Karl Friedrich Schinkel

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KARL FRIEDRICH SCHINKEL

Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Fakultät Architektur TAE - Theorie der Architektur und Entwerfen B5600 Vertiefung Theorie Prof. Dr. Richard Woditsch



KARL FRIEDRICH SCHINKEL

01 Schinkel und die Symmetrie

S. 005-011

02 Schinkel und die Perspektive

S. 013-019

03 Schinkel und die Imagination

S. 021-027

04 Schinkel und die Architekturzeichnungen

S. 029-034

05 Schinkel und die Malerei

S. 035-040

06 Schinkel und das BĂźhnenbild

S. 041-048

07 Schinkel und die Stilfrage

S. 049-056

08 Schinkel und das Bauen

S. 057-062

09 Schinkel und seine Zeitgenossen

S. 063-068

10 Schinkel und die Gesellschaft

S. 069-074

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Schinkels Haltung

S. 075-083

12 Schinkel und sein Erbe

S. 085-091



SCHINKEL UND DIE SYMMETRIE DIE ORGANISCHE FORMENSPRACHE SEINER ENTWÃœRFE

MARCEL POLZIEHN, MOATAZ ALYOUSEF


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Symmetrie

Eine Idealvorstellung Symmetrie - Ein Gestaltungsmittel, dass so alt ist, wie die Menschheit selbst. Viele Werkzeuge, Waffen, erste Hütten und Überdachungen orientieren sich an diesem eingängigen Gestaltungsprinzip. Erwiesenermaßen hat sie ihren Ursprung in der Natur - Menschen und Tiere sind überwiegend symmetrisch aufgebaut, mit Ausnahme der inneren Organe. Diese ordnen sich im Körper so an, dass sie zusammen funktionieren. Das „Tragwerk“ unseres Körpers - das Skelett - ist achsensymmetrisch und definiert das äußere Erscheinungsbild. So werden Menschen mit einem symmetrischen Körper und Gesichtsaufbau, nachweislich durchschnittlich schöner empfunden.2 Ebenfalls lässt sich beobachten, dass sich viele Atome in der Natur in Formationen anordnen, die aufgrund der zwischenmolekularen Kräfte, stark deckungsgleich anmuten. Ein gutes Beispiel dafür sind Bergkristall oder die Schneeflocke. Kein Wunder also, dass Symmetrie ein fester Bestandteil unserer Wahrnehmung ist. Sie zeigt sich auch in der Gestaltung von Werkzeugen, wobei sie hier wie z.b. bei Pfeil und Bogen ein Indikator für Funktionalität und Qualität ist. Dies gilt bedingt auch für erste menschengemachte Architektur und Überdachungen. Hierbei unterstützt Symmetrie die Modularität der Bauteile und ist einfacher zu übermitteln. So wurden und werden die meisten Satteldächer immer achsensymmetrisch ausgebildet. Dadurch kann man beispielhaft die Primärtragwerksbalken in einer einheitlichen Länge anfertigen, was zu einem unkomplizierteren Planungs- und Montageablauf führt, da es leichter ist die Teile richtig zuzuordnen. 3 Prüfer, 29.10.2015 4 Mecki, 14.06.2014

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Mit der Zeit - als sich Hochkulturen entwickelten - begannen wohlhabende Menschen, Adlige, Könige und Pharaonen damit sich herrschaftliche Prunkbauten bauen zu lassen, um ihre Macht und ihren Reichtum zu repräsentieren. Der eindrücklichste Beleg dafür sind die ägyptischen Pyramiden. Sie manifestieren den gottgleichen Status, den Herrscher, wie Cheops, in ihrem Volk erlangten. Diese Bauwerke zeichnen sich durch ihre Größe und starke symmetrische Erscheinung aus. Das gilt auch für die meisten repräsentativen Gebäude seit Menschengedenken, wie Paläste, Gotteshäuser und Tempel. In der Zeit, als Karl Friedrich Schinkel lebte, kann man diese Eigenschaften ebenfalls auf einige Gebäude dieser Art übertragen. Besonders achsensymmetrische Fassaden und auch Grundrisse sind das Identifikationsmerkmal für herrschaftliche Bauten. Im Gesamtbild erwecken symmetrische Gegenstände und Gebäude den Anschein einer ganzheitlichen Ausführung, einer Vollkommenheit, einer höheren Ordnung. 3,4 Doch nun stellt sich die Frage inwiefern Schinkel dieses Gestaltungsprinzip umsetzte. Welche Entscheidungen führen zu Asymmetrie in seinen Entwürfen? In wie fern ist seine Symmetriebeziehung natürlich?


Die oragnische Formensprache seiner Entwürfe

TAE

Die Symmetrie in Schinkels Entwürfen Anhand eines Entwurf eines stätischen Wohngebäudes (Nr.3) von Schinkel, lassen sich einige Beobachtungen diesbezüglich anstellen. Äußerlich hat dieser Entwurf eine zutiefst symmetrische Ästhetik. Die Fassade hat zur Straßenseite eine gleichmäßige Öffnungsgliederung: Streng gerastert mit einem zentralen Eingang, der mit einer reichlich groß dimensionierten Pforte geplant wurde. Diese liegt auf der Symmetrieachse, die alles was sie durchkreuzt betont. Direkt darüber nutzt Schinkel diese Eigenschaft auch in einem repräsentativen Zimmer im Obergeschoss: der Saal ist der Raum für Festlichkeiten und Empfänge. Die Lage stellt die Gäste sprich - und wortwörtlich in den Mittelpunkt. Die 8 Fassadenwände des Innenhofs zeigen ebenfalls Achsensymmetrien auf. Jede folgt diesem Prinzip und widerspiegelt die Macht und den Reichtum des Besitzers. Bei dem Hof zeigt sich insgesamt eine längs verlaufende Symmetrieachse, dennoch verzichtet Schinkel bewusst darauf den Hof Punktsymmetrisch zu gestalten: Er öffnet die Fassade hin zum repräsentativen Teil des Gebäudes. Indem er die Fensteranzahl von drei auf fünf pro Reihe erhöht. So zeigt ein Blick auf den Grundriss, dass Schinkel die Funktionalität der Symmetrie unterordnet. Er bricht mit der Symmetrie zugunsten der Erschließung und der Funktionalität der Räume. Am J-Graph lässt sich erkennen, dass die Erschließung des Obergeschoss asymmetrisch ist. Dies liegt an einem zusätzlichen Gang für Bedienstete, mit dem Schinkel das Speisezimmer direkt mit der Küche verbindet. Auch kann man beobachten, wie gestalterische

Gründe, wie die runde Wandgestaltung im Wohnzimmer zeigt, zu Asymmetrie in Schinkels Grundriss führen. Ein kurzer Blick auf das Feilnerhaus zeigt, dass es hinsichtlich beider Gesichtspunkte deutlich extremer von der Symmetrie abweicht. Hier ist die Erschließung im Erdgeschoss deutlich asymmetrisch und ebenso die individuelle Raumgestaltung. Doch lässt sich auch am Entwurf des Herrenhauses eine sehr starke Asymmetrie feststellen. Besonders die im vorderen Teil, der zu Straße hin gewandt ist, sind hauptsächlich repräsentative Räume, die für den Hausbesitzer seine Familie und seine Gäste großzügig flächig geplant sind, während im hinteren Teil des Gebäudes die Bediensteten Diener und Angestellten des Eigentümers im kleinen Kämmerchen wohnen. Diese Asymmetrie spiegelt die hierarchische Gesellschaft zu Schinkels Zeiten wieder. Man kann also sagen, unter der Prämisse, dass Repräsentation eine Funkion eines Gebäudes ist, dass dieser Entwurf durch und durch funktional ist. sind hauptsächlich repräsentative Räume, die für den Hausbesitzer seine Familie und seine Gäste großzügig flächig geplant sind, während im hinteren Teil des Gebäudes die Bediensteten Diener und Angestellten des Eigentümers im kleinen Kämmerchen wohnen. Diese Asymmetrie spiegelt die hierarchische Gesellschaft zu Schinkels Zeiten wieder. Man kann also sagen, unter der Prämisse, dass Repräsentation eine Funkion eines Gebäudes ist, dass dieser Entwurf durch und durch funktional ist.

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Symmetrie

EG

Schinkels Entwürf eines stätischen Wohgebäudes 5Nr.3

5 vgl. https://www.dhm.de/lemo/bestand/objekt/karl-friedrich-schinkel.html

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1. OG


Die oragnische Formensprache seiner EntwĂźrfe

TAE

J.Graph Plan OG

J.Graph Plan EG

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Karl Friedrich Schinkel

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Schinkel und die Symmetrie


Die oragnische Formensprache seiner Entwürfe

TAE

Schinkels Auassung Schinkels Au assung nach, ist ein Gebäude zu ude zu komplex, um es einem einfachen Prinzip wie der Symmetrie unterzuordnen. Deswegen sieht er die Selbe nicht als perfekt an, sondern dass t sie durch Asymmetrie vervollständigt wird.¹ Somit sagt er damit auch, dass Asymmetrie und Symmetrie im Optimalfall miteinander ie verbunden sind und koexistieren sollten. Fazit: Schinkel bewegt sich im Rahmen der Zeit mit seiner Symmetrieausführung. Seine Bauten zeigen sehr viele Symmetrieen äußerlich auf. Um die Monumentalität vieler seiner Bauten zu unterstreichen und deren Wertigkeit ober ächlich aufzuwerten k. grei Schinkel auf selbe zurück. Dennoch ndet sich asymmetrische Gestaltung häu g in den Grundrissen um funktionale und auch fast schon organische Ergebnisse zu erzielen. Dazu sollte man aber auch anmerken, das viele Bauten Schinkels, die eine überaus starke repräsentative Funktion haben, deutlich symmetrischer aufgebaut sind, als Gebäude die vielseitigere Funktionen haben. Man kann sagen, er nimmt sich asymmetrische Freiheiten. Warum könnte man bei Schinkels asymmetrischen Grundrissen von natürlichen Asymmetrien sprechen? Ähnlich wie bei Menschen und Tieren nden sich in Schinkels Entwürfen Symmetrie und Asymmetrie. Äußerlich wirken Sie symmetrisch, wie der Blick auf Fassaden zeigt. Innerlich, sprich im Grundriss zeigt sich ein funktionales Zusammenspiel, dass

6 https://tageswoche.ch/form/bildsto

Abb 1

ke ist einzigartig

asymmetrisch sein kann. Ebenfalls drängt sich ein Vergleich mit der Schnee ocke bei der Betrachtung von Schinkels Grundriss auf: ober ächlich betrachtet ist die Grundstruktur der Schnee ocke symmetrisch, doch beim genauen Hinsehen ndet man Detailunterschiede beim Au au, kleine asymmetrische Ausprägungen. Sie lassen die Form , komplexer und interessanter wirken. Genau diese Wirkung nutzt Schinkel ebenfalls. Abweichungen von der Symmetrie machen seine oben gezeigten Entwürfe insbesondere die Grundrisse optisch organischer. Eine natürliche Symmetrie.

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SCHINKEL UND DIE PERSPEKTIVE PERSPEKTIVWECHSEL

ISABELLE BRÄUER, FRANZ DANHAUSER


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Perspektive

Perspektivwechsel. Zwischen Vorstellung und Wirklichkeit Aufbruch. Eine mittelalterliche Stadt im ferneren Tal, ein heimkehrender preußischer Feldzug und im Zentrum, ein vom Licht inszenierter, monumentaler Dom, der einem Unwetter standzuhalten vermag. Von solch romantischer Natur sind viele von Karl Friedrich Schinkels frühen Landschaftsaufzeichnungen. Doch sind es nicht nur simple Dokumentationen, durch seine Vorstellung wird die reale Welt mit Idealen zeichnerisch ergänzt und mit gesellschaftspolitischen Themen jener Zeit versehen. So stellt sich nun die Frage, ob und wie sich seine Perspektive, sowohl geistig als auch darstellerisch, mit zunehmendem Alter verändert hat. Eine weiße Fahne mit Reichsadler weht im Wind, gotische und mittelalterliche Architektur im Einklang. Die schlechte Zeit scheint vorüber und alles deutet auf Aufbruch hin. Der Betrachter scheint den von den napoleonischen Kriegen heimkehrenden Preußen direkt ins Bildinnere zu folgen. Der Bildausschnitt des Gemäldes die „mittelalterliche Stadt am Fluss“ wird dabei von der erhöhten Pfalz zur Linken, über den Dom hinweg, zur mittelalterlichen Stadt nach rechts gefasst und die Dächer und Türme erstrecken sich bis zum Horizont.¹ Wie bei vielen seiner Werke handelt es sich um eine multiperspektivische Darstellung, bei der man keinen eindeutigen Fluchtpunkt ausmachen kann, im Gegensatz zu seinen architektonischen Zeichnungen, bei denen es sich umeindeutige Perspektiven handelt. Der Ausblick scheint durch die sich lichtenden Wolken grenzenlos, was dem Bild einen weit

erscheinenden Tiefenraum verleiht. Der Regenbogen erstreckt sich vom Bildvordergrund in der linken Bildhälfte in Richtung Ferne und scheint sich dort in der rechten Bildhälfte aufzulösen. Dadurch entsteht auch eine gewisse Dynamik im Bild. Deutet man den Bildinhalt auf gesellschaftspolitische Weiße, so wird klar, dass Schinkel einen Umschwung in der Gesellschaft ahnt. So steht der Wolkenaufbruch, der Wetterumschwung und der Regenbogen für Hoffnung und Veränderung. Die Spitze des nördlichen Fassadenturms ist noch unvollendet. Die Architektur erinnert an die Kathedralen von Straßburg und Reims, vor allem aber an den damals noch unvollendeten Kölner Dom. „Schinkel hat das Motiv des noch zu vollendenden Architekturwerkes mit dem festlichen Einzug eines Herrschers in seine Residenz verknüpft“². Schinkel malte die „mittelalterliche Stadt am Fluss“ 1815 gegen Ende der Freiheitskriege. Die heimkehrenden Preußen hatten sich gegen die französische Fremdherrschaft erhoben. Man war voller Hoffnung, dass durch die Freiheitsbewegung auch eine aufgeklärte deutsche Nation entstehen wird³. Diesem Patriotismus dient das deutsche Mittelalter als Fundament. Für Schinkel war das Vorbild des Mittelalters ohne die Orientierung am Leitbild der Antike unvollständig. Dies brachte er zehn Jahre später bei seinem Werk „Blick in Griechenlands Blüte“ 1825 schließlich zum Ausdruck. Diese Landschaftsmalerei weist in sich einen analogen Bildaufbau zum vorherig genannten Beispiel auf. So blickt man, ausgehend von einer noch unvollendeten antiken Tempelanlage, stehend auf

1 Altcappenberg: K. F. Schinkel. Geschichte und Poesie, 2012, S.114 2 https://smb.museum-digital.de, [Mittelalterliche Stadt am Fluss], 28.07.2019 3 https://smb.museum-digital.de, [Mittelalterliche Stadt am Fluss], 28.07.2019

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Perspektivwechsel

einem fragil anmutenden Gerüst, das durchaus ein Unbehagen erzeugen kann, auf eine Küste und eine antike Stadtlandschaft mit Tempeln, Denkmälern, Foren und Palästen. Die planmäßig angelegte Siedlung verrät viel vom städtebaulichen Ideal Schinkels4. Im Vordergrund errichten nackte Heroen einen ionischen Tempel mit doppeltem Säulengang. Mit großer Anstrengung versuchen einige, einen großen Marmorblock an die richtige Stelle des Frieses zu manövrieren. Andere wiederum beobachten die heimkehrenden Krieger, eine Korrespondenz zu den heimkehrenden Preußen von den napoleonischen Freiheitskriegen, dargestellt in der „mittelalterliche[n] Stadt am Fluss“. Anders als im obigen Beispiel wird der Horizont deutlich stärker von seitlichen Bildelementen gefasst. Dieser Eindruck wird zusätzlich verstärkt in dem der Betrachter aus einem noch unvollendeten Innenraum hinausblickt. Der stark bewachsene Hügel zur Linken und die schon stehenden Säulen zur Rechten erzeugen eine tunnelartige Konzentrierung zum Bildinneren. Zwischen Natur und Bauwerk wird ein imaginärer Bogen gespannt, der auch hier wieder für eine gewisse Dynamik sorgt. „Für Schinkel war der Bau eines Tempels Krönung und Symbol einer geordneten Gemeinschaft, einer verbesserten Weltordnung“5. In diesem Werk zeigt er antike Ideale, die er keinesfalls direkt in seine Zeit zu übertragen versucht, viel mehr will er sein Vorbild in die Gegenwart und Zukunft transportieren. Schinkel äußerte sich diesbezüglich folgendermaßen über seine Gemälde: „Der Reiz der Landschaft wird erhöht, in dem man die

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Spuren des Menschlichen recht entschieden hervortreten läßt, entweder so, daß man ein Volk in seinem frühesten goldenen Zeitalter genießen sieht […] oder die Landschaft läßt die ganze Fülle der Kultur eines höchst ausgebildeten Volkes sehen“6. Umschwung. Eine einfahrende Dampflok, rauchende Schlote einer Fabrikstadt, aufgewühlte Pferde und mittendrin der scheinbar in Trance gefallene Beuth in seinem Arbeitszimmer. Doch um wen handelt es sich bei der Person Christian Peter Beuth? Als Direktor der Technischen Deputation für Handel und Gewerbe beim Preußische Finanzministerium begab sich Beuth unter Begleitung von Schinkel auf eine Reise nach England, um die dortige industrielle Entwicklung vor allem in Manchester und London zu studieren. Als enger Freund Beuths war es naheliegend, dass Schinkel ihn auf einer solchen Reise begleiten wollte. Aber sicherlich war auch das sich gerade im Bau befindende British Museum in London, von dem er sich Inspiration erhoffte, ausschlaggebend 7. Im Laufe seiner Karriere ergaben sich weitere Zusammenarbeiten. Als Direktor der allgemeinen Bauschule entwarf Schinkel für ihn einen Neubau, der heute unter dem Namen der Bauakademie bekannt ist.8 Beuth gilt somit als Wegbereiter der Industrialisierung in Preußen und wird als Begründer der dortigen Fabrikstadt bezeichnet.9 Und ausgerechnet dieser enge Freund wird immer wieder in Schinkels späten Gemälden dargestellt. Dieses oben beschriebene Szenario wird in Schinkels Werk „Beuths ländlicher Auf

4 Altcappenberg: K. F. Schinkel. Geschichte und Poesie, 2012, S.82 5 https://smb.museum-digital.de, [Blick in Griechenlands Blüte], 11.10.2018 6 Steffens: Schinkel, 2003, S.59 7 https://www.tagesspiegel.de, [Schinkel und die Gewerbeförderung], 06.09.2012 8 https://www.tagesspiegel.de, [Schinkel und die Gewerbeförderung], 06.09.2012 9 https://archiv.berliner-zeitung.de, [C. P. Beuth Preußischer Wirtschaftsreformer], 24.09.2018

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Karl Friedrich Schinkel

enthalt in Schönhausen bei Berlin“ 1836 zum Ausdruck gebracht. Die Geschichte beginnt in Beuths Arbeitszimmer. Chaos, Akten und Pläne liegen im ganzen Raum verteilt. Sein Hund bemüht sich um Beuths Aufmerksamkeit. Schläft er? Bei dieser Unruhe? Er kann sich nicht ganz bei vollem Bewusstsein befinden. Der Bildausschnitt gleicht einer Theaterkulisse. Der Vorhang im Hintergrund geht auf und öffnet die Perspektiven in unterschiedliche Szenarien. Bei den drei Bildausschnitten handelt es sich um eine sogenannte Polyvalente Perspektive. Zur Linken befindet sich eine Industrielandschaft, die im Rauch der Fabrikschlote zu verschwinden scheint und einige Bürger erwarten eine einfahrende Dampflok. Zur Rechten der Komplementär, eine Naturlandschaft mit bäuerlicher Feldarbeit. Durch die bühnenbildhafte Darstellung wird ein innenräumlicher Eindruck erzeugt. Die Weitsicht ist größtenteils durch Vorhänge, Mobiliar und Maschinen zugestellt. Nur gezielte Blickpunkte erlauben dem Betrachter eine gewisse Fernsicht. Der Horizont befindet sich oberhalb der Bildmitte, der Fokus liegt klar auf Beuth. Doch warum wird Beuth auf einem thronartigen Stuhl platziert? Konnte Beuth als „Vater der Gewerbeförderung“¹0 eine ihn entmachtende Entwicklung in der preußischen Industrie nicht vorhersehen? Das von ihm ins Land gebrachte Dampfross scheint ihn und das althergebrachte Transportmittel Pferd bildlich zu überrollen. So kann die Eisenbahn metaphorisch für die neuen Technologien aus England gedeutet werden, die das konventionelle Handwerk aus dem alltäglichen Leben

Schinkel und die Perspektive

der preußischen Gesellschaft ablösen. Doch warum schwebt dieser ein Jahr später in der Allegorie „Beuth auf Pegasus“ 1837 nun quicklebendig auf einem geflügelten Pferd und bläst Seifenblasen über seine Industrielandschaft? Zu sehen ist eine Industriestadt mit blockartigen Fabriken und rauchenden Schornsteinen, die sich an einem linear verlaufenden Kanal erstreckt und die von einer Gebirgskette im Hintergrund begrenzt wird. ¹¹ Unter dem schwebenden Beuth „öffnet sich trichterförmig […] eine andere Perspektive. Dessen Rand ist von einem Rauchkranz umgeben, der es als fiktive Einblendung ausweist. Der Blick wird in eine Ecke des beuthschen Arbeitszimmers mit Akten des Gewerbevereins und des Berliner Kunstvereins gelenkt“¹². Die Szenerie scheint von Rauchschwaden und Nebel verschleiert zu sein. Die Weitsicht wird durch eine transparent werdende Darstellung aufgelöst. „Genau das hatte Schinkel in England und vor allem in Manchester gesehen. Für Preußen - daher die Seifenblasen - schien es ihm eine Illusion“¹³. Beuth, der als „androgyn-weibliche Gestalt“¹4 dargestellt wird, eine „ironische Figur die eben die Inspirationskraft wie den Aktenfleiß, die realen wie zerplatzten Visionen seines Freundes“ verbildlichen, wird als Verkörperung des modernen Bürgertums und Gründer der modernen Stadt bezeichnet.¹5 Beuth, der alle infrastrukturellen und technologischen Voraussetzungen für eine Industrialisierung Preußens initiierte, brachte somit den Ball für eine privatisierte Wirtschaft ins Rollen. Baumeister ohne König?

