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Impressum
Herausgeber Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland An der Feuerwache 19 95445 Bayreuth
info@stiftung-verbundenheit.de www.stiftung-verbundenheit.de Tel.: 0921/1510824-0
Stand Juli 2023
Redaktion und Gestaltung
Verantwortlicher: Sebastian Machnitzke, Dr. Marco Just Quiles
Team: Monika Ambach, Catharina Deege, Dominik Duda, Florian Schmelzer Fotografie blachura I photography
Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
Stiftungsrat:
Parl. Staatssekretär a. D. Hartmut Koschyk (Vorsitzender), Florian Weisker (Stellv. Vorsitzender), Ruth Maria Candussi, Thomas Kropp, Jörn Linster
Stiftungsvorstand:
Oberbürgermeister a. D. Prof. Dr. Oliver Junk (Vorsitzender), Daniel Walther (Stellv. Vorsitzender),
Knut Abraham MdB, Prof. Dr. Christopher Huth, Thomas Konhäuser
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3 Inhalt Feierliche Einweihung der Bayreuther Büroräume und Fotoausstellung 4 Kolloquium: „Deutsche Sprache als Instrument der Auswärtigen Kulturund Bildungspolitik“ 6 Deutschland-Premiere des Dokumentarfilms: „Der längste Tag. Deutsche der Ukraine während des Krieges“ 10 Die Bedeutung der Bürgerdiplomatie: Dr. Silke Launert (MdB) zu Gast beim Jugendforum Europa-Lateinamerika 2023 in Bayreuth 12 Podiumsdiskussion: „Jüdisches und deutsches Kulturerbe in MOE/GUS und Lateinamerika“ 14 Tage der Verbundenheit: Kulturgala mit Preisverleihung 18 Ausbildung statt Studium: Podiumsdiskussion über Fachkräftemangel in Deutschland im Rahmen der Tage der Verbundenheit 22 Lateinamerikanische Delegation zu Besuch im Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) 24 Ausstellungseröffnung und Präsentation des Buches zur Geschichte der Schönbornfranken 26 Lesung aus dem Buch „Schuld und Leid“ 28
Feierliche Einweihung der Bayreuther Büroräume und Fotoausstellung
Zum Auftakt der „Tage der Verbundenheit“ fand die Einweihung der Bayreuther Büroräume der Stiftung Verbundenheit an der Feuerwache 19 sowie die Eröffnung der Fotoausstellung der Preisträgerin des Fotowettbewerbs „Brückenbauer 2022“ statt.
Die 14 Bilder umfassende Ausstellung wurde in Anwesenheit der Künstlerin Oliwia Drozdowicz erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Bei seiner Begrüßung nutze der Stiftungsratsvorsitzende Hartmut Koschyk die Gelegenheit, um auf die Bedeutung der Religion, für die Identität insbesondere der Minderheiten hinzuweisen und die versammelten Mitarbeiter und Gäste auf die nun beginnenden “Tage der Verbundenheit” einzustimmen. Er stellte den Gästen Arthur Shessler vor, der bei der Stiftung Verbundenheit gerade ein Mentoringprogramm durchläuft und hob die Mitarbeit von Jannis Bär hervor, der als Praktikant maßgeblich an den Vorbereitungen der “Tage der Verbundenheit” beteiligt war.
Die folgende feierliche Einweihung begann
mit einer ökumenischen Kurzandacht, in der Pfarrer i.R. Franz Tremmel (kath. Schlosskirche Bayreuth) und Pfarrer Dr. Carsten Brall (evang. Stadtkirche Bayreuth) die Räumlichkeiten und die Arbeit der Stiftung unter den Segen Gottes stellten. Zudem wurde ein Kreuz angebracht, das aus El Salvador stammt und über eine Partnerschaft und den Verein Vamos in die Gemeinde der Stadtkirche gekommen ist und nun von Pfarrer Dr. Carsten Brall großzügigerweise der Stiftung Verbundenheit überlassen wurde.
Anschließend wurde der zweite Teil der Veranstaltung, die Eröffnung der Fotoausstellung „Preisträgerbilder Brückenbauer 2022“ durch eine kurze Vorstellung der Künstlerin durch Hartmut Koschyk eingeleitet:
Die aus Schweidnitz/Świdnica in Niederschlesien stammende junge Fotografin Oliwia Drozdowicz gewann im November letzten Jahres den von der Stiftung Verbundenheit gestifteten Sonderpreis „Deutsche Minderheit“ im Rahmen des gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen ausgeschriebenen Fotowettbewerbs „Brü-
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ckenbauer“. Ziel des Wettbewerbs war es, der jungen Generation als Nachkommen beziehungsweise Personen mit familiärem oder persönlichem Bezug zu Spätaussiedlern, Heimatvertriebenen und den deutschen Minderheiten eine Bühne zu geben.
Die der Deutschen Minderheit in Polen angehörige Fotografin, bildende Künstlerin und Kulturmanagerin studiert derzeit am Willy-Brandt-Zentrum für Deutschlandund Europastudien der Universität Breslau. Zuvor absolvierte sie an der Akademie der Künste in Breslau einen Bachelor-Studiengang mit dem Schwerpunkt Media Art. Sie ist Mitglied der Stiftung TIFF Collective, wo sie verschiedene Projekte auf der Ebene der bildenden Künste und der Fotografie organisiert. Ihre fotografische Arbeit kennzeichnet auf stilistischer Ebene der experimentierfreudige Einsatz einer breiten Palette fotografischer Techniken, inhaltlich eine starke Konzentration auf den Menschen, seine Gefühle, seine Identität, Geschichte und Kultur.
