Gentrifizierung und der Einfluss von AirBnB

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Amira Abeßer

Geschichte und Theorie B 5400 Gentrifizierung und der Einfluss von AirBnB Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Fakultät Architektur Theorie der Architektur und Entwerfen Städtebau und Stadtplanung Bachelor Architektur Prof. Ingrid Burgstaller Prof. Marc Kammerbauer Prof. Gunnar Tausch Wintersemester 2016/2017


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Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Theorie Gentrifizierung und der Einfluss von AirBnB

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Begriffsklärung Gentrifizierung

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AirBnB als Plattform und seine Ziele

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Beispiel Berlin

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Beispiel New York

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MaĂ&#x;nahmen der Politik

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Fazit

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Der Einfluss von AirBnB auf die Gentrifizierung einer Stadt

Der Begriff Gentrifizierung prägt die heutige Gesellschaft und ist ein wichtiger Faktor für ihre Entwicklung. Er bedeutet nach Definition des Duden „die Aufwertung eines Stadtteils, durch dessen Sanierung oder Umbau mit der Folge, dass die dort ansässige Bevölkerung durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten verdrängt wird.“1

Mit der Internetplattform AirBnB hat sich eine Bewegung entwickelt, welche besonders junge Menschen, aber auch jede andere Altersgruppe ansprechen soll.

Die Abfolge des Gentrifizierungsprozesses bleibt dabei dem immer wieder kehrenden Muster der Besiedelung, Aufwertung und anschließenden Sanierung treu. Betrachtet man nun jedoch wie sich Lebensraum wandelt, so ist es nicht nur der klassische Prozess der Gentrifizierung, welcher den günstigen Lebensraum nimmt, sondern auch das Wohnen auf Zeit hat seinen Anteil daran.

Das Prinzip dahinter ist einfach, der Nutzer hat auf der Plattform die Möglichkeit den perfekten Ort für den nächsten Urlaub zu finden. Ob es nun das Zimmer für eine Nacht ist oder eine Wohnung für mehrere Tage. Sogar ganze Häuser können zur Vermietung angeboten werden. Das Angebot ist vielseitig und mittlerweile bereits weltweit etabliert. „Mit (...)einer ständig wachsenden Zahl von Nutzern ist Airbnb der einfachste Weg, mit deinem freien Wohnraum Geld zu verdienen und ihn Millionen von Menschen vorzustellen“2, so bewirbt AirBnB sein Angebot und lockt damit Wohn-

1 www.duden.de (18.1.17); Gentrifizierung

2 https://www.airbnb.de/about/about-us (18.1.17)

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raumbesitzer an, sich der Bewegung anzuschließen. Dahinter steht die Idee der “Sharing Economy”3 oder auch das “Willkommen zu Hause”-Prinzip. Der vermietete Wohnraum soll sich nach Auffassung der Betreiber dort befinden, wo gewohnt wird. Die eigentlichen Mieter von Wohnraum geben Reisenden die Möglichkeit, in der eigenen Abwesenheit, diesen zu Nutzen und in authentischer Umgebung die Zeit zu verbringen. Es ist auch möglich einzelne Zimmer im Zusammenleben mit den eigentlichen Bewohnern zu mieten. Ein eingängiges und cleveres System, mit dem man als Reisender hohen Unterkunftskosten entgehen kann. Hierbei agiert die Plattform allerdings in keiner Weise als Konkurrenz zu Hotels oder anderweitigen Un3 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/ sharing-economy.html#definition (03.02.17)


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terkünften, da das Klientel der AirBnB-Nutzer ein ganz anderes ist, als jenes, welches von den Hotels angesprochen werden soll. Laut Christopher Cederskog, dem Deutschlandchef von AirBnB , entscheidet der durchschnittliche Nutzer nicht, ob er eine AirBnB-Unterkunft mietet oder ein Hotel, sondern ob er sich den Urlaub leisten kann oder nicht.4 Doch so schön es für den Urlauber auch ist die zu besichtigende Stadt aus nächster Nähe „live“ zu erleben, zieht dieses Konzept auch Kosequenzen nach sich. Nimmt man das Beispiel Berlin, so zeigt sich sehr schnell, dass AirBnB neben all den Vorzügen auch Nachteile birgt. Gerade die Innenstadtbezirke leiden stark unter den Auswirkungen der 4 https://www.berlinonline.de/magazin/interview/3828863-3344922-gentrifizierung-durch-airbnb-berlinonlin.html (18.1.17)l

