Weser und Renaissance

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Weser & Renaissance Wege durch eine Kulturregion


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Ein Titeldatensatz fßr diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 987-3-931656-29-4

Lektorat: Sigmund Graf Adelmann, Katja Schoene

Holzminden, 2007 www.mitzkat.de

Titelabbildung: Hehlen: Schloss


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Michael Bischoff und Rolf Schönlau

Weser & Renaissance Wege durch eine Kulturregion Mit Hörtexten von Rolf Schönlau und Fotos von Jutta Brüdern

Herausgeber: Schaumburger Landschaft Landschaftsverband Hameln-Pyrmont Landschaftsverband Südniedersachsen Weserrenaissance-Museum Schloß Brake

Verlag Jörg Mitzkat Holzminden, 2007


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Inhalt Vorwort Einleitung Bremen Die Autobahn der frühen Neuzeit Schloss Thedinghausen Nienburg Schloss Petershagen Minden Schelenburg Bückeburg Schloss Baum Sandstein für die Prunkfassaden Stadthagen Hülsede Apelern Schloss Neustadt Celle Von Hofkapellen und Engelskonzerten Wolfenbüttel Ehemalige Universität Helmstedt Schloss Wolfsburg Lateinschulen, Gymnasien und Universitäten Rinteln Schaumburg Schloss Varenholz Bad Salzuflen Herford Beim Fürsten zu Tisch Schloss Brake Lemgo Schloss Wendlinghausen

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Schloss Barntrup Schloss Detmold Die Höfe als Kulturvermittler Blomberg Schwalenberg Schloss Thienhausen Schloss Neuhaus Paderborn Wewelsburg Vom Ritter zum Militärunternehmer Hämelschenburg Hameln Schloss Schwöbber Schloss Hehlen Schloss Bevern Kornkammer der Metropolen Alfeld Einbeck Höxter Meinbrexen Schloss Uslar Hannoversch Münden Glaubenskriege Kassel Anhang: Glossar Literaturhinweise Bildnachweis Personenregister Orte, Adressen, Öffnungszeiten

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Vorwort Das vorliegende Buch soll eine Lücke schließen, denn Touristen und Bewohner der Weserregion, die sich über die hier so zahlreich erhaltenen Renaissancebauwerke kompetent informieren wollten, waren im Wesentlichen auf Fachliteratur angewiesen. Was fehlte, war ein kompaktes Reisehandbuch, das die neueren kunstgeschichtlichen Erkenntnisse, wie sie vor allem am Weserrenaissance-Museum Schloß Brake erarbeitet werden, in leicht verständlicher Form darstellt. Das Handbuch Weser & Renaissance umfasst neben den von Norden nach Süden gegliederten Ortseinträgen einen einleitenden Überblick und neun themenbezogene Stichworte zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Weserregion im 16. und frühen 17. Jh. Eine Übersichtskarte, ein Glossar der wichtigsten architekturgeschichtlichen Begriffe sowie ein Personen- und Ortsregister samt Adressen und Öffnungszeiten von Museen und Bauwerken machen das Buch zu einem praktischen Reisebegleiter durch eine Region, in der sich Landschaft und Kultur zu einem hohen Erlebniswert verdichten. Als historisch gewachsenes Freilichtmuseum verstanden, verfügt die Weserregion über einen breiten Bestand an hochkarätigen Ausstellungsstücken, die dem Besucher die Epoche der frühen Neuzeit am Original lebendig werden lassen. Um die Fahrten zwischen den einzelnen Schlössern, Rathäusern, Bürgerbauten und Kirchen kurzweilig zu gestalten, wird das Buch durch eine CD ergänzt, die mit szenisch aufbereiteten Texten und Musik der Zeit in das Lebensgefühl der Renaissance eintauchen lässt. Die gemeinsamen Herausgeber des Buches danken allen, die an seinem Zustandekommen beteiligt waren: den beiden Autoren Michael Bischoff und Rolf Schönlau, der Fotografin Jutta Brüdern, Manfred Cordes als Leiter des Ensembles Weser-Renaissance, Philipp Schepmann, der die akustische Umsetzung der Hörtexte besorgte, sowie Jörg Mitzkat für sein großes verlegerisches Engagement. Dr. Vera Lüpkes

Ute Fehn

Direktorin des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake

Geschäftsführerin des Landschaftsverbandes Hameln-Pyrmont

Sigmund Graf Adelmann

Olaf Martin

Geschäftsführer der Schaumburger Landschaft

Geschäftsführer des Landschaftsverbandes Südniedersachsen

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EINLEITUNG

Einleitung

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Johann Conrad Musculus: Personifikation der Weser und anderer Flüsse, Deckfarben auf Papier, 1525/26