In der eröffneten Ausstellung „Der Garten“
die Bilder vergänglich, so die Fotografin, “wie meine Familienmitglieder wird es auch diese Porträts von ihnen eines Tages nicht mehr geben”. Mit “Der Garten” sei der Garten ihrer Großmutter gemeint, in dem die Bilder der Ausstellung gemacht wurden. Diesen nutzt sie als Metapher für die eigene Identität. Beschlossen wurde der Nachmittag mit ei-
werden 14 neue Bilder gezeigt, in denen Oliwia Drozdowicz autobiographische Einflüsse verarbeitet und den Erinnerungen aus ihrem Heimatort, dem Zuhause der Familie in Schweidnitz, Raum bietet. Einige der Bilder wurden mit der Technik der Anthotypie aufgenommen, bei der Pflanzen aus dem erwähnten Garten als lichtempfindliches Material verwendet wurden. Insbesondere die hierdurch entstandenen Bilder - Porträts ihrer verstorbenen Großeltern - fanden großen Anklang: durch die verwendete Technik sein
nem kleinen Empfang, bei dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den kirchlichen Würdenträgern und den Gästen über die Ausstellung, die Tätigkeiten der Stiftung Verbundenheit und die Situation in den Ländern, in denen deutsche Minderheiten leben, in den Austausch kamen.
Die Stiftung Verbundenheit dankt allen Beteiligten für ihren Einsatz und die Vorbereitung des Events, freut sich über die Teilnahme und lädt ein, nach vorheriger Anmeldung zu den Öffnungszeiten des Büros die Fotoausstellung von Oliwia Drozdowicz zu besuchen.
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Kolloquium: „Deutsche Sprache als Instrument der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“
Die Rolle der deutschen Sprache wird als entscheidendes Element der Verbundenheit mit Deutschland und den Deutschen im Ausland angesehen. In der Praxis nehmen viele Organisationen der deutschsprachigen Gemeinschaften und deutschen Minderheiten eine wichtige Rolle in der Sprachvermittlung ein. Gleichzeitig haben sie allerdings auch mit Herausforderungen zu kämpfen wie beispielsweise einen weltweiten Deutschlehrermangel und schwindende Schülerzahlen. Im Rahmen des von der Stiftung Verbundenheit mit dem Ausland in der Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth veranstalteten Colloquiums Diskutierten Experten und Praktiker - Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer (Lehrstuhl für interkulturelle Germanistik, Universität Bayreuth), Renate von Ludanyi PhD. (German Language Schools, USA), Dr. Olga Martens (Internationaler Verband der deutschen Kultur in Russland) und Hermann Lehrke (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schulen Argentinien) - über Tendenzen und mögliche Problemlösungen.
Stiftungsratsvorsitzender Hartmut Koschyk betonte in seiner Begrüßung, was für eine
wichtige Rolle für einen Kulturstaat die Verbreitung seiner Sprache darstelle. Sie spiele eine grundlegende Rolle in der Kultur- und Bildungspolitik. Durch die deutschen Gemeinschaften in der Welt drücke die deutsche Sprache auch ein Stück Identität und Herkunft aus. Der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung, Dr. Marco Just Quiles, der die Diskussion moderierte, hob hervor, dass man im Rahmen des Programms vom „Jugendforum Europa-Lateinamerika 2023“ Wissenschaft und Praxis habe zusammenführen wollen. Er freute sich, dass im Hörsaal neben den aus Paraguay, Argentinien, Bolivien, Peru sowie Mexiko angereisten TeilnehmerInnen des Treffens auch Studenten vom Lehrstuhl für interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth erschienen sind.
Lehrstuhlleiterin Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer erläuterte die Schwerpunkte der Forschungsarbeit wie Spracharbeit, Kommunikation, Literatur und Interkulturalität. Spannende Felder sind z. B. die Emotionsforschung, die Untersuchung der Loyalitätsfunktion der Sprachen, der demokratische Aspekt, die Frage von Beteiligung bzw. was
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die deutsche Sprache weltweit leisten kann. Die deutsche Sprache steht ohne Frage im Zentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Mehrsprachigkeit spielt eine beachtenswerte Rolle, wenn man als Mittler fungieren möchte.
Dr. Olga Martens hatte ihren Abschluss zur Deutschlehrerin in Nord-Kasachstan gemacht und hatte sich als Ziel gesetzt, den Horizont der deutschen Minderheit durch die Popularisierung der deutschsprachigen Literatur und durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit zu erweitern. Die Sprache sei ihres Erachtens wichtig, wenn man als Mitglied der deutschen Minderheit leben möchte. Da der Gebrauch der deutschen Sprache in der ehemaligen Sowjetunion verboten war, hat der Sprachunterricht heute eine außerordentlich wichtige Stellung, wobei die Mittlerorganisationen wie das Goethe Institut oder das DAAD eine zentrale Rolle spielen. Auch die Erforschung der deutschen Dialekte und Traditionen bzw. die Erarbeitung von Konzepten zum Erlernen der deutschen Sprache ist wieder möglich. Als ein überaus erfolgreiches Beispiel der Sprachförderung aus dem Medienbereich nannte sie die Moskauer Deutsche Zeitung, die bis 1914 erschien, dann 1998 wiederbelebt wurde und seitdem als wichtige deutschsprachige Informationsquelle
dient. Die Sprache ist ein wichtiges Mittel für den Dialog mit der Welt, aber im Falle der Minderheit habe sie auch eine identitätsstiftende Wirkung, so Dr. Martens.