10 https://www.bb-wa.de 11 Bodenschatz, K. F. Schinkel made in GDR, 1980 12 Altcappenberg: K. F. Schinkel. Geschichte und Poesie, 2012, S.246 13 https://www.tagesspiegel.de, [Schinkel und die Gewerbeförderung], 06.09.2012 14 preussischer-kulturbesitz.de, [Schinkel Is The Shit], 01.03.2018 15 Bodenschatz, K. F. Schinkel made in GDR, 1980, S.6

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Perspektivwechsel

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Ein Dilemma? „Der […] Stadtbaumeister scheitert oft an der Autorität eines Königs oder Kaisers, setzt diesen aber zugleich voraus. In der privatisierten Stadt ohne König – wie in der beuthschen Industriestadt – entthront das spekulative Einzelinteresse auch den Stadtbaumeister.“¹6 So befürchtet Schinkel, dass weder er selbst noch Beuth den Ball aufhalten können. „Das Bürgertum […] ist zum Alleinherrscher der Stadt geworden.“¹7 Wird Schinkels Traum von einer idealen Stadt überrollt und wird die klassizistische Architektur von rauchenden Fabriken abgelöst? Seine grenzenlose Perspektive scheint letztendlich auf die Realität gestoßen zu sein. Die ferne Stadtlandschaft aus dem „Blick in Griechenlands Blüte“ gibt mit ihren Tempeln, Denkmälern, Foren und Palästen eine sehr präzise Vorstellung, wohingegen bei den vermeintlich utopischen Spätwerken das Panorama und seine genauen Einblicke verstellt und nur fragmentiert dargestellt sind, so wird eine ungewisse Zukunft durch eine Detailunschärfe verhüllt. In frühen Werken zeigt Schinkel Hoffnung. Die sich noch in schlechten Zeiten befindende Gesellschaft wird in Aufschwung und Veränderung dargestellt. Warnt Schinkel in seinen späten Utopien vor der Industrialisierung und deren Auswirkung? ‚Wunsch‘vorstellung und Wirklichkeit sind nicht zusammenzubringen. Nur eines ist gewiss. Er hat die Anfänge des Maschinenzeitalters 1837 noch erlebt und er war sicherlich Architekt genug, sich mit der neuartigen Konstruktion und Gestaltung auseinanderzusetzen. 16 Bodenschatz, K. F. Schinkel made in GDR, 1980, S.5 17 Bodenschatz, K. F. Schinkel made in GDR, 1980, S.6

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 2. Mittelalterliche Stadt am Fluss, 1815

Abb 3. Blick in Griechenlands BlĂźte 1825

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Schinkel und die Perspektive


Perspektivwechsel

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Abb 4. Beuths ländlicher Aufenthalt in Schönhausen, 1836

Abb 5. Beuth auf Pegasus, 1837

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SCHINKEL UND DIE IMAGINATION SCHINKELS IMAGINATION ALS WERKZEUG

ANNA-LENA BODENDÖRFER, DIANA DINKEL


Karl Friedrich Schinkel

Karl Friedrich Schinkel hatte sein Talent bereits früh bewiesen und von den Besten gelernt. Rückblickend kann man sagen kein anderer brachte die eigenen Vorstellungen und Gedanken so zu Papier wie er.1 Die Vorstellungskraft kann ebenfalls als Imagination betitelt werden, aber: Welche Rolle spielt die Imagination in Karl Friedrich Schinkels Leben? Bevor wir uns jedoch der eigentliche Frage widmen, bedarf es natürlich einer genauen Definition des Begriffs, um Karl Friedrich Schinkel als Person und im Zusammenhang mit der Imagination tiefer betrachten zu können. Deshalb wird anhand zweier Thesen von Immanuel Kant und Sigmund Freud der Begriff „Imagination“ erklärt und definiert, dabei beleuchtet Kant den philosophischen und Freud den psychotherapeutischen Ansatz. Auf Grundlage dieser Thesen wird anschließend erörtert, inwiefern Schinkels Imagination als Werkzeug verstanden werden kann und welche Rolle diese in seinem Leben spielt. Näher untersucht wird dies anhand zwei von seinen Werken, dem Gemälde „Triumphbogen“ (Abb 6.) und dem ungebauten Entwurf für die Akropolis (Abb 8.), die im zeitgeschichtlichen Kontext betrachtet werden.

Definition des Begriffs Imagination Immanuel Kant erklärt den Begriff der Imagination mit Hilfe dreier Erkenntnisquellen: den Sinn, die Einbildungskraft und die Apperzepation.2 Die Apperzepation beschreibt dabei die bewusste Aufnahme von erlebten Inhalten, das Wahrnehmen mit allen Sinnen ist jedoch ein unbewusster Vorgang. Die Einbildungskraft steht zwischen der Apperzepation und der Sinneswahrnehmung und dient vermutlich als verschmelzendes Werkzeug oder ist das Resultat der beiden. Bei der Einbildungskraft wird in Assoziation und Reproduktion

Schinkel und die Imagination

unterschieden. Die Reproduktion, die die Wirklichkeit abbildet, ist eng mit der Apperzepation verbunden, da die bewusst aufgenommenen Inhalte direkt in eine Wirklichkeitsabbildung übersetzt werden können. Der zeitliche Faktor spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn je länger dieser anhält, desto weiter entfernen sich die Abbildungen von der Realität. Die Assoziation, welche auch als schöpferische Einbildungskraft bekannt ist, kann dagegen stärker mit den Sinneswahrnehmungen in Zusammenhang gebracht werden. Auch eine Erinnerung an bewusst wahrgenommene Erlebnisse, die nur noch vage vorhanden ist und mit einer gewissen Unschärfe wiedergegeben werden kann, könnte die Grundlage für die schöpferische Einbildungskraft sein. Am Ende ist allerdings jede Einbildung eine Synthese aus Erinnerung, Wahrnehmung und direktem Erlebten. Wie stark der Einfluss der einzelnen Bereiche ist, kommt auf die individuelle Person an. Sigmund Freud behauptet: „der Glückliche phantasiert nie, nur der Unbefriedigte. Unbefriedigte Wünsche sind die Triebkräfte der Phantasie, und jede einzelne Phantasie ist eine Wunscherfüllung, eine Korrektur der unbefriedigten Wirklichkeit“.3 Sowohl in diesem Zitat als auch in seiner autobiographischen Studie4 zeigt sich seine Haltung gegenüber der Imagination, die man auch als Phantasie bezeichnen kann. In der Studie beschreibt er die Imagination als einen Bereich, den man unter Vorbehalt betritt, um Befriedigungen zu ersetzen, die einem Menschen im echten Leben verwehrt bleiben. Dabei differenziert er zwischen Künstlern und Neurotikern. Neurotiker sind Menschen, denen bewusst ist, dass sie an einer zwanghaften Störung leiden. Im Gegensatz zu diesen ist es Künstlern möglich, bewusst zu imaginieren und

1 Karl Friedrich Schinkel, Verwaltung der staatlichem Schlösser und Gärten, S. 17 2 Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, S.85-87 3 Sigmund Freud, Der Dichter und das Phantsieren. GW VII, S. 216 4 Sigmund Freud, Autobiographical Study, Standard Edition, Vol. XX

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Schinkels Imagination als Werkzeug

zwischen dem echten Leben und der Vorstellungswelt zu unterscheiden. Das Resultat der Imagination eines Künstlers sind nach Freud seine Werke, die seine unbewussten Wüsche und Träume darstellen. Für Freud sind Träume an sich jedoch asozial und narzisstisch, die Werke eines Künstlers dagegen haben die Aufgabe die gleichen unbewussten Sehnsüchte des Verfassers im Betrachter auszulösen und zu befriedigen.4

Die Malerei - ein Ausdruck der Sehnsucht Karl Friedrich Schinkel ist zu seiner Zeit nicht nur als Architekt bekannt, sondern ebenfalls als ein sehr begabter Maler. Jedes Jahr malt er eine Hand voll Gemälde, so auch im Jahre 1817, zwei Jahre nach der endgültigen Niederlage Napoleons. Die Besatzungszeit ist zu Ende und trotzdem nehmen die Unruhen innerhalb des neu gegründeten deutschen Bundes weiter zu. Inspiriert durch die Französischen Revolution, gedeiht auch in Preußen und den umliegenden Staaten im deutschen Bund das Nationalbewusstsein. Nach dem Ende der Befreiungskriege forderte das Bürgertum einen neuen Staat und eine neue Gesellschaft. Die Fürsten schlossen sich jedoch gegen das Bürgertum, denn viele von ihnen wurden unter der Herrschaft von Napoleon aus ihren Ämtern enthoben und wollten die alte Ordnung wiederherstellen. Sie sind für Legitimität, d.h. nur die alten Dynastien haben einen Anspruch auf Macht. Trotz der Unterdrückung verlieren die Bürger ihren Kampfgeist nicht und so findet am 18.10.1817 das Wartburgfest statt. Dort hissen die Studenten Flaggen mit den Farben schwarz-rot-gold, die vermeintlichen Farben des alten Reiches und fordern erneut die Einheit Deutschlands.5 Rückblickend wird dieses Ereig4 5 6 7 8

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nis auch als der Beginn des deutschen Vormärz deklariert und im gleichen Jahr malt Schinkel den „Triumphbogen“ (Abb 6.). Das Gemälde wird 1818 noch ohne Bezeichnung und Beschreibung auf der Berliner-Akademie-Ausstellung ausgestellt und ließ schon damals die Besucher ohne einordnende Hilfe fragend zurück. Das Bild wird von einem antiken Triumphbogen begrenzt, im Vordergrund befinden sich zwei Reiterstaturen und die gemalten Inschriften verraten, dass die Statuen Kurfürst Friedrich Wilhelm und Friedrich der Große darstellen. Im Hintergrund befindet sich links ein gotischer Kuppeldom und rechts hinter dem Fluss erkennt man die Stadt Berlin. Schon im Jahre 1814 hatte Karl Friedrich Schinkel einen Dom als Denkmal zum Ende der Befreiungskriege entworfen,6 den Chorabschluss von diesem Denkmalentwurf nimmt er im Gemälde mit auf. Im Mittelgrund ist eine große Menschenmenge dargestellt, bei genauerer Betrachtung erkennt man die Friedensgöttin Eirene auf ihrer Quadriga, die 1806 von den Franzosen entführt wurde und schließlich 1814 zurück nach Berlin kam. Auffällig an dem Gemälde ist der Hell-Dunkel Kontrast, die Reiterstatuen liegen im Schatten und kehren dem Geschehen scheinbar den Rücken zu. Der Mittel- und Hintergrund dagegen ist hell erleuchtet und schon beinahe lebhaft. Es scheint als reitet Eirene mit einem Siegeszug von der gotischen Kirche zum Triumphbogen.7 Betrachtet man Freuds These unter dem zeitgeschichtlichen Kontext, will Karl Friedrich Schinkel, symbolisiert durch die Rückkehr der Friedensgöttin,7 seine Sehnsucht nach dem Anbruch einer neuen Ära darstellen und hat den Wunsch, dass die alten Dynastien im Schatten verschwinden sollen. Wenn dies Schinkels Wunsch bzw. Traum ist, möchte er laut Freud genau diese Sehnsucht auch im Betrachter des Gemäldes auslösen. Außerdem vermischen sich in seinem Gemälde reale Objekte

Sigmund Freud, Autobiographical Study, Standard Edition, Vol. XX https://www.dhm.de/lemo/kapitel/vormaerz-und-revolution/ Karl Friedrich Schinkel, Mario Zadow, S. 193 https://recs.hypotheses.org/4390#more-4390 https://www.morgenpost.de/berlin/article207534657

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Karl Friedrich Schinkel

und Ereignisse mit erfundenen Elementen, beispielsweise vereint er die Quadriga des Brandenburger Tores, den Domchor des Denkmalentwurfs und die Stadtsilhouette Berlins in einem ganz neuen Zusammenhang. Kant nennt dies die assoziative Einbildungskraft, in dessen Zusammenhang bei Schinkel die Apperzepation steht, d.h. die bewusste Aufnahme vom Erlebten. Er greift bewusst erlebte Ereignisse wie die Rückkehr der Quadriga nach Berlin von 1814 wieder auf, die nicht nur für ihn, sondern auch für die Geschichte prägend waren, und verarbeitet dies mit Hilfe des Gemäldes. Schinkels Imagination lässt ihn anscheinend in seine Gedankenwelt flüchten, somit fungiert seine Imagination an dieser Stelle seines Lebens als Rückzugsort für ihn und seine unerfüllten Wünsche zu verbildlichen, scheint ihm selbst zu helfen.

Ein ungebauter Entwurf – vom Egoismus getrieben Ein weiteres ausschlaggebendes Ereignis in der Zeit des Vormärz ist das Hambacher Fest in der Pfalz im Jahre 1832, denn neben dem Wunsch nach einem vereinten Deutschland, ist die Zeit geprägt von dem Misstrauen gegenüber der Obrigkeit und der Politik. Die 1819 in Kraft getretenen Karlsbader Beschlüsse sowie die Zensur der Presse oder die Unterdrückung der Meinungsäußerung sorgen für mehr gesellschaftliche und politische Unruhen.5 Aus diesen Missständen formt sich der Gedanke des Liberalismus und die Freiheit des Individuums, die Menschenrechte und die Selbstverwirklichung entwickeln sich zu zentralen Themen im Bürgertum. Nachdem ebenfalls in 1832 die griechische Nationalversammlung Kronprinz Otto von Bayern zum König von Griechenland wählte, brauchte dieser eine Residenz. Sein guter Freund

Schinkel und die Imagination

Friedrich Willhelm VI. empfiehlt ihm seinen Baumeister Schinkel und dieser nimmt den Auftrag ein Schloss auf dem Berg der Akropolis zu entwerfen an (Abb 9.). Mit höchster archäologischer Behutsamkeit entwickelt Karl Friedrich Schinkel innerhalb eines Jahres einen Entwurf für ein Anwesen im Schatten des Parthenons. Er ordnet sich dabei dem Bestand bewusst unter und versucht durch eine freie, zweckmäßige Gruppierung von Räumen das Schloss um die antiken Tempelanlagen zu positionieren (Abb 8.). Erstaunlich beim Betrachten dieses Entwurfs ist, wie detailliert er ausgearbeitet ist, obwohl Schinkel die Akropolis selbst nie gesehen hat, sondern sie nur aus der Literatur kennt.9 Die Antike ist in diesem Fall der Grundbaustein seiner Imagination, denn für ihn ist die Antike eine reine Form, zeitlos schön und die Wiege der Architektur, dabei fühlt er sich mit ihr „im tiefsten verbunden“.10 Obwohl Schinkel also nie in Griechenland war oder in der Nähe der Akropolis, ist es nach Freuds These denkbar, dass es für ihn in seiner Imagination der ideale Ort gewesen ist. Schinkels umfassendes künstlerisches Talent kommt bei dem Entwurf besonders zum Ausdruck und einige Aquarelle, wie z.B die innere Ansicht des Empfangssaales (Abb 7.), zählen rückblickend zu seinen gelungensten Arbeiten. Genau wie im Beispiel des Triumphbogens beeinflusst das Bild die Haltung des Publikums und führt ihnen die Schönheit der Antike vor Augen. Doch nicht nur hier zeigt sich Sigmund Freuds Traummotiv, denn nach der Bekanntgabe der Nichtausführung des Entwurfs ist es für Schinkel alles nur „ein schöner Traum“ gewesen.11 Er drückt durch den Entwurf seine Sehnsucht nach einem Wiederaufleben der Antike aus, die ihn beim Entwerfen des Schlosses geleitet hat. Bei seiner Aussage stellt sich aber auch die Frage, ob er von Anfang an von der Nichtaus-

5 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/vormaerz-und-revolution/ 9 Bauwerke und Baugedanken, Erik Friedrich, S. 219 10 Carl Friedrich Schinkel, August Griseabach, S.158 11 Karl Friedrich Schinkel, Verwaltung der staatlichem Schlösser und Gärten, S. 23

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Schinkels Imagination als Werkzeug

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führung ausgegangen ist. Wenn dies der Fall ist und man den liberalen Zeitgeist mit einbezieht, lässt sich darauf schließen, dass Schinkel aus reinem Egoismus den Auftrag ausgeführt hat, mit dem Zweck sich seiner Imagination des idealen Ortes hingeben zu können.

Karl Friedrich Schinkels Imagination – ein zweischneidiges Schwert Die Imagination spielt in Schinkels Leben verschiedene Rollen, sie dient auf der einen Seite als imaginärer Zufluchtsort, er kann mit dessen Hilfe erlebte Ereignisse verarbeiten und seine Missgunst gegenüber den zeitlichen Geschehen zum Ausdruck bringen. Auf der anderen Seite inszeniert Schinkel in seinen Bildern teilweise surreale Situationen, transportiert mit Hilfe des Medium der Malerei und seinen Zeichnungen seine Vorstellungen und Resultate der Imagination. Er ermöglicht so zwar den Betrachtern eine Teilnahme an seiner geistigen Schaffenskraft, versucht diese aber auch zu manipulieren. Abschließend kann man sagen, dass Karl Friedrich Schinkel seine Imagination, wenn auch unbewusst, zum Zweck der Selbstheilung nutzt, um seine unerfüllten Sehnsüchte zum Ausdruck zu bringen, aber auch um sich seinen Träumen hingeben zu können, wie im Beispiel des ungebauten Schlossentwurfs auf der Akropolis.

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 6. Karl Friedrich Schinkel - Triumphbogen, 1815

Schinkel und die Imagination

Abb 7. Empfangssaal Akropolis,

Abb 8. Entwurd fĂźr einen Palast auf der Akropolis in Athen, Grundriss, aquarellierte Federzeichnung, 1834 26


Schinkels Imagination als Werkzeug

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Abb 9. Entwurf fĂźr einen Palast auf der Akropolis in Athen, Ost- und Nordansicht, Aquarell

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SCHINKEL UND DIE ARCHITEKTURZEICHNUNGEN ZEICHNUNGEN ALS WEGBEGLEITER

CHRISTINA EICHNER, ANASTASIIA STIEKHINA


Karl Friedrich Schinkel

Karl Friedrich Schinkel war nicht nur ein hervorragender Architekt, sondern auch ein bemerkenswerter Zeichner. Bevor er seine Bauten verwirklichte, zeichnete er sie zuerst. Was aber ihn von den anderen Architekten aus damaliger Zeit unterscheidet, ist die Art der Entwurfsdarstellung. Viele seiner Kollegen legten großen Wert darauf, die Erscheinung ihrer Bauwerke zu präsentieren, die Blicke der Betrachter exakt auf dem Entwurf zu konzentrieren. Bei Schinkels Arbeiten ging es viel mehr darum Stimmung zu übermitteln. Betrachtet man zum Beispiel einen Entwurf eines Landhauses gelangt man mitten in die Landschaft. Man spürt die unberührte Natur und ihre Macht. Die Architektur ist im Hintergrund, die ist in diesem Fall sekundär. Viel deutlicher sind die Bäume, Flüsse, Felder. Man hört das Blätterrauschen und den Vogelgesang. Eine Idylle. Umgekehrt sind die städtischen Motive. Dort fühlt man das Tempo, ein dynamisches Leben. Hier beladen die Seeleute ihre Boote mit Gütern, da führen die Menschen geschäftliche Gespräche, da spielen die Kinder fangen. Man hört das städtische Summen, die schnellen Schritte auf dem Pflaster, das Pferdegetrampel der danebenfahrenden Kutsche, die Gespräche von hier und von dort. Die Zeichnungen sind mit vollem Leben gefüllt. Aber nicht nur Menschen bringen die Atmosphäre in das Bild ein. Städte ohne menschliche Anwesenheit haben ihren eigenen Charme. Sie wirken verlassen aber gleichzeitig repräsentativ. Als ob sie dem Betrachter ihre Majestät zeigen wollten.

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Schinkel und die Architekturzeichnungen

Schinkels Darstellungsart ist immer wieder anders. In einigen Entwürfen zeichnet er realistisch, in den anderen eher illustrativ und dekorativ. Welche Mittel hat Schinkel benutzt, um diese Stimmung zu erzeugen? Was hat ihn beeinflusst? Im folgenden Essay wird die Entwicklung des Stils Schinkels, anhand seines Werdegangs als Architekt, untersucht, und die Frage geklärt, was ihn in seinem Schaffen geprägt hat.

Schinkels Frühzeit Schinkels erste Entwürfe und Zeichnungen wurden stark von seinen Jahren in der „Privatgesellschaft junger Architekten“ geprägt, hier wurden ihm die wichtigsten Mittel zum zeichnen nahegelegt. Er bemühte sich lange daran, mit ausbleibendem Erfolg, seinem Lehrer Gilly nachzueifern und sich die Techniken des Meisters anzueignen. Sein anfänglicher Stil resultiert dementsprechend in zaghaften, flachen Linienzeichnungen. Schinkel traut sich nicht aus dem vorgegebenen Rahmen herauszubrechen, und nimmt Perspektiven, Fluchten, Symmetrien und Linien sehr genau. Am Beginn seines Architektendaseins stehen somit einige schulmäßige Zeichnungen. Dennoch kündigt sich auch hier bereits eine Lockerung der streng formulierten Entwürfe an. Dies erkennt man am besten am Entwurf der offenen Halle (Abb. 10), einem Idealraum aus Schinkels Phantasie.


Zeichnungen als Wegbegleiter

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Italienreise 1803 - 1805 Betrachtet man diesen, bemerkt man sofort, dass es sich hierbei um eine Innenraumperspektive mit einem Blick in den Außenraum handelt. Die Natur nimmt sich hier im Gegensatz zur Architektur komplett zurück und man erahnt nur leichte Silhouetten eines Hügels und Meers im Hintergrund. Die Zeichnung erweckt eine gewisse Neugier im Betrachter. Mithilfe der Fluchtpunktperspektive lässt die Zeichnung den Betrachter an dieser Inszenierung teilhaben. Im Mittelgrund, zwischen den großen Säulen, die rund die Häl e der Zeichnung einnehmen, erkennt man zwei Personen, die dabei helfen die Proportionen dieser mächtigen Architektur darzustellen. Die Entwurfzeichnung des Idealraums ist sehr detailreich ausgearbeitet und bietet einen großen Einblick in die Formen und Materialität der Architektur. Die hauptsächliche Funktion dieser Zeichnung ist es, die Atmosphäre und das Gefühl der Vollkommenheit und Perfektion zu übermitteln.

Abb 10. „O ene Halle am Meer im antiken Stil“, 1802, Feder in Schwarz und Grau, aus: „Karl Friedrich Schinkel. Geschich te und Poesie“

“Er fühlte, daß nunmehr Zeit sei, die lange gehabte Sehnsucht, Italien zu besuchen, mit Nutzen in Ausübung zu bringen, und wendete dazu sein Vermögen an.” Auf keiner Reise, wie in der nach Italien 1803, zeichnet Schinkel derart viel. All seine Wahrnehmungen überträgt er auf das Papier, er trainiert dadurch sowohl sein Auge als auch seine Zeichenfähigkeit. Am Anfang zeigen seine ersten Studien Gezwungenheit und Bedachtsamkeit. Umrisszeichnungen sind mit sparsamen Linien, schattenlos und unmalerisch dargestellt (Abb 10.). Jedoch im Verlauf der Reise verbessert sich die zeichnerische Geschicklichkeit durch ständiges Üben rasant. Diese Unterschiede sind in Abbildung 12 zu erkennen. Die plastischen Linien mit nuancierten Schra uren prägen die Zeichnung. Man nimmt die Lu perspektive und das LichtSchatten-Spiel hier viel deutlicher wahr. Genau in dieser Zeit sind seinen Briefen und Tagebüchern unterschiedliche Landscha sbeschreibungen von Farb- und Lichterlebnissen zu entnehmen und in seinen Zeichnungen ist die Dominanz von Natur zu sehen. Es handelt sich nicht um reine Landscha en. Vielmehr geht es um die Kulturlandscha en, die durch Bauten, Siedlungen, Städte und menschliche Spuren verändert sind. Seine Studien während der gesamten Reise ergaben eine unglaubliche Sammlung von Zeichnungen und Skizzen, die er später als Grundstein für seine Arbeiten, Bühnenbilder und Malereien nutzte.

