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Flugreisen sind eigentlich beschwerlich. Wenn man sich schon ins Auto setzen muss, um zum Flughafen zu fahren, könnte man doch der Einfachheit auch gleich weiterfahren zum Golfplatz. Nur: im Winter ist in Europa eben Winter, Schnee liegt auf den meisten Plätzen. Aber nicht auf allen…

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Wir Schweizer sind ziemlich privilegiert: unsere Lage in Europa macht das Mittelmeer gut erreichbar. In sechs Stunden Autofahrt das Rhonetal hinunter ist man in der Region Marseille und kann sich entweder ostwärts Richtung Côte d’Azur oder westwärts nach Spanien orientieren. Wenn man da an die Norddeutschen denkt – schon nur zehn Stunden, bis sie die Schweiz durchquert haben! Allerdings: herrscht Hochsaison auf den Golfplätzen der Côte d’Azur, weil jedermann da hin will?

Natürlich, es gibt auch Gegenargumente. So ist es ziemlich schwierig, zwischen Weihnachten und Neujahr an der Côte zu einer Abschlagszeit zu kommen, weil da nicht nur viele Leute spielen wollen, sondern weil auch die Tage am kürzesten sind und man bloss ein Zeitfenster von vielleicht dreieinhalb, vier Stunden pro Tag hat, wenn man 18 Holes spielen will. Und wenn dann am Morgen noch Frost auf den Fairways liegt, dann wird dieses Fernster noch kürzer. Aber es gibt nicht nur die Côte. Ein paar Kilometer weiter (und ein paar Dollars mehr für die Autobahn…), und schon warten andere Reviere, die es sich auszukundschaften ebenfalls lohnt.

CôTE D’AZUR

Der teuerste Teil der Mittelmeer-Küste, mit vielen Golfplätzen, die meistens aber im Hinterland liegen und oft in stark coupiertem Gelände angelegt sind. Vielerorts ist deshalb sogar ein Cart zu empfehlen.

An der Côte liegen auch einige Top-Plätze, wie St. Endréol, Royal Mougins, Monte Carlo, Terre Blanche, Valescur, Roquebrune, Esterel, Frégate. Daneben gibt es aber zwischen Marseille und Monaco auch zahlreiche günstigere Angebote. Nicht überall ist ein Hotel in der Nähe; doch es gibt Golf Resorts, wo alles auf der gleichen Immobilie zu haben ist (Terre Blanche oder Frégate zum Beispiel).

PROVENCE

Zahlreiche Parcours, auch einige Berühmtheiten wie Pont Royal. Die Distanz zum Meer ist aber bereits so, dass im Winter Schnee liegen kann, während die unmittelbare Küste 5 bis 10 Grad wärmer und schneefrei ist. Der Mistral ist hier definitiv ein Thema; vor allem im Winterhalbjahr.

CAMARGUE

Noch näher an der Schweiz, mit weniger, dafür aber flachen Golfplätzen. Die besten sind La Grande Motte und Montpellier Massane, beide in der Nähe der Grosstadt Montpellier gelegen. Der Mistral kann hier vor allem im Winter extrem blasen – stärker als an der Côte. La Grande Motte hat zwei Hotels direkt neben dem Golfplatz; in Massane hat es eine Leadbetter Academy.

LANGUEDOC – ROUSSILLON

Nicht besonders viele Golfplätze: zum Beispiel Béziers, Cap d’Agde, Perpignan. Der Wind (Tramontagne) ist meistens zu stark.

PyRéNéES ATLANTIQUES

Die Region um Biarritz ist ein Paradies für Golfer, nahezu so mild wie das Mittelmeer, im Winter schneefrei und menschenleer. In Meeresnähe liegen zahlreiche Golfplätze; die bekanntesten sind Moliets, Seignosse, Hossegor, Giberta, Le Phare mitten in der Stadt Biarritz. Ab Genf sind es mit dem Auto knapp 1000 Kilometer – im Winter ist es zu empfehlen, je nach Schneelage eher über Montpellier – Narbonne – Toulouse als über Clermont Ferrand – Bordeaux zu reisen, weil die brandneue

Autobahn nach Clermont auf 800 Meter hinauf führt. Die Autobahnkosten ab Genf bis Biarritz beginnen langsam ins Gewicht zu fallen; dafür könnte man in der Schweiz gleich mehrere Autobahn-Vignetten kaufen.

