#ZurSache Die Nicht-Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien

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„Die

Nichtanerkennung der deutschsprachigen Minderheit in

Slowenien“

Von Dominik Duda, Michael Kaczmarski und Sebastian Machnitzke

Publikationsreihe der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland

Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland

Die Autoren

Dominik Duda

Teamleiter für Mittel- und Osteuropa, Projektkoordinator für Polen der Stiftung Verbundenheit.

Sebastian Machnitzke

Geschäftsführer und Programmleiter für GUS, Mittel- und Osteuropa, Baltikum der Stiftung Verbundenheit.

Michael Kaczmarski

Projektkoordinator für Rumänien, Serbien und Kroatien der Stiftung Verbundenheit.

Titelbilder:

Die Bilder wurden durch den Gottscheer Altsiedlerverein und dem Kulturverein deutschsprachiger Frauen „Brücken“ zur Verfügung gestellt.

1. Historischer Überblick zu den Sloweniendeutschen

Die Angehörigen der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien sind seit Jahrhunderten auf dem Gebiet des heutigen Slowenien ansässig. Aufgrund der langfristigen und ununterbrochenen Besiedelung sind sie als autochthon zu bezeichnen. Als Folge der über 800-jährigen Herrschaft der Habsburger sind die kulturellen und sprachlichen Einflüsse in mehreren Regionen des heutigen Sloweniens bis heute deutlich zu erkennen. Die historischen Wurzeln der heutigen deutschsprachigen Minderheit sind durchaus vielfältig. Erste deutschsprachige Siedler ließen sich bereits im 10. Jahrhundert innerhalb der heutigen Grenzen Sloweniens nieder. Im Laufe des europäischen Mittelalters migrierten nach und nach Menschen aus Kärnten, der Steiermark, Tirol sowie dem heutigen Süd-

Abb. 1: Das Gebiet der deutschen Sprachinsel Gottschee im österreichischen Kronland Krain (Carl Freiherr v. Czoernig, Zeitschr. des D. u. Ö. A.-V. 1878, Taf. 16, S.273)

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deutschland in die Gebiete Krain und Untersteiermark. Während das Deutsche als Sprache nur geographisch beschränkt in Regionen wie dem Abstaller Feld oder der Gottschee von der ländlichen Bevölkerung gesprochen wurde, entwickelte es sich in der frühen Neuzeit in Städten wie Marburg an der Drau, Pettau, Laibach oder Cilli zu einer urbanen Lingua franca.

Die Bedeutung der deutschsprachigen Bevölkerung brach infolge des Ersten Weltkrieges und der Gründung des Königreichs Jugoslawien ein. Viele deutschsprachige Beamte und Lehrer wurden entlassen, das Deutsche schrittweise aus der Öffentlichkeit verbannt. In den unmittelbaren Nachkriegsjahren sorgte eine Auswanderungswelle nach Österreich und Übersee für einen drastischen Rückgang der deutschsprachigen Bevölkerung auf dem Territorium des heutigen Sloweniens. Die deutschsprachige Volksgruppe wurde im Staat der Slowenen, Kroaten und Serben zu einer Minderheit, die sich zunehmender Diskriminierung durch Staat und Gesellschaft ausgesetzt sah. Der Zweite Weltkrieg und die teilweise Angliederung Sloweniens an das nationalsozialistische Deutschland verschlimmerten die Situation der Sloweniendeutschen nachhaltig. Die deutschsprachige Bevölkerung wurde zum großen Teil – freiwillig oder unfreiwillig – „heim ins Reich“ umgesiedelt. Dabei stellte sich heraus, dass die Umsiedlung nicht für alle wirklich ins Innere des Reiches erfolgte: Tausende Gottscheer wurden lediglich aus der Gottschee ins unweit gelegene Ranner Dreieck transportiert, um dort in den Häusern vertriebener Slowenen einquartiert zu werden.

