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Macht die ASG alles richtig?

Die Resultate der besten Schweizer Amateure, über die letzten Jahre betrachtet, geben zu denken. Neben zwei wirklich herausragenden Exploits (WM 2004, EM 2005) und einigen «normalen» Platzierungen an internationalen Titelkämpfen gibt es auch Abstürze ins nahezu Bodenlose – wie 2007 und 2008. Müssen die Bemühungen der ASG im Bereich der Nachwuchsförderung also in Frage gestellt werden? Und ist es richtig, dass die ASG einige Mitglieder der Nationalmannschaft am Omega European Masters starten lässt?

Markus Gottstein, Präsident der Kommission für Elitesport, ist die richtige Auskunftsperson für solche Fragen.

«Die ASG kann nur dafür sorgen, dass die Voraussetzungen und die Strukturen stimmen; bislang fehlt uns aber im Schweizer Spitzengolf die Breite.»

Markus Gottstein kennt den internationalen Leistungssport aus eigener Erfahrung: er war jahrelang selber Teamstütze der Nationalmannschaft und spielt noch heute Handicap 0,5, obschon er aus beruflichen und familiären Gründen über ein paar wenige Runden pro Saison kaum hinauskommt. Beim «friendly 9-Hole-Game» im Anschluss an das Interview haute er seine Drives jedenfalls so weit wie die Besten in der PGA Tour. 300 Yards.

«Drives, was bedeutet das schon? Es passiert mir immer wieder, dass ich den heutigen Mitgliedern des Nationalteams zuschauen muss, wie sie Hunderte von Bällen über den Zaun hinten an der Driving Range dreschen. Aber die Zeit für das Training auf dem Putting Green, die kommt bei einigen dann nicht selten zu kurz». Die alte Wahrheit, dass man Turniere nur mit gutem Putten gewinnt, gilt auch heute noch.

Sind unsere besten Amateure also technisch, strategisch, athletisch zu wenig auf der Höhe? Ist das Coaching ungenügend? Werden sie zu wenig gut geführt? Macht man es ihnen zu leicht?

«Die Schweiz ist klein, wir haben eine zu schmale Spitze. Das ist einfach eine simple Tatsache – wir haben immer von ein paar wenigen Ausnahmekönnern gelebt. Während vielleicht ein Dutzend Nachwuchsspieler in der Schweiz ein Handicap unter Null hat, sind es in England oder in Schweden Hunderte – diese beiden Länder werden oft zu Vergleichen herangezogen. Unsere besten Spieler haben kaum Konkurrenz im eigenen Land, sie haben den Platz im Team quasi auf sicher. Sie müssen zu wenig kämpfen. Das finde ich natürlich auch nicht gut; doch das kann ich nicht ändern».

Wie aber könnte man diese Basis weiter verbreitern? Auch da ist Markus Gottstein ziemlich kategorisch: «Entscheidend ist die Arbeit, die in den Clubs geleistet wird. Die ASG versucht im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles, um die Clubs und ihre Junioren-Betreuer zu unterstützen.

Mein persönlicher Eindruck ist allerdings, dass vielerorts genau dieses persönliche Engagement von Männern und Frauen in den Nachwuchsressorts der Clubs zu wenig gewürdigt wird. Die Nachwuchsbetreuung in den Clubs ist arbeitsintensiv, bringt viele Reisen zu auswärtigen Turnie- ren mit sich, und deshalb ist eine entsprechende Anerkennung wichtig. Es ist deshalb wirklich bedauerlich, dass das Juniorenwesen mancherorts etwas stiefmütterlich behandelt wird».

Tatsächlich? Die heutigen Junioren sind doch die Mitglieder von morgen und sind deshalb für jeden Golfclub wichtig? «Leider wird das nicht überall so gesehen. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass die besten Junioren und Juniorinnen seit Jahren immer etwa aus den gleichen Clubs kommen. Immerhin zeigen die Ranglisten der Credit Suisse Junior Tour, dass sich diese Basis langsam verbreitert».