COSTA BRAVA (GIRONA)

Knapp nach der Passage der französisch – spanischen Grenze, in der Region der Stadt Girona, zahlreiche gute Golfplätze, teils mit Hotel am Platz, teils ohne. Emporda, Pals, Mas Nou, PGA of Catalunya und so weiter. Ab Grenze sind es um die 100 Kilometer, das Klima ist so mild wie in Frankreich, der Wind kann gleich stark sein. Schnee ist extrem selten. Die Plätze sind meistens flach, die Greenfees normal (40, 50 Euros), aber manchmal liegt es drin, Wochenpauschalen auszuhandeln. Mehrere Hafenstädte (wie Palamos, Lloret de Mar) laden zu katalonischer Gastronomie ein. Ab Genf rund 900 Kilometer.

VALENCIA,

Alicante

Mindestens 400 Kilometer weiter als Girona; wohl etwa die distanzmässige Belastungsgrenze mit dem eigenen Auto. Die Autobahnen in Spanien sind noch teurer als in Frankreich. Zahlreiche ausgezeichnete und ganzjährig attraktive Golfplätze; auf einigen ist die

European Tour oder die Q-School regelmässig zu Gast. Auch an Hotels oder Apartments mangelt es nicht.

Costa Del Golf

Der Übername der Costa del Sol; der Strip zwischen Malaga und Gibraltar (Algeceiras). Hunderte von Golfplätzen; auch Valderrama oder Sotogrande liegen hier. Malaga mit seinem internationalen Flughafen ist der Fokuspunkt aller Golfträumer zwischen Finnland und Cornwall – die Region hat einen Ruf und ein Marketing, zahllose Hotels, während der Wintermonate Zehntausende von Golfern zu Gast, und ab Genf sind es 2000 Kilometer. Die Greenfees liegen im Bereich von 100 Euros – definitiv ein «No Go» mit dem eigenen Auto, ausser man bleibt von November bis April.

Algarve

Noch exklusiver, noch teurer, noch weiter entfernt als die Costa del Sol – und von London aus noch einfacher per Flieger zu erreichen; deshalb sind viele englische Sunbirds hier anzutreffen. Ab Genf über 2500 Kilometer…

Italien

In Italien gibt es viel weniger Golfplätze als in Frankreich oder Spanien. Oft herrscht südlich der Alpen ein deutlich milderes Klima als bei uns; deshalb lohnt es sich immer, die Verhältnisse in Bogogno, Castelconturbia, Le Robinie oder Monticello zu checken – um nur ein paar Beispiele der Plätze ennet der Schweizer Grenze zu nennen. Die Toskana hat ein paar Parcours zu bieten; die Riviera ist eher zu meiden, weil ausser San Remo und Garlenda kaum Spielgelegenheiten bestehen. Apulien dagegen ist eine interessante, unterschätzte Golfdestination mit einigen attraktiven Plätzen, ist aber über 1000 Kilometer entfernt.

WOLLEN SIE’S WAGEN?

Kann man zu Golfferien im eigenen Auto raten? Nun, die Vorteile liegen auf der Hand: zu Hause packen, am Zielort ausladen und direkt auf den Abschlag. Die Risiken liegen auch auf der Hand: Autofahren ist teuer, auf der Strasse kann viel passieren, und man hat den Fahrstress. So muss jedermann diese Vor- und Nachteile selber abwägen. Sicher aber ist, dass ein Winter mit einer gelegentlichen Golfrunde in der warmen, mediterranen Sonne einem solchen in Eis, Schnee und Graugrau vorzuziehen ist, und dass die Fliegerei auch ihre Schattenseiten hat!

Urs Bretscher

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