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gesChiChTe miT grandezza

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golf & Cruise

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nordporT ugal

Ein fairer Handel, seit sehr langer Zeit: Portwein, das Lieblingsgetränk des englischen Bürgertums und Adels, wurde jahrhundertelang vom Norden Portugals nach England exportiert, und Golf kam nach Portugal. So gibt es dort heute beides: Grosse Weine und vielfältiges Spiel.

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l ivio Piatti

Die Herren der grossen Wein-Handelsfirmen, deren Namen heute noch an ihre meist englische oder schottische Herkunft erinnern, mochten bei ihren langen Aufenthalten in der Stadt Porto, wo der berühmte Wein gelagert, ausgebaut und verschifft wurde, nicht auf ihre Runde Golf verzichten. So entstand in Espinho, wenige Kilometer südlich der Stadt Porto, 1890 der erste Golfclub Portugals, der zweitälteste auf dem Kontinent: Oporto. Drei Jahre vor dem ersten Fussballclub, wohlgemerkt.

Allzu eilig hatten es die Gentlemen aber nicht: Das erste portugiesische Mitglied wurde erst 1921 aufgenommen.

Bis vor wenigen Jahren hatte der Oporto Golf Club wenig Interesse an Öffentlichkeit, man blieb gern unter sich. Mit der grossen Finanzkrise, die Portugal sehr hart traf, änderte sich das. Heute sind auch hier Greenfee-Spieler willkommen, zu günstigen Preisen. Das Clubhaus, ein schlichter einstöckiger Bau, zeigt sich im Innern klassischkonservativ und selbstbewusst.

DAS älTESTE Clu BTu RN iER

OHNE uNTERBRuCH

Kein Wunder, denn Golf-Geschichte ist hier tatsächlich gegenwärtig, ein gerahmtes Schreiben vom Royal and Ancient in St Andrews bestätigt es: Der Skeffington Cup, der hier auf dem Sims des Cheminées steht, ist das älteste ununterbrochen ausgetragene Clubturnier der Welt. Seit 1891 wird es jährlich gespielt, kein Weltkrieg und keine Revolution vermochten dies zu verhindern.

Der entlang dem Strand gelegene 18-Loch-Platz selber, eher schlecht als recht von Dünen gegen die Winterstürme des Atlantiks geschützt, kommt schlicht daher. 5640 Meter kurz und mit kleinen Greens, ist er weder besonders imposant noch malerisch, doch auf eine rustikale Art sympathisch. Kein grosser Designer-Name wird gedroppt, keine Distanz-Tabellen helfen dem Gast; moderne, grosse Driver wirken hier irgendwie überproportioniert. So muss Golf einmal gewesen sein, und so lässt es sich hier heute noch mit Genuss spielen.

ZEiT Fü R PORTO

Porto wird täglich direkt von der Schweiz aus angeflogen. Die Stadt war 2001 Kulturhauptstadt Europas, und heute sind nicht weniger als

Beispiel kleine, feine Buchantiquariate wie Viera, die einem das Gefühl geben, selber in einem Roman gelandet zu sein. Oder die Buchhandlung Lellon im Viertel Glerigos, die so märchenhaft wirkt, dass sie jeden Morgen von 8 bis 9 Uhr für Foto-Touristen geöffnet ist. Auch ein starker portugiesischer Kaffee im stilvollen Café Majestic gleicht, wie so vieles in Porto, einer kleinen Zeitreise in die Vergangenheit. Am anderen Flussufer, in Vilanova da Gaia, liegen die Lagerhäuser mit ihren riesigen, hölzernen Portwein-Fässern. Hier werden Führungen und Degustationen angeboten, die die Vielfalt dieses hierzulande zu Unrecht als Süsswein für alte

90 Hektaren der Altstadt am Fluss Douro Weltkulturerbe. Obwohl – oder weil? – es hier an allen Ecken und Enden an Geld fehlt, sollte man sich vor oder nach einer Golf-Rundreise mindestens einen Tag für einen Bummel reservieren. Hier lässt sich ein Stadtgefühl erleben, wie es andernorts nur noch selten anzutreffen ist: Lebendig, aber ohne mediterrane Hektik; traditionell, aber ohne falsche Touristenromantik; etwas altmodisch, und doch mit unerschütterlichem Glauben an eine Zukunft. Immer wieder anzutreffen sind zum

Ladies verkannten Traditionsweins zeigen, vom erfrischend trockenen weissen Chip Dry bis hin zum überwältigenden Vintage Tawny. Eines der ältesten Häuser, Taylor’s, verfügt auch über ein hervorragendes Restaurant mit Aussicht auf das gegenüberliegende Porto.

Von links oben: Estela Golf: Dünen in Gefahr; Café Majestic in Porto, Ponte de Lima Golf; Buchhandlung Lellon in Porto; Amarante Golf; historische Städtchen in Nordportugal; der Skeffington Cup vor seinem Stifter im Oporto GC und der Platz.

