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Grüne Teppiche, blaues Meer
Die schönsTen GolfpläTze Der WelT
Sie sind teuer, aber die meisten sind nicht privat, sondern für jedermann spielbar. Die schönsten, die berühmtesten, die schwierigsten, die geheimnisvollsten, die atemberaubendsten Golfplätze der Welt. Sie sind Gegenstand von Träumen, aber plötzlich, eines schönen Tages, werden solche Träume wahr. Vielleicht auf dem Platz von Cape Kidnapper?
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Schon beim Einbiegen auf den Parkplatz, angesichts der weltbekannten Clubhaus-Silhouette, wird die ganz spezielle Stimmung spürbar, die sich teils aus unserer Erwartungshaltung, teils aber auch aus dem Mystischen, dem Bedeutungsschweren materialisiert und physisch spürbar wird. Während der Vorbereitungen steigert sich die Nervosität: Golfbag bereit machen, Umziehen in der Gästegarderobe, ein kleiner Imbiss oder auch nur eine Tasse Kaffee an der Bar, dann das obligate Schnuppern im Proshop (nach der Runde kommen wir nochmals!) und der Gang zum Putting Green, unserem schönsten Platz, wir haben jahrelang darauf hingearbeitet, organisiert, uns gefreut, gebangt, ob es denn auch klappt. Und jetzt, dieser Moment, der Ball auf dem Tee, der Probeschwung. Die Anderen stehen stumm und schauen; «Andere» hat es immer, unsere Freunde, der Starter, das nächste Flight, ein paar Zaungäste. Don’t miss it, triff ihn wenigstens, den Ball; gar nicht davon zu reden, auch noch einen guten Schlag hinzukriegen.
Eine Driving Range gibt es nicht, in St. Andrews, wo sich der erste Abschlag mitten in der Stadt befindet und das Clubhaus dahinter nicht zweckorientiertes Clubhaus für die Spieler gebaut hat. Der Old Course: wenn irgend ein Golfspieler (oder eine Golfspielerin) diesen Platz nicht ganz zuoberst auf der Wunschliste hat, dann ist ihm kaum mehr zu helfen. Der Old Course ist «public», und es ist ganz einfach, hier eine Runde zu spielen. Alles, was es braucht, ist ein Handicap von maximal 24 (Ladies 36), ein Greenfee von zur Zeit 130 Pfund Sterling, und etwas Geduld.
ÜBER DIE SWILKEN BRIDGE nicht ohne auf der Range vorher auch ein paar Bälle zum Aufwärmen geschlagen zu haben. Schliesslich – die Schritte werden immer schwerer – das erste Tee, der Starter, die anderen Spieler, der Ausblick auf den ersten Fairway. Wir sind auf dem schönsten Golfplatz der Welt, das Clubhaus des Golfplatzes ist. Das berühmteste Gebäude des Planeten Golf ist nämlich das Clubhaus des Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews; aber der Old Course gehört nicht dem R&A, sondern ist einer der fünf Golfplätze der Stadt, welche ganz in der Nähe ein zweites,

Man kann über Reiseveranstalter Packages für St. Andrews buchen, in welchen der Old Course enthalten ist; man kann aber auch – und ohne viel Aufwand – nach St. Andrews reisen und sich jeden Tag an der Lotterie für die Tee Times des nächsten Tages beteiligen. Irgendwer verlost die definierte Anzahl Starts, aber niemand weiss, wie das genau geht; es wird allerdings behauptet, dass Europäer mit einstelligen Handicaps bessere Chancen haben als Japaner mit einer 36. Und es gibt noch eine dritte Möglichkeit, zu einem Start auf dem Old Course zu kommen: man präsentiert sich am Morgen früh beim Starter für einen der freien Plätze, in Dreierflights zum Beispiel. Und dann heisst es Warten!
Aber die Geduld ist gut investiert. Der Gang hinaus über die Frontnine zum Turn, drei Kilometer von der Stadt entfernt, und zurück bis zum Road Hole und zu den paar Schritten über die Swilken Bridge und zum 18. Green – das ist einfach das Allergrösste. Dazu ist der Old Course nicht unbedingt extrem schwierig; bei geringen Windstärken winkt die Chance auf ein gutes Score, was das Erlebnis nur noch besser macht!
Szenenwechsel. Nordinsel von Neuseeland, drei Stunden ausserhalb von Auckland an der Ostküste, ein Golfplatz namens Cape Kidnapper. Während man von Genf mit einem NonstopFlug in zwei Stunden Edinburgh erreicht, von wo St. Andrews im Mitwagen nochmals eine Stunde entfernt liegt, muss man für Cape Kidnapper von Mitteleuropa aus eine halbe Ewigkeit einplanen. Mehrere Stopovers sind unvermeidlich, Hotelübernachtungen ebenfalls – unter 48 Stunden ist das kaum zu schaffen. Aber dann, ein traumhaft schöner Golfplatz auf einer spektakulären Klippenlandschaft am Ende der Welt, Blick hinaus auf den Pazifik und ins Nowhereland, auf einem Kunstwerk von Golfplatz. Der Wind peitscht vom Meer her die Brecher an die Klippen, die Luft ist salzig, und der Ball ist sehr, sehr schwer zu kontrollieren. Realität gewordener Traum!