Nach Kriegsende waren zahlreiche Siedlungen der deutschsprachigen Volksgruppe vernichtet und wurden nicht wieder aufgebaut. Die Angehörigen der Minderheit wurden von den neuen kommunistischen Machthabern vertrieben, in Lager gesperrt und teilweise ermordet. In Jugoslawien stellte die deutschsprachige Volksgruppe eine nur wenige tausend Mitglieder zählende Minderheit dar, der dennoch eine Kollektivschuld für die Verbrechen des Nationalsozialismus zugeschrieben wurde. Das Deutsche als Sprache wurde tabuisiert. Selbst innerhalb der Familien traute man sich aus Angst vor Repressionen und Diskriminierung oft nicht, die eigene Muttersprache zu sprechen. Erst mit dem Zusammenbruch Jugoslawiens und der Entstehung des heutigen Sloweniens hat sich die Situation der Volksgruppe erheblich verbessert, eine offizielle Anerkennung als nationale Minderheit steht aber bis heute aus.

Abb. 2: Sorica in der Oberkrain, Slowenien (Johann Jaritz – Eigenes Werk, URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sorica_Oberkrain_Slowenien_20092009_40.jpg)

2. Die derzeitige Situation der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien

Besonders in den Regionen der ehemaligen Untersteiermark (Štajerska), in Städten wie Maribor (Marburg an der Drau), Celje (Cilli an der Sann), Ptuj (Pettau) oder Apače (Abstall) sowie in der süd-östlichen Region der Gottschee in den Gemeinden Kočevje, Dolenjske Toplice und Semič ist die deutschsprachige Minderheit heute aktiv.

Abb. 3: Die Deutsch-Untersteirer und Gottscheer, Haus der Heimat / VLÖ (via URL: https:// gudrunkugler.at/schicksal-der-gottscheer/)

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Der Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien, der auch Mitglied der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) ist, vertritt die Interessen der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien. Im Dachverband sind zurzeit folgende zehn Vereine aus allen Teilen des Landes mit weit mehr als 1500 Mitgliedern organisiert:

1. Internationaler Verein „Freiheitsbrücke“, Marburg/Drau

2. Gottscheer Altsiedlerverein, Krapflern

3. Kulturverein Abstaller Feld, Abstall

4. Kulturverein deutschsprachiger Frauen „Brücken“, Marburg/Drau

5. Kulturverein Cilli an der Sann

6. Kulturverein der deutschsprachigen Jugend, Laibach

7. Ethnologischer Gottscheer Verein, Laibach

8. Kulturverein Chrainau

9. ROKUS-Verein für Urbane Subkultur

10. Deutscher und Keltischer kulturhistorischer Verein des Gebietes Bischofslack/ Lok.

Die Vereine der deutschsprachigen Volksgruppe organisieren bislang vorwiegend Projekte im Bereich der ethnokulturellen Arbeit, sind aber auch in der Jugend- und Spracharbeit aktiv. Dazu gehören u. a. Auftritte der Gesangs- und Volkstanzgruppen, in erster Linie auf lokaler Ebene. Die Vereine arbeiten hierbei mit renommierten Gesangs- und Tanzlehrern zusammen, um ein professionelles Auftreten zu ermöglichen und die eigenen hohen Ansprüche zu erfüllen. Die Aufführungen der Tanzgruppen des Gottscheer Altsiedlervereins sowie des Hugo-Wolf-Kammerchors des Kulturvereins deutschsprachiger Frauen „Brücken“ locken regelmäßig zahlreiches Publikum an, auch aus der Mehrheitsgesellschaft. Dadurch tragen sie zum Abbau von Berührungsängsten zwischen der deutschsprachigen Minderheit und dem Rest der slowenischen Gesellschaft bei. Für Kinder und Jugendliche der deutschsprachigen Volksgruppe werden z. B. Ferienlager im Sommer veranstaltet, bei denen sie die deutsche Sprache sowie die Kultur

Duda, Kaczmarski und Machnitzke 2025: „Die Nichtanerkennung der deutschspr. Minderheit in Slowenien“ I 7 der Gottscheer kennenlernen und in Austausch mit ihrem Erbe treten können. Da der Erhalt der deutschen Sprache als wesentliches Kulturmerkmal ein zentrales Anliegen der Vereine in Slowenien ist, organisieren diese auch Deutschkurse für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene. Nicht zuletzt bemühen sich die Vereine, auch Publikationen über Kultur und Geschichte der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien sowie ihre eigene Vereinstätigkeit zu veröffentlichen.

