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Ein paar Beispiele

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Ein paar Beispiele

Unter all den Notenhandschriften findet sich ein Liedblatt mit einem vertonten Gedicht. Der Text ist signiert mit «Kath: Stuz», also Frau Berkmüllers ledigem Namen. Das Lied trägt den Titel «Sängergruss» und ist «froh und mässig geschwind» vorzutragen. Das geht irgendwie nicht zusammen. Im publizierten Gedichtbändchen aus ihrer Jugendzeit aus dem Jahre 1835, als sie noch ihren ledigen Namen Stutz trug, ist dieses Gedicht nicht zu finden. Trotzdem muss es sich um ein frühes Gedicht handeln, sonst wäre es mit Berkmüller unterzeichnet. Das Thema «Sängergruss» passt aber eigentlich erst zur Zeit, als sie bereits verheiratet war und sich ihr Mann im Thurgauer Chorwesen aktiv betätigte. Vielleicht eine Auftragsarbeit? Von einem gewissen Pfarrer von Winter, der es dann auch gleich vertont hat? Von daher gesehen wäre es aber ein späteres Gedicht und da hiesse Katharina bereits Berkmüller. Leider ist das Liedblatt nicht datiert. So bleiben wir mit unseren Überlegungen im Nebel und freuen uns an der Tatsache, dass das Blatt so gut erhalten geblieben ist. Unter den Hunderten von Liedblättern finden sich nämlich lediglich zwei, wo wenigstens der Text von einer Frau stammt.

Bei genauerer Betrachtung fällt auf: Dieses Liedblatt will nicht so recht zu all den andern Chornoten passen. Die hohe Stimm-

Einzelnes Liedblatt mit einem vertonten Gedicht «Sängergruss» von Katharina Stutz. Die Melodie stammt von einem gewissen «Pfr. v. Winter». Chor und Solostimme. 21.7 x 36.0 cm. Ohne Datierung. Inv.Nr. B510.MH03. Ortsmuseum Wängi.

lage entspricht kaum der damaligen Idealvorstellung. So schreibt der Wächter 1831: «Die Leistungen des Gemischten Chores hat uns vollkommen befriedigt, doch glauben wir hier nur des Männerchors vorzüglich erwähnen zu sollen, da wir der Meinung sind, dass jener nur eine angenehme Zugabe sei.»98 Noch 1951 schrieb der damalige Dirigent des Verbandes Samuel Fisch: «Als die Männerchorbewegung einsetzte und eine politische und gesellschaftliche Machtstellung erreichte, konnten die Frauenchöre in der Öffentlichkeit nicht mithalten. – Es waren aber auch rein musikalische Gründe, die mithalfen, dass die Entwicklung der Frauenchöre hinter derjenigen der Gemischten Chöre und der Männerchöre blieb. Die hohen Stimmlagen der Frauen schienen in der Luft zu schweben und nicht auf festem Grund zu stehen.»99 Das schafften nur die Männer!

Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die Abschrift des Liedes «Hört ihrs von den Bergen klingen…», die wohl Berkmüller zuzuschreiben ist. Der Text stammt von Elias Haffter. Er war der Thurgauer Sängervater schlechthin und hing in der Ahnengalerie der Thurgauer Chormusiker des 19. Jahrhunderts an erster Stelle.100 Von Beruf Arzt, widmete er sich nebenbei Zeit seines Lebens dem Chorgesang.

Johannes Wepf hat das Gedicht vertont. Auch er war eine der tragenden Stützen des Thurgauer Chorgesangs und Verfasser des Gedichtes «O,Thurgau du Heimat», welches zur Thurgauer Hymne wurde. Lei zitiert im Zusammenhang mit diesem Lied aus den Notizen von Elias Haffter folgende Begebenheit aus dem Jahre 1846: «Abends war der Sängerverein Hosenruck im Scherbenhof Weinfelden. Dort war alles fidel, zum Willkommen sangen sie mir das Liedchen ‹Hört

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«Hört ihrs von den Bergen klingen …» Lied für gemischten Chor. Text: Elias Haffter. Melodie: Johannes Wepf. 22.7 x 15.7 cm. Ohne Datierung. Inv.Nr. B510.MH14. Ortsmuseum Wängi.