In Übersee spielt die deutsche Sprache keine geringere Rolle und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Renate von Ludanyi PhD., Präsidentin der German Language Schools berichtete darüber, dass es in den USA mehr als 40 Millionen Menschen deutscher Herkunft lebten. Die deutschen Sprachschulen, die ehemals Samstagsschulen oder Sonnabendschulen genannt wurden, seien gut besucht. Sie verfügen über sprachverbreitende und spracherhaltende Elemente. Seit der Gründung der Organisation im Jahre 1978 wuchs die Zahl der Schulen auf knapp 60. Sie gab ihre Anerkennung kund, wie bewundernswert es sei, dass die Eltern ihre Samstagvormittage von September bis Mai für ihre Kinder opfern, oft stundenlange Autofahrten auf sich nehmen würden, damit ihre Kinder die deutsche Sprache erlernen. Die Möglichkeit, die Prüfung für das Deutsche Sprachdiplom abzulegen ist mit Sicherheit ein entscheidendes Motivationsfaktor.
Germán Lehrke, Präsident des Dachverbands der Deutsch-Argentinischen Vereinigungen FAAG und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schulen Argentinien, berichtete, dass es in Argentinien an die zehn deutschen Schulen gebe, die seit über 100 Jahren existierten. Die Schule in Rosario öffnete 1892, die in Buenos Aires 1886 ihre Tore. Die Bildungseinrichtungen wurden gegründet, damit die Kinder der aus Deutschland eingewanderten Arbeitern eine gute Bildung erhalten und die deutsche Sprache beibehalten. Seit
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1955 gibt es keine deutsche Einwanderung mehr in das Land, die deutschen Einwanderer integrierten sich nach und nach. Obwohl die Zahl der Deutschsprechenden immens zurückging, fühlen sich die deutschstämmigen Menschen mit der deutschen Kultur bzw. Deutschland stark verbunden. Man ist aber bestrebt die deutsche Sprache mehr in den Vordergrund zu rücken. Ein früherer Werbeslogan lautete z. B. folgenderweise: „Spreche Spanisch, lerne Englisch, denke Deutsch! Als einen weiteren wichtigen Aufgabenbereich benannte Lehrke das Einbinden der Nachfolgegenerationen in die
Arbeit der Landsmannschaften, denn es ist nicht zu übersehen, dass man dringend junge Leute brauche, die die Tätigkeiten weiterführen.
Junge Menschen für Deutschland, die deutsche Kultur und Sprache zu begeistern sei das Hauptziel der Bürgerdiplomatie-Initiative #JungesNetzwerk, unterstrich der stellvertretende Geschäftsführer Dr. Marco Just Quiles, der mit seinem Team bereits zahlreiche Kooperationen zwischen der Stiftung Verbundenheit und südamerikanischen Organisationen initiieren konnte.
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Deutschland-Premiere des Dokumentarfilms:
Beim „Jugendforum Europa-Lateinamerika“ der Bürgerdiplomatie-Initiative #JungesNetzwerk hatte die Stiftung Verbundenheit die Möglichkeit, die Deutschland-Premiere des neuen Dokumentarfilms „Der längste Tag. Deutsche der Ukraine während des Krieges“ zu veranstalten. Im großen Konferenzsaal des ArvenaKongresshotels in Bayreuth fand sich ein breites Publikum bestehend aus den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den deutschsprachigen Gemeinschaften und deutschen Minderheiten, den Vertretern und Gästen der Partnerorganisationen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen sowie Interessierte aus Bayreuth ein.
Der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit, Dr. Marco Just Quiles begrüßte das Publikum und sprach mit Julia Tayps, der Vorsitzenden der Jugendorganisation der Deutschen Minderheit in der Westukraine (Deutsche Jugend in Transkarpatien), die von der derzeitigen Lage in Zeiten des andauernden russischen Angriffskrieges vor Ort in Mukatschewo be-
richtete sowie über die humanitäre Hilfe für die Binnenflüchtlinge in der Region.
Die Anwesenden konnten im Anschluss einen persönlichen Eindruck über die Erlebnisse und die aktuelle Situation in der Ukraine erhalten. Der Film erzählt, wie die Gemeinschaft der ukrainischen Deutschen während des Angriffskrieges gegen Russland all ihre Anstrengungen zur Rettung der Ukraine bündelt und sich unermüdlich mit humanitärer Hilfe und gesellschaftlichem Einsatz für das Wohl der Ukraine einsetzt.
„Dieser Film ist eine Erinnerung an den Tag, an dem sich unser Leben veränderte. Er zeigt die innere Stärke und den unzerbrechlichen Geist unserer Gemeinschaft im Kampf um unsere Unabhängigkeit und offenbart das Thema der Solidarität der ukrainischen Deutschen in den schwierigsten Zeiten. Er erzählt nicht nur die Geschichte des 24. Februar 2022, sondern zeigt auch die Leute, die durch ihr Handeln den Lauf der Ereignisse veränderten. Dies ist ein äußerst wichtiger Film, der uns inspiriert und uns daran erinnert, dass wir gemeinsam jede Herausforderung bestehen können“,
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„Der längste Tag. Deutsche der Ukraine während des Krieges“
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sagt Volodymyr Leysle, der Vorsitzende des Rates der Deutschen der Ukraine.