Abb. 4: Zentrum des Gottscheer Altsiedlervereins in Krapflern / Občice, Slowenien (PhJ –Eigenes Werk, URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:DKS_Obcice_center_tabla.jpg)

3. Die Nicht-Anerkennung als Minderheit

Die autochthone deutschsprachige Volksgruppe ist in Slowenien nicht als Minderheit anerkannt, sondern wird vom Staat nur als „ethnische Gruppe“ beschrieben. Aus diesem Grunde können nur kulturelle Vereine gegründet werden und ein politisches Engagement ist nicht möglich. Die Anerkennung als nationale Minderheit würde eine nachhaltige Förderung ihrer Sprache und Kultur ermöglichen, ihr kollektive Rechte geben sowie zur Identitätsbildung und zum Zugehörigkeitsgefühl der Volksgruppe beitragen, was gerade in Bezug auf die junge Generation eine erhebliche Bedeutung besitzt.In der slowenischen Verfassung wurden im Artikel 64 (1-D), in welchem es um die Sonderrechte der autochthonen Minderheiten geht, ausdrücklich nur die italienische und ungarische Minderheit im Grenzgebiet (also im zweisprachigen Raum, der auch die Zweisprachigkeit bei Ortstafeln, Gemeinden, Schulen und Medien miteinschließt) genannt. Beide Minderheiten haben jeweils einen eigenen Abgeordneten, der von jeder Minderheit separat ins slowenische Parlament gewählt wird. Auch die RomaMinderheit wird in der Verfassung erwähnt und besitzt durch ein spezielles „Roma-Minderheitsgesetz“ seit März 2007 einen besonderen Schutz.

Im Jahr 2024 wurde neben den Regelungen für die bereits genannten anerkannten Minderheiten in Slowenien auch ein Gesetz zur „Regelung der kulturellen Rechte der Völker des ehemaligen Jugoslawiens“ verabschiedet. Durch dieses konnten nun sechs weitere Minderheiten - die Albaner, Bosniaken, Montenegriner, Kroaten, Mazedonier und Serben - ihre Minderheitenrechte erhalten bzw. ausbauen. Einzig die autochthone deutschsprachige Minderheit genießt weiterhin keinen adäquaten Minderheitenschutz und das, obwohl sie im Gebiet des heutigen Slowenien seit dem 10. Jahrhundert ansässig ist. Dies stellt eine offenkundig ungerechtfertigte Andersbehandlung im Vergleich zu den anderen Minderheiten dar, die auch in Form von zahlreichen Stellungnahmen des Ministerkomitees des Europarates deutlich kritisiert wird.

Der Staat Slowenien hat bisher das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats für die deutsche Minderheit überhaupt nicht angewandt. Die Konvention, die als das erste rechtsverbindliche multilaterale Übereinkommen gilt, welches sich mit dem allgemeinen Schutz nationaler Minderheiten befasst, findet für die deutschsprachige Minderheit in Slowenien

Duda, Kaczmarski und Machnitzke 2025: „Die Nichtanerkennung der deutschspr. Minderheit in Slowenien“ I 9 keine Anwendung. Das Übereinkommen hat eigentlich das Ziel, die Existenz nationaler Minderheiten innerhalb ihrer jeweiligen Gebiete der unterzeichnenden Staaten zu schützen und eine vollständige und wirksame Gleichstellung nationaler Minderheiten zu fördern, indem die Bedingungen geschaffen werden, die ihnen erlauben, ihre Kultur zu bewahren und zu entwickeln sowie ihre Identität beizubehalten.

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde im Jahre 2000 in Slowenien ratifiziert, in welcher auch die Sprachthematik der autochthonen Volksgruppen der Deutschsprachigen sowie der zum damaligen Zeitpunkt nicht-anerkannten kroatischen und der serbisch-orthodoxen Minderheiten angesprochen wurden. Trotz der Ratifizierung ist die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien gerade im Bereich der Sprache nicht ordentlich als Minderheit anerkannt und erfährt Diskriminierung. Auch in dem im Jahre 2002 in Kraft getretenen Kulturabkommen zwischen den Staaten Österreich und Slowenien wird in Bezug auf die deutschsprachige Volksgruppe nur von einer „deutschsprachigen ethnischen Gemeinde“ gesprochen. Die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarats werden bezüglich der Anerkennung und Förderung der deutschen Sprache von slowenischer Seite auch hier ignoriert.

