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Grosser Sieger –aber wo waren die Schweizer?
In so guter Verfassung hat man den Golfplatz von Wylihof schon lange nicht mehr gesehen! Die Spieler der Challenge Tour bedankten sich dafür mit ausgezeichneten Leistungen und einem sehr spannenden Finish, der mit dem Sieg des reputiertesten Spielers im Feld, des Engländers Peter Baker endete. Nicolas Sulzer belegte als bester Schweizer mit einem Score von -6 Rang 32.
Grosses Golf war zu sehen in der Schweiz, an diesem ersten Juli-Weekend, als die Challenge Tour in Wylihof zu Gast war. Die Credit Suisse Challenge brachte ausgezeichnete Scores; nahezu das gesamte Feld lag am Schluss unter Par, nachdem der Cut am Freitag Abend bei -1 gelegen hatte. Der Golfplatz von Wylihof eignet sich ausgezeichnet für tiefe Scores: er hat fünf Par-5Holes (Par 73), ist flach und übersichtlich. Dazu hat man auf den Fairways in den allermeisten Fällen einen horizontalen Stand, so dass die Distanzkontrolle der Shots gelingen sollte. Diese vierte Ausgabe des Turniers profitierte dazu von einem fast unglaublichen Wetterglück. Ein kurzer Gewitterunterbruch am Donnerstag Nachmittag war alles, was notwendig war; dieser Rückstand auf die Marschtabelle war bereits am Freitag wieder aufgeholt. Trotz der Wetterprognosen, die regelmässig von diesen oder jenen unerfreulichen Perspektiven sprachen, konnte nahezu das ganze Turnier bei heissem Wetter, wenig Wind und kaum Regen gespielt werden. Die Gewitter kamen abends und anlässlich der Siegerehrung! So entwickelte sich ein spannendes Turnier mit einigen Leaderwechseln, in welchem dieser Engländer namens Peter Baker, der mit seinem Äusseren so gar nicht auffällt, sich offensichtlich wohlfühlt wie ein Fisch im Wasser. Bereits 2007 hatte er sich zum Sieg durchgekämpft, und jetzt war es nicht anders. Er macht kaum Fehler, spielte sein vier Runden mit genau einem einzi- gen Bogey, und wenn man auf www.europeantour.com (Leaderboard) seine Scorekarten aufruft, dann sieht man auch, dass er seine Birdies immer etwa auf den gleichen Holes schoss. Auf Hole Nummer 14 (Par 5) zum Beispiel notierte er vier Birdies!
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Baker war sicher ein verdienter Sieger, auch wenn der Name Edoardo Molinari dem Turnier ebenso gut angestanden wäre. Der Italiener wurde, mit nur einem Schlag mehr, gemeinsamer Zweiter mit Florian Praegant – einem von drei ausgezeichnet spielenden Österreichern.
Und unsere Jungs?
Die Credit Suisse Challenge entwickelt ihre wahre Bedeutung aber nicht nur während der vier Tage von Wylihof, sondern während der ganzen Saison (siehe Kasten « Die Schweizer an der Credit Suisse Challenge»). Deshalb standen die aufgebotenen Schweizer besonders im Fokus; und wieder einmal musste am Schluss ein Enttäuschung bilanziert werden. Natürlich hat jeder Spieler seine Gründe und Erklärungen zur Hand; und Julien Clément hat mit seiner Verletzung des Handgelenks sicherlich auch Pech gehabt – auch wenn er seine beste Runde am Schlusstag und mit Painkillers lieferte. Aus den Reihen der Pros verdient aber nur Nicolas Sulzer effektiv eine gute Note. Der Genfer kam mitten aus einer gut verlaufenden Saison in der Alps Tour in dieses Turnier und spielte vier regelmässige Runden knapp unter Par, so dass sein 32. Schlussrang schliesslich sehr passabel war. Man erinnerte sich noch daran, wie nahe ihm letztes Jahr am Omega European Masters das knappe Scheitern am Cut gegangen war, und gönnte ihm deshalb diese Klassierung (bester Schweizer) umso mehr.
Peter Baker: eigentlich ein grosser Sieger
Peter Baker, der im nächsten Oktober den 42. Geburtstag feiert, hat eine bewegte Karriere hinter sich. Auf dem 9-Loch-Platz seines Vaters hat er Golf spielen gelernt, unterrichtet vom Vater von Sandy Lyle. Als Amateur vertrat er Grossbritannien und Irland 1985 am Walker Cup, um 1986 zu den Pros zu wechseln.
Mit Peter Baker hat sicher derjenige Spieler die Credit Suisse gewonnen, der den prominentesten Leistungsausweis und die interessanteste Karriere hat. Der Engländer spielte lange Zeit auf der European Tour, wo er drei Siege feierte und 1993, seinem besten Jahr, den 7. Rang in der Order of Merit belegte. Im selben Jahr gehörte er dem Ryder Cup Team an. Er bezwang Corey Pavin und holte für Europa drei von vier möglichen Punkten. Jedes der vier Major-Turniere ist Bestandteil seines Palmarès, und im Jahre 2006 kehrte er als einer der Vice Captains von Ian Woosnam zum Ryder Cup zurück.
Der Golfplatz von Wylihof scheint ihm zu behagen: «Hier kann ich mein Spiel gut entwickeln. Ich treffe viele Fairways, und dann kann ich meine Stärke – das Eisenspiel nämlich – voll einsetzen!». In der Tat muss man sich in Wylihof viele Birdiechancen erarbeiten, indem man die Approaches nahe an die Löcher setzt; und darin ist Baker ein Meister. Sein Ziel ist der Wiederaufstieg in die European Tour, aber dieses Mall will er sich oben halten. Denn nach seinem ersten gewinn der Credit Suisse Challenge schaffte 2007 schaffte er den Sprung in die höhere Liga, wo ihm aber eine Saison lang nicht viel gelang, weshalb er sich jetzt wieder in der gleichen Situation wiederfand. Und diese hiess Credit Suisse Challenge, 22400 Euro Preisgeld – damit war er nach Wylihof auf Rang 10. Des Challenge Tour Rankings – aber die Saison dauert noch bis in den Oktober...
Die Schweizer an der Credit Suisse Challenge

