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Wetter und Platzpflege werden wichtiger!
Raphael Weibel ist nicht nur Vorstandsmitglied der ASG, sondern er steht der Betriebsgesellschaft des Golfclub Oberburg vor und ist deshalb der ideale Gesprächspartner für Fragen, die sich um die gegenwärtige Konjunktursituation und um die aktuellen Verhältnisse auf den schweizerischen Golfplätzen drehen. Golf Suisse hat ihn auf seinem Golfplatz getroffen – im Gespräch sind interessante neue Denkansätze aufgetaucht.
Golf ist in der Schweiz eine Freizeitbeschäftigung von zur Zeit rund 75000 Personen; so hoch ist die Zahl aller Mitglieder von ASG-Clubs, der Mitglieder der ASGI und der Inhaber von Golf-Cards der Migros. Dazu dürften sich ein paar Tausend Leute gesellen, die nicht organisiert sind, trotzdem aber ab und zu den Club schwingen, plus einige Mitglieder von Clubs im Ausland. Das bedeutet: etwas mehr als ein Prozent der inländischen Bevölkerung spielt Golf.
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Das Spiel hat zwei Fazetten: es ist ein Wettkampfsport, und es ist ein Wirtschaftszweig. Für alles Spieltechnische und Wettkampfsportliche ist der nationale Verband, die ASG, zuständig, während alles Geschäftliche in die Verantwortung der Clubs fällt, welche selbständige Rechtspersönlichkeiten sind und insbesondere in Fragen, welche die Immobilie «Golfplatz» betreffen, vollständig autonom bleiben.
Eine letzte Vorbemerkung: in einer breit angelegten Studie über das sportliche Verhalten der schweizerischen Bevölkerung hat der SOV (Schweiz. Olympischer Verband) vor einigen Jahren herausgefunden, dass Golf weitaus am häufigsten genannt wurde, als man die Leute fragte, welche Sportart sie später in ihrem Leben gerne kennen lernen würden.
Raphael Weibel, schliddert Golf in eine Krise? Das glaube ich nicht! Die gegenwärtige Wirtschaftslage eröffnet auch neue Chancen. Im Zentrum meiner Überlegungen um die künftige Entwicklung des Golfsports steht ohnehin eine krisenunabhängige Frage: Wie bringen wir in der Schweiz mehr Leute zum Golfspielen? Könnten wir die Zahl der aktiven Spieler in den nächsten fünf Jahren verdoppeln – statt einem spielten dann zwei Prozent der Bevölkerung Golf – gäbe uns dies einen mächtigen Schub. Die meisten Golfplätze verfügen besonders während der Woche über freie Kapazitäten.
Das heisst also, es gibt Probleme?
Die Ertragslage der Clubs ist unterschiedlich. Je höher die Abhängigkeit von Greenfee-Einnahmen – ganz besonders im Zusammenhang mit Turniersponsoring – desto spürbarer sind entsprechende Ausfälle. Wer sich hingegen solide aus Mitgliederbeiträgen finanziert, der dürfte weniger betroffen sein. Deshalb wäre es für die Clubs ja so wichtig, immer neue Interessenten für das Golfspiel zu begeistern!
Aber da kann die ASG ja wohl kaum viel bewirken? Neumitglieder zu finden, ist in erster Linie Sache der Clubs. Ich könnte mir allerdings durchaus vorstellen, dass unser Verband einen auf nationaler Ebene durchgeführten «Schweizer Golftag», eine Art Tag der offenen Tür auf interessierten Plätzen im ganzen Land, patronieren könnte. Überraschend viele Leistungssportler spielen Golf – vom Eishockey-, Fussball-, Ski- und Tenniscrack bis hin zum Kranzschwinger. Nur müsste man's bekannt machen! Golf ist Sport, der begeistert. Ob Sportskanone oder Bewegungsmuffel – alle suchen letztlich Natur, Bewegung, Erholung, Genuss, Lebensqualität und eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung!
Unsere Gesellschaft entwickelt sich in Richtung einer Überalterung. Passiert im Golf das gleiche?
