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Power im stock

Neue treNds bei deN schäfteN

Mehr und mehr realisiert man, dass die Eigenschaften eines Golfschlägers stark von seinem Schaft geprägt werden. Und in der Tat – die Industrie macht in diesem Bereich immer wieder Fortschritte.

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Kaum einer weiss besser Bescheid über die Trends und Entwicklungen bei den Schäften als Alain Pfister, Club-Fitter und Consultant von Golf Suisse für alle Equipment-Fragen.

Zusammen mit ihm ist diese Übersicht entstanden; sie stellt Bekanntes und Bewährtes zur Diskussion und beleuchtet die neuen Facts. Das wichtigste Kriterium eines Schaftes ist sein Gewicht; es beeinflusst das Gefühl, welches der Spieler beim Schwingen hat, am stärksten. Ebenfalls als bekannt darf vorausgesetzt werden, dass der Flex eines Schaftes dessen Härte (Steifigkeit) ausdrückt. Allerdings gibt es keine verbindlichen Industriestandards, weshalb «R» alles andere als «R» ist. Die Fachleute drücken sich mit einer Zahl aus, welche sie messen – es ist die Frequency eines Schaftes, eigentlich des Tempo, mit welchem er zurückfedert, wenn man ihn biegt. Die Frequency beeinflusst zusammen mit dem Torque (dem Widerstand gegen das Verwinden) das Schlaggefühl und den Abflugwinkel des Balles.

Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist die Länge des Schaftes. Pfister warnt vor überlangen Driver-Schäften: «Die längsten Bälle sind diejenigen, welche perfekt mit dem Sweetspot getroffen werden. Je länger der Schaft, desto seltener werden solche perfekte Treffer, weshalb für mich bei 45 Inch fertig ist. Länger würde ich nicht empfehlen». Es gibt doch aber Hersteller, welche Driver mit längeren Schäften verkaufen? «Da gibt es für mich nur eines: kürzen».

Ebenfalls überschätzt wird der Kickpoint, der eigentlich den Ort der stärksten Biegung des Schaftes bezeichnet; man könnte auch von der weichsten Stelle reden. Die Hersteller machen oft glauben, dass ein tiefliegender Kickpoint den Ball auf einen höheren Launch Angle schiessen würde; doch das ist kaum messbar. Der Abflugwinkel wird viel stärker vom Loft des Clubheads beeinflusst; zudem selbstverständlich von der Art und Weise, wie ein Spieler seinen Club schwingt. Grundsätzlich aber wird mehr und mehr empfohlen, einen Driver-Clubhead mit genügend Loft mit einem stabilen Schaft zu kombinieren, weil das die beste Ratio von Distanz zu Präzision bringt.

TECHnOLOGIE AuS CALIFORnIA nicht nur die Schlägerfirmen, sondern auch einige Schafthersteller haben ihr Entwicklungslabor (die R&D-Abteilung, also Research & Develop- ment) im Grossraum von San Diego angesiedelt. Wer einen Golfschläger mit einem serienmässigen Schaft kauft, der denkt vielleicht, dieser Schaft sei von – zum Beispiel – Callaway, Taylor Made, Ping, Titleist, Mizuno oder Cleveland gefertigt worden. In den meisten Fällen kommen diese Antriebsaggregate aber von den gleichen Maschinen wie Custom-Schäfte; allerdings kann nicht einmal Pfister sagen, wer bei wem Schäfte mit seinem eigenen MarkenDekor ordert.

Damit ist auch gesagt, dass nur in einem seriösen Clubfitting herausgefunden werden kann, welche Eigenschaften für einen bestimmten Spieler benötigt werden. Sicher ist nur, dass ab der Stange gekaufte Clubs höchstens per Zufall genau zum Spieler passen – und dieser Zufall dürfte selten vorkommen, weshalb das Spiel vieler Golfer und Golferinnen wohl unter «unpassendem» Material leidet.

Das Herstellen eines Golfschaftes ist eine hochtechnisierte Angelegenheit. Glasfasern und Harz werden von Wickelmaschinen und chipgesteuerten Spritzpistolen ultrapräzis zusammen verarbeitet und unter genauer Zeitund Temperaturkontrolle ausgehärtet; am Anfang des Kunststoff-Zeitalters ist es kaum möglich gewesen, wirklich identische Schäfte zu bauen. Brach ein Schaft, und bestellte man den gleichen nach, so hatte der Club plötzlich ein anderes Verhalten.

Das, meint Pfister, ist heute anders. In diesem Bereich sind enorme Fortschritte erzielt worden, was es erlaubt, seine gesamten drei oder vier Hölzer im Bag mit dem gleichen Schafttyp auszurüsten und so identische Spieleigenschaften zu bekommen.

Längst werden auch andere Kunststofffasern, wie Carbon oder Kevlar, verwendet. Durch das richtige Kombinieren verschiedener Materialien und durch die Orientierung der Fasern im Werkstück können dessen Eigenschaften gesteuert und auch verfeinert werden.