1. Selbstbiographie für Barockhaus´Konversationslexikon, 1825, Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle fried Riemann. Rütten & Loening Verlag, 1979, S. 273 2. Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle. Gottfried Riemann. Rütten & Loening Verlag, 1979, S.281

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 11.„Im Plauer Grunde bei Dresden“, 1803, Feder in Grau, Bleistift, aus: „Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeich nungen. Aquarelle.“

Abb 12.„Castro Giovanni mit dem Ätna“, 1804, Feder in Schwarz, Bleistift, hellgraues Papier, aus: „Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle.“

Landschaftswahrnehmung Für Schinkel war die Landscha aber nicht nur in der Malerei, sondern auch in den Entwurfszeichnungen ein wesentliches ema. „Wie sitzt die Architektur in der Landscha ? Das war bei fast allen seinen Darstellungen ein wesentliches Motiv.“ Die Villenbauten und Landschlösser stellt er in fast allen seinen Entwürfen ziemlich schlicht dar, dafür lässt er die Landscha über Architektur dominieren. Umgekehrt ist es bei den

Schinkel und die Architekturzeichnungen

Stadtbauten, wo die Architektur hervortritt und die Landscha sich unterordnet. Schinkel verfügte über ein ra niertes Ortsgefühl. „Er empfand vielmehr schon damals deutlich, wie wichtig für die Wirkung eines Bauwerks seine Eingliederung in die Umgebung ist.” Wenn man den Entwurf für das Babelsberger Schloss (Abb 13.) betrachtet, fällt der Blick als erstes durch den See und die wildwachsenden Bäume auf das neogotische Schloss, das im Zentrum des Bildes auf dem Hügel steht und durch die Landscha von allen Seiten eingerahmt wird. Die Bäume, die im Vordergrund, am Ufer entlang stehen, sind Akzentpunkte, die so platziert sind, dass sie von allen Seiten der Zeichnung den Blick ins Zentrum führen, sodass das zu entwerfende Gebäude das wichtigste Motiv der Zeichnung ist, sich aber trotzdem der Landscha untergliedert. Das Schloss ist bescheiden dargestellt und wenig detailliert. Die Umgebung hingegen ist sehr ausführlich ausgearbeitet und bildet einen starken Kontrast zu dem Gebäude. Ganz anders stellt Schinkel die Bauten dar, die in die städtische Landscha integriert sind. Man kann hier zwei Rubriken bestimmen. In der ersten ist die Landscha ein gleichberechtigtes Element zur Architektur. Es gibt keine deutlichen Kontraste zwischen Bauten und Umgebung, keine o enbaren Licht- und Schattenakzente. Dadurch werden die Zeichnungen einheitlicher wahrgenommen, was man am Beispiel des neuen Packhofs-Gebäudes (Abb 14.) sehen kann. Auf den ersten Blick erkennt man nicht um

3. Carl Friedrich Schinkel. Architekt, Städtebauer, Maler. August Griesebach. R. Piper & Co. Verlag, München 1981, S. 16

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Zeichnungen als Wegbegleiter

welches Gebäude es in dieser Zeichnung geht. Indem alle Objekte mit gleichem Detaillierungsgrad dargestellt sind, wirkt die gesamte Zeichnung harmonisch und übereinstimmend. Die Straßen an beiden Seiten des Flusses, der Fluss selber und die Boote führen ins Zentrum des Bildes zur Brücke, hinter denen das projektierte Gebäude steht. Dieses liegt nicht genau in der mittleren Achse des Bildes, sondern etwas rechts, sodass es mit der Umgebung verschmilzt. Um den Ort zu de nieren und die Zeichnung lebendiger zu machen, fügt Schinkel unterschiedliche Objekte in die Szene ein. Man erkennt Boote im Fluss und Menschen, die spazieren, arbeiten und beobachten. In der zweiten Kategorie ordnet sich die Umgebung der Architektur unter. Diese Deutung kann man von der Perspektivischen Ansicht des neuen Schauspielhauses ablesen (Abb 15.). Wie bei vielen anderen Projekten, die man der Kategorie zuschreiben könnte, steht das zu entwerfende Gebäude im Mittelpunkt. Der Blick des Betrachters wird über die malerisch gruppierten Trümmer des alten eaters und über das grobe P aster auf das neue Schauspielhaus geführt, das sehr imposant auf dem hohen Sockel steht, und dem Betrachter seine majestätisches Wesen vermittelt. Das Gebäude ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, was durch den Einsatz von Licht und Schatten stärker wahrgenommen wird. Die Dynamik des Bildes wird durch die Aktivitäten der Menschen erreicht. Dadurch, dass sie dem Gebäude zugewandt sind, fungieren die Sta agen als Brücke zwischen dem Betrachter und der Zeichnung.

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Abb 13. Entwurf für das Landhaus des Prinzen Wilhelm K.H. auf dem Babelsberge bei Potsdam, aus: „Sammlung architek tonischer Entwürfe“

Abb 14. Perspektivische Ansicht des neuen Packhofs-Gebäu de von der Schlossbrücke gesehen, aus: „Sammlung architek tonischer Entwürfe“

Abb 15. Perspektivische Ansicht des neuen Schauspielhauses zu Berlin, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Architekturzeichnungen

Innenraum

Visionäre Ideen mit Potential

Eine seiner bekanntesten Innenraumdarstellungen ist die Perspektive im Alten Museum in Berlin (Abb 16.). Betrachtet man diese, so fällt man direkt in das Bild hinein. Diese Tiefenwirkung entsteht durch die perspektivische Verzerrung der bildlichen Proportionen. Schinkel verwendet aber auch Kontraste, Tonwerte und die Strichstärke um diese Wirkung zu erzielen. Mithilfe des Qualitätskontrasts lässt er weit entfernte Gegenstände heller und transparenter erscheinen, wohingegen die Säulen, Balustraden und Böden im Vordergrund scharf und detailliert dargestellt werden. Die hier anhand der Zeichnung aufgezeigten Merkmale, lassen sich auf nahezu alle seine Innenraumzeichnungen übertragen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Karl Friedrich Schinkel in vielen seiner Abbildungen die selben Stilmittel aufgrei um damit die Atmosphäre und die monumentale Wirkung zu übermitteln.

Untersucht man die Zeichnung des Alten Museums weiter, so fallen die Parallelen zum Bild der o enen Säulenhalle am Meer (Abb 10.) auf. Sie reichen von den zwei Säulenreihen, über die Decken- und Bodengestaltung, sogar über die Bilder an der Wand bis hin zum Blick nach Außen. Es ist o ensichtlich, dass Schinkel sich an seinem ersten Entwurf orientiert und versucht diesen bestmöglich in die Realität umzusetzen. Dennoch fallen einige, sehr beachtliche Unterschiede sofort ins Auge. Allem Anschein nach hatte Schinkel für seinen Idealraum eine andere Nutzung vorgesehen, was man an der fehlenden Bestuhlung, den nun dargestellten Protagonisten und der neuen großen Haupttreppe festmachen kann.

Abb 16. Perspektivische Ansicht von der Galerie der Haupt treppe des Museums durch den Porticus auf den Lustgarten und seine Umgebungen, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“

Die Umsetzung des Alten Museums ist das beste Beispiel dafür, dass Karl Friedrich Schinkel von Anfang an visionäre Ideen mit viel Potential hatte, diese jedoch wegen seinem Erfahrungsmangel und fehlender Mittel nicht realisieren konnte. Die Zeichnungen die er in seiner Italienreise machte prägten demnach sein Scha en enorm, er lernte nicht nur Eindrücke, Stile und kulterelle Eigenheiten kennen sondern erweiterte seinen Blickwinkel auch in Schri , Bild und Bau, was seine späteren Arbeiten und sein Verständnis für Architektur unglaublich beein usste. Kaum ein Architekt konnte sich so bewusst in den Betrachter hineinversetzen wie Schinkel. Dementsprechend sind seine Zeichnungen unfassbar nah an der Realität und bieten einen detailreichen Ausblick auf die spätere Realisierung der Gebäude.

4. Kirche am Werderschen Markt; Kirche in Moabit; Redern´sches Palais Berlin; Kirche vor dem Rosenthaler Thore; uvm

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SCHINKEL UND DIE MALEREI AUSDRUCK EINER SEHNSUCHT

MAX BRESSEL, DAVID SCHROLLINGER


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Malerei

Leinwand & Fenster „… die Deutschen ergreifen dieselbe aber mit der Ursprünglichkeit und Freiheit ihrer Natur und verstanden es bald, sie zum Ausdruck derjenigen Ideenwelt zu verwenden, die ebenso aus der ursprünglichen Geistesrichtung des Volkes, wie aus den Anschauungen des Christentums nach einer äußeren Verwirklichung drängte.“1 Jedem Pinselstrich wohnt etwas magisches inne, denn ein Gemälde vermag es, sowohl Gedachtes, als auch Gefühltes auszudrücken und Phantasie sowie Vorstellung in einem Medium zu manifestieren. Sie zeigt die Realität im Bilde des Künstlers. Malerei öffnet Fenster, um in eine andere Vorstellung einzutauchen und Stimmungsbilder aufzusaugen. Karl Friedrich Schinkel war Architekt und Maler von Bedeutung. Stimmungsvoll inszenierte, ästhetische Baukunst vor einer idyllischen Landschaftskulisse war meist das gewählte Motiv seiner Werke, die sich so der Kunstepoche der Romantik zuordnen lassen. Der Ausdruck eines harmonischen Bildes, bei dem Natur, Mensch und Gott in ihrer Korrelation Vollkommenheit verkörpern und die innere emotionale Haltung zu den Dingen wiederspiegeln, ist Kern der romantischen Malerei. Wie die Architektur in Schinkels Gemälden Atmosphäre erzeugt, wie sie inszeniert und idealisiert wird und welche Intention Schinkel dabei zum Ausdruck bringt, soll in den folgenden Zeilen Thema sein. Schinkels Anspruch an die Architektur als „Veredelung aller menschlichen Verhältnisse“2 wird insbesondere in seinen Gemälden, den monumentalen, zum Himmel strebenden, gotischen Kathedralen deutlich. Im Vergleich 1 Karl Friedrich Schinkel, zu Dom am Wasser https://www.wikiwand.com [Gotischer-Dom-am-Wasser] 2 Karl Friedrich Schinkel, zu Dom am Wasser https://www .welt.de <15.09.2012> [Kunst-am-Bau]

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zu seinen zeitgenössischen Künstlern ist für Schinkel die Architektur in seinen Gemälden essentiell und für das erzeugte Stimmungsbild unabdingbar, während sich andere ausschließlich auf landschaftliche Motive beschränken. In seinen gemalten Vorstellungen lassen sich Elemente aus bestehenden Bauwerken, die Schinkel von seinen Bildungsreisen kennt herauslesen. Deshalb können seine Gemälde als Synthese und wegen des hohen Detailgrads als Sammelsorium und Verarbeitung seiner Inspirationen und Entwurfsphantasien betrachtet werden. Gleichzeitig verraten sie uns etwas über Schinkel als Person. Zwischen den Pinselstrichen lassen sich, neben seiner Vorstellung von Architektur und idyllischer Naturästhetik, seine persönlichen Sehnsüchte, Gefühle und Haltung zu den Umständen seiner Zeit erkennen.


Ausdruck einer Sehnsucht

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Kunstepochaler Kontext Neben dem thematischen Dreieck der Transzendenz, der Gefühle und Nationalität, steht in der Romantik die Sehnsucht im Mittelpunkt.3 Die Natur als Numinose und vollkommenes Ideal in der weltlichen Realität stellt hierbei den zentralen Dreh- und Angelpunkt da. Die Symbolsprache der Romantik ist geprägt von Versinnbildichungen. So wird beispielsweise häufig von der „Blauen Blume“2 gesprochen. Sie steht für die menschliche Sehnsucht und das Streben nach transzendentaler Unendlichkeit. Der Mensch ist in dieser Vorstellung Teil des natürlichen Schöpfungsgefüges, der jedoch über ein Bewusstsein verfügt und somit eine besondere Stellung einnimmt. Philosophen, Dichter und Künstler waren angesehene Persönlichkeiten, da deren Kunst als göttliche Eingebung wahrgenommen wurde und somit eine Brücke zum Transzendentalen spannt. Die Kunst war Werkzeug der Expression von Atmosphäre und Gefühlen in einer detaillierten Momentaufnahme. In der Romantik wird der Schwerpunkt des einseitigen, rationalen Blicks auf die Welt, wie es in der Aufklärung mit der Ultima Ratio propagiert wurde, wieder mehr in Richtung einer emotionalen Sichtweise verschoben. Ob Liebe, Leid oder Sehnsucht - alles sollte seinen Ausdruck finden. Der Ursprung der Gefühle wurde dem göttlichen zugeschrieben, wodurch diese ihren besonderen Stellenwert erhielten. Die Denkenden Geister der Zeit beschäftigten sich auch mit den Sinnfragen, woher wir kommen, wer wir sind und wohin wir gehen. Politische Umbrüche und damit verbundene Unsicherheiten, veranlasste die Menschen über das eigene aber

auch kollektive Dasein nachzudenken. Die Rückbesinnung auf Traditionen und die Suche nach nationaler Identität gingen damit einher. Auf der Suche nach jener kollektiven Identität im deutschen Raum, stellte das Mittelalter, trotz vieler Missstände, den Bezugspunkt für Kunst und Architektur da.

Dom am Wasser Karl Friedrich Schinkels „Dom am Wasser“ (Abb17.) steht hierfür exemplarisch. Erhaben, viertürmig thront der gotische Dom auf einer felsigen Anhöhe über einer mittelalterlichen Stadt, welche sowohl gotische, als auch renaissancistische Elemente besitzt.4 Mit einem kleinen Prostylostempel wird dieses Gefüge um einen klassizistischen Bau erweitert. Die Kathedrale strebt monumental gen Himmel und bekommt durch ihre Filigranität einen idealisierten Charakter. Die Lichtsituation, ein durscheinendes Abendlicht, trägt zu einer theatralischen Wirkung bei. Der Tiefe westliche Standort des Betrachters mit dem Blick gegen die Abendsonne erzeugt eine Blendung und lässt den Chor des Doms in den Schatten rücken. Auf den ersten Blick ist nur die Silhoutte des Doms präsent, erst auf den zweiten Blick offenbart sich der Detailreichtum. So ist an den Westtürmen beispielsweise eine doppelläufige Wendeltreppe erkennbar. Die Farbgebung, des klaren Himmelblaus zur dramatischen Wolkenstruktur trägt zur theatralischen Stimmung bei. Das Aufreißen der Wolken über dem Dom verstärkt die aufwärts strebende Geste der Gotik. Die anlegenden Personen am Hafenkai verleihen dem Dom und der

3 Götz, 1996, S. 153-171 4 Karl Friedrich Schinkel, zu Dom am Wasser https://www.wikiwand.com [Gotischer-Dom-am-Wasser]

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Karl Friedrich Schinkel

Stadt ihre monumentalen Größen und Proportion. Sie bewegen sich um eine gotische Bildsäule, die direkt auf die Vierung des Doms deutet. Diese soll die menschlichen Anstrengungen bei dem Errichten eines solchen Bauwerks veranschaulichen. Man stellt Einflüsse von verschiedensten Bauwerken fest. Elemente der Kathedrale von Orleans, des Mailänder Doms, der Straßburger Münster und des Stephansdoms in Wien wurden aufgegriffen. In dieser Hinsicht kann das Gemälde als Sammelsorium von Elementen aus verschiedenen Bauten und Stilrichtungen betrachtet werden und spiegelt die Suche nach der eigenen Identität wieder. Die transzendentale Komponente , das Bindeglied zwischen den Menschen und dem göttlichen, wird durch das Paar verbildlicht. Diese machen sich vom Hafenkai, der sinnbildlich für die Menschenwelt steht, auf zum Dom, welcher wiederum das Göttliche darstellt.

Das Eismeer Caspar David Friedrichs „Das Eismeer“ (Abb 18.) steht im Vergleich zu Schinkels Gemälde für die klassische Landschaftsmalerei der Romantik. Im Zentrum der Abbildung türmen sich druchrüttete, scharfkantige Eisscholen zu einer Pyramidenform auf. Der Blick schweift über die arktisch vereiste Eismeerlandschaft, die von ähnlich geformten Eisbergen geprägt ist. Der Horizont teilt das Gemälde in einen diffusen Hintergrund und scharf Kontrastierten Vordergrund. Das Bild der kargen Landschaft ist trügerisch, da sich erst auf den 5 https://www.artinwords.de [caspar-david-friedrich-das-eismeer]

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Schinkel und die Malerei

zweiten Blick unscheinbar der Mast, sowie die zerborstenen Hölzer erkennen lassen, die auf einen Schiffbruch hindeuten. Die gewaltigen Eismassen türmen sich über dem Schiff auf und versperren, gemeinsam mit dem nahezu erdrückendem Querbalken im Vordergrund die Sicht. Das Schiff kann sinnbildlich für den Menschen stehen, der von der Übermacht der Naturgewalt verschlungen wird. Somit werden das menschliche Leben und jegliche Werke der Natur untergeordnet. Unter dieser Annahme erhält das Werk einen melancholischen Attitüde. Wenn das Schiff folglich für das menschliche Leben steht, verbildlicht es die unausweichliche Vergänglichkeit, die das Menschengeschaffene, die Erfahrungen, Lebensinhalte und alles Schöne unter sich begräbt. „Wir wissen, dass von solcher Versenkung in die Hinfälligkeit alles Schönen und Vollkommenen zwei verschiedene seelische Regungen ausgehen können.“2 Wie es Sigmund Freud in seiner Psychoanalyse zum Thema Vergänglichkeit beschreibt, ist es dem Menschen ureigen, dem Vergehen der Dinge mit Wehmut nachzutrauern. Auf der anderen Seite ist „der Vergänglichkeitswert, [...] ein Seltenheitswert in der Zeit. Die Beschränkung in der Möglichkeit des Genussues erhöht dessen Kostbarkeit.“³ Die Natur strahlt hier absolute Erhabenheit über dem Menschen aus. Neben der persönlich unglücklichen Situation des Künstlers, kann mit dem Motiv auch eine politische Lage ausgedrückt werden. So stünde das Eismeer sinnbildlich für die Erstarrung Deutschlands, die jeglichen Freiheitsgedanken unter sich begräbt.


Ausdruck einer Sehnsucht

Menschlicher Anspruch Stellt man die Gemälde der beiden Maler gegenüber so fällt auf, dass jedes für sich eine idealisierte Situation des zu transportierenden Ausdrucks darstellt. Mit dem „Dom am Wasser“ wird das Göttliche über den Menschen gestellt. Der Mensch, der wiederum selber den göttlichen Funken in sich trägt, strebt über die Architektur nach einer Veredelung seiner Verhältnisse, die dem Vollkommenen nahekommen soll und ein harmonisches Gesamtbild einer idealisierten Sehnsucht darstellt. Caspar David Friedrich stellt wiederum die Naturgewalt in den Vordergrund. Hinter diesem wirkt die menschliche Existenz unbedeutend und wird dem göttlichen Anspruch aufgrund seiner durch die Natur erzwungene Vergänglichkeit nicht gerecht. Die Rolle des Menschen als ein von Vernunft und Emotion gleichermaßen gelenktes Wesen, das über ein Bewusstsein verfügt, steht hier trotz seiner besonderen Stellung weit unter dem Transzendentalen. So fungiert die Architektur in Schinkels Gemälden als Instrumentarium des Menschen, seinen göttlichen Ambitionen nachzuspüren, mit der übermächtig erscheinenden Natur eine gleichwertige Koexistenz zu führen denn neben dem Gefühl der Verbindung mit der Natur und als etwas über den Menschen hinausweisende, vermittelt Landschaft immer auch Heimat1. Es erscheint wie ein Versuch menschlich Erbautes über die Naturgewalt hinauszuwachsen. Architektur ist jene Disziplin in der es dem Menschen ermöglicht wird, im kleinerem Maßstab die Welt schöpferisch zu gestalten. So lässt sich resümieren, dass Schinkel in seinem Schaffen auf der Suche war, dem menschlichen Dasein

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Ewigkeit und Glanz zu verleihen. Ausdruck fand dies in seinen Gemälden.

Idealisierung Von filigranen gotischen Kathedralen zu schwindeleregende Höhen erreichenden Wolkenkratzern - Architektur ist heute, wenngleich weniger im religiösen sondern mehr im Wirtschaftlichen Sinn ein Stück weit Demonstration der Macht des Machbaren (Abb 19). Verliert die Architektur durch ihre Idealisierung den menschlichen Maßstab und somit ihre Ureigene Funktion der Behausung und im nächsten Schritt „[...]die menschlichen Verhältnisse zu veredeln“? Lässt sich Architektur hiermit noch als Gebrauchskunst bezeichnen?1 Schinkels Erfolg als Maler und Architekt wurde von seiner Gabe getragen, seinen Entwürfen und Vorstellungen in Ihrer Darstellung wunderbaren Ausdruck zu verleihen. Nicht selten stellte er seine Vorstellungen idealisiert dar wodurch sich die Frage aufdrängt, ob seine Entwürfe in der Realisierung den selben von atmosphärischer Harmonie geprägten Charakter aufgewiesen hätten. Spannt man den Bogen zur kontemporär praktizierten Architektur, könnte das der Anstoß für eine Diskussion sein. Ist die Darstellung des gedachten Bauwerks in seiner Realitätstreue ehrlich und wird das zukünftig Gebaute in seiner Form realistisch dargestellt oder subjektiv idealisiert? Sollten wir die Wahrheit im Ideal suchen und dürfen wir träumen? Ein schmaler Grad zwischen Ideal und Realität.

