbar als Windkraft und Sonnenenergie. (mb) MVV Energie AG, Kommunikation, Roland Kress 4 Luisenring 49, 68159 Mannheim, Fon 0621/290-3413 Fax -2860, r.kress@mvv.de, www.mvv.de Stadtwerke Bernburg, Andrea Jeschke, Mühlstr. 14 4 06406 Bernburg, Fon 03471/3626-0, Fax -26, info@ stadtwerke-bernburg.de, www.stadtwerke-bernburg.de

UNTERSCHÖNAU – Naturwald. Greenpeace und Bergwaldprojekt haben im Thüringer Wald gemeinsam 200 ha Wald um die Ruine Moosburg erworben. Der Wald am Rennsteig ist bisher von Fichten-Monokulturen geprägt, die Böden sind intensiv befahren und die Bestände durch zu hohe Holzeinschläge aufgelichtet. Die beiden Organisationen wollen ihren „Zukunftswald“ nach dem bekannten „Lübecker Stadtwald“ bewirtschaften. (mb) Bergwaldprojekt e.V., GF Stephen Wehner 4 Veitshöchheimer Str. 1b, 97080 Würzburg Fon 0931/452- 6261, presse@bergwaldprojekt.de

HAMMERSBACH – Logistikhalle. BUND Hessen, Regionalbauernverband WetterauFrankfurt und das Evangelische Dekanat Büdinger Land protestieren gegen das Abweichen vom Regionalplan Südhessen zugunsten einer weiteren Logistikhalle. Das Baugebiet liege in der Wasserschutzzone III und widerspreche Zielen zum Bodenschutz und zur Landwirtschaft. Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) wolle sich über die ablehnenden Voten ihrer Fachdezernate hinwegsetzen und eine UVP umgehen. (mb) BUND Hessen, Lynn Anders, Fon 069/677376-43 4 presse@bund-hessen.de, www.bund-hessen.de

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ECHZELL – Logistikhalle. Das Verwal- LÖRRACH – CO2-neutrales Gewerbegetungsgericht Gießen hat im Februar den biet. Die Stadt hat das 9 ha große, ehemalige vorläufigen Baustopp für eine hektargroße, Werksgelände eines Textilbetriebs erworben. 12 m hohe Logistikhalle für Amazon aufge- Um den Klimazielen gerecht zu werden, will hoben. Das Baugebiet liegt im FFH-Gebiet man dort das bundesweit erste „Zero-EmissiHorloffaue im Wetteraukreis und grenzt di- on-Gewerbegebiet“ Gewerbegebiet mit Holzrekt an ein EU-Vogelschutzgebiet, auf dem bzw. Holzhybrid-Bauten einrichten, in denen u.a. Kraniche rasten. Naturschützer monie- nachhaltige Produkte hergestellt werden solren, dass fürs Bauvorhaben keine FFH-Ver- len. Das Areal soll in vier Phasen entwickelt träglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. werden. Die Städtebauförderung des Landes Nachdem die Untere Naturschutzbehörde Ba-Wü gibt 5 Mio. Euro dazu. Derzeit laufen nun eine fachlich laxere FFH-Vorprüfung diverse Machbarkeitsstudien. (mb) vorgelegt hat, habe das VG geurteilt, ohne 4 Stadt Lörrach, FB Medien und Kommunikation auf die fachlichen Gegenargumente einzu- Susanne Baldus-Spingler, Luisenstr. 16, 79539 Lörrach Fon 07621/415-107, Fax -496, s.baldus-spingler@loerrach. gehen, so der BUND und die HGON. (mb) de, www.loerrach.de/bauprojekte/Lauffenmuehle HGON – Hessische Gesellschaft für Ornithologie und 4 Naturschutz e.V., Vors. Tobias Erik Reiners, Lindenstr. 5 WEIDEN (OBERPFALZ) – Bürgerentscheide. 61209 Echzell, Fon 06008/1803, www.hgon.de/ Am 14.2. hatten die Bürger per Briefwahl über ein Ratsbegehren zur Weiterplanung LEIPZIG – Lebendige Luppe. Der Wie- des Gewerbegebiets West IV sowie über ein dervernässung des Burgauenbachs, die vor Bürgerbegehren zum Erhalt von Stadtwald mehr als 20 Jahren eingeleitet wurde, wid- zu entscheiden. Die Erweiterung des Gewermet sich der aktuelle Fließtext Nr.1|2021. begebiets, für die 65 ha Landeswald hätten Das damalige Projekt des NABU Sachsen, gerodet werden müssen, wurde mit 8 863 zu des Landes sowie der Stadt Leipzig wurde 8 021 Stimmen abgelehnt. Für den Erhalt des nun als Auenlebensraum vom NABU Leip- Waldes stimmten 10 879 Bürger, 5 753 dagezig evaluiert. Auf dieser Basis erarbeitete der gen. Das Quorum war jeweils erreicht. (mb) NABU Vorschläge zur Aufwertung der rund 4 Stadt Weiden i.d. OPf., Presse, Roswitha Ruidisch 97 ha, um die Ansiedlung weiterer charak- Dr.-Pfleger-Straße 15, 92637 Weiden in der Oberpfalz Fon 0961/81-1302, www.weiden.de/stadt/buerger teristischer Auwaldarten zu fördern. (mb) entscheid-am-14022021/rechtliche-hinweise NABU Sachsen, Büro Lebendige Luppe, Dr. Karolin 4 Tischer, Michael-Kazmierczak-Str. 25 04157 Leipzig EICHSTÄTT – Donaupolder. Der Bund NaFon 0341/86967550, tischer@NABU-Sachsen.de turschutz sieht in der ausgeschiedenen Vainfo@lebendige-luppe.de, www.lebendige-luppe.de riante 2 den einzigen „raumverträglichen“. NECKAR-ALB – Regio-Stadtbahn. Das be- Die geplanten Varianten gesteuerter Flutpolreits begonnene Modul 1 hat das Land per der in der Gemeinde Großmehring würden „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ bezu- wertvolle Schutzgebiete und deren Arten schusst, in der Hoffnung auf bessere Förder- stark schädigen. Der Freistaat setze mit dem konditionen des Bundes. Für etwa 122 Mio. Polderprogramm falsche Schwerpunkte auf Euro Gesamtkosten wurden bzw. werden die technische Maßnahmen und handele EUErmstalbahn zwischen Metzingen und Bad Naturschutzvorgaben zuwider. Stattdessen Urach sowie die Ammertalbahn zwischen sei ein Gesamtkonzept für die Donau von Tübingen und Herrenberg elektrifiziert und Ulm bis Passau nötig, in dem alle Möglichausgebaut sowie neue Haltepunkte errichtet. keiten für den natürlichen Hochwasserschutz Bund und Land haben dazu 95 Mio. Euro in den Auen aufgezeigt würden. (mb) nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungs- 4 BN in Bayern e.V., Geschäftsst. München, Annemarie gesetz (GVFG) beigesteuert. Im Gesamt- Räder, Pettenkofer Str. 10a, 80336München, Fon 089/ vorhaben sollen noch die Innenstädte von 548301-14, annemarie.raeder@bund-naturschutz.de www.bund-naturschutz.de Tübingen und Reutlingen mit der Region Neckar-Alb durch neue Straßenbahntras- KREIS LANDSHUT – Regio-Gemeindesen verknüpft werden, die für umsteigefreie werk. Bayern will mit dem ersten „virtuellen Fahrten wiederum an den Bahnhöfen an die Gemeindewerk“ untersuchen, wie ländliche Eisenbahnstrecken anschließen. Außerdem Gemeinden ein „Stadtwerk für die Region“ sollen die Zollern-Alb-Bahn, die Killertal- gründen und interkommunal betreiben könbahn und die Talgangbahn elektrifiziert wer- nen. Mit Unterstützung aller 35 Bürgermeiden. Dank neuer Fördersätze halbierten sich ster werde man Kosten und Risiken minimienun die Kosten für die beteiligten Kommu- ren und das Wertschöpfungspotenzial für die nen, so Verkehrsminister Hermann. (mb) Bürger steigern. Überdies gewinne man mit Landratsamt Reutlingen, Nachhaltige Entwick4 einem virtuellen Gemeindewerk auch die Holung, Amtsleiterin Gabriele Queisser, Haydnstr. 5-7 heit über die benötigten Datenströme. (mb) 72766 Reutlingen, Fon 07121/480-3300, Fax -1834 regionalwerke GmbH & Co. KG, GF Andreas Engl nachhaltige-entwicklung@kreis-reutlingen.de 4 www.kreis-reutlingen.de/rsb und www.regional-stadtbahn.de

Hauptstr. 59, 84155 Bodenkirchen, Fon 08745/964748-0 info@regionalwerke.com, www.regionalwerke.com

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AUS UNTERNEHMEN UND FORSCHUNG +++

Floating Solar. Die derzeit größte praxisgerechte Übersicht über entsprechende +++ Radpendeln im Alltag. Seit 2012 schwimmende PV-Anlage in NRW leistet verfügbare und angekündigte E-LKW aus, unterstützt die Initiative Rad-Kultur des Ver750 kWp und ankert auf dem Baggersee der ebenso ihre technische Eignung fürs jewei- kehrsministeriums Ba-Wü Unternehmen auf Hülskensgruppe in Vorselaer bei Weeze. Drei lige betriebliche Nutzungsprofil sowie eine dem Weg zum fahrradfreundlichen Betrieb. Viertel der Strommenge von 637 500 kWh umfassende Aufstellung über die jeweiligen Radpendeln hat viele positive Effekte: Es übers Jahr werden an den Werktagen vom Anschaffungs- und Betriebskosten, CO2- fördert die Bewegung im Alltag, vermeidet Kieswerk für den Betrieb der Saugbagger und Emissionen und andere Umweltauswir- Staus und entlastet die Umwelt von AutoabSiebmaschinen verbraucht. An den Wochen- kungen. Zur Berechnung wird auch staatli- gasen. Rad-Kultur unterstützt im Südwesten enden wird der Solarstrom gegen Einspeise- ches Fördergeld einbezogen. Zudem zeige seit 2017 die Aktion Stadtradeln des Klimavergütung ins Netz abgegeben. Das Kieswerk das Tool Akku-Lademöglichkeiten auf dem Bündnis: 2020 haben im Ländle fast 100 000 soll so mit dem eigenen Solarstrom knapp die eigenen Gelände oder bei Dritten an, erklärt Radfahrer aus 350 Kommunen 23 Millionen Hälfte seines jährlichen Bedarfs von rund 1,3 Projektleiter Julius Jöhrens. Die vom Ifeu vor- Radkilometer gesammelt – ein neuer Rekord. Mio. kWh/a decken können. Laut der Ener- eingestellten Werte werden von dem selbst- Den dritten Platz in Stuttgart belegte die Langieagentur NRW soll sich das knapp 900 000 lernenden System durch die Erfahrungswerte desbank Baden-Württemberg (LBBW). Nun Euro teure Projekt bereits nach sechs Jahren der einzelnen Nutzer ersetzt. (mb) wird dort ein Radservice-Punkt von Radamortisieren. Nach gut 20 Jahren Betrieb 4 Anmeldung zum Tool unter www.my-eroads.de Kultur eingerichtet. Dort können Mitarbeiter werde der wirtschaftliche Vorteil der Anlage 4 ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung kleinere Reparaturen an ihren Rädern erleHeidelberg gGmbH, Projektleiter Julius Jöhrens mehr als eine Million Euro betragen. digen. Die LBBW hofft, damit einen Anreiz 3, 69120 Heidelberg, Fon 06221/4767-45 Die von der Hülskensgruppe entwickelte Wilckensstr. fürs tägliche Radpendeln zu schaffen. Indes julius.joehrens@ifeu.de, www.ifeu.de/ schwimmende Unterkonstruktion der 40 x hat die Sparkasse Hegau-Bodensee ein rotes 120 m messenden Anlage besteht aus 12 m +++ Kennzeichnungspflicht von Lebens- Dienst-Pedelec angeschafft. Auf dem Firlangen Auftriebselementen aus Stahl, auf mitteln gilt auch für Online-Händler. Dies mengelände hat Rad-Kultur zum Testen für denen Träger sitzen, die sie miteinander ver- entschied das Oberlandesgericht München bis zu sechs Wochen weitere fünf Pedelecs binden. Auf denen wiederum wurden die am 18. Februar in zweiter Instanz gegen die mit Abstell- und Ladeinfrastruktur zur VerTragprofile mit 1 872 Solarmodulen mit einer Berufung des Lieferdienstes „Amazon Fresh“ fügung gestellt. Die Belegschaft kann die Rä10-Grad-Neigung in Ost- und Westrichtung und auf Klage der Organisation Foodwatch. der über eine App buchen. Inbegriffen sind verschraubt. Hätte man die Module südwärts Der Onlinehändler hatte für Obst und Ge- auch Rad-Check-Termine mit Profis, die die aufgeständert, wäre es zu Verschattungen müse bis zu 13 mögliche Herkunftsländer Räder der Belegschaft auf Verkehrssicherheit gekommen. Fünf Felder sind so zu einer angegeben, statt pflichtgemäß die Herkunft prüfen und kleine Mängel beheben. (mb) stabilen, begehbaren Einheit verschraubt. konkret zu benennen – ein Verstoß gegen 4 www.radkultur-bw.de/unternehmen Zudem sei die Unterkonstruktion leicht europäisches Recht. Foodwatch hatte den 4 www.radkultur-bw.de/stadtradeln nachzujustieren und recycelbar. Die Module Amazon-Konzern deswegen bereits im März hat der Neusser Projektierer Rheinland Solar 2018 zunächst abgemahnt und dann Klage +++ VW recycelt Fahrzeugbatterien. geliefert und auch die Netzanbindung und beim Landgericht München eingereicht. Seit Ende Januar hat die Volkswagen Group Direktvermarktung übernommen. Dank Die Verbraucherschützer dringen bei der Components in Salzgitter ihre Pilotanlage der Kühlwirkung des Wassers als Unterlage Bundesregierung darauf, die bislang kommu- zur Verwertung von Fahrzeugbatterien in sind höherer Erträge zu erwarten als bei ei- nal organisierte Lebensmittelüberwachung Betrieb. Das auf eine Kapazität von jährlich ner Dachanlage. Die Energieagentur NRW zu reformieren und auf den Bund zu über- bis zu 3 600 Batteriesystemen (ca. 1 500 t) ausschätzt, dass es allein in NRW so viele Bag- tragen – etwa ans Bundesamt für Lebensmit- gelegte Werk soll die Rückgewinnung wertgerseen gibt, dass sie ohne weiteren Landver- telsicherheit (BVL). Die kommunale Lebens- voller Rohmaterialien im Industriemaßstab brauch gut 10 GWp an Ausbaupotenzial für mittelüberwachung sei mit der Kontrolle der demonstrieren. Der Konzern will Lithium, die Photovoltaik liefern können. (mb) oft global agierenden Handelskonzerne über- Nickel, Mangan und Kobalt im geschlos EnergieAgentur.NRW, Leiter PV, Carl-Georg von 4 fordert, erst recht mit dem Onlinehandel, ar- senen Kreislauf sowie Aluminium, Kupfer Buquoy, Roßstr. 92, 40476 Düsseldorf, Fon 0211/ gumentiert Foodwatch. Dies offenbarten bei- und Kunststoffe mit einer Wiederverwer86642249, buquoy@energieagentur.nrw spielsweise die Vollzugsdefizite beim Schutz tungsquote von mehr als 90 Prozent in die Hülskens Wasserbau GmbH & Co. KG, GF Thomas 4 Groß, Michael Wilms, Hafenstr. 3, 46483 Wesel der Verbraucher vor Täuschung, wie im Fall Werkstoffverarbeitung zurückbringen. Fon 0281/204-230, Fax -204, wasserbau@huelskens. Das Besondere der Anlage sei, dass man nur der bayerischen Großmolkerei Hochland, die de, https://huelskens-wasserbau.de/de/news.html ihren „Grünländer“-Biokäse von Kühen aus Batterien rezykliere, die nicht mehr nutzbar Rheinland Solar, GF Oliver Loritz, Welserstr. 8 4 Stallhaltung „von Freilaufkühen“ beworben seien. Dazu prüfe man vor dem Recyclingpro41468 Neuss, Fon 02131/595-280, Fax -2810, info@ rheinland-solar.de, www.rheinlandsolar.de hatte. Das zuständige Landratsamt in Lindau zess, ob die Batterien noch für mobile Speihatte sich auf die Meldung von Foodwatch cher taugten, etwa flexible Schnellladesäu+++ Online-Beratung: Rechnet sich ein hin geweigert, gegen die Werbelüge vorzuge- len oder Laderoboter. Der Prozess im Werk Elektro-LKW in der Flotte? Mit dem vom hen und seine Untätigkeit u.a. mit den Kla- kommt laut der VW AG ohne energetisch Heidelberger Ifeu-Institut entwickelten Beragemöglichkeiten des Verbandes im Rahmen aufwändiges Einschmelzen im Hochofen aus: tungstool „My eRoads“ können Praktiker der des Wettbewerbsrechts begründet. Dies aber Angelieferte Batterien werden zunächst tief Transportbranche prüfen, wie ein E-LKW könnten Verbraucherschutzorganisationen entladen und demontiert, dann die Einzelteile im Vergleich zum vorhandenen Dieselfahrund Wettbewerbsverbände in den unzähli- geschreddert und zu Granulat zerrieben. Die zeug im Firmenfuhrpark abschneidet. Auf gen Fällen von Werbelügen im Supermarkt Wertstoffe werden dann bei Partnerfirmen Basis einer Datenbank mit allen relevanten gar nicht leisten, so Foodwatch. Verbraucher- mit hydrometallurgischen Verfahren herausLKW im Markt geben die Nutzer also Typ, getrennt und aufbereitet. (mb) schutz sei Aufgabe der Prüfbehörden. (mb) Aufbau (Pritsche, Koffer, Kühlaufbau) und VW AG, Kommunikation Innovation, Technology & foodwatch e.V., Dario Samardi, Brunnenstr. 181 4 4 das Nutzungsprofil eines vorhandenen Die- 10119 Berlin, Fon 030/240 476 -290, Fax -26 Design, Jens Bobsien, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg selfahrzeugs ein. „My eRoads“ gibt dann eine presse@foodwatch.de, www.foodwatch.de/ Fon 05361/9-32529, jens.bobsien@volkswagen.de

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März 2021


BEST PRACTICE Energie-Kommune

Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) hat Trendelburg in Hessen nach 2009 (Juni) nun zum zweiten Mal als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet. Der Grund: Die kleine Stadt mit 4 900 Einwohnern im Landkreis Kassel zeige, so die AEE, wie kontinuierliches Engagement für die Energiewende geht. Damals wie heute setzt die Kommune auf Biogas, Solar- und Wasserkraft, vor allem aber auf Windenergie: 2018 wurde nicht nur ein neuer Windpark in Betrieb genommen, auch die Pionieranlagen am Eselsberg, die 1998 an den Start gingen, hat man nach der ausgelaufenen EEG-Förderung durch Verkauf an Naturstrom vom Rückbau bewahrt. Dieses Jahr will man ein weiteres Großprojekt umsetzen. VON MARKUS SCHREIBER

I

n Kooperation mit anderen Kommunen und der Energieagentur des Landkreises Kassels, Energie 2000 e.V., bindet die Stadt Trendelburg ihre Bürger mit ein und beteiligt sie an der Energiewende. Ein wichtiges Anliegen für die Verwaltung, weswegen man möglichst frühzeitig über geplante Projekte und deren Umsetzungsstand informiert. Energie 2000 e.V. wurde 1997 als regionale Energieagentur mit Sitz in Wolfhagen gegründet. Der Verein beteiligt sich noch bis 2022 am bundesweit geförderten Projekt „Stromspar-Check Aktiv“. Ziel ist es, einkommensschwache Haushalte über mögliche Energiesparmaßnahmen zu informieren und selbst zum Sparen zu bringen. Dabei werden neue Geräte, die beim Strom- und Wassersparen helfen, kostenlos erstattet. Aktuell prüft Trendelburg gemeinsam mit Energie 2000 e.V. die Möglichkeit der Umsetzung eines Nahwärmeprojektes in der Kernstadt: Die Grundschule sowie deren Turnhalle benötigen eine neue Heizungsanlage. Beide Gebäude sowie weitere kommunale Liegenschaften wie Feuerwehr, Kulturhalle, Freibad und ein Mietwohnungskomplex könnte die Stadt durch ein Nahwärmenetz miteinander verbinden.

