BauernZeitung - 11. September 2020

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Ostschweiz und Zürich

11. September 2020

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Wissen, woher die Produkte kommen Märkte / Der 16. Ostschweizer Biomarkt konnte auf eine interessierte Kundschaft zählen. WEINFELDEN «Mit den schrittweisen Corona-Lockerungen sank die Nachfrage nach Biofrischprodukten, da gewinnt die Marktpräsenz noch mehr an Bedeutung. So lag diesmal der Fokus des Biomarkts stärker auf dem Verkauf als auf einem Rahmenprogramm», erklärte Jakob Rohrer vom Organisationsteam des 16. Ostschweizer Biomarkts, der am Samstag in Weinfelden stattfand.

Kein Festzelt Bei schönem Wetter und spätsommerlichen Temperaturen nutzten die Besucher die Gelegenheit, das Bio-Schlaraffenland auf dem Areal des PestalozziSchulhauses beim Marktplatz zu besuchen. Nebst Lebensmitteln, Obstsäften und Wein waren zum Beispiel auch einheimische Gartenpflanzen mitsamt Empfehlungen für insektenfreundliche und nachhaltige Gartengestaltung im Angebot. Bio Suisse unterstützt die Märkte finanziell und gibt ein Jahresthema vor. Dieses lautet 2020 «Mehr Bio. Mehr Vielfalt». Weil die Marktstände in diesem Jahr in grösseren Abständen platziert waren und auf ein Festzelt verzichtet wurde, erschien der Markt optisch kleiner. Mit 60 Marktständen und Händlerinnen waren jedoch gleich viele wie in den Vorjahren präsent. Einige Marktteilnehmer sind seit 2004 dabei, so etwa die Familie Greminger vom «Dörr-Hüüsli» aus Stehrenberg und die Familie Bischofberger vom

«Sunnehof» aus Büriswilen. Reto Greminger meinte dazu: «Dieser Markt ist bestens organisiert, es herrscht eine angenehme Atmosphäre mit einer interessierten, aufgeschlossenen Kundschaft.»

«Endlich wieder Markt! Die Familie Greminger ist unter dem Jahr am Frischmarkt in Wil mit einem Stand präsent: «Aufgrund der besonderen Situation im Frühjahr richteten wir einen Gemüseverkauf im Hoflädeli ein und konnten dadurch etwas überbrücken. Es war am Biomarkt spürbar, wie erleichtert auch die Kunden sind, wieder an Märkten einkaufen zu können», stellte Reto Greminger fest. Rolf Bischofberger, der während der Saison auch am Bauernmarkt St. Gallen teilnimmt, sagte: «Die Biomarktkunden wollen sich vom breiten Angebot inspirieren lassen. Manche kaufen vormittags ein, kochen zu Hause und erscheinen nachmittags, um uns zu berichten, wie gut es ihnen schmeckte». Es gebe für ihn Unterschiede zwischen der Kundschaft in St. Gallen und in Weinfelden, so Bischofberger: «Am Biomarkt gibt unser Wohnort immer wieder Anlass zu Gesprächen. Die Leute möchten mehr dazu erfahren und sind überrascht, welche Spezialitäten im Appenzellischen entstehen.» In St. Gallen hingegen würden die Kunden ihren Wocheneinkauf erledigen, und die meisten kennen «ihre» Bauern.» Isabelle Schwander

Der Biomarkt ist auch ein Ort der Begegnungen.

(Bild Isabelle Schwander)

Regionale Spezialität: Die Blaue St. Galler ist eine Kreuzung zwischen der Blauen Schweden und der Schweizer Frühkartoffel Prättigau. (Bild zVg)

Nachfrage schaffen Regionale Label / Die «Culinarischen Genusswochen» bieten eine breite Auswahl an Spezialitäten. SALEZ Noch bis zum 27. September dauern die «Culinarischen Genusswochen» des Trägervereins Culinarium mit dem geografischen Schwerpunkt rund um St. Gallen. Gemeinsam mit Heidiland Tourismus finden gleichzeitig die «Heidiland Genusswochen» statt.

