Deutsche Minderheiten und Deutschsprachige Gemeinschaften in der Welt als Bürgerdiplomaten einer werte- und interessengeleiteten Außenpolitik Deutschlands stärken
MEMORANDUM
Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
MEMORANDUM
Als Mittlerorganisation und Kompetenzzentrum hat die „Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ in den vergangenen 20 Jahren ein globales Netzwerk zur Förderung deutscher Minderheiten, deutschsprachiger Gemeinschaften und an Deutschland interessierter Persönlichkeiten aufgebaut.
Viele Millionen Menschen weltweit sind Deutschland verbunden und Tausende verstehen sich inzwischen als „Bürgerdiplomaten“ im Sinne der Stiftung Verbundenheit, die in Wertschätzung der deutschen Demokratie, Sprache, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft wertvolle Brücken zwischen Ihren Heimatländern und Deutschland bauen.
Die Stiftung Verbundenheit unterstützt deutsche Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften weltweit in ihrer Rolle als Multiplikatoren eines zeitgemäßen Deutschland-Bildes und vermittelt die Werte der deutschen Demokratie, das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft, die Bildungsideale und gesellschaftliche Traditionen im Rahmen der internationalen Kulturbeziehungen Deutschlands.
Die strategische Bedeutung der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften als zivilgesellschaftliche Bindeglieder zwischen Deutschland und der Welt veranlasst die Stiftung Verbundenheit in diesem Memorandum für eine stärkere Unterstützung dieser Bevölkerungsgruppen durch die Bundesrepublik Deutschland zu werben. Zum Abschluss dieses Memorandums finden sich konkrete politische Vorhaben, die aus Sicht der Stiftung Verbundenheit nach der Bundestagswahl 2025 in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages umgesetzt werden sollten.
Die Parteien von SPD, CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freie Wähler werden gebeten, sich zur Unterstützung dieser Vorschläge zu äußern.
Die deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa (MOE) sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS) werden seit dem Jahr 1990 kontinuierlich mit Bundesmitteln gefördert. Im Jahr 2024 betrug das Fördervolumen des Bundesministeriums des Innern und für Heimat rund 25 Mio. Euro. Das Auswärtige Amt fördert die deutschen Minderheiten in MOE/GUS mit € 1,5 Mio. Euro sowie das deutschsprachigen Schulwesen Rumäniens mit 1,3 Mio. Euro.
Auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien kann den Erhalt von bedeutenden Kulturdenkmälern in den Heimatgebieten deutscher Minderheiten fördern. Allerdings wurde dieses Förderniveau in der laufenden Legislaturperiode stark abgesenkt.
Seit 2019 fördert das Auswärtige Amt auf Initiative des Deutschen Bundestages das Lateinamerikaprojekt der Stiftung Verbundenheit mit einer derzeitigen Summe von 600.000 Euro jährlich (seit 2019 mit 120.000 Euro, seit 2021 mit 500.000 Euro und seit 2022 mit 600.000 Euro). Das Projekt umfasst die Länder Argentinien, Bolivien, Paraguay, Chile, Uruguay, Peru, Kolumbien sowie Venezuela und dient der Modernisierung und Verjüngung der dortigen deutschsprachigen Gemeinschaften und der an einer Zusammenarbeit mit Deutschland interessierten jungen Generation, die sich in der von der Stiftung Verbundenheit gegründeten Bürgerdiplomatie-Initiative „#JungesNetzwerk“ zusammengeschlossen haben. Es handelt sich inzwischen um 2.600 Angehörige der jüngeren Generation in 13 Ländern Lateinamerikas. Dieses Projekt müsste dringend auf die USA, Kanada, Brasilien, aber auch auf Namibia, Südafrika und Australien ausgedehnt werden, wo es auch aktive deutschsprachige Gemeinschaften gibt, die einer Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland bedürfen.
Insgesamt kann man in Nord- und Südamerika, Namibia, Südafrika und Australien von rund 59 Millionen Menschen deutscher Herkunft ausgehen. Das diesbezügliche Multiplikatoren-Potential für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wird von der Bundesrepublik Deutschland derzeit sehr begrenzt genutzt.
Deutschland sollte sich in Zeiten internationaler Umbrüche und geopolitischer Machtveränderungen international stärker den Menschen zuwenden, die aufgrund ihrer Herkunft oder anderer Verbindungen viel Sympathie für Deutschland und Europa hegen und die diese Haltung aktiv und organisiert in ihren Heimatländern vertreten.
Die vielen Stiftungen und Kulturvereine deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften in der Welt sind aufgrund ihrer weitreichenden, lokalen Netzwerke eine wichtige Multiplikatoren-Gruppe für eine werte- und interessengeleitete Außenpolitik.
Von der Anwerbung internationaler Fachkräfte bis hin zum Aufbau neuer Energie- und Umweltpartnerschaften in der Welt: Angehörige und Organisationen der deutschen Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften können einen grundlegenden Beitrag dazu leisten, die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Positionen Deutschlands in der Welt zu stärken und gegen zunehmend autoritäre Tendenzen für das Modell einer pluralistischen parlamentarischen Demokratie zu werben.
Für den von kontinuierlichen Einsparungen betroffene Bereich der Auswärtige Kulturund Gesellschaftspolitik („Dritte Säule der Außenpolitik“) stellen dabei die Organisationen deutscher Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften eine kosteneffiziente Ergänzung der Arbeit klassischer Mittlerorganisationen der Bundesrepublik Deutschland dar. Die Netzwerke dieser Bevölkerungsgruppen reichen geografisch und gesellschaftlich oft weiter als die auf die Metropolregionen konzentrierten Auslandsinstitutionen Deutschlands. Sie können so eine wichtige Rolle für einen neuen Ansatz einer bürgernahen Außenpolitik („Bürgerdiplomatie“) einnehmen.
Um den Angehörigen der deutschen Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, eine größere Sichtbarkeit und Mitbestimmung am demokratischen Meinungs- und Partizipationsprozess in Deutschland zu geben, setzt sich die Stiftung Verbundenheit zudem für eine bürokratische Vereinfachung der Wahlmöglichkeiten für Auslandsdeutsche ein.
Siehe hierzu das Positionspapier der Stiftung Verbundenheit „#ZurSache - Demokratische Teilhabe weltweit: Abbau von Grenzen im Wahlrecht für Auslandsdeutsche“ von Prof. Dr. Oliver Junk.
Dazu der Link: https://www.stiftung-verbundenheit.de/blog/zursache---demokratische-teilhabe-weltweit-abbau-von-grenzen-im-wahlrecht-fur-auslandsdeutsche
Nordamerika
USA: Mehr als 42 Millionen US-Bürger deutscher Herkunft
Kanada: 3 Millionen Menschen mit deutschsprachigem Hintergrund
In Alberta und Manitoba stellen sie mehr als 20% der Bevölkerung
Südamerika
11 Millionen Menschen mit deutschsprachigem Hintergrund
1,5 Millionen Personen der deutschsprachigen Gemeinschaft sind sog. „Wolgadeutsche“ und Mennoniten
Mittel- und Osteuropa und GUS-Staaten
1 Million Angehörige der deutschen Minderheiten
Nahost
Israel: 200.000 Nachkommen deutschsprachiger jüdischer Einwanderer
Afrika
Namibia: 20.000 – 30.000 deutschsprachige Personen
Südafrika: 1 Million Menschen mit deutschsprachigem Hintergrund
Australien
Mehr als 1 Million Menschen deutscher Herkunft
1. Deutsche Minderheiten und Deutschsprachige Gemeinschaften –Begriffsbestimmung und Ausgangssituation
In Europa, Nord- und Südamerika, Australien, Afrika sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion leben mehr als 60 Millionen Personen deutscher Herkunft und Abstammung. Viele dieser Menschen bekennen sich noch heute zu ihrer Herkunft und nehmen eine wichtige Rolle als zweifache Brückenbauer zwischen ihren Heimatländern und Deutschland, aber auch in die Mehrheitsgesellschaft ihrer Heimatländer ein. Sie sind in Organisationen, Stiftungen und Kulturvereinen mit einem hohen Grad an Selbstverwaltung und gesellschaftlicher Vernetzung organisiert.