In den Clubturnieren wird auch von den Jungen fast ausschliesslich Stableford gespielt. Für internationale Einsätze im Rahmen von Meisterschaften ist das aber eine schlechte Vorbereitung: dort muss man sich zuerst im Strokeplay qualifizieren, und die Entscheidungen fallen dann im Matchplay. Diese beiden Spielformen sollten auch auf Clublevel wieder vermehrt gepflegt werden – das wäre eine billige Massnahme der Nachwuchsförderung; denn nur so lernen die jungen Spieler und Spielerinnen, um jeden Schlag zu kämpfen, sich einen Game Plan auszudenken und das eigene Spiel an die Anforderungen des betreffenden Golfplatzes anzupassen. In technischer Hinsicht hat sich das Niveau der besten Schweizer Amateure in jüngster Zeit deutlich gesteigert. Wir haben heute zahlreiche Spieler mit soliden Grundlagen; das ist sehr wichtig, weil eine unsaubere Schwungtechnik auf die Dauer zum sichern Absturz führt – gerade auch, wenn es ums Gewinnen geht. «Zum Glück sind Fortschritte auf allen Levels festzustellen. Die Juniorenbetreuer verstehen mehr vom Spiel, die Pros in den Clubs sind besser in die Trainings eingebunden, die Weiterbildung der Swiss PGA trägt ebenfalls ihre ersten Früchte. Unsere Nachwuchsspieler haben heute in aller Regel einen guten Griff, eine anständige Ansprechposition und eine solide Technik. Das gilt übrigens für Boys und Girls». Reicht das nun, um in Crans-Montana zu bestehen? «Wir wollen das nicht überschätzen. Die Saisonhöhepunkte für unsere Nationalmannschaften bleiben Europa- und Weltmeisterschaften. Ein Start am Omega European Masters ist wie der Zuckerguss auf dem Kuchen – nice to have. Die Jungs können Profiluft schnuppern, sie können hautnah miterleben, was es heisst, Golf für den eigenen Lebensunterhalt zu spielen, und sie können in einem ungewohnten Umfeld sicher viel lernen. Wir selektionieren übrigens strikte die Besten in der Order of Merit am Stichtag». So wie es aussieht, werden das in diesem Jahr drei oder vier Amateure sein.

Irgendwelche besonderen Chancen, sich auszuzeichnen, räumt Markus Gottstein seinen Nationalmannschaftsspielern nicht ein. «Der Schritt vom Amateur zum Pro ist enorm. Das unterschätzen die meisten; in der Nationalmannschaft ist alles organisiert, sie müssen sich kaum um etwas kümmern. Nach dem Übertritt steht jeder Spieler, jede Spielerin allein da, ist für alles alleine verantwortlich und muss sich zuerst einmal organisieren. Wer im Ama- teurlager nicht wirklich überragendes Golf gespielt hat, mit internationalen Spitzenresultaten, der hat bei den Pros eigentlich nichts verloren. Viel zu viele Schweizer Amateure haben in den letzten Jahren zu den Pros gewechselt. Ich muss keine Namen nennen – auf die Resultate der meisten warten wir noch immer. Häufig passiert der Übertritt auch zu früh, und das kann die Karriere gleich von allem Anfang an ruinieren».

• Mitglied des Vorstandes der ASG, Präsident der Kommission für Elitesport.

• Begann mit dem Golfspiel im Alter von 12 Jahren.

• Mitglied der Nationalmannschaft von 1979 bis 1995.

• Bestes Handicap +0,9, heute 0,5 (im Alter von 46 Jahren).

• Rechtsanwalt.

• Familienvater, zwei Kinder.

• Mitglied in Schönenberg, Davos, im OSGC Niederbüren und im Royal & Ancient Golf Club of St Andrews.

Sind das nicht sehr provokative Äusserungen aus dem Munde eines Vorstandsmitgliedes? «Kritisch sein heisst nicht, dass man destruktiv ist. Eine Situation einschätzen, sich dann auf die passende Strategie festlegen, das ist die Essenz des Golfspiels. Ich wüsste nicht, wieso das nicht auch für die Arbeit des Verbandes gelten sollte!»

■ Interview: Urs Bretscher

3. CS Challenge im GC Wylihof

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