Das Publikum zeigte sich nach dem Film sehr bewegt über die Eindrücke, die die Menschen vor Ort, die wie sie zu deutschsprachigen Volksgruppen bloß in anderen Ländern gehören, schilderten. Die gezeigten Bilder böten eine realistische und eindrucksvolle Sicht auf die Dinge, war der Tenor in den Gesprächen nach dem Film.
Der Film konnte auf Initiative des Dachverbandes der Deutschen Minderheit in der Ukraine, des Rates der Deutschen der Ukraine, und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat entstehen.
Sehen Sie den Film unter folgendem Link auf dem Kanal des Rates der Deutschen der Ukraine:
https://www.youtube.com/watch?v=R1OgzMjEXls
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Die Bedeutung der Bürgerdiplomatie: Dr.
Silke
Launert (MdB) zu Gast beim Jugendforum
Europa-Lateinamerika 2023 in Bayreuth
Während der Tage der Verbundenheit fand ein Austausch mit Dr. Silke Launert (MdB) zum Thema „Global, National, Lokal: Bürgerdiplomatie und die Rolle deutschsprachiger Gemeinschaften“ statt. Moderiert hat die Veranstaltung der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit, Dr. Marco Just Quiles. Am Anfang der Veranstaltung richtete der Ratsvorsitzende Hartmut Koschyk einige begrüßende Worte an das Publikum.
Launert war Mitglied im Unterausschuss „Bürgerliches Engagement”. Genau darum geht es auch bei der Initiative der Stiftung Verbundenheit #JungesNetzwerk. Durch das Engagement junger Menschen durch die Ausführung von Projekten wird das Konzept der Bürgerdiplomatie verwirklicht. Am Anfang haben auch Teilnehmende des Jugendforums, zu denen auch der Sprecher der AGDM in der FUEN, Bernard Gaida, der wissenschaftliche Leiter und Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Thomas Konhäuser, die Herausgeberin der Moskauer Deutschen Zeitung und stellvertretende Vorsitzende des Inter-
nationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK), Olga Martens, und der Präsident des Dachverbands der Deutsch-Argentinischen Vereinigungen (FAAG), Germán Lehnke gehörten, die Chance ergriffen, der Politikerin von ihren an dem Tag erarbeiteten Projektideen zu berichten.
Die Bundestagsabgeordnete der CSU war über das Interesse an Deutschland seitens der Teilnehmenden sehr erfreut. Sie empfindet Neugierde an anderen Personen und ihren Wurzeln als wichtig für den internationalen Austausch. Dieses Netzwerken sei gerade das Bereichernde an einem solchen Kongress. Dabei sei stetige Toleranz für andere Kulturen essentiell.
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Podiumsdiskussion: „Jüdisches und deutsches Kulturerbe in MOE/GUS und Lateinamerika“
In Bayreuth am Sternplatz wurde am Jahresanfang eine Erinnerungsstätte für die Bayreuther Opfer des Holocaust errichtet. Das akustische Mahnmal konfrontiert Passanten mit dem kollektiven Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung während des 2. Weltkrieges, indem eine menschliche Stimme die Namen sowie Lebensdaten der Opfer spricht. Durch die besondere Art der Aufarbeitung der lokalen Geschichte wird sogleich das geteilte Leid von Millionen von Menschen begreiflicher gemacht.
Das von der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland diesmal in Bayreuth veranstaltete „Jugendforum Europa-Lateinamerika 2023“ setzte auch einen Schwerpunkt auf das Thema „Jüdisches und deutsches Kulturerbe in MOE/GUS und Lateinamerika“. Die Teilnehmer hatten im Rahmen einer Podiumsdiskussion die Gelegenheit, sich mit den geladenen Gästen Robert Eichler (Deutsch-Israelische Gesellschaft Bayreuth-Oberfranken), Valeria Pascuttini (Vizepräsidentin, Deutscher Klub Rosario, Argentinien), Marek Dziony (Diakon, Vertreter, deutsche Minderheit in Polen) und Hartmut Koschyk (Ratsvorsitzender, Stif-
tung Verbundenheit) zum Thema auszutauschen. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Irina Peter.
Heute leben in Argentinien über 150.000 Menschen jüdischen Glaubens, mehr als in jedem anderen lateinamerikanischen Staat. Die jüdische Gemeinde der Hauptstadt Buenos Aires gilt nach New York weltweit als die zweitgrößte außerhalb Israels. Spricht man über die deutsche Einwanderung nach Argentinien, denken viele trotzdem überwiegend an NS-Verbrecher, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sich im Land versteckten. Valeria Pascuttini betonte, dass es aber bereits vor dem Ersten Weltkrieg und zwischen den zwei Weltkriegen große Arbeitermigrationswellen gegeben habe. Auch ihre Familie siedelte sich vor dem Ersten Weltkrieg in Rosario an. Mit der Ansiedlung der NS-Täter in den 40er Jahren erlebte die deutsche Gemeinschaft in Argentinien auch auf Organisations- und Pressebene eine Spaltung. Die Deutsche La Plata Zeitung veröffentlichte z. B. Listen mit den Namen der Naziverbrecher. Während Peróns Regierungszeit wurden die Immobilien und Schulen der Deutschen konfisziert. Unter anderem beschleunigte auch das den
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Sprachverlust der Deutschen. Heute leben 1,3 Millionen deutschstämmige Menschen in Argentinien. Die deutsche Gemeinschaft ist sehr gut organisiert. Der Dachverband ist bestrebt den deutschen Sprachunterricht für eine breite Schicht zugänglich zu machen und die Menschen für die Vereinsarbeit zu motivieren. Dieses Vorhaben unterstützt auch die Initiative #JungesNetzwerk der Stiftung Verbundenheit, die eine lebendige Verbindung zu Deutschland ermöglichen möchte, wie Hartmut Koschyk betonte. Der Ratsvorsitzende erläuterte dem Publikum sogleich, dass bereits nach der Zeit von Katharina der Großen eine Einwanderung der Wolgadeutschen in das lateinamerikanische Land erfolgt habe. Zahlreiche in Russland lebende Adelige entschieden sich, das Land zu verlassen, da ihre Privilegien nach dem Tod der Zarin vom Nachfolger nach und nach gekürzt wurden. Die Moderatorin des Panels, Irina Peter, die in ihrem Podcast „Steppenkinder“ Russlanddeutsche betreffende Themen behandelt ergänzte, dass sie während ihrer Forschungen festgestellt habe, dass die Bräuche der Wolgadeutschen in Argentinien sich viel stärker konserviert haben, als in den Kreisen der in Deutschland oder in Russland lebenden
Gemeinschaft, was den Verfolgungen in der ehemaligen Sowjetunion zuzuschreiben sei.
