Mondreisen

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mondreisen Von Lukian bis Wikitravel

Rolf Schรถnlau

Verlag Jรถrg Mitzkat Holzminden, 2015


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ăźber http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-95954-004-9

Alle Rechte vorbehalten. Verlag JĂśrg Mitzkat Holzminden, 2015 www.mitzkat.de


Inhalt

Der Mythos von Selene und Endymion

7

Lukians Mondfahrt (2. Jh.)

11

Astolfo auf dem Mond (1516)

23

Keplers Traum-Astronomie (1609)

29

Der fliegende Wandersmann nach dem Mond (1638)

39

Cyranos Mondstaaten (1657)

51

Defoes Bericht ßber allerlei Vorgänge auf dem Mond (1705)

61

Reisen mit dem Finger auf Schroeters Mondkarten (1791)

71

Hans Pfaalls Mondfahrt (1835)

85


Jules Vernes Reise um den Mond (1870)

97

Die ersten Menschen auf dem Mond (1901)

111

Das Apollo-Raumfahrtprogramm (1967 – 1972)

121

Wikitravel: Mond-Reiseführer

131

Zur weiteren Lektüre

141

Filmtipps 147 Bildnachweis 154

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Mond (2,3 Tage), Foto, 3.5.1965

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Der Mythos von Selene und Endymion

S

chon immer hat der Mensch versucht, sich auf den Mond zu versetzen. Davon berichten die Mythen, sagenhafte Erzählungen anonymen Ursprungs, die vor aller Zeit spielen und meistens mündlich überliefert sind. So auch der griechische Mythos von Selene und Endymion, in dem Mensch und Mond durch die Liebe vereinigt werden. Die Mondgöttin Selene (röm. Luna) ist die Tochter der Titanen Hyperion und Theia. Ihre Geschwister sind der Sonnengott Helios und Eos, die Göttin der Morgenröte. Helios fährt tagsüber mit dem Sonnenwagen über den Himmel, Selene nachts mit dem Mondwagen. Auf einer ihrer nächtlichen Touren erblickt sie an der kleinasiatischen Küste den Schäfer Endymion und verliebt sich augenblicklich in ihn. Um Endymion vor dem Tod zu bewahren und ewige Jugend zu schenken, versetzt sie ihn in eine Höhle auf dem nahe gelegenen Berg Latmos. Sie bittet den Göttervater Zeus, ihren sterblichen Geliebten in einen ewigen Schlaf versinken zu lassen. So 7)


Rรถmischer Sarkophag, Marmor, 3. Jh. n. Chr.

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9)


ruht Endymion in der Höhle und träumt davon, des Nachts den Mond zu umarmen. Selene kommt Nacht für Nacht zu ihm und gebiert ihm fünfzig Töchter. Ein römischer Sarkophag, der 1825 in Ostia bei Rom gefunden wurde, zeigt auf dem Relief der Vorderseite eine Darstellung der Szene. Im Zentrum sieht man Selene aus dem Mondwagen steigen, um ihren geliebten Endymion zu besuchen, den schönsten aller Männer, der ausgestreckt in der Höhle liegt. Eine weibliche Figur mit schlafbringenden Mohnpflanzen im Arm gießt den Trank der Unsterblichkeit über ihn aus. Der gerade aufsteigende Sonnenwagen auf der linken und der absteigende Mondwagen auf der rechten Seite umrahmen das mitternächtliche Rendezvous von Mondgöttin und Mensch.

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Lukians Mondfahrt

D

er gute Mond, der so stille geht, wie es in dem Volkslied aus der Zeit um 1800 heißt, war schon immer ein Sehnsuchtsort und eine Projektionsfläche für Utopien. Mondphantasien gingen stets mit dem Traum vom Fliegen einher. Denn wie sollte man sonst auf den Nachbarplaneten gelangen?

Für die Menschen in der Antike war der Mond kein Trabant der Erde, sondern der innerste von sieben Planeten, die um die feststehende Erde kreisten: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn. Dieses geozentrische Weltbild, das von dem Astronomen und Geographen Claudius Ptolemäus im 2. Jh. n. Chr. festgeschrieben wurde, galt das ganze Mittelalter hindurch, obwohl es schon im antiken Griechenland Astronomen wie Aristarchos von Samos oder Seleukos von Seleukia gab, die ein heliozentrisches Weltbild mit der Sonne als Zentralgestirn vertraten.

11 )


Lukian von Samosata, Kupferstich, William Faithorne, 17. Jh.

Die Flecken auf dem Mond, die auch mit bloßem Auge zu erkennen sind, beschäftigten die Menschen seit jeher. Die alten Griechen hielten sie für Trübungen der Erdatmosphäre oder sahen darin die Landkarte der Erde, die sich auf der Mondoberfläche spiegelte. Der Philosoph, Mathematiker und Astronom Thales von Milet (6. Jh. v. Chr.) behauptete, der Mond sei erdiger Natur.

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