Innerhalb dieses vielfältigen Personen- und Institutionenkreises stellen die Angehörige der „deutschen Minderheiten“ eine wichtige Schicksalsgruppe dar, die heute rund eine Millionen Menschen in Mittel- und Osteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion umfasst. Als unmittelbare Folge des Zweiten Weltkrieges erfuhren die deutschen Minderheiten systematische Deportation, Zwangsarbeit und Unterdrückung ihrer kulturellen Identität und Sprache. Zur Abmilderung des Kriegsfolgeschicksals existiert seit den 1990 Jahren ein Minderheitenförderprogramm der Bundesregierung. Die institutionelle Förderung von selbstverwalteten Stiftungen und Organisationen der deutschen Minderheiten durch die Bundesrepublik Deutschland zielt heute auf die Stärkung ihrer ethnokulturellen Identität, aber auch ihrer Brückenfunktion als zivilgesellschaftliche Mittler zwischen Deutschland und ihren Heimatländern. Auch die deutsche Minderheit in Dänemark wird von der Bundesregierung, aber auch dem Land SchleswigHolstein gefördert.
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien sowie die deutschsprachige Bevölkerung in der Autonomen Provinz Südtirol in Italien fühlen sich mit Deutschland eng verbunden, werden jedoch nicht von der Bundesregierung gefördert.
Die zahlenmäßig größere Personengruppe deutscher Herkunft lässt sich als „deutschsprachige Gemeinschaften“ bezeichnen. Diese umfasst sowohl Personen mit generationenübergreifenden Auswandererbiografien und sogenannte „Auslandsdeutsche“.
Die vielfältige Organisationen- und Institutionenlandschaft der deutschsprachigen Gemeinschaft, die von Sport-, Kultur- und Geselligkeitsvereinen bis hin zu Bildungs- und Wohltätigkeitsvereinigungen reichen, zählen zudem häufig Personen mit anderen biografischen Deutschlandbezügen (z.B. durch Sprach-, Arbeits- oder Studienerfahrungen in Deutschland). In Nord- und Südamerika, Australien, Afrika und dem Nahen Osten sind die in der Regel ehrenamtlich organisierten deutschsprachigen Gemeinschaften und ihre Institutionen lokale Referenzpunkte für die deutsche Sprache und Kultur.
Die deutschen Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften sind wichtige zivilgesellschaftliche Multiplikatoren der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Auslandsbeziehungen Deutschlands, mit exzellenten lokalen Netzwerken. Ihre Organisationen und Institutionen besitzen eine geografische und gesellschaftspolitische
„Reichweite“, mit der die kulturellen, aber auch politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen ihren Heimatländern und Deutschland nachhaltig gestärkt werden können.
Insbesondere in Zeiten geopolitischer Veränderungen und der Neuordnung internationaler Beziehungen nehmen deutsche Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften mit ihrem Verbundenheitsgefühl und ihrer Sympathie für Deutschland, bei gleichzeitiger Loyalität und Vernetzung in ihren Heimatländern, eine strategische Vermittlerrolle ein. Sie sind zudem ein wichtiger „Gradmesser“ dafür, wie Deutschland und seine internationalen Positionen in der Welt wahrgenommen wird.
Für eine bürgernahe Außenpolitik auf „Augenhöhe“ können deutsche Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften eine zentrale Funktion für deutsche Auslandsvertretungen und Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKGP) einnehmen. Aufgrund geografischer und sozioökonomischer Gegebenheiten beschränkt sich die Reichweite dieser in der Regel auf einzelne Metropolregionen und spezifische Gesellschaftsschichten. Über die Organisationen und Institutionen der deutschen Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften können die Inhalte auswärtiger Kultur- und Gesellschaftspolitik kenntnisreich und glaubwürdig in die Zivilgesellschaft vieler Staaten getragen werden.
2. Verteilung deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften in der
Welt
MITTEL- UND OSTEUROPA UND GUS-STAATEN
Rund 1 Millionen Angehörige der deutschen Minderheiten leben heute in Mittel- und Osteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Zahlenmäßig sind die größten Minderheiten in der Russischen Föderation, Kasachstan und Polen vorzufinden. Im Förderprogramm der Bundesregierung sind derzeitig 18 Länder vertreten: Armenien, Estland, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Kroatien, Lettland, Litauen, Moldau, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Serbien, Slowakei, Tschechien, Ukraine, Ungarn und Usbekistan. Die Minderheiten sind in der Regel über Stiftungen organisiert, die jeweils über regionale Strukturen verfügen (siehe Dokumentation). In Slowenien leben laut aktuellen Schätzungen bis zu 5.000 Angehörige der deutschen Minderheit, die allerdings derzeitig nicht im Förderprogramm der Bundesregierung aufgenommen sind.
LATEINAMERIKA
Lateinamerika weist eine jahrhundertelange Migration von deutschsprachigen Personen auf. Sie hat in Südamerika die „Cono-Sur Staaten“ Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay und Brasilien geprägt, aber auch punktuell Länder wie Peru, Bolivien, Venezuela und Kolumbien. Heute haben etwa 11 Millionen Menschen in Lateinamerika einen deutschsprachigen Hintergrund, davon mehr als ein Drittel in Südbrasilien. In vielen Ländern des Kontinents sind sie über Kulturvereine mit einem hohen Grad an Selbstorganisation und gesellschaftlicher Vernetzung organisiert. Die Anzahl von Kultur-, Sport- und Geselligkeitsvereinen belaufen sich auf mehr als 500. Mehr als 1,5 Millionen Personen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Lateinamerika sind sogenannte „Wolgadeutsche“, also Nachfahren deutscher Einwanderer aus Russland, und Angehörige der Religionsgemeinschaft der Mennoniten.
USA
In den Vereinigten Staaten von Amerika leben laut offiziellen Schätzungen mehr als 42 Millionen US-Bürgerinnen und Bürger deutscher Herkunft. Heute existieren in den USA hunderte von deutsch-amerikanische Kultur- und Geselligkeitsvereine mit regionalen und nationalen Dachorganisationen. Des Weiteren gibt es private, gemeinnützige Netzwerke, wie die sogenannten „Samstagsschulen“ (German Language Schools), die sich der Vermittlung der deutschen Sprache widmen. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von deutsch-amerikanischen Wirtschaftsvereinen und Verbänden. Ungeachtet der großen Anzahl an deutsch-amerikanischen Organisationen und Vereinen, gibt es keine aktuelle Studie, die die Situation der Kultur- und Geselligkeitsvereine sowie privaten Sprachinstitutionen wissenschaftlich erfasst und analysiert (siehe Dokumentation).
