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Die beste Blindengolferin Europas
from SWISS GOLF 02-20 DE
by swissgolf.ch
Die Tirolerin Karin Becker gewann schon alle wichtigen Turniere der blinden Golfer in Europa. Mit einem ersten Workshop in der Schweiz möchte sie auch anderen Sehbehinderten den Sport mit Gefühl und Guide näherbringen.
STEFAN WALDVOGEL
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Für die Schweiz ist es eine Premiere: Die Schweizerische Caritasaktion der Blinden organisiert zusammen mit dem Golfpark Holzhäusern einen viertägigen Schnupperkurs «Blindengolf am Zugersee». Wegen der Corona-Krise musste der Kurs von Anfang Mai verschoben werden, doch Karin Becker freut sich schon jetzt auf die Zeit «danach». In Öster reich hat die 47-Jährige bereits vier ähnliche Workshops organisiert. Beim Österreichischen Golf-Verband (ÖGV) sitzt sie zudem in einem speziellen Gremium, das sich u m die Belange der Golfer mit Behinderung kümmert. «Wir sind im Verband voll inte - griert, können beispielsweise in der Trainingswoche vor der Saison z usammen mit den übrigen Kadern trainieren», illustriert Becker. «Leider fiel die spezielle Woche dieses Jahr wegen Corona ebenfalls aus», ergänzt die beste Blindengolferin Europas.
Das Gefühl entscheidet
Die «International Blind Golf Association» organisiert jedes Jahr diverse «Blind Golf Open». Nach diversen Titeln in Europa hofft Becker, dass im September die Weltmeisterschaften wie geplant in Südafrika ausgespielt werden können. Je nach Sehkraft spielen die
Blinden oder Sehbehinderten in drei verschiedenen Kategorien. Becker selber sieht zwischen sechs und sieben Prozent. «Beim Golfen habe ich mir aber abgewöhnt, Kontaktlinsen zu tragen. Ich versuche erst gar nicht, etwas zu sehen, sondern verlasse mich zu 100 Prozent auf mein Gefühl», erklärt sie im Gespräch. Die Sport lerin stellt sich eine Uhr vor, holt dann entsprechend aus. «Wenn ich mit einem Pitching Wedge 50 Meter weit schlagen will, hole ich bis acht Uhr aus, bei zehn Uhr komme ich 75 Meter weit. Ich sehe die Mitte des Schlägers nicht, deswegen muss mein Guide den Schläger genau ausrichten und hof- fen, dass ich ihn dann dort lasse», lacht die aufgestellte Direktionsassistentin. Ihr Guide sei deshalb viel mehr als ein herkömmlicher Caddie. «Er darf mich auch an den Turnieren ausrichten, mir deutlich mehr helfen als einem sehenden Golfer», führt sie aus. Bei den grösseren Turnieren sei deshalb praktisch immer Sohn Jacob (22) als Guide dabei, sagt die Spielerin mit Handicap 25,7.
Pro muss sich umstellen
Das Golffieber gepackt hat Becker vor fast 15 Jahren. Aufgrund eines Gendefekts wurde sie als 20-Jährige plötzlich hochgradig sehbehindert. Doch Becker zeigt Stärke, lässt sich davon nicht von ihrem grossen Hobby, dem Sport, abbringen. Sie fährt weiterhin erfolgreich Ski und traut sich wenig später sogar eine neue Herausforderung anzupacken: das Golfspiel. «Ich habe mir lange Zeit nicht vorstellen können, dass ich überhaupt spielen kann. Die meisten sehbehinderten Golfer haben mit dem Sport ja schon angefangen, als sie noch gut sahen. Ich habe erst begonnen, als ich schon schlecht sah», erzählt sie. Zwischentiefs waren, wie bei allen Golfern, unumgänglich. «Wie muss ich mich hinstellen, wo liegt das Gewicht?», alles schien zwischenzeitlich in Frage zu stehen. Davon ist sie aktuell weit weg. «Es lief zuletzt sportlich wirklich gut», lacht sie. Unter anderem half ein Pro, «der mir nichts vorzeigt, sondern mir so hilft, wie ich es brauchen kann», fügt sie an. Übrigens lasse der Pro seither nun auch seine sehenden Schüler immer wieder einen Ball mit geschlossenen Augen schlagen. «So wird man weniger abgelenkt, konzentriert sich auf das Gefühl.» Via GPS-Gerät lässt sie sich die Entfernungen ansagen. Zum nächsten Wasserhindernis zum Beispiel, bis zum Dogleg oder zur Mitte des Grüns. Dann verlässt sie sich auf ihre Schlagroutine. «Ich versuche, mir ungefähr zu merken, wo das Ziel sein soll.» Ob sie den Ball gut getroffen hat, sagt ihr aber nicht das