Abb. 5: Tanz- und Folkloregruppe in typischer Tracht der Gottscheer bei einem Auftritt in Graz (Bund der Kulturvereine der Gottscheer und Steierer in Slowenien, URL: https://steiermark-stajerska.com/2/de/porocila_o_dogodkih/auftritt-gottscheer-folklore-in-graz/)

4. Ziele und Herausforderungen der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien

Als allgemeine Ziele der Anerkennung für die deutschsprachige Minderheit in Slowenien gelten (1) die Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (Teil II) und der zugehörigen Europarat-Empfehlungen in Bezug auf die deutsche Sprache, (2) die Anwendung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats auf die deutschsprachige Volksgruppe sowie (3) die verfassungsrechtliche Gleichstellung der deutschsprachigen Volksgruppe mit der italienischen und ungarischen Volksgruppe sowie den oben genannten Minderheiten der Völker des ehemaligen Jugoslawiens.

Des Weiteren werden von der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien bestimmte und spezifische Ziele und Bedarfe artikuliert, deren Erreichung aus ihrer Sicht notwendig ist, um das kulturelle Erbe der Gottscheer und Untersteirer in Slowenien zu erhalten und zeitgemäß zu leben und zu bewerben.

Als grundlegenden Bedarf sieht die deutschsprachige Minderheit vor Ort die institutionelle Förderung ihres Dachverbands an, da seine Arbeit und auch die der Vereine an den unterschiedlichen Orten bisher vollständig auf den ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder und Anhänger angewiesen sind.

Ein wichtiger Themenkomplex ist die (Wieder-)Gewinnung und Pflege der deutschen Sprache bzw. des regionalen Dialekts. Dabei geht es der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien einerseits um das Erlernen der Sprache im Kindes- und Jugendalter und andererseits um die Ermutigung zum Gebrauch der deutschen Sprache im Alltag in allen Generationen. Ein großer Bedarf liegt daher in der nachhaltigen Entwicklung eines Bildungsmodells für Deutsch als Minderheitensprache in Slowenien, welches z.B. auch die Ermöglichung von zweisprachigen Kindergärten oder bilingualen Schulunterricht miteinschließen würde.

Neben der Sprachsituation – und unmittelbar mit dieser verbunden – stellt auch die Ausweitung der Medienarbeit ein bedeutendes Anliegen der deutschsprachigen Minderheit dar. Klassische Medien zum Thema der deutschsprachigen Minderheit und ihren Tätigkeiten sind derzeit Zeitungen und Zeitschriften sowie weitere Publikationen in Bücherform. Sowohl Radio- und TV-Sendungen als

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auch eine verstärkte Internetpräsenz würden die Sichtbarkeit der deutschsprachigen Minderheit in der heute digitalen Welt steigern.

Abb. 6: Sammlung von Zeitungen und Zeitschriften von und über die Gottscheer und Untersteirer

Um unter den Mitgliedern der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien das Wissen über ihre eigenen Wurzeln sowie ein allgemeines Interesse bei der slowenischen Mehrheitsgesellschaft über die Minderheitengruppe zu erlangen, spricht sich die deutschsprachige Minderheit für eine Stärkung der Projektarbeit im Bereich der Vermittlung von Wissen über die deutsche Sprach- und Volksgruppe aus. Die deutschsprachige Minderheit plant in einem ersten Schritt, neben der bisherigen Kulturarbeit Vortrags- und Lesereihen zu entwickeln. Besonders die geschichtlichen Aspekte der Autochthonie und wichtige Einflüsse und Beiträge zur heutigen slowenischen Gesellschaft könnten zu einem positiven Bild der Minderheit beitragen und gleichzeitig bewusstseins- und motivationsfördernd sowie identitätsstiftend für die Mitglieder der deutschsprachigen Minderheit sein.