KANADA UND AUSTRALIEN
In Kanada leben laut aktueller Zensusdaten rund 3 Millionen Menschen mit deutschsprachigem Hintergrund. Zu den sog. „Deutschkanadiern“ gehören auch zahlreiche Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Mennoniten. In Provinzen wie Alberta und Manitoba stellen Kanadier mit deutscher Herkunft mit mehr als 20%, die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe dar. Neben deutschsprachigen Kirchengemeinschaften existieren zahlreiche Kultur- und Geselligkeitsvereine. Gemäß dem offiziellen Zensus leben in Australien mehr als 1 Millionen Menschen deutscher Herkunft. Dies entspricht 4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Queensland und Südaustralien gehören zu den Provinzen mit besonders hohen Bevölkerungsanteilen. Zahlreiche deutschsprachige Medien aber auch Kultur- und Geselligkeitsvereine sowie Verbände sind heute in ganz Australien existent.
AFRIKA
Deutschsprachige Gemeinschaften leben insbesondere in den Ländern Namibia und Südafrika. In Namibia zählt diese Bevölkerungsgruppe rund 20.000 – 30.000 Personen mit zahlreichen Sport-, Kultur- und Geselligkeitsvereinen sowie deutschsprachigen Zeitungen und Radiosendern. Die deutsche Einwanderung in Südafrika geht bis in das 17. Jahrhundert zurück. Heute haben rund 1 Millionen Menschen einen deutschsprachigen Hintergrund. Zu den zahlreichen Organisationen der deutschsprachigen Gemeinschaft gehören Schulen, Kirchengemeinden sowie Kultur-, Sport-, Wohltätigkeits- und Geselligkeitsvereine.
NAHOST
Insbesondere in Israel leben heute zahlreiche Nachkommen der deutschsprachigen jüdischen Einwanderer, die als Flüchtlinge aus dem nationalsozialistischen Deutschland in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina kamen. Die umgangssprachlich auch als „Jeckes“ bezeichnete Bevölkerungsgruppe umfasst schätzungsweise rund 200.000 Personen. Zahlreiche „Jeckes“-Organisation in Israel setzten sich für die Pflege und Weitergabe des deutsch-jüdischen Kulturerbes und der deutschen Sprache in Israel ein.
3.
Förderung durch die Bundesrepublik Deutschland
Die Fördersituation der deutschen Minderheiten und der deutschsprachigen Gemeinschaften unterscheidet sich signifikant. Während für erstere ein Förderprogramm der Bundesrepublik Deutschland seit den 1990 Jahren bis heute existiert, gestaltet sich die systematische Unterstützung der deutschsprachigen Gemeinschaft nur rudimentär.
DEUTSCHE MINDERHEITEN
Mit dem Ziel der Abmilderung des Kriegsfolgenschicksals und der Stärkung ihrer kulturellen Identität fördert die Bundesrepublik Deutschland seit den 1990er Jahren über das Bundesministerium des Innern und für Heimat die Sprach-, Jugend- und Kulturarbeit der Organisationen und Stiftungen der deutschen Minderheiten. Seit den 1990er Jahren erlebte das Förderprogramm einen Aufwuchs und erreicht heute ein Volumen von 25 Millionen Euro im Jahr. In den vergangenen beiden Legislaturperioden konnte dieses Förderniveau gehalten werden. Das Auswärtige Amt fördert die deutschen Minderheiten in MOE/GUS derzeitig mit 1,5 Millionen Euro im Jahr.
DEUTSCHSPRACHIGE GEMEINSCHAFTEN
Die Förderung der deutschsprachigen Gemeinschaften erfolgt derzeitig nur in einigen Ländern Lateinamerikas durch ein, mit öffentlichen Geldern finanziertes Programm der Stiftung Verbundenheit. Das Förderprogramm der Stiftung Verbundenheit wurde im Jahre 2018 konzipiert und 2019 mit Mitteln des Haushaltsauschusses für das Auswärtigen Amt in Höhe von 120.000 Euro, zunächst in Argentinien, implementiert. Durch eine Aufstockung der Mittel im Jahre 2021 auf 500.000 Euro konnten weitere Länder (Bolivien, Paraguay, Chile und Uruguay) in das Förderprogramm aufgenommen werden. Seit 2022 wurde es durch die Erhöhung der Fördergelder durch die Bundesregierung auf 600.000 Euro auf die Länder Peru, Kolumbien und Venezuela ausgeweitet.
Von dem Förderprogramm der Stiftung Verbundenheit ausgenommen sind derzeitig die USA, Kanada, Australien, Brasilien, Namibia, Südafrika und Israel. Im Falle der USA und Israel wird die Aufnahme eines öffentlich finanzierten Förderprogrammes durch die Stiftung Verbundenheit für das Jahr 2025 beabsichtigt.
Punktuell werden einige Initiativen der deutschsprachigen Gemeinschaften und ihrer Organisationen durch deutsche Auslandsvertretungen unterstützt.
4. Die Arbeit der Stiftung Verbundenheit mit deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit
Die Arbeit der Stiftung zielt vor allem auf die Stärkung der Selbstorganisation und Projekttätigkeiten der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften. Zudem hilft sie die Verbindungen dieser Akteursgruppen nach Deutschland und zu den deutschen Auslandsvertretungen und deutschen Mittlerorganisationen im Ausland zu stärken.
DEUTSCHE MINDERHEITEN
Als Mittlerorganisation des Bundesministeriums des Innern und für Heimat betreut die Stiftung Verbundenheit die deutschen Minderheiten in 19 Ländern in Mittel- und Osteuropa, dem Baltikum, der Russischen Föderation und in Zentralasien in der sachgerechten Verwendung von Bundesfördermitteln, in innovativer Projektentwicklung, medialer Außendarstellung sowie in strategischen Fragen.
Dabei setzt die Stiftung Impulse hinsichtlich moderner Kommunikationsformate (Online-Veranstaltungen, Videoserien, etc.) und verständigungspolitischer Maßnahmen (Tagungen, aufgezeichnete Expertengespräche, Studienreisen, etc.), die das Wissen über die Deutschen Minderheiten und ihr Kulturgut für die Mehrheitsgesellschaft in den Heimatländern und in Deutschland stärken.
Als Kompetenzzentrum fördert die Stiftung Verbundenheit mit eigenen Forschungsarbeiten, Publikationen, Impulspapieren und Wissenschaftsveranstaltungen die Verzahnung der Minderheitenförderpolitik mit der wissenschaftlichen Forschung. Sie gibt Impulse für eine tiefergehende, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema deutscher Minderheiten im Ausland. 2024 wurde der Fachbeirat zum Thema „Deutsche Sprache“ gebildet. Das mit Wissenschaftler/-innen und Praktiker/-innen besetzte Gremium entwickelt praxisorientierten Beiträge, um innovative Ansätze und Instrumente im Bereich der deutschen Sprachförderung zu generieren. Das im Oktober 2024 der Öffentlichkeit vorgestellte Konzept zur Stärkung der deutschen Sprache, das viel politische und öffentliche Zustimmung erfahren hat, ist diesem Memorandum als Anlage beigefügt.
