5. Philharmonisches Konzert

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Spielzeit 2024/25

5. Philharmonisches Konzert

Werke von Zoltán Kodály, Franz Liszt und Béla Bartók

5. Philharmonisches Konzert

Zoltán Kodály (1882-1967)

Tänze aus Galánta

Franz Liszt (1811-1886)

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 A-Dur

Adagio sostenuto assai – Allegro agitato assai –

Allegro moderato –

Allegro deciso – Marziale un poco meno allegro –

Allegro animato

Pause

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 Es-Dur

Allegro maestoso

Quasi adagio –

Allegretto vivace – Allegro animato –

Allegro marziale animato

Béla Bartók (1881-1945)

Tanz-Suite

Solist: Dominic Chamot, Klavier

Philharmonisches Orchester Vorpommern

Dirigent: GMD Florian Csizmadia

Öffentliche Generalprobe

Mo 24.02.2025, Greifswald: Stadthalle / Kaisersaal Konzerte

Di 25.02.2025, Greifswald: Stadthalle / Kaisersaal

Mi 26. & Do 27.02.2025, Stralsund: Großes Haus

Das Konzert am 27.02.2025 wird vom NDR mitgeschnitten und am 06.04.2025 ausgestrahlt.

Liebe Gäste, wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen aus urheberrechtlichen Gründen untersagt sind. Vielen Dank.

Dominic Chamot

Der Pianist wurde 1995 in Köln geboren. Er gewann bisher über dreißig Preise und Auszeichnungen und gehört damit zu den erfolgreichsten Pianisten seiner Generation. 2023 erhielt er den ersten Preis des Viotti-Wettbewerbs. Bereits als Jugendlicher startete er seine Karriere als „Nachwuchstalent“, indem er im Alter von nur zwölf Jahren in die Klasse von Prof. Sheila Arnold im Pre-CollegeCologne der HfMT Köln aufgenommen wurde, die ihm entscheidende musikalische Impulse gab. Bald darauf folgten internationale Auszeichnungen in Berlin, Zwickau, Enschede, Weimar, Köln usw. sowie Auftritte in großen Sälen wie der Berliner und Kölner Philharmonie, dem Wiener Musikverein und der Laeiszhalle Hamburg. Allerdings entschied Chamot, sich zunächst vom Konzertleben zurückzuziehen und bei dem renommierten Pädagogen Claudio Martinez-Mehner in Basel zu studieren, um sein Spiel zu verfeinern. Sein Bachelor- und Masterstudium als Specialised Performance-Solist hat er jeweils mit Höchstnote und Auszeichnung abgeschlossen, und im Juni 2023 schloss er sein Studium in Pädagogik bei Zoltan Fejervari ab. In dieser Zeit hat er sich einen Ruf als vielseitiger Künstler erworben, der ihn zu ständig wachsenden Engagements auf verschiedenen Gebieten geführt hat. So trat er zuletzt

mehrfach in der Berliner Philharmonie auf, gewann einige der exklusivsten Stipendien der Schweiz und wurde vom WDR Sinfonieorchester als Solist in die Kölner Philharmonie eingeladen. Daraufhin folgten weitere Einladungen von Orchestern in ganz Deutschland. In New York begeisterte er das Publikum mit seinem Auftritt in der Steinway Hall im Rahmen des „Classical Bridge Festival“.

Von 2011-14 war Dominic Chamot Stipendiat der „Jürgen Ponto-Stiftung“ und der „Deutschen Stiftung Musikleben“. Von 2018-20 erhielt er den Studienpreis des Migros-Kulturprozent, und 2020 wurde er für das Stipendium der Lieven Piano Foundation ausgewählt. Der Pianist und Kritiker Hannes Sonntag beschreibt ihn so: „Dominic Chamot erschafft jenes nachhaltige emotionale Erlebnis, um dessentwillen allein wir letztlich Musik machen oder hören!“

Dominic Chamot, der sein Debüt am Theater Vorpommern in der Spielzeit 2023/24 mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 feierte, ist mit der Interpretation der beiden Klavierkonzerte von Liszt nun erneut als Solist mit dem Philharmonischen Orchester Vorpommern zu erleben.