5. Der Einsatz der Stiftung Verbundenheit für die deutschsprachige

Minderheit in Slowenien

Durch die verfassungsrechtliche Nichtanerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien, bleiben ihr viele Möglichkeiten der Förderung und der Partizipation in der slowenischen Mehrheitsgesellschaft verwehrt.

Angesichts der Tatsache, dass in Slowenien andere Minderheitengruppe wie z.B. die italienische, die ungarische oder die Roma-Minderheit vom Staat voll umfänglich anerkannt sind, hat es sich die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland zur Aufgabe gemacht, die deutschsprachige Minderheit bei ihren Bemühungen um die offizielle Anerkennung als nationale Minderheit in ihrem Heimatland Slowenien zu unterstützen.

Um auf die Situation deutschsprachigen Minderheit hinzuweisen, fanden auf Initiative der Stiftung Verbundenheit wichtige politische Gespräche in Deutschland statt. Für die Vorsitzende des Dachverbands der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien, Urška Kop, sowie Jan Schaller (Bund der Gottscheer und der Steierer in Slowenien) konnte die Stiftung Verbundenheit ein Arbeitsgespräch mit der Bayerischen Beauftragten für Aussiedler und Vertriebene, Dr. Petra Loibl MdL, organisieren. Im direkten Austausch wurden zahl-

Abb. 7: v. l. n. r.: Die Bayerische Beauftragte für Vertriebene und Aussiedler Dr. Petra Loibl MdL, Urška Kop, Jan Schaller, Dominik Duda und Sebastian Machnitzke

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reiche historische und kulturelle Parallelen deutlich. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Beziehungen zwischen Bayern und Slowenien sowie Fragen erörtert, inwieweit die deutschsprachige Minderheit in Slowenien von bayerischer Seite unterstützt werden könnte.

Abb. 8: Die Delegation der deutschsprachigen Minderheit aus Slowenien mit den Vertretern der Stiftung Verbundenheit und dem VLÖ-Präsidenten zu Besuch bei der Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat

Weitere Gespräche für die Vertreter aus Slowenien folgten in Berlin, an denen neben dem Stiftungsratsvorsitzenden Hartmut Koschyk, den Geschäftsführern Sebastian Machnitzke und Dr. Marco Just Quiles auch der Präsident des Verbands der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften (VLÖ), Norbert Kapeller, teilnahm. Bei einem Treffen mit der Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Natalie Pawlik MdB und dem Bundestagsabgeordneten und Mitglied im Vorstand der Stiftung Verbundenheit Knut Abraham MdB wurden neben der Vorstellung der Problematik der Nichtanerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien auch Lösungsvorschläge erörtert, die zur Verbesserung ihrer Rechtsstellung gegenüber der slowenischen Regierung beitragen und in zukünftig eine Unterstützung möglich machen könnten. Mit Blick auf die bisherige finanzielle Hilfe aus Österreich und auf Basis der Gespräche gab es Überlegungen, inwieweit die Projektarbeit der deutschsprachigen Volksgruppe auch von deutscher Seite unterstützt werden könnte.

Darin wurde auf die wiederholten Stellungnahmen des Ministerkomitees des Europarates verwiesen, welche deutlich kritisieren, dass die autochthone deutschsprachige Minderheit weiterhin keinen adäquaten Minderheitenschutz erhält. Slowenien setzt seine seit dem Jahr 2000 bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen, die deutsche Sprache im Rahmen der ratifizierten Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats zu fördern, nicht um. Zahlreichen diesbezüglichen Empfehlungen des Ministerkomitees des Abb. 9: Gespräche der deutschsprachigen Minderheit aus Slowenien, der Stiftung Verbundenheit und des VLÖ-Präsidenten mit MdB Knut Abraham im Deutschen Bundestag.

Nachdem im vergangenen Jahr zusätzlich zu den bestehenden Regelungen für die bereits anerkannten Minderheiten in Slowenien auch ein Gesetz zur „Regelung der kulturellen Rechte der Völker des ehemaligen Jugoslawiens“ verabschiedet wurde, wodurch mit den Albanern, den Bosniaken, den Montenegrinern, den Kroaten, den Mazedoniern und den Serben sechs weitere Minderheitengruppen ihre Minderheitenrechte erhielten bzw. ausbauen konnten, hat sich die Stiftung Verbundenheit in einem Schreiben an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock MdB gewandt.