Die Stiftung Verbundenheit arbeitet dabei in enger Abstimmung mit der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, sowohl bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung des Minderheitenförderprogramms als auch in organisatorischer Hinsicht, beispielsweise durch die Organisation von Besuchsreisen und Kontaktvermittlungen zusammen.
Als wichtigste Mittlerorganisation für Deutsche Minderheiten im Ausland fördert die Stiftung die Zusammenarbeit der Deutschen Minderheiten mit den Vertriebenen- und Aussiedlerverbänden, insbesondere mittels eigener Stiftungs-Initiativen (Tagungen, Gemeinschaftsveranstaltungen, Publikationen etc.).
DEUTSCHSPRACHIGE GEMEINSCHAFTEN
Lateinamerika
Seit 2018 arbeitet die Stiftung Verbundenheit mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes daran, die zahlreichen Mitglieder und Vereine der deutschsprachigen Gemeinschaft in ausgewählten Ländern Lateinamerikas zu strategischen Partnern für die Auswärtige Kultur- und Gesellschaftspolitik (AKGP) zu entwickeln.
Die Stiftung Verbundenheit arbeitet dabei mit einem neuen Ansatz der „Bürgerdiplomatie“, der darin besteht, die existierenden Sympathien für Deutschland in ein ehrenamtliches Bürgerengagement im Sinne der AKGP „umzuwandeln“. Die Stiftung schafft hierfür die notwendigen Plattformen, Austauschformate und digitalen Instrumente. Das Netzwerk der Bürgerdiplomatie umfasst derzeitig rund 160 Vereine und eine Jugendinitiative („#JungesNetzwerk) mit mehr als 2.600 Mitgliedern in 13 Ländern der Region. Jedes Jahr führt die Stiftung Verbundenheit in allen Aktionsländern Konferenzen, Seminare und projektbegleitende Maßnahmen durch.
Im Kern ermöglicht der Ansatz der „Bürgerdiplomatie“ eine nachhaltige Vermittlung und gesellschaftliche Verankerung der Inhalte der AKGP, insbesondere in den Bereichen deutsche Sprache, Kultur, ökologisches Bewusstsein, Stärkung der Zivilgesellschaft, Geschlechtergerechtigkeit und soziale Inklusion.
Die Stiftung Verbundenheit arbeitet außerdem regelmäßig in Gemeinschaftsprojekten mit den deutschen Auslandsvertretungen, Mittlerorganisationen und deutschen politischen Stiftungen im Ausland sowie Universitäten und Kulturinstitutionen in den jeweiligen Partnerländern zusammen. Dabei zeigen sich wichtige komplementäre Synergien. Durch das breite Kontaktnetzwerk der Stiftung Verbundenheit, insbesondere außerhalb der Metropolregionen, können die Angebote der genannten Akteure in breitere Gesellschaftsschichten getragen werden.
Derzeitig unterstützt die Stiftung Verbundenheit Organisationen, Vereine und Verbände der deutschsprachigen Gemeinschaften in Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien, Peru, Venezuela und Kolumbien.
USA
In den USA pflegt die Stiftung Verbundenheit seit 2021 eine strategische Partnerschaft mit der German Language School Conference (GLSC), die mehr als 40 „Samstagsschulen“ betreibt. Mit diesem zentralen Partner beabsichtigt die Stiftung Verbundenheit im Jahre 2025 ein Pilotprojekt umzusetzen, das insbesondere die Zusammenarbeit mit den hunderten deutsch-amerikanischer Kulturvereinen in den USA beabsichtigt. Beispielgebend ist dabei das von der Stiftung in Lateinamerika etablierte Modell.
Als erste Maßnahme wird die Stiftung Verbundenheit eine Pilotstudie über die nationalen Strukturen der deutsch-amerikanischen Kultur- und Geselligkeitsvereine sowie über
die German Language Schools (GLSC) durchführen, um Informationen und Handlungsempfehlungen für den Aufbau eines Bürgerdiplomatie-Netzwerkes, wie es die Stiftung Verbundenheit schon in Lateinamerika betreibt, zu generieren. Die Stiftung Verbundenheit nahm im Jahre 2024 erstmalig an der GLSC-Jahreskonferenz in New York teil.
Israel
Aufgrund der Shoa und der deutschen Schuld ist das Verhältnis zu Israel besonders sensibel. Die Stiftung hat 2024 begonnen, sich gezielt mit der israelischen Zivilgesellschaft zu vernetzen. Sie wendet sich dabei an Menschen, die sich als Nachkommen deutscher Juden („Jeckes“) oder noch als Holocaustüberlebende der deutschen Sprache und der deutschen Kultur eng verbunden fühlen. Die Stiftung hat dazu ein konkretes Konzept entwickelt, das sie sowohl in Israel wie auch möglichen Kooperationspartnern in Deutschland vorgestellt hat. Sie hat dabei für die Unterstützung auch erfolgversprechende Kontakte mit Bundesregierung und Bundestag aufgenommen. Das Kooperationskonzept legt einen besonderen Schwerpunkt auf Jugendarbeit.
Der Einsatz für das Existenzrecht Israels und gegen jede Form von Antisemitismus weltweit ist für die Stiftung werteleitend und von besonderer Bedeutung. Diese Israel-Initiative reiht sich ein in die Zusammenarbeit mit jüdischen Gemeinden weltweit, z.B. in Argentinien, Rumänien und Tschechien, die die Stiftung seit vielen Jahren unterhält. Bei einem ersten Antrittsbesuch im Jahre 2024 hat sich die Stiftung Verbundenheit den Kontakt mit der deutschsprachigen Gemeinde („Jeckes“) aufgebaut, die sich an einer systematischen Zusammenarbeit interessiert zeigt. Dazu wird zeitnah eine Kooperationsvereinbarung mit der Assoziation der Israelis mitteleuropäischer Herkunft, der Vertretung der „Jeckes“, und der Stiftung Verbundenheit angestrebt.
Namibia und Südafrika
In Südafrika hat die Stiftung Verbundenheit im Jahre 2019 das interkulturelle Musicalprojekt Zeig mir deine Welt in Kooperation mit der Deutschen Internationalen Schule Kapstadt und mit der Förderung des Auswärtigen Amtes durchgeführt. In Namibia unterhält die Stiftung Verbundenheit seit 2023 Kontakte zum Forum Deutschsprachiger Namibier. Eine Aufnahme einer Expertin/Experten aus Namibia in den Stiftungsbeirat „Deutsche Sprache“ ist beabsichtigt.
Des Weiteren pflegt die Stiftung Verbundenheit zu Vertriebenenverbänden in Deutschland und Österreich Kooperationen. Mit dem Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) wurde im März 2024 eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Im Rahmen zahlreicher humanitärer Hilfsprojekte der Stiftung Verbundenheit in der Ukraine, fanden Kooperationsprojekte mit dem Bund der Vertriebenen (BdV) statt.
5. Die Anliegen der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025
Die Stiftung Verbundenheit bittet die Parteien SPD, CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freie Wähler um Auskunft, wie sie zu folgenden Zielen der Stiftung im Rahmen der Minderheitenförderpolitik des Bundesministeriums des Innern und für Heimat sowie der auswärtigen deutschen Kultur- und Bildungsarbeit des Auswärtigen Amtes stehen:
1) Das aktuelle Förderprogramm der Bundesrepublik Deutschland für die deutschen Minderheiten weiter auszubauen, vor allem im Hinblick auf die Förderung der Vermittlung von Deutsch als Minderheiten-Muttersprache, die Digitalisierung von Sprach- und ethnokulturellen Förderprogrammen sowie die Förderung von jungen Kulturschaffenden und wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der deutschen Minderheiten.