Alte Mühlen leben länger

Technisch ist Trendelburg breit aufgestellt. Die Stadt verfügt über Bioenergie und unterstützt den Ausbau der Solarenergie durchs Verpachten ihrer kommunalen Dächer. Der mit Abstand größte Teil ihrer Erzeugungskapazität entfällt aber auf die Windenergie. Mit dem Auslaufen der 20-jährigen EEG-Förderung 2021 bricht für viele ältere Windparks eine neue Ära an. Die Zukunft des Bürgerwindparks am Eselsberg war zunächst ungeMärz 2021

Foto: Naturstrom AG

Pioniere im Glück, Planer mit Gegenwind

Bürgerwindpark Eselsberg in Nordhessen. Die sieben Rotoren ließen 28 Privatleute aus Trendelburg und Umgebung errichten. Nun hat sie Naturstrom übernommen.

wiss. Bis dann Ökoenergieversorger Naturstrom die Windräder 2019 übernahm und nun fünf Anlagen auf dem Eselsberg weiterbetreibt. Zwei weitere Altanlagen wurden rückgebaut und durch eine modernere ersetzt. Der Windpark erzeugt nun 4,6 Mio. kWh pro Jahr, was dem Jahresbedarf von 1 400 Dreipersonenhaushalten entspricht. Seit 2018 unterstützt ein weiterer Windpark in der Gemeinde die lokale Wirtschaft und Energieerzeugung. Sieben Anlagen stellen Strom für mehr als 30 000 Menschen zur Verfügung. Die in einem Wirtschaftswald aufgestellten Windkrafttürme profitieren dabei vom vorhandenen Wegenetz für die Kabeltrassen. Forstarbeiten, die zur Installation der Anlagen notwendig waren, unterlagen strengen Auflagen zur Schonung des Baumbestandes. Ältere Bestände wurden bei der Standortwahl weitgehend ausgeklammert.

Geplante Windräder im Naturpark

Ähnliche Sicherheitsvorkehrungen will man nun im geplanten Windpark Reinhardswald anwenden. Dort sollen dieses Jahr 20 Windräder mit je 5,6 MW Nennleistung naturschonend im Wirtschaftswald aufgestellt werden. Überbaute Flächen kommen dem Naturpark Reinhardswald zugute: Dort werden die gefällten Nadelbäume durch Mischwald ersetzt. So soll nicht nur ein 112-MWWindpark entstehen, sondern die vielfältige Natur des Märchenwaldes in Nordhessen für Anwohner und Besucher der Region erhalten bleiben. Dieser hatte in den vergangenen Jahren massiv unterm Klimawandel gelitten. Der Windpark wird getragen von der Energiegenossenschaft Reinhardswald (EGR), an der Trendelburg und weitere Anrainerkommunen beteiligt sind. Die EGR würde es

den Anwohnern ermöglichen, sich über einen Sparbrief bei den regionalen Banken am Projekt zu beteiligen. Damit soll sichergestellt sein, dass die Wertschöpfung sowie die Kontrolle über den Park in der Region bleiben.

Bürgerbegehren gegen Windpark

Seit Planungsbeginn äußert sich aber starke Kritik am Windpark. Zwei Bürgerbegehren haben zum Ziel, den Bau der Windenergieanlagen im Reinhardswald zu stoppen. Das erste erhielt 1 000 Stimmen und sieht vor, den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aufzuheben, ein Darlehen für die EGR über 620 000 Euro zu gewähren. Mit 900 Stimmen will das zweite Begehren erreichen, dass Trendelburg aus der EGR austritt. Für einen Bürgerentscheid wären pro Begehren nur 440 Stimmen nötig gewesen. Ökostrom kommt in der Kommune auch nicht ausschließlich aus der Windenergie. Im vergangenen Jahr konnte bei einem der größten Energieverbraucher, der Metallgießerei Günter Friedrich, eine Freiflächenphotovoltaikanlage in Betrieb genommen werden, die rund eine Million kWh Strom pro Jahr produziert. Die Kommune prüft, inwieweit sie im Rahmen einer Fuhrparkerneuerung Elektrofahrzeuge einsetzen kann und nahm an einer Modellstudie der Universität Kassel zur Mobilitätswende im ländlichen Raum teil. Genauso wie am Wettbewerb #mobilwandel2035, der beste Ideen prämiert. Und schließlich will man den Energieverbrauch durch das Sanieren kommunaler Gebäude und neue Heizungsanlagen weiter reduzieren. Stadt Trendelburg, FB III, Planung, Bau, Umwelt 4 Leitung, Patrick Pfeiffer, Marktplatz 1, 34388 Trendelburg, Fon 05675/749916, patrick.pfeiffer@ trendelburg.de, https://www.trendelburg.de

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INTERVIEW Fortschrittliche Abwasserbeseitigung in Deutschland

„Gar nicht so teuer, wie man denkt“ Nur wenige kommunale und industrielle Kläranlagen arbeiten bisher mit einer vierten Reinigungsstufe. Doch nur mit ihr kann eine Belastung von unserem Grund- und Trinkwasser durch unerwünschte Schadstoffe aus Krankenhäusern, Praxen, Medikamenten oder Kosmetik verhindert werden, meint Thomas Ternes von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG).

Lassen sich in den klassischen dreistufigen Anlagen organische Spurenstoffe nicht zurückhalten? Einige ja. Doch das reicht bei weitem nicht. Es wäre extrem wichtig, die Spurenstoffe möglichst vollständig zu entfernen, da sie sich teilweise auf die Organismen in den Flüssen negativ auswirken sowie die Grundwasserund die Trinkwasserqualität beeinträchtigen. Forschungsergebnisse zeigen, dass ohne eine verbesserte Abwasserreinigung der Rückgang der biologischen Vielfalt in vielen Bächen und Flüssen nicht umkehrbar ist.

Foto: BfG

Um wie viele Stoffe handelt es sich? Um eine Vielzahl, zehntausend und mehr.

Thomas Ternes, Jahrgang 1963, leitet die Abteilung „Qualitative Gewässerkunde“ an der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblemz. Der Diplomchemiker hat in Mainz studiert, dort promoviert und sich 2001 habilitiert.

Kontakt: Bundesanstalt für Gewässerkunde 4

Abteilung G – Qualitative Gewässerkunde Prof. Dr. Thomas Ternes Am Mainzer Tor 1, 56068 Koblenz Fon 0261/1306-5560 Fax 0261/1306-5363 ternes@bafg.de https://www.bafg.de/

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err Ternes, warum sollten Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet werden? Die vierte Stufe ist essenziell, um eine große Anzahl an Spurenstoffen zu entfernen. Die heute üblichen Anlagen wurden hauptsächlich zur Entfernung von Feststoffen, leicht abbaubaren Kohlenstoff-Verbindungen, Stickstoff und Phosphat konzipiert.

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Bitte ein Beispiel! Da sind etwa die Wirkstoffe von Arzneimitteln, die in beträchtlichen Mengen eingenommen werden, und deren Transformationsprodukte. Wirkstoffe wie das Schmerzmittel Ibuprofen oder das Antidiabetikum Metformin werden in Deutschland jährlich zu mehr als tausend Tonnen verabreicht. Um die aus dem Abwasser zu klären, werden für die vierte Reinigungsstufe zwei Methoden favorisiert, der Einsatz von Aktivkohle und die Ozonung. Ja, beide haben Vor- und Nachteile. Bei der Aktivkohle unterscheidet man die Anwendung gemahlener Pulverkohle, die meist in separate Becken nach der biologischen Behandlung zudosiert und nach Sedimentation abfiltriert wird. Oder man nimmt große Filter, die mit granulierter Aktivkohle gefüllt sind. Beide Verfahren entfernen Spurenstoffe durch Sorption, also durch Anhaftung, da Aktivkohle eine sehr große innere Oberfläche mit vielen Sorptionsplätzen besitzt. Die mit Spurenstoffen beladene Aktivkohle der Filter kann thermisch reaktiviert werden, sodass die Aktivkohle wiederverwendet werden kann. Hingegen landet die Pulverkohle samt Spurenstoffen mit dem Klärschlamm im Faulturm, wo die Spurenstoffe unter Ausschluss von Sauerstoff weiter abgebaut werden. Und welche Nachteile hat die Aktivkohle? Verbindungen mit extrem hoher Polarität wie iodierte Röntgenkontrastmittel werden

nicht gut zurückgehalten. Nachteilig ist auch, dass bei der thermischen Herstellung der Aktivkohle viel Energie verbraucht wird. Dem steht aber oft ein erhebliches Potenzial zum Energiesparen in den Kläranlagen gegenüber. Wie funktioniert die Ozonbehandlung? Die Ozonung oxidiert Spurenstoffe, die chemische Gruppen erhöhter Elektronendichte besitzen. Dazu zählen etwa das Schmerzmittel Diclofenac oder das Antidiabetikum Sitagliptin. Zudem kann die Ozonung auch Krankheitserreger im Abwasser inaktivieren. Hat diese Behandlung Nachteile? Es bilden sich viele Transformationsprodukte, deren Giftigkeit wir nicht kennen. Daher bedarf das Abwasser einer Nachbehandlung durch Aktivkohle- oder Sandfilter. Danach ist mit biologischen Testverfahren meist keine oder nur geringe Toxizität nachweisbar. Ohne Nachbehandlung würde ich Ozonung nicht empfehlen. Auch benötigt die Ozonhestellung relativ viel elektrische Energie. Lassen sich beide Verfahren hintereinanderschalten? Ja, und das halte ich für sinnvoll. So lassen sich gut sorbierbare und gut oxidierbare Substanzen entfernen. Die Zahl an Stoffen, die entfernt werden, ist daher deutlich höher, als wenn diese Verfahren allein eingesetzt werden. Die Ozonung erhöht zudem die Wasserlöslichkeit vieler Stoffe. Dies wiederum verlängert die Nutzungsdauer nachgeschalteter Aktivkohlefilter. Hinzu kommt, dass die Filter auch anorganische Stickstoff- und Phosphor-Verbindungen abfangen. Fallen die erwähnten iodierten Röntgenkontrastmittel durch beide Raster? Ja, Röntgenkontrastmittel wie Iopamidol sind weder mit Ozonung noch durch Aktivkohle vollständig entfernbar. Da man sie nicht ganz vermeiden oder ersetzen kann, sind für solche Substanzen Maßnahmen sinnvoll, die direkt nach der Anwendung ansetzen. Was meinen Sie damit genau? Der Urin der Patienten muss für 24 Stunden durch Urinbeutel gesammelt und dann separat entsorgt werden. Deren Umsetzungsmöglichkeit wird derzeit am runden Tisch der Bundesregierung zur Spurenstoffstrategie erörtert. Zudem steht Iopamidol im Verdacht, bei einer Desinfektion mit hohen Chlordosen genotoxische Desinfektionsnebenprodukte zu bilden.

März 2021


Für welche Kläranlagen wäre denn die vierte Reinigungsstufe sinnvoll? Für Kläranlagen an Flüssen, die gleichzeitig der Trinkwassergewinnung per Uferfiltrat dienen, oder an kleineren Flüssen, die abwasserbedingt Defizite bei der Biodiverstät haben, etwa wegen eines höheren Anteils an gereinigtem Abwasser. Große und mittelgroße Kläranlagen sollten generell mit der vierten Reinigungsstufe ausgestattet werden, um die Gesamtfracht der in die Umwelt emittierten Spurenstoffe deutlich zu verringern. An großen Flüssen wird das Abwasser aber doch schnell verdünnt. Nicht immer. Eine Abwasserfahne kann über eine längere Distanz am Uferbereich entlangfließen, ohne dass sie sich vollständig mit dem Wasserkörper durchmischt. So ist nach meiner Kenntnis die Einleitung der Kläranlage Mainz in den Rhein erst 30 km flussabwärts bei Bingerbrück richtig durchmischt. Betrifft das nur den Rhein? Nein, das betrifft alle Flüsse, bei denen Abwasser im Uferbereich eingeleitet wird und im nachfolgenden Gewässerabschnitt kaum turbulente Strömungen auftreten. Hierzu zählen Gewässerabschnitte von allen größeren Flüssen wie Rhein, Elbe oder Donau. Sollten denn die meisten der mehr als 9 500 Klärwerke nachgerüstet werden? Nein, es geht in erster Linie um größere Anlagen, da diese die größte Mengen an Spurenstoffen emittieren. Zu überlegen wäre, ob sich kleinere ländliche Kläranlagen zusammenlegen lassen. Diese leiten gereinigtes Abwasser häufig in kleine Bäche oder Flüsse, sodass deren Anteil recht hoch ist. Zudem sind die Kosten zur Einführung der vierten Stufe bei größeren Kläranlagen deutlich geringer als bei kleineren. Zu bedenken ist auch, dass zusätzliches Fachpersonal erforderlich ist. Wie steht es um industrielle Einleiter? Hier gilt generell das Gleiche: Auch bei der Industrie fehlt in vielen Kläranlagen eine vierte Reinigungsstufe. Hier ist es aber durch die Vorbehandlung von Abwasserteilströmen oder andere Vermeidungsmaßnahmen möglich, dass toxische Spurenstoffe gar nicht erst in die Kläranlage gelangen. Welche Erfahrungen haben die Pilotanlagen mit der vierten Stufe bisher gemacht? Generell sehr positiv. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kombination von Ozonung und granulierter Aktivkohle die meisten bekannten Spurenstoffe entfernt. Auch gelöste organische Stoffe, gemessen über den DOC-Wert, konnten in einer unserer Pilotstudien um die Hälfte von 10 auf 5 mg/l gesenkt werden. März 2021

Foto: EBS Mannhein/M. Schumann

INTERVIEW

Pulveraktivkohleanlage im Klärwerk Mannheim. Die Gesamtkosten betrugen 6,8 Mio. Euro.

Das heißt, die Fracht an Spurenstoffen wird nur zur Hälfte reduziert? Der Parameter DOC erfasst überwiegend natürliche Abbauprodukte von Fäkalien oder Bakterien. Spurenstoffe sind nur zum kleinen Prozentsatz im DOC enthalten und werden vermutlich zu einem deutlich höheren Anteil entfernt. Von den von uns analysierten Spurenstoffen wie Schmerzmittel, Bioziden oder Antibiotika waren in der Pilotstudie rund 90 Prozent nicht mehr nachweisbar.