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Europarats seit 2004 wird nicht Folge geleistet. Slowenien hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats überhaupt nicht für die deutsche Minderheit ratifiziert.

Die Stiftung Verbundenheit hat daher die Bundesaußenministerin gebeten, sich persönlich und gemeinsam mit der ebenfalls in dieser Frage engagierten Republik Österreich für die Verbesserung der Rechtsstellung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien einzusetzen, u. a. für die Umsetzung bzw. Anwendung der beiden Europaratskonventionen zum Minderheitenschutz.

Anlässlich der Eröffnung der „Steinernen Gedenkstätte“ auf dem Bachern in Slowenien, konnte die Stiftung Verbundenheit vor Ort mit der deutschsprachigen Minderheit intensiver in Kontakt kommen. In Folge von vielen Massengräbern auf dem Bachern wurde dort die sog. „Steinerne Gedenkstätte“ gebaut, um auf das Schicksal vieler Deutsch-Untersteirer, die aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit hingerichtet wurden, hinzuweisen. Dies war vielen Menschen nicht bekannt und wurde zu Zeiten Tito-Jugoslawiens verschwiegen.

Den Besuch in Slowenien konnte die Stiftung Verbundenheit dafür nutzen, mit der deutschsprachigen Minderheit vor Ort ihre aktuelle Situation und ihre Herausforderungen intensiv zu erörtern, die Begegnungsstätten und Vereine in den einzelnen Ortschaften in den Blick zu nehmen und sich dabei ein Bild von den Strukturen und der Vereinsarbeit zu machen. Dabei wurde auch über die Grundlagen von Fördermöglichkeiten informiert, die bei der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien auf sehr großes Interesse stieß.

Daraufhin hat die Stiftung Verbundenheit die Bundesaußenministerin in einem weiteren Schreiben um Unterstützung gebeten, eine Möglichkeit zu finden, die deutschsprachige Minderheit in Slowenien auch vonseiten der Bundesrepublik Deutschland zu fördern und zu diesem Thema in trilaterale Gespräche zwischen Deutschland, Österreich und Slowenien zu treten.

Zudem hat die Stiftung Verbundenheit zu Beginn des Jahres 2025 ein Memorandum „Deutsche Minderheiten und Deutschsprachige Gemeinschaften in der Welt als Bürgerdiplomaten einer werte- und interessengeleiteten Außenpolitik Deutschlands stärken“ verfasst, wo die Lage der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit dargelegt und für einen Aktionsplan mit konkreten Förder- und Unterstützungsmaßnahmen geworben wird.

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Eine der Forderungen an die künftige Bundesregierung im Aktionsplan der Stiftung Verbundenheit ist, dass in der nächsten Legislaturperiode alle Anstrengungen unternehmen werden sollten, um - wenn möglich in Kooperation mit der Republik Österreich – die rechtliche Nichtanerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien zu beseitigen.

Daher hat sich die Stiftung Verbundenheit nach der Bundestagswahl an die beiden Vorsitzenden von CDU und CSU, Friedrich Merz MdB und Ministerpräsident Dr. Markus Söder MdL sowie an den Partei- und Fraktionsvorsitzenden der SPD im Deutschen Bundestag, Lars Klingbeil MdB, gewandt, damit die Anliegen der deutschen Minderheiten und der deutschsprachigen Gemeinschaften in den anstehenden Koalitionsverhandlungen und in einem Koalitionsvertrag berücksichtigt werden.

Neben dem Engagement für die rechtliche Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien wird die Stiftung Verbundenheit sich auch weiter für Fördermöglichkeiten der Minderheit in Slowenien durch die Bundesrepublik einsetzen.

6. Fazit

Aufgrund der gegebenen Autochthonie und der europäischen Rechtslage wäre eine Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe als nationale Minderheit durch den slowenischen Staat angebracht. Die deutschsprachige Bevölkerung ist seit Jahrhunderten ein fester und bereichernder Bestandteil der Kultur und Gesellschaft Sloweniens. Eine Andersbehandlung dieser Gruppe im Vergleich zu den anderen – anerkannten – Minderheiten stellt eine anhaltende Ungleichbehandlung dar, die auch bereits von Seiten der Europäischen Union gerügt wurde.