16 Pros und vier Amateure aus der Schweiz konnten Swiss PGA und ASG selektionieren, beziehungsweise diese hatten eine Spielberechtigung auf Grund ihres Rankings in der Challenge Tour. Aber: zwei geschaffte Cuts waren eine magere Ausbeute für so viel Personal, und schliesslich war bloss das Ergebnis von Nicolas Sulzer einigermassen okay. Die Credit Suisse Challenge ist aus den bekannten Gründen wichtig für das Schweizer Spitzengolf – 30 Startplätze vergibt die Swiss PGA an ausländische PGA's, denn im Laufe des Jahres bekommt sie dafür 30 Startplätze für Schweizer Spieler an Turnieren im Ausland. Die reinen Scores und die Klassierungen der Schweizer an der Credit Suisse Challenge sind also eigentlich nicht die Hauptsache des Turniers, welches auf dem dafür so gut geeigneten Golfplatz des GC Wylihof wieder einmal mit viel Engagement und – vor allem am Schluss – auch mit einigem Wetterglück durchgeführt worden ist. Doch man hätte sich wieder ein Highlight à la Julien Clément 2008 gewünscht (der Genfer erreichte vor einem Jahr den 5. Rang). Daraus wurde nichts, und das zeichnete sich sehr deutlich schon im Verlaufe des zweiten Tages ab. Denn die beiden gut klassierten Tino Weiss und Fredrik Svanberg (beide -3 in Runde 1) stürzten mit miserablen Scores unter die Cutlinie, und Martin Rominger konnte sein Spiel ebenfalls nicht zusammen halten. So qualifizierten sich nur Nicolas Sulzer und Julien Clément für die beiden Schlussrunden, und das war ganz einfach zu wenig.


Nicolas Sulzer und Julien Clément überstanden als einzige Schweizer den Cut. Vor dem Turnier hatten sich die Direktoren der sechs in der Schweiz stattfindenden Tour-Events zu einem Podiumsgespräch inWylihof getroffen: André Glauser (CS Challenge), François Lautens (Trophée du GC de Genève), Hanns Michael Hölz (Deutsche Bank Ladies Swiss Open), Yves Mittaz (Omega European Masters), Ralph Polligkeit (Bad Ragaz PGA Seniors Open) und Daniel Weber (Sempachersee Classic).
Dass die vier Amateure Nicolas D'Incau (Neuchâtel), Ken Benz (Bubikon), Steven Rojas (Niederbüren) und Victor Honauer (Heidental) am Cut scheiterten, hatte für Nationalcoach Graham Kaye keine besondere Aussagekraft: «Das Turnier war für sie eine gute Gelegenheit, den Tarif im internationalen Pro-Golf kennen zu lernen. Alle vier sind noch längst nicht reif für einen Übertritt und haben hier nur profitieren können». Steven Rojas' zweite Runde von 71 war das herausragende Score der vier Nationalmannschaftsmitglieder.

(Wer sich für weitere Details der Credit Suisse Challenge interessiert und nochmals in die Turnieratmosphäre eintauchen möchte – auf www.creditsuisse-challenge.ch finden sich die «Daily News» des Turniers.)
■ Urs Bretscher