2) Die Stärkung des Amtes der/des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten als Parlamentarischen Staatssekretär/in des Bundesministeriums des Innern und für Heimat, wie dies bis 2013 der Fall war.
3) Als einzige deutschsprachige Minderheit in einem Mitgliedsland der Europäischen Union ist die deutschsprachige Minderheit in Slowenien nicht in vollem Umfang rechtlich anerkannt, obwohl Slowenien der Charta für Minderheit- und Regionalsprachen des Europarates unterzeichnet und ratifiziert hat. Die künftige Bundesregierung sollte, wenn möglich in Kooperation mit der Republik Österreich, in der nächsten Legislaturperiode alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Defizit zu beseitigen.
4) Das Fördervolumen des Programms der Stiftung Verbundenheit für deutschsprachige Gemeinschaften in Nord- und Südamerika in der nächsten Legislaturperiode so zu stärken, um insbesondere Brasilien, die USA, Kanada, Namibia und Südafrika einzubeziehen.
5) Die deutschsprachige Gemeinschaft in Israel („Jeckes“) mit dem erarbeiteten Förderkonzept der Stiftung Verbundenheit durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat zu unterstützen.
6) Die Schaffung der Zuständigkeit eines der bereits bestehenden Staatsminister im Auswärtigen Amt für die kulturellen Belange der deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit.
7) Die Eintragung ins Wahlregister für im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige vereinfachen und eine Wahlmöglichkeit in den deutschen Auslandsvertretungen zu ermöglichen. Hier sollte die Bundesrepublik Deutschland der Praxis der meisten Mitglieder der Europäischen Union folgen! In diesem Zusammenhang wird auf die Publikation „Zur Sache - Demokratische Teilhabe weltweit: Abbau von Grenzen im Wahlrecht für Auslandsdeutsche“ von Prof. Dr. Oliver Junk, abrufbar auf der Webseite der Stiftung Verbundenheit, verwiesen.
FÜR DIE
STIFTUNG „VERBUNDENHEIT
MIT DEN DEUTSCHEN IM AUSLAND“

Hartmut Koschyk
Vorsitzender des Stiftungsrates Parlamentarischer Staatssekretär a.D.

Sebastian Machnitzke
Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit

Prof. Dr. Oliver Junk Vorsitzender des Stiftungsvorstandes

Dr. Marco Just Quiles
Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit
DOKUMENTATION
DEUTSCHE MINDERHEITEN
MITTEL- UND OSTEUROPA,
IN LATEINAMERIKA
Diese Dokumentation gibt einen Überblick über die Situation der deutschen Minderheiten und der deutschsprachigen Gemeinschaft in den Ländern, in denen die Stiftung Verbundenheit aktiv ist.
Die Dokumentation dient einer Einordnung und verfolgt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Angaben zu der jeweiligen Anzahl der Angehörigen der deutschen Minderheit und deutschsprachigen Gemeinschaften entsprechen verschiedener Quellen und können aufgrund abweichender Informationen als ein Richtwert verstanden werden. Eine standardisierte und verifizierbare statistische Erhebung der genauen Anzahl deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften liegt nicht vor. Im Falle Letzterer verwendet die vorliegende Dokumentation den Begriff „deutschsprachige Gemeinschaften“, wohlwissend, dass es sich bei einem großen Anteil dieser Bevölkerungsgruppen genau genommen, aufgrund der abnehmenden deutschen Sprachkenntnisse, um Personen deutschsprachigen Ursprung handelt. Gleichzeitig erfassen die folgenden numerischen Angaben nicht die Personen, die ohne einen familiären Bezug zu Deutschland, Deutsch sprechen; etwa durch einen Studien- oder Arbeitsaufenthalt in Deutschland oder durch den Besuch einer deutschen Schule.
Die folgenden Analysen wurden von den jeweiligen Länderkoordinatoren der Stiftung Verbundenheit nach bestem Wissen und Gewissen erstellt.
DIE DEUTSCHEN MINDERHEITEN IN MITTEL- UND OSTEUROPA, DEN GUS-STAATEN SOWIE BALTIKUM
BALTIKUM
Allgemein
Bis in das 19. Jahrhundert hinein prägten die Deutschbalten stark das öffentliche Leben auf dem Gebiet der heutigen drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Gerade im Bereich der Wissenschaften, der Kultur, Religion und beim Aufbau der Städte, die oft Mitglied der Hanse waren, waren die Deutschen in der Region einflussreich. Mit der Umsiedlung der Deutschbalten 1940 und ihrer Flucht Ende des 2. Weltkrieges verringerte sich die Zahl der deutschstämmigen Bevölkerung immens. Nahezu 10.000 Deutschbalten leben heute in den Ländern Estland (etwa 2.900), Lettland (etwa 4.900) und Litauen (etwa 2.000). Sie pflegen die deutschbaltischen Traditionen weiter. Die Vereine leisten wichtige Kulturarbeit, die auch von der Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen wird.
Organisationsstruktur
Das Vereinswesen ist in allen drei Ländern sehr stark. In Estland wird die Kinder- und Jugendarbeit hochgeschrieben, damit die Nachwuchsgeneration die deutsche Traditionen kennenlernen kann, aber auch die Älteren treffen sich gerne zu kulturellen Vereinsprogrammen.
In Lettland sind die Vereine unter dem Dach des Verbands der Deutschen in Lettland organisiert, der die Aktivitäten koordiniert. Der Dachverband hat als Ziel, die deutsche Kultur und Sprache zu fördern, Jugendliche stärker in die Vereins- und Projektarbeit einzubeziehen.
Der Deutsch-Litauische Kulturverband wurde 1989 in der Stadt Memel/Klaipėda in Litauen gegründet, der 1993 in den Verein der Deutschen in Klaipėda umbenannt wurde. 1992 wurde dem Verein von der Stadt Klaipėda ein Haus übertragen, das mit Mitteln des deutschen Innenministeriums renoviert wurde und nach dem Dichter Simon Dach benannt. Das Simon-Dach-Haus ist seit 1996 die Begegnungsstätte des Deutsch-Litauischen Kulturverbandes. In Klaipeda befindet sich das Hermann-Sudermann-Gymnasium, das die einzige deutschsprachige Schule in Litauen ist. Weitere Vereine in Klaipėda, Silute, Vilnius und Kaunas leisten ebenfalls wichtige Kultur- und Spracharbeit.


GEORGIEN
Allgemein
In Georgien leben etwa 1.000 Menschen, die der deutschen Minderheit (Kaukasusdeutsche, Wolgadeutsche und Schwarzmeerdeutsche) angehören und im Dachverband der ethnischen Deutschen „Assoziation der Deutschen Georgiens „Einung‘“ organisiert sind. Dieser wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, die deutsche Sprache, das Brauchtum und die kulturelle Identität der Mitglieder zu wahren und zu pflegen. Die Mehrheit der Deutschen in Georgien lebt in Tiflis, daneben auch in Rustawi und Bolnissi (ehem. Katharinenfeld).