Die deutschsprachige Minderheit in Slowenien mag zwar zahlenmäßig klein sein, sie ist aber gut organisiert und verfügt über eigene Strukturen. In den Vereinen findet eine regelmäßige Projektarbeit statt, die sich den Erhalt der deutschen Sprache sowie der einzigartigen Kultur, der Traditionen und Bräuche der Sloweniendeutschen zum Ziel gesetzt hat.

Die bestehenden Vereine können sich nicht auf dem Wege einer Förderung der Minderheiten bei verschiedenen Ausschreibungen auf staatlicher Ebene bewer-

Duda, Kaczmarski und Machnitzke 2025: „Die Nichtanerkennung der deutschspr. Minderheit in Slowenien“ I 17 ben, um Fördergelder zu beantragen, die zu der Unterstützung und Ausweitung ihrer Tätigkeiten nötig wären. Es gibt zwar für kulturelle Veranstaltungen in den Gemeinden auf lokaler Ebene, in denen die deutschsprachige Volksgruppe lebt, in kleiner Zahl Fördertöpfe bzw. in Konkurrenz zu den Vereinen der Mehrheitsgesellschaft und der anerkannten Minderheitengruppen die Möglichkeit, an Projektausschreibungen beim Kulturministerium teilzunehmen, die Chancen auf Erfolg für die deutschsprachigen Vereine sind jedoch aufgrund der Vielzahl von Antragstellern gering.

Die Republik Österreich unterstützt das Anliegen der deutschsprachigen Volksgruppe um verfassungsrechtliche Anerkennung sowie das Ziel, den Erhalt des kulturellen Erbes der deutschsprachigen Volksgruppe zu gewährleisten. Aufgrund der besonderen historischen Beziehungen erfolgt auch eine Finanzierung der Vereine der deutschsprachigen Volksgruppe durch die österreichischen Bundesländer Kärnten und Steiermark.

Bei der aktuellen Finanzierungssituation fehlt eine sichere Grundlage für eine langfristige positive Fortentwicklung der deutschsprachigen Volksgruppe, um auch in Zukunft den Fortbestand ihres reichen ethnokulturellen Erbes zu garantieren. Zurzeit besteht noch die Gelegenheit, die richtigen Rahmenbedingungen für die weitere Existenz dieser Minderheit zu schaffen. Noch besteht eine Jugend, die bereit ist, von ihren Großeltern über ihre Wurzeln zu lernen sowie ihre einzigartige Kultur zu leben und weiterzutragen. Dafür ist allerdings fortwährende und generationenübergreifende Projekt-, Sprach- und Medienarbeit mit einer auf lange Sicht stabilen Finanzierung die Voraussetzung. Die längst überfällige Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe als nationale Minderheit mit allen Rechten, die auch analog den bereits anerkannten Minderheiten im Lande zuteilwerden, würde die Aussichten auf diese Finanzierung weitaus einfacher gestalten.

Bibliographie

Begovac, Ana: Gottschee – Spielball der Politik, in: Linguistica, Nr. 2/2020, 60. Jahrgang, Dezember 2020, S. 245-256

Blum, Sandra: Die Gottscheer in Slowenien – zwischen Erinnerung und Revitalisierung, in: Ferenc, Mitja / Hösler, Joachim: Spurensuche in der Gottschee – Deutschsprachige Siedler in Slowenien, Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2011, S. 175-203

Blum, Sandra: Die Gottscheer – Zum Umgang mit der Erinnerung an eine deutschsprachige Minderheit in Slowenien, in: Volkskunde in Rheinland-Pfalz 24/2009, S. 151–160

Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien und Bund der Kulturvereine Gottscheer und Steirer in Slowenien: Rechtliche Gleichstellung der deutschen Sprach- und Volksgruppe in Slowenien mit der italienischen und ungarischen Volksgruppe, Arbeitspapier, Laibach/Ljubljana 2022