„Dort wo die vierte Stufe eingeführt wurde, funktioniert sie, etwa in Steinhäule bei Ulm.“ Wovon hängt der Erfolg ab? Die Effizienz hängt vom Abwasser, der Ozondosis und der Menge beziehungsweise der Laufzeit der Aktivkohle ab, ist also für jede Kläranlage gesondert zu betrachten. Doch dort, wo die vierte Stufe eingeführt wurde, funktioniert sie, etwa in Steinhäule bei Ulm. Was kostet die zusätzliche Reinigung? Sie ist gar nicht so teuer, wie man denkt. Die Investitionskosten sind meines Erachtens überschaubar. Hinzu kommen die Betriebskosten. Nach den Erfahrungen BadenWürttembergs liegen die jährlichen Kosten je Einwohnerwert zwischen 2,90 und 7,80 Euro. In der Regel gilt die Faustregel: je größer die Kläranlage, umso kostengünstiger wird es. Und die Gesamtsumme? Wir reden da schon über Beträge in Milliardenhöhe, sollten dabei aber berücksichtigen, dass die gesamten jährlichen kommunalen Abwassergebühren im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Zudem kann die Investition über mindestens 20 Jahre abgeschrieben werden. Ich erachte die Kosten daher für absolut vertretbar, denn wir schützen unsere Flüsse sowie unser Grundwasser, und wir sparen, wenn wir weniger für die Trinkwasseraufbereitung zahlen. Es sind erst wenige. Wer sträubt sich? Nicht die Betriebsleiter, die würden die neue Technik gerne etablieren. Bedenken haben

die meisten Kommunen und Bundesländer. Sie glauben, dass die Gebührenzahler, also wir Bürger und das Gewerbe eine Kostenerhöhung nicht akzeptieren. Dabei erfahren die bisher ausgebauten Kläranlagen eine große Unterstützung in der Bevölkerung. Kann öffentliche Aufmerksamkeit helfen? Ja. Ein Beispiel: Die über Kläranlagen einer Firma eingetragenen Phosphonium-Verbindungen sind im Rhein kaum noch nachweisbar, nachdem die Bundesanstalt für Gewässerkunde deren Vorkommen veröffentlicht hat. Hierbei ist zu vermuten, dass das der Firma nicht bekannt war, und dass sie durch unsere Publikation darauf aufmerksam wurde. In der Schweiz hilft eine Abwasserabgabe. Was halten Sie davon? Viel. Dort erhebt der Bund seit 2016 eine Abwasserabgabe von jährlich neun Schweizer Franken pro angeschlossenen Einwohner. Damit werden Beiträge für die Erstinvestitionen finanziert. Hat eine Kläranlage entsprechende Maßnahmen getroffen, ist sie davon befreit. Damit werden vierte Reinigungsstufen mitfinanziert. Dies ist ein gangbarer Weg und eine sinnvolle Investition für die Zukunft. Sollten Verursacher, also auch Hersteller von Chemikalien, sich beteiligen? Das wäre schwierig. Die meisten Spurenstoffe sind chemisch nicht charakterisiert und ihre toxische Wirkung ist unbekannt. Zudem sind die Verursacher kaum zuzuordnen, weil nahezu alle Lebensbereiche vom Hersteller bis zum Verbraucher an dieser problematischen Fracht beteiligt sind. So nutzen wir alle Kosmetika und Arzneimittel, erzeugen Abrieb durch Reifen und vieles mehr. Doch auf der Verursacherseite den Eintrag zu senken, ist doch wohl sinnvoll. Ja, das würde sehr helfen und sollte auch zusätzlich zur vierten Reinigungsstufe geschehen. Langfristiges Ziel muss es natürlich sein, umweltgefährdende Stoffe durch staatliche Regelungen erst gar nicht in den Wasserkreislauf gelangen zu lassen. Auch niedrigere Eintragsmengen etwa durch Änderungen des Verbraucherverhaltens sind unterstützend. INTERVIEW: RALPH H. AHRENS

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TRENDS Biofach

Im vergangenen Jahr ist der Umsatz mit Biolebensmitteln so stark angestiegen wie noch nie. Denn mit der Coronapandemie ist auch das Bedürfnis der Menschen gewachsen, sich gesund zu ernähren. Doch während der Markt boomt, wächst die Zahl der auf Ökolandbau umstellenden Betriebe deutlich langsamer – trotz aller Beschwörungen des 20-Prozent-Bio-Ziels durch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Ihre Politik ist allerdings nicht nur bei den Bios unten durch. VON LEO FRÜHSCHÜTZ

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Foto: BLE, Bonn /Nina Weiler

Wachsen in der Pandemie

Sehr dynamische Entwicklung: Unverpackt-Ladner Jens-Peter Wedlich vor seinem Stuttgarter Bioladen „Schüttgut“, den er seit mehr als vier Jahren betreibt.

ie Leitmesse Biofach fand dieses Jahr nicht wie sonst analog in Nürnberg, sondern als digitale Ausgabe im Netz statt. Zahlen gab es trotzdem reichlich: In Deutschland stieg 2020 der mit Biolebensmitteln erzielte Umsatz um 22,3 Prozent auf 14,99 Mrd. Euro. Damit war 2020 das erfolgreichste Jahr für die Biobranche, nachdem es bereits in den vergangennen Jahren deutliche Zuwächse gegeben hatte. 60 Prozent des BioUmsatzes entfielen auf den Lebensmitteleinzelhandel, wobei sich Lebensmittelvollsortimenter stärker entwickelten als Discounter. Die Agrarmarkt Informationsgesellschaft AMI erklärt das mit dem coronabedingten Wunsch der Verbraucher, ihre Einkäufe in möglichst wenigen Geschäften zu erledigen. Das zeigte sich auch im Biofachhandel, der um 16 Prozent zulegte – mit deutlich weniger Kunden als 2019, die dafür aber mehr einkauften. Der Anteil der Fachhändler am gesamten Biokuchen sank leicht auf ein Viertel. Die restlichen 15 Prozent des Bio-Umsatzes teilten sich Bäcker, Metzger, Direktvermarkter, Reformhäuser und Versender. Hier waren es vor allem Hofläden, Abokisten und Online-Versender, die starke Zuwächse verzeichneten. „Viele Lieferdienste stießen schon im Frühjahr an ihre Kapazitätsgrenzen und konnten keine neue Kundschaft mehr aufnehmen“, schreibt die AMI.

Die Zahl der Biobauern stieg nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren: 1 303 zusätzliche Ökobetriebe und 84  930 ha mehr Fläche meldet der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Insgesamt bewirtschafteten Ende 2020 in Deutschland gut 35 400 Biobetriebe 1,7 Mio. ha Fläche. Das entspricht einem Achtel aller Betriebe und einem Zehntel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Um das amtliche Ziel von 20 Prozent Ökolandfläche 2030 zu erreichen, müsste sich die vorhandene Biofläche binnen zehn Jahren fast verdoppeln. Dazu bräuchte es eine jährliche Steigerungsrate von sieben Prozent und damit mehr Wachstum als die 5,3 Prozent 2020. Noch sind diese Zahlen vorläufig; die amtliche Statistik wird erst im Sommer veröffentlicht. „Damit in Zukunft genügend Unternehmen die Bio-Chance nutzen können,“, kommentiert BÖLW-Vorsitzende Felix Löwenstein, „muss die Politik die Signale entschieden auf Nachhaltigkeit stellen.“ Dafür müssten vom Bauernverband bis zur Bundesministerin alle Verantwortlichen „den Bäuerinnen und Bauern sowie der gesamten Wertschöpfungskette Mut für neue Wege machen und diese auch entsprechend politisch bahnen mit allen verfügbaren Stellschrauben“, sagt Löwenstein.

Jeder achte Hof ist Bio

Die Bio- und Umweltverbände setzen längst keine Hoffnung mehr in die Bundesagrarministerin. Bioland-Sprecher Gerald Wehde erinnert daran, dass vor 20 Jahren der Begriff Agrarwende erstmals auftauchte: in der Regierungserklärung der damals frisch gekürten grünen Landwirtschaftsministerin Renate Künast. Doch auf deren Erfolge seien 15 Jahre Unionspolitik gefolgt, „in denen der Umbau der Landwirtschaft nicht vorangetrieben, sondern blockiert wurde“, so Wehde: „Taktgeber waren der Bauernverband und die Lobby der Agrarindustrie“.

Auch in anderen Ländern wuchs der BioUmsatz. Die Europäer gaben 2019 rund acht Prozent mehr Geld für Bio aus als im Vorjahr, insgesamt waren es 45 Mrd. Euro. Damit lag die EU gleichauf mit den USA, deren Bio-Umsatz 2019 das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) mit 44,7 Mrd. Euro bezifferte. Weltweit gaben die Menschen 106 Mrd. Euro für Biolebensmittel aus. Erste Zahlen aus 2020 zeigen für andere Länder ähnlich starke Zunahmen wie in Deutschland.

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Wo bleibt die Wende?

Die Bio-Zahlen seien in den letzten fünf Jahren nicht wegen, sondern trotz der Bundespolitik gewachsen. „Agrarwende lostreten“ hieß das Motto der traditionellen Wirhaben-es satt!-Demo, die im Januar in Form von 10 000 kreativ gestalteten Fußabdrücken stattfand (s. UB-Titel Feb´21). Aus Sicht der Kampagnen-Sprecherin Saskia Richartz hat es Julia Klöckner versäumt, bei den von ihr geleiteten Beratungen der EU-Agrarminister über die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) die Weichen in Richtung Nachhaltigkeit zu stellen und die Subventionspolitik der EU zu ändern. Die Minister einigten sich im November 2020 darauf, flächenbezogene Subventionen beizubehalten und nur 20 Prozent des Geldes in Eco-Schemes genannte Umweltprogramme zu verschieben – nach einer Probephase von zwei Jahren. Während Julia Klöckner vom „Meilenstein“ spricht, kritisiert Naturland den Beschluss als „Verrat am Umwelt- und Klimaschutz“. Ein Rückschlag für den Umwelt- und Tierschutz seien die Ergebnisse, sagt auch DNR-Politikchef Florian Schöne. Anstatt die EU-Agrarpolitik in Einklang mit den Anforderungen des Green Deals zu bringen, sei wieder reines Greenwashing betrieben worden. Eine Kritik, die sich auch an die Mehrheit der EUParlamentarier richtet, deren Position sich nur wenig von der der Agrarminister unterscheidet. Derzeit verhandeln Parlament und Mitgliedstaaten in Trilog-Gesprächen die letzten Details der neuen GAP. Hierzulande streiten Julia Klöckner und die Agrarminister der Bundesländer über die Frage, wie Deutschland den verbleibenden Spielraum bei der Verteilung der EU-Subventionen 2023 nutzen wird. Die CDU-Minister wollen die Direktzahlungen aus der ersten Säule möglichst wenig antasten, während die grünen Minister möglichst viel Geld in die zweite Säule verlagern wollen. Die Bio-Zahlen für Deutschland: 4 www.boelw.de/biobranche2021

März 2021


PERSPEKTIVEN Digitale Wasserzähler

Sind dynamische Preise bei Wasserknappheit möglich?

Im vergangenen Sommer gab es in einigen Orten solche Meldungen: Es könne „zur Wasserknappheit beim Trinkwasser kommen“, mahnten die Stadtwerke im hessischen Solms. In Heppenheim gab man bekannt, die Versorgungslage sei in einem Stadtteil schon so angespannt, dass die Stadtwerke damit beginnen würden, per LKW Wasser dorthin zu transportieren. Entsprechend appellierten Gemeinden an ihre Bürger, „den Wasserverbrauch so gering wie möglich zu halten“, und listeten auf, was man bitte alles unterlassen möge: das Waschen der Autos, das Abspritzen von Vorplätzen, das Befüllen von Swimming-Pools, die Bewässerung von Rasenflächen sowie grundsätzlich Reinigungsarbeiten unter fließendem Wasser. Aber es waren eben nur Appelle, ohne weitere Anreize. Wird es die in Zukunft geben? In anderen Sektoren ist das ganz normal: Der Preis von Weizen oder Äpfeln steigt nach einer schlechten Ernte aufgrund der Marktgesetze, ebenso wird Strom teurer, wenn Wind und Sonne gerade keine Energie liefern. In der Wasserwirtschaft ist der Gedanke noch wenig verbreitet, gewinnt aber an Aufmerksamkeit.

Kunde muss Datenzugriff erlauben

Es gebe mehrere Wasserversorger und Wissenschaftler, die sich mit der Nutzung der modernen Zähler für lastvariable Tarife befassten, sagt der Wasserchef beim BDEW, Martin Weyand. Denn grundsätzlich könnten die digitalen Zähler zur Abrechnung nach dynamischen Tarifen eingesetzt werden – „wenn“, schränkt Weyand ein, „die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Satzung der Gemeinden dies ermöglichen“. Technisch ist mit digitalen Zählern vieles möglich. Man kann z.B. den Verbrauch eines Hausanschlusses im 15-min-Intervall messen und damit „Schleichverluste“ detektieren oder Rohrbrüche aufspüren. Diesen Datenzugriff muss der Kunde aber explizit zulassen. „Ansonsten ist der Wasserversorger angehalten, nur wirklich notwendige Daten ‚sparsam‘ zu erheben“, sagt ein Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). März 2021

Foto: khanunza/Adobe Stock

Deutschlands Wasserversorger haben damit begonnen, auf digitale Wasserzähler umzustellen. Und so kommt nun die Frage auf, ob man es künftig – wenn trockene Sommer aufgrund des Klimawandels häufiger werden sollten – nur bei Appellen belassen will, Wasser zu sparen. Grundsätzlich hätte man nämlich mit den modernen Zählern die Möglichkeit, eine Verknappung auch in variablen Preisen abzubilden. Noch gibt es Vorbehalte. VON BERNWARD JANZING

Digitale Wasserzähler könnten bei Trockenheit vorübergehend höhere Preise ermöglichen.

Üblicherweise wird derzeit bei digitalen Zählern nur die jährlich verbrauchte Wassermenge ausgelesen, da bisher nur diese relevant ist für die Abrechnung. Attraktiv für die Wasserwirtschaft sind die neuen Zähler, weil die turnusmäßige Ablesung über Funk von außerhalb des Gebäudes erfolgen kann. So muss man die Bewohner nicht mehr zu Hause antreffen. Der elektronische Aufbau des Zählers, der den Durchfluss per Ultraschall misst und speichert, ermöglicht typischerweise die Speicherung von Zählwerten für bis zu 512 Tage. Zumindest bislang können diese Detaildaten nicht per Funk, sondern nur vor Ort und mit Zustimmung des Kunden ausgelesen werden. Sie zugänglich zu haben, kann mitunter hilfreich sein, etwa wenn es um die Klärung der Ursachen von Störungen oder Unstimmigkeiten bei der Abrechnung geht.

Nutzungskonflikte bei Mangel

Die neue Messtechnik auch als Anreiz in Zeiten von Wasserknappheit zu nutzen, steht für die Wasserwirtschaft derzeit nicht im Vordergrund – hat aber zweifellos einen gewissen Reiz. So berichtet auch der VKU von „Überlegungen, inwieweit dynamische Wasserpreismodelle als ein Steuerungsinstrument zukünftig dazu beitragen könnten, mit Was-

sernutzungskonflikten und saisonaler Knappheitssituationen umzugehen“. Der Verband relativiert aber zugleich auch schon wieder: Solche Preismodelle müssten gut abgewogen werden. Denn die Wasserpreisgestaltung unterliege „vielfältigen Zielsetzungen, unter anderem einer nachhaltigen Infrastrukturfinanzierung“. Die Wasserversorgung sei durch hohe Fixkosten geprägt, und diese Kostenstruktur solle beziehungsweise müsse sich auch in den Erlösstrukturen widerspiegeln. Eine starke mengenabhängige Entgeltgestaltung stehe dem entgegen. Hinzu kämen rechtliche Aspekte, was die Zulässigkeit einer dynamischen Entgeltgestaltung betrifft. Denn die öffentliche Wasserversorgung ist eine kommunale Pflichtaufgabe und wird von den Gemeinden in eigener Verantwortung wahrgenommen. Die Beziehung zwischen Wasserversorger und Kunde könne dabei privatrechtlich mit Preisen oder öffentlich-rechtlich mit Gebühren ausgestaltet werden. Beide Systeme stünden selbständig nebeneinander.

Im Vergleich mit Strom

Gebühren, erklärt der VKU, müssten „grundsätzlich nach dem Wirklichkeitsmaßstab und damit nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Leistung bemessen werden“. Eine progressive oder degressive Gebührenbemessung sei daher in den Kommunalabgabengesetzen der Länder nicht vorgesehen. Das gelte auch für umweltbezogene oder sonstige Lenkungsziele, beispielsweise, ob die Höhe der Gebühren bei der Wasserversorgung dem schonenden und sparsamen Umgang mit Wasser zu dienen hat. Vergleiche mit der Stromversorgung seien aufgrund struktureller Unterschiede schwierig, sagt der VKU. Im Strombereich nämlich werden Lieferverträge unmittelbar zwischen Lieferanten und dem Anschlussnutzer (in einem Mehrfamilienhaus dem Mieter) geschlossen. In der Wasserversorgung besteht das Vertragsverhältnis hingegen in aller Regel mit dem Anschlussnehmer, also dem Vermieter. Das erschwere Nutzungsmöglichkeiten der neuartigen Techniken. Ohnehin, so der VKU, bleibe die Frage, in welchem Maße sich über ein Preissignal das Nutzungsverhalten der Verbraucher beim Wasser effektiv – also einer aktuellen Knappheitssituation angemessen – steuern lässt. Eine solche Frage könnte dann am Ende vermutlich nur ein Pilotversuch beantworten. VKU-Hauptgeschäftsstelle 4

Invalidenstr. 91, 10115 Berlin Fon 030/58580-0, Fax -100, info@vku.de VKU-Faktencheck: 4 https://www.vku.de/Wasserpreise Wasser/Abwasser beim BDEW: 4 https://www.bdew.de/wasser-abwasser/ entgeltegebuehren/

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PERSPEKTIVEN Sektorkopplung im Nordosten, Teil 6

Foto: ahnenenkel.com/Silke Reents

Nutzen statt Abregeln

Schaufenster für intelligente Energie (Sinteg): Im brandenburgischen Nechlin steht dieser grüne Windenergie-Wärmespeicher. Man kann ihn gut über den örtlichen Bahnhof erreichen und besuchen kommen.

In der Uckermark, rund 150 Kilometer nördlich von Berlin, wird seit einem Jahr ein Dorf mit Windstrom geheizt. Was in diesem Sinteg-Projekt von WindNODE („Schaufenster für Intelligente Energie aus dem NordOsten DEutschlands“)erstmalig gezeigt wird, könnte künftig im gesamten Nordosten Schule machen.

VON MARCUS FRANKEN

M

itte Februar war wieder mal Energiewetter: Mit Windgeschwindigkeiten von mehr als acht Metern pro Sekunde bläst der Wind von West her in Richtung Polen über die Äcker der Uckermark, hunderte Windräder speisen immer mehr Strom ins Übertragungsnetz von 50Hertz. Doch überall im Land ist Wochenende, der Strombedarf ist geringer als an den Werktagen, und wenn dann noch eine kräftige Windfront übers Land zieht, kann das Angebot an Strom den Bedarf übersteigen – insbesondere da noch große Mengen Kernenergie und Kohlestrom im Netz sind. So sinken die Preise an den Strombörsen unter Null – und Abnehmer bekommen dann Geld dafür, dass sie Strom verbrauchen. Allerdings wäre es volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, die Netze für so selten auftretende große Strommengen auszubauen. Deshalb gibt der Netzbetreiber in solchen Momenten das Signal, die Leistung der Windräder zu senken. So auch in dem brandenburgischen Dorf Nechlin: Um 6:35 Uhr sendet der Betreiber das Signal an Enertrag: Einspeisung von 30 MW senken zunächst

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bis auf Null, ab 7:05 Uhr dann auf 9 MW. Dies setzt die automatische Leistungsregelung auch um, jedoch ist es auf der Warte in Dauerthal, rund 20 km südlich von Nechlin, anders als sonst: Die Anlagen können weiterlaufen. Aber ihr Strom geht nicht ins Übertragungsnetz. Genau darauf hatten Stefan Käding und sein Enertrag-Team gewartet.

Windräder können weiterlaufen

Abregeln – das geht jedem Stromerzeuger gegen die Ehre. Schließlich bedeutet das auf kostenlose, CO₂-freie Energie zu verzichten. Diese Energie wird gebraucht, um unsere Klimaschutzziele im Wärmesektor zu erfüllen – nur fehlt es überall an den notwendigen örtlichen Speichern. Genau dafür hat das Energieunternehmen im Windfeld Nechlin gesorgt, so dass sich an diesem Sonntag einige Anlagen weiterdrehen können. Von dort aus hat Enertrag in seinem Windnode-Projekt ein 800 m langes Stromkabel bis ins Dorf verlegt. Es endet an einem hausgroßen grünen Zylinder. „Das ist der Wärmespeicher“, erklärt Enertrag-Projektingenieur Stefan Käding. Eine Million Liter heißes Wasser sind in diesem dick isolierten Stahlbehälter gespeichert. Genug, um den ganzen Ort für ein bis zwei Wochen mit Wärme zu versorgen. Der Wärmespeicher ist die neue Energiequelle des Nahwärmenetzes von Nechlin.