Das heutige Konzertprogramm vereint Werke von drei ungarischen Komponisten aus zwei verschiedenen Generationen, die auf unterschiedliche Weise mit ihrem kulturellen Erbe umgegangen sind.

Inwieweit man Franz Liszt tatsächlich als genuin ungarischen Komponisten ansehen kann, ist eine diffizile Frage, die sowohl aufgrund der wechselvollen Geschichte Ungarns als auch der notorischen Rast- und Heimatlosigkeit Liszts nicht einfach zu beantworten ist. Liszt wurde im burgenländischen Raiding geboren, das 1811 zu Ungarn gehörte, aber mehrheitlich deutschsprachig war. Bereits im Kindesalter lebte Liszt in Wien, als Jugendlicher dann in Paris. Französisch war fortan in Wort und Schrift die von ihm bevorzugte Sprache, Ungarisch hingegen hat er nie gelernt. Nach Ungarn reiste Liszt erstmals erst 1839, wo er schnell zum Nationalhelden avancierte. Es gehört allerdings zu den vielen Rätseln um diesen enigmatischen Komponisten, dass man nicht recht erkennen kann, wieviel an seiner zunehmenden Profilierung als ungarischer Komponist echt war – und wie viel Selbstinszenierung.

Jedenfalls begann Liszt, sich mit der ungarischen Volksmusik zu beschäftigen – oder dem, was er (wie auch seine Zeitgenossen) dafür hielt: In seiner Schrift „Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn“ (1859) ist Liszt der irrigen Ansicht erlegen, die Musik, die er in

Ungarn kennenlernte, verwendete und nachahmte, sei ungarische Folklore. In Wirklichkeit handelte es sich um eine volkstümliche Form der Kunstmusik, komponiert von Dilettanten und unbekannten Kleinmeistern, die das stereotype Bild der damals so genannten „Zigeunermusik“ prägte: in der Kunstmusik perpetuiert durch Liszts Ungarische Rhapsodien, Brahms‘ Ungarische Tänze und einen bestimmten Typus der Wiener Operette (Léhar, Kálman und andere) – und gleichzeitig in der volkstümelnden Restaurant- und CaféhausMusik zum Klischee erstarrt.

Erst die wissenschaftlich fundierte ethnologische Forschung von Béla Bartók und Zoltán Kodály ab ca. 1905 erschloss die wirkliche ungarische Volksmusik. Wenn wir dennoch Liszt in einem ungarischen Konzertprogramm Raum geben, so geschieht das nicht, weil er bis heute durchaus auch im klischeehaften Sinn als ungarischer Komponist angesehen wird, sondern weil er auf seine Weise Teil der ungarischen Kulturgeschichte geworden ist. Es spricht für gebildete Männer wie Bartók und Kodály, dass sie dies erkannten und Liszt trotz aller Widersprüche als Wegbereiter der Moderne ansahen und sich von

seinem Schaffen beeinflussen ließen. So sah Bartók in Liszt bis an sein Lebensende „trotz mancher mir weniger sympathischer Äußerlichkeiten“ eines seiner wichtigsten Vorbilder.

Es sollte erwähnt werden, dass Bartóks und Kodálys Forschung und die Verwendung der Ergebnisse in ihrer Musik keinen nationalistischen Hintergrund hatten. Ihr Bestreben war die Schaffung einer nationalen ungarischen Musik, und sie erkannten, dass sie dafür zu den kulturellen Wurzeln ihres Volkes zurückkehren mussten. Sie wussten aber auch, dass ein exklusiver Rekurs auf die ungarische Folklore einen guter Kunstmusik abträglichen Provinzialismus zur Folge gehabt hätte und dass es deshalb darum gehen musste, die ungarische Musik in einem paneuropäischen Kontext zu sehen. Kodály hat diesen Anspruch in die Worte gefasst: „Je mehr wir mit der europäischen Kultur verbunden sind, desto mehr wächst unsere eigene. Abgeschlossenheit von dieser Kultur würde auch unsere nationalen Züge verkümmern lassen.“ Und Bartók ging es dezidiert um eine „Verbrüderung der Völker“ und um „eine Synthese von Ost und West“.