Organisationsstruktur
Der Dachverband für alle ethnisch Deutschen, die Assoziation „Einung“, verfügt über einen Vorstand, der alle 5 Jahre durch eine Mitgliederversammlung neu gewählt wird. Dabei werden ebenso ein Präsident und zwei Vize-Präsidenten für eine Periode von 4 Jahren gewählt. Die Aufgabe des Vorstandes ist die Überwachung der Tätigkeiten der „Einung“ auf die Vereinbarkeit mit der Satzung der Organisation. Die Selbstorganisation der Deutschen in Georgien hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den deutschen und georgischen Völkern des Landes zu stärken. Des Weiteren sollen günstige Bedingungen für die Wiederherstellung der kulturellen Traditionen der in Georgien lebenden Deutschen geschaffen werden. Um diese Aufgaben zu erfüllen, wird in drei Begegnungsstätten gearbeitet: Der Hauptgeschäftsstelle im Zentrum der Hauptstadt Tiflis, in Rustawi und seit 2023 auch in Bolnisi (ehem. Katharinenfeld). Diese Projekte, die insbesondere auf Kinder, Jugendliche und Senioren ausgerichtet sind, werden durch Mittel des Förderprogramms des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) zur Unterstützung der deutschen Minderheit in Georgien finanziert. Darüber hinaus bietet die „Einung“ ergänzende Maßnahmen zur Förderung des Erlernens der deutschen Sprache an, wobei die Sprachkurse durch Mittel des Auswärtigen Amtes unterstützt werden. Die Evangelisch-Lutherischen Kirche in Georgien und dem südlichen Kaukasus (ELKG) engagiert sich, basierend auf der historischen Entwicklung, in der sozialen und humanitären Unterstützung für sozialbedürftige Angehörige der Erlebnisgeneration der ethnisch Deutschen.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Georgien liegt an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien und spielt eine wichtige Rolle als Transitland für Energie- und Handelsrouten. Diese geografische Lage macht Georgien zu einem strategischen Partner, da es den Kaspischen Raum mit dem europäischen Markt verknüpft. Die Unterstützung Georgiens durch die NATO und die EU könnte als Teil einer größeren Strategie zur Stärkung der östlichen Nachbarländer der EU gesehen werden. Deutschland engagiert sich aktiv für die Unterstützung Georgiens in seinen Bestrebungen um politische Stabilität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ein stabiles und demokratisches Georgien trägt nicht nur zur Sicherheit und Stabilität
in der Region bei, sondern ist auch von wesentlicher Bedeutung für die Sicherheit und Stabilität Europas insgesamt.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
In den vergangenen Jahren hat Deutschland seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Georgien intensiviert. Dies umfasst sowohl die Entwicklungszusammenarbeit als auch gezielte wirtschaftliche Investitionen. Deutschstämmige in Georgien haben traditionell in verschiedenen Sektoren, wie der Landwirtschaft, dem Handwerk und der Industrie, gewirkt. Durch ihre kulturellen Verbindungen zu Deutschland können sie als wichtige Brücke für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern fungieren. Die deutsche Kultur und Geschichte in Georgien ziehen zudem Touristen an und tragen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen bei, in denen Deutschstämmige leben. In den letzten Jahren ist die Zahl der Touristen aus Deutschland nach Georgien gestiegen. Georgien hat sich zu einem beliebten Reiseland entwickelt, das eine Vielzahl von Attraktionen bietet, darunter eine reiche Kultur, beeindruckende Landschaften und historische Stätten. Die Dachorganisation der ethnischen Deutschen, die Assoziation „Einung“, engagiert sich aktiv in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) sowie im Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen (ECMI).


Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die kulturellen und historischen Verbindungen zwischen Deutschland und Georgien weisen eine lange und facettenreiche Geschichte auf. Ab 1817 wanderten über 2.500 Deutsche schwäbischer Herkunft nach Georgien aus. Daraufhin wurden in der Nähe von Tiflis acht Kolonien gegründet, die in der Umgangssprache als „Schwabendörfer“ bekannt wurden. Die bedeutendste dieser Siedlungen ist Katharinenfeld, das heute als Bolnissi bekannt ist. In Bolnissi befindet sich eine der drei Begegnungsstätten der Assoziation „Einung“, wo die Kultur und Traditionen der ethnischen Deutschen aktiv gelebt und weitergegeben werden. Bis 1918 entstanden in Georgien über 20 Dörfer, die von Kaukasiendeutschen gegründet wurden.
Obwohl die meisten dieser Kolonien heute georgische Namen tragen, ist der deutsche Einfluss in diesen Städten weiterhin spürbar, insbesondere durch zweisprachige Ortsund Straßenschilder. Darüber hinaus zeugen Kirchen und Museen von der Geschichte der deutschen Gemeinschaft in Georgien. Heute sind sie ein integraler Bestandteil der multikulturellen Landschaft Georgiens. Die Assoziation „Einung“ engagiert sich aktiv im öffentlichen Leben der georgischen Gesellschaft und ist Mitglied im Rat der nationalen Minderheiten beim Ombudsmann von Georgien sowie im Koordinationsrat der nationalen Minderheiten im Stadtrat (Sakrebulo) von Tiflis.
KASACHSTAN
Allgemein
In Kasachstan leben über 130 verschiedene Ethnien, dazu gehört auch die deutsche Minderheit, die etwa 226.000 (1,14% der Bevölkerung) Menschen umfasst und damit den 6. Platz unter den verschiedenen Ethnien einnimmt. Sie leben in ganz Kasachstan verteilt, wobei die Mehrheit im zentralen und nordöstlichen Teil des Landes leben, so im Gebiet Akmola, aber auch in Karaganda, Kostanai oder Pawlodar. Die Minderheit wird von der gesellschaftlichen Stiftung „Vereinigung der Deutschen Kasachstans – Wiedergeburt“ repräsentiert. Insgesamt gibt es 20 Regionale Gesellschaften/ Vertretungen, die durch die Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland Projekte v.a. im Bereich der Jugend- und Spracharbeit umsetzen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Förderung der deutschen Ethnokultur, die Eliteförderung und die Förderung der Partnerprojekte als Brücke zwischen Kasachstan und Deutschland.
Mithilfe des Förderprogramms der Bundesrepublik Deutschland und Spenden der einheimischen Unternehmer wurden bedeutende Kulturzentren der deutschen Minderheit in Kasachstan geschaffen: das Deutsche Haus in Almaty, das Kasachisch-Deutsche Zentrum in Astana, das Deutsche Haus in Pawlodar und das Deutsche Haus in Lisakowsk (Kostanai), in denen generationsübergreifend das deutsche Kulturerbe gepflegt wird.
Organisationsstruktur
Die Gesellschaftliche Stiftung „Wiedergeburt“ dient als übergeordnete Organisation für die Selbstorganisation der deutschen Gemeinschaft in Kasachstan. Sie umfasst 20 regionale gesellschaftliche Vereinigungen, einschließlich zweier regionaler Vertretungen der Stiftung, die das Förderprogramm umsetzen und landesweit im Interesse der deutschen Volksgruppe in Kasachstan aktiv sind.