Drehbar Wird Immer Wichtiger

Dass die Schäfte heute so viel präziser geworden sind, das ermöglicht erst die neue Technologie der drehbaren Clubheads. Die Schäfte werden nicht mehr fest ins Röhrchen (Hosel) des Clubheads geleimt, sondern in ein Zwischenstück, welches dann dank einem sinnreichen Mechanismus im Hosel in verschiedenen Positionen fest verankert werden kann. Durch das Drehen lassen sich die Eigenschaften des Clubs verändern (closed face, neutral, open face); will sagen, dass eher ein Draw, eher ein Fade und auch eine andere Höhe des Abflugwinkels resultieren.

Diese Möglichkeit wird nur bei Hölzern angeboten; bei verschiedenen Marken serienmässig. Bei einem Clubfitting arbeitet der Fitter regelmässig mit solchen Systemen, weil er so viel genauer herausfinden kann, mit welchem Leistungsprofil eines Drivers – oder auch von Fairwayhölzern – einem Kunden am besten gedient ist.

Direkt von der Tour kommt eine andere Fitting-Variante. Wie eingangs gesagt, ist das Gesamtgewicht eines Clubs eine wichtige Komponente. Ohne dass die Schwungeigenschaften verändert werden, kann das Gewicht durch das Einsetzen von Metallstücken im oberen Ende des Schaftes (also im Griff) verändert werden. Bis zu 80 Gramm werden in einen Driver-Schaft eingesetzt. Man fragt sich natürlich, zu was das gut sein soll. Pfister: «Oft kann man beobachten, dass ein Spieler – vor allem kräftigere Leute – zwar regelmässig einen guten Kontakt mit dem Ball haben, dass sie die Abschläge aber trotzdem übers ganze Gelände streuen. Im Fitting zeigt sich dann, dass ihre Clubhead-Geschwindigkeit sehr unregelmässig ist; dass sie also den Club immer wieder anders beschleunigen, mal zu stark, mal harmonisch und mal zu wenig. Mit einem so unregelmässigen Beschleunigungsaufbau lassen sich auf die Dauer keine präzisen Bälle schlagen. Mit etwas mehr Gewicht im Griff lässt sich oft ein ruhigeres – und damit gleichmässigeres – Schwingen erreichen, weil der Spieler seinen Club anders spürt». unD DIE EISEn?

Werden auch die Schäfte der Eisen immer besser? Ja, meint der Fachmann; denn zwar handelt es sich immer noch um die klassischen Stahlschäfte mit Chrom-Oberfläche, doch heute werden auch sehr viele leichtere Modelle angeboten. Der Klassiker unter den Stahlschäften, der Dynamic Gold von True Temper, wiegt runde 130 Gramm. True Temper hat mittlerweile auch deutlich leichtere Modelle, und Konkurrent nippon Steel geht bis hinunter zu 75 Gramm, ohne dass die Lebensdauer oder die Qualität litten.

Stahlschäfte bei Eisen sind generell präziser im Touch, machen einen präziseren Ballflug, sind aber etwas weniger komfortabel für den Spieler. Das weiss jeder, der einen Off-Center-Hit in den Händen hat wegstecken müssen; eine typische Verletzungsursache.

Längst gibt es heute auch Kunststoffschäfte für Eisen, mit sehr guten Eigenschaften, auch in Bezug auf die Präzision der Shots. «Ich empfehle sie vor allem, wenn der Spieler oder die Spielerin Eisen mit leichten Schäften braucht; es gibt Schäfte bis 45 Gramm, die sich dann auch von wenig kräftigen Leuten gut schwingen lassen. Kunststoffschäfte sind etwas teurer als Stahlschäfte, halten aber auch deutlich länger», mein Alain Pfister zu diesem Thema.

DER COOLE LOOK EBEnSO WICHTIG natürlich haben die Schäfte der Driver – es sind vor allem die Driver, mit denen man Eindruck machen kann – nicht nur ein Innenleben, sondern auch das Äussere. Was die Pros in den Tour-Events zur Schau tragen, das ist ist auch für viele Clubspieler massgebend. Glücklicherweise sind es vor allem die Marken und die Farben, welche für die Identität der Driver sorgen; dass die Pros oft XS-Flex oder gar XXS verwenden, das ist nicht zu sehen. Deshalb haben die Clubfitter die echte Chance, jedem Spieler nicht nur das anzumessen, was zu ihm passt, sondern auch, was ihm gefällt. Denn die meisten Schäfte sind in zahlreichen Variationen erhältlich; vor allem punkto Gewicht und Frequency, so dass man problemlos mit dem gleichen Driver wie Ernie Els, Retief Goosen oder Miguel Angel Jimenez spielen kann. Wir würden alle staunen, wie sich ein Driver anfühlt, mit welchem die Boys von der Tour 300 Yards und mehr abschlagen…

Urs Bretscher mit Alain Pfister

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