ABENTEu ER liCHER RiTT

Wer nun wissen will, wo dieser Wein – und viele wunderbare weitere – wächst, fährt Richtung Osten ins Tal des Douro, welches mit seinen terrassierten Hängen ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört. Ein erster Golfstopp ist möglich in Amarante, zirka eine Autostunde von Porto entfernt. Der 1996 eröffnete Platz (Par 72/5400) führt so steil hinauf und hinab, dass sich ein Buggy unbedingt empfiehlt. Vom Anfang bis zum Schluss bietet der Platz einen abenteuerlichen Ritt durch enge Waldschneisen, tiefe Abhänge hinunter und steile Anstiege hinauf. Hier gibt es keine Verschnaufpausen, jeder Schlag muss gerade sein, denn einige Löcher sind blind, eng und steil sind alle. Selbstvertrauen und Präzision sind hier gefragt, dann kann man als Belohnung einen Blick in die Umgebung und hinunter zum Fluss Tomega geniessen oder später ein Menu im einige Autominuten entfernten Hotel Restaurant Casa de Calçada, wo traditionelle Gerichte der nordportugiesischen Küche auf neue, sehr kreative Weise auf Michelin-Stern-Niveau weiterentwickelt werden.

PR äCHTiG HiNTER DEN BERGEN

Bequem erreicht man über eine sechsspurige Autobahn Vidago, einen kleinen Ort im «Tras-os-montes», übersetzt «hinter den Bergen». Die sehr mineralhaltigen Quellen, die hier sprudeln, bewogen den letzten portugiesischen König, sich hier ein Schloss zu bauen. Doch er war ein schlechter Finanzplaner und konnte es nicht fertigstellen; es wurde 1910, einen Tag nach seiner Absetzung, als Kurhotel eröffnet. Heute präsentiert sich das Vidago Palace, nach einer Totalrenovation vor vier uNBEDiNGT iM BuGGy

Jahren, als Fünf-Sterne-Haus allererster Grandezza: Ruhig, stilsicher, grosszügig.

Der ursprüngliche Neun-Loch-Platz wurde auf 18 Löcher erweitert, heute misst er 6308 Meter.

Der alte Baumbestand ist erhalten geblieben, die neuen Löcher sind schon sehr schön angewachsen, und das Klima hier bietet genügend Regen für sattes Grün auf allen gemähten Flächen sowie kräftige Bäume. Anfangs flach und weit, verlangt er auf den letzten fünf Löchern nochmals echten Einsatz. Wer diese abschliessenden Hänge und Hügel schafft , hat den Platz an einem Tisch im ehemals königlichen Ballsaal verdient.

Von Vidago in Richtung Meer lässt sich in zwei kleinen, malerischen Altstädten wiederum anschaulich in die portugiesische und europäische Geschichte eintauchen. In Guimaraes stand im 13. Jahrhundert die Wiege von Afonso Henrique I, der als Vater der portugiesischen Nation gilt. Ein kleines Museum zeigt auch die Geschichte der «Nelkenrevolution» von 1974, mit der die älteste Diktatur Europas unblutig beendet wurde. Malerisch auch die Altstadt von Bragança, etwa 30 Kilometer weiter. Von hier stammte eine lange Reihe portugiesischer Könige und brasilianischer Kaiser.

Bald ist Ponte de Lima erreicht. Hier muss das Geschichtsbuch noch um einige weitere Kapitel zurückgeblättert werden. Die steinerne Brücke über den Fluss stammt noch aus der Zeit der Römer…

Wenige Kilometer ausserhalb dieses ältesten Dorfes Portugals, das leider auch mit Navi etwas schwierig zu finden ist, liegt das durchaus zeitgemässe Drei-Sterne-Hotel Axis Ponte de Lima. Der dazugehörige, 1995 erbaute Platz zeigt zwei Gesichter: Die ersten neun Löcher führen teilweise sehr steil auf und ab durch den Wald, so dass auch eingefleischte Buggy-Verächter hier unbedingt fahren sollten. Mehrmals schlägt man blind ab, und oft ist es schwierig abzuschätzen, welche Schlägerlänge das starke Gefälle erfordert. Diese ersten neun Löcher sind nicht unfair, eine zweite Runde war zwar immer noch streng, dank ersten «Ortskenntnissen» aber schon viel angenehmer, und der Blick auf die Hügellandschaft ein Wohl fürs Auge. Die zweiten neun zeigen ein freundliches Parkland-Gesicht mit sanfteren Formen, wenig Wasser und reichlich Raum –Golf mit Genuss! lu PENREiNER liNKS golf marKT

Aus dieser Gegend stammt der wunderbar leichte, frische Weisswein Vinho Verde, nach der Runde der ideale Frischmacher im Clubrestaurant, das auch das Restaurant des Hotels ist.

Weiter südlich, schon wieder in «Reichweite» von Porto, kaum 30 Minuten vom Flughafen entfernt, am Meer, bietet der 1988 erbaute Club Estela lupenreines Links-Golf. Vom Clubhaus aus führen die ersten 9 Loch nördlich, die zweiten 9 südlich auf 6300 Metern durch die Dünen, an der Küste entlang. Die Nähe des Meeres, – an einem schönen Frühlings- oder Sommertag eine mit frischem Meerwind gewürzte Spiel- und Augenfreude –, ist im Winter ein grosses Problem für den Platz. Die vom Atlantik her- kommenden Wellen erreichen bei Starkwind oder Sturm manchmal einige der strandnächsten Fairways und Greens und drohen, diese zu zerstören. Bauliche Schutzmassnahmen sind behördlicherseits nicht gestattet, und so ist zu hoffen, dass es dem Club gelingen wird, Teile des Platzes etwas strandferner zu legen, damit man das Spiel in den Dünen am westlichsten Rand unseres Kontinents weiterhin geniessen kann.

Die Seniors Tour macht hier wieder Station: Vidago Palace und Golfclub.

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