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zU viel zU m Sterben –zU wenig zU m leben

Als Golfproette in Europa bleibt der Traum vom grossen Geld in fast allen Fällen unerfüllt. Wer nicht ganz an der Spitze spielt, kann nicht vom Golfen leben. Wir zeigen, wie wenig für eine Spielerin auf Rang 90 bleibt.

Petra Himmel

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Der Beruf klingt nach Glamour, Reisen, Aufregung, Abenteuer: Proette auf der Ladies European Tour, das ist ein Job, der immer mehr Golferinnen fasziniert. Wo sich noch zu den Anfangszeiten einer Laura Davies oder Alison Nicholas in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts hartnäckig das Vorurteil hielt, Damenprofigolf sei vor allem eine Ansammlung lesbischer Frauen mit erstklassigem Handicap, hat sich das Image inzwischen gewandelt. Die Ladies European Tour (LET) wirbt mit hübschen jungen Golferinnen und deren Freunden und erzählt auf ihrer Website die Erfolgsstories von Frauen wie Catriona Matthew, die auch nach der Geburt ihres Kindes noch weiter auf Preisgeldjagd gehen. Der Zustrom an Interessentinnen hält an:

Während früher die Qualifying School der LET den Einstieg ins Profidasein bedeutete, bietet die Damentour seit 2010 die sogenannte LET Access Series an, die in diesem Jahr erstmals in der Schweiz Halt machte.

Alles bestens also, ist Golfproette in Europas erster Liga nun ein Beruf, der durchaus Wohlstand verspricht? Zum Vergleich: Bei den Herren hatte die Nummer 100 der PGA European Tour, der Deutsche Maximilian Kieffer, Mitte Oktober bereits rund 240 000 Euro an Preisgeldern kassiert, ganz abgesehen von Sponsoreneinnahmen bei finanzstarken Unternehmen wie etwa BMW. Der Ranglistenerste Rory McIlroy wurde mit 5,4 Millionen Euro Preisgeldeinnahmen geführt. Geld, so hat er neulich gesagt, sei für ihn kein Thema mehr.

Nein, die Welt des Damengolfs in Europa ist nach wie vor eine gänzlich andere; mit finanzieller Absicherung hat der Beruf Golfproette auf dem Alten Kontinent nur wenig zu tun. Der Blick auf die Geldrangliste beweist es: Katie Burnett, Mitte Oktober die Nummer 90 auf der LET-Geldrangliste und damit die letzte Spielerin, die zu diesem Zeitpunkt noch automatisch ihre (eingeschränkte) Tourkarte der Kategorie 9a für die Saison 2015 gesichert hätte, brachte es nach sieben Turnieren auf rund 15 000 Euro.

Fabienne In-Albon, eine der «Aufsteigerinnen» aus der Let Access Tour, trat 14 Mal an. Die fünf Finalteilnahmen brachten ihr ebenfalls gut 15 000 Euro ein, die Hälfte davon gab’s für den einzigen Top-10-Platz in Südafrika.

TEILS E xOTISCHE DESTINATIONEN

Von Einnahmen wie diesen lässt sich als Golfproette nicht leben: Wer hauptberuflich die Ladies European Tour bestreitet, muss mit Reisekosten von etwa 300 000 Euro rechnen, da sich die 23 Turniere, die etwa in dieser Saison angeboten wurden, durchaus auch auf exotische Ziele wie Indien, China oder Australien erstrecken, die mit teuren Langstreckenflügen verbunden sind. Die Gleichung «je länger der Flug, desto höher das Preisgeld» zählt dabei nicht: Nach wie vor sind die Summen auf der Ladies European Tour vergleichsweise winzig und liegen in der Regel zwischen 200 000 und 300 000 Euro, während auf der amerikanischen LPGA Tour kein Turnier mit einem Preisgeld dominiert wird, da dort ein deutlich höheres Preisgeld und damit mehr Weltranglistenpunkte zu holen sind. Der Sprung in das Feld eines hochbezahlten Turniers ist für die zweite Garde Europas damit nur über die Qualifikationswettbewerbe möglich. Ein Versuch, der bei unsicherem Ausgang ebenfalls mit Reisekosten verbunden ist.