Sektorkopplung in der Praxis

Enertrag-Gründer Jörg Müller ist Kernphysiker und Kraftwerksbauer. Daher war ihm war schon vor 20 Jahren klar, dass mit dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen viele Speicher erforderlich sein würden. Aus

diesem Grund entwickelte Enertrag in der Uckermark ein erneuerbares Verbundkraftwerk, wo auf einer Fläche von etwa 40 mal 40 km inzwischen mehr als 400 Windräder über ein Kraftwerksnetz mit einer Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff und einem akkumulatorbasierten Primärregler (22 MW) verbunden sind. Insbesondere für die etwa wöchentlich auftretenden Windspitzen braucht es große, schnell befüllbare Speicher und geeignete Abnehmer. Warmwasserheizungen sind hier ideal. Denn Strom ist im Wortsinne „Strom“, also „Energie im Fluss“ und lässt sich nicht speichern – selbst die oft fälschlich Stromspeicher genannte Batterie speichert keinen Strom, sondern chemisch gebundene Energie. Wärmespeicher haben unter allen Energiespeichern den Vorteil, extrem große Energiemengen und Leistungen zu sehr geringeren Kosten aufnehmen zu können. Wärmespeicher in der Nähe von Windkraftanlagen können also Strommengen, für die gerade keine andere Nachfrage besteht, billig aufnehmen und für die nächsten Tage und Wochen bereitstellen. Für das Klima ist das eine wunderbare Lösung, denn dieser Windstrom vermeidet den Einsatz anderer Heizstoffe und damit CO₂-Emissionen.

Eigennutzung erneuerbaren Stroms

Und so bereitete Müller schon vor mehr als zehn Jahren den Ausbau von Wärmenetzen vor. Gute Ideen brauchen manchmal ihre Zeit und ihren Ort. In der Gemeinde Nechlin fand die Idee schließlich Unterstützer – Ortsvorsteher Hartmut Trester überzeugte alle Einwohner, sich an das geplante Wärmenetz anzuschließen und die Gemeinde unterstützte die Umsetzung. Eine Änderung des Erneuerbare-EnergienGesetzes (EEG) sorgte jedoch für unerwartete regulatorische Hürden bei der Umsetzung des Windwärme-Heizungsprojekts. Das EEG in seiner seit 2014 geltenden Form beschneidet die Möglichkeiten zur Eigennutzung erneuerbaren Stroms, so dass der wirtschaftliche Betrieb eines solchen Wärmespeichers für Windspitzen unmöglich ist – obwohl dies aus systemischer Sicht sinnvoll und wünschenswert ist. Zudem wurde die Nutzung des abgeregelten Stroms gesetzlich untersagt. Die gesetzlichen Grundlagen, um das Prinzip „Nutzen statt Abregeln“ umzusetzen, waren nicht mehr vorhanden. Anstatt die Energie aus Windrädern in Spitzenzeiten nutzen zu können, wurde seit 2015 in Deutschland immer mehr Windstrom abgeregelt. Inzwischen sind es bundesweit fast 5,4 Mrd. kWh Strom pro Jahr, die nicht genutzt werden. Eine Energiemenge, mit der bis zu einer Million Menschen mit Wärme versorgt werden könnten.

März 2021


PERSPEKTIVEN Und so konnte aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen die Energie für die Nechliner Wärmeversorgung zunächst nicht wie geplant aus Windstrom bereitgestellt werden, sondern es musste eine Holzfeuerung mit Hackschnitzel aus der Forstwirtschaft installiert werden. „Holz ist ein wertvoller und sehr knapper Rohstoff, er sollte nur im Notfall verheizt werden“, sagt Jörg Müller: „Windstrom dagegen ist reichlich vorhanden – er muss einfach genutzt werden.“ Im Jahr 2019 überschritt der Anteil der Erneuerbaren an der deutschen Stromerzeugung bereits die 40-Prozent-Marke, in der Windnode-Region waren es sogar rund 60 Prozent. Noch vor wenigen Jahren, als der Erneuerbaren-Anteil niedrig war, sind Wind- und Solarstrom im großen Netz kaum aufgefallen. Infolge des wünschenswerten Zubaus gibt es immer mehr Stunden im Jahr, in denen elektrische Energie nicht unmittelbar genutzt werden kann, sondern gespeichert werden muss – in elektrischen oder eben in funktionalen Speichern. „Was früher Kohlehalden waren, müssen jetzt Wärme- und Gasspeicher sein“, fordert der Enertrag-Gründer. Darum das Stromkabel vom Windpark zum Heißwasserspeicher.

men, während am Boden des Speichers das abgekühlte Wasser zurückströmt. Damit das ein- und ausströmende Wasser den Speicher nicht durchmischt wie in einem Whirlpool, muss es gleichmäßig verteilt werden und langsam einströmen. „Diese Konstruktionsdetails wurden für unseren Speicher im Rahmen einer Diplomarbeit berechnet“, sagt Käding und erläutert weiter: „Wir haben jeweils ein paar Stunden Zeit, um das Wasser aufzuheizen, je nach Dauer der Abregelzeit auf bis zu 95 Grad. Die große Wassermenge sorgt dafür, dass die mittlere Heizleistung von 200 kW dann eine Woche lang zur Verfügung steht, bis der Speicher sich auf 60 Grad abgekühlt hat. Und normalerweise wird bis dahin die nächste Abregelung angewiesen.“ So versorgt das Windfeld das Dorf vollständig mit Wärme.

Besonderes Zeitfenster tut sich auf

Für Jörg Müller ist Nechlin ein Vorbild für den ganzen Nordosten Deutschlands. Die meisten mittelgroßen Städte in Brandenburg haben – wie in Prenzlau oder Pasewalk – große Wärmenetze, erklärt er, aber auch in den Dörfern seien solche Netze leicht und kostengünstig zu verlegen. Und: „Etwa bis zu fünf Prozent des Windstromes, die sonst ungenutzt blieben, stehen für die preiswerte Heizung hunderttausender Häuser bereit.“ Gerade in den östlichen Bundesländern tut sich dabei auch ein besonderes Zeitfenster auf: Nicht nur, dass bundesweit ab 2026 der Einbau neuer Ölheizungen prinzipiell verboten worden ist – die meisten Ölheizungen wurden in den 1990er Jahren eingebaut und sind jetzt 20 bis 30 Jahre alt. „Hier stehen jetzt Neuinvestitionen an. Wir müssen die Gelegenheit nutzen, um mehr Kommu-

Durchlauferhitzer am Ortsrand

Technisch ist die Umwandlung von Windstrom in Heizungswärme kein Hexenwerk. Stefan Käding weist auf einen etwa drei Meter langen Zylinder, der ungefähr den Durchmesser eines Medizinballs hat. „In diesem elektrischen Heizgerät sind hundert Metallstäbe verbaut. Wenn da Strom durchfließt, werden sie heiß und heizen das Wasser auf.“ Das funktioniert tatsächlich genauso wie bei einem Durchlauferhitzer, der das Badewasser erwärmt. Nur ist hier alles um einiges größer. Denn statt für 10 kW ist der elektrische Kessel für die Heizung von Nechlin auf 2 000 kW ausgelegt. Und der Wasserbehälter hat nicht ein paar, sondern eben eine Million Liter Wasser. „Die größte technische Herausforderung lag in Nechlin darin, dass wir hier am Ortsrand aus optischen Gründen einen besonders niedrigen Wärmespeicher bauen wollten“, so Käding.

nen für die günstige und klimafreundliche Windwärme zu gewinnen, bevor mit Gasheizungen neue CO₂-Schleudern installiert werden“, fordert Müller. „Man kann in den Standortgemeinden und Städten im Nordosten Deutschlands mit Windenergie lokale Heizlösungen anbieten und zeitnah umsetzen. Dabei ist zum Beispiel eine Kofinanzierung mit Hilfe von Beteiligungsmodellen wie einem Windwärmebonus denkbar.“ Dass das technisch machbar ist, zeigt Nechlin.

Die rechtlichen Hürden

Für Nechlin gab es, wie für alle Sinteg-Projekte, eine Experimentierklausel im Energiewirtschaftsgesetz, wodurch der Vor-OrtVerbrauch des Windstroms möglich wurde. Doch Ende 2020 ist die Sinteg-Verordnung ersatzlos ausgelaufen. Der Wärmespeicher werde „unter den allgemeinen Rahmenbedingungen“ weiterbetrieben, heißt es bei Enertrag. Nach dessen Auffassung „ist die Wärmeerzeugung zur Anpassung der Einspeiseleistung der Windenergieanlagen auch unter den aktuellen gesetzlichen Regeln möglich“. Da dies aber umstritten sei, so das Unternehmen, „kämpfen wir für eine klare gesetzliche Regelung zum Nutzen statt Abregeln“. Nur so würden Stadtwerke und andere Betreiber dem Enertrag-Beispiel für CO₂-freie Wärmeerzeugung vor Ort folgen können. (tb)

Weitere Infos und Ansprechpartner https://www.windnode.de/ergebnisse/ 4 windnode-konkret/enertrag/

Enertrag AG, Presse- und Öffentlichkeits4

arbeit, Matthias Philippi, Fon 039854/6459748, mobil 0160/96261279, matthias.philippi@ enertrag.com, www.enertrag.com

Mit fünf Metern ist der Speicher nur ein Viertel so hoch wie die Bäume am Ortsrand. Dafür hat er mit 18 m einen ungewöhnlich großen Durchmesser. Übliche Wärmekessel haben eine Geometrie, bei der die Höhe um ein Mehrfaches größer ist als der Radius. Der Grund: Wärmespeicher arbeiten am effizientesten, wenn sich eine deutliche Wärmeschichtung bilden kann. Denn dann lässt sich am oberen Rand des Speichers das heiße Wasser für die Heizungen entnehMärz 2021

Foto: ahnenenkel.com/Silke Reents

Kessel mit besonderer Geometrie

Nechlins Wärmespeicher von oben gesehen: 18 m im Durchmesser und nur 5 m hoch. Bei Wärmekesseln ist es eigentlich umgekehrt. Doch hier galt es, den Bau optimal am Ortsrand einzubetten.

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EU-POLITIK FFH-Richtlinie

Klage gegen Deutschland

D

ie EU-Kommission wird Deutsch- fest. Jetzt riss der Brüsseler Behörde der Geland wegen mangelhafter Umset- duldsfaden und sie kündigte die Klage an. zung der Flora-Fauna-HabitatDas Bundesumweltministerium (BMU) ver(FFH)-Richtlinie vor dem Europäischen sucht, die Wogen zu glätten. Es betont, dass Gerichtshof verklagen. Die Kommission mittlerweile 99,4 Prozent aller FFH-Gebiete wird in den kommenden Wochen die ge- rechtlich abgesichert und für rund 84 Prozent nauen Einzelheiten der Klage liefern. Diese Erhaltungsmaßnahmen festgelegt seien. Das wird die Bundesregierung eingehend prü- BMU ergänzt, alle Bundesländer seien dabei, fen und sich dabei mit den Bundesländern die Veröffentlichung der Managementpläne abstimmen. „Diese Klage belegt, wie wenig für die rund 4 600 FFH-Gebiete vorzunehsich die Bundesregierung um den Erhalt um men oder zu planen. Dies gilt auch für die den Natur- und Artenschutz kümmert“, kri- Bundesregierung selbst, die für acht FFH-Getisiert Martin Häusling von den Grünen im biete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone EU-Parlament. Der BUND-Vorsitzende Olaf in Nord- und Ostsee zuständig ist. Bandt hält den Beschluss für überfällig. Strittig ist vor allem, wie detailliert ErhalDas Verfahren begann im Februar 2015, tungsziele für Pflanzen, Tiere und Lebensräuals die EU-Kommission ein Mahnschreiben me und die dafür notwendigen Maßnahmen nach Berlin schickte. Sie gab damals zwei festgelegt werden müssen. Beides möglichst Gründe an: Weder waren FFH-Gebiete recht- genau zu beschreiben, ist für die Kommissilich vollständig abgesichert, noch hatten die on wichtig. Martin Häusling stimmt dem zu: Bundesländer die Erhaltungsmaßnahmen „Ohne messbare Ziele können die Fortschritfür die Gebiete vollständig festgelegt. In den te bei der Erhaltung von Arten nicht nachJahren danach ist zwar viel geschehen. Dann vollzogen werden.“ BUND-Chef Bandt hofft, folgte im Januar 2019 ein ergänzendes Mahndass die Klage vorm Gerichtshof die Politik schreiben: Die Kommission bemängelte, dass wachrüttele. „Es wäre sinnvoller, Naturschutz weder für alle FFH-Gebiete ausreichend deausreichend zu fördern, statt Strafen zu zahtaillierte Erhaltungsziele festgelegt worden len.“ So bräuchten die unterfinanzierten sind, noch dass einige Bundesländer die staatlichen Naturschutzstellen in den LänManagementpläne für dortige FFH-Gebiete dern endlich ausreichende Finanzierung. (ra) noch nicht veröffentlicht haben. An diesen Klagen vor dem Gerichtshof der EU, Vertragsver4 Vorwürfen hielt die Kommission in ihrer be- letzungsverfahren im Februar: https://ec.europa. gründeten Stellungnahme im Februar 2020 eu/commission/presscorner/detail/de/inf_20_202

Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft

Zielmarken sind ausschlaggebend Das EU-Parlament stützt den Aktionsplan Dass klare Vorgaben helfen, zeigt das das Beider Kommission zur Kreislaufwirtschaft. spiel Polyethylenterephthalat (PET): Die EU Ihren Aktionsplan hatte die Brüsseler Behör- hatte 2019 in der Einweg-Kunststoffrichtlinie de im März 2020 als zentralen Baustein des festgelegt, dass PET-Getränkeflaschen von Green Deals vorgelegt. „Dabei schlägt sie mit 2025 an zu mindestens einem Viertel aus reder Ausweitung des Ökodesigns und dem cyceltem PET bestehen müssen. Darauf beRecht auf Reparatur längst überfällige Ansät- reiten sich Getränkehersteller vor, so dass die ze vor, um das Problem der Ressourcenver- Nachfrage nach recyceltem PET stabil ist. schwendung an der Wurzel zu packen“, sagt Allerdings bedauert der VKU, dass sich das VKU-Vize Patrick Hasenkamp. Nachdem EP nicht zum strikten Deponieverbot für die EU-Staaten dem Aktionsplan Ende 2020 nicht-vorbehandelte gemischte Siedlungsabzugestimmt hatten, folgte jetzt das Parlament fälle durchringen konnte. Der Verband be(EP). Es fordert Rezyklatquoten, das heißt: tont, es brauche einen gemeinsamen Ansatz Produkte aus Kunststoff, Textilien oder Bau- für die Entsorgung jener Abfälle, die nicht material sollten teilweise aus Rezyklat beste- hochwertig recycelt werden können, und plähen müssen. Zielmarken seien essenziell, sagt diert dafür, sie in fortschrittlichen Müllöfen Hasenkamp: „Die Erfahrung zeigt, dass ohne zur Energiegewinnung mit hoher Effizienz sie notwendige Impulse ausbleiben.“ Neuund niedrigen Emissionen zu verwerten. (ra) er Kunststoff lässt sich zurzeit aufgrund des Entschließung des EP zum Aktionsplan Kreislauf4 niedrigen Ölpreises preiswert herstellen, was wirtschaft: https://www.europarl.europa.eu/ den Rezyklateinsatz unattraktiv macht. doceo/document/TA-9-2021-0040_DE.html

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Blei auf der Jagd und beim Angeln

Verbot in Sicht Fischen und Jagen sollen künftig ohne Blei vonstatten gehen. Dies schlägt die Europäische Chemikalienagentur (Echa) mit Sitz in Helsinki vor. Ihr Beschränkungsvorschlag sieht ein sofortiges Verbot von Senkblei in der Fischerei vor sowie drei- beziehungsweise fünfjährige Übergangsfristen für Verkauf und Verwendung von Bleischrot und Bleiködern. Die Agentur erhofft sich davon, dass in den nächsten zwanzig Jahren rund 1,7 Millionen Tonnen weniger Blei in die Umwelt gelange. Aktuell können sich nach Angaben der Agentur jährlich mehr als 127 Millionen Vögel mit Blei vergiften. Diesen Vorschlag prüfen nun zwei Ausschüsse der Echa: der für Risikobewertung und der für sozioökomische Analyse. Stützen die Ausschüsse den Vorschlag, entscheiden EU-Kommission und EU-Staaten über den Vorschlag. Ausgang offen: Bereits 2020 hat die EU die Verwendung von Bleimunition in Feuchtgebieten von 2023 an verboten. Diese Entscheidung basierte auch auf einen Vorschlag aus Helsinki. (ra) www.echa.europa.eu 4

Fluorierte Kohlenwasserstoffe

Schärfere Kontrollen Bis 2030 will die EU den Verbrauch klimaschädlicher teilfluorierter Kohlenwasserstoffe (HFKW) um rund 80 Prozent senken. Die bisherigen Regelungen konnten den illegalen Handel mit diesen F-Gasen nicht vollends verhindern – diese Gase werden etwa als Kältemittel in Kälte- und Klimaanlagen, als Treibmittel in Schäumen und Dämmstoffen sowie als Feuerlöschmittel eingesetzt. Die Bundesregierung will das deutsche Chemikaliengesetz daher nachbessern. Es soll künftig hierzulande verboten ein, illegal in die EU eingeführte HFKW zu erwerben oder weiterzuverkaufen. Damit Länderbehörden dies besser kontrollieren können, müssen alle Akteure der Lieferkette dokumentieren, dass sie F-Gase auf den EUMarkt bringen, die vom „Quotensystem“ der EU-Kommission erfasst sind. Der Hintergrund: Seit 2017 dürfen Kälteanlagen, Klimaanlagen und Wärmepumpen, die mit F-Gasen befüllt sind, nur verkauft werden, wenn diese Kältemittel im Rahmen dieses Quotensystems berücksichtigt werden. Und die EU-Kommission gibt Unternehmen, die F-Gase in die EU einbringen, als Quote eine Obergrenze vor, wie viele sie davon verkaufen können. Diese Obergrenze orientiert sich am Treibhausgaspotenzial der Gase. (ra) www.bmu.de/PM9442 4

