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Spannender hätte das Finale kaum sein können: Der Engländer Paul Wesselingh gewann die PGA Seniors
Open in Bad Ragaz dank einem Birdie auf dem dritten
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Extraloch gegen seinen deutlich älteren Landsmann
Kevin Spurgeon.
Er zeigte Nerven und Emotionen: Als nach dem dritten Versuch endlich ein Sieger feststand, umarmte Paul Wesselingh seinen Kontrahenten. Fast schien er sich für seinen Superputt zum Birdie zu entschuldigen. Doch dafür hatte der 51-jährige Engländer absolut keinen Grund. Er verdiente sich den zweiten Titel der laufenden Saison dank einem feinen Finale. Paul Wesselingh rollte das Feld von hinten auf. Nach zwei Durchgängen von 71 und 66 Schlägen ging er mit fünf Schlägen Rückstand in den Finaltag. Mit sechs unter Par, unter anderem dank einem Eagle auf Bahn 4, überholte er alle vor ihm liegenden Spieler und sah zeitweise wie der sichere Sieger aus. Allerdings reichten seine drei Schläge Vorsprung nicht, um die Sache in der «regulären» Zeit für ihn klarzumachen. Auf dem letzten Loch zeigte Wesselingh nochmals
Nerven. Er musste unter den Bäumen hindurch vorlegen und schaffte auf der Bahn 18 bloss das Bogey.
Dann schaute er seinem direkten Konkurrenten Kevin Spurgeon zu, der gleich hinter ihm seine letzte Chance auf das Playoff nutzte, indem er mit einem Birdie zu Wesselingh aufschloss.
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Anschliessend gingen die beiden Engländer gleich dreimal in Serie per Cart zum Abschlag Nummer 18 zurück. Wieder hätte es der deutlich jüngere Wesselingh selber im Putter gehabt, die Spannung zu beenden. Er verschob auf dem sehr schnellen und anspruchsvollen Green seinen Putt aber aus weniger als einem Meter. Andere hätten sich wohl grün- und blaugeärgert. Der unbeschwert wirkende frühere Golflehrer lächelte trotzdem vor sich hin und liess sich zum dritten Mal zum Abschlag chauffieren. Wer im Stechen solche Chancen vergibt, verliert in der Regel. Nicht so Wesselingh: Nach seinem klaren Sieg im Juni profitierte er von seinem grossen Selbstvertrauen und liess nicht locker. Spurgeon hatte seinen Ball zwar aus dem

Bunker gut drei Meter an die Fahne gesetzt und er selber war deutlich zu lang gewesen. Doch Wesselingh lochte diesmal aus gut sieben Metern und als sein Widersacher seinen Putt nicht versenkte, nahm er ihn in den Arm.
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Er habe schon viele Playoffs gespielt und wisse, wie man sich danach fühlt, erklärte der sympathische 51-Jährige. Unter anderem «wegen meiner jungen Familie» hatte er früher fast nie auf der regulären European Tour gespielt. Seit vergangenem Jahr mischt er dafür nun das Feld der Senioren auf.
Der Sieg in Bad Ragaz bedeutet für den gebürtigen Liverpooler den dritten Titelgewinn auf der europäischen Seniorentour. Er ist das Ergebnis von akribischem Training und viel Fitnessarbeit. Fünf Jahre lang hatte sich Wesselingh, der seit 1985 als Golflehrer gearbeitet hat, auf die Seniors Tour vorbereitet. Rang zwei bei der Qualifying School Ende 2011 sicherte dem athletischen Briten die Startberechtigung für 2012. Schon im ersten Turnier in
Mallorca platzierte er sich auf Rang zwei. Bereits bei seinem vierten Start auf der Seniorentour im Juni 2012 gewann Wesselingh die PGA Seniors Championship in England. Diesen Titel verteidigte er diesen Juni erfolgreich und so war er schon vor Bad Ragaz Zweitplatzierter der Jahreswertung. «Ich liebe die Schweiz, seit ich mit meinen Eltern hierher in die Ferien gekommen bin», sagte der Brite mit holländischen Vorfahren bei der Siegerehrung.