Valeria Pascuttini ging noch eingehend auf die Arbeit der deutsch-jüdischen Gemeinschaft in ihrem Heimatort Rosario ein. Diese ist gut strukturiert, es gibt zwei jüdische Schulen und mehrere Wohltätigkeitsvereine. Der Deutsche Klub Rosario ist bestrebt das jüdische Schicksal zu enttabuisieren sowie die Spaltung der deutschen Gemeinschaft zu thematisieren. Für das Projekt „Woche gegen Rassismus und Antisemitismus“ durfte sie im Rahmen der Kulturgala der Stiftung Verbundenheit am 28.06. einen Förderpreis zusammen mit dem FAAG-Vertreter, German Lehrke, für die beiden Vereine entgegennehmen.
In Deutschland ist die fast 120.000 Menschen zählende jüdische Gemeinschaft nicht weniger aktiv. Die 1966 gegründete Deutsch-Israelische Gesellschaft mit 5500 Mitgliedern und mittlerweile mit über 50 Arbeitsgemeinschaften fördert die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Robert Eichler, Vertreter der Deutsch-israelischen Gesellschaft Bayreuth-Oberfranken, betonte, dass die Organisation von der persönlichen bis hin zu der kulturellen und wirtschaftlichen Ebene für die Verständigung arbeite. Die öffentliche Wahrnehmung soll verändert werden, ebenso eine vielschichtige Darstellung der jüdischen Gemeinschaften und Israels soll, vor allem in der Presse, gefördert werden. Die Tagungsteilnehmer
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besichtigten im Anschluss auch die barocke Synagoge in der Stadt, die die älteste in Deutschland ist, die noch ihrer Bestimmung gemäß genutzt wird. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft arbeitet auch eng mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Bayreuth zusammen und pflegt gute Kontakte zu den jüdischen Gemeinschaften in Polen, wo etwa 15.000 Menschen jüdischen Glaubens leben. Diakon Marek Dziony, der als Vertreter der deutschen Minderheit in Polen dem Gespräch online zugeschaltet wurde, erklärte, dass sich die jüdische Gemeinschaft vor allem auf die Großstädte Warschau, Krakau und Breslau konzentriere, aber auch in Schlesien das Glaubensleben mehr oder weniger noch lebendig sei. Der Aufarbeitung des deutsch-jüdischen Erbes verschrieben sich mehrere Vereine. Polen tat viel für die Erhaltung der Baudenkmäler, und seit der politischen Wende 1989/90 wurde das Judentum zunehmend zum Forschungsgegenstand der Wissenschaft. Ihre Geschichte ist auch mit der Geschichte der deutschen Minderheit verbunden, die heute um die 132.000 Menschen zählt und sich im Erhalt der jüdischen Kultur stark engagiert und das historische Wissen weitergibt.
Ratsvorsitzender Koschyk unterstrich, wie wichtig es sei, die kulturellen und religiösen Wurzeln zu leben. Diskussionen wie diese
spielten eine beachtliche Rolle, denn Intoleranz, Arroganz und sogar Hass stellten eine reale Gefahr dar. Es sei eine bedeutende Aufgabe, dagegen zivilgesellschaftlich anzugehen, denn es gelte, Menschen zusammenzuführen, nicht zu spalten.
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Felix Gothart vom Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayreuth führte die Kongressteilnehmer durch die Räumlichkeiten des jüdischen Gotteshauses.
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Tage der Verbundenheit: Kulturgala mit Preisverleihung
Als festlicher Höhepunkt der „Tage der Verbundenheit“, welcher die deutschsprachigen Gemeinschaften und deutschen Minderheiten aus aller Welt für einen Austausch und die Vernetzung untereinander in Bayreuth zusammenkamen ließ, fand die Kulturpreisverleihung in der Kulturbühne „Reichshof“ statt. Die unter dem Titel „Deutschsprachige Gemeinschaften und deutsche Minderheiten in aller Welt“ stehende Gala wurde in Kooperation mit der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) durchgeführt. Es war eine bemerkenswerte Gelegenheit, Vertreter der deutschen Communities aus Europa und Südamerika zusammenzubringen.
Als Ehrengäste der Kulturgala, bei der die Journalistin und Bloggerin Ira Peter als Moderatorin durch den Abend führte, konnte die Stiftung Verbundenheit die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik MdB (SPD) und die Bayerische Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml MdL (CSU)
sowie aus Bayreuth den Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU), Landtagsabgeordneten Tim Pargent (Bündnis 90 / Die Grünen) und Altlandrat Herman Hübner begrüßen. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung vom Orchester des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland unter der Leitung von Ewald Oster.