6 Zumthor, 1998, S. 95 7 Zumthor, 2003, S. 69

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Malerei

Abb 17. Dom am Wasser, Karl Friedrich Schinkel, aus: Jensen: Abb 18. Das Eismeer, Caspar David Friedrich, aus: Jensen: Aquarelle und Gemälde der deutschen Romantik Aquarelle und Gemälde der deutschen Romantik

Abb 19. City Life Milano, Bjarke Ingels Group, aus: big.dk

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SCHINKEL UND DAS BÜHNENBILD AUS DER LEERE KONNTE EIN GEFÜHL VON FREIHEIT WERDEN

LENA FAULHABER, LORENA LEDERER, JENNIFER RENN


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und das Bühnenbild

Innerer Prolog einer Bühnendarstellerin „Die Schauspielkunst ist mir seit vielen Jahren zueigen. Die Massen feierten mich als Hauptdarstellerin nicht nur einmal, mein Künstlername Emmanuelle Prix ist in der eaterszene durchaus bekannt und gefragt. Einige Stücke wurden schon von mir bespielt, doch seit unser hochverehrter eaterintendant I and seines Amtes nicht mehr walten kann, hat sich vieles verändert. Sein Nachfolger Graf von Brühl arbeitete zuletzt viel mit dem Phänomen Schinkel zusammen, welcher eine Reformation unseres schönen eaterbildes androhte. Er scha e es sogar jene durchzusetzen und unsere alten Kulissen entsorgen zu lassen. Nun stehe ich hier, zehn Minuten vor der Au ührung unserer neuen Zauber öte und alles wird sich anders verhalten als bisher. Meine geliebten Kulissen, mein Prunk, mein Pomp, alles gehört der Vergangenheit an. Nicht einmal meiner Figur, der Königin der Nacht, stellt man die nötige Extravaganz zur Verfügung! Stattdessen werde ich jeden Moment vor diesem einen einsamen Prospekt stehen und mich so nackt dem Publikum präsentieren müssen. Ach, mein armes Publikum! Besonders die letzten Reihen werden die Tiefe der Szenerie kaum wahrnehmen können, wenn es keine räumliche Tiefe mehr gibt. Eine Schande mich den Liebhabern des eaters so zeigen zu müssen. Doch trotz meiner schauspielerischen Größe unterstehe ich dem Grafen von Brühl und kann mich den Neuerungen nicht erwehren. Ich laufe auf die Bühne und atme durch. Der Vorhang ö net sich, die Szene beginnt.“

Abb 20. Emma ktive Darstellerin der Königin der Nacht in Schinkels Umsetzung der Z te, 1816

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Aus der Leere konnte ein Gefühl von Freiheit werden

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Vorzeit

In Schinkels Kammer

Im Mittelalter war vorrangig die Simultanbühne vertreten. Bei diesem Bühnensystem wurde fast gänzlich auf eine Fixierung des räumlichen Verhältnisses zwischen Theaterspiel und Publikum verzichtet.¹ Diese Bühnen wurden entweder vor Kirchen oder auf Marktplätzen errichtet und beinhalteten verschiedene Schauplätze. Teilweise wurden verschiedene Podien über ganze Plätze oder Straßenzüge verteilt errichtet, was wiederum viel Platz benötigte und viele Aufwendungen mit sich brachte. Während der Barockzeit ist das vorherrschende Bühnensystem die Kulissenbühne, welche Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelt wurde.² Mithilfe von versetzt hintereinander angeordneten, meist bemalten, Seitenkulissen werden bei der Kulissenbühne Gassen gebildet, welche die Beleuchtung des Theaterstücks verstecken und Auftritte der Schauspieler von den Seiten ermöglichen. Der Zuschauerraum, welcher einer solchen Kulissenbühne zugehörig war, war hufeisenförmig. Die Bühnenbilder waren meist aufwändig und vielschichtig gestaltet und wurden mit vielen Anstrengungen hergestellt. Eine weitere Form des Bühnenbildes, welches schon vor Karl Friedrich Schinkel bekannt war, ist die Drehbühne. Bei jener befinden sich die verschiedenen Bühnenbilder auf einer Art Drehteller, welcher nach jeder Szene zum nächsten Bühnenbild drehen kann. Solch eine Konstruktion kann mitunter sehr aufwändig und kostenintensiv sein.³

Schinkel beschäftigte sich intensiv mit dem Theater und dessen Bühnenbild nachdem er 1813 als Dekorationsmaler, um dessen ehrenamtliche Stelle er sich bewarb, von dem Theaterintendanten Iffland abgelehnt wurde.4 Als Entschädigung für die Absage wurde Schinkel ein kostenloses Jahresabonnement für das hiesige Theater zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte Schinkel eine detaillierte Untersuchung des Theater- und Bühnenraumes, welche ihn noch im Herbst 1813 zu einer Denkschrift veranlasste.5 Darin plädierte er wörtlich für „eine mit großer Einsparung, Vereinfachung und Verschönerung verbundene neue Behandlung der Szene“ und strebte eine Reform im Bühnenbildwesen an, welche jenes seiner Ansicht nach deutlich verbessern sollte. 6 7 Schinkel brachte in der Denkschrift seine Grundidee einer einzigen Bildwand im Hintergrund der Bühne, einer Erweiterung der Vorbühnen und einer Abschaffung sämtlicher anderer Kulissen, zum Ausdruck. 8 Durch diese Maßnahmen wollte Schinkel die Theaterkultur weniger aufwändig und vor allem natürlicher werden lassen. Ulrike Harten, eine renommierte Autorin, welche etliche Bücher und Abhandlungen über Schinkels Bühnenbild veröffentlichte, schreibt dazu: „Die Bühne soll, bar aller Kulissen und Soffitten, allein durch Prospekte (und Durchsichten) gestaltet werden – also durch gemalte Bilder. Sie tragen die zur Erklärung notwendigen Darstellungen.“9 Harten betont, dass der Maler jener Bühnenbilder dadurch allerdings über großes fachliches und geschichtliches Wissen verfügen muss, da die Dekorationen historisch richtig wiedergegeben werden sollen.

1 http://www.rdklabor.de/wiki/Bühnenbild_(Bühnendekoration,_Szenerie) am 23.12.19 um 13.10 2 https://educalingo.com/de/dic-de/kulissenbuhne am 14.12.2019 3 Die bühnentechnischen Projekte von Adolf Linnebach, Karin Taschner-Striedl, 1991, Seite 32 4 Welt der Kunst - Karl Friedrich Schinkel, Peter Betthausen, 1983, Seite 28 5 http://www.karlfriedrichschinkel.de/buehnenentwuerfe/buehneneeinleitung.html am 30.11.19 um 11:39 6 http://www.karlfriedrichschinkel.de/buehnenentwuerfe/buehneneeinleitung.html am 30.11.19 um 11.43 7 https://www.grin.com/document/51381 am 01.12.19 um 14:45 8 http://www.karlfriedrichschinkel.de/buehnenentwuerfe/buehneneeinleitung.html am 23.12.19 um 12:52 9 Karl Friedrich Schinkel - Bühnenentwürfe, Ulrike Harten, 2001 43


Karl Friedrich Schinkel

Abb 21. Isometrie einer Perspektivbühne

Abb 22. Isometrie einer Kulissenbühne

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Schinkel und das Bühnenbild


Aus der Leere konnte ein Gefühl von Freiheit werden

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Schinkels Bühne Die Grundstruktur der Winkelrahmen wurde mit Leinwänden bespannt und bemalt, wobei die Bühnengemälde mit der Darstellung einer Hauptperspektive gestaltet wurden. Im Gegensatz zu den vorherigen Bühnenau auten verwendete Schinkel lediglich ein Bühnenbild anstelle mehrerer Kulissen, wodurch der Au au des Bühnenbildes unkomplizierter und schlichter gestaltet wurde. Schinkels Bühnenbild gewann dennoch durch geschicktes Bemalen der Leinwände an Tiefe und suggerierte dem Zuschauer räumliche Gebilde. Ansonsten wurde die Bühne entrümpelt, über üssige oder überladen wirkende Kulissen oder Gegenstände wurden beseitigt.¹¹ Im von Schinkel erdachten Optimalfall gab es nur ein einziges Prospekt im Hintergrund der Bühne. Der Fluchtpunkt aller Orthogonalen des Gemäldes, auf dem Prospekt, wird als Hauptperspektivpunkt bezeichnet. Jene Orthogonalen sollen am Bühnenboden ununterbrochene und parallele Geraden bilden, wodurch der Zuschauer von jedem Platz aus eine perfekte Sicht erhält. Schinkel führte des Weiteren auf seinen Bühnen so genannte Perikaten ein. Perikaten sind Prismen, welche aufrecht standen, drei Seiten hatten und somit mit drei verschiedenen Szenenbildern bemalt werden konnten. Dies ermöglichte den Bühnensystemen schnelle Verwandlungen mit wenig Aufwand. Ein ebenso wichtiger Bestandteil in seiner Bühnenmaschinerie waren Dioramen. Dies sind lichtdurchlässige Gemälde, welche es dem eater ermöglichten unterschiedliche Belichtungen und somit auch verschiedene Tageszeiten darzustellen, wodurch wiederum

eine zweite Kulisse für eine andere Tageszeit eingespart werden konnte.

Abb 23. Schematische Darstellung des Bühnenaufbaus nach Schinkel

Abb 24. Schematische Darstellung des Bühnenbildes vor Schinkels Wirken

10 https://www.grin.com/document/51381 am 01.12.19 um 14:57 11 https://www.kunsthalle-muc.de/ausstellungen/details/karl-friedrich-schinkel/ am 01.12.2019 um 11:29

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und das Bühnenbild

Die Sonnenseite des Erfolgs

Die Kehrseite der Medaille

Schinkel konnte in einigen Teilbereichen deutlich mehr Effizienz im Bühnenbildbau generieren. Dadurch dass Schinkel den Bühnenaufbau auf ein einzelnes Prospekt reduzierte, fielen die Kosten und der Zeitaufwand für zusätzliche Kulissen und Prospekte gänzlich weg.¹² Somit konnten in kürzerer Zeitspanne mehr Dekorationen für mehr Szenen hergestellt werden, wodurch Stundenkosten für Bühnenbildner eingespart werden konnten. Zudem wurden die Materialkosten verringert, da für eine Szene nicht mehr mehrere Prospekte angefertigt werden mussten. Neben der Kostenersparnis, konnte und wollte Schinkel, dank seines reduzierten Bühnenbildes, mehr Aufmerksamkeit auf die Schauspieler richten. Da die Bühne nun frei war, stand der Schauspieler im Fokus und konnte diesen Platzgewinn als Entfaltungsraum nutzen und seine künstlerische Freiheit entfalten. Ein Weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt ist, dass durch Schinkel auch schnelle Verwandlungen der Bühnen ermöglicht wurden. Dies wurde zum einen, wie bereits erwähnt, durch die Reduktion des Bühnenbildes, andererseits auch durch die Einführung von Perikaten und Dioramen, welche große Flexibilität generierten, erreicht. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass der Zuschauer in eine völlig neue Betrachterebene eintauchen konnte, da durch den perspektivischen Aufbau des Bühnenbilds eine unendliche Tiefe suggeriert wird, wodurch sich jene Betrachter realistischer in das Geschehen des Stücks hineinversetzen können.

Dennoch sind nicht alle durch Schinkel initiierten Veränderungen positiv zu betrachten, weswegen sich Schinkels Vorstellungen vom Bühnenbild bis heute nicht flächendeckend durchzusetzen vermochten. Durch die Reduktionen wurden den Schauspielern nicht nur viele Freiheiten gegeben, sondern auch viele Möglichkeiten genommen. So sind zum Beispiel weder Belichtungen noch Auftritte von anderen Prospekten als dem Hauptprospekt möglich, was die Stückgestaltung erheblich einschränken kann. Zudem können die Schauspieler im Vergleich zur Vorzeit Schinkels schlechter mit dem Bühnenbild interagieren, wenn es lediglich aus einem Hintergrundbild, besteht. Auch kritisch zu betrachten ist die detailreiche Darstellung der Bühnenbilder Schinkels. Auf der einen Seite steht die perspektivische Tiefe des Bildes, welche eine deutliche Verbesserung und ein für den Zuschauer neues Erlebnis generierte. Allerdings sollte andererseits hinterfragt werden, warum das Bühnenbild so detailliert und pompös ausgearbeitet wurde, wenn Schinkel selbst doch auch behauptete die Aufmerksamkeit auf die Schauspieler lenken zu wollen. Des Weiteren ist das Publikum, welches mit einem Stück angesprochen werden soll, immer unterschiedlich, wodurch eine Verallgemeinerung des Bühnenbilds, wie Schinkel das anstrebte, kontrovers zu betrachten ist. Während die einen eine schlichte Bühne bevorzugen, sehnen sich andere Schichten nach mehr Prunk und Pomp, weswegen auch Schinkel zu seiner Zeit bei einigen Stücken vermehrt von seiner Ein-Kulissen-Bühne abrücken musste. um mehr Extravaganz zu generieren.

12 Aus Schinkels Nachlaß II Kritische Edition, Christioph von Wolzogen, 2016, Seite 536

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Aus der Leere konnte ein Gefühl von Freiheit werden

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Abb 25. Bühenbild des Stücks „Braut von Messina“, Akt 1, 1819

Abb 26. Bühnenbild des Stücks „Die Z

Abb 27. Bühnenbild des Stücks „Die Z zene, 1816

Abb 28. Bühnenbild des Stücks „Fernand Cortez“, Akt 1, 1818/24

te“, Schlusss -

te“, Akt 2, 1816

Resümee Schinkel veränderte das Bühnenbild nachweislich, da deutliche Unterschiede zwischen seinen Entwürfen und den zuvor hergestellten Bühnendekorationen zu erkennen sind. Seine angestrebte Reformation setzte sich allerdings nicht in allen Bereichen durch. Dennoch beziehen sich viele Bühnenbildner auf einzelne Vorschläge Schinkels und fügen sie in ihr Bühnenbild ein. Somit war Schinkel ein wichtiger Akteur in der eaterszene und ist heute für viele nicht mehr aus diesem Bereich wegzudenken.

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und das Bühnenbild

Der Vorhang ist gefallen „Die Szene ist vorüber und ich kann die karge Bühne verlassen. Der Vorhang fällt als ich mich mit dem Rücken zum Zuschauerraum wende. Das Publikum wirkte recht angetan von meiner Darbietung, auffällig viele Augen konzentrierten sich nach einigen Minuten gänzlich auf mein Spiel. Selbst die letzten Reihen hatten flammende Begeisterung in ihren Augen. Das große Bühnenprospekt in meinem Rücken lenkte nur kurz alle Aufmerksamkeit auf sich, denn mit einigen Blicken ist es vom Auge erfasst. Gar deutlich war bemerklich wie sich der Zuschauer mehr auf meine Person konzentrieren konnte, da die Bühnenkulisse nicht zu viel Erachten auf sich zog.¹³ Der Pomp der dem Bühnenbild fehlte, wurde durch mich ersetzt. Ich war, nein ich bin, der Prunk dieser Szene. Freilich ist es wohl nur einer Schauspielerin meiner Größe möglich eine solche Kulisse schon bei der Premiere so souverän zu bespielen und die fehlenden Kulissen aufzufangen. Doch aus der Leere konnte ein Gefühl der Freiheit werden. Ich vermisse all meine Kulissen und die Vielfalt meiner Szene dennoch, wenngleich ich zugeben muss, dass ich nicht alle Änderungen als schlecht erachte. Vielleicht hat er ja doch auch ein glückliches Händchen für die Schauspiel- und Bühnenbildnerkunst, dieser Schinkel.“

- Emmanuelle Prix

13 Welt der Kunst - Karl Friedrich Schinkel, Peter Betthausen, 1983, Seite 28

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SCHINKEL UND DIE STILFRAGE ENTWURFSFREIHEIT

SILVIE ARNDT, SVENJA SCHÃœREN


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Stilfrage

Schinkels Stildefinition „Ängstliche Wiederholung gewisser Anordnungen in der Architektur[...] können nie ein Verdienst neuer Architekturwerke sein[...] Warum wollen wir nicht versuchen, ob sich nicht auch für die unsrige [Zeit] ein Stil auffinden lässt.”¹ Karl Friedrich Schinkel (geb. 1781, gest. 1841) war einer der prägendsten Baumeister Berlins. Als Oberlandesbaudirektor und Architekt des Königs findet man auch heute noch seine Bauwerke in Berlin Mitte. Doch obwohl Schinkel zu Zeiten des Klassizismus lebte und oft als Vertreter des solchen angesehen wird, gilt die Zuordnung seiner Werke zu einem Baustil nicht als eindeutig. Zu nahezu jeder Bauaufgabe fertigte Schinkel mehrere Entwürfe, die auf eigene stilistische Weise sehr unterschiedlich waren und doch genauso sichtbar dem gleichen Schöpfer gehörten, an. Die Frage des Stils wird seit jeher unterschiedlich erörtert, die Meinungen könnten nicht unterschiedlicher sein und dennoch finden sich im Laufe der Zeit immer wieder Gruppen, welche sich mit bestimmten Stilen identifizieren. Warum hat sich Karl Friedrich Schinkel für bestimmte Stile entschieden? Zu Beginn sollte eine Definition von Stil festgehalten werden, sowie Schinkels Auffassung von Stil. Zunächst wird untersucht, was unter dem Stilbegriff Klassizismus und Neugotik zu verstehen ist, unter Betrachtung der Merkmale. Es folgt eine beispielhafte Untersuchung von Schinkels Werken, dem Klassizismus vertretend durch das Schauspielhaus in Berlin, sowie der gotische Entwurf der Friedrichswer-

derschen Kirche. Eine mögliche Antwort seiner Stil-Ausführung liegt im Vergleich der Entwürfe Schinkels, welche er auch selbst publizierte. In der “Sammlung Architektonischer Entwürfe” (im Folgenden abgekürzt mit SAE) finden sich auch andere Entwürfe zur Friedrichswerderschen Kirche. Interessant ist diesbezüglich die Abhängigkeit seiner Entwurfsfreiheit von den Bauherren seiner Aufträge, ebenso wie Schinkels Umgang mit Kritik. Unumstritten ist jedoch die Tatsache, dass Schinkels Stil einzigartig und unterscheidbar zu den anderen Baumeistern des 18. Jahrhunderts ist. Unter dem Begriff Stil versteht allgemein man „das, [...] was typisch ist” ² Das Wort kommt ursprünglich aus dem lateinischen stilus, dessen Übersetzung “spitzer Pfahl; Schreibgerät, Griffel, Stiel” bedeutet. Die Entstehung des Wortes ist auf das frühere Schreiben mit dem Griffel zurück zu führen. Es entwickelten sich die ersten Handschriften, welche durch ihren Wiedererkennungswert auf den Meister hinwiesen. Stile können individuell oder auch gruppenbildend sein. Im Laufe der Zeit bildeten sich verschiedene Baustile, regionale sowie internationale, welche die gleichen Merkmale aufzeigen. Diese Merkmale sind ein Indikator, um z.B. Architektur geschichtlich einzuordnen. Karl Friedrich Schinkel lebte zu Zeiten des Historismus, bei dem sich zeitgenössische Baumeister auf alte Stile beriefen. Doch Schinkel lehnte die sture Nachahmung von Epochenstilen ab und forderte eine Neuinterpretation, eine Neuschaffung der alten Epochen in ihrer Pracht und Schönheit.

1 https://klaustaubert.wordpress.com/2014/04/14/karl-friedrich-schinkel/ 2 https://www.duden.de/rechtschreibung/Stil

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Entwurfsfreiheit

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Klassizismus Den Zeitraum zwischen 1770 und 1840 prägte in der Kunstgeschichte der Klassizismus. Die Architektur basiert auf dem Formenkanon des griechischen Tempelbaus und teilweise auch auf der italienischen Frührenaissance. Der Klassizismus ist die Rückkehr zu geradlinigen, schlichten und klaren Formen. Die typischen Merkmale wie prunkvolle Ornamente, schwungvolle und natürliche Formen, Einfachheit und Klarheit, Quadrate, Kreise, Säulen und Dreiecke als Basis, sowie die Nachahmung antiker Vorbilder zeichnen den Klassizismus aus. „Ueber den Styl der Architektur, welchen ich dem Gebäude gab, bemerke ich nur im Allgemeinen, daß ich mich […] den griechischen Formen und Constructionsweisen anzuschließen bemühte. […]“³schrieb Schinkel über die Verwendung des Klassizismus. Das Schauspielhaus in Berlin (1818-1821) von Karl Friedrich Schinkel ist ein Paradebeispiel für den Klassizismus. Mittlerweile ist es das Berliner Konzerthaus, zuvor war es das preußische Staatstheater. Ein weiteres Vorbild für Schinkel war das Thrasyllus-Monument, dieses liegt auf einer Höhle der südlichen Seite der Akropolis in Athen. Die Figuren im Außenbereich, wie das geflügelte Pferd Pegasus und die musizierenden Amoretten auf einem Löwen und einem Panther, sind prunkvolle und schwungvolle Ornamente. (Abb 29.) Ein weiteres Merkmal sind die beiden Seitengiebel und der Mittelgiebel, welche mit Plastiken der neuen Musen beschlagen sind. Die schlichte

natürliche Grundform basiert auf eine Dreiteilung der Anlage (Abb 30.) mit einem höheren und breiteren Mittelbau, welche eine schlichte rechteckige Grundform haben. In der Mitte der Längsseite befinden sich sechs ionische Portikussäulen, die auch als Basis des Klassizismus gelten. Auch die übergiebelte Säulenvorhalle und der figurenbekrönte Giebelaufsatz auf dem Mittelbau (Abb 31.) gehören zur Epoche. Wie aus der SAE Karl Friedrich Schinkels hervorgeht, fertigte er zu den meisten Bauaufträgen mehrere Entwürfe, welche sich in den Stilen der Architekturepochen unterschieden. Bekanntlich galt seine Vorliebe der antiken Architektur. So schuf er auch mehrere Entwürfe für die Friedrichswerdersche Kirche. Insgesamt legte er dem König 1824 vier verschiedene Entwürfe vor. Die ersten zwei zeigten klassizistische Entwürfe. Diese unterschieden sich weitgehend nicht im Baukubus, sondern in der dorischen und korinthischen Ordnung. Um den Chor im Inneren aufzunehmen, schloss sich in beiden Fällen dem Säulentempel ein zylindrischer Kuppelbau an. Dagegen variierten die gotischen Entwürfe der Friedrichswerderschen Kirche in der Fassadengestaltung. Für den Innenraum fertigte er zwei Alternativen an, welche trotz gleicher Raumaufteilung und Konstruktion eine stark unterschiedliche Raumwirkung hatten. Die eine Variante war mit gotischem Wandpfeilersaal und Sterngewölbe, die andere wiederum mit einem antik-römischen Stil.

3 https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1130104

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Stilfrage

Abb 29. Schauspielhaus Berlin, aus: SAE, Heft 2, 1821, Tafel 1

Abb 30. Schauspielhaus Berlin, aus: SAE, Heft 2, 1821, Tafel 2 Abb 31. Schauspielhaus Berlin, aus: SAE, Heft 2, 1821, Tafel 3

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Entwurfsfreiheit

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Neugotik Die Neugotik beschreibt eine Unterart des Historismus, welcher als kunstgeschichtliche Epoche den Klassizismus ablöste. Zeitlich lässt sie sich im Zeitraum zwischen 1830 und 1900 einordnen. Der Historismus löste den Klassizismus ab. Daraufhin wuchsen Geschichtsbewusstsein, sowie das geisteswissenschaftliche Interesse enorm und es kam zu einer Rückbesinnung und einem gezielten Rückgriff auf die vergangenen Epochen. So basiert im Falle der Neugotik die Architektur auf dem Formenkanon des idealisierten Mittelalterbildes, dem gotischen Baustil. Karl Friedrich Schinkel wurde auf seinen Italienreisen nicht nur auf die Antike aufmerksam, sondern auch auf deren Verbindung zur Gotik. So weisen seine Reisenotizen an David Gilly die Entdeckung auf, dass das „[...] zentrale[s] Element der Gotik-Konzeption [...] die Idee der organischen Einheit [ist] und dadurch die [...] Nähe der Konzepte von Gotik und Antike.”4 Die antike Baukunst ist ein Mittel der Inszenierung eines Ideals, doch genauso weist die Gotik eine neue Möglichkeit der Repräsentation auf. Die häufigsten gotischen Bauten waren Kirchen, Rathäuser oder ähnliche öffentliche Bauten zum geistlichen und weltlichen Ausdruck von Macht. Ein somit typisches Merkmal der Gotik ist das ‘Höherstreben’ in Form von Elementen wie Spitzbögen, Kreuzrippengewölbe, Strebepfeiler und die Reduzierung der Wandstärken und Gewölbemassen auf ein Minimum. Außerdem ist die Fassade reichlich verziert durch Maßwerkfenster, Fialen und

Wimperge. Ein bereits erwähntes Bauwerk Schinkels ist die Friedrichwerdersche Kirche (Abb 32.) in Berlin (1824-1831). Ein ehemals als Stallgebäude genutzter Bau diente im Stadtteil Friedrichswerder zwei Gemeinden als Gotteshaus. Doch aufgrund des zunehmend schlechteren Zustandes beauftragte Kronprinz Friedrich Wilhelm schließlich Karl Friedrich Schinkel einen Neubauentwurf anzufertigen. Schinkel zeichnete erst viele klassizistische Entwürfe, aber Friedrich Wilhelm gefiel dieser Stil nicht. Er verlangte ein Gebäude im gotischen Stil. Final entschied man sich für die Variante mit zwei symmetrischen Ecktürmen (Abb 33.) nachträglich verziert mit Fialen. Die Fassade wurde in Sichtziegel ausgebildet und über dem Hauptportal wurde eine Fensterrose eingefasst. Die Atmosphäre im Inneren ist stark von der Tragkonstruktion aus Kreuzrippengewölben (Abb 34.) geprägt. Aus Kostengründen wurde jedoch auf das typische Satteldach verzichtet und das Flachdach hinter einer feingliedrigen Attika kaschiert. Die Friedrichwerdersche Kirche ist noch heute erhalten.