Bartók und Kodály waren fast gleich alt und eng befreundet, entwickelten aber dennoch sehr unterschiedliche musikalische Sprachen, sodass die Kombina-

tion mit Werken von Liszt einen Konzertabend garantiert, der alles andere als monoton ist.

Zoltán Kodály: Tänze aus Galánta

„Wenn Sie mich fragen, in welchen Werken der ungarische Geist am vollkommensten zum Ausdruck gebracht wurde, kann ich Ihnen darauf nur die Antwort geben: in den Werken Kodálys. Diese Werke sind das Glaubensbekenntnis der ungarischen Seele.“

Béla Bartók, 1928

Kodálys „Tänze aus Galánta“ entstanden 1933 zum 80. Geburtstag der Budapester Philharmonischen Gesellschaft. Der Komponist hatte in seiner Kindheit sieben Jahre in Galánta gelebt, einer damals ungarischen Kleinstadt in der heutigen Slowakei. Alle Themen stammen aus einer um 1800 veröffentlichten Sammlung mit Musik der lokalen „Zigeuner“-Kapelle, sind also keine genuine Volksmusik, sodass das Werk Liszts Ungarischen Rhapsodien nahesteht. Für das Werk eines Musikethnologen mag dies auf den ersten Blick verwundern, kann aber daraus erklärt werden, dass die Komposition ein Gegenstück zu den „Marosszéker Tänzen“ (1927/30) ist, die auf originaler transsilvanischer Volksmusik basieren. Mit diesen zwei Werken hat Kodály beide Entwicklungsströme ungarischer Musiktradition, die „echte“ Volksmusik sowie die volkstümliche Unterhaltungsmusik, sinfonisch genutzt.

Die „Tänze aus Galánta“ bestehen aus einer Einleitung, fünf Tänzen und Finale, die ohne Unterbrechung ineinander

übergehen, wobei die refrainartige Reminiszenz des ersten Tanzes das Werk gliedert und ihm eine rondoähnliche Struktur verleiht. Die Form ist damit derjenigen von Bartóks Tanz-Suite eng verwandt.

Die langsame Einleitung präsentiert ein Melodiefragment nacheinander in Celli, Horn und Holzbläsern, alternierend dazu erklingen irisierende, impressionistisch wirkende Streicherfigurationen. Die Klarinette exponiert nach einer Solo-Kadenz sodann das Thema des melancholischen ersten Tanzes, der an den langsamen ersten Teil eines Csárdás erinnert. Eine kurze Beschleunigung führt zum zweiten Tanz, in dem die Flöten prominent hervortreten; trotz des bewegteren Tempos bleibt die Musik charakterlich noch eingedunkelt und in Moll. Auf die vom vollen Orchester gespielte Reminiszenz an den ersten Tanz schließt sich der im Tempo noch weiter gesteigerte dritte Tanz an, dessen rustikale Melodie durch die Verwendung der Oboe und einer ostinaten Beglei-

tung der Streicher dudelsackähnlichen Charakter erhält. Nach der nächsten Reminiszenz an den ersten Tanz, wiederum im vollen Orchester, erklingt in abermalig gesteigertem Tempo der vierte Tanz, der durch die fast durchgehende Verwendung von Synkopen einen mitreißenden rhythmischen Sog entwickelt und mit einer nochmaligen Temposteigerung einem Höhepunkt zustrebt. Der humorvolle fünfte Tanz

ist demgegenüber in Tempo und Ausdruck wieder etwas zurückgenommen und verklingt allmählich in der Ferne, worauf sich nahtlos das Finale anschließt. Eine virtuose Steigerung führt zu einem scheinbar unüberbietbaren Höhepunkt – an dem die Musik jedoch überraschend abreißt: Die Holzbläser spielen eine verträumte letzte Reminiszenz an den ersten Tanz, ehe das Werk in ekstatischem Taumel ausklingt.