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er das Wiederaufleben eines früheren Modetrends oder einer vergangenen Stilrichtung hervorheben will, spricht gern von deren Renaissance. Schon 1550 bezeichnete der italienische Künstler und Gelehrte Giorgio Vasari die Wiedergeburt der Antike und ihrer Kultur nach einem vermeintlich kunstlosen Mittelalter als rinascita. Zum Stilbegriff wurde das Wort, nunmehr in seiner französischen Form, 1756 durch Voltaire. Heute versteht man Renaissance als einen Epochenbegriff, der die kulturgeschichtlichen Entwicklungen zwischen Mittelalter und frühem 17. Jh. benennt, die von Italien ausgehend ganz Europa erfassten. Was die genaue Datierung der Renaissance angeht, so liegt es schon in der Natur ihres gesamteuropäischen Charakters, dass die Entwicklung nicht überall zeitgleich verlief. Während man für Italien eine Zeit von etwa 1420 bis spätestens 1600 ansetzt, verbreitete sich die Renaissance in der Region, der sich dieses Handbuch widmet, zwischen dem Beginn der Reformation und dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, also etwa in der Zeit zwischen 1520 und 1620. Die räumliche Eingrenzung des Themas ergibt sich aus dem Untersuchungsgegenstand selbst: den Schlössern, Adelshöfen, Rathäusern und Bürgerbauten der Renaissance, die sich im Weserraum in ungewöhnlich hoher Dichte erhalten haben. Wobei die Wasserstraße, die als Verkehrsweg für Waren und Ideen eine wesentliche Rolle spielte, nur die nord-südliche Ausdehnung der Kulturregion definiert, die sich nach Westen bis Osnabrück und nach Osten bis über Wolfsburg hinaus erstreckt. Der um 1912 geprägte Begriff Weserrenaissance legte nahe, dass sich die Renaissance entlang der Weser durch eine eigenständige Stilentwicklung auszeichnet. Inzwischen weiß man, dass die Baumeister und Künstler der Region durch einen gesamteuropäischen Kulturtransfer in die Neuerungen ihrer Zeit eingebunden waren. Dennoch wird der problematische Begriff als eine Art populäres Markenzeichen nach wie vor verwendet und deshalb auch vom


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Weserrenaissance-Museum Schloß Brake, das sich seit 1986 mit Kunst und Kultur der frühen Neuzeit im Weserraum beschäftigt, im Namen getragen. Um dem allgemeinen Sprachgebrauch entgegenzukommen, führt dieses Buch die beiden Bestandteile des Begriffs im Titel, ohne sie jedoch auf die gängige Weise zu verbinden. Mit der Reformation auf der einen und dem Dreißigjährigen Krieg auf der anderen Seite verweisen schon die geschichtlichen Eckdaten auf das religiöse Spannungsfeld, in dem sich die Renaissance beiderseits der Weser entfaltete. Nachdem Martin Luther drei seiner reformatorischen Hauptschriften veröffentlicht hatte, wurde 1521 auf dem Reichstag zu Worms von Kaiser Karl V. die Reichsacht gegen ihn verhängt. Trotzdem verbreitete sich seine Lehre,

Abraham Ortelius nach Christian Sgrooten: Landkarte von Deutschland, kolorierter Kupferstich aus Theatrum Orbis Terrarum, Antwerpen 1580

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EINLEITUNG

Anonym nach Lucas Cranach d.J.: Belagerung von Wolfenbüttel durch den Schmalkaldischen Bund 1542, kolorierter Holzschnitt aus Cosmographey, Basel 1588

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in der es um eine Rückbesinnung auf die Bibel, Reformen bei der Geistlichkeit und die Beseitigung des Ablasshandels ging. Zum Erfolg der Reformation trugen die Landesfürsten bei, die in der Loslösung von der katholischen Geistlichkeit ein Mittel sahen, die Zentralgewalt in ihrem Territorium zu stärken. Mit dem Schmalkaldischen Krieg kam es 1546/47 zur ersten großen Konfrontation zwischen den Protestanten und dem katholischen Kaiser. Dieser konnte zwar mit den Siegen bei Mühlberg und Halle das protestantische Bündnis zerschlagen, nicht jedoch den religiösen Konflikt lösen. Im Augsburger Religionsfrieden von 1555, der den Landesherren und Freien Städten erlaubte, die Konfession ihres Territoriums zu bestimmen (cuius regio, eius religio), erreichten die Lutheraner zumindest die juristische Gleichstellung mit den Katholiken.