Die Stiftung ist so strukturiert, dass jede Organisationseinheit spezifische Funktionen und Zuständigkeiten hat. Dies gewährleistet die Förderung demokratischer Prozesse, Transparenz bei der Annahme und Verwendung von Fördermitteln, Rechenschaftspflicht und Chancengleichheit für alle Mitglieder der ethnischen Deutschen in der gesamten Republik Kasachstan. Sämtliche Beschlüsse und Informationen werden auf der Website der Selbstorganisation veröffentlicht. Die Delegiertenkonferenz wird alle 4 Jahre einberufen und ist das Repräsentativorgan der GS Wiedergeburt. Sie bestimmt die Strategie der Stiftung für die jeweils folgenden 4 Jahre. Der Gründerrat ist das höchste Verwaltungsorgan und besteht aus 15 Regionalgesellschaften (RG) und 3 Privatpersonen. Der Aufsichtsrat besteht aus 12 Mitgliedern, die bei der Delegiertenkonferenz gewählt werden und ist das Kollegialorgan der Verwaltung. Als Kontrollorgan der GS Wiedergeburt dient die Prüfungskommission, die aus 3 Personen besteht, die ebenfalls bei der Delegiertenkonferenz gewählt werden. Das Exekutivbüro der GS Wiedergeburt hat ihren Sitz im Kasachisch-Deutschen Zentrum in Astana und besteht aus 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Projekte im Rahmen des Förderprogramms des Bundeministeriums des Innern und für Heimat zugunsten der Deutschen Minderheiten in den Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion werden von 18 Regionalgesellschaften und 2 Regionalvertretungen der GS Wiedergeburt umgesetzt.
Der Verband der deutschen Jugend Kasachstans ist in die GS Wiedergeburt integriert und entstand im Jahr 1996. Bis Ende 2023 zählte der Verband 16 Deutsche Jugendklubs (DJKs) und hatte Niederlassungen in 21 Ortschaften, wo Jugendprojekte durchgeführt werden. Die Wiedergeburt ist außerdem die Gründungsorganisation der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ (DAZ), der einzigen deutschsprachigen Zeitung in Zentralasien.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Kasachstan ist aus mehreren Gründen ein interessanter Partner für Deutschland. Dies liegt schon an der Lage des Landes: Kasachstan liegt strategisch zwischen Europa und Asien und spielt daher eine wichtige Rolle in der geopolitischen Balance. Die Beziehungen zu Kasachstan sind für Deutschland und die EU wichtig, um Einfluss in Zentralasien zu gewinnen und Stabilität in der Region zu fördern. Hinzukommt, dass Kasachstan reich an natürlichen Ressourcen wie Öl, Erdgas, Uran und verschiedenen Mineralien ist. Für Deutschland sind diese Rohstoffe für die Aufrechterhaltung der Energieversorgung und industrielle Produktion interessant. Vor allem die Diversifizierung der Energiequellen und die Verringerung der Abhängigkeit von Rohstoffen aus der Russischen Föderation haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Im Bereich der Wirtschaft gibt es bilaterale Beziehungen in unterschiedlichen Sektoren, wie Maschinenbau, Automobilindustrie und erneuerbare Energien. Kasachstan hat sich dazu verpflichtet den CO2-Ausstoß zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen. Dies öffnet die Möglichkeit für deutsche Unternehmen ihre Technologien auf Zentralasien auszuweiten.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Kasachstan ist der bedeutendste Handelspartner der Bundesrepublik Deutschland in Zentralasien und macht über 80% des Handelsvolumens mit dieser Region aus. Der Handelsumsatz zwischen Deutschland und Kasachstan beträgt etwa 5 Milliarden Euro. Die erfolgreiche Kooperation zwischen den beiden Ländern zeigt sich sowohl in den stabilen wirtschaftlichen als auch in den politischen Beziehungen. Die Selbstorganisation der Deutschen in Kasachstan, GS Wiedergeburt, verfügt über einen sogenannten Koordinationsrat zur Entwicklung des Unternehmertums. Dabei handelt es sich um eine beratende Einrichtung, die zur Stärkung, Unterstützung und Entwicklung der unternehmerischen Aktivitäten der Deutschen Kasachstans gebildet wurde. Ziele und Aufgaben dieses Koordinationsrates sind u. a. die praktische Unterstützung in der Entwicklung der Kooperationen zwischen den deutschen Unternehmern innerhalb Kasachstans und zu jenen Unternehmern, die aus Kasachstan in die Bundesrepublik ausgesiedelt sind. Es wurden bereits partnerschaftliche Abkommen mit den folgenden Unternehmen geschlossen: Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V., German-Kazakh Business Hub, „Internationale Ländliche Entwicklung“ e. V., Deutsche außenwirtschaftliche Projektplattform „KAZACHSTAN-Invest“, Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft u.a. Neben der Wirtschaft nehmen ethnische Deutsche in Kasachstan auch in der Politik einflussreiche Rollen ein. Das kasachische Parlament besteht aus zwei Kammern: einem Oberhaus (Senat) und einem Unterhaus (Mäschilis). Durch einen Erlass des kasachischen Präsidenten, Kassym-Schomart Tokajew, wurde Yevgeniy Bolgert, Vorsitzender des Aufsichtsrates der GS Wiedergeburt, zum Abgeordneten des Senats des Parlaments der Republik Kasachstan ernannt. Seit dem 28. September 2023 ist er Sekretär des Ausschusses für Verfassungsgesetzgebung, Justiz und Strafverfolgungsbehörden. Im Unterhaus des kasachischen Parlaments (Mäschilis) ist Albert Rau der stellvertretende Vorsitzende. Zugleich ist er einer der Mitbegründer der Gesellschaftlichen Stiftung „Wiedergeburt“. Außerdem ist er der ehemalige Vizeminister für Investitionen und Entwicklung der Republik Kasachstan und Akim der Region Akmola (2008-2010). Mit den beiden genannten Vertretern der deutschen Minderheit wird sichergestellt, dass die Anliegen der ethnischen Deutschen Kasachstans auch im Parlament wahrgenommen werden.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Mit Hilfe der GS Wiedergeburt haben die ethnischen Deutschen bereits heute einen nachhaltigen Einfluss auf die kasachische Gesellschaft ausgeübt. Dies wird durch verschiedene umgesetzte Projekte deutlich, wie etwa die Sonntagsschulen, das funktionierende Sozialnetz und die Einführung des europäischen Modells zur sozialen Unterstützung der Bevölkerung. Darüber hinaus sind die Deutschen in Kasachstan gut in die Gesellschaft integriert. Bei den letzten Wahlen wurden viele Deutschstämmige in staatliche Organe (s.o.) gewählt oder sind aktiv in Politik und Verwaltung tätig. Die Deutschen Kasachstans tragen aktiv zur wirtschaftlichen Entwicklung der Republik bei und sind in zahlreichen Wirtschaftssektoren, insbesondere in der Landwirtschaft, vertreten.
Die GS Wiedergeburt vereint die regionalen Gemeinschaften der Deutschen in Kasachstan und engagiert sich in bedeutenden Staatsprogrammen, wodurch sie zu einem wesentlichen Bestandteil der kasachischen Zivilgesellschaft wird. Zudem spielt sie eine wichtige Brückenfunktion zwischen Kasachstan und Deutschland, indem sie maßgeblich zur Bewahrung der Sprache, Kultur und Traditionen der Deutschen in Kasachstan beiträgt. Der kasachische Staat, der eine bedeutende Minderheitenpolitik verfolgt, bietet in dieser Hinsicht zahlreiche Möglichkeiten. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und das Deutsche Theater erhalten Unterstützung von der kasachischen Regierung. Alle diese Institutionen verfolgen ein gemeinsames Ziel: die Förderung und Erhaltung des kulturellen Erbes der Deutschen in Kasachstan.