Natalie Pawlik betonte in ihrem Grußwort die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung wie die der „Tage der Verbundenheit“, um Akzeptanz und Sichtbarkeit für die Anliegen der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften zu schaffen. Es gäbe viel Unwissen und auch Vorurteile gegenüber deutschen Minderheiten und Aussiedlern, sodass es eine sehr bedeutende Aufgabe ist, Wissen darüber zu vermitteln. Pawlik ergänzte, dass es ihr besonders wichtig sei, zu sehen, dass aus Tradition Zukunftsfähigkeit wird und es den Menschen wichtig sei, ihre oft mehrfachen Identitäten im freien Europa zu gestalten.
Melanie Huml würdigte die Chance, mit den weltweit aktiven deutschen Minderheiten
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und Gemeinschaften in Bayreuth zusammen zu kommen und motivierte die Anwesenden, immer das Verbindende und nicht das Trennende zu suchen, da sowohl die Heimatvertriebenen in Deutschland eine neue Heimat gefunden hätten als auch die Heimatverbliebenen in ihren Ländern eine neue Heimat aufgebaut und geprägt hätten. Die Stiftung Verbundenheit trage eben diese Verbundenheit nicht nur im Namen, sondern lebe diese und messe ihr durch ihre Arbeit eine große Bedeutung zu.
heiten in ihre Rolle als Brückenbauer in der Welt vermittelt. Reinfried Vogler, Ehrenpräsident der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, mahnte eine sachliche Auseinandersetzung mit der Vertriebenen- und Minderheitenthematik an. In die Vergangenheit zu schauen, um die Wurzeln zu leben und darauf folgend Begegnungen möglich zu machen, sehe er dahingehend als wichtige Schritte an.
Bernard Gaida (Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in
Oberbürgermeister Ebersberger bekräftigte den Aspekt der Identität und der Identifizierung mit Werten, wenn es um die Frage des Deutsch-Seins geht. Bayreuth als Stadt der neuen Heimat für über 15.000 Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg sei bis heute eine weltoffene und tolerante Stadt und somit eine gute Wahl als Gastgeberort für die Tage der Verbundenheit. In der von Ira Peter moderierten Gesprächsrunde wurde dem Publikum ein Eindruck über die Tätigkeit der deutschsprachigen Gemeinschaften und deutschen Minder-
der (FUEN) betonte, dass sowohl die Heimatvertriebenen geografisch als auch die Heimatverbliebenen in Bezug auf Sprache und Kultur einen großen Teil ihrer Heimat verloren haben und heute die Zeit sei, dies anzuerkennen. Prof. Dr. Renate Ludanyi, Präsidentin der German Language School Conference und German Lehrke, Präsident der Föderation der Deutsch-Argentinischen Vereinigungen (FAAG), waren sich einig, dass die Staaten Mittel- und Südamerikas keine Länder mit deutschen Minderheiten, sondern mit deutschen Auswanderern sei-
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en und sowohl die Sprache als auch das Zugehörigkeitsgefühl zur deutschstämmigen Volksgruppe mit jeder Generation verloren gehen.
Als Preisträger wurden während der Gala vier besondere Initiativen aus den Reihen der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften ausgezeichnet. Die Volkstanztheater „Deutsche Quelle“ aus Kiew unter der Leitung von Swetlana Zech erhielt ihren Kulturförderpreis für die erfolgreiche ethnokulturelle Arbeit im Feld der Verständigung zwischen Deutschland und der Ukraine sowie der Mehrheitsgesellschaft und der Minderheit in der Ukraine. Das Theaterprojekt „Schönborn in Transkarpatien“ der Deutschen Jugend in Transkarpatien/Ukraine von und mit Julia Tayps wurde ausgezeichnet, da das Projekt die regionalen Beziehungen zwischen Franken und Transkarpatien betont und diese gemeinsame Geschichte an die junge Generation in deutscher und ukrainischer Sprache weitergibt. Des Weiteren erhielt einerseits das Projekt „Woche gegen Rassismus und Antisemitismus“ mit der Ausstellung „Stolpersteine“, welches gemeinsam vom Deutschen Club in Rosario (Argentinien) und der FAAG durchgeführt wurde, zur Gedenkkultur und zum Kampf gegen Antisemitismus in Argentinien. Moderne Kleinprojekte des Jungen Netzwerks, die auf Basis von Social
Media funktionieren und das Erlernen der deutschen Sprache ohne Barrieren ermöglichen, erhielten den vierten Kulturförderpreis.
Der Stiftungsratsvorsitzende Hartmut Koschyk bedankte sich bei den Partnerorganisationen, mit denen die Stiftung Verbundenheit den Kulturgalaabend der Kulturgala mit Preisverleihung in Bayreuth organisieren konnte und betonte die Kooperation im wichtigen Feld der Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen. Die Anwesenheit der politischen Repräsentanten von Bundes-, Landes- und Kommunalebene im Rahmen der angebotenen Veranstaltungen zeige die Wichtigkeit des Themas der Verbundenheit zwischen den einzelnen deutschen Minderheitengruppen und Gemeinschaften sowie den Institutionen in Deutschland.
