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I am from Austria

Am 28. April geht im Wiener Volkstheater mit den Amadeus Austrian Music Awards zum 23. Mal die Verleihung des größten österreichischen Musikpreises über die Bühne. Wanda, Mira Lu Kovacs und RAF Camora erhielten jeweils drei Nominierungen, die übrigen Nominierten sind größtenteils auch schon aus den Jahren zuvor stets wiederkehrende Gäste, darunter Bilderbuch, Pizzera & Jaus, Josh., Seiler und Speer, Voodoo Jürgens, Andreas Gabalier und andere. Nun sind Preisgalas wohl zurecht kein einfaches Geschäft mehr, in deren alleinigen Fokus Glanz und Glamour, ein gemeinsames Feiern und vielleicht auch das Networken steht – davon können etwa die prestigeträchtigeren Oscars ein Liedchen singen. Regelmäßig hagelt es bei Verleihungen Kritik an Nominierungs- und Vergabekriterien, an den Siegern oder auch an den Moderatoren und Laudatoren, und (nicht zuletzt) auch am Bild einer Branche, die so eine Auszeichnung nun einmal maßgeblich mitzubestimmen trachtet. Gerade der Gender-Gap ist heute ein Thema, das nicht mehr achtlos zur Seite gewischt werden kann – wenngleich ich nach wie vor zu meiner persönlichen Meinung stehe, dass Kategorien wie Ge- schlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe und ähnliches nichts in der Bewertung einer künstlerischen Darbietung zu suchen haben, keine Faktoren für die Selektion sein dürfen, solange eine Chancengleichheit besteht. Dröseln wir es dennoch auf: Die Geschlechterverteilung bei den diesjährigen AAMAs ist nach den Kritiken im Vorjahr (darunter von Oska, die dieses Jahr für „Alternative” nominiert ist), die der Veranstalter ifpi sich „zu Herzen nehmen trachtete”, immer noch schief; 42 männliche Künstler stehen 13 gemischtgeschlechtliche Duos oder Gruppen und 10 weiblichen Künstlerinnen gegenüber. Allerdings: Die Nominierten und Gewinner werden in einer Mischwertung aus Jurystimmen und Verkaufszahlen, sowie schlussendlich von einem Publikumsvoting ermittelt. Die Krux ist also hier ähnlich wie auch bei Festival-Line-ups, wo alljährlich mehr Diversität gefordert wird, schon früher anzusetzen – nämlich bei der Popularität. Freilich, ein Boutique-Festival tut sich leichter, ein diverses, künstlerisch anspruchsvolles Billing zusammenzustellen, als ein Mega-Event, das sich in einer ganz anderen Größenordnung rechnen muss – und solange die populären Megaseller (Taylor Swift, Billie Eilish und Miley Cyrus zum Trotz) tendenziell männliche

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Künstler oder Bands sind, wird hier auch der Fokus gesetzt werden müssen. Letztlich ist es ja keine Entscheidung der Veranstalter, sondern ihres Publikums: jene haben immerhin zuvor gewissen Künstlern zu ihrer Popularität verholfen. Da ich im Rahmen meines Editorials jedoch unabhängig von Verkaufszahlen, Nominierungsvorgaben oder anderen Einflüsterern bin und in den letzten Monaten eine Vielzahl an hervorragenden österreichischen Künstlerinnen gehört habe, möchte ich an dieser Stelle eine Empfehlung aussprechen – und zwar nicht, weil oder obwohl es sich hier um Frauen handelt, und erst recht nicht „trotzdem”, sondern einfach, weil sie verdammt gute Musik machen, die es neben Pizzera & Jaus, Seiler und Speer und all den anderen auch verdient hat, gehört zu werden: Xing, Sinikka Monte, Sophie Lindinger, ELAV (nominiert für Songwriter:in des Jahres), Panik Deluxe, Amelie Tobien, Rosa Rendl, Kitana, Farce, Pure Chlorine, Elastic Skies, Baits, Nenda, Verifiziert (FM4 Award), Christl, Spilif, TINA, Liz Metta, UCHE YARA und Sophia Blenda sind, in Überschreitung zahlreicher Genregrenzen und auch im internationalen Vergleich, einfach superb.

Stefan Baumgartner (Chefredakteur)