4 Saure, Felix: Karl Friedrich Schinkel. Ein deutscher Idealist zwischen Klassik und Gotik. Wehrhahn. Hannover, 2010 S.211

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Stilfrage

Abb 32. Friedrichswerdersche Kirche, aus: SAE

Abb 33. Friedrichswerdersche Kirche, aus: SAE

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Abb 34. Friedrichswerdersche Kirche, aus: SAE


Entwurfsfreiheit

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Warum welcher Entwurf Da Schinkel als Baubeamter unter dem König stand, konnte er deshalb nie selber entscheiden, welcher Entwurf umgesetzt wird. Das änderte sich bei seinem letzten Gebäude im Zentrum Berlins, Schinkels Bauakademie. 1810 erhielt Schinkel eine Anstellung als ‘Geheimer Oberbauassessor’ bei der Berliner Oberbaudeputation, dessen höchste Aufgabe die Umgestaltung Berlins in eine repräsentative Hauptstadt für Preußen war. Die Bauakademie (Abb 35.) ist sein wohl bedeutendstes und zugleich aussagekräftigstes Werk. Hier verwendete Karl Friedrich Schinkel seinen ganz eigenen Stil, um dieses aussagenkräftige Bauwerk zu erschaffen. Er kopierte keine Epochen, sondern wollte sie neuinterpretieren. In der Fassadengestaltung sowie im Grundriss findet man Elemente der Antike sowie der Gotik. Das Quadrat als strenge Vorgabe, die Betonung der Vertikalen sowie gezielte Verziehung. Die Bauakademie war ein viergeschossiger Bau auf einem quadratischen Grundriss. Die Grundfläche war 46m auf 46m und das Gebäude war 22m hoch. Wenn man die Spiegelung des Gebäudes im Kupfergraben betrachtet hat, erschien ein Kubus. Die Fassade ist einfach, klar und streng gestaltet. Die Fenster waren in Achsen gegliedert, welche mit reichlich Bauschmuck verziert waren. Zwischen den Fensterachsen befanden sich aufgemauerte Wandstreifen, die das Traufgesims in der Form von Brüstungsfeldern durchtrennten. Mit seinem letzten Werk, der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel, konnte er uns seine eigene Definition von Stil zeigen. Er hat

sich von den damaligen Epochen und auch seinen eigenen Vorlieben zum Klassizismus und der Gotik gelöst und schuf sein eigenes Verständnis von stilistischem Entwerfen. Er schaffte es, aus dem Vorhandenen Neues zu bilden, nutzte die Merkmale und somit ihre architektonische Wirkung zum Zwecke des neuen Bauwerks. Das Ergebnis ist eine Vereinigung verschiedener Stil-Entwürfe in einem. Dazu schrieb Schinkel: „Mode kann jeder unvernünftige Einfall werden; wo Mode vorherrscht, ist es immer ein Zeichen von Mangel an Freiheitsbildung, ist immer ein erderben der Nationen, ein Mittel zu leerem Luxus. Dagegen ist wahre Kunst, sowie wahre Wissenschaft, notwendige Bedingung des vernunftgemäßen Menschenlebens. Denn es fragt sich, worin sich der Mensch wahrhaft vom Tier unterscheidet?“5 Schinkel wollte sich nicht an die Architekturepochen binden, sondern wollte in seinem Schaffen frei sein. Heutzutage wird oft davon gesprochen das Schinkel seinen eigenen Stil geschaffen hat, den “Schinkel- Stil“. Was dahinter steckt ist letztendlich, dass sich Schinkel als einer der Ersten weigerte den stilistischen Vorgaben zu folgen. Er verstand, dass man nichts Bauen kann, was es nicht schon gab, aber nutzt man das vorhandene Kulturgut richtig, so entsteht doch wieder etwas Neues. So wurden Schinkel und seine Bauakademie auch zum späteren Vorbild für Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius, sowie sicher noch viele zukünftige Architekten.

5 http://www.foerderverein-bauakademie.de/tl_files/foerderverein-bauakademie/pdf/P%20pdf%20540%20K%20F%20Schinkel%20 Architekt%20in%20Berlin%20Humboldts%20Internet%20Ulrich%20Lillge_www.jadu.pdf

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 35. Bauakademie, aus: SAE

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Schinkel und die Stilfrage


SCHINKEL UND DAS BAUEN SCHINKEL - VEREDLER MENSCHLICHER VERHÄLTNISSE

SANDRA ROST, CHIA SABLOTNY


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und das Bauen

Schinkels Aufgabe für die Gesellschaft Karl Friedrich Schinkel ist wohl jedem, der sich mit Kunst und Architektur beschäftigt, ein Begriff. Der preußische Architekt gilt als Wegbereiter der Moderne, Weltverschönerer und nicht zuletzt als der bedeutenste Baumeister des 19. Jahrhunderts. Seine umfangreichen Interessen und Fertigkeiten, die neben dem Bauen auch in der Malerei lagen, waren stets von großer Bedeutung bei all seinen Werken. So bezeichnet man ihn auch heute noch als bedeutenden Architekt, Maler und Designer. Seine Bestimmung fand er jedoch in der Baukunst. Geprägt durch die unzähligen Bauten, die er auf seinen Reisen durch Italien, Frankreich und England erforschte, formulierte er eine eigene Anforderung an seine Arbeit. Denn für ihn selbst lag seine Aufgabe als Architekt darin, alle menschlichen Verhältnisse zu veredeln und somit den Bürger Teil des Staates werden zu lassen.1 Damit wollte er erreichen, dass „sich der Bürger Preußens moralisch erbau[t] und bilde[t]“2 und letztendlich die Gesellschaft ästhetisch erzogen wird. Nach Schinkels Auffassung gelang dies nur, wenn das Bauwerk selbst zur Kunst wurde. Sein oberstes Prinzip lag dabei in einem direkten Zusammenspiel von Innovation und Tradition, sowie Rationalität und Poesie. So kann das Werk in seinen Augen nur zur Kunst erhoben werden, wenn es nicht nur dem trivialen Zweck und der Konstruktion allein, sondern auch dem Geschichtlichen und Ästhetischen dient. Dabei ist die persönliche Empfindung des Betrachters essenziell für dessen „Streben 1: http://martinbroda.blogspot.com 2: Trempler, 2012, S.79 3: Ebd., S.77 4: Geist, 1993, S.20

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nach Vollendung“.3 Doch wie gelang es Schinkel diese Idee in seinen Bauwerken zu verwirklichen und sie der Bevölkerung zu vermitteln? Gibt es ein Projekt, welches seine Intention besonders prägnant darstellt und eventuell auch baulich ausgeführt wurde?

Umsetzung seiner Intention Besonders die Berliner Bauakademie (Abb 36.), oft auch Schinkelsche Bauakademie genannt, gilt als sein Meisterwerk, in welchem er all seine Motive verwirklichen konnte. Unter diesem Aspekt dient die Bauakademie im Folgenden als Referenzobjekt zur Hinterfragung von Schinkels Intention. Gebaut auf dem Alten Packhof zwischen Kupfergraben und Friedrichswerderscher Kirche im heutigen Stadtteil Berlin-Mitte (Abb 37.), sah Schinkel die Lage damals als einmalig an. Er sah die Vorteile in dem umliegenden Grün, in der Verbindung von Schloßbrücke und Schleusenbrücke und in der Neustrukturierung und Verschönerung der Umgebung.4 Der im Jahr 1836 fertiggestellte Baukörper gilt als Initialbau der modernen Architektur. Sowohl in ihrer Konstruktionsweise als auch in der Dynamik wendet die Bauakademie keine konventionellen Prinzipien an. Der symmetrisch gegliederte Skelettbau ist, anders als übliche freistehende Bauwerke zu der Zeit, mit vier gleichwertigen Fassaden ausgestattet. So soll der Betrachter nicht durch eine eindeutige


Schinkel-Veredler menschlicher Verhältnisse

Gestaltung des Eingangs in seinem Handeln beeinflusst werden. Ihm ist selbst freigestellt, wie er sich dem Gebäude nähert und wie er es wahrnimmt. Diese Rezeption des Bauwerks entsteht durch die bewusst offen angelegte Struktur der Bauakademie. Für den Betrachter treten wechselnde Aspekte in den Vordergrund, die das Gebäude gewissermaßen anders erscheinen lassen. So ist jedem Besucher die Möglichkeit gegeben seine eigene Bauakademie zu sehen.1 Schinkel verortete seine Tätigkeit als Architekt in einem Zusammenspiel von Rationalität und Poesie, sowie Innovation und Tradition. Diese Schnittstelle sei unabdinglich für das Schaffen von guter, dem Bürger dienender Architektur.2 Schinkel musste hierfür abwägen, inwiefern „das rationelle Prinzip wirken muss, um das Triviale des Gegenstandes festzuhalten, jedoch dabei die geschichtlichen, artistischen und poetischen Aspekte nicht zu vergessen [...].“3 Ein zweckmäßiger, rationaler Bestandteil der Bauakademie ist die Konstruktion, die die klassischen Prinzipien von Tragen und Lasten durch ihre strenge Funktionalität überwindet. Diese werden in Einklang mit den kreativen, künstlerischen Details, wie den bildlichen Ausschmückungen in der Fassade, gebracht. So sah Schinkel für die Rahmung der Türen und Fenster Reliefs vor, in denen er die gesamte menschengemachte, aber in der Natur begründete, Baugeschichte verewigte.4(Abb 38.) Dieses Zusammenspiel der rationalen und poetischen Motive regt den Betrachter zum

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Streben nach Vollendung an. Ein weiterer Bestandteil von Schinkels Intention war es keine Bauten zu entwerfen, die den Staat repräsentierten, sondern Bauten, die dem Bürger die Möglichkeit gaben, Teil des Staates zu werden. Somit ist die Rezeption der Zeitgenossen unerlässlich, um zu hinterfragen, ob Schinkels Wahrnehmung und Auffassung seiner Architektur mit der seiner Zeitgenossen übereinstimmte. Nicht zuletzt, weil Schinkel sich bei seinen engen Freunden, wie beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe, auch Rat holte und bewusst nach Kritik fragte.5 Seine modernen, von seinen Reisen inspirierten Bauten zeigen bei seinen damaligen Gesprächs- und Briefpartnern, aber auch bei ihm unbekannten, elitären Zeitgenossen eine durchlaufende Simultanität in der Resonanz auf. Mit Vorbehalt wurden zuerst Schinkels Zeichnungen, später seine Bauwerke, kritisch hinterfragt und ihm anschließend auch entgegengebracht. So ist bekannt, dass Johann Wolfgang von Goethe mehrfach Zeichnungen des preußischen Baumeisters geschickt bekam und häufig „abends […] Schinkels Arbeiten durch gedacht, manches recapitulirt“ hat.6 Schinkel hat die ehrliche Kritik, den Einfluss und den Austausch „dankbar und zu ernster Erwägung aufgenommen“.7 Die Planung seiner Bauwerke ging, wie bei der Berliner Bauakademie, beispiellos bis ins Detail. Verschiedene zeitgenössische Kunstkri-

1: Trempler, 2012, S.172 2: Geist, 1993, S.79 3: Trempler, 2012, S.171 4: Ebd., S.173 5: https://www.deutschlandfunkkultur.de 6: Staatliches Museum zu Berlin, 2009, S.114 7: Ebd.

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Karl Friedrich Schinkel

tiker, wie Karl Friedrich von Rumohr reagierten positiv auf Schinkels Entwürfe: „In diesem hat er die Backstein-Konstruktion und -Ausführung mit Zuziehung von Terrakotta-Skulpturen auf eine Höhe gebracht, die mich entzückt hat.“ 1 Häufig verglichen mit vorangegangenen Epochen, wie der Antike, die beispiellose Baukunst hervorgebracht hat, wird der neue architektonische Ansatz deutlich, den Schinkel vertrat. Bei seinem Meisterwerk, der Berliner Bauakademie, übertreffen Elemente wie die Fassade, die Konstruktion oder die Verzierung in Entwurf und Ausführung jede Erwartung.2 Prägend für den Klassizismus und als Vorreiter seiner Zeit, wird erst gegen Ende seiner Lebzeiten anschaulich, welchen nachhaltigen Einfluss er hatte. So schrieb Theodor Fontane, dass Schinkel es laut seinen Bewunderern geschafft hatte, Berlin „in eine Stadt der Schönheit umzugestalten“ 3 und dass „auch das, was nach ihm gebaut worden ist, […] zum großen Teile Geist von seinem Geist [ist]“.4 1839 wurde die erst dreijährige Bauakademie mit ihrer bis dato neuen Bauart und Erscheinung in dem Stichwort „Berlin“ für den Brockhaus von Willibald Alexis charakterisiert: „Wieder ganz neu und eigentümlich zeigt sich in diesem kolossalen Gebäude, das wie ein roter Stempel in die Mitte des betriebsamen und des schönen gedrückt ist, die Fülle und Frische seines Genies. […] Der Totaleindruck[...] wirkt und spricht zu jedem Unbefangenen…“.5 Hierbei stellt sich offensichtlich die Frage, wer als unbefangen gilt und wer nicht. So können 1: Geist, 1993, S.38 2: Ebd. 3: Ebd., S.49 4: Ebd. 5: Geist, 1993, S.51 6: https://www.deutschlandfunkkultur.de 7: Ebd.

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Schinkel und das Bauen

die Zeitgenossen aus Schinkels Umfeld sicherlich nicht als unbefangen bezeichnet werden, da sie im direkten Austausch mit ihm standen. Hierfür braucht die Rezeption seiner Intention auch die Auffassung des Bürgertums. Letztendlich waren es doch die Bürger, die durch Schinkels Architektur Teil des Staates werden sollten. Wie Schinkel in seinen Entwürfen und Bauten auf das Bürgertum eingeht, wird deutlich, wenn seine Formensprache und sein Stil im geschichtlichen Kontext genauer betrachtet werden. Er gilt als Wegbereiter der Moderne, nicht zuletzt wegen seines Rückgriffes auf antike Elemente, die durch ihre klaren und strengen Formen das Gegenprogramm zum staatlichen Feudalismus bilden.6 Die Einleitung der umstrukturierenden Reformen im Staat und der Gesellschaft Preußens zu Beginn des 19. Jahrhunderts sorgte langsam für eine Stärkung des Bürgertums. Eine Reaktion Schinkels auf die von ihm nach seiner ersten Italienreise beobachteten gesellschaftlichen Veränderungen in Preußen zeigt, welche Idee er verfolgte, um diese aktuelle politische Situation zu bekräftigen : „Es wäre vielleicht die höchste Blüte einer neuen Handlungsweise der Welt, wenn die schöne Kunst vorangehen und als ein eigentümliches Element der neuen Zeit angesehen werden kann.“ 7 Die ästhetische Erziehung der Gesellschaft durch die von ihm geschaffenen Bauwerke sollen die Forderung des Bürgertums nach mehr wirtschftlicher und politischer Macht vorantreiben. Somit entspricht auch seine Idee der Veredelung aller


Schinkel-Veredler menschlicher Verhältnisse

menschlichen Verhältnisse dem Verlangen der Bevölkerung, indem es den Einzelnen in den Mittelpunkt rückt. Neben der Bauakademie vereint auch das Alte Museum in Berlin diese Aspekte in einem Bau. So zieht Schinkel einerseits klassizistische Foren heran, um die Ansprüche des Königs nach Herrschaftsarchitektur zu erfüllen und andererseits verkörpern die antiken Bestandteile der Gestaltung die Bürgerlichkeit. Das Alte Museum ist ein elementarer Bau, dem es nach einem jahrelangen Entwurfsprozess gelingt, das erste, allen zugängliche Kunstmuseum im deutschen Land an einer „ausgezeichnete[n] Lage, man könnte sagen die schönste in Berlin“ zu sein.1

Ist Schinkel der Veredler aller menschlichen Verhältnisse? Schinkel verwendete bei seinen Bauten Motive, die nach seiner Idee den Betrachter ästhetisch erziehen und ihn zum Streben nach Vollendung verleiten sollen. Dieser Grundsatz lässt sich durch die zahlreichen Rezeptionen seiner Zeitgenossen bekräftigen. Einige enge Bekannte, wie Johann Wolfgang von Goethe, aber auch ihm Unbekannte setzten sich kritisch mit seinen Bauwerken auseinander. Ihre individuelle Wahrnehmung bestärkt Schinkels Intention und zeigt mehrfach auf, wie innovativ und doch zeitgemäß er baute. In seinen

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Bauwerken konnte er die Ansprüche des Königs mit dem Bezug zum Bürgertum vereinen. Dadurch entstanden Gebäude, die den Bürger Teil des großen Ganzen werden ließen und nicht nur rein repräsentative Zweckbauten waren. Mit Bauwerken wie der Bauakademie oder dem Alten Museum wurde seine Stellung als Oberlandesbaudirektor allgemein anerkannt und seine in Relation betrachtete kurze Schaffensphase von nur 25 Jahren wertgeschätzt und nach seinem Tod zunehmend bedauert. Auch die Anwendung der Motive an seinen Bauten lässt sich an einigen Werken, vor allem der Bauakademie, belegen. Das immer noch anhaltende Interesse an seiner Person und Tätigkeit zeigt, dass er die deutsche Baugeschichte intensiv geprägt hat. Schinkel gilt noch im 21. Jahrhundert als einer der bedeutendsten Architekten, die Deutschland je hervorbrachte. Heutige Architekturkritiker und -forscher bekräftigen Schinkels Ansätze durch ihre verschiedenen Interpretationsansätze und verallgegenwärtigen sein Schaffen somit der Gesellschaft. Wenn Schinkel also von der Veredelung aller menschlichen Verhältnisse spricht, so meint er die herausragende Aufgabe, die der Architekt für die Gesellschaft zu erfüllen hat. Dieser Bestimmung stellte er sich mit großer Sorgfalt und letzendlich gelang es ihm sie baulich zu verwirklichen.

1: https://www.deutschlandfunkkultur.de

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 36. Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel, Foto von 1888

Schinkel und das Bauen

Abb 37. Schinkel, Karl Friedrich: Fenster, Gesimse und Bauor namentik der Bauakademie, in: Sammlung architektonischer EntwĂźrfe

Abb 38. Lageplan, Zeichnung von Karl Friedrich Schinkel, 1833

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SCHINKEL UND SEINE ZEITGENOSSEN AUSWIRKUNG DER INTERAKTION MIT PREUßISCHEN UND ENGLISCHEN ZEITGENOSSEN

ELENA LIPPACHER, LINDA WÖLLMER


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und seine Zeitgenossen

Schinkels Wegweiser „Leider will es mit meinem Englisch-Sprechen noch gar nicht gehen, besonders bin ich aber harthörig gegen die Aussprache und verstehe nie, was die Leute sagen.“ 1 Das hält Schinkel in seinem Tagebuch fest, während er sich in England aufhält. Es ist Schinkels erster Versuch sich den englischen Zeitgenossen anzunähern. Auf seiner Reise entsteht durch die mangelnden Sprachkenntnisse ein erweiterter Freiraum an Interpretation. Der Ursprung seiner Begeisterung zur Architektur entsteht in Preußen. Dort lernt er seine späteren Lehrer David und Friedrich Gilly bei einer Ausstellung in Berlin kennen. Im weiteren Verlauf seines Lebens macht er Bekanntschaft mit einer, für ihn, richtungsweisenden Persönlichkeit, Wilhelm von Humboldt. Auch auf seiner Englandreise nimmt er impulsgebende Werke der Zeitgenossen wahr. Haben sie, seine Vorbilder, ihn nachhaltig geprägt? Inwieweit lassen sich Rückschlüsse auf diese Begegnungen, anhand exemplarischer Bauten Schinkels, ziehen?

Preußische Persönlichkeiten Zwei der impulsgebenden Persönlichkeiten Schinkels sind seine Lehrer, David und Friedrich Gilly. Seine Begeisterung für die Baukunst wird erkennbar durch den Besuch der Ausstellung der Akademie 1797. Ausgestellt wird unter anderem der Entwurf für das Friedrichsdenkmal von seinem späteren Vorbild Friedrich Gilly. Die Faszination für diesen Entwurf wird zum ausschlaggebenden Ereignis und verhilft Schinkel zu dem Entschluss die Lehre

als Baumeister bei David und Friedrich Gilly zu beginnen.² „Er lernte die Grundlagen des Zeichnens, studierte und kopierte Zeichnungen aus Gillys Sammlung.“³ Dies zeigt die Faszination für die Werke und Ideen seiner Ausbilder. Seine wissbegierige Persönlichkeit macht sich auch im weiteren Verlauf seines Lebens bemerkbar. Durch sein Engagement und die Faszination für Konstruktion und Materialität nähert er sich den Methoden der Gillys an. Das Leitbild seiner Lehrer drückt sich durch die Verwendung von Backstein aus, sowie deren Auffassung von Schönheit in der Gotik.4 Nach Schinkels drittem Lehrjahr verstirbt Friedrich, der Sohn von David Gilly. Dieses unvorhersehbare Ereignis führt Schinkel von der Theorie in die Praxis. Im Anschluss an seine Ausbildung in Preußen fasst Schinkel den Entschluss sich auf seine erste Studienreise nach Italien zu begeben. Dort begegnet er Wilhelm von Humboldt, der im Auftrag des Königs agiert. Durch das Zusammentreffen wird Humboldt das Talent des jungen Schinkels bewusst.5 Aufgrund dieser Wertschätzung setzt er sich im Jahr 1810 für die Anstellung Schinkels im Staatsdienst ein. Daraufhin wird dieser zum Oberbaudeputationsvorsitz ernannt und handelt im Auftrag des Königs. Diese Position ermöglicht Schinkel weitere Studienfahrten zu unternehmen und neue Eindrücke zu gewinnen. Auf Wunsch des Königs begibt sich Schinkel 1826 auf Englandreise, als Begleiter seines Freundes Beuth. Ziel für diese Fahrt ist es, die Typologie des Museums, anhand des Britischen Museums zu untersuchen.6

1 Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 170 2 Vgl. Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 48 3 http://www.mmaronde.de/SchinkeC.pdf, S. 4 4 Vgl. http://www.mmaronde.de/SchinkeC.pdf, S. 4 5 Vgl. https://www.chbeck.de/trempler-karl-friedrich-schinkel/product/10262804, S. 13 6 Vgl. Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 21

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Auswirkung der Interaktion mit preußischen und englischen Zeitgenossen

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Englische Impulse Zu Beginn seiner Reise besucht er das Britische Museum, dessen Bauauftrag Sir Robert Smirke 1823 übernimmt. Schinkel assoziiert damit seinen Bau am Berliner Lustgarten und erkennt Parallelen.7 Smirkes Sprache der Architektur manifestiert sich durch die Eisenskelettbauweise. Er verwendet sie in Industriebauten, sowohl in privatisierten, als auch für die Öffentlichkeit zugänglichen Bauwerken. Durch Smirkes fortschrittliche Entwicklung des Eisenskelettbaus gelingt es ihm, im Gegensatz zu den rein funktionalen Industriebauten, auch ansprechende ästhetische Bauwerke zu generieren.7 Bei diesem Museumsbau richtet Schinkel seine Aufmerksamkeit vor allem auf die Konstruktion. Beim Eintreten in das Gebäude bemerkt er die Verwendung von Eisen in der Deckenkonstruktion, die mit Holz verkleidet ist.8 Durch Smirke lernt Schinkel die Bandbreite und Einsatzmöglichkeiten der Materialität des Eisens kennen. Er reflektiert das Konzept der Konstruktion anhand von Zeichnungen, die sich mit dem Detail auseinandersetzen und vertieft somit die neuen Eindrücke (Abb 39.). Ganz besonders für Schinkel sind diese neuen Impressionen von großer Bedeutung, da der Einsatz dieses Materials in Preußen - seiner Heimat - in diesem Ausmaß nicht vorstellbar ist. Grund dafür ist die fortschrittliche Industrialisierung in England, die es ermöglicht, große Mengen an Eisen zu produzieren. Darüber hinaus gelingt es ihnen größere Spannweiten zu erreichen und feuerbeständig zu bauen.