März 2021


ABFALL Endlagersuche

Virtuelle Standortsuche

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as Verfahren zur Standortsuche Referaten, ließen kaum noch Zeit für eine für ein atomares Endlager ge- lösungsorientierte Debatte“, beschrieb Jorät immer stärker in die Kritik. chen Stay von der Initiative ausgestrahlt! die Daran ist nicht nur das coronabedingte Tagung. Dennoch habe es in manchen ArOnline-Format der Bürgerbeteiligung beitsgruppen eine fachliche Diskussion geschuld. Der Webfehler liegt nach Ansicht geben, „die deutlich machte, dass das Vorgeder Anti-AKW-Initiativen im System. Im hen der Bundesgesellschaft für Endlagerung September 2020 hatte die Bundesgesell- (BGE) schwere methodische Mängel hat.“ schaft für Endlagerung (BGE) ihren „ZwiAus Sicht der Initiative und mehrerer Bunschenbericht Teilgebiete“ veröffentlicht. Er desländer hat das BGE einen Großteil der soll die Standortsuche auf jene Gebiete be- von den Ländern zur Verfügung gestellten grenzen, deren Untergrund aus Salz, Ton geologischen Daten nicht genutzt und damit oder Granit potentiell für ein Endlager ge- gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen. eignet ist. Das Bundesamt für die Sicherheit Im Ergebnis seien zahlreiche ungeeignete der nuklearen Entsorgung (BASE) hat die Gebiete in den Bericht aufgenommen worAufgabe, diesen Bericht mit interessierten den. Zudem seien Gebiete mit fehlenden Daten als geeignet ausgewiesen worden. Bürgern zu diskutieren. Stay kritisiert auch, dass ein Großteil der Nach einem virtuellen Vorbereitungstreffen im Herbst (s. UB Nov´20, S. 16) fand verwendeten Daten nicht öffentlich zugängnun der erste von drei Beratungsterminen lich und damit nicht überprüfbar sei. Seine der Fachkonferenz Teilgebiete statt, bei dem Forderung: „Die Konferenz muss auf einen Bürger und Experten den Zwischenbericht Zeitpunkt verschoben werden, zu dem ein diskutieren sollten. 1600 Menschen hatten den gesetzlichen Vorgaben entsprechender sich zu der Online-Veranstaltung angemel- Zwischenbericht vorliegt.“ Das BASE teilt det. „Zweistündige Arbeitsgruppen mit bis mit, die Mehrheit der Teilnehmer habe die zu 200 Personen, in denen zuerst viel Zeit Fachkonferenz positiv bewertet. (lf) www.endlagersuche-infoplattform.de dabei verloren wird, technische Schwie- 4 .ausgestrahlt, Jochen Stay, Fon 040/253189-40, rigkeiten zu beheben, gefolgt von langen 4 Fax - 44, info@ausgestrahlt. de, www.ausgestrahlt.de

Bioabfallverordnung

Auf den Kompost damit

Einwegkunststoffkennzeichnung

Vorsicht, Plastik! Die Bundesregierung hat im Kampf gegen Plastikeinwegmüll eine weitere EU-Richtlinie in eine nationale Verordnung umgesetzt. Sie sieht vor, das Artikel aus Einwegkunststoff ein spezielles Label tragen müssen, das vor Umweltschäden durch Plastik warnt. „Wir wollen achtloses Wegwerfen von Verpackungen und Artikeln aus Plastik verhindern“, definiert Umweltministerin Svenja Schulze das Ziel der Verordnung, der Bundestag und Bundesrat noch zustimmen müssen. Die neuen Warnhinweise sollen ab 3. Juli 2021 europaweit einheitlich deutlich erkennbar in die Verpackungen kunststoffhaltiger Produkte integriert sein. Bereits hergestellte aber noch nicht abgegebene Produkte sollen mit Aufklebern gekennzeichnet werden. Den Anfang machen Hygieneprodukte, wie Binden, Tampons und Feuchttücher, Zigarettenfilter sowie Einweggetränkegetränkebecher. Weitere Produkte können später in die Verordnung aufgenommen werden. Ein EU-weites Verbot komme für diese Produkte bislang nicht in Frage, weil es für sie derzeit keine ökologisch sinnvolleren Alternativen gebe, schreibt das Ministerium. Darüber hinaus legt die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung fest, dass Verschlüsse und Deckel von Getränkebehältern aus Kunststoff ab dem 3. Juli 2024 fest mit dem Getränkebehälter verbunden sein müssen. (lf) Die Verordnung: https://kurzelinks.de/81m4 4

Elektroschrott

Viel zu wenig gesammelt

Die vom Bundesumweltministerium vor- einem Anteil über 3 Prozent sollen Anlagen- 2019 haben die Deutschen 947 000 t Elekgelegten Änderungen der Bioabfallver- betreiber das Sammelgut abweisen können, troschrott und damit 11 Prozent mehr geordnung (s. UB Feb´21, S. 14) werden von wobei dies rechtssicher geregelt werden müs- trennt gesammelt als 2018. Da aber auch der Abfallwirtschaft einhellig kritisiert. se. Mit der Novelle wird auch der Geltungs- der Verkauf deutlich zunahm, stieg die SamZwar besteht Einigkeit mit dem Ziel, den bereich von landwirtschaftlich genutzten melquote nur leicht auf 44,3 Prozent. Diese Eintrag von Plastik und anderen Fremd- Flächen auf alle Böden ausgedehnt. Dadurch Zahlen teilt das Statistikamt mit. Damit hat stoffen in den Kompost zu verringern. würden die Vorgaben der Verordnung auch Deutschland die EU-weit für 2019 geltende Doch den Weg dahin halten die Entsor- für Kompost gelten, der im Garten- und Quote von 65 Prozent deutlich verpasst. Um gerverbände für falsch. Landschaftsbau eingesetzt wird. Das hat aus sie zu erreichen, hätten 440 000 t Altgeräte In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren Sicht der Entsorger Folgen: „Die neu einge- mehr in den offiziellen Kanälen ankomsie, dass die Verantwortung für ein sauberes führten Untersuchungs- und Dokumenta- men müssen. Um dahin zu kommen, will Biogut alleine den Anlagenbetreibern zuge- tionspflichten führen bei den überwiegend die Bundesregierung das Elektroschrottgeschoben werde. Private und gewerblichen kleinen und mittelständischen Unternehmen setz ändern und die Discounter sowie OnAbfallerzeuger sowie die Erfasser müssten zu einem erheblichen Zusatzaufwand, diese linehändler stärker als Sammelstellen in die ebenfalls „ in die Verantwortung für eine gute sind dringend zu überarbeiten“, fordern des- Pflicht nehmen (s. UB Nov´20, S. 16). Der Qualität eingebunden werden“, schreiben die halb die Verbände. Sonst würden Bioabfall- Bundesrat besserte im Februar nach und will Verbände. Hier gebe es zahlreiche Möglich- erzeugnisse wie Kompost oder Gärprodukte als Ziel einfügen, 10 (Gewichts-)Prozent der keiten von der Aufklärung bis hin zu regel- in diesem Bereich aus Kostengründen nicht jährlich erfassten Geräte von 2023 an wiederzuverwenden. Derzeit liegt der Anteil mäßigen Kontrollen der Tonnen und deren mehr eingesetzt. (lf) Der Entwurf: https://kurzelinks.de/y8hx und die bei zwei Prozent. Diese Pflicht wurde jedoch Nichtleerung bei starker Verschmutzung. 4 nicht verschärft. Die Deutsche Umwelthilfe Den vorgesehenen Fremdstoffanteil von we- Verbände dazu: https://kurzelinks.de/skgo Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorniger als 0,5 Gewichtsprozent halten die Ver- 4 (DUH) warnt daher vor einem teuren Vergung e.V. (bsve), Jörg Lacher, Fränkische Straße 2 tragsverletzungsverfahren der EU. (lf) bände für kaum umsetzbar und schlagen statt D-53229 Bonn, Fon 0228/98849-27, Fax -99, lacher@ DUH über Elektrogeräte: https://kurzelinks.de/ley2 4 dessen ein dreistufiges Modell vor. Erst bei bvse.de, www.bvse.de März 2021

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IMMISSIONSSCHUTZ Schadstoffe in Sportartikeln

Spiel mit gefährlicher Chemie Das EU-Projekt „AskREACH“ untersuchte 82 Sportartikel auf besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC). Dazu zählt das EU-Chemikalienrecht REACH derzeit 209 Substanzen, darunter Weichmacher, Flammschutzmittel oder Schwermetalle. Manche sind verboten oder beschränkt, viele aber auch nicht. Händler und Hersteller müssen Kunden auf Nachfrage Auskunft geben können, wenn eine dieser Substanzen in einer Konzentration über 0,1 Prozent im Produkt enthalten ist. Dies war bei 9 der 82 Sportartikel der Fall, darunter waren zwei Bälle, die 41 und 35 Prozent des fortpflanzungsschädigenden Weichmachers DIBP enthielten. In einem Springseil fanden sich 2,6 Prozent kurzkettige Chlorparaffine. Erlaubt sind Konzentrationen bis zu 0,15 Prozent. Es war damit ebesowenig verkehrsfähig wie die beiden Bälle und vier weitere Artikel. Keiner der mit den Ergebnissen konfrontierten Händlern kam seiner Auskunftspflicht nach REACH angemessen nach, heißt es im Projektbericht. Das Umweltbundesamt als Projektpartner verweist in diesem Zusammenhang auf seine Smartphone-App „Scan4Chem“. Damit ließen sich Barcodes einscannen und Anfragen nach SVHC an den Anbieter verschicken. (lf) The AskREACH New Year’s-test: Sports and 4 leisure articles: https://kurzelinks.de/d6kx

AKW-Brennelemente

Kein Rechtsschutz bei Export Umweltverbände können keinen Widerspruch gegen Exportgenehmigungen einlegen, die es erlauben, Brennstäbe an marode AKW nahe der deutschen Grenze zu liefern. Das hat das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden und damit einen Eilantrag des BUND abgelehnt. Dieser wollte verhindern, dass Framatome Brennstäbe aus seiner Brennelementefabrik in Lingen ans Schweizer AKW Leibstadt liefert. „Die Folge ist“, kommentiert BUND-BaWüLandeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch, „dass im Atomrecht eine Behördenentscheidung ergehen darf, die von niemandem juristisch angefochten werden kann – egal wie fehlerhaft sie ist.“ Das kommt laut Gericht daher, dass Deutschland die Aarhus-Konvention nicht vollständig umgesetzt hat. Erteilt hatte die Genehmigung das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im März 2020. Die eingelegten Widersprüche hatte Framatome ignoriert und bereits vor der Gerichtsentscheidung die Brennstäbe in die Schweiz geliefert. Der BUND hat deshalb Strafanzeige gegen den Konzern gestellt. (lf) PM v. BUND Ba-Wü: https://kurzelinks.de/rvs2 4

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Luftreinhaltung

Veraltete Feinstaublimits Die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO₂) geht deutschlandweit deutlich zurück. Das zeigt die vorläufige Auswertung des Umweltbundesamts (UBA) mit Messdaten von rund 400 Messstationen. Nur noch drei bis vier Prozent der verkehrsnahen Messstationen überschritten 2020 den Jahresmittelgrenzwert für NO₂ von 40 µg/m³ Luft. 2019 waren es noch 21 Prozent.

bei 54 µg/m³ lag. In Stuttgart hingegen hielten die Hotspots Neckartor und Hohenheimer Straße 2020 erstmals die 40 µg/m³ ein. In der Prag- und in der Talstraße seien noch leichte Grenzwertüberschreitungen gemessen worden, teilt der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann mit und schließt Lockerungen bei den Fahrverboten aus: „Ohne Verkehrsbeschränkungen für ältere Dieselfahrzeuge würde der Grenzwert wieder überschritten werden. Eine Aufhebung der Verkehrsbeschränkungen für Euro5/V-Diesel würde daher vor Gericht keinen Bestand haben.“ Hermann beruft sich dabei auf eine Untersuchung, wonach die Verkehrsbeschränkungen für Euro-5/V-Diesel an der Messstelle Am Neckartor die NO₂Konzentration um 6,5 µg/m³ gesenkt hätten. Die Feinstaubgrenzwerte für PM10 und PM2,5 wurden deutschlandweit eingehalten, teilt das UBA mit. Allerdings seien die Grenzwerte veraltet und müssten angepasst werden. Die aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation würden an zahlreichen Messstellen überschritten. (lf) Vorläufige UBA-Auswertung von Februar 2021: 4

Modellrechnungen des Umweltbundesamtes ergaben, „dass Softwareupdates und Flottenerneuerung im Jahr 2020 zusammen eine deutliche Minderung von rund drei Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter bewirkten“, erläutert UBA-Präsident Dirk Messmer. Bei verkehrsnahen Messstationen hätten lokale Maßnahmen wie Tempolimits und Fahrverbote sowie den Einsatz schadstoffärmerer Busse die Werte um ein weiteres Mikrogramm NO₂ sinken lassen. Ebenfalls ein Mikrogramm im Jahresmittel steuerten die Coronamaßnahmen bei, die den Verkehr zeitweise deutlich hatten zurückgehen lassen. Spitzenreiter bei den Messstationen ist weiterhin die Landshuter Allee in München, https://kurzelinks.de/ymzo UBA, Presse und Öffentlichkeit, Felix Poetschke deren Mittelwert trotz deutlichen Rückgangs 4 Fon 0340/2103-2675 felix.poetschke@uba.de

Düngeverordnung

Von den Ländern verwässert Die Bundesländer wollen bei der Anpassung um 23 Prozent.“ Sehr zurückhaltend seien ihrer Dünge-Verordnungen von den Vorga- die Länder auch mit der Ausweisung ‚gelber ben des Bundes abweichen. Gleiches gilt für Gebiete’, in denen ein zu hoher Phosphateindie länderspezifische Ausweisung der mit trag aus der Landwirtschaft zu einer ÜberNitrat belasteten und eutrophierten Gebie- düngung der Gewässer mit Algenblüten und te. Dies ergab eine Analyse der (inzwischen anderen Nebenwirkungen führt. „Darüber meist verabschiedeten) Verordnungsentwürfe hinaus versuchen etliche Bundesländer mit durch den Versorgerverband BDEW. umfangreichen Ausnahmeregelungen eine „Die Bundesländer wollen die bestehenden Hintertür für große Teile der Landwirtschaft Schutzgebiete weiter reduzieren und er- offen zu halten“, beklagte Weyand. So plane möglichen damit eine noch umfangreichere Bayern über 80 Prozent der Betriebe pauschal Düngung landwirtschaftlicher Flächen als von den Aufzeichnungspflichten zu befreibisher. Das ist ein Schritt rückwärts im Ge- en, selbst wenn sie in einem nitratbelasteten wässerschutz“, kommentierte Martin We- Gebiet liegen. „Auch Nordrhein-Westfalen yand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/ und Baden-Württemberg wollen Ausnahmen Abwasser, die Ergebnisse der Analyse. Sie zulassen und begründen dies mit Bürokrahatte ergeben, dass die Länder die mit Nitrat tieabbau“. Der BDEW wertet diese Art der belasteten ‚roten Gebiete’ nicht aufgrund tat- Länder-Umsetzung als Verstoß gegen die EUsächlicher Messwerte, sondern auf Basis einer Nitratrichtlinie und warnt davor, dass die EUModellberechnung ausweisen wollen. „In Kommission das derzeit ruhende Vertragsder Praxis führt das zu erheblichen Reduzie- verletzungsverfahren wieder aufnehmen und rungen der nitratgefährdeten Flächen“, erläu- Strafzahlungen verhängen könnte. (lf) terte Weyand: „Schleswig-Holstein plant zum 4 FAQ zum Düngerecht: https://kurzelinks.de/7w16 Beispiel eine Reduzierung seiner roten Gebie- 4 BDEW, Jan Ulland, Fon 030/300199-1162, Fax -3900 te um rund 50 Prozent, Nordrhein-Westfalen presse@bdew.de, www.bdew.de

März 2021


ENERGIE Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG)

Noch kein großer (Ent-)Wurf

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as Bundeskabinett hat seinen Der BEE begrüßt, „dass in dem GesetzentEntwurf eines geänderten Ener- wurf eine klare Trennung zwischen Netzbegiewirtschaftsgesetzes (EnWG) trieb und der Errichtung und dem Betrieb beschlossen und am 10. Februar ver- von Ladepunkten und Energiespeicheranlaöffentlicht. Mit dieser Novelle setzt die gen festgelegt wird“. So schreibt es auch die Bundesregierung die EU-Strombinnen- EU-Richtlinie 2019/944 vor. Netzbetreiber marktrichtlinie von 2019 um. sollen nicht Eigentümer von EnergiespeicherDas EnWG sieht nun eine Definition für anlagen sein und solche Anlagen auch nicht Energiespeicher vor. Damit will man verhin- errichten, verwalten oder betreiben. Zudem dern, dass ein- und wieder ausgespeicherter verpflichtet die Richtlinie Mitgliedstaaten Strom doppelt mit Abgaben und Umlagen zum Abbau von Hürden, die Verbraucher belastet wird. Laut dem Entwurf sind Ener- daran hindern, Strom selbst zu erzeugen, zu giespeicher nun „Anlagen, die elektrische verbrauchen, zu speichern oder zu vermarkEnergie zum Zwecke der elektrischen, che- ten. Die Verteilnetzbetreiber sollen Strom aus mischen, mechanischen oder physikalischen erneuerbaren Quellen und neue Lasten wie Zwischenspeicherung verbrauchen und als zum Beispiel aus Wärmepumpen oder Elekelektrische Energie erzeugen oder in einer trofahrzeugen kosteneffizient integrieren. Eine ähnliche Trennung sei auch für die Reanderen Energieform wieder abgeben“. Mit dieser Definition sehen Verbände wie gulierung der Wasserstoffnetze wichtig, befinder BDEW, BEE und Bitkom die Gefahr der det der BEE. Netzbetreiber sollten in keinem Doppelbelastung aber keineswegs gebannt. Fall selbst Power-to-Gas-Anlagen wie z.B. Sie fordern, die Begriffsbestimmung aus Elektrolyseure betreiben können. In der Tat der EU-Richtlinie zu übernehmen, die da stellt die Bundesregierung in ihrem Entwurf lautet: „Verschiebung der endgültigen Nut- klar, dass die Finanzierung der Wasserstoffzung elektrischer Energie auf einen späteren netze nicht über die Netzentgelte der ErdgasZeitpunkt als den ihrer Erzeugung oder die netze erfolgen soll. Damit wäre eine QuerUmwandlung elektrischer Energie in eine finanzierung der Wasserstoffinfrastruktur speicherbare Energieform, die Speicherung durch private Verbraucher ausgeschlossen. Diese zweigleisige Regulierung verhindert solcher Energie und ihre anschließende Rückumwandlung in elektrische Energie oder nach Meinung des BDEW aber „eine aufeiNutzung als ein anderer Energieträger“. Die nander abgestimmte Entwicklung von GasEU-Definition verwende ganz bewusst we- und Wasserstoffinfrastrukturen und setzt der die Begriffe „Verbrauch“ oder „verbrau- keinen verlässlichen Rahmen für Investoren chen“, noch „Erzeugung“ oder „erzeugen“, ar- und Marktteilnehmer“. (tb) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ gumentiert der Bundesverband Erneuerbare 4 Gesetz/gesetzentwurf-enwg-novelle.html Energien (BEE) in seiner Stellungnahme.