Natürlich. Bereits heute sind die Menschen, die sich schrittweise oder ganz aus dem Erwerbsleben zurückgezogen haben, ein wichtiger Teil der Mitglieder in den Clubs; das wird sicherlich so bleiben. Gerade das zwingt uns aber auch zum Handeln. Der gesellschaftliche Wandel und das veränderte Freizeitverhalten vieler Menschen bieten für die Golfclubs neues Potenzial. Wer als Jugendlicher den Golfsport entdeckt hat, der findet spätestens in seiner zweiten Lebenshälfte zurück zu seiner Leidenschaft. Die positiven Werte des Golfspiels müssen daher immer wieder herausgestrichen werden, damit mehr und mehr Leute irgendwann während ihres Lebens die Chance packen, das Golfspiel kennen zu lernen. In diesem Sinne kann ich in der gegenwärtigen Wirtschaftssituation durchaus auch eine grosse Chance erkennen. Man sollte meinen, Golf sei so populär, dass es sich selber verkaufe. Ist das eine falsche Annahme?
Ich denke schon. Sicher ist der Zugang zu unserem Sport heute wesentlich einfacher als früher; den Beigeschmack des Elitären hat Golf genauso verloren wie die unüberwindlich hohen finanziellen Hürden. Golf ist kein Altherrenspiel. Der Altersdurchschnitt der Clubgolfer ist tiefer geworden. Das sind alles sehr positive Veränderungen; doch das heisst noch lange nicht, dass sich die wirtschaftlichen Probleme des Golfspiels von alleine lösen. Das tun sie effektiv nicht einmal in den USA, dem grössten Golf-Business der Welt. Der Golfsport braucht Promotion, braucht ein Marketing – und niemand ist besser berufen, sich darum zu kümmern, als die ASG.
Wäre es da nicht einfacher, die Aufnahmegebühren abzuschaffen?
Die Clubs sind völlig frei, sich zu positionieren. Sie definieren ihre Ausrichtung und ihr Zielpublikum. Manche sind offen für alle, andere wiederum schätzen eine gewisse Exklusivität. Dazu gehört auch die Frage der Eintrittskonditionen. Da soll sich die ASG in keiner Weise einmischen. Der Trend der letzten Jahre zeigt klar auf, dass die Aufnahmegebühren mancherorts unter Druck stehen. Viele Neugolfer bevorzugen eine gewisse Flexibilität – und damit höhere Jahresbeiträge.
Wenn es eng wird in Sachen Einnahmen: leidet da nicht rasch einmal der Unterhalt des Platzes, weil man Stellen streichen oder die Pflegemassnahmen reduzieren muss?
Das Wetter ist der weitaus bestimmendere Faktor als die Konjunktur, wenn es um die Tages-Einnahmen geht. Und dieses lässt sich bekanntlich nicht beeinflussen. Ein Golfclub, gleich wie irgendein anderes Unternehmen, muss gute und schlechte Jahre bis zu einem gewissen Grad aus eigenen Mitteln ausbalancieren können. Ich bin überzeugt, dass der Zustand des Golfplatzes das beste Argument ist, um Gäste zum Wiederkommen zu bewegen. Mit der Qualität des Platzes betreibt ein Golfclub die beste Werbung für sich selber. Da zu sparen, ist komplett kontraproduktiv und gefährlich!
Werden denn diese Überzeugungen auch auf Ihrem eigenen Golfplatz, dem GC Oberburg, so praktiziert?

Ganz klar! Denn für uns ist Golfen Leidenschaft und Profession zugleich. Seit Anbeginn werden im Golfpark
Oberburg die Greens von Hand gemäht, damit sie balltreu und regelmässig sind. Die Fairways weisen ein Schachbrettmuster auf, und ihre Konturen werden heuer besonders modelliert. Trotz des strengen Winters präsentiert sich der Platz bereits jetzt in einem tiptoppen Zustand. Schliesslich versuchen wir, den Schwierigkeitsgrad an das durchschnittliche Können der Spieler anzupassen, damit die Gäste auch die Chance zu einem Erfolgserlebnis haben. Zufriedene Besucher zu haben, die gerne wieder kommen, ist unser oberstes Ziel! Raphael Weibel, wir danken Ihnen bestens für die interessanten Ausführungen!

Frühmorgens im Februar-Trainingslager unterwegs mit den Angehörigen der Ladies-Nationalmannschaft: FitnessExperte Rolf Altorfer (auf der rechten Seite zusammen mit Nationalcoach Régine Lautens).
Gespräch mit Rolf Altorfer vom Bundesamt für Sport