Schinkel begegnet mehreren Werken von Thomas Telford, einem bemerkenswerten Straßen- und Stadtplaner. Die Monumentalität seiner Bauten, den Bezug zum Umfeld sowie die Integration in die Umgebung sind bis ins Detail ausgearbeitet. Schinkel „überquerte die Conway-Hängebrücke neun Tage nach ihrer Eröffnung und seine enthusiastischen detaillierten Bemerkungen über die großen Konstruktionen übertreffen bei weitem alles an Lob, das er den konventionellen Architekten schenkte.“9 Schinkels Faszination gilt nicht nur der konstruktiven Ausarbeitung, sondern auch der beeindruckenden Größe und Spannweite sowie der städtebaulichen Setzung in den Kontext. Besonders am Beispiel der Menai-Brücke bemerkt Schinkel die Blickbeziehungen, die Telford auf seine Werke richtet und deren Anpassung an die Topographie. In Schinkels Tagebucheintrag vom 21. Juli 1826 beschreibt er die Menai-Brücke in Wales als „bewunderungswürdiges, kühnes Werk“10. Vor Ort beginnt er das Objekt zu analysieren, mithilfe der Zeichnung (Abb 40.). Er betrachtet dabei Aspekte wie den Meeresspiegel bei Ebbe und Flut, die Spannweite der Brücke sowie die Länge der Eisenketten mit deren Befestigung am Felsen und die Stabilität beim Überqueren der Brücke. Besonders faszinierend findet er die Umsetzung der Eisenkonstruktion, nicht nur anhand der Industriebauten, wie er sie häufig in England gesehen hat, sondern auch im Straßen- und Brückenbau.11

7 Vgl.Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 34 ff. 8 Vgl. Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 119 9 Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 42 10 Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 257 11 Vgl. Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 257

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und seine Zeitgenossen

Schinkels Neuinterpretation Schinkels eigenes Schaffen zeigt auf, dass er nach dem Beenden seiner Ausbildung und nach dem Tod seines Vorbildes Friedrich Gilly, die Prinzipien seiner Lehrer sehr schätzt. Er widmet sich der Aufgabe, die unvollendeten Projekte von Friedrich Gilly weiterzubearbeiten und fertigzustellen. Einer seiner ersten Aufträge ist das Schloss Elley, dessen Fassade er entwirft. Schinkel spricht dabei von einem System der „rahmenden Ordnung“.12 Dieses Prinzip beschreibt eine einheitliche Fassadenfläche, die durch eine heterogene Struktur umrahmt ist. In seinem Entwurf wählt er für die Umrahmung die Materialität des Backsteins in Form von Sichtmauerwerk (Abb 41.). Diesem Verfahren begegnet er erstmals in seiner Ausbildung zum Baumeister. Hier wird ersichtlich, dass Schinkel das System Friedrich Gillys - die „rahmende Ordnung“12 - bei seinem eigenen Projekten anwendet. Das Aufgreifen dieses Vorgehens ist ein Indiz für die intensive Auseinandersetzung und hinzukommende Begeisterung mit der Schinkel seine Lehre beginnt und absolviert. Interessanterweise zeigt sich diese enge Bindung nicht nur direkt im Anschluss an seine Ausbildung, sondern auch nach der Englandreise fast drei Jahrzehnte später. Anhand der Reithalle für Prinz von Wittgenstein findet man auch hier Bezüge zu den Bauweisen seiner Ausbilder. In der Reithalle beschließt Schinkel, das System der Bohlenkonstruktion anzuwenden (Abb 42.). Diese Methode lernt er bereits in seinen Anfängen zum angehenden Baumeister kennen. Die Besonderheit liegt in der Entwicklung dieses Systems, denn es ist von den Gillys

selbst erfunden.13 Trotz der vielen Jahre, die dazwischen liegen, ist ersichtlich, dass er den Bezug zur Lehre nicht verliert, sondern den Nachlass seiner preußischen Vorbilder stetig wahrt. Schinkel wendet ihre Prinzipien mit Bedacht an, interpretiert und hinterfragt diese Methoden immer wieder neu. Eines seiner letzten Werke ist die Bauakademie in Berlin, die Schinkel im Anschluss an seine Englandreise im Jahr 1833 entwirft. Kriterien hierfür sind der städtebauliche Kontext im Hinblick auf die Bedürfnisse der Bürger sowie die Konstruktion und Materialität. Die Auseinandersetzung mit dem Umfeld zeigt, dass er sehr hohen Wert auf den städtebaulichen Kontext legt. Er begründet seine Setzung und sagt: „Diese Vortheile sind folgende: der Gewinn eines freundlichen, mit Bäumen besetzten Rasenplatzes zwischen dem neuen Gebäude und der Schloßbrücke; der Gewinn einer Verbindung zwischen der Schloßbrücke und Schleusenbrücke [...]; der Gewinn einer Anzahl schöner gewölbter Kaufläden für diesen sehr belebten Theil der Stadt“14. Das verdeutlicht zum einen die Wichtigkeit der Verbindung zum jeweiligen Quartier und zum anderen die Grundlagen der bürgerlichen Bedürfnisse. Vermutlich gibt ihm die Reise nach England einen ausschlaggebenden Impuls, als er Thomas Telfords Werken begegnet. Hier zeigt sich die Annäherung des Stadtplaners an den Kontext mithilfe von Blickachsen und in Bezugsetzung auf markante Gebäude.15 Einen weiteren Impuls gibt ihm der Besuch des Britischen Museums seines Zeitgenossen Robert Smirke, bei dem er die funktionale Bauweise wahrnimmt,

12 Margarete Kühn: Lebenswerk - Ausland Bauten und Entwürfe, 1989, S. 164 13 Vgl. Margarete Kühn: Lebenswerk - Ausland Bauten und Entwürfe. S. 154 14 Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 20 15 Vgl. Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 42

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Auswirkung der Interaktion mit preußischen und englischen Zeitgenossen

dennoch aber feststellen muss, dass die Bevölkerung außer Acht gelassen wird.16 Daraus lässt sich folgern, dass dies ein prägender Augenblick ist, welcher Schinkel dazu anregt die Interessen der Bevölkerung in den Vordergrund zu stellen, wie es die Bauakademie zeigt. Hier schafft er einen Treffpunkt für die Bürger in Form eines begrünten öffentlichen Platzes sowie eine Einkaufspassage im unteren Teil des Gebäudes17 (Abb 43.). Blickt man hinter die Fassade, ist ersichtlich, dass die Konstruktion aus einem System von Stützen besteht „und die Fassadenfelder zwischen den Pfeilern ausgemauert“ sind.18 Die Materialität entspricht Backsteinen als Sichtmauerwerk. Dabei verspricht sich Schinkel eine hohe Genauigkeit durch die Kanten.19 Hier bezieht er sich womöglich auf den Ursprung seines Schaffens in Preußen, das er besonders durch seine Lehre vertieft. Schinkels Begeisterung für die Eisenkonstruktion, die er in England lieb gewinnt, regt ihn für seinen eigenen Bau an. Auch wenn er nur geringe Mengen von Eisen verwenden kann, gelingt es ihm, sie in der Unterkonstruktion der Decken zu integrieren.17 Größere Spannweiten sind ihm aus seiner Englandreise bekannt, jedoch ist die Ausführung nicht seinem Unvermögen geschuldet, sondern der stagnierenden preußischen

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Industrie.20 Die Eisenskelettbauweise lässt sich auf Robert Smirke, dem englischen Baumeister des Britischen Museums, zurückführen. Dabei interpretiert Schinkel die Eisenkonstruktion neu und wendet sie in Form von Stützen als Skelettbauweise an. Schlussfolgernd erkennt man, dass Schinkel auf Smirkes und Telfords Werke bezüglich der Konstruktion mit Hochachtung zurückblickt. Ebenso bewahrt er die Traditionen seiner Heimat. Die Summe seiner Impressionen im Laufe des Lebens lassen erkennen, dass seine Vorbilder, sowohl preußische, als auch englische Zeitgenossen, ihn nachhaltig prägen. Dabei spielt die Art der Kommunikation, sowohl indirekt, als auch direkt, eine eher nebensächliche Rolle, da Schinkel sich vor Ort seine eigene Meinung bildet, diese je nach Situation abwägt und für ihn bestmöglich löst. Anhand der ausgewählten Werke werden Prinzipien aus dem Ursprung - seiner Lehre - und neue Erkenntnisse aus seinen Reisen - besonders der Englandreise - ersichtlich. Nennenswert ist hierbei, dass es sich keinesfalls um eine Symbiose aller Werke der in diesem Text erwähnten Zeitgenossen handelt, sondern eher um eine Quelle der Inspiration für Schinkels Schaffen.

16 Vgl. Gottfried Riemann: Karl Friedrich Schinkel - Reise nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826, 1986, S. 36 17 Vgl. Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 20ff. 18 Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 20ff. 19 Vgl. Michael Diers: Karl Friedrich Schinkel -Die Bauakademie, Juni 1993, S. 51f. 20 Vgl. https://www.grin.com/document/64341, S. 11

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 39. K.F.Schinkel Skizzen vom Britischen Museum 1826, aus: Schinkel - Reise nach England S. 119

Schinkel und seine Zeitgenossen

Abb 42. Schinkels Entwurf für ein Schloß des Prinzen- Witt genstein, aus: Lebenswerk S. 155

Abb 40. K.F.Schinkel Ansicht von Conway mit Burg und Hängebrücke 1826, aus: Schinkel - Reise nach England S. 258

Abb 41. Entwurf Schinkels für Schloß Elley, Grundriß des - Erd geschosses und Aufriß, aus: Lebenswerk S. 162 68

Abb 43. Umgebung der Bauakademie, Planausschnitte von 1860, aus: Die Bauakademie S. 14


SCHINKEL UND DIE GESELLSCHAFT ZWISCHEN PROTAGONIST UND KOMPARSE

LANDO DAUT, JONAS TEICHMANN


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Gesellschaft

Schinkels Strahlkraft bis in die Gegenwart

Schinkel als Spiegelbild gesellschaftlicher Sehnsüchte

Einmal mehr ist das preußische Reich zu Zeiten Wilhelm lll. und besonders dessen „Stararchitekt“1 Karl Friedrich Schinkel, mit großer Aufmerksamkeit in den gesellschaftlichen Diskurs geraten. Anlass hierfür gaben in der Vergangenheit immer wieder große und kleine Ausstellungen, sowie Bücher über Schinkel, der oft als „der größte deutsche Architekt“2 bezeichnet wird. Die aktuelle Debatte über den Wiederaufbau der von ihm entworfenen Bauakademie in Berlin und dem somit zu besetzenden Führungsposten zur Leitung dieser Einrichtung, wirft abermals die Frage nach dem Umgang mit Schinkels Erbe auf. Zeitungsartikel, Ausstellungen und Bücher stellen Schinkel meist durchweg als „Universalgenie“3 und „Vordenker“4 dar. Doch hat Schinkel sich nicht, wie Architekten es heute auch tun, anhand gesellschaftlicher Anschauungen und Vorstellungen eine Meinung geformt? Hatte er nicht, wie viele andere auch, teil am Drängen, den Gefühlen und den Sehnsüchten der Gesellschaft seiner Zeit? Wonach hat dieser Baumeister gestrebt, was hat er sich für die Gesellschaft, in der er lebte gewünscht und wie hat er versucht dem Ausdruck zu verleihen? War Schinkel das autark handelnde Genie oder ein Spiegelbild gesellschaftlicher Bewegungen? Um diese Frage zu erörtern, werden im Folgenden drei wichtige politische Ereignisse in Schinkels Leben betrachtet.

Nach der Niederlage Preußens gegen das französische Heer in der Schlacht bei Jena und Auerstedt ist die ehemalige Großmacht wirtschaftlich am Ende. Als Ausweg aus der Krise leitet der König auf Drängen seiner Berater wirtschaftsliberalisierende und säkularisierende Reformen ein. Trotz des verheerenden Verlusts herrscht aufgrund der zahlreichen Reformen Aufbruchstimmung in der Bevölkerung. „1807 verkündete Steins Oktoberedikt die Bauernbefreiung, nämlich die Abschaffung der Erbuntertänigkeit und der bisherigen Dienstpflichten der Gutseinsassen […]“5 Die darauffolgende Städteordnung im November 1808 stärkt kommunale Selbstverwaltung und die Bildungsreformen 1809 tragen stark zur Säkularisierung bei. Ein idealisiertes Bild der Gedanken der Französischen Revolution sorgt für Euphorie in der Bevölkerung. Schinkel strebt ebenfalls nach den Idealen dieser gedanklichen Revolution und verarbeitet seine Sehnsucht vor Allem in Bildern. „In Preußen stagnierte aufgrund der drohenden Kriegsgefahr das Bauwesen. Nach der Niederlage gegen Frankreich (1806) waren die Arbeitsmöglichkeiten für den Architekten […] sehr stark eingeschränkt.“6 So konzentriert sich Karl Friedrich Schinkel bis nach den Befreiungskriegen auf die Malerei. In diesem Zeitraum entsteht auch das Bild „Gotische Klosterruine und Baumgruppen“ (1809). (Abb.1) Zentriert im Bild sieht man eine gotische Ruine, hinter der sich ein weiter Blick auf

1 www.ingenieur.de [Vorstellung der Schinkel-Ausstellung „Architekt-Maler-Designer“] 25. Januar 2020 2 Haubrich, 18. September 2012 3 www.kunsthalle-muc.de [Ausstellung „Karl Friedrich Schinkel - Architekt, Maler, Designer“] 25. Januar 2020 4 Ebd. 5 Spenkuch, 2019, S. 60 6 Ebd. S. 15

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Zwischen Protagonist und Komparse

die dahinter liegende Landschaft öffnet. Umrahmt wird die Szenerie von zu den Bildrändern aufsteigendem Wald. Durch den weiten Blick im Hintergrund und das anschwellende Licht will Schinkel Aufbruchstimmung implizieren, den Drang und die Sehnsucht wecken, neue Gebiete zu erkunden. „Im Baumdunkel links befindet sich ein antikes Grabdenkmal, dessen Fundamente von den Baumwurzeln zunehmend gesprengt werden.“1 Dieses Grabmal symbolisiert alte Denkmuster, die hinterfragt und aufgelöst werden. Rechts im Bild kann man unter einem Baum die Statue eines schlafenden Ritters erkennen. Diese „[…] neugotisch anmutende, völlig unversehrte Architektur“2 verkörpert Schinkels Wunsch nach einer neuen Stilrichtung. Um seinem Bedürfnis nach Neuem stärker zu betonen setzt er die Statue ins Zentrum des Lichts auf der Waldlichtung. Dieses Bild lässt den Betrachter Schinkel als Ausdruck der Bewegungen seiner Zeit wahrnehmen. Es zeigt die Wünsche, Sehnsüchte und Gefühle die sich in preußischer Gesellschaft sowie stellvertretend in Schinkel abspielen.

Schinkels Enttäuschung und Zukunftsbild Die durch den Sieg der Franzosen auferlegten Friedensbedingungen und die französische Willkürherrschaft werden von Preußen zunehmend als untragbar empfunden. Trotz

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zunehmend besserer wirtschaftlicher Lage wächst der Unmut in der Bevölkerung. Erwartungen an die Umsetzung des Gedankenguts der französischen Revolution durch Frankreich werden enttäuscht und der Wunsch nach einem freien Preußen wird stärker. So wendet sich Preußen nach Napoleons gescheitertem Russlandfeldzug 1812 gegen die Besatzungsmacht. Die entstandenen Spannungen entladen sich in dem Befreiungskampf, den Friedrich Wilhelm III im Jahr 1813 mit Versprechen einer Verfassung einleitet. Die Schlacht bei Waterloo beendet die „Befreiungskriege“ endgültig. Große Teile des preußischen Volkes sind von Euphorie erfüllt und gewillt neue Wege für einen geeinten Nationalstaat zu gehen. Schinkel identifiziert sich ebenfalls mit den Werten und Idealen, für die Preußens Bevölkerung gekämpft hat. Er erhofft sich eine Befreiung aus alten Gefügen: Selbstbestimmung, Freiheit, Gleichheit und Teilhabe am Staat um Zukunft mit zu gestalten.3 Dies zeigt sich deutlich im Bild „Triumphbogen“ von 1817. (Abb 45.) Es zeigt einen bewegten Siegeszug, der teilweise im Schatten eines Triumphbogens liegt. „Zunächst fällt in dem Bild der Hell-Dunkel Kontrast auf.“4 Im hellen Hintergrund kann man eine feiernde Menge erkennen. Sie besteht gleichermaßen aus ausgelassenen Soldaten und Bürgern. Daneben strahlt der im gotischen Stil gestaltete Befreiungsdom. So symbolisiert der Hintergrund Schinkels Hoffnungen und Erwartungen an die Zukunft. Er zeigt Schinkels Wunsch nach Gleichberech-

1 Wesenberg, 2013, S. 30 2 Ebd. 3 Vgl Mann, 1958, S. 72 4 Luh, 8.Februar 2019

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Karl Friedrich Schinkel

tigung und Freiheit sowie seine Freude und Erleichterung über das Ende der französischen Hegemonie. Unter dem Torbogen stehen zwei massive und beherrschende Reiterstatuen, die den Blick auf den hellen Hintergrund verdecken und selbst im Schatten stehen. Sie „[…] repräsentieren in ihrer Finsternis die rückwärtsgewandte, repressive, paternalistische Staatsidee Friedrich Wilhelms III.“1 So drückt Schinkel seine Enttäuschung über nicht eingelösten Versprechen einer Verfassung und seine Ernüchterung über gesellschaftlichen und politischen Stillstand aus. „Triumphbogen“ zeigt Schinkels Unzufriedenheit mit den derzeitigen Begebenheiten. Er begnügt sich nicht, wie die Bevölkerung, damit, das Abschütteln der Fremdherrschaft zu feiern, sondern entwickelt neue Zukunftsmodelle.

Schinkels Durchsetzungsversuche seiner Visionen Nach dem Sieg über Frankreich beginnt eine Zeit der Restauration in Preußen. Verstärkt durch die Euphorie des Sieges werden die Forderungen nach Souveränität und mehr Rechten in der Bevölkerung lauter. König Friedrich Wilhelm III fürchtet eine Revolution. Dies führt dazu, dass in den folgenden Jahren die Reformen von 1806-1809 stückweise eingeschränkt und teils zurückgenommen werden. Einen Höhepunkt dieser politischen Bewegung markieren die Karlsbader Beschlüsse

1 Luh, 8.Februar 2019 2 Ebd. 3 Vgl. Rave, 1941, S. 192

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Schinkel und die Gesellschaft

1819. Die von Preußen initiierte Konferenz berät über Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen. Das Resultat ist die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit, sowie das Verbot von Burschenschaften und die Überwachung der Universitäten. Schinkel versucht in der Zeit nach den Kriegen seine Zukunftsvisionen umzusetzen, wird dabei jedoch immer wieder von König Friedrich Wilhelm III gebremst und zurückgehalten. Eines seiner ersten visionären, durch den König nicht verwirklichten Projekte ist der Befreiungsdom. Um die Gefallenen zu ehren und den Freiheitskriegen ein Denkmal zu setzen, entwirft Karl Friedrich Schinkel, im Auftrag von Friedrich Wilhelm III einen Dom für Berlin. Mit diesem Auftrag greift der König eine Idee der Berliner Bürgerschaft auf. Die Pläne für diesen Kirchenbau sehen einen gigantischen neogotischen Baukörper vor. Doch Schinkel möchte mehr schaffen, als einen weiteren, dem Herrschenden huldigenden Prachtbau. „Schinkels Idee des Denkmals sah vor, neben der Dynastie der Hohenzollern sämtliche Einzelne […] nicht nur gleichrangig, sondern sogar vorzugsweise zu ehren.“2 Er stellt sich vor, den Dom über Generationen hinweg zu bauen, damit die Bevölkerung Preußens über die Zeit ein immer vollkommeneres Bauwerk schaffen könnte.3 Neben der monumentalen Gebäudesilhouette entwirft Schinkel auch das stark charakterformende, umfassende Schmuckwerk. Ein solches Bauwerk möchte der König 1817 einerseits aus Kostengründen,


Zwischen Protagonist und Komparse

andererseits aus innenpolitischen Überlegungen jedoch nicht mehr verwirklichen. So zwingt Friedrich Wilhelm III Schinkels Ideen in die Form des vergleichsweise winzigen „Denkmal für die Befreiungskriege“. (Abb 46.) Dennoch schafft es Schinkel, seinen grundsätzlichen Gedanken treu zu bleiben. Das Denkmal ist keine gedankenlose Verherrlichung des Königs, sondern dem Volk gewidmet. So ziert unter anderem die Spitze das eiserne Kreuz. Es ist die erste Auszeichnung die ungeachtet von Stand, Herkunft, Dienstoder militärischem Rang vergeben wurde und somit symbolisch für Gleichheit einsteht. Der Befreiungsdom zeigt Schinkels Kreativität und Ausdauer beim Umsetzen seiner Visionen. Trotz vieler Zurückweisungen des Königs schafft er es, sein Gedankengut wenigstens im Kern zu verwirklichen.

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Werken wird mehrfach aufgezeigt, wie gesellschaftliches Zusammenleben für ihn aussehen sollte. So war ihm, trotz seines Standes als hoher Beamter, dem es an nichts mangelte, das Wohl aller und der Respekt gegenüber jedem kleinen Beitrag zum gesamtheitlichen Gelingen von großer Wichtigkeit. Dies zeigen seine Werke, bei denen er sich immer das Höchste, oder zumindest das Bestmögliche abverlangt. Er spiegelt gesellschaftliche Bewegungen wider und sucht stets eine Verbesserung des Allgemeinwohls, anstatt sich selbst zu inszenieren. So entpuppt sich Schinkel als ein Protagonist, der mit Respekt gegenüber jeder Rolle stets nach dem größten Wohl für alle strebt.