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EINLEITUNG Ausgeschlossen von dieser Regelung waren die Anhänger von Johannes Calvin und seiner in Genf um 1540 erarbeiteten Lehre, die sich in der Frage der Prädestination (Auffassung von einer Vorbestimmung des Menschen) von der lutherischen unterschied. Neben Frankreich, England und Schottland fand der Calvinismus vor allem auch in den Niederlanden viele Anhänger, die unter Wilhelm von Oranien gegen die strenge Herrschaft Philipps II. opponierten, der seit 1556 als spanischer König über die Niederlande regierte. Religiöse Unruhen vor dem Hintergrund der forcierten Durchsetzung der Inquisition führten 1566 zum Bildersturm der Calvinisten. Philipp antwortete mit dem Gewaltregime des spanischen Herzogs von Alba, woraufhin sich 1579 die sieben nördlichen Provinzen zu den sog. Generalstaaten vereinigten. Als Folge des Aufstands entstanden zwei Niederlande, im Norden die calvinistisch-oranischen, im Süden die katholisch-spanischen mit der weitgehenden Festlegung der heute noch bestehenden Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden. 1609 erkannte König Philipp III. von Spanien die Selbstständigkeit der Generalstaaten an. Wie territorial zersplittert und politisch vielfältig die Weserregion vor dem Dreißigjährigen Krieg war, zeigt schon die Aufzählung der mehr oder weniger voneinander unabhängigen Herrschaftsgebiete: die Grafschaften Hoya, Schaumburg, Ravensberg, Pyrmont und Lippe, die Herzogtümer Braunschweig-Lüneburg, Braunschweig-Calenberg und Braunschweig-Wolfenbüttel, die Landgrafschaft Hessen sowie die unter kirchlicher Herrschaft stehenden Gebiete wie die Hochstifte Paderborn und Minden, das Reichsstift Herford, die Reichsabtei Corvey, das Bistum Verden und das Erzbistum Bremen. Bis auf Corvey und Paderborn setzte sich überall die Reformation durch, in der Grafschaft Lippe 1538, in der Grafschaft Schaumburg 1558 und auch im Hochstift Minden spätestens bis 1583. Während sie in Städten wie Lemgo, Minden oder Höxter vom Bürgertum getragen wurde, spielten bei ihrer Durchsetzung in den Territorien die Landesherren eine entscheidende Rolle. Abgesehen von der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-23), die dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel dank der

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Lucas Kilian: Fürst Ernst von HolsteinSchaumburg, Kupferstich, 1623

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politischen Unterstützung des neu gewählten Kaisers Karl V. erheblichen Territorialgewinn einbrachte, blieb der Weserraum von den großen kriegerischen Auseinandersetzungen des 16. Jhs. nicht nur weitgehend verschont, er konnte gleich in mehrfacher Hinsicht davon profitieren. Zum einen erlebte die Weser als Verkehrsweg einen erheblichen Aufschwung, als der Rhein 1566 im Zuge des spanisch-niederländischen Krieges für Exportgüter in die Niederlande gesperrt wurde. Darüber hinaus bot der Krieg Adeligen wie Hilmar von Münchhausen, Georg von Holle oder Georg Klencke ein Feld, sich gemäß ihrem ritterlichen Selbstverständnis als Kriegsoberste zu betätigen und den kriegführenden Parteien Söldnertruppen zur Verfügung zu stellen. Die beträchtlichen Einnahmen flossen in die Landwirtschaft und in repräsentative Baumaßnahmen. Dass so viele dieser Gebäude noch erhalten sind, hat mit dem Dreißigjährigen Krieg zu tun, von dem sich die Region wirtschaftlich nur schleppend erholte. Für eine barocke Umgestaltung der Schlösser, Adelshöfe, Rathäuser und Bürgerbauten, wie sie etwa in Süddeutschland erfolgte, fehlten schlicht die Mittel. Bezeichnend für adelige Bautätigkeit im 16. Jh. ist die Umwandlung einer mittelalterlichen Burg zum repräsentativen Renaissanceschloss, wobei zunächst vor allem Zweiflügelanlagen entstanden. Die geschlossene Anlage mit aufeinanderstoßenden Flügeln und Treppentürmen im Hofwinkel wurde in der Weserregion im Laufe des 16. Jhs. zur bevorzugten landesherrlichen Bauform, die auch bald vom niederen Adel aufgegriffen wurde. Die charakteristischen Zwerchhäuser mit sog. welschen Giebeln eigneten sich besonders gut als Herrschaftssymbol, da sie bei Schlössern wie Detmold, Celle oder Bückeburg, die von hohen Wällen umgeben waren, schon aus der Ferne zur Geltung kamen. Neben den Vierflügelanlagen gab es auch dreiflügelige Schlösser, sei es geometrisch streng geschlossen wie die Wewelsburg oder zum Wirtschaftshof hin offen, wie Schwöbber. Auch Zweiflügelanlagen sowie einflügelige Bauten gehören zum Repertoire der Schlossarchitektur entlang der Weser. An den höfischen Vorbildern orientierte sich nicht nur der niedere Adel; auch bürgerliche Bauherren bedienten


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