F R FRIDA
SO ANDERS GERD WOLF MARTINA SPANGENBERG
Verlag J rg Mitzkat
Die Sonne ging auf. Es roch ein bisschen modrig am fr hen Morgen im Lunautal. Die Schafe auf der Weide wurden langsam wach. Sie hoben ihre K pfe. Sie g hnten, streckten die Glieder und r kelten sich hin und her. Sie trennten sich voneinander, wo sie doch in der kalten Nacht so gem tlich zusammen gekuschelt hatten. Die Schafe von Bauer Keese kannten sich schon lange. Sie waren eine kleine Herde und lebten zusammen wie eine gro e Familie. Es gab Opas und Omas, viele M tter und einige V ter und jede Menge M dchen- und Jungenschafe.
Gleich nach dem Aufstehen redeten alle durcheinander. Die erste Schafunterhaltung am Morgen war wie immer laut. Da rief ein Schaf: Hey Herde, ich sehe den � Bauern. Dahinten kommt der gr ne Trecker.“
Sofort setzte sich die Herde in Bewegung, erst langsam und dann immer schneller. Alle liefen zur Pforte im Weidezaun, an der ein gr ner Trecker mit einem kleinen Anh nger dahinter angehalten hatte. Bauer Keese verstand ein wenig die Schafsprache, aber er sprach mit den Schafen plattdeutsch. Das konnten die ganz gut verstehen. Bauer Keese schwang sich vom Traktor herunter. Er trug auch heute seine schmuddelige blaue Latzhose, bei der ein Tr ger ber die Schulter ausreichen musste, um sie am Rutschen zu hindern. Das war seine Lieblingshose. Hohoho“, machte der Bauer. Hohoho. Komm her, koomm!“ rief ” ” er, obwohl doch schon alle kamen. Das war Gewohnheit. Er rasselte mit dem schwarzen Futtereimer voller Hafer und leckeren Zuckerr benschnitzeln. Schon allein das Ger usch h tte gereicht, um die Schafe mit ihren feinen Ohren anzulocken.
Bauer Keese machte die Pforte auf, schl pfte schnell hindurch auf die Weide und verschloss die Pforte wieder hinter sich. Im Nu war er umringt von bl kenden Schafen, die ihn stupsten und schubsten und an ihm zupften. Sie wollten alle am liebsten in den Futtereimer springen und zwar alle gleichzeitig und auf einmal. Verdammte Rasselbande“, verschaffte sich der Bauer Geh r. Guten ” ” Morgen!“ Hohoho, wollt ihr wohl warten“, er schwenkte den Eimer ber ” den K pfen der Tiere. Hohoho, einer nach dem anderen.“ Aber weil er ” wu te, dass das nicht klappen w rde, weil die Starken und Gro en sich dann immer vordr ngeln und die Kleinen nichts abbekommen w rden, machte er etwas anderes. Er verscheuchte die Schafe um sich herum und lief zu den Futtertr gen am Zaun. Blitzschnell leerte er den Inhalt des Eimers hinein. So konnten alle Schafe nebeneinander fressen. Bauer Keese ging etwas zur Seite und schaute zu.
Dann ging er zum Anh nger zur ck. Er holte etwas Zappelndes daraus hervor und trug es auf seinen Armen auf die Weide. Es war ein kleines Lamm. Bauer Keese setzte es auf den Boden, hinter die fressenden Schafe, die die Aktion vor lauter Hunger und Genuss nicht bemerkt hatten. Das Lamm sah sehr besonders aus. Es hatte eine Hornbrille aufgesetzt und an den kurzen Beinen trug es schwarze Kniestr mpfe. Es war ein Schaf, aber es sah seltsam aus. Es stand abseits und wartete. Mach’s gut“, brummelte der Bauer. ” Er t tschelte dem neuen Schaf das Fell. Dann steckte er die H nde in die Hosentaschen, schlurfte zum Trecker zur ck und fuhr davon.
Als die anderen Tiere, fertig mit ihrem Fr hst ck, sich umdrehten, sahen sie den Fremdling. Sie waren berrascht und guckten neugierig. Bald stand die ganze Herde im Halbkreis drum herum. So jemanden hatten sie noch nie gesehen. Die Schafe tuschelten untereinander.
” ” ” ”
Wo kommt der denn her?“ Ist das auch ein Schaf?“ So klein und wie das guckt!“ Ob das lesen kann mit der Brille?“
Mitten im Sommer Kniestr mpfe, ” das geht ja gar nicht.“ Es sieht schlau aus, oder?“ - Nee, eher ” ” sch chtern.“
Schlie lich fasste sich das alte Leitschaf Jukunda ein Herz und trat einen Schritt vor. He, wer bist Du? Wir haben Dich ” hier noch nie gesehen.“ Ich bin So Anders “, antwortete das Brillenschaf. ” Ja, das sehen wir, aber wie hei t du?“ ” Das Leitschaf war etwas irritiert. Immerhin sprach das fremde Lamm ihre Sprache.
Ich hei e So Anders. So mit Vornamen und Anders mit Nachnamen. ” Mein Vater ist Ganz Anders meine Mutter ist Sehr Anders. Anders ist unser Familienname.“ Ein grummelndes M hen ging durch die Herde. ”
Und wo kommst du her, auf einmal?“ wollte das Leitschaf wissen.
Das Brillenschaf mit den Kniestr mpfen, besser gesagt So Anders, schaute in die Runde. Ich komme von Anderswo. Aber dort konnte ich nicht bleiben. Wir hatten ” nichts mehr zu essen. In Anderswo herrschte lange Zeit gro e Trockenheit. Da hat unsere Familie beschlossen, auszuwandern. Wir haben unsere Heimat verlassen m ssen.“
Ein m hendes Grummeln ging durch die Herde. Niemand verl sst ohne Not seine Heimat, das wusste das Leitschaf. Aber kein Lamm reist ohne seine ” Familie. Wo sind die Anderen, Anders?“