Produzenten profitieren Diese Marketingkampagnen sind eine Einladung für Einheimische und Gäste, den kulinarischen Reichtum und die landwirtschaftliche Kultur vor ihrer Haus- oder Hoteltür zu entdecken. Trotz Corona-Krise nutzen dieses Jahr 44 Gastronomiebetriebe und 22 Ladengeschäfte diese attraktive Plattform. Zusätzlich bieten 19 Unternehmen und Institutionen 30 kulinarische Erlebnisangebote. Es gehört zu den wichtigsten Zielen des Trägervereins Culinarium, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten in der Gastronomie wächst und die Produzenten vor Ort davon pro-

fitieren können: Obst- und Gemüsebauern, Rinder-, Schaf- und Ziegenzüchterinnen, Käser, Imkerinnen, Winzer, Metzger und Fischerinnen. Die Genusswochen sind gedacht als Wegweiser zu Gastgebern, bei denen regionale Produkte im Fokus stehen. Das seit Jahren bewährte Format ist offensichtlich nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Gastgeber attraktiv. Die Gastronomiebetriebe, die dieses Jahr mitmachen, bieten während dieser Wochen eine beeindruckend vielfältige Auswahl von regionalen Gerichten und Spezialitäten oder sogar Menüs. Dazu empfehlen und servieren sie bewusst einheimischen Wein und andere regionale Getränke.

Tradition und Handwerk Viele Menschen wollen heute genauer wissen, woher ihre Lebensmittel stammen, und von wem sie wie hergestellt werden. Es ist ein grosser Appetit da auf gute Geschichten und Wissen

rund um Essen und Trinken. Dieses wachsende Interesse für Traditionen, Handwerk, Kulinarik und Kochen ist mit Freude zu beobachten, denn die beliebten «Culinarischen Genusswochen» sind entsprechend angepasst und ausgebaut worden. Sie sollen die Neugier der Konsumenten stillen und Erfahrungen und Erlebnisse rund um regionale Kulinarik ermöglichen.

Regionaler Genuss Einkaufen, zu Hause mit Familie und Freunden ganz gemütlich kochen und gemeinsam essen und trinken, ist für viele Menschen die liebste Form von regionalem Genuss. Deshalb gehört auch eine breite Auswahl von Genussadressen zum Angebot der «Culinarischen Genusswochen.» Diese sind ein wirkungsvolles Werkzeug, mit dem sich ein Interesse für regionale Produkte entwickeln lässt. Für die Konsumentinnen schafft es attraktive Möglichkeiten, um regionale Kulinarik mit

all ihren Spezialitäten, Traditionen und Innovationen kennenzulernen und zu geniessen. Für die Produzenten in der betreffenden Region bedeutet dies mehr Nachfrage von Gastronominnen und Direktkunden sowie mehr Bedarf und Wertschätzung des Handels. Je nach Struktur und Philosophie eines Betriebs hat das unterschiedliche Auswirkungen. Culinarium ist sich dieser Vielfalt der Bedürfnisse auf Konsumenten- , Produzentenund Händlerinnenseite bewusst und versucht seit 20 Jahren, diese drei Welten möglichst in Einklang zu bringen. Das gelingt dank Veranstaltungen wie den «Culinarischen Wochen», aber vor allem auch durch ein weites und lebendiges Netzwerk, das Menschen und Ideen zusammenbringt. Urs Bolliger, Geschäftsführer des Trägervereins Culinarium

Weitere Informationen: www.culinarium.ch

ARENA

Das neue Jagdgesetz schützt Wild- und Nutztiere

Streitpunkt ist die Regulierung der geschützten Wildtiere, also die Bestimmungen, wann und unter welchen Voraussetzungen deren Bestand reduziert werden darf. Davon nicht be-