Schinkel als zeitloses Vorbild Karl Friedrich Schinkel, der sich voll und ganz der Architektur, dem Bauen sowie den schönen Künsten im Allgemeinen verschrieb, wollte immer im Rahmen dessen, was ihm möglich war, „Veredler aller menschlichen Verhältnisse“1 sein. Die zum Aufstand gegen die französischen Besatzer führenden Ideale der preußischen Bevölkerung „Freiheit, Gleichheit, Selbstbestimmung und Teilhabe am Staat“2 scheinen den Grundwerten Schinkels nicht weit entfernt zu sein. Doch Schinkel genügte es nicht, sich ausschließlich in diese Bewegung einzureihen. In den aufgeführten

1 Lillge, 18. Dezember 2013, S. 10 2 Luh, 8. Februar 2019

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und die Gesellschaft

Abb. 44 Karl Friedrich Schinkel, Gotische Klosterruine und Baumgruppe 1809

Abb. 45 Karl Friedrich Schinkel, Triumphbogen 1817

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Abb.46 Karl Friedrich Schinkel, Nationandenkmal fĂźr die Befreiungskriege 1818-1821


SCHINKELS HALTUNG HINTER DER FASSADE

HANNES KÖHNLEIN, MARKUS LOHBERGER


Karl Friedrich Schinkel

Dem Künstler sei ein Portrait Der folgende Text setzt sich mit der Person Karl Friedrich Schinkel auseinander. Hierbei sollen vor allem die Momente in seinem Leben thematisiert werden, die im Wesentlichen charakterbildend gewesen sein könnten. Durch gezielte Techniken eines Malers, kann es passieren, dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Das Phantastische wird im Kontext des Bildes zur Realität. Als Betrachter hinterfragt man die Intention und die Werte des Künstlers, um das Bild lesen zu können. Wir stehen vor dem Abbild des berühmten preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel, gemalt von Carl Friedrich Ludwig Schmid. Es zeigt einen stattlichen 51-jährigen Mann mit bestimmtem Blick. Einen erfolgreichen Mann, der mitten im Leben steht. Karl Friedrich Schinkel ist vor allem im Kontext des preußischen Klassizismus bekannt. Darüber hinaus genießt sein Schaffen in Kunst, Design, Bühnenbild und Literatur in vielen Bereichen hohe Anerkennung. Schinkel galt als universell talentiert. Die pure Vielfalt seiner Werke ist erstaunlich. Man stellt sich die Frage, welche Realität das Portrait darstellt. Was - oder vielmehr wer - steckt hinter der makellosen Fassade des berühmten Architekten?

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Schinkels Haltung


Hinter der Fassade

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I. Prägende Ereignisse der frühen Jahre Seine Wurzeln findet der junge Schinkel in Neuruppin. Als das zweite von fünf Kindern zeigt Karl Friedrich frühe musikalische und künstlerische Begabungen .¹ „Wir wissen wenig von den ersten Jahren seiner Kindheit“, bestätigt auch der Schriftsteller und schinkelbegeisterte Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg.“ ² Das einzige Ereignis, welchem er genug Bedeutung zumisst, um es sogar in seiner Eigenbiographie im Konversationslexikon von Friedrich Arnold Brockhaus zu nennen, ist der Tod seines Vaters während seines sechsten Lebensjahres. ³ Er beschreibt die Rolle, die sein Vater bei der Bekämpfung eines Brandes eingenommen hat, nahezu minuziös. Dass der Aufbau der Stadt nach dem Brand den Jungen bereits hinsichtlich seines Werdegangs als Architekt prägt, ist vorstellbar. Hervorzuheben ist die Rolle seiner Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes alleine für fünf Kinder zu sorgen hat. Sie tut dies, indem sie Berlin als neue Lebensumgebung für ihre Familie auswählt, wo sie sich gute Chancen für die Ausbildung ihrer Kinder erhofft.4 Dass Karl Friedrich schon ab 1792 das Gymnasium besucht, ist angesichts der familiären Situation keineswegs selbstverständlich. Seine kreativen Fähigkeiten treten früh zum Vorschein. So fertigt er Federzeichnungen von Landschaften an, welche von der idealen Landschaftsauffassung der Berliner Akademie beeinflusst worden zu sein scheinen. 5

Schinkels Familie zeigt jedoch keinerlei Interesse an dessen künstlerischen Fähigkeiten und unterstützt ihn folglich nicht besonders bei seinen prägendsten Lebensentscheidungen. 6 Ein wesentlicher Wendepunkt in Schinkels Leben ist der Besuch einer Ausstellung von Entwürfen zu einem Denkmal für Friedrich den Großen. Der Beitrag des großen preußischen Architekten Friedrich Gilly muss den jungen Schinkel stark beeindruckt haben. Dieser Schlüsselmoment prägt Schinkel so nachhaltig, dass er beschließt, seine Zukunft daran zu orientieren. Noch vor seinem Schulabschluss verlässt er das Gymnasium, um eine Ausbildung bei der Familie Gilly anzutreten. Seine Mutter muss keineswegs erfreut über die Entwicklung ihres Sohnes gewesen sein. Es ist davon auszugehen, dass der Lebensstil eines Künstlers bzw. Baumeisters ohne abgeschlossene schulische Ausbildung nicht den Plänen entspricht, welche sie für ihren Sohn vorgesehen hat. Friedrich Gilly gilt als der „revolutionäre Architekt Preußens“7 und ist der kreativere und progressivere der beiden Lehrmeister Gilly. Als wesentliche Schlüsselfigur ist er der eigentliche Grund, warum Schinkel diese Familie für seine Ausbildung wählt. Der Vater David Gilly ist für seine pragmatische Denkweise und hohe Kompromissbereitschaft bekannt. Als Oberbaurat und Hofbauinspektor bekleiden Vater und Sohn zudem hohe Ämter in den Diensten der Allgemeinheit.

1 Zadow, 2001, S. 104 f. 2 Büchel, 1994, S.97 3 Vgl. ebd., S. 25 4 Vgl. ebd., S. 25 5 Vgl. ebd., S. 15 6 Vgl. ebd., S. 15 7 Ebd., S. 32

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Karl Friedrich Schinkel

Dies könnte Schinkel im Hinblick auf dessen Karriere im Staatsdienst bereits beeinflusst haben. Der damals 17-jährige weiß um die Vorzüge seiner beiden Meister und verbindet so deren jeweiligen Talente.8 Die Arbeitsumgebung bei den Gillys bietet für Schinkel die ideale Möglichkeit, seine Fähigkeiten zu schärfen. Vor allem die Beziehung zu Friedrich Gilly entwickelt sich zu einem Verhältnis, in dem er für Schinkel die Rolle eines väterlichen Freundes und Vorbildes eingenommen haben könnte. Als Friedrich Gilly im Jahre 1800 stirbt, trifft Schinkel der Verlust sehr. So schreibt er in seiner Selbstbiografie, dass „die Betrübniß […] ganz allgemein und in dem Verhältniß, worin Schinkel sich fand, in dem alle unvollendet gebliebenen architectonischen Privatarbeiten des verstorbenen Gilly ihm zu Fortsetzung anvertraut wurde, fühlte er wohl, welche Anstrengungen er zu machen nöthig hatte, um nur ganz entfernt seinen verdienstvollen Vorgänger hier und da zu ersetzen. Dieses Verhältniß gründete nach seinem eigenen Bekenntniß zuerst bei ihm eine gewisse rastlose Thätigkeit, der er späterhin, da sie ihm Natur geworden, vieles zu danken hatte.“9 Dieser zweite Schlüsselmoment bringt einen der wesentlichen Charakterzüge des Karl Friedrich Schinkel zum Vorschein – die Rastlosigkeit. Der „rastlose“ Schaffensdrang und die ihm früh zuteilwerdende Verantwortung, die Baumaßnahmen des Friedrich Gilly beenden zu dürfen, sollen einen elementaren Grundstein für Schinkels Werdegang bilden. 8 Büchel, 1994, S. 318 9 Ebd., S. 26 10 Vgl. ebd., S. 26 11 Vgl. ebd., S. 61 ff.

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Schinkels Haltung

Ab ca. 1805 ist es Schinkel durch die politische Situation Preußens nicht möglich, als Baumeister zu wirken. Er ist gezwungen, seinen Lebensunterhalt mithilfe der Malerei zu bestreiten. Der Maler in Schinkel ist bemüht die Landschaften und Städte in einer idealisierten Weise abzubilden. Bei einer Vielzahl seiner Werke verändert er die Motive dahingehend, dass sie seinem Idealbild der Ästhetik entsprechen.¹0 Trotz seiner offensichtlichen Begabung ist ihm nach eignen Aussagen bewusst, nie die Klasse eines Caspar David Friedrich erreichen zu können.¹¹ Dies ist ein Hinweis auf Schinkels Selbstreflektiertheit, welche Teilweise auch zu inneren Konflikten geführt haben muss. 1810 wird Schinkel schließlich ein Posten bei der Berliner Oberbaudeputation zuteil, wodurch er sich nun primär der Architektur widmen kann.


Hinter der Fassade

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II. Die Haltung „In der Baukunst muß wie in jeder Kunst Leben sichtbar werden, man muß die Handlung des gestaltens der Idee sehn (…).“¹² Karl Friedrich Schinkel prägt die Architektur seiner Zeit – auch über die Grenzen Preußen hinaus. Beim kritischen Betrachten von Schinkels Werk, kommt man zu der Fragestellung, ob die Bauten durch seine Position als Oberlandesbaudirektor beeinflusst werden. Steht für ihn der wirtschalftliche, funktionale oder gestalterische Aspekt im Vordergrund? Welchen Anspruch hat der hohe preußische Beamte an Architektur und wie viel Spielraum lässt seine Position zu? Es ist davon auszugehen, dass Schinkel stets bedacht ist, Gebäude zu entwerfen, die seinem gestalterischen Anspruch Genüge tun. Bauwerke, welche aus der Funktion heraus entstehen, ohne in ihrer Gesamtheit durchdacht zu sein, lehnt er ab: „(…) man sieht Gebäude stehen, wo vor drei Jahren noch Wiesen waren, aber diese Gebäude sehen so schwarz geräuchert aus als wären sie hundert Jahr in Gebrauch. Es macht einen schrecklich unheimlichen Eindruck: ungeheure Baumassen von nur Werkmeistern ohne Architectur und fürs nackteste Bedürfnis allein und aus rotbraunem Backstein aufgeführt.“¹³ K.F. Schinkel interessiert sich für die technischen Fortschritte der Moderne, sieht viele Entwicklungen - wie einige seiner Zeitgenossen – aber eher kritisch. So orientiert sich Schinkels Anspruch an der Gestalt von Architektur an historistischen bzw. klassizistischen Gesichtspunkten.

„Historisches“¹5 bedeutet hierbei für ihn, „nicht das Alte allein festzuhalten oder zu wiederholen“. Einem solchen Handeln sagt er ein „zugrunde gehen“ der Historie voraus. „(…) historisch handeln ist das, welches das Neue herbeiführt und wodurch die Geschichte fortgesetzt wird.“¹6 Felix Saure beschreibt Schinkel in seiner Publikation als einen Charakter, der bis zuletzt die Idee verfolge „(…) mit seinen Bauten zu einer Welt beizutragen, in der die Schnelligkeit und der Pluralismus der Moderne mittels der Kunst überwunden werden konnten.“¹7 „Viele von Schinkels Architekturentwürfen wurden verwirklicht, aber die Gesellschaft, die sein idealistisches Ideengebäude bewohnen sollte, bleibt ein Wunschbild.“¹8 Karl Friedrich Schinkel kann zweifellos als Idealist betitelt werden. Er wirkt allerdings nicht losgelöst von seinem Umfeld. Er stellt sich den Fragen und Anforderungen der Zeit, indem er sie auf der Grundlage seiner Wertebasis beurteilt. Es ist davon auszugehen, dass dies zu einem stetigen inneren Konflikt zwischen der theoretischen Basis und der gebauten Realität führt.

12 Saure, 2010, Erster Teil – S. 32 13 ARCH +: Ausgabe 56, S.4 – Karl Friedrich Schinkel made in DDR 14 Saure, 2010, Resümee – S. 338 15 Saure, 2010, Erster Teil – S. 27 16 Ebd. 17 Saure, 2010, Resümee – S. 342 18 Ebd., S. 343 79


Karl Friedrich Schinkel

Schinkels Haltung

III. Über die Person „In seinen Bewegungen waren ein Adel und ein Gleichmaß, um seinen Mund ein Lächeln, auf seiner Stirn eine Klarheit, in seinem Auge eine Tiefe und ein Feuer, dass man sich schon durch seine bloße Erscheinung zu ihm hingezogen fühlte. Noch größer aber war die Gestalt seines Wortes, wenn das, was ihn innerlich beschäftigte, unwillkürlich und unvorbereitet auf seine Lippen trat.“¹9 So beschreibt F. Kugler einst Karl Friedrich Schinkel. Beruflich wird Schinkel zielorientiert und offen charakterisiert. Gleichzeitig wahrt er zu allen Menschen eine gewisse Distanz. „Er habe etwas Anziehendes und Fesselndes, was aber nicht von seinem Aussehen herrührte, sondern von seinem Auftreten.“²0 Der rastlose Baumeister heiratet die Kaufmannstochter Susanne Berger und gründet mit ihr eine Familie. In der Rolle als Ehemann und Familienvater kann er als liebevoll charakterisiert werden – wie die Briefe seiner Reisen beweisen.²¹ Seine Beschäftigung als Beamter steht stets im Konflikt zu seinen familiären Verpflichtungen. Die Tatsache, dass er seine Frau und die Kinder auf seine zweite Italienreise mitnimmt,²² verdeutlicht, dass er bemüht war diesen Konflikt zu lösen. Möglicherweise hegt er in Momenten, in denen die Arbeit überwiegt, eine besondere Sehnsucht nach seiner Familie, sodass er die wenigen Momente des Beisammenseins besonders auskostet, indem er seine Kinder zeichnerisch erfasst. Der innere Konflikt auf beruflicher Basis, die stetige Rastlosigkeit und Stress prägen Schinkel. Der Beruf steht in kontinuierlichem Gegensatz zu den 19 Fontane, 1997, S. 124 f. Zitat von Franz Kugler 20 Büchel, 1994, S. 70 f. – Fußnote: F. Kugler: Schinkel. Eine Charakteristik; S. IV f. 21 Vgl. ebd., S. 265 22 Maronde, 1781 - 1841, 13.11.2019, S. 20 23 Büchel, 1994, S. 421

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Aufgaben und Erwartungen an einen Familienvater. Ein Lebensstil der Spuren hinterlässt. Karl Friedrich Schinkel bekommt gesundheitliche Probleme. Die Folge ist ein Alltag, geprägt von Kuraufenthalten - unter anderem in Bad Kissingen, Karlsbad und Marienbad. Trotz der erschwerten gesundheitlichen Situation unternimmt Schinkel weiterhin Dienstreisen. Karl Friedrich Schinkel stirbt am neunten Oktober 1841 im Alter von 60 Jahren - einige Monate nach der Heimkehr von seinem letzten Kuraufenthalt. ²³ Das Portrait aus dem Atelier Carl Friedrich Ludwig Schmid zeigt den, trotz des fortgeschrittenen Alters durchaus gutaussehenden, Karl Friedrich Schinkel im Halbprofil. Seine dunklen Augen, starr auf den Betrachter gerichtet, strahlen eine Bestimmtheit aus, die auch in seiner reduzierten Bekleidung wiederzuerkennen ist. Das dezente Lächeln verleiht dem Gesichtsausdruck sympathische Züge. Das Gemälde ist beschränkt auf das Nötigste und grenzt sich daher eindeutig von Darstellungen Adliger oder hochrangiger Militärs ab. Ob der weiche Pinselstrich des Malers bewusst eingesetzt wurde, um etwaige Spuren der Zeit im Gesicht Schinkels zu kaschieren, kann nur vermutet werden. Das nüchterne Erscheinungsbild lässt zunächst nicht erahnen, in das Antlitz des womöglich prägendsten preußischen Architekten des 19. Jahrhunderts zu blicken, der von seinem rastlosen Schaffensdrang getrieben, unzählige Werke der bildenden Künste produzierte und so der Nachwelt ein bedeutsames Erbe hinterlies.


Hinter der Fassade

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Die Realität, die das Portrait, vor dem wir stehen, abbildet ist nicht ausschließlich eine idealisierte. Sichtbar wird vielmehr nur eine Seite des Karl Friedrich Schinkel. Der innere Konflikt und die Rastlosigkeit, welche ihn antreibt, bleibt verborgen. Geprägt von Verlusten entwickelt sich Schinkel zu einem der bekanntesten Baumeistern seiner Zeit. Glückliche Umstände spielen bei der Entwicklung seiner Karriere eine ebenso entscheidende Rolle, wie seine Begabungen und die richtigen Personen in seinem Umfeld. Wie Luis Müller in seiner psychologischen Einschätzung festhält, könnte der unheimliche Schaffensdrang, welcher maßgeblich zu seinem Erfolg beiträgt, allerdings auf die Reaktion auf eines der prägendsten Ereignisse der frühen Entwicklung Schinkels zurückzuführen sein. Eine übergeordnete Priorität des puren Schaffens wirkt sich auf alle Lebensbereiche eines Menschen aus, dem die physische Nähe von Familie teilweise fast fremd gewesen sein muss. Betrachtet man die Werke von Karl Friedrich Schinkel mit dem Hintergrundwissen um seine Person, wiegen seine Leistungen noch viel schwerer. Verborgen bleibt der innere Konflikt, Abwägungsprozesse in so vielen Lebensbereichen und der schier unermüdliche Charakter – was bleibt ist das Werk.

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 47. Carl Friedrich Ludwig Schmid: Portrait Karl Friedrich Schinkel; 1832

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Schinkels Haltung


Hinter der Fassade

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Anhang Psychologische Einschätzung: i.Z.m. mit Cand. B.Sc. Psychologie Luis Müller

indem er sich mit Arbeit überhäuft, um sich gewissermaßen der Konfrontation mit dem Erlebten zu entziehen.

(…) Durch einige einschneidende Erlebnisse im Leben des Karl Friedrich Schinkel, baut dieser vermutlich Bindungs- und Verlustängste auf. Eine wesentliche Rolle könnte hier der frühe Verlust seines Vaters gespielt haben (im Alter von sechs Jahren). Durch das Fehlen einer für ihn sehr wichtigen Bezugsperson, entwickelt sich zwischen Fürsorge- und Bindungssystem vermutlich das Phänomen, dass Schinkel dem vorhandenen Elternteil bzw. anderen Fürsorgepersonen keine besondere emotionale Zuwendung mehr schenkt, da vermeintlich weder Zuverlässigkeit noch Sicherheit von ihnen ausgeht. Als Konfliktbewältigungsprozess scheint es einleuchtend, dass Schinkel in seinem Freund und Lehrmeister die Art von Bezugsperson sucht, welche ihm seit der frühen Kindheit fehlt. Dieser Bindungsaufbau würde erklären, weshalb er sich besonders an sein Vorbild klammert und versucht, sich so weit wie möglich mit diesem zu identifizieren. Das Scheiden seiner Mutter (im Alter von 18 Jahren) und der Tod seines Idols Friedrich Gilly (im selben Jahr) sind erneute Schicksalsschläge für Schinkel. Wobei letzterer am schwersten wiegt, da Gilly nicht nur sein Lehrmeister, sondern auch ein Vorbild und nicht zuletzt eine Art Ersatzvater für Schinkel darstellt. Der rastlose Arbeitsdrang des Baumeisters ist ebenfalls mit seinen traumatischen Erlebnissen in Verbindung zu setzen. Es könnte seine Art des Umgangs mit den erlittenen Verlusten gewesen sein,

Aufgrund der wenigen zur Verfühung stehenden Informationen aus der Kindheit von Karl Friedrich Schinkel, ist die vorangeganene psycholigische Einschätzung als eine Hypothese zu verstehen.

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SCHINKEL UND SEIN ERBE DIE BAUAKADEMIE - EIN EMOTIONAL AUFGELADENES ERBE

DENISE SÃœRJALAINEN, LARISSA WOLF


Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und sein Erbe

Anlass für Diskussionen

Die bewegte Historie

„Die Schinkelsche Bauakademie existiert nicht mehr. Alles, was an ihrer Stelle in historischem Gewand errichtet würde, bliebe peinliche Attrappe.“¹, so antwortete Thomas Köhler, Direktor des Landesmuseum für Moderne Kunst, auf die Frage nach dem Wiederaufbau der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel in Berlin. Doch es herrscht große Uneinigkeit bei der Thematik. Andres Lepik, Professor für Architekturgeschichte der TU München, sieht in der Initiative eine einmalige Chance. Sie könnte für die Architektur das leisten, was das Humboldtforum und die Museumsinsel in den Bereichen der Kunst und Kultur leisten.² In direkter Nachbarschaft zu der historischen Mitte von Berlin, ist Schinkel tief im Stadtbild verankert und sowohl sein geistiges als auch sein architektonisches Erbe haben ganz Berlin in seinem Erscheinungsbild geprägt. Aber nicht nur die Stadt lebt von seinem Nachlass, noch heute beeinflussen seine Ideen und Werke Entwürfe zeitgenössischer Architekten und kein anderes Gebäude steht so sehr für den Stil Schinkels wie die Bauakademie.³ Durch einenbestehenden Bebauungsplan ist nun sicher, sie soll wiederaufgebaut werden.4 Die Frage ist nur, ob ein Wiederaufbau der Bauakademie wie sie einst war, diesem großartigen Künstler gerecht wird. Oder ist der Schritt einen neuen Interpretation der Richtige weg? Wie viel von Schinkels Erbe wird der Wiederaufbau enthalten?

Zuerst muss jedoch geklärt werden, was die Bauakademie eigentlich war und warum sie diesen außerordentlichen Stellenwert im Werk Schinkels und auch in Berlin einnimmt. Gegründet und errichtet wurde die Akademie von 1832 bis 1836 zwischen dem Kupfergraben und der Friedrichswerderschen Kirche, die ebenfalls einem Entwurf Schinkels entstammt.5 Damals setzte sie sowohl stilistisch als auch baukonstruktiv neue Maßstäbe. Die Innenräume mit ihren gleichmäßig verteilten Pfeilern und segmentierten Gewöben, die sich über die gesamte Ebene erstreckten, können als Vorreiter des Skelettbaus angesehen werden. Bei der Fassadengestaltung wurden Terrakottabauteile teils vorgefertigt, was zu dieser Zeit revolutionär war.6 Schinkels Wohnung in der Bauakademie beherbergte nach seinem Tod 1841 das erste ihm gewidmete Museum. Im Jahre 1879 ging das Gebäude in Besitz der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin über. Vor der starken Beschädigung durch einen Luftangriff im Jahr 1945, wurden die Räumlichkeiten unterschiedlichst genutzt, z.B. von der Königlich Preußischen Messbild-Anstalt oder der Hochschule für Politik.7 Die Nord-Ost-Ecke wurde bereits durch den Bildungsverein Bautechnik anhand einer Musterfassade aus 550 erhalten gebliebenen Fassadenteilen wiederaufgebaut. Anschließend wurde ein Gerüst in der Originalkubatur aufgestellt. Bereits 1952, 1997 und 2008 wurden Pläne und Machbarkeitsstudien zur Rekonstruktion in Auftrag gegeben. Zustande kam ein Wiederaufbau bis jetzt allerdings nie.8

1 10 Thesen zu einer neuen Bauakademie, http://www.neuebauakademie.de/statements, 21.11.2019 2 Ebd. 3 vgl. Rainer Haubrich: Der größte deutsche Architekt? Schinkel natürlich, In: Die Welt, 18.09.2012 4 vgl. Marcus Woeller: Wie viel Schinkel ist möglich?, In: Die Welt, 09.05.2018 5 vgl. Dankwart Guratzsch: Revolution in Rastern: Berliner Bauakademie, In: Die Welt, 13.03.2014 6 vgl. Kurt W. Forster: Schinkel. A meander through his life. 7 vgl. http://www.foerderverein-bauakademie.de/zeittafel.html, 06.12.2019 8 vgl. Bundesstiftung Baukultur: Machbarkeitsunterlage Wiedererrichtung Bauakademie 2017, 26.09.2017 86


Die Bauakademie - Ein emotional aufgeladenes Erbe

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Eine neue Wettbewerbsform „Bis jetzt“ ist auch das Stichwort, denn nun ist durch den Bebauungsplan klar, es wird einen Wiederaufbau geben. Die Frage ist nur, wie wird er aussehen und wann wird dies von statten gehen. Mit der Aufgabe in dem zu errichtenden Schinkelbau einen Ort für Diskurs über Architektur zu erschaffen, wurden am 12. Oktober 2017 die ersten Schritte in diese Richtung mit Hilfe eines Programmwettbewerbs unter dem Motto „So viel Schinkel wie möglich“ eingeleitet. Die Entscheidung fiel am 3. Mai 2018 durch ein Preisgericht, unter dem Vorsitz von Florian Pronold, einem ehemaligen Mitglied des Deutschen Bundestages.1 Gestaltet wurde der Wettbewerb, mit einem Aufgabenfeld außerhalb der Definition der Richtlinie für Planungswettbewerbe, als offener Wettbewerb für Ausstellungs-, Veranstaltungs- oder Kulturmanager sowie Architekten und Ingenieure. 2 Doch was ist ein Programmwettbewerb überhaupt? In dem Verfahren geht es noch nicht um eine Realisierung. Diese soll nämlich erst später in einem separaten Verfahrenen entschieden werden. Es geht vielmehr um Ideen, die mit Abstimmungen aus den Diskussionsforen visualisiert werden. Auch die Organisation der Räume und deren Nutzungen spielen eine Rolle. Um die „thematische Breite der herausragenden Konzepte zu würdigen und (…) eine Basis für die nun folgende öffentliche Diskussion zu bilden“ wurden laut Florian Pronold fünf Gewinner benannt und weitere fünf Anerkennungen von der Jury vergeben. Diese jeweils ersten Preise unterscheiden sich teilweise stark, sowohl voneinander als auch von den Entwürfen Schinkels.