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Klar sei es etwas Spezielles, hier zu gewinnen, und wenn man wisse, dass Teile des Platzes noch fünf Wochen vor dem Event unter Wasser gestanden hätten, sei es erstaunlich, wie schnelle Grüns die Verantwortlichen hingezaubert hätten, lobte er. Für viel mehr blieb ihm nach den Extralöchern keine Zeit. Seine geduschten Kollegen hätten sonst im Bus auf ihn warten müssen. Auch Wesselingh selber hatte es eilig. Direkt nach dem zweiten Abstecher in die Schweiz flog der Engländer nämlich zu einem weiteren Höhepunkt: Er startet bei den US Senior Open in Nebraska.
Mit weniger Glücksgefühlen dürfte sein Landsmann Gary Wolstenholme in die USA gereist sein: Zwei Runden lang führte er zusammen mit Santiago Luna das Feld in Bad Ragaz klar an. Mit einem Doppelbogey auf dem vergleichsweise einfachen Startloch schoss sich Wolstenholme jedoch schnell aus dem Rennen und mit einem zweiten Doppelpatzer musste er sich am Ende mit dem geteilten fünften Rang zufriedengeben. Luna fiel sogar noch einen Rang weiter zurück und so war Wolstenholme nicht der Einzige, der am Sonntag bei sehr warmem, aber teilweise windigem Wetter seine Mühe hatte. Publikumsliebling Ian Woosnam war am Finaltag als Dritter im letzten Flight und hätte eigentlich von den Fehlern seiner direkten Konkurrenz profitieren können. Allerdings verspielte die frühere Weltnummer eins alle Chancen mit der abschliessenden 76er-Runde. Zwei Bogeys und zwei Doppelbogeys waren die bittere Bilanz für den konsequent mit Eisen spielenden Waliser. So musste er sich mit dem enttäuschenden 30. Rang zufriedengeben. Nach starkem Start (zwei unter Par) konnte auch der Wahlschweizer Maurice Bembridge seine Ausgangslage nicht nutzen. Der Botschafter des Grand Resorts Bad Ragaz blieb danach insgesamt sieben über Par und belegte als bester Swiss-PGAVertreter den 51. Rang von 72 Startenden.
Der Goldpreis ist in letzter Zeit zwar stark unter Druck geraten, doch das Kilo Edelmetall ist immer noch rund 38 000 Franken wert. Der Spanier Pedro linhart (Bild) sicherte sich am Samstag diese Extraprämie für sein Ass auf Loch 3. Der von der Credit Suisse gesponserte Sonderpreis brachte dem Seniors-Tour-Neuling jedenfalls deutlich mehr ein als der geteilte dritte Rang: Wie der frühere Seriensieger Carl Mason erhielt der Spanier dafür einen Check über 17 500 Euro.


Deutlich weniger blieb am Ende für den Kanadier Jean Laforce: Der ebenfalls erstmals in Bad Ragaz aufspielende Profi lochte in der Schlussrunde auf der deutlich schwierigeren Bahn 14 ebenfalls im ersten Versuch ein. Damit rettete er sich zwar die Par-Runde, eine Extraprämie für das Ass gab es für ihn allerdings nicht und er musste sich mit Rang 47 begnügen.
Auch wer nicht ganz vorne mitspielt, schwärmt in der Regel von der besonderen Gastfreundschaft und dem aussergewöhnlich feinen Essen in Bad Ragaz. «Das ist jeweils die klar beste Woche im ganzen Jahr», urteilt beispielsweise Gordon Brand Junior, allerdings seien die Konkurrenzturniere in kulinarischer Hinsicht auch «relativ leicht zu schlagen», fügt er schmunzelnd hinzu – schliesslich sei er meist in England unterwegs.
Wer meint, die Senioren nehmen es auf dem Parcours gemütlich, täuscht sich. Das erfuhren nicht zuletzt die lokalen Caddies, die angesichts des flotten Marschtempos der Senioren ganz schön ins Schwitzen kamen. Die meist weiblichen Caddies helfen sich in aller Regel mit
Elektrotrolleys. Die sportliche Ausnahme waren beispielsweise die beiden Schwestern Monja und carina Mätzler. Als Helferinnen von Bill Longmuir und Anders Forsbrand liefen sie am Samstag und Sonntag zweimal im gleichen Flight den sportlichen Senioren hinterher. Für einen Elektrowagen seien sie dann doch zu jung, sagten die jüngeren Schwestern von Proette Melanie Mätzler. Diese hatte im Vorjahr ihren Coach Bill Longmuir begleitet. Nun begleitete sie den letzten Flight als Helferin.