Gentrifizierung und dem andauernden Touristenansturm. Der ohnehin schon knappe Lebensraum wird immer teuerer und bezahlbare Wohneinheiten immer weniger. Häufig ist es lukrativer eine Wohnung nur zeitweise zu vermieten, als sie zu den ortsansässigen Mietpreisen dauerhaft zu vermieten. So geht dieser Lebensraum für die Einwohner verloren und kann auch nicht an anderer Stelle ersetzt werden. Damit wird nicht nur die städtische Struktur des Wohnraumes eingeschränkt, sondern auch das eigentliche Prinzip von AirBnB nicht in der Grundidee umgesetzt. Aus diesem Grund erließ der Berliner Senat am 1.Mai 2014 ein „Zweckentfremdungsverbot“, welches die Ver-

mietung von Wohnungen als Ferienunterkunft in Berlin verbietet.5 Dieses Verbot klingt zunächst einleuchtend, doch auch hier zeigen sich Missstände. Nun bewegen sich die AirBnB Nutzer also in einer Grauzone, wenn sie ihren Wohnraum zur Verfügung stellen. Das Verbot erschwert nicht nur die Vermietung ganzer Wohnungen, sondern auch die zeitweise Vermietung von Zimmern. Viele Berliner nutzen die AirBnB-Plattform, um sich einen Nebenverdienst zu schaffen, damit sie die Miete und Lebenshaltungskosten stemmen können. Bei den hohen Mietpreisen in der Hauptstadt ein lukrativer Ansatz. Um der kommerziellen Nutzung der Plattform entgegenzuwirken, ist das Verbot jedoch eine notwendige Maßnahme. 5 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/ zweckentfremdung_wohnraum/ (18.1.17)

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Der Einfluss von AirBnB auf die Gentrifizierung einer Stadt

Abgesehen von der finanziellen Komponente, birgt die dauerhafte Vermietung durch Portale wie AirBnB auch andere Risiken für die gesellschaftlichen Gefüge eines Viertels. So verteilen sich die zur Vermietung angebotenen Räume nicht gleichmäßig auf die ganze Stadt, sondern finden sich in den im öffentlichen Verkehrsnetz gut angebundenen Stadtteilen und zu großen Teilen in den „»szenigen« Innen­stadtbezirken Kreuzberg-Friedrichshain, Neukölln und Prenzlauer Berg“ 6 . In diesen drei Gebieten kommen ca. 16-17 Angebote auf 1000 Einwohner. Von der eigentlichen Idee der „Sharing Economy“ von AirBnB bleibt bei einer vielzahl von Angeboten also meist wenig übrig. Vergleicht man die eingestellten Inserate wird scnell klar, dass die Top-User 6 http://airbnbvsberlin.de/, studentisches Projekt der FH Potsdam (18.1.17)

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der Plattform kaum mehr Privatpersonen sein können. Denn bei der Vermietung von deutlich mehr als zwanzig Wohneinheiten gleichzeitig, kann nicht mehr von einer privaten Nutzung des Internetportals gesprochen werden. Betrachtet man nun aber die Zahlen, so machen die von AirBnB gewerblich vermieteten Wohungen nach Angaben des Anbieters nur knapp 0,06% des Berliner Wohnungsmarktes aus. Nach eigener Aussage von Christopher Cederskog hat die Plattform also kaum Auswirkung auf steigende Mietpreise in Berlin oder auch in anderen Städten. Es muss also definiert werden, welchen Einfluss AirBnB auf die Gentrifizierung von Wohnvierteln hat.