Der Vorschlag des Architekturbüros Limited Edition erinnert wohl noch am ehesten an die früher vorhandenen Strukturen. Die Grundrisse und deren Raster wurden teilweise übernommen und um einen Lichthof als Kernzone ergänzt. Programmbereiche und Restaurants im Erdgeschoss und die Ausstellungsflächen im Obergeschoss gruppiert die Entwurfsverfasserin Beate Engelhorn um diesen herum. „Originale Bauteile im Sinne einer Bricolage“ zu integrieren war unter anderem das Ziel von Ulrich Müller gemeinsam mit AFF Architekten. Außerdem sollte der Entwurf „die Parameter der Schinkelschen Bauakademie reflektieren: Kubatur, Erschließungslogik, Innenhof (…) und Grundraster (…).“ Dreher Architekten übernahmen in ihrem Entwurf lediglich die Kubatur und erhielten die Musterecke des Bauwerks. Über das Programm selbst wurde wenig bestimmt, so „können [Nutzer] Flächen bedarfsgemäß für ihre Veranstaltungen buchen.“ HG Merz aus Berlin erwähnten das äußere nicht einmal, sondern entwickelten Diagramme, um zu erklären, dass Programmbereiche „eng miteinander verzahnt sind“ und die „statischen Elemente (…) daher modular und dynamisch [sind].“ Am weitesten von Schinkel entfernt haben sich wohl studioeuropa und Fopp Zaugg, die bis auf die Kubatur nichts erhielten, nicht einmal das Stützenraster.3 Die Entwürfe der Gewinner lassen somit noch einen großen Spielraum für Diskussionen zu. Was der richtige Umgang mit der Bauakademie sein sollte, blieb am Ende des Wettbewerbs noch offen.

1 vgl. Elena Markus: Wettbewerb entschieden: Nationale Bauakademie Berlin, In: Detail, 09.05.2018 2 vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: Wiedererrichtung der Bauakademie Berlin als Nationale Bauakademie, 07.05.2018 3 vgl. Bernhard Schulz: Neue Ideen für die Schinkelsche Bauakademie, In: Der Tagesspiegel, 22.06.2018

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Karl Friedrich Schinkel

Schinkel und sein Erbe

Streitpunkte der Gesellschaft In der Öffentlichkeit stand häufiger die Finanzierung in der Kritik, da die Kosten von anfangs geschätzten 15 – 30 Millionen Euro auf mittlerweile 62 Millionen anstiegen. Der Betrag wurde 2016 vom Haushaltsausschuss des Bundestages relativ überraschend genehmigt, obwohl noch kein Konzept über die künftige Nutzung des Gebäudes bekannt war. Problematisch ist auch das große Missverhältnis zwischen den Summen für Kulturbauten, die in große Städte fließen, und den geringen Geldern für den ländlicheren Raum.1 Im Vorfeld gab es außerdem viele Diskussionen um die Ernennung des Direktors. Ursprünglich war für die Stelle der SPD Staatssekretär Florian Pronold vorgesehen, der sich allerdings unter starken Protesten, und auch auf Grund einer Klage seines Herausforderers Philipp Oswalt wieder zurück ziehen musste. Über 600 Unterschriften aus Fachkreisen wurden gesammelt, um gegen die Besetzung Einspruch einzulegen. Gegen diese und einen öffentlichen Brief wehrte sich Pronold daraufhin mit Unterlassungsklagen.3 Anhand dieser Debatten wird deutlich, wie sehr das Thema der Wiedererrichtung der Bauakademie emotional aufgeladen ist.

Thesen der Experten Doch damit nicht genug. Schon vor dem Programmwettbewerb wurden verschiedenste Szenarien von Architekten und Architekturkritikern erörtert. In 10 öffentlichen Thesen wurde von über 100 Unterstützern rund um Jürgen Maier H. und Volker Staab versucht, einen schnellen Aufbau als „Fassadenzombie“ zu verhindern und das zumindest teilweise auch mit Erfolg.

So wurde ein langsameres Verfahren mit offenem Ausgang gefordert, um zum einen die Grundlagen für den Denkmalschutz zu klären, aber auch um die zu Nutzung erörtern und faire Bedingungen für den Wettbewerb zu schaffen.4 Der Architekturkritiker Christian Holl äußerte sich wie folgt: „Es kann nicht gut gehen, jetzt im Hauruck-Verfahren einen Prozess für die Bauakademie durchzupeitschen. Schlecht vorbereitete Wettwerbe sind nicht nur rausgeschmissenes Geld, sondern auch unfair gegenüber allen [Teilnehmern]“.5 Damit wurde überhaupt erst der Grundstein für einen Programmwettbewerb gelegt. Auf Grund der Erfahrungen bei der Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses war die Angst einer Wiederholung dieses Prozesses groß, bei dem funktionelle Fragen gegenüber Äußerlichkeiten zurückblieben. Inhaltliche Konzepte sollten vorher bestimmt werden, um nicht zu denselben Konflikten zu führen, wie beim Schloss mit seinem Fassadenkorsett - auch der Vision Schinkels wegen.4 „[Die] Rekonstruktion könnte uns“, laut Matthias Sauerbruch, „im Kontext der Schlossattrappe auf der einen und dem investorenfreundlichen Historismus auf der anderen Seite daran erinnern, wie stark Architektur sein kann.“

Was würde Schinkel tun Am Ende stellt sich nun die Frage, wie könnte die Rekonstruktion den architektonischen Ansprüchen seines ehemaligen Baumeisters gerecht werden? Schinkel schrieb einst: „Historisches ist nicht das Alte allein festzuhalten oder zu wiederholen. Dadurch würde die Historie zugrunde gehen. Historisches Handeln ist das, welches das neue herbeiführt und wodurch Geschichte fortgesetzt wird.“

1 vgl. Uwe Aulich: Bauakademie wird teurer als vermutet / Studenten ermitteln Kosten für den Wiederaufbau, In: Berliner Zeitung, 11.08.2011 3 vgl. Falk Jaeger: Florian Pronold wehrt sich mit Unterlassungsklagen, In: Der Tagesspiegel, 22.01.2020 4 vgl. 10 Thesen zu einer neuen Bauakademie, http://www.neuebauakademie.de/, 21.11.2019 5 10 Thesen zu einer neuen Bauakademie, http://www.neuebauakademie.de/statements, 21.11.2019 88


Die Bauakademie - Ein emotional aufgeladenes Erbe

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Die Historie war für Schinkel dennoch sehr wichtig, gerade in Bezug auf die Architektur. Er glaubte, dass architektonische Aufgaben nie ganz gelöst werden können, daher müsse sich immer auch auf historische Elemente gestützt werden. Das Zusammenspiel von Alt und Neu kann zu einer eigenen Schönheit führen.1

Ungewisse Zukunft Alles in allem scheinen zumindest die ersten Schritte in die richtige Richtung gemacht worden zu sein, sowohl Schinkels Vision fortzuführen, als auch den architektonischen und gesellschaftlichen Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Die fünf Gewinner interpretierten das Bauwerk teilweise neu, aber orientierten sich trotzdem an dem historischen Vorbild. Allerdings ist es fraglich, ob die geplanten Nutzungen schon optimal ausgearbeitet sind, mit Phrasen wie „Einen Ort des Diskurses für Architektur zu schaffen“, oder ob der Fokus mehr auf die Lehre gerichtet werden soll. Ein ergebnisoffener Wettbewerb hat zwar viele positive Aspekte, allerdings sollte auch das Ziel sein, am Ende wirklich eine Lösung zu finden, die sich bewähren kann. Nachdem aktuell unklar ist, wer die Direktorenstelle übernehmen wird, könnte sich das Vorhaben sowohl in eine wirtschaftlichere oder auch in eine künstlerische Richtung entwickeln. Es ist mit Spannung zu erwarten, wie sich die Bauakademie in Zukunft wirklich entwickeln wird und wie ihr letztendlich neues Leben eingehaucht werden wird. Genau das ist generell im Sinne Schinkels, denn der sagte einst: „Überall ist man nur da wahrhaftig lebendig, wo man Neues schafft“.2

1 vgl. Mario Alexander Zadow: Karl Friedrich Schinkel - ein Sohn der Spätaufklärung, S 174 2 Karl Friedrich Schinkel: Geschichte und Poesie. S. 10

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 48 Bauakademie, Ansicht Nordost (1905)

Abb 50. Zustand der Bauakademie im Mai 2018

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Schinkel und sein Erbe

Abb 49. 1. Preis des Architekturwettbewerbs zum Wiederauf bau von Dreher Architekten


Die Bauakademie - Ein emotional aufgeladenes Erbe

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WettbewerbsentwĂźrfe

Abb 51. Limeted Edition

Abb 52. Ulrich MĂźller mit AFF Architekten

Abb 53. Dreher Architekten

Abb 54. HG Merz

Abb 55. studioeuropa und Fopp Zaug

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Karl Friedrich Schinkel

Bibliografie

Bibliografie Bücher Altcappenberg , Johannsen, Lange (Hrsg.): K. F. Schinkel. Geschichte und Poesie. Hirmer Verlag, 2012

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Geist, Jonas: Karl Friedrich Schinkel. Die Bauakademie. Frankfurt: Fischer, 1993

Bernhard, Andreas: Karl Friedrich Schinkel. Führer zu seinen Bauten. Band II.Aachen bis Sankt Petersburg. Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2006

Grisebach, August: Carl Friedrich Schinkel. Architekt, Städtebauer, Maler. München: R. Piper & Co. Verlag, 1981

Betthausen, Peter: Welt der Kunst. Karl Friedrich Schinkel. Berlin: Henschel Verlag, 1983 Diers, Michael: Karl Friedrich Schinkel. Die Bauakademi. Eine Vergegenwärtigung von Jonas Geist. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag Juni 1993 (Diverse Verfasser:) Karl Friedrich Schinkel. Architektur, Malerei, Kunstgewerbe. Berlin: Brüder Hartmann , 1981 Freud, Sigmund: Autobiographical Study.Standard Edition.Vol. XX. London: Vintage, 2001 Freud, Sigmund: Der Dichter und das Phantsieren. GW VII. London: Vintage, 2001 Friedrich, Erik: Karl Friedrich Schinkel.Bauwerke und Baugedanken. München: Verlag Schnell und Steiner, 1981 Forssman, Erik: Karl Friedrich Schinkel. Bauwerke und Baugedanken. München: Schnell und Steiner, 1981 Forster, Kurt: Schinkel. A Meander through his life and work. Basel: Birkenhauser, 2018

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Bücher

Ortwin Rave, Paul: Berlin. erster Teil. Bauten für die Kunst. Kirchen. Denkmalpflege. Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1941 Pochat, Götz: Geschichte der Ästhetik und Kunsttheorie. Von der Antike bis zum 19. Jahrhundert. Köln: DuMont Buchverlag, 1996 Riemann, Gottfried: Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle. Rütten & Loening Verlag, 1979 Riemann Gottfried: Karl Friedrich Schinkel, Reisen nach England, Schottland und Paris im Jahre 1826. Berlin: Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1986 Saure, Felix: Karl Friedrich Schinkel. Ein deutscher Idealist zwischen Klassik und Gotik. Hannover: Wehrhahn, 2010 Schinkel, Karl Friedrich: Sammlung architektonischer Entwürfe. Verlag von Ernst & Korn, 1866 Schinkel, Karl Friedrich: Reisetagebücher. Briefe und Aphorismen. Berlin, 1863 Schinkel, Karl Friedrich: Architektur-Malerei-Kunstgewerbe. Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung, 1981 Seubert, Harald: Ästhetik. Die Frage nach dem Schönen. Freiburg bei Breisgau: Karl Alber, 2015

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Staatliche Museen zu Berlin: Jahrbuch der Berliner Museen, 51. Bd. Berlin, 2009 Steffens, Martin: Schinkel. Ein Baumeister im Dienste der Schönheit. Erste Auflage. Köln: Taschen, 2016 Taschner-Striedl, Karin: Die bühnentechnischen Projekte von Adolf Lennebach. Michigan: Lang, 1991 Trempler, Jörg: Karl Friedrich Schinkel. Baumeister Preußens. Eine Biographie.München: C.H. Beck, 2012 Trüby, Stephan: Absolute Architektur Beginner. Schriften 2004 - 2014. o.A Von Wolzogen, Christoph. Aus Schinkels Nachlaß II. Kritische Edition. Frankfurt am Main: Edition Fichter, 2016 Zadow, Mario: Karl Friedrich Schinkel. Berlin: Rembrandt Verlag, 1980 Zadow, Mario: Karl Friedrich Schinkel. ein Sohn der Spätaufklärung, Stuttgart/London: Edition Axel Menges, 2001 Zumthor, Peter: Atmosphären. Architektonische Umgebungen. Die Dinge um mich herum. Basel: Birkhäuser Verlag, 2003 Zumthor, Peter: Architektur Denken. Basel: Birkhäuser Verlag, 1998

Spenkuch, Hartwin: Preußen. eine besondere Geschichte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Verlage, 2019

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Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis Abb 1. Jede Schneeflocke ist einzigartig https://tageswoche.ch/form/bildstoff/jede-schneeflocke-ist-einzigartig-das-2500-stunden-foto/ Abb. 2. Mittelalterliche Stadt am Fluss 1815 K. F. Schinkel https://www.histoire-image.org/de/etudes/ die-renaissan¬ce-mittelalters Abb 3. Blick in Griechenlands Blüte 1825 - K. F. Schinkel https://de.wikipedia.org/wiki/Blick_in_Griechenlands_Blüte Abb 4. Beuths ländlicher Aufenthalt in Schönhausen 1836 - K. F. Schinkel http://schinkel.smb.museum/index.php?page_id=36 Abb 5. Beuth auf Pegasus 1837 - K. F. Schinkel https://www.laphamsquarterly.org/revolutions/ art/revolu¬tions-pegasus-above-city Abb 6. Karl Friedrich Schinkel, Triumphbogen, 1815 https://f.hypotheses.org/wp-content/blogs. dir/3115/files/2019/02/Schinkel_F0018353_ vkopie-Monitorbild.jpg Abb 7. Empfangssaal Akropolis https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/46/Schinkel3.jpg/340px-Schinkel3.jpg Abb 8. Entwurf für einen Palast auf der Akropolis in Athen, Grund¬riß, aquarellierte Federzeichnung 1834, 59,9 x 95 cm https://lh6.googleusercontent.com/proxy/

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Abb 9. Entwurf für einen Palast auf der Akropolis in Athen, Ost- und Nordansicht, Aquarell https://lh6.googleusercontent.com/proxy/ Abb 10. „Offene Halle am Meer im antiken Stil“, 1802, Feder in Schwarz und Grau, aus: „Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie“ Abb 11. „Im Plauer Grunde bei Dresden“, 1803, Feder in Grau, Bleistift, aus: „Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle.“ Abb 12. „Castro Giovanni mit dem Ätna“, 1804, Feder in Schwarz, Bleistift, hellgraues Papier, aus: „Reisen nach Italien. Tagebücher. Briefe. Zeichnungen. Aquarelle.“ Abb 13. Entwurf für das Landhaus des Prinzen Wilhelm K.H. auf dem Babelsberge bei Potsdam, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“ Abb 14. Perspektivische Ansicht des neuen Packhofs-Gebäude von der Schlossbrücke gesehen, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“ Abb 15. Perspektivische Ansicht des neuen Schauspielhauses zu Berlin, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“ Abb 16. Perspektivische Ansicht von der Galerie der Haupttreppe des Museums durch den Porticus auf den Lustgarten und seine Umgebungen, aus: „Sammlung architektonischer Entwürfe“


Abbildungen

Abb 17. Dom am Wasser, Karl Friedrich Schinkel, aus: Jensen: Aquarelle und Gemälde der deutschen Romantik Abb 18. Das Eismeer, Caspar David Friedrich, aus: Jensen: Aquarelle und Gemälde der deutschen Romantik Abb 19. City Life Milano, Bjarke Ingels Group big.dk Abb 20. Emmanuelle Prix, fiktive Darstellerin der Königin der Nacht in Schinkels Umsetzung der Zauberflöte, 1816 https://artinwords.de/nacht-in-der-kunstlandschaften-metaphern/nacht_schinkel_ mondfinstern/ Abb 21. Isometrie einer Perspektivbuhne Abb 22. Isometrie einer Kulissenbuhne Abb 23. Schematische Darstellung des Buhnenaufbaus nach Schinkel Abb 24. Schematische Darstellung des Buhnenbildes vor Schinkels Wirken Abb 25. Buhenbild des Stucks „Braut von Messina“, Akt 1, 1819 https://www.zvab.com/kunst-grafik-poster/ Decoration-TrauerspielBraut-Messina-Act-1/21062391748/bd

TAE

Abb 26. Buhnenbild des Stucks „Die Zauberflote“, Akt 2, 1816 https://66.media.tumblr.com/1ea51a8b31cc2dc65c4b04fc3f136b1c/tumblr_n6q9o5htsx1rtynt1o4_r1_1280.png Abb 27. Bühnenbild des Stucks „Die Zauberflöte“, Schlussszene, 1816 https://www.zvab.com/kunst-grafik-poster/ Decoration-Oper-Olimpia-Act-I-BUHNENBILDER/21062391749/bd Abb 28. Bühnenbild des Stücks „Fernand Cortez“, Akt 1, 1818/24 https://gallerix.org/st reroom/963981694 /N/5495/?navi=1252869518 Abb 29. Schauspielhaus Berlin, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe, Heft 2, 1821, Tafel 1 Abb 30. Schauspielhaus Berlin, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe, Heft 2, 1821, Tafel 2 Abb 31. Schauspielhaus Berlin, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe, Heft 2, 182 Abb 32-34. Friedrichswerdersche Kirche, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe Abb 35. Bauakademie, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe Abb 36. Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel, Foto von 1888 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f0/M_Bauakademie_Berlin_1888.jpg

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Karl Friedrich Schinkel

Abb 37. Schinkel, Karl Friedrich: Fenster, Gesimse und Bauornamentik der Bauakademie, in: Sammlung architektonischer Entwürfe https://www.kunstgeschichtliche-gesellschaft-berlin.de/2017/08/24/die-architektenausbildung-an-der-berliner-bauakademie-um-1800/ Abb 38. Lageplan, Zeichnung von Karl Friedrich Schinkel, 1833 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f2/SAE_BauakademieGR.jpg Abb 39. K.F.Schinkel Skizzen vom Britischen Museum 1826, aus: Schinkel - Reise nach England S. 119 Abb 40. K.F.Schinkel Ansicht von Conway mit Burg und Hängebrücke 1826, aus: Schinkel Reise nach England S. 258 Abb 41. Entwurf Schinkels für Schloß Elley, Grundriß des Erdgeschosses und Aufriß, aus: Lebenswerk S. 162

Abbildungsverzeichnis

Abb.46 Karl Friedrich Schinkel, Nationandenkmal für die Befreiungskriege 1818-1821 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a3/Berlin%2C_Kreuzberg%2C_Viktoriapark%2C_Nationaldenkmal%2C_Ostseite. jpg Abb 47. Carl Friedrich Ludwig Schmid: Portrait Karl Friedrich Schinkel; 1832 https://www.europeana.eu/portal/de/record/08535/local__default__8046.html Abb 48 Bauakademie, Ansicht Nordost (1905) https://www.dbz.de/news/dbz_Schinkels_Bauakademie_verschoben_Liegenschaftsfonds_ Berlin_nahmen_roten_1097822.html Abb 49. 1. Preis des Architekturwettbewerbs zum Wiederaufbau von Dreher Architekten https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563

Abb 42. Schinkels Entwurf für ein Schloß des Prinzen Wittgenstein, aus: Lebenswerk S. 155

Abb 50. Zustand der Bauakademie im Mai 2018 https://www.deutschlandfunk.de/schinkelsche-bauakademie-ein-guter-baustein-fuer-die.691.de.html?dram:article_id=417371

Abb 43. Umgebung der Bauakademie, Planausschnitte von 1860, aus: Die Bauakademie S. 14

Abb 51. Limeted Edition https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563

Abb. 44 Karl Friedrich Schinkel, Gotische Klosterruine und Baumgruppe 1809 https://artsandculture.google.com/asset/gotische-klosterruine-und-baumgruppen/_AGKcTac0j9G9w?hl=de

Abb 52. Ulrich Müller mit AFF Architekten https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563

Abb. 45 Karl Friedrich Schinkel, Triumphbogen 1817 https://recs.hypotheses.org/4390 98

Abb 53. Dreher Architekten https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563


Abbildungen

TAE

Abb 54. HG Merz https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563 Abb 55. studioeuropa und Fopp Zaug https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/278563

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TAE-Team Mark Kammerbauer Peter Popp Mathieu Wellner Richard Woditsch

Studentische Hilfskraft Chia Sablotny

Studierende Moataz Alyousef,, Silvie Arndt, AnnaLena Bodendörfer, Isabelle Bräuer, Max Bressel, Franz Danhauser, Lando Daut,Diana Dinkel, Christina Eichner, Lena Faulhaber, Hannes Köhnlein, Lorena Lederer, Elena Lippacher, Markus Lohberger, Marcel Polziehn, Jennifer Renn, Sandra Rost, Chia Sablotny, David Schrollinger, Svenja Schüren Denise Sürjalainen, Anastasiia Stiekhina, Jonas Teichmann, Larissa Wolf, Linda Wöllmer


Impressum Redaktion I Layout Richard Woditsch Chia Sablotny Bildnachweise Die Bildnachweise können der Bibliografie entnommen werden. Copyright Das Copyright für die Texte liegt bei der Technischen Hochschule Nürnberg. Eigenverlag 2020





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