8. Monitoring-Bericht zur Energiewende

Ampel auf Rot bei der Energieeffizienz „Die Energiewende kommt in vielen Hand- konstatieren die Wissenschaftler auch beim lungsfeldern deutlich voran“, lobt sich Bun- geplanten Erneuerbarenanteil im Verkehr deswirtschaftsminister Peter Altmaier bei (10 Prozent bis 2020) und beim Ausbau der der Präsentation des 8. Monitoringberichts. Übertragungsnetze. Die Experten sehen in Die Erneuerbaren trügen immer stärker zur der Anhebung des europäischen CO2-Ziels Stromversorgung bei: Der Ökoanteil am Ver- auf minus 55 Prozent bis 2030 weit reichende brauch habe 2019 bei 42 Prozent und 2020 bei Folgen für die Wende hierzulande. Zudem er46 Prozent gelegen. Anstrengungen bedür- warten sie ansteigende Stromnachfrage durch fe es hingegen im Bereich Energieeffizienz, Elektromobilität, Wärmemarkt und Industrie räumt Altmaier ein, besonders im Verkehr. sowie durch den Markthochlauf von grünem In der Tat stellen die Energiewendewächter Wasserstoff. Folge: Die Ökostromerzeugung, – vier Professoren, die alle drei Jahre in einem so der Expertenrat, müsse weit stärker ausgeFortschrittsbericht Stellung beziehen – die baut werden als im EEG 2021 vorgesehen. (tb) Der Monitoringbericht und die Stellungnahme Ampel auf Rot in den Fällen der Reduktion 4 des Primärenergieverbrauchs, des Endener- der Expertenkommission stehen bereit unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ gieverbrauchs im Verkehrssektor sowie der Pressemitteilungen/2021/02/20210203-achterEndenergieproduktivität. Erhebliche Defizite monitoring-bericht-zur-energiewende.html März 2021

Kraft-Wärme-Kopplung I

Mehr Grün in die KWK Steinkohlekraftwerke in Deutschland rüsten für die Zukunft überwiegend auf Erdgas um. Das ergab eine Umfage der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Von 37 befragten Standorten, die auch Fernwärme liefern, haben laut der DUH 18 Angaben zu ihren Plänen gemacht. Von ihnen werde nur für zwei Kohlekraftwerke „eine Umstellung auf erneuerbare Wärme ernsthaft geprüft“. Den Grund darin sieht der Umweltverband in der immer noch anhaltenden Förderung der fossilen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Fast drei Viertel der über Wärmenetze verteilten Wärme stamme aus KWK-Anlagen. „Diese erhalten eine großzügige Vergütung von 1 425 bis 3 880 Euro pro Kilowatt installierter Leistung“, so die DUH. Dagegen würde Technik für erneuerbare Wärme nicht eigenständig, sondern nur über die KWK gefördert. Kein Wunder daher, dass die Kraftwerksbetreibern ihre geplante Umstellung auf Erdgas-KWK laut dem Umweltverband mit der besseren Wirtschaftlichkeit begründen. Dass Stadtwerke und Fernwärmeunternehmen damit aufs falsche Pferd setzen, findet die ernergiepolitische Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden: „Die anstehenden Investitionen in moderne Wärmenetze sollten konsequent für den Klimaschutz genutzt werden, anstatt im fossilen Zeitalter zu verharren.“ Die schwarz-rote Koalition fördere bisher vor allem den Umstieg von Kohle auf Erdgas. Das moniert auch die DUH, die eine direkte Unterstützung für Ökowärme fordert, „ohne den Umweg über die KWK-Förderung“. (tb) Ein DUH-Papier für mehr Öko-Fernwärme lesen Sie 4 unter https://kurzelinks.de/y5y3

Kraft-Wärme-Kopplung II

Ausschreibungsgrenze 500 kW KWK-Anlagen zwischen 500 und 1 000 kW, die noch 2020 geplant wurden, also noch vor dem Inkrafttreten der jüngsten Änderung des KWK-Gesetzes, müssen nun doch nicht an den Ausschreibungen teilnehmen. Darüber jubelt der Bundesverband KraftWärme-Kopplung (B.KWK) und beruft sich dabei auf Energate. Das Informationsportal berichtete von einer entsprechenden Einigung zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und der EU-Kommission. Die Neufassung müsse der Bundestag noch beschließen. „Derzeit ist aus dem BMWi noch kein Kommentar dazu zu erhalten, wie diese Entscheidung gesetzmäßig umgesetzt werden soll“, berichtet der B.KWK. (tb) Die ASUE-Broschüre KWKG 2020 in Zahlen als PDF 4 unter https://www.bkwk.de/wp-content/ uploads/2021/02/KWKG_2020_in_Zahlen_2021.pdf

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MOBILITÄT Baustellen der Mobilitätswende

Gemeinwohl-orientiertes Verkehrssystem gefordert Ein „Bundesmobilitätsgesetz“ soll die Politik dazu verpflichten, den Verkehrssektor an sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Zielen auszurichten. Das fordert die Denkfabrik Agora Verkehrswende in einer aktuellen Analyse. Bislang werde die Verkehrsinfrastruktur nicht Verkehrsträgerübergreifend geplant; der wachsende motorisierte Verkehr auf den Straßen beeinträchtige die Lebensqualität der Bevölkerung und rücke die Verkehrswende in weite Ferne; die gesellschaftlichen Kosten durch Lärm, CO2 und Schadstoffe sowie für den öffentlichen Raum seien durch die vom Autohalter zu tragenden PKW-Kosten nicht gedeckt. Im Gegenteil: Dieselsubvention, Dienstwagenprivileg und das Recht, überall zu parken, wo es nicht ausdrücklich verboten ist, räume dem Privatauto noch zusätzlich eine bevorzugte Stellung ein. Diese Privilegien sollten abgeschafft werden. Denn Kostenwahrheit sei unerlässlich, wenn es darum gehe, ein am Gemeinwohl ausgerichtetes Verkehrssystem zu schaffen. (hn) Die Analyse steht als PDF bereit unter: https:// 4 www.agora-verkehrswende.de/veroeffentli chungen/baustellen-der-mobilitaetswende/

Anträge auf Pop-Up-Radwege

Spuren für Radler reservieren! Städte und Gemeinden sollten noch viel mehr Straßenflächen zu Pop-Up-Radwegen umwidmen, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Obwohl immer mehr Radfahrer auf den Straßen unterwegs sind, existieren in den meisten deutschen Städten keine ausreichend breiten, baulich abgegrenzten und geschützten Fahrradwege“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Bislang dauere ein Radweg bis zur tatsächlichen Einrichtung maximal zehn Jahre. „Dass es auch anders geht, zeigen uns die Niederlande und Dänemark“, so Resch. Sein Verband hat nun in 236 Städten PopUp-Radwege beantragt: Autospuren seien umzuwidmen und verkehrsberuhigte Straßen sowie Tempo 30 einzuführen. Mehr als 80 Kommunen haben sich Resch zufolge zurückgemeldet. „Bonn, Lemgo und Leverkusen haben die Anträge bereits auf die Tagesordnung der zuständigen Ausschüsse gesetzt.“ Die DUH hat ein Gutachten erstellen lassen, das zeigt, wie sich Pop-Up-Radwege und Tempo-30-Zonen rechtssicher umsetzen lassen. Das OVG Berlin-Brandenburg urteilte für Berlin, dass die Pop-up-Radwege dort vorerst nicht zurückgebaut werden müssen. (hn) Das Rechtsgutachten der Kanzlei Geulen4 Klinger-Rechtsanwälte zu den Pop-Up-Radwegen im PDF (45 S.) unter https://kurzelinks.de/bp4k

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Carsharing

Hohes Vertrauen der Nutzer

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rotz Pandemie zieht die Carsha- stehen, ist im Krisenjahr nahezu konstant ring-Branche für das Jahr 2020 eine geblieben: Insgesamt 238 Unternehmen bie„insgesamt positive Bilanz“. Zwar ten in 855 Kommunen ihre Dienste an. Auch seien Buchungen und Umsätze durch den die Zahl der in Deutschland bereitgestellten flächendeckenden Mobilitätsrückgang wäh- Carsharing-Fahrzeuge ist im Vergleich zum rend der beiden Lockdowns teilweise mas- Vorjahr nur geringfügig um 3,2 Prozent auf siv eingebrochen, nichtsdestotrotz konnten jetzt 26 220 Teilautos gestiegen. die Teilauto-Anbieter mehr Kunden für sich Allerdings hat Corona auch Spuren hintergewinnen. Während das stationsbasierte lassen: Insbesondere Standorte in der städCarsharing 2020 nur um zwei Prozent auf tischen Peripherie, in kleinen und mittleren aktuell 724 000 Nutzer zulegen konnte, ver- Städten sowie im ländlichen Raum seien zeichneten die Freefloating-Unternehmen während der Pandemie wirtschaftlich unter gut 36 Prozent Neukunden und liegen nun Druck geraten und von Schließung bedroht, bei 2 150 300 Nutzern. Das gab der Bundes- beklagt Nehrke. Der BCS-Chef fordert verband Carsharing (BCS) im Februar mit deshalb für seine Branche ein nationales seiner jährlichen Statistik bekannt. Entwicklungsprogramm, das notleidenden Die gestiegenen Nutzerzahlen wertet BCS- Carsharing-Standorten unter die Arme Chef Gunnar Nehrke als Zeichen dafür, dass greifen, Kommunen beim Ausbau von sich Carsharing in der Krise „als multimo- Teilauto-Stellplätzen im öffentlichen Raum dale Ergänzung zum ÖPNV“ bewährt habe. unterstützen und einen Sharingzuschuss für Damit, so Nehrke, befinde sich Carsharing private Haushalte beinhalten soll. „als starker Motor der Verkehrswende“ in eiUm ihre Interessen zu bündeln und öffentner guten Ausgangslage. Weiterhin auf dem lich stärker wahrgenommen zu werden, haVormarsch seien kombinierte Angebote, bei ben sich kürzlich neun Freefloating-Anbieter denen das gleiche Unternehmen sowohl sta- zur „Plattform Shared Mobility“ (PSM) zutionsbasierte als auch frei im Straßenraum sammengeschlossen. (hn/tb) Die detaillierte Carsharing-Statistik lesen Sie verfügbare Fahrzeuge anbietet. Die Zahl 4 der Orte mit Kombiangeboten hat sich laut unter https://www.carsharing.de/carsharingstatistik-2021-branche-trotzt-pandemie Statistik von 14 auf 20 erhöht. Die Zahl der Bundesverband CarSharing e.V., Schönhauser 4 Anbieter sowie die Zahl der Städte und Ge- Allee 141 B, 10437 Berlin, Fon 030/92123353 meinden, in denen Teilautos zur Verfügung Fax 030/22320704, info@carsharing.de

ÖPNV in der Coronakrise

Ruf nach zweitem Rettungsschirm Die Coronakrise hat die ÖPNV-Unter- Angebot aufrecht. Das heißt laut Wortmann: nehmen in Deutschland weiterhin fest „Wir fahren weiterhin Verluste ein.“ Der bis im Griff. Seit dem erneuten Lockdown im zu fünf Milliarden Euro schwere RettungsDezember des vergangenen Jahres sind die schirm, den die Bundesregierung für die Fahrgastzahlen, die sich im Sommer auf ÖPNV-Unternehmen aufgespannt hat, reicht rund 80 Prozent des Niveaus von 2019 er- nach aktuellen VDV-Berechnungen noch bis holt hatten, nach Angaben des Branchen- Ende des ersten Quartals 2021. verbandes VDV aktuell wieder auf bundesHinzu kämen zusätzliche Aufwendungen weit 30 bis 40 Prozent eingebrochen. für Reinigungsmaßnahmen, Einbau von Der Verband geht davon aus, im laufenden Trennscheiben zum Schutz des Personals Jahr nicht wieder auf die in normalen Zeiten und die Kontrolle der Maskenpflicht in Busüblichen Fahrgastzahlen zu kommen. „Mit sen und Bahnen. Wortmann fordert einen einem deutlichen Anstieg rechnen wir erst zweiten Rettungsschirm um die auf 3,5 Mrd. wieder im Herbst, wenn die Zahl der Geimpf- Euro geschätzten Verluste für 2021 auszugleiten entsprechend hoch ist und die Einschrän- chen. „Mit den noch vorhandenen Mitteln kungen für Wirtschaft und Gesellschaft nach aus dem Rettungsschirm von 2020 bleibt ein und nach zurückgenommen werden, vor zusätzlicher Bedarf von rund zwei Milliarden allem mit dem Rückgang bei der millionen- Euro“, rechnet er vor. Wortmann will nun mit fachen Kurzarbeit und dem Arbeiten von der Bundesregierung über einen zweiten Retzuhause“, sagt VDV-Präsident Ingo Wort- tungsschirm verhandeln. (hn) mann. Trotzdem erhielten die Verkehrsun- 4 VDV, Lars Wagner, Fon 030/399932-14 ternehmen nahezu das volle Bus- und Bahn- wagner@vdv.de, http://www.vdv.de

März 2021


BAUEN Baubranche

Sanierung vor Abriss Die Baubranche gehört zu den größten Klimasündern überhaupt. Rund 30 Prozent der direkten und indirekten CO2-Emissionen, fast 40 Prozent des Energieverbrauchs und gut 60 Prozent des Abfallaufkommens gingen auf das Konto des Bausektors, teilt die Architektur- und Beratungsgesellschaft CSMM mit. Um das Pariser Abkommen einhalten zu können, seien „radikales Umdenken und ressourcenschonendes Bauen im Bestand“ nötig, fordert CSMM-Chef Timo Brehme: „In der Baupraxis geben Gebäudeplaner leider oft dem Abriss beziehungsweise Ersatzneubau den Vorzug vor dem ökologisch viel sinnvolleren Bestandserhalt mitsamt Sanierung.“ In vielen Bereichen fehle es an Zusatzausbildung und Sachkenntnis, moniert Brehme. Neben mangelhafter Grundlagenermittlung trage zudem ein Gewirr aus gesetzlichen Vorgaben und Förderprinzipien zur möglichen Fehlentscheidung für den Abriss bei, findet er: Zur Gestaltung einer klimaneutralen Zukunft führe am Bestand und seiner Sanierung kein Weg vorbei. (hn) CSMM GmbH, Timo Brehme, Werk 3, Atelierstr. 14 4 81671 München, Fon 089/9601599-0, Fax 089/960159999, inf@cs-mm.com, http://www.cs-mm.com

Wärmedämmung

Und sie rechnet sich doch Lohnt sich Wärmedämmung? Berechtigte Frage, denn Dämmen kostet Geld. Doch das ist gut angelegt, glaubt man der Fachvereinigung Extruderschaumstoff (FPX), die sich auf eine Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz in München beruft. Demnach spielen die eingesparten Heizkosten die Investition in eine Dämmung innerhalb weniger Jahre wieder ein. Die Wärmedämmung eines vor 1977 errichteten Hauses amortisiere sich nach 4 bis 10 Jahren; die Dämmung einer Kellerdecke rechnet sich laut Studie nach 6 bis 8 Jahren, eine Steildach-Dämmung nach 6 bis 16 Jahren. Das werde maßgeblich von der Bauweise beeinflusst, teilt die FPX mit. Ein Flachdach, das als Umkehrdach ausgeführt werde, dessen Dämmung also im Gegensatz zur herkömmlichen Bauweise auf der Dachhaut und nicht darunter liegt, verdoppele die Lebensdauer des Daches auf etwa 40 Jahre. Dach- und Kellerdämmungen sind laut Fachvereinigung besonders effektiv, denn dort gehe die meiste Wärme verloren – etwa jeder zweite Euro an Heizenergie. (hn) Fachvereinigung Extruderschaumstoff – FPX e.V. 4 Norbert Buddendick, Friedrichstr. 95, 10117 Berlin Fon 030/52687209, Fax 030/5268721 buddendick@fpx-daemmstoff.de http://www.fpx-daemmstoffe.de

März 2021

Recycling-Asphalt

Klimaschonender Straßenbau Das Land Baden-Württemberg will im Schulterschluss mit der Bauwirtschaft beim Straßenbau künftig mehr Recyclingmaterial einsetzen.

