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The King of Crans

Die Spanier unter den Playing Pros sind bekannt als grosse Ballkünstler. Allen voran hat Severiano Ballesteros für diesen Ruf gesorgt; José Maria Olazabal ist ihm in nichts nachgestanden, und Sergio Garcia ist für perfektes Eisenspiel und Finesse ums Green herum bekannt. Miguel Angel Jimenez verfügt ebenfalls über ein feines Händchen, aber er gilt auch als einer der präzisesten Spieler mit den Fairwayhölzern – und genau das ist auf dem Parcours Severiano Ballesteros von Crans wichtig, zusammen mit viel Gefühl beim Chippen und aus dem Bunker.

Oftmals erspähen die Zuschauer auf dem Abschlag Nummer 1 oben auf einem Balkon des Miedzor den schmunzelnden und Zigarre rauchenden Jimenez, wie er seinen Konkurrenten beim Start zur Runde zuschaut. Das Miedzor steht direkt rechts des Abschlags; im Parterre befindet sich das von einem seiner Landsleute geführte Restaurant La Marquise. Die beiden sind über die Jahrzehnte Freunde geworden –Jimenez bewohnt während des Turniers immer das gleiche Apartment!

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Aber man kann ihn auch beim Joggen beobachten; dafür muss man allerdings Frühaufsteher sein. «Ich pfeife auf Krafttraining und dicke Muskeln. Aber die Basis ist wichtig, man muss sicher stehen, und man muss durchhalten über vier oder noch mehr Runden. Deshalb betreibe ich regelmässiges Cardio-Training!»

Er ist mit 18 Jahren Pro geworden, und schon damals ist er durch sein Kraushaar aufgefallen, das er heute, wo solches gesellschaftsfähig geworden ist, zum Rossschwanz zusammenbindet – seinem Markenzeichen. Aber er hat auch noch ein anderes Merkmal, das ihn unverwechselbar macht: er schreitet in einer einmaligen Art in seinen Schlangenlederschuhen über den Golfplatz, ganz «stolzer Spanier». Und das ist sicherlich auch ein bisschen psychologische Kriegsführung des Meisters, der damit signalisiert, wie er über den Dingen steht und diese –die Dinge – unter Kontrolle hat.

In Crans zu gewinnen, das hat er immer schon als Ziel genannt. Aber das Gewinnen ist ihm in den ersten Jahren seiner Karriere als Pro alles andere als leicht gefallen. Denn 11 seiner bisher 18 Titel in der European Tour hat er erst gewonnen, nachdem er das 40. Altersjahr hinter sich gebracht hat. Heute ist er 46, und er versucht schon gar nicht, jünger zu wirken.

Wunder-Putts vor die Nase setzte...

Zur enormen Ausstrahlung dieses aussergewöhnlichen Spielers trägt auch bei, dass er seine Erfolge mit einem Schwung erspielt, der alles andere als lehrbuchmässig ist. Aber sein immergleicher, perfekter Rhythmus und seine Sicherheit bei allen Shots helfen ihm immer wieder aus der Patsche. Zudem hat er die erstaunliche und seltene Fähigkeit, aus seinen Fehlern sehr schnell zu lernen; und das ist oftmals entscheidend.

Oft wirkt er bärbeissig, schaut böse oder durchdringend, und man spürt nicht, was er denkt. Handkerum ist er der herzlichste, freundlichste Mensch, den man sich vorstellen kann; er scherzt mit den Zuschauern, kommuni-

Wenn er mit seiner bildschönen Ehefrau Montserrat den Raum betritt, dann verstummen die Anwesenden, und Aller Aufmerksamkeit wendet sich dem Paar zu. Wie einem Königspaar? Nun, nach seinem Sieg ist er von der britischen Presse als «King of Crans» bezeichnet worden – man kann es verstehen. Wie müssen sich erst seine Gegner fühlen, wenn er das Green betritt? Zufälligerweise ist er auch ein ausgezeichneter Putter, so dass er diesen Tanzboden so perfekt beherrscht wie kaum sonst einer. Edoardo Molinari weiss davon zu berichten: die Runden 3 und 4 spielte er mit dem Spanier zusammen, welcher ihm einige ziert mit seinen Augen nach links und nach rechts. Er scheint sich auch nicht im geringsten an seinem Bäuchlein zu stören, dass Freude am Genuss signalisiert. Er legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass er während Golfrunden keine Zigarren raucht. Erst nachher, und zwar am liebsten als Sieger!

Urs Bretscher

Miguel Angel Jimenez hat als einziger in der laufenden Saison drei Turniere der European Tour gewonnen: die Omega Dubai Desert Classic, das Alstom Open de France und nun das Omega European Masters.

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