Cape Kidnapper liegt an der Hawkes Bay, nahe der Stadt Napier, und war immer bekannt für eine Kolonie von brütenden Tölpeln – Wasservögel der südlichen Hemisphäre. Seit sieben Jahren gibt es nun auch einen Golfplatz mit einer Lodge, gebaut von einem amerikanischen Multimillionär namens Julian Robertson. Nachdem dieser in Oregon die Werke des Architekten Tom Doak (Bandon Dunes und Pacific
Dunes) kennen gelernt hatte, war ihm klar, dass es Ähnliches auch in seiner Wahlheimat Neuseeland geben musste.
6000 MEILEN ANREISE
Doak hatte den Auftrag, den besten aller Plätze zu bauen, auf dem spektakulärsten aller Gelände. Über 100 Meter stürzen die Klippen senkrecht nach unten, die Brecher des Pazifik tosen, der Wind heult nicht selten in Orkanstärke. Fingerartig schieben sich die Klippen ins Meer hinaus – es war ein Kunststück, auf diesem Relief 18 zusammenhängende Golf Holes auszulegen. Aber um Besucher aus aller Welt dafür zu überzeugen, eine Anreise von Tausenden von Meilen und von Dutzenden von Stunden auf sich zu nehmen, musste es schon etwas Besonderes sein. Eigner Robertson hatte mit einem zweiten Projekt, Kauri Cliffs weiter nördlich auf der Nordinsel von Neuseeland, drei Jahre vorher bereits vorexerziert, wie man am Ende der Welt einen aussergewöhnlichen Golfplatz baut und betreibt. Weit reisen, das ist oftmals nicht zu vermeiden, um auf seinem persönlichen Traumplatz zu spielen. Hawaii, Australien, Kalifornien – alles nicht gerade vor der Haustüre. Doch die Hawaianer, Australier, Kalifornier haben das gleiche Problem, um in Schottland zu spielen, wo ebenfalls der eine oder andere Traumplatz liegt. Wir Mitteleuropäer sind also gewissermassen privilegiert. Denn nicht nur auf den
Britischen Inseln, sondern auch auf dem Kontinent gibt es zahlreiche Golfplätze, die es lohnen, angepeilt zu werden. Stichworte gefällig? Portmarnock, Royal County Down, Carnoustie, Royal Birkdale, French National, Sperone, Sunnigdale, Wentworth, Ballybunion, Doonbeg, Chiberta, Chantilly – alles klingende Namen von legendären Golfplätzen; und die meisten sind zugänglich für Besucher.

Es gibt allerdings auch ein paar Raritäten, auf denen es sehr, sehr schwierig sein kann, zu einem Tee-Off zu kommen. Augusta National ist bekannt, ebenso Pine Valley in den USA, oft als die Nummer 1 der Welt gehandelt. Royal St. George’s, wo nächstes Jahr das British Open stattfinden wird, ist genau so privat wie Morfontaine im Norden von Paris.

Dagegen ist Valderrama, das genauso oft als die Nummer 1 von Europa im Gespräch gewesen ist, ein Public Course, auf welchem eine Runde mit einem Telefon ins Clubhaus gebucht werden kann. Und das ist doch wieder eine ausgezeichnete Nachricht für Trophäensammler; auch wenn die Greenfees ein wenig höher sind, als es manchem lieb ist.
Das sollte aber nicht abschrecken; das Erlebnis ist den höheren Eintrittspreis mehr als wert. Es gibt für einen echten Golfer nichts Besseres, als auf einem wirklich guten Golfplatz eine Runde zu spielen!
Urs Bretscher