Franz Liszt: Klavierkonzerte

„Liszt sagt in seinen Werken, verstreut zwischen vielen Schablonen, mehr Neues als viele andere Komponisten, die das Durchschnittspublikum häufig höher schätzt.“

Béla Bartók, 1911

Nach Jahren als reisender Klaviervirtuose, in denen Liszt weitgehend ohne festen Wohnsitz tausende Konzerte in ganz Europa gegeben und vorrangig hochvirtuose Klaviermusik geschrieben hatte, ließ er sich 1848 als Hofkapellmeister in Weimar nieder, wo er für ein Jahrzehnt vergleichsweise sesshaft wurde. Hier setzte er sich als Dirigent insbesondere für die Moderne ein, und auch wenn er sein Ziel nur bedingt erreichte, Weimar zu einem musikalischen Gegenstück zur literarischen Weimarer Klassik zu machen, so war doch entscheidend, dass diese Zeit für ihn eine Hinwendung zum Orchester mit sich brachte. In Weimar entstand der Großteil seiner Orchesterwerke, darunter fast alle Sinfonischen Dichtungen, die beiden Sinfonien und auch die zwei Klavierkonzerte.

Mit der Sinfonischen Dichtung schuf Liszt eine neue musikalische Gattung, als deren Errungenschaft seit jeher angesehen (und oft kritisiert) wurde, dass sie außermusikalische Anregungen verarbeitet, deren eigentliche musikalische

Errungenschaft jedoch darin besteht, dass sie komplexe formale Neuerungen enthält, die sich ähnlich auch in den Klavierkonzerten finden. Dass diese in Weimar und nicht während Liszts Virtuosen-Jahren entstanden, hatte Auswirkungen auf die Gestaltung der Werke: Anders als man es von einem Klaviervirtuosen vielleicht erwarten würde, räumt Liszt dem Orchester eine wichtige Position ein. Es ist nie in reiner Begleitfunktion eingesetzt, sondern agiert mit dem Solisten auf Augenhöhe. Dies zeigt sich insbesondere an den zahlreichen kammermusikalischen Partien, in denen nicht selten das Klavier Solo-Instrumente des Orchesters begleitet. Dass die strikte Trennung in Tutti und Solo aufgehoben ist, zeigt sich sofort am Beginn beider Konzerte, die das jeweilige Hauptthema in enger Interaktion von Klavier und Orchester präsentieren; und auch wenn es beiden Werken nicht an technischen Schwierigkeiten für den Solisten mangelt, findet sich – anders als in der Mehrzahl romantischer Konzerte – kein Platz für eine ausgedehnte Solo-Kadenz.

Beide Konzerte verwirklichen auf unterschiedliche Weise das von Liszt maßgeblich entwickelte Konzept, die einzelnen Sätze oder Abschnitte eines großformatigen Werkes zusammenzuziehen und auf gemeinsamem Material aufzubauen, wobei dieses durch beständige Variation und Transformation weiterentwickelt wird. Liszts Vorbilder hierfür sind bekannt: Carl Maria von Webers Konzertstück (1821) und Franz Schuberts „Wanderer-Fantasie“ (1822). Auf Liszts Ausformung und Weiterentwicklung der sogenannten „zyklischen Form“ beriefen sich zahlreiche Zeitgenossen und spätere Generationen, darunter neben den Komponisten der Zweiten Wiener Schule auch Bartók, der Liszts 1. Klavierkonzert bezeichnete als „die erste vollkommene Verwirklichung der zyklischen Sonatenform, mit gemeinsamen Themen, die nach dem Variationsprinzip gehandhabt sind“.

Beide Klavierkonzerte entstanden zeitgleich: Nr. 1 basiert auf Skizzen von 1830 und wurde ab 1849 ausgearbeitet; die Uraufführung fand 1855 in Weimar statt mit Liszt am Klavier und Hector Berlioz am Dirigentenpult. Nr. 2 wurde bereits 1839 begonnen, jedoch erst 1857 in Weimar uraufgeführt; Liszt überließ den Solopart seinem Schüler Hans von Bronsart, während er selbst dirigierte. An die jeweiligen Uraufführungen schloss sich ein Revisionsprozess an,

sodass man streng genommen nicht von einem früheren und einem späteren Werk sprechen kann, sondern eher von zwei gleichzeitig unternommenen und durchaus unterschiedlich ausgefallenen Versuchen, das romantische Instrumentalkonzert neu zu prägen. Aufgrund ihrer Kürze – auch dies ein auffallendes Merkmal – ist es nicht nur möglich, sondern sogar sinnvoll, sie gleichsam als zwei Seiten einer Medaille im selben Konzert zu präsentieren.