„Die Wiederverwendung von Baustoffen ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann. Der Südwesten forsche seit 2011 an recyceltem Asphaltgranulat im Asphaltmischgut von Straßen. Die Auswertung der über neun Jahre alten Strecken sei so überzeugend, dass man für Landesstraßen nun verbindlich eingeführt habe, Recyclingasphalt zu verwenden. Die Bauwirtschaft unterstützt Hermanns Vorstoß. Dabei komme der öffentlichen Hand Vorbildfunktion zu, sagt Verbandsvize Mathias Waggershauser: „Ausschreibungen müssen so gefasst werden, dass Recyclingbaustoffe gleichberechtigt mit Neumaterialien angeboten werden können.“ Für Recyclingmaterial gibt es verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Beim Bau von Brücken, Tunnels oder Lärmschutzwänden bietet sich die Zumischung von Betonabbruch an. Für Herstellung und Einsatz von R-Beton gibt es mittlerweile ein ausgefeiltes technisches Regelwerk. Auch Neu-Asphalt lässt sich mit aufbereitetem Recyclingmaterial mischen. Je nach Schicht sind Zumischungen bis 80 Prozent Altmaterial möglich. Die mögliche Zumischmenge hängt

von der Gleichmäßigkeit des Granulats und von der angestrebten Asphaltmischgutsorte ab. Auch dafür gibt es mit den „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltmischgut“ und dem „Merkblatt für die Wiederverwendung von Asphalt“ verbindliche Regeln. Hermann geht noch einen Schritt weiter: Asphalt soll auch klimaschonender hergestellt werden – und das Stadtklima verbessern. Dafür hat der Minister zwei Pilotprojekte gestartet. Eines erprobt „temperaturabgesenkte Walzasphalte“. Dabei werden dem Asphalt organische oder mineralische Stoffe zugesetzt, die dafür sorgen, dass er sich bei geringerer Temperatur herstellen und verarbeiten lässt. Das spart Energie und reduziert Emissionen. In einem zweiten Projekt will man AsphaltDeckschichten entwickeln, die sich durch Zumischung einer hellen Gesteinskörnung in geringerem Maße aufheizen. Sollte das gelingen, könnte der Kühlasphalt in überhitzten Städten das Mikroklima positiv beeinflussen. Gemeinsam mit dem Bund will der Verkehrsminister dieses Jahr 626 Mio. Euro in den Straßenbau investieren. Für den kommunalen Straßenbau und die Sanierung maroder Brücken hält er 127 Mio. Euro bereit. Kommunale Vorhaben können übers Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz mit Förderungen von bis zu 90 Prozent rechnen. (hn) https://bauwirtschaft-bw.de/pressedetailseite/ 4 pressestatement-der-verkehrsministeriums-undder-bauwirtschaft

Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur

Neubau nur noch mit Lademöglichkeit Ladesäulen für Elektroautos in Wohn- und men sind, kritisiert Andreae als vertane ChanNichtwohngebäuden sollen bereits bei der ce, „zumal Ein- und Zweifamilienhäuser über Planung von Neubauten oder größeren 80 Prozent aller neu gebauten Wohngebäude Renovierungen berücksichtigt werden. Da- ausmachen“. Hier würden die Kosten für spämit Privatleute ihr E-Auto zu Hause, am Ar- tere Nachrüstung deutlich höher ausfallen. beitsplatz oder bei alltäglichen Besorgungen Standorte zu bündeln und so alternative Laladen können, hat der Bundestag das Ge- delösungen im Quartier zu ermöglichen, wie bäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz es das GEIG vorsieht, findet Andreae ebenso (GEIG) beschlossen. Es gilt für Neubauten gut wie VKU-Chef Ingbert Liebing: „Die Enoder Renovierungen von Wohngebäuden mit ergiewende in den Städten wird maßgeblich mehr als fünf und für Nichtwohngebäude mit in Quartieren organisiert.“ Dabei müssten die mehr als sechs Parkplätzen. Ab dieser Grö- Erzeugung aus Erneuerbaren, digitale Infraßenordnung müssen Leerrohre für Daten- struktur, aber auch die Strom-, Wärme- und und Elektroleitungen verlegt werden. Ladenetze zusammengedacht werden. BDEW-Chefin Kerstin Andreae sieht „geraDie Regierung hat das GEIG bereits vergande den Ausbau der privaten Ladeinfrastruk- genen März verabschiedet (s. UB Mai´20), tur“ für den Hochlauf der Elektromobilität doch die Beratungen im Bundestag zogen sich als entscheidenden Faktor. Denn mehr als 85 hin. Nun geht´s in den Bundesrat. (hn/tb) Prozent der Ladevorgänge werde im privaten https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/ 4 Bereich stattfinden, sagt sie. Dass Ein- und Service/Gesetzesvorhaben/gebaeudeZweifamilienhäuser vom Gesetz ausgenom- elektromobilitaetsinfrastruktur-gesetz.html

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NATURSCHUTZ Bundes-Insektenschutzgesetz

Aus für Glyphosat ab 2023 Der Druck auf die Politik, endlich etwas gegen das Insektensterben zu tun, begann anno 2017 mit den Ergebnissen der Krefelder Langzeitstudie. Damit belegten ehrenamtliche Insektenforscher einen dramatischen Rückgang der Sechsbeiner. Dieser Befund mündet nun vier Jahre später in ein Insektenschutzgesetz, das vom Bundeskabinett im Februar beschlossen wurde.

Gesetzlich verankert sind damit der Schutz von artenreichen Grünland, Streuobstwiesen und Trockenmauern, ein geringerer Einsatz von Bioziden und weniger Lichtverschmutzung. Zugleich ändert das Kabinett die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung und beschließt damit das Aus für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel von 2023 an, ein Verbot von Herbiziden und Insektenziden in bestimmten Schutzgebieten sowie beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ein Mindestabstand von zehn Metern zu Gewässern. Die Meinungen über die Gesetzesvorlagen, die der Bundestag erst noch absegnen muss, gehen allerdings weit auseinander. Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze in den Beschlüssen eine „gute Nachricht für die Insekten“ sieht, weist das Pestizid-AktionsNetzwerk PAN Germany in einer Analyse darauf hin, dass zahlreiche Ausnahmen die Anwendungsbeschränkung für glyphosathaltige

Mittel, die Vorgabe für pestizidfreie Gewässerrandstreifen und das Verbot für Herbizide und Insektizide in Naturschutzgebieten relativieren. So reichen laut Entwurf nicht weiter definierte „wirtschaftliche Schäden“ aus, dass Landwirte die neuen Beschränkungen nicht umsetzen müssen. Zudem gilt das Spritzverbot nur zum Teil in Naturschutzgebieten. Auf den für den Artenschutz wichtigen FFH-Flächen dürfen sie etwa in Gartenbaukulturen oder im Obst-und Weinbau weiter eingesetzt werden. Auf Äckern in FFH-Gebieten werden diese Verbote lediglich „angestrebt“. Die naturschutzpolitische Grünen-Sprecherin Steffi Lemke moniert, dass weniger Pestizide durch zahlreiche und schwammig formulierte Ausnahmen und Schlupflöcher insbesondere bei Glyphosat und durch das Fehlen einer Strategie zur Pestizidreduktion nicht zu erwarten seien. Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied erklärt, Auflagen und Verbote würden nicht weiterhelfen; der einzig wirksame Weg sei die Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Gesellschaft und Landwirtschaft. Unionsfraktionsvize Gitta Connemann spricht sich für mehr Vertragsnaturschutz in FFH- sowie in Naturschutzgebieten und damit für eine Kooperationspflicht mit den Landwirten aus. (hbj) Den Gesetzentwurf finden Sie unter https:// 4 www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_ PDF/Gesetze/3_aenderung_bnatschg_bf.pdf

Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern

Konsequentere Umsetzung gefordert ÖPD, Bündnis´90/Grüne, Landesbund für Nachholbedarf gibt es auch beim BiotopverVogelschutz in Bayern (LBV) und die Gre- bund, den Bayern laut Landesnaturschutzgegor Louisoder Umweltstiftung fordern von setz bis 2030 auf mindestens 15 Prozent des der bayerischen Staatsregierung, das Volks- Offenlands ausdehnen will. Doch der dafür begehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ notwendige Statusbericht, den die oberste konsequenter umzusetzen. Um zum Bei- Naturschutzbehörde Landtag und Öffentspiel beim Ökoanbau die 30-Prozent-Marke lichkeit vorlegen soll, ist immer noch in Arbis 2030 zu erreichen, brauche es klare Vor- beit. Dabei sei das Bayerische Naturschutzgegaben für mehr regionale Biolebensmittel in setz bereits im August 2019 in Kraft getreten. den öffentlichen Kantinen, sagt die ÖDP-ViDoch es gibt auch Lob: Positiv sei die Auszevorsitzende Agnes Becker. Deshalb sollten weisung von 58 000 ha Naturwald und der die Kantinen mindestens 50 Prozent Biokost geplante Ausbau des Vertragsnaturschutzes anbieten. „Stattdessen“, sagt Volksbegehren- im Wald auf 100 000 ha, heißt es aus dem Sprecher Markus Erlwein, „hat der Freistaat Trägerkreis Volksbegehren. Darauf weist in einer Richtlinie festgelegt, dass die Kanti- auch Agrarministerin Michaela Kaniber hin, nen mindestens 50 Prozent biologisch oder mit den Naturwaldflächen habe man einen regional erzeugte Ware einkaufen müssen.“ Beitrag zur Biodiversität erbracht. (hbj) Volksbegehren Artenvielfalt Dieses Schlupfloch ermögliche den Kantinen 4 jedoch, weiterhin 100 Prozent konventionelle c/o Landesbund für Vogelschutz (LBV), Markus Erlwein Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein, Fon 09174/4775-7180 Ware zu verwenden und dabei lediglich da- presse@volksbegehren-artenvielfalt.de https://volksbegehren-artenvielfalt.de rauf zu achten, dass die Hälfte regional sei.

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Volksinitiative Artenvielfalt in NRW

Stimmhürde locker genommen Rein formell ist die Volksinitiative Artenvielfalt in Nordrhein-Westfalen bereits am Ziel: Wie der BUND, der Nabu und die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU) Anfang Februar bekannt gaben, haben sie mittlerweile mehr als 70 000 Unterschriften gesammelt – und damit deutlich mehr als die erforderlichen 66 000. Die Verbände wollen jedoch bis Juni weiter werben und danach ihr Anliegen in den Landtag einbringen, der sich dann mit den Forderungen beschäftigen muss. Die Initiatoren plädieren zum Beispiel dafür, den Flächenverbrauch zu stoppen, mehr naturnahe und wilde Wälder auszuweisen, den Biotopverbund auszuweiten, mehr Artenschutz in den Städten zu betreiben und einen neuen Nationalpark in der Senne einzurichten. Dies solle die Landesregierung verbindlich in Landesgesetzen und Programmen umsetzen. Überall dort, wo die Naturschutzverbände Volksbegehren oder Volksinitiativen wie etwa in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Brandenburg auf den Weg gebracht haben, stellt LNU-Chef Mark vom Hofe fest, „sind wichtige Debatten entstanden“. Das sei auch das Ziel für NRW, denn ohne Druck geschehe leider fast nichts. (hbj) www.artenvielfalt-nrw.de 4

BaWü-Wettbewerb Goldene Wildbiene

Verkehrsinseln sollen blühen Gemeinde, Städte und Kreise in BadenWürttemberg können sich noch bis 31. Mai um die „Goldene Wildbiene“ bewerben. Diese Auszeichnung vergibt das Landesverkehrsministerium für besonders insektenfreundlich angelegte Verkehrsinseln, Rastplätze oder Straßenböschungen. Die Flächen müssen an Gemeinde-, Kreis-, Landes- und Bundesstraßen liegen und in den vergangenen drei Jahren angelegt worden sein. Die besten zehn Ideen werden ausgezeichnet. Keine Grenzen sind dabei der Vielfalt der Maßnahmen gesetzt, wie Beispiele aus 2020 zeigen: Die Stadt Schwäbisch Hall bepflanzte einen Teil eines mit Schottersteinen gesetzten Kreisels mit Mauerpfeffer und legte Steinhaufen an; Crailsheim säte auf einer Fläche entlang einer Bundesstraße insektenfreundliche Pflanzen und legte eine Baumreihe mit Traubenkirschen an; die Stadt Saulgau wandelte einen Acker in eine Fettwiese um. Allein im vorigen Jahr, teilt das Verkehrsministerium mit, haben Kommunen und Landkreise im Südwesten rund 25 000 m2 in Insektenhabitate umgewandelt. Dies entspreche einer Parkplatzfläche von 2 700 Autos. (hbj) www.bluehende-verkehrsinseln.de 4

März 2021


PUBLIKATIONEN Klimaschutztipps für den Alltag nimmt sen. Hierzu wurde eine neue Methode zur schaft. Dazu werden auch Beispiele einiger eine Broschüre der Verbraucher-Initiative Ermittlung und Modellierung des realen Kommunen vorgestellt. Weitere Beiträge und des Bayerischen Staatsministeriums für Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissi- befassen sich mit der Akzeptanz von ErUmwelt und Verbraucher in den Blick. Zu den onen von PKW und LNF erarbeitet. (mb) neuerbaren Energien in Kommunen, mit Themen Energiesparen im Haushalt, Wohnen, Möglichkeiten und Praxis des Rückbaus UBA-Texte Nr. 231: Erarbeitung einer Methode zur 4 Abfälle vermeiden, Kleidung, Ernährung, Mo- Ermittlung und Modellierung der CO2-Emissionen des alter Windkraftanlagen sowie mit Speicherbilität sind mehr als 200 Vorschläge versam- Kfz-Verkehrs. 78 S., PDF kostenlos unter technologien und der Digitalisierung. (mb) melt, wie man zu mehr Klimaschutz beitragen www.umweltbundesamt.de/publikationen/ KOMM:MAG Jahresmagazin 2020: Wirtschaft im 4 erarbeitung-einer-methode-zur-ermittlung Wandel – Erneuerbare Energien als wichtiger Antrieb. kann. Auch das kreative Wiederverwenden ge(78 S., PDF) unter www.unendlich-viel-energie.de/ brauchter Dinge wird behandelt. (mb) mediathek/publikationen/kommmag-2020 Zur Transformation hin zu einer zukunfts Einfach klimagerechter leben in Bayern (44 S.) als PDF 4 fähigen Gesellschaft mit nachhaltiger Ent- Der DWA-Branchenführer 2021 bietet als unter www.bestellen.bayern.de oder gedruckt bei: Bestellservice der Bayerischen Staatsregierung, wicklung bzw. Wirtschaft hat man meist das internationales Firmenverzeichnis der WasBestell-Fon 089/12222 ; weitere Infos: VerbraucherDrei-Säulenmodell Ökologie, Ökonomie ser- und Abfallwirtschaft mehr als 1  000 portal Bayern: www.verbraucherportal.bayern.de und Soziales im Sinn. Diese Betrachtung äu- Unterrubriken zu Produkten und DienstleiFür die Verwertung von Grünschnitt und ßerlicher Faktoren ist vielen Experten heute stungen aus 22 Arbeitsbereichen, mit umfasMahdgut von Weg- und Straßenrändern zu oberflächlich und nicht wirksam genug. senden Angaben zu mehr als 200 Unternehsowie Gewässerufern fordern Naturschüt- Denn: noch mehr Information und Aufklä- men und Ingenieurbüros. Die Themenpalette zer, Landwirte, Kommunen und der Nieder- rung scheinen lediglich die Kluft zwischen reicht von der Kanalisation über die Abwassächsische Heimatbund, diese Art Biomasse Wissen und Handeln zu vergrößern. Deshalb ser- und Klärschlammbehandlung bis zum juristisch als Landschaftspflegematerial zur sucht man nun ganzheitliche Ansätze für die Wasserbau, von Abdeckmatten über PumVerwertung freizugeben. Bisher muss das Transformation. Volkswirt Daniel Sieben pensteuerungen bis zur Rückverlegung von Material gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz wendet sich gegen die „Schein-NachhaltigDeichen. Inhalts- und Stichwortverzeichnis als Abfall teuer entsorgt werden. Dies ver- keit“ und entwickelt ein Transformationssind für den internationalen Markt auch in meiden die Akteure, indem sie das Mahdgut leitbild, das den gesamten Menschen fordert: Englisch und Französisch gehalten.(mb) einfach liegen lassen, bzw. schreddern (mul- ökologisch, sozial, emotional und ethisch/ DWA-Branchenführer 2021. als Internet-Auftritt 4 chen). Besser für die Saumbiotope wäre, das spirituell. Demnach beginnt Nachhaltigkeit unter www.dwa.de/bf und als App DWAindustry. Material u.a. zu kompostieren, zu verbrennen nicht im „richtigen“ Handeln – sondern Gedruckte Einzelexemplare (400 S.) zu bestellen oder in Biogasanlagen zu verwerten. (mb) dann, wenn wir die unbewusste Spaltung kostenlos unter www.dwa.de/bf NHB Positionspapier: Biomasseverwertung 4 unserer Psyche und Identität als Ursache für Sollten wir (Plastik-)Verpackungen für (Grünschnitt) von Wegrainen, Gewässerrändern und fehlende Nachhaltigkeit überwinden. (mb) Straßenseitenräumen (5 S. PDF) kostenlos unter Lebensmittel einfach weglassen, wie es Daniel Sieben: Ganz Mensch Sein. Wie wir die 4 https://niedersaechsischer-heimatbund.de/ neuerdings Unverpacktläden vormachen? Schein-Nachhaltigkeit überwinden – Ein Transforwp-content/uploads/2020/11/2020-10-AG_ mationsleitbild. 232 S., 26 Euro, oekom verlag Klar ist, Verpackungen schützen Inhalte Wegraine-Positionspapier-RestbiomasseverwerGmbH, Waltherstr. 29, 80337 München, Fon tung-in-Niedersachsen.pdf und sind im Handel wichtig für Hygiene089/544184-0, Fax -49, www.oekom.de/nc/buecher standards, effiziente Logistik, Marketing und Flugzeuge müssen Treibstoff ablassen, wenn sie kurz nach dem Start unvorherge- Zur nachhaltigen Entwicklung auf kom- Kundeninformation. Klar ist auch, dass Versehen notlanden müssen oder aus anderen munaler Ebene liefert der Agrarbiologe packungen wesentlich Anteil haben an den Gründen unzulässig hohes Landegewicht Wilfried Nobel ein zweiteiliges Fachbuch. weltweit steigenden Kunststoffmengen und hätten. Ein UBA-Positionspapier beschreibt Im ersten Teil führt er umfassend in das den damit verbundenen Umweltproblemen. Notwendigkeit und Ablauf dieser Treibstoff- Thema Ökologie im biologischen Sinne ein Ein Sammelband mit 21 Beiträgen diskutiert Schnellablässe und stellt Statistiken zur Men- und gibt in Teil 2 erprobte Empfehlungen die vielfältigen Aspekte der Verpackungsrege und Flughöhe vor. Modellrechnungen auf und Handlungsanleitungen für eine zu- duktion, beleuchtet die Herausforderungen Basis von vier Worst-Case-Szenarien sowie kunftstaugliche Entwicklung von Städten, für den Handel und stellt die aktuellen wiszu einem regionalen, realen Szenario bilden Gemeinden, Landkreisen und Regionalver- senschaftlichen Erkenntnisse dazu dar. (mb) Melanie Kröger, Jens Pape, Alexandra Wittwer die Grundlage zur Bewertung der Auswir- bänden. Diese leitet er aus den Rahmenvor- 4 Einfach weglassen? Ein wissenschaftliches kungen auf Umwelt und Gesundheit. Recht- gaben der Lokalen Agenda 21 bzw. den 17 (Hrsg.): Lesebuch zur Reduktion von Plastikverpackungen im globalen Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Lebensmittelhandel. 424 S., 26 Euro, oekom verlag liche Aspekte ergänzen die Aussagen. (mb) Das UBA-Positionspapier: Treibstoffschnellablass 4 Vereinten Nationen sowie diversen politi- GmbH, Waltherstr. 29, 80337 München, Fon aus Luftfahrzeugen: Wirkungen auf Umwelt und schen Steuerungsinstrumenten (vor allem 089/544184-0, Fax -49, www.oekom.de/nc/buecher Gesundheit (16 S.) steht als PDF unter aus Baden-Württemberg) ab. (mb) www.umweltbundesamt.de/publikationen/ Wilfried Nobel: Ökologie. Eine Einführung mit treibstoffschnellablass-aus-luftfahrzeugen 4 Die Biodiversitätskrise zählt zu den großen Handlungsanleitungen für eine nachhaltige Zukunftssorgen der Menschheit. Doch was Kommunalentwicklung, 392 S., 32 Euro, oekom Der Kraftstoffverbrauch von PKW und verlag GmbH, Waltherstr. 29, 80337 München, Fon genau ist eigentlich Biodiversität? Wodurch ist leichten Nutzfahrzeugen (LNF) wird auf 089/544184-0, Fax -49, www.oekom.de/nc/buecher sie bedroht? Und wie kann sie besser erhalten dem Rollenprüfstand im Fahrzyklus ermitund geschützt werden? Eine neue Broschüre telt. Auf der Straße verbrauchen dieselben Das Jahresmagazin Kommag der Agentur der Allianz Umweltstiftung gibt Antworten Fahrzeuge dann oft viel mehr Kraftstoff. Das für Erneuerbare Energien widmet sich der auf diese und viele andere Fragen, Dazu stellt Umweltbundesamt hat deshalb vom Ifeu-In- Wertschöpfungskette der „Erneuerbaren“ in sie anschaulich u.a. Monitoring- und Schutzstitut die Abweichung zwischen offiziellen den Kommunen: Sie schaffen Arbeitsplätze, konzepte vor und zeigt Zusammenhänge auf. und realen Verbrauchswerten von europä- fördern die Teilhabe von Bürger*innen so- Mit vielen Info-Grafiken. (mb) ischen PKW anhand von 12 Datenquellen wie Innovationen, und sind grundlegend 4 Die Broschüre Biodiversität (64 S., PDF) steht mit ca. 1,4 Mio. Fahrzeugen untersuchen las- für die Dekarbonisierung unserer Wirt- kostenlos unter https://umweltstiftung.allianz.de März 2021