Ferenc, Mitja: Für immer untergegangen? Die Gottscheer im 20. Jahrhundert, in: Ferenc, Mitja / Hösler, Joachim: Spurensuche in der Gottschee – Deutschsprachige Siedler in Slowenien, Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2011, S.40-92

Hösler, Joachim: Gottscheer – Geschichte, Selbstverständnis, Außenwahrnehmung, in: Ferenc, Mitja / Hösler, Joachim: Spurensuche in der Gottschee – Deutschsprachige Siedler in Slowenien, Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2011, S. 13-39

Kim, Svetlana: Die tiefen Spuren der Gottscheer Deutschen, Kulturkorrespondenz östliches Europa, No. 1415, URL: https://www.kulturforum.info/de/kk-magazin/epochen/8150-dietiefen-spuren-der-gottscheer-deutschen, letzter Aufruf vom 20.02.2025

Kulturverein deutschsprachiger Frauen „Brücken“: Vezi med Ljudmi – Zwischenmenschliche Bindungen, 19. Sammelband des Kulturvereins „Brücken“, Eigenverlag, 2020

Lackner, Edelbert / Fimbinger, Renate: Die ehemalige Heimat der Gottscheer – Ein informatives Buch für die Nachkommen der Gottscheer in Europa und Übersee, Mayer-Verlag, 2022

Samida, Stefanie: „Nationalität: Gottscheer“ - Zur Herstellung von Selbstbildern einer deutschsprachigen Minderheit in Slowenien, in: Spiritova, Marketa / Gehl Katerina / Roth, Klaus (Hrsg.): Eigenbilder – Fremdbilder – Identitäten – Wahrnehmungen im östlichen Europa im Wandel, transcript-Verlag, Bielefeld 2020, S. 35-52

Duda, Kaczmarski und Machnitzke 2025: „Die Nichtanerkennung der deutschspr. Minderheit in

„Zur Sache“ Ausgaben seit Juli 2024

1. Erhardt, Erika 2024: „Wolgadeutsche Dialekte“

2. González Frugoni, Nahuel und Just Quiles, Marco 2024: „Zeitenwende mit Lateinamerika“: Uruguay als Beispielland für eine strategische (Kultur-) Partnerschaft

3. Junk, Oliver 2024

„Demokratische Teilhabe weltweit: Abbau von Grenzen im Wahlrecht für Auslandsdeutsche

4. Duda, Dominik; Kaczmarski, Michael und Machnitzke, Sebastian 2025 „„Die Nichtanerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien“

Herausgeber Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland

An der Feuerwache 19 95445 Bayreuth

info@stiftung-verbundenheit.de www.stiftung-verbundenheit.de Tel.: 0921/1510824-0

Stand

März 2025

Gestaltung und Layout

Verantwortliche: Sebastian Machnitzke, Dr. Marco Just Quiles, Peter Aifeld i. Z. m. Sustainable Advertising

Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland

Stiftungsrat:

Hartmut Koschyk (Vorsitzender), Florian Weisker (stv. Stiftungsratsvorsitzender), Ruth Maria Candussi, Thomas Kropp, Jörn Linster

Stiftungsvorstand:

Prof. Dr. Oliver Junk (Vorsitzender), Andrea Wunderlich (stv. Vorstandsvorsitzende), Knut Abraham MdB, Dr. Astrid Freudenstein, Prof. Dr. Christopher Huth, Daniel Walther

Kuratorium:

Cristina Arheit-Zapp, Bischof Rolf Bareis, Dr. Silvio Döring, Thomas Erndl MdB, Max von Frantzius, Stefan Frühbeißer MdL, Thomas Hacker MdB, Thomas Helm, Dorothée von Humboldt, Parl. Staatssekretärin Anette Kramme MdB, Thomas Kreutzmann, Msgr. Peter Lang, Dr. Magdalena Lemańczyk, Federico Leonhardt, Dr. Kay Lindemann, Prof. Renate von Ludanyi, PhD, Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas MdB, Tim Pargent MdL, Irina Peter, Prof. Dr. Stephanie Risse, Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer, Dr. Alexander Schumacher, Werner Sonne, Sylvia Stierstorfer, Hetav Tek MdBB, Dr. Markus Zanner

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An der Feuerwache 19, 95445 Bayreuth

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