TEURE Q-SCHOOL IN DEN USA

Auch deshalb überlegt es sich so manche Anfängerin im Profigeschäft zweimal, ob sie sich sofort für die Qualifying School der LPGA Tour anmelden soll, die auf lange Sicht natürlich deutlich mehr Verdienst verspricht. 2500 Dollar Meldegebühr kostet der Start bei Quali-Stufe II; wer zu den glücklichen 100 Spielerinnen zählt, die nach vier Runden den Sprung in Stufe II

vergleich fraueN

Katie Burnett, Nummer 90 der LET verdiente 15 000 Euro.

Jennifer Rosales, Nummer 90 der LPGA erhielt 115 487 Dollar.

Suzann Pettersen, Nummer 1 der LET erspielte sich bisher 315 867 Euro.

Stacy Lewis, Nummer 1 der LPGA kam auf 2,3 Millionen Dollar.

mit einem Preisgeld von 200 000 Euro würde man die Südkoreanerin nie sehen.

Frustrierender V Ergleich

von weniger als einer Million Dollar angeboten wird. Einzige Ausnahme bilden auf dem Turnierkalender der LET die beiden Majors Women’s British Open (2,2 Millionen Euro) und The Evian Championship (2,4 Millionen Euro) sowie die Australian Open (888 889 Euro). Der Grund: Alle drei Veranstaltungen zählen auch zum Kalender der LPGA Tour. Das macht das Leben jener Damen in Europa, die nicht zu den Top 40 zählen, ziemlich schwer. Bei der Women’s British Open etwa sind nur die besten zehn Europäerinnen aus der Geldrangliste und die nächsten 25 aus der LET-Rangliste zugelassen. Für die Evian Championship zählt ohnehin nur die Weltrangliste, die weitgehend von Asiatinnen und Spielerinnen der LPGA Tour schaffen, legt noch einmal 3000 Dollar drauf. Erst das Finale kostet nichts mehr. Rechnet man drei Flüge und die Übernachtungen hinzu, sind 13 000 Dollar schnell ausgegeben – ein Budget, mit dem sparsame LET-Proetten durchaus ein Vierteljahr überleben.

Kein Wunder also, dass die Besten Europas schnell den Weg Richtung USA einschlagen: Suzann Pettersen etwa, die derzeit die Geldrangliste der LET anführt, hat zwar 315 867 Euro gewonnen, insgesamt aber nur vier Events gespielt, wovon drei zu beiden Touren zählten. Gleiches gilt für ihre Kollegin Shanshan Feng, die im LET-Moneyranking mit 236 277 Euro auf Position zwei liegt, ebenfalls aber nur dreimal angetreten ist. Bei einem klassischen LET-Event

Der Beruf Golfproette ist damit in den meisten Fällen Liebhaberei; ein teures Hobby, das nur ausgeübt werden kann, wenn ein starker Verband, ein zahlungswilliger Gönner oder wohlhabende Eltern hinter der Spielerin stehen. Wo bei den Herren die Regel gilt, dass der Sprung von der Challenge Tour in Europas erste Liga der European Tour zumindest unter den Top 100 ein gutes finanzielles Auskommen verspricht, gilt dies bei den Damen nur dann, wenn man es von Europa auf die amerikanische LPGA Tour geschafft hat. Doch auch dort will man als Frau den Vergleich mit der US PGA Tour der Herren nicht ziehen – das Ergebnis könnte extrem frustrierend sein. Jennifer Rosales jedenfalls, die Nummer 90 der LPGA-Tour-Geldrangliste, hatte 115 487 Dollar verdient, als Sang-Moon Bae gerade die Frys.com Open, das erste PGA-TourEvent der Herren, das zur Saison 2015 zählte, für sich entschied: sein Preisgeld war 1 080 000 Dollar – etwas weniger als die Hälfte dessen, was die Führende der amerikanischen Geldrangliste

Stacy Lewis im ganzen Jahr geholt hatte, nämlich 2,3 Millionen Dollar.

So attraktiv der Beruf Golfproette also geworden sein mag – auf den Glamourfaktor muss man lange warten. Und in Europa wird man ihn kaum finden.

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