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Ausbildung statt Studium: Podiumsdiskussion
über Fachkräftemangel in Deutschland im Rahmen der Tage der Verbundenheit
Als einer der Programmpunkte des Jugendforums 2023 der Stiftung Verbundenheit fand die Podiumsdiskussion „Global vernetzt: Internationale Auszubildende, Fachkräfte und Deutschsprachige Gemeinschaften” mit Wolfram Brehm, Hauptgeschäftsführer der IHK Oberfranken Bayreuth, Stiftungsmitarbeiterin Silvia Saenger, Leiterin der Berufsschule Eggolsheim der Arche TWI Julia Dreßel und dem ehemaligen Oberbürgermeister von Goslar und Stiftungsvorstand Prof. Dr. Oliver Junk statt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Annika Klump der Argentinisch-Deutschen Handelskammer in Buenos Aires. Der Ratsvorsitzende der Stiftung Verbundenheit Hartmut Koschyk begrüßte die Teilnehmenden mit einer anfänglichen Rede herzlich.
Mit #JungesNetzwerk profesional haben mehrere junge Menschen aus Südamerika bereits die Chance, eine Ausbildung in Deutschland zu absolvieren. Betreut von Silvia Saenger entfalten sie sich beruflich in der Hotelleriebranche und im Pflegebereich. Sechs sogenannte Azubis sind nach Bayreuth gereist, um sich und ihre Tätigkeit vorzustellen und einen Workshop, ange-
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leitet von Silvia Saenger und Stiftungsmitarbeiterin Valeria Pascuttini, zu absolvieren.
In der Podiumsdiskussion wurde die Problematik des Fachkräftemangels adressiert. Auch aus dem Publikum kamen Fragen. Die Teilnehmenden des Kongresses wollten wissen, was nach der Ausbildung passiert; bleiben die Ausgebildeten in Deutschland oder müssen sie in ihr Heimatland zurückfahren? Dabei unterstrich Saenger, dass die Fachkräfte nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht an das Unternehmen gebunden sind.
Besonders groß ist der Fachkräftemangel in kleinen deutschen Örtlichkeiten. Die Panelisten haben junge Menschen dazu motiviert, als Alternative zum Studium den Weg einer Ausbildung einzuschlagen.
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Lateinamerikanische Delegation zu Besuch im Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR)
Im Rahmen der Tage der Verbundenheit der Stiftung Verbundenheit hat die lateinamerikanische Delegation, die aus Vertreter/-innen deutsch-lateinamerikanischer Kulturvereine und der BürgerdiplomatieInitiative #JungesNetzwerk besteht, das Bayerische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) besucht. Unter den lateinamerikanischen Delegationsmitgliedern waren auch Personen mit wolgadeutschem Hintergrund. Im Austausch mit Repräsentanten/-innen des BKDR unter Leitung von Waldemar Eisenbraun konnte die Delegation wichtige Einblicke in die Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland gewinnen. Gleichzeitig wurde über die wolgadeutsche Präsenz in den Conosur-Staaten, besonders in Argentinien, Paraguay und Brasilien berichtet. Die Stiftung Verbundenheit kooperiert seit 2021 mit dem BKDR, um die Verbindungen zwischen den deutschen Sprachgruppen zwischen Ost und West zu fördern.
Nach dem eindrucksvollen Vortrag von Geschäftsführer Waldemar Eisenbrauen über die Definition und Geschichte der „Deutschen aus Russland“ erläuterten die wissen-
schaftlichen Mitarbeiter Frau Dr. Olga Litzenberger und Herr Dr. Viktor Krieger die derzeitigen Forschungsprojekte des BKDR sowie den Wunsch auch bald in Südamerika aktiver zu werden. Die Antrittsreise von Dr. Olga Litzenberger nach Argentinien wird im Rahmen einer Eröffnungsausstellung über das katholische und protestantische Kulturerbe der Wolgadeutschen des BKDR noch in diesem Jahr stattfinden. Erstmalig wurden Materialien über die Ausstellung auf spanischer Sprache vorgestellt.
Im anschließenden Dialog mit der Delegation wurde die Bedeutung des BKDR deutlich, die die Geschichte der heute schätzungsweise 5 Millionen deutsche Bürgerinnen und Bürger mit „russlanddeutschem“ Hintergrund [offizielle Bezeichnung „Deutsche aus Russland“] dokumentiert und darüber informiert. Das erst im Jahre 2019 eröffnete Zentrum leistet damit einen wichtigen Informationsbeitrag. Der lateinamerikanischen Delegation ermöglichte der Besuch im BKDR einen eindrucksvollen Einblick in weltweiten Verbindungen, die aus der deutschen Vertriebenengeschichte des 20. Jahrhunderts resultieren.
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Ausstellungseröffnung und Präsentation des Buches zur Geschichte der Schönbornfranken
Mit einem Höhepunkt endeten die diesjährigen „Tage der Verbundenheit, welche die deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften aus aller Welt für einen Austausch und die Vernetzung untereinander in Bayreuth zusammenkommen ließen. Die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland lud zusammen mit dem Landratsamt Bayreuth zur Eröffnung der neuen Ausstellung „Die Schönbornfranken – Von Franken nach Transkarpatien“. Zusammen mit der Ausstellung wurde die erste Ausgabe der neuen Schriftenreihe „Weltverbunden“ zu selbigem Thema vorgestellt, die die Geschichte der sogenannten Schönbornfranken, die vor mehr als 250 Jahren aus Mainfranken nach dem damaligen Oberungarn auswanderten und deren Nachkommen bis heute in der Westukraine leben, umschreibt.