Das 2. Klavierkonzert, das wir aus dramaturgischen Gründen zuerst spielen, besitzt eine einsätzige Struktur, die keine tradierte Form mehr erkennen lässt. Das gesamte Werk basiert auf vier Themen, die sukzessive exponiert und sodann variiert und transformiert werden. Formale Zäsuren, die die Struktur in (je nach Auffassung) vier oder sechs Teile gliedern, lassen das Werk nicht als Zusammenschluss traditionell gestalteter Einzelsätze erscheinen, sondern ergeben eher das Bild einer völlig individuell entwickelten Form.

Das 1. Klavierkonzert hingegen lässt in seiner einsätzigen Struktur die traditionellen Einzelsätze klar durchscheinen, allerdings nicht die drei Sätze des klassischen Konzerts, sondern – auch das eine Neuerung – die vier Sätze der Sinfonie, die nahtlos ineinander übergehen: Auf einen knapp gestalteten

Kopfsatz folgt der langsame Satz. Das Scherzo fällt auf durch den prominenten solistischen Einsatz der Triangel, der den Wiener Kritiker-Papst Eduard Hanslick dazu veranlasste, dem Werk den (abwertend gemeinten) Beinamen „Triangel-Konzert“ zu verleihen. Dies sagt allerdings weniger über Liszt aus als über die damals schwelenden Grabenkämpfe in der Musikpresse, denn Hanslick beschwerte sich keineswegs über die Triangel in Robert Schumanns erster oder Johannes Brahms‘ vierter Sinfonie. Das Finale rekapituliert das Material der vorangegangenen Sätze, wobei (wie auch im 2. Konzert und in beiden Fällen für den Hörer kaum erkennbar) das martialische Hauptthema aus dem Thema des langsamen Satzes gewonnen ist.

Béla Bartók: Tanz-Suite

„Bartók ‚bearbeitet‘ die Volksmelodien nicht als Themen, sondern dringt in ihren Geist ein und bildet aus ihnen wie aus einer formlosen Materie seine eigene Musik.“

Zoltán Kodály, 1921

Wie Kodálys „Tänze aus Galánta“, so war auch Bartóks Tanz-Suite ein Auftragswerk zu einem Jubiläum, in diesem Fall 1923 der 50. Jahrestag der Vereinigung der Städte Buda und Pest zur Hauptstadt Budapest (Kodály steuerte zu diesem Anlass übrigens mit dem „Psalmus hungaricus“ eines der bedeutendsten Chorwerke des 20. Jahrhunderts bei).

Ein Gelegenheitswerk durfte man von Bartók nicht erwarten; stattdessen schrieb er ein ebenso farbiges wie virtuoses Konzertstück, das beeinflusst ist von seiner Volksmusik-Forschung.

Gleichwohl ist keines der Themen folkloristischen Ursprungs, sondern Bartóks eigene Erfindung, inspiriert nicht nur von seiner Kenntnis der ungarischen, sondern auch der rumänischen und arabischen Folklore – eine „imaginäre Volksmusik“ (S. Moreux), in der mit den Mitteln der Kunstmusik die Volksmusik „nachgebildet, im Geiste neu geschaffen“ wird (B. Szabolcsi). Bartók hat seinen eigenen Anspruch wie folgt formuliert: „Die […] höchste Stufe ist erreicht, wenn der Komponist weder ‚echte‘ noch ‚imitierte‘ Bauernmelodien

in seiner Musik ‚bearbeitet‘, sondern so schreibt, daß seine Musik die gleiche Atmosphäre schafft wie die echte Volksmusik.“ Für ihn waren es die Werke Kodálys, „die dafür die schönsten Beispiele bieten“, was aber nur ein Beleg für Bartóks sprichwörtliche Bescheidenheit ist, denn seine eigenen Werke und nicht zuletzt die Tanz-Suite sind herausragende Beispiele für eine nicht minder kreative und wirkungsvolle Weiterentwicklung folkloristischer Einflüsse. Die Suite besteht aus fünf Sätzen, die mit einer Ausnahme ohne Unterbrechung aufeinander folgen. Nr. 1 und 2 sowie Nr. 4 und 5 werden durch eine „Ritornello“ (Refrain) bezeichnete Passage getrennt; abgeschlossen wird die Suite durch ein Finale. Eine Zäsur nach Nr. 3 gliedert das Werk nach dem Prinzip des Goldenen Schnitts. Der Orchesterklang wird unter anderem geprägt durch die Einbeziehung von Klavier und Celesta sowie durch eine geradezu konzertante Behandlung des Klangkörpers, die auf Bartóks Meisterwerk aus späteren Jahren, das Konzert für Orchester (1943), vorausweist.