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BÜRGERINFO Diese Seiten können Sie als UmweltBriefeAbonnent kostenfrei abdrucken. Den Text finden Sie auch unter www.umweltbriefe.de (> aktuelle Ausgabe). Ein PDF der Seite können Sie anfordern unter redaktion@umweltbriefe.de

Zum Tag des Wassers (22. März)

Wertvolles Nass – auch hier

Der Wasser-Fußabdruck … … beziffert nicht nur den direkten Verbrauch aus der Leitung, sondern auch die versteckte Menge in Produkten, um sie herzustellen, das sogenannte virtuelle Wasser. Deutschlands gesamter Wasserfußabdruck beträgt rund 117 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr. Das ist mehr als das Zweifache des Bodensees und entspricht einem täglichen Verbrauch von mehr als 3 900 Litern pro Einwohner. Weltweit liegt der Verbrauch bei knapp 3 800 Litern pro Person und Tag. Nur fünf Milliarden Kubikmeter entfallen hierzulande auf die öffentliche Wasserversorgung. Das meiste Wasser importiert Deutschland über Agrargüter aus Brasilien, der Elfenbeinküste und Frankreich. www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/ 4 wasser-bewirtschaften/wasserfussabdruck

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das Waschen der Autos, das Abspritzen von Vorplätzen, das Befüllen von Swimmingpools, die Bewässerung von Rasenflächen sowie grundsätzlich Reinigungsarbeiten unter fließendem Wasser. Anno 1990 verschwendete ein Durchschnittsbewohner Deutschlands noch 147 Liter Trinkwasser am Tag. Dank effizienterer Haushaltsgeräte, wassersparender Duschköpfe und Toiletten sowie einem gewachsenen Bewusstsein zur Ressourcenschonung sei dieser Wert seitdem aber deutlich gesunken, berichtet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Von 2007 bis 2017 habe der Trinkwassergebrauch konstant bei nur rund 122 Litern gelegen. Erst in den Dürrejahren 2018 und 2019 verzeichneten die Trinkwasser versorger wieder einen Anstieg der Nachfrage: 2018 auf 127 Liter, 2019 lag der Durchschnittsverbrauch bei 125 Litern. Der Grund: Bei starker Hitze bis 36 Grad Celsius, wie an manchen Sommertagen der vergangenen Jahre, steige der Trinkwasserbedarf um 40 bis 60 Prozent an, sagt BDEW-Wasserchef Martin Weyand: „Die Menschen bewässern ihre Gärten, duschen häufiger und befüllen Pools.“ Da wäre es ratsam, statt das eigene Becken mit Trinkwasser zu füllen und den Garten damit zu wässern, ins Freibad zu gehen und Brauch- oder Regenwasser für Rasen und Rabatte zu nutzen. Vorgeschriebene Einschränkungen könnten dabei helfen, den Bedarf zu reduzieren. Diese hat es laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) auch schon gegeben. Das seien aber Einzelfälle, sagt VKU-Chef Ingbert Liebing. „In Deutschland drohen auch in langen Trockenperioden und Hitze keine flächendeckenden Versorgungsengpässe bei Trinkwasser.“ Laut dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) ist der tägliche Verbrauch von Trinkwasser während der Corona-Pandemie um bis zu 80 Prozent gestiegen. Viele hätten ihren Urlaub daheim verbracht und Pools intensiv genutzt, heißt es beim DStGB. Verbraucher müssten an solchen Tagen abwägen, ob der Verbrauch wirklich notwendig ist, etwa bei der Gartenbewässerung. (tb)

Wasserspar-Tipps:

1.

Trinken Sie Leitungswasser. Der Aufwand für Verpackung und Transport entfällt. Trinkwasser ist das bestüberwachte Lebensmittel hierzulande. Wenn es mal länger in der Leitung stand, lassen Sie das Wasser ablaufen, bis es kühl wird; das ablaufende Wasser können Sie zum Gießen verwenden.

2. Foto: Adobe Stock

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rivate Haushalte in Deutschland haben durch ihren sparsamen Trinkwasserverbrauch bereits viel beim Wassersparen erreicht. Durch zunehmenden Austausch alter Haushaltsgeräte mit wassersparenden Armaturen, Waschmaschinen und Geschirrspülern wird der tägliche Wasserbedarf auch noch weiter zurückgehen. Gut so, denn der Klimawandel hat den „Nutzungsdruck auf das Grundwasser“ regional bereits verschärft. Die vergangenen drei Sommer waren in Deutschland besonders trocken. Dadurch war die Wasserversorgung in vielen Regionen des Landes bedroht. Es könne „zur Wasserknappheit beim Trinkwasser kommen“, mahnte so manches Stadtwerk im Land. Anderenorts gab man bekannt, dass die Versorgungslage teilweise so angespannt sei, dass man damit beginnen müsse, Wasser per LKW dorthin zu transportieren. Entsprechend appellierten Gemeinden an ihre Bürger, „den Wasserverbrauch so gering wie möglich zu halten“, und listeten auf, was man bitte alles unterlassen möge:

Informieren Sie sich, woher das Wasser in Ihrer Region stammt. Wird es über weite Strecken transportiert? Muss es Höhenunterschiede überwinden? Ist es besonders trocken in Ihrer Gemeinde? Beachten Sie deren Empfehlungen zur reduzierten Wassernutzung in heißen Sommern.

3.

Achten Sie auf das warme Wasser. Wer Warmwasser spart, spart Energie und senkt seine Betriebskosten. Zugleich entsteht weniger klimaschädliches CO₂. Zehn Minuten Duschen statt ein Vollbad benötigen weniger als die Hälfte an Warmwasser und Sie sparen 50 Cent an Energiekosten.

4.

Bevorzugen Sie wassersparende Armaturen und wassersparende Geräte. Nur voll beladene Geschirrspüler sind wirklich wassersparend, und dies gilt auch noch für die meisten Waschmaschinen. Insbesondere sparen Sie dadurch auch Energie.

5.

Kaufen Sie saisonale und regionale Lebensmittel. Bei denen ist es unwahrscheinlich, dass ihre Herstellung sensiblen Ökosystemen zu viel Wasser entzogen hat. Problematisch sind Produkte mit hohem Wasser-Fußabdruck aus trockenen Gebieten: z.B. Avocados aus Mexiko.

6.

Bewässern Sie Ihren Garten nicht mit Trinkwasser. Wenn Sie dafür Dachablaufwasser sammeln und nutzen, tragen Sie dazu bei, das Wasser in der Region zu halten und den Wasserkreislauf kleinräumiger zu schließen, eher so, wie er von Natur aus wäre.

7.

Seien Sie aufmerksam bei der Trinkwassernutzung im Urlaub. Nicht nur aufgrund der Qualität des Trinkwassers, sondern auch deshalb, weil viele Urlaubsregionen Schwierigkeiten mit der ausreichenden Bereitstellung von Trinkwasser haben. Eine interessante Broschüre zu Sinn oder Unsinn des 4

Wassersparens hält das Umweltbundesamt unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/ wassersparen-in-privathaushalten-sinnvoll bereit.

März 2021


BÜRGERINFO Mobilität

Verkehrsmittel im Vergleich:

Jeden Tag neu entscheiden

Ein neuer Familienwagen mit reinem Batterieantrieb (68 000 Euro) ist in der Anschaffung noch deutlich teurer als ein vergleichbares Verbrennerauto (45 000 Euro). Aber gilt das auch noch im monatlichen Gebrauch, wenn man die Betriebs-, Fix- und Reparaturkosten einbezieht? Der VCD kommt in seinem Kostenrechner auf monatliche 904 Euro für einen Elektro-Mittelklassewagen gegenüber 912 Euro für den ebenbürtigen Benziner, der immer höhere Betriebskosten verursachen wird als sein elektrisches Pendant. Bei einer angenommenen Fahrleistung von 15 000 km im Jahr kostet der verbrennende Kilometer laut dem VCD-Kostencheck 0,7 Cent mehr als das stromverbrauchende Vehikel.

Welche Kosten unterwegs entstehen: Fixkosten: Steuern und Versicherung, für PKW auch Pauschalen für die Hauptund Abgasuntersuchungen, Parkgebühren etc; Werkstattkosten: für Reparaturen, Inspektionen, Ersatz von Verschleißteilen; Betriebskosten: in Abhängigkeit der Nutzung für Kraftstoff oder für Strom; Wertverlust: Rücklagen, die monatlich gebildet werden müssen, um nach 60 Monaten Haltedauer ein gleichwertiges Neufahrzeug anschaffen zu können; Der VCD-Rechner ermittelt auch die Kosten pro Kilometer bei einer jährlichen Fahrleistung von 15 000 km mit dem PKW und 1 250 km mit dem Fahrrad.

März 2021

„Viele Menschen unterschätzen die Kosten für ein eigenes Auto massiv“, sagt VCDProjektleiter Alexander Kaas Elias. Selbst ein Kleinstwagen koste monatlich mit 376 Euro mehr als die ach so teure Bahncard 100 (336 Euro) und sechsmal so viel wie eine Monatskarte für den ÖPNV (z.B. 63 Euro im Abo in Berlin). Das liege unter anderem am Wertverlust, der selten mitgedacht werde, so Kaas Elias: „Mit dem Umstieg auf Bus oder Bahn oder Rad tut man nicht nur der Umwelt was Gutes, es schont auch den Geldbeutel.“

Jahreskarte oder Elektrobike?

Es sei aber gar nicht so einfach, sich für ein Verkehrsmittel zu entscheiden, das sowohl zu den eigenen Bedürfnissen als auch zum Kontostand passt, meint der VCD. Kauft man sich also lieber ein Jahresabo für den ÖPNV (z.B. in Wien nur 365 Euro) oder ist ein Elektrorad sinnvoller? Der VCD veranschlagt für ein 1 645 Euro teures Elektrobike 28 Euro Werkstattkosten und 15 Euro Wertverlust im Monat. Bei 4 Euro Fixkosten (Anteil der Fahrraddiebstahlversicherung an einer Hausratspolice) und 3 Euro für Strom (0,7 kWh auf 100 km und monatlich 1250 km Fahrleistung) macht das fürs Elektrofahrrad in der Summe 49 Euro pro Monat. Interessant, so der VCD, sei der Kostenrechner besonders für Menschen mit geringem Einkommen. Da im Hartz-IV-Regelsatz für Mobilität 35 Euro veranschlagt werde, bleibe vielen nur das Rad als bezahlbare Mobilitätsform. Selbst Sozialtickets für den ÖPNV sind teurer. Der VCD fordert, dass das Sozialticket nicht teurer sein dürfe als der für Mobilität berechnete Satz für Hartz-IV-Empfänger. Auch jüngere Menschen, die noch in der Ausbildung stecken oder studieren, müssen in der Regel mit knappem Budget auskommen. Nach Wohnen und Essen steht Mobilität an dritter Stelle bei den durchschnittlichen Ausgaben im Monat. Von den rund 1 000 Euro, die Azubis oder Studis durchschnittlich zur Verfügung stehen, müssen sie rund 100 Euro für Mobilität aufwenden. Mit seinem Kostenrechner will der VCD nun dabei helfen, dass Sie eine informierte Entscheidung und gute Wahl treffen. (tb) https://diy.vcd.org/angebote/kostencheck/ 4

Vergleich der CO₂-Emissionen pro Personenkilometer (Pkm). Mit dem Fahrrad verursacht man null CO₂ und ist unschlagbar klimaschonend und auf Kurzstrecken auch am Schnellsten unterwegs. In der Eisenbahn (32 g CO₂/Pkm) hat man Zeit zum Lesen, muss sich aber an Fahrpläne halten. Mit dem Auto (147 g CO₂/Pkm) kann man jederzeit starten, muss sich aber mit Parkplatzsuche und Staus herumärgern.

Foto: Wyron A./Unsplash

Ein Auto zu besitzen, ist deutlich teurer als viele denken. Dass sich der Umstieg auf klimafreundliche PKW-Alternativen auch finanziell rechnen kann, will ein neuer Service des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) deutlich machen. Dessen Check vergleicht alte und neue Fortbewegungsmittel und deckt die tatsächlichen Kosten neben dem Kaufpreis auf.

1.

2.

Auslastung. Mit zunehmender Besetzung des Fahrzeugs verbessert sich die Klimabilanz: Während ein Auto im Mittel mit 1,5 Personen oder zu 30 Prozent besetzt ist, hat die Bahn 42 Prozent Auslastung. Noch etwas klimaverträglicher als die Bahn (32 g/Pkm) schneidet wegen besserer Auslastung der Fernreisebus ab: 30 g CO₂/ Pkm. Das bedeutet: Die Fahrt im voll besetzten PKW kann klimaschützender sein als in einer fast leeren Bahn. Doch die verkehrt nach Fahrplan, also in jedem Fall, d.h. jede Fahrt damit, die als Alternative zum Auto gewählt wird, reduziert den CO₂-Ausstoß.

3.

Flugverkehr. Die Klimawirksamkeit eines Flugzeuges (230 g CO₂/Pkm) ist dreimal höher, als es der Treibstoffverbrauch nahelegt. Das liegt daran, dass Flugzeuge ihre Emissionen in Höhen ausstoßen, in denen sie größere Schäden anrichten als gleiche Mengen am Boden. Der CO₂-Ausstoß von Flugzeugen wird mit dem so genannten RFIFaktor (Radiative Forcing Index) multipliziert, um den Klimaschaden zu errechnen.

4.

Autofahren ist teurer als man denkt. Für jeden Kilometer mit dem Auto muss man 40 bis 60 Cent berechnen. Darin enthalten sind Wertverlust, Betriebsund sonstige Fixkosten sowie Kosten für Wartung und Reparatur. Bei 15 000 im Jahr gefahrenen Kilometern kommt man somit auf Gesamtkosten von 6 000 bis 9 000 Euro.

5.

Fliegen hat seinen Preis. Wenn man Gepäckmitnahme, Sitzplatzreservierung, Abfertigungs- oder Buchungsgebühren hinzurechnet, sind „Billigflieger“ gar nicht mehr so günstig. Zusätzlich werden Steuern und Sicherheitsgebühren fällig.

6.

Die Bahn ist günstiger als ihr Image. Mit Sparpreisen, Bahncard und Mitfahrerermäßigung kann man den Normalpreis deutlich reduzieren. Frühbucher können für 29 Euro durch Deutschland fahren. Den Klimabilanz-, Kosten- und Zeitvergleich lesen 4

Sie unter www.vcd.org/themen/klimafreundlichemobilitaet/verkehrsmittel-im-vergleich

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Postvertriebsstück Nr. G 25295

Entgelt bezahlt

VERANSTALTUNGEN Virtuell, 23. März, 14:00 - 16:15 Uhr Chancen der kommunalen Wärmewende

Difu-Webinar: Wärmewende über die eigenen Liegenschaften, Wärmeplanung – kostenlos; Leitung Björn Weber, Fon 0221/ 340308-10, BWeber@difu.de, https://difu. de/veranstaltungen/2021-03-23/ kommunales-energiemanagement

Webinare, 23. März / 22. April Wärmepumpe in Kombination mit Solarthermie / Photovoltaik

C.A.R.M.E.N.-Web-Seminare: Vorteile des Kombisystems aus Solarwärme/PV und Wärmepumpe als Hybridheizung – kostenfrei; Centrales Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, Fon 09421/960300, contact@ carmen-ev.de, https://www.carmen-ev.de

Webinar, 31. März 2021 IT-Vergabe

Praxisseminar: Beschaffungsverfahren, leistungsbeschreibung – Preis 189 Euro; Behörden-Spiegel, Benjamin Bauer, Fon 0228/ 97097-0, benjamin.bauer@behoerdenspiegel. de, https://www.fuehrungskraefte-forum.de/

Walhalla Fachverlag – Büro Berlin – Sonnenallee 223 – 12059 Berlin Online, 12. April Staatliche Förderung der Klimakrise: Unterwassertunnel

Thema: Klimarelevanz des Fehmarnbelt-, Unterelbe- und Alpentunnels – kostenlos; Thomas Schönberger, schoenberger@ haus-am-schueberg.de, Fon 040/6051014 www.haus-am-schueberg.de

Webinar, 14. April 2021 Bauvergabe in der Praxis

Grundlagen bauvergabe- und bauvertragsrechtlicher Regelungen – Preis 99 Euro; Behörden Spiegel, Julia Kravcov, Fon 0228/ 97097-82, julia.kravcov@behoerdenspiegel.de, https://www.fuehrungskraefte-forum.de/

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Fulda, 29. April 2021 Akteursforum naturnahe Gestaltung Firmengelände insektenfreundlich umgestalten – kostenfrei; Umweltzentrum Hannover, Barbara Olze, Hausmannstr. 9-10, 30159 Hannover, Fon 0511/16403-31 b.olze@umweltzentrum-hannover.de www.aussenstellenatur.de

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18.01.21 15:44

März 2021


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