Landrat Florian Wiedemann begrüßte die Besucher zur Eröffnung der aus seiner Sicht sehr wichtigen Ausstellung, da diese neues Wissen und neue Einblicke in die Verbindungen der Region Franken zu Transkarpatien aufzeigt. Er bedankte sich für die Möglichkeit, Gastgeber und Ausstellungsraum für die Exposition zu sein.
Die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Vertriebene und Aussiedler, Sylvia Stierstorfer MdB, ging auf die besondere Wichtigkeit der Arbeit der Stiftung Verbundenheit in den heutigen Zeiten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein. Sie lobte die humanitäre Hilfe der Stiftung Verbundenheit und die Verbindungen zu der dort lebenden Deutschen Minderheit, den Nachkommen der Schönbornfranken. Diese historisch gewachsenen Verbindungen zwischen Franken und Transkarpatien zu präsentieren, sei von großer Bedeutung. Autor Dr. Rudolf Distler, auf dessen Dissertation basierend die Ausstellung und die Publikation entstanden ist, konnte in einem kurzen Vortrag den Besuchern einen historischen Abriss der Geschichte und der Beziehungen zwischen den Regionen Franken und Transkarpatien darstellen und zeigte sich sichtlich beeindruckt von den vorgestellten Endergebnissen. Stiftungsratsvorsitzender Hartmut Koschyk bedankte sich bei allen Beteiligten für die Organisation der Ausstellungseröffnung und der Vorstellung der Publikation unter der federführenden Arbeit von Sebastian Machnitzke, Dominik Duda und Monika Ambach, die durch
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inhaltliche Ausarbeitungen, Recherchen und technische Bearbeitung zum Ergebnis beitrugen, sowie dem Designer Finn Dreyer von der Firma Sustainable Advertising.
Die 12 Rollups umfassende mobile Ausstellung ist noch bis Ende September im Landratsamt Bayreuth zu sehen. Die nächsten Ausstellungsorte werden zur Zeit geplant und auf der Homepage der Stiftung Verbundenheit bekanntgegeben.
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Lesung aus dem Buch „Schuld und Leid“
Im Anschluss diskutierten beide Autoren in Form eines von Dominik Duda, Teamleiter MOE der Stiftung Verbundenheit, moderierten Podiumsgesprächs mit der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer MdL, der Vorsitzenden der DeutschPolnischen Gesellschaft in Bayreuth, Barbara Sabarth, sowie der stellvertretenden Landesvorsitzenden und Kulturreferentin der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Bayern, Margaretha Michel, aktuelle Sichtweisen auf das Thema „Flucht und Vertreibung“.
Zu Beginn erklärte Sylvia Stierstorfer die besondere Bedeutung und den gesellschaftlichen Beitrag der Vertriebenen, Aussiedler und ihrer Nachkommen für die Gesellschaft und in Mitte derselben sowie die Wichtigkeit der guten Beziehungen zu den heutigen Herkunftsländern der Vertriebenen und Aussiedlern. Mit Bezug auf Polen ging Werner Sonne auf die derzeitige Situation in Polen ein, bei der einerseits, obwohl aus historischen Gründen die Beziehungen zwischen Polen und Ukrainern über Jahrzehnte belastet waren, Millionen von
Menschen aus der Ukraine als Flüchtlinge aufgenommen wurden, andererseits die Beziehungen zu Deutschland und gerade mit Bezug auf das Thema „Flucht“ und „Vertreibung“ weiterhin abgekühlt sind, ja, sogar tiefere Gräben in der Betrachtung dieses Themenfeldes zu beobachten sind. Barbara Sabarth betonte die guten Beziehungen zwischen den Menschen, die sowohl von deutscher und polnischer Seite, von den Aussiedlern bis zur Deutschen Minderheit gehalten werden. In Bezug auf Tschechien unterstrich Thomas Kreutzmann, dass „Flucht“ und „Vertreibung“ dort immer noch sehr emotionale Themen seien, jedoch in Zeiten pro-europäischer Ausrichtung der tschechischen Politik, die Zeit gekommen sei, diese Themen wissenschaftlich und analysierend zu betrachten. Margaretha Michel stimmte Kreutzmann mit Bezug auf den Sudetendeutschen Tag unter dem Titel „Schicksalsgemeinschaft Europa“ zu. Anhand des Beispiels, dass der tschechische Bildungsminister dort seine Rede auf Deutsch hielt, und der eigenen Erfahrung, dass die Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen, besonders in der Nachbarschaft zwischen Bayern und dem Sudeten-
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land, immer gegeben waren, zeichnete sie ein positives Bild.
Sylvia Stierstorfer ergänzte zum Schluss des Gesprächs, dass viele Menschen in Bayern einen Vertriebenenhintergrund aufweisen können. Die Landsmannschaften seien stark, die Bildungswerke und die Museen in moderner Art und Weise entstanden und somit sei der Weg weitergegangen worden, diese Errungenschaften nicht nur als Wertschätzung für das Erbrachte zu sehen, aber vor allen Dingen heute die Aufmerksamkeit für das Thema zu erhalten. Mit der einheitlichen Meinung und Botschaft, das Potential der Vertriebenen und Aussiedler zu begreifen, zu nutzen und die junge Generation für das Thema durch Bildung zu begeistern, endete die gelungene Podiumsdiskussion.
Die Stiftung Verbundenheit bedankt sich bei Margarita Rauh und Karin Görner-Gütling, den beiden Mitarbeiterinnen des Landratsamtes Bayreuth, herzlich für die Vorbereitung und Unterstützung der Veranstaltung.
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Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
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