saune geprägt. Die Melodie des Ritornells erklingt erstmals in den Violinen. Die stürmische Nr. 2 ist von ungarischer Folklore beeinflusst, während sich in Nr. 3 „ungarische, rumänische und selbst arabische Einflüsse“ (Bartók) mischen und die Musik zu einem ersten virtuosen Höhepunkt geführt wird. Nach der Zäsur folgt mit Nr. 4 ein arabisch inspirierter Tanz, dessen Melodik sich durch die Verwendung entsprechender Tonleitern deutlich vom westeuropäischen Dur-Moll-System unterscheidet. In Nr. 5 liegt das Hauptaugenmerk nicht auf der Melodik, sondern insbesondere auf der Rhythmik. Es schließt sich das Finale an, in dem mit Ausnahme von Nr. 4 die Themen aller Tänze rekapituliert werden und die Musik sich furios steigert. Ähnlich wie in den „Tänzen aus Galánta“ ist eine zarte Reminiszenz an das Ritornell eingeschoben, bevor das Werk ebenso virtuos wie wirkungsvoll endet.

zur vordersten Front der musikalischen Avantgarde und stieß mit seiner Musik zumeist auf Unverständnis (ganz besonders in seiner Heimat, wo er eher respektiert als verehrt wurde), so war ihm hier ein Werk gelungen, das ungleich „populärer“ ist, dabei aber gleichwohl in der Verwendung der Mittel nicht hinter den scheinbar avantgardistischeren vorausgehenden Werken zurückbleibt.

Vorschau

6. Philharmonisches Konzert

„Musik ist hörbare Farbenvielfalt.“ Georg-Wilhelm Exler

Modest Mussorgskij

„Eine Nacht auf dem kahlen Berge“

Bearbeitung von Nikolai Rimskij-Korsakow

André Waignein

Rhapsodie für Alt-Saxophon und Orchester

Manuel de Falla

Suite Nr. 2 aus dem Ballett „El sombrero de tres picos“ („Der Dreispitz“)

Nikolaj Rimskij-Korsakow

„Scheherazade“ op. 35

Solist: Roman Markelov, Saxophon

Philharmonisches Orchester Vorpommern

Dirigent: José María Moreno

Konzerte

Di 25.03.2025, 19.30 Uhr Greifswald: Stadthalle / Kaisersaal

Mi 26. & Do 27.03.2025, 19.30 Uhr Stralsund: Großes Haus

Impressum

Herausgeber: Theater Vorpommern GmbH

Stralsund – Greifswald – Putbus

Spielzeit 2024/25

Geschäftsführung: André Kretzschmar

Textnachweise:

Redaktion: Stephanie Langenberg

Gestaltung: Öffentlichkeitsarbeit TVP / Bartels

1. Auflage: 500

Druck: Flyeralarm www.theater-vorpommern.de

Bei den Texten handelt es sich – sofern nicht anders vermerkt – um Originalbeiträge von Dr. Florian Csizmadia.

Bildnachweise: Cover: Philharmonisches Orchester Vorpommern © Peter van Heesen; S. 2: Dominic Chamot © privat. Alle übrigen Fotos sind rechtefreie Bilder der Websites Pixabay, Unsplash und Wikimedia Commons.

Das Theater Vorpommern wird getragen durch die Hansestadt Stralsund, die Universitäts- und Hansestadt Greifswald und den Landkreis Vorpommern-Rügen

Es wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und EU-Angelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

VON

BANKSY. BACH

Kulturpartner des Theater Vorpommerns

www.theater-vorpommern.de

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