Wenn man die in Berlin am häufigsten frequentierten Vermietungsviertel betrachtet, so fällt auf, dass es eben jene Viertel sind, die bereits vor vielen Jahren „Opfer“ der Gentrifizierung im klassischen Sinne geworden sind. Das heutige Kultviertel Berlin Kreuzberg, welches in den 60er Jahren als die türkische „Parallelgesellschaft“ Berlins galt, ist seit dem Mauerfall aufgrund der günstigen Wohnlage ein zentraler Ort für Studenten, Künstler und auch Touristen geworden. Hier entstand also schon vor Jahrzehnten ein Aufschwung und die Aufwertung des Viertels. AirBnB macht sich demnach also nur zu Eigen, was andere Generationen bereits vor Jahren begonnen haben. Damit sind sie nicht der Grund, aber definitiv Unterstützer der Umstrukturierung dieser Wohngebiete.


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Wie weit es im Kampf zwischen AirBnB und der Politik gehen kann, erkennt man an der Lage in New York. Wie der Spiegel-online berichtet, übersteigt die Anzahl an illegal kommerziell vermieteten Einheiten deutlich die, der tatsächlich privat vermieteten Inserate und liegt bei knapp 70%. Dies waren die Ergebnisse einer Untersuchung, welche der New Yorker Bundesanwalt Eric Schneiderman im Jahr 2014 in Auftrag gegeben hatte.7 Seine Absicht war es die illegalen Vermietungen zu unterbinden und den günstigen Wohnraum wieder den Einheimischen zuzuführen. Daraufhin reagierte die Plattform und löschte erkennbar kommerzielle Angebote direkt. Eine Lösung für das Problem hat die Stadt San Fransisco im Jahr 2014 vor7 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/airbnb-grossteil-der-vermittlungen-in-new-york-angeblich-illegal-a-997645. html (30.1.17)

gelegt. Auch dort nahm die Nutzung von Internetplattformen zur Vermietung von Wohnungen Überhand. Die Anzahl der jährlich zu vermietenden Tage pro Wohneinheit wurden auf maximal 90 Tage im Jahr festgesetzt.7 Weitere Bestrebungen der Politik wurden bisher jedoch durch organisierte Gegenbewegungen der User ausgebremst. Ob die Politik damit den richtigen Weg eingeschlagen hat, bleibt also abzuwarten. In der deutschen Problematik nimmt Christopher Cederskog eine klare Stellung ein. Bei der politischen Debatte würde er sich wünschen, „... dass die Politik uns mit an den Tisch holt und wir zeigen können, wie hoch die Auswirkung wirklich ist, die wir auf den Mietmarkt haben .“8

Um zu einem abschließenden Fazit zu gelangen ist das Thema noch zu jung und lässt zu viele Fragen offen. Was jedoch erkennbar ist, ist die Tatsache, dass es noch viel lösungsorientierter Diskussionen bedarf, um zu einem, für alle Parteien zufriedenstellenden, Ergebnis zu gelangen. Wichtig wäre es wohl tatsächlich die Plattformen an der politischen Debatte teilhaben zu lassen und in gemeinsamer Kommunikation Konzepte zu entwickeln, welche den kommerziellen Missbrauch solcher Angebote stoppen, zeitgleich aber die private Komponente unterstützen und dadurch den vorraussichtlich angenommenen negativen Gentrifizierungsprozess durch AirBnB und andere Internetportale zu minimieren.

8 https://www.berlinonline.de/magazin/interview/3828863-3344922-gentrifizierung-durch-airbnb-berlinonlin.html (18.1.17)

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Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis: Internetquellen: https://www.berlinonline.de/magazin/interview/3828863-3344922-gentrifizierung-durch-airbnb-berlinonlin.html https://gentrificationblog.wordpress.com/2016/07/05/berliin-wie-veraendert-airbnb-den-wohnungsmarkt-eine-politische-oekonomie-der-ferienwohnungen/ https://www.airbnb.de/about/about-us Duden: www.duden.de http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/ http://airbnbvsberlin.de/ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/airbnb-grossteil-der-vermittlungen-in-new-york-angeblich-illegal-a-997645.html http://www.noz.de/deutschland-welt/wirtschaft/artikel/634809/sieg-fur-airbnb-bei-abstimmung-in-san-fransico http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/sharing-economy.html#definition

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Verfasser: Amira AbeĂ&#x;er


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