troffen ist der Schutz der Wildtiere, dieser bleibt selbstverständlich integral erhalten. Besonderes umstritten ist die Regulierung des angewachsenen Wolfsbestandes, wo die Kantone im föderalistischen Sinn mehr Kompetenzen erhalten, sich jedoch an die strengen Vorgaben des Bundes halten müssen. Dieser Punkt ist gerade für die Bäuerinnen und Bauern besonders wichtig, denn die Landund Alpwirtschaft ist im besonderen Masse durch die Rückkehr von Grossraubtieren betroffen. Die Bestände geschützter Arten, insbesondere des Wolfes, haben sich in den letzten Jahren stark vermehrt. Der Wolfsbestand wächst stetig an: 2019 lebten rund 80 Wölfe in der Schweiz, und immer mehr Rudel in immer

und Kälber sind Tiere, die geschützt werden müssen. Es braucht also eine Regelung, welche dem Schutz von Wildund Nutztieren gleichermassen Rechnung trägt.

ZUR PERSON

U

m das revidierte Jagdgesetz ist ein heftiger Abstimmungskampf entbrannt, der auf den ersten Blick verwirrlich ist. Das liegt an der gegnerischen Kampagne, die den Eindruck erweckt, es werde der Schutz der Wildtiere reduziert. Dies ist jedoch nicht der Fall, im Gegenteil. So schreibt der Bundesrat auf Seite 37 des Abstimmungsbüchleins: «Die Schweiz will die Artenvielfalt stärken. Das revidierte Jagdgesetz leistet dazu einen wichtigen Beitrag: Es schützt mehr Wildtierarten, und es schützt sie besser als bisher.»

Jakob Stark Jakob Stark (SVP) vertritt den Kanton Thurgau im Ständerat.

mehr Gebieten bilden sich. In diesem Jahr setzt sich die Ausdehnung stark fort. 2018 wurden 591 Nutztiere von Grossraubtieren gerissen, darunter auch solche, die mit Hunden und Zäunen geschützt waren. Auch Schafe, Ziegen

Nach geltendem Gesetz ist ein Abschuss erst möglich, wenn ein Wolf innerhalb eines Monats 25 oder innerhalb von vier Monaten 35 Nutztiere reisst. Das verursacht grosses Leiden bei den betroffenen Tieren. Für die Besitzer bedeutet dies nicht nur einen finanziellen Schaden, noch bedeutender ist die emotionale Betroffenheit. Die aktuelle Situation führt dazu, dass die Alpwirtschaft gefährdet ist. Bereits wurden zum Beispiel im Wallis 10 000 Schafe weniger gesömmert als noch vor wenigen Jahren, und die Beispiele von nicht

mehr bestossenen Alpen oder deren vorzeitiger Entleerung häufen sich landesweit. Auch weil Arbeitslast und Kosten für den Herdenschutz zu hoch werden. Die fehlende Pflege der Alpen hat eine Vergandung, zunehmende Erosionsgefahren und auch eine empfindliche Einschränkung des Wanderwegnetzes zur Folge. Somit ist auch der in Corona-Zeiten noch wichtigere Sommer-Tourismus im Inland negativ betroffen. Die Schweizer Bäuerinnen und Bauern messen dem Tierwohl eine grosse Bedeutung bei. Sie pflegen eine starke Beziehung zu ihren Tieren. Es ist ihr legitimes Interesse, dass sie ihre Tiere schützen wollen. Sie verlangen deshalb eine wirksame Regulierung, damit sich die Schäden und das Leid für die Nutztiere in Grenzen halten.

Das sind keine Maximalforderungen, denn auch die Landwirtschaft ist bereit, ihren Beitrag für den Schutz der Wildtiere zu leisten. Aber gleichzeitig soll auch der Schutz der Nutztiere angemessen berücksichtigt werden. Das revidierte Jagdgesetz ist ein guter Kompromiss, weil dem Schutz von Wild- und Nutztieren gleichzeitig und ausgewogen Rechnung getragen wird. Es ist in diesem Sinne ein Wildtier-NutztierSchutz-Gesetz und keineswegs ein Abschussgesetz, wie es die Gegner einseitig bezeichnen. Das Gesetz ebnet den Weg für ein geregeltes Nebeneinander von Bevölkerung, Landwirtschaft und Grossraubtieren. Es stellt eine vernünftige Lösung dar, die unsere volle Unterstützung verdient.


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