KIRGISISTAN
Allgemein
Die deutsche Minderheit in Kirgisistan zählt rund 8.100 Menschen, welche überwiegend im Tschui-Tal, aber auch in Mailuu-Suu nördlich des Ferghanatals, in Talas, im IssykKul-Gebiet und Osch siedeln. Einschließlich der Kinder unter 16 Jahren beläuft sich die Gesamtzahl der Deutschstämmigen auf rund 10.100 Personen.
Organisationsstruktur
Der Volksrat der Deutschen der Kirgisischen Republik (VdD) wurde 1992 als zentraler Ansprechpartner und Interessenvertreter der deutschen Gemeinschaft gegründet. Der Deutsche Humanitäre Hilfsfond (DHHF) ist für die Umsetzung der Projekte zugunsten der deutschen Minderheit in Kirgisistan zuständig. Der Hauptsitz liegt im KirgisischDeutschen Haus in Bischkek, welches aus Mitteln des Bundes im Jahre 2024 erworben wurde. Die Projektarbeit wird in acht Begegnungsstätten in den verschiedenen Regionen des Landes (Bischkek, Sokuluk, Belowodskoje, Kara-Balta, Kant, Tokmok, Osch und Talas) umgesetzt. Aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern und für Heimat werden so u.a. das Netz der Begegnungsstätten, welches eine breite Vielfalt an ethnokulturellen Zirkeln bietet, gefördert, dabei sind besonders die ethnokulturellen Kochzirkel bei den Teilnehmenden aller Generationen beliebt. Weitere Schwerpunkte liegen auf dem Spracherwerb und der Jugendarbeit. Die Erlebnisgeneration wird durch speziell abgestimmte Projekte gefördert, diese umfassen u. a. medizinische und OP-Hilfen aber auch den sogenannten Sozialfriseur. Mittels einer breiten Palette an Angeboten für Kirgisistandeutsche und Interessenten/-innen werden so die deutsche Herkunftskultur und deren Traditionen und Bräuche gelebt und damit die deutsche Identität der deutschen Minderheit gefördert.
Seit der Gründung im Jahre 1992 wurde eine breite Organisationsstruktur mit gutem Personalpotenzial und einem Netzwerk von Filialen entwickelt, um die deutsche Bevölkerung landesweit zu erreichen und zu vertreten. So wurden in den Regionen Begegnungsstätten der Deutschen Kirgisistans eröffnet, welche der Anleitung und Führung des Exekutivbüros, ansässig im Kirgisisch-Deutschen Haus in Bischkek, unterstehen. Das Exekutivbüro gehört zum Deutschen Humanitären Hilfsfond, welcher für die Ideenund Projektumsetzung des Volksrates sowie des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zuständig ist. Ethnokulturelle Arbeit, Jugendarbeit, Spracharbeit, Selbstverwaltung, Eliteförderung, soziale Hilfe sowie Partnerarbeit werden dort für die Deutsche Minderheit betreut. Zum Volksrat der Deutschen gehört auch die gesellschaftliche Vereinigung Deutsche Jugend Kirgisistans. Insgesamt gibt es sieben Jugendclubs, welche in Bischkek, Kant, Tokmok, Sokuluk, Belowodskoje, Talas und Kara-Balta verortet sind und von einem/r Jugendclubleiter/-in vertreten werden. Auf überregionaler Ebene werden die Jugendlichen der deutschen Minderheit Kirgisistans von einem/r Vorsitzenden des deutschen Jugendverbandes vertreten und angeleitet.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Das zentralasiatische Land hat ein reiches Vorkommen an Bodenschätzen (Gold, Quecksilber, Antimon, seltene Erden, Zinn, Wolfram, Kohle, nichtmetallische Rohstoffe). Die Kumtor-Mine Kirgisistans gehört zu den größten Goldminen weltweit. So bilden die Hauptzweige der Wirtschaft insbesondere die Goldgewinnung sowie die Textil- und Nahrungsmittelindustrie. Außerdem ist Kirgisistan für seine große Bergseen und Gebirgsketten bekannt, bleibt aber touristisch bisher wenig erschlossen. Neben dem Tourismussektor gibt es noch ein großes Ausbaupotential in den Bereichen Wasserkraft und Landwirtschaft.
Kirgisistan ist eine parlamentarische Republik, die zunehmende autokratische Herrschaft des Präsidenten beeinflusst jedoch negativ die demokratische Entwicklung des Landes. Ungünstige Rahmenbedingungen zur Werbung und Gewinnung internationaler Investitionen und zur Verstärkung der wirtschaftlichen Beziehungen bilden so u. a. politische Instabilität, mangelnde Rechtssicherheit wie auch zunehmende Umwelt- und Klimaprobleme.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit Bereits im Jahre 1992 erkannte die Bundesrepublik Deutschland die unabhängige Kirgisische Republik als erster europäischer Staat an, mit Sitz der Deutschen Botschaft in Bischkek. So unterstützt die Deutsche Botschaft verschiedene Veranstaltungen und Maßnahmen des Volksrates der Deutschen. Im Jahre 2023 belief sich das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Kirgisistan auf rund 734 Millionen Euro, mit einem klaren Handelsbilanzüberschuss der Bundesrepublik. Insbesondere Maschinen, Fahrzeuge sowie chemische Erzeugnisse werden in das zentralasiatische Land exportiert. Aus Kirgisistan importiert werden dagegen hauptsächlich Rohstoffe und Nahrungsmittel. Vor allem die Zusammenarbeit in Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften soll in Zukunft intensiviert werden.
Ein Großteil der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze und erfährt neben staatlichen Maßnahmen der Kirgisischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, Hilfe und Unterstützung seitens des Deutschen Humanitären Hilfsfonds, welcher medizinische Untersuchungen, OPs, Medikamente finanziell mitfördert und Lebensmittelpakete an die Erlebnisgeneration der deutschen Minderheit verteilt.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Seit der Staatsgründung der Kirgisischen Republik ist die Zahl der Angehörigen der deutschen Minderheit von rund 100.000 auf die genannte Zahl geschrumpft und galt bis in die 1990er Jahre noch als viertgrößte Bevölkerungsgruppe des zentralasiatischen Landes. Seit der ersten Einwanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts pflegten die Angehörigen der deutschen Minderheit enge Kontakte zu deren kirgisischen Landsleuten und sprachen und sprechen meistens auch Kirgisisch, was die bilateralen freundschaftlichen Beziehungen beider Länder nachhaltig und positiv beeinflusste.
Neben der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und dem Goethe-Institut, sind auch die Sprachkurse des Deutschen Humanitären Hilfsfonds zum Erlernen der deutschen Sprache sowie deren Kurse und Workshops zur Vermittlung der deutschen Kultur und Identität sehr gefragt. Das in Bischkek ansässige Sprachlernzentrum gehört zum größten Sprachenzentrum der zentralasiatischen Region.


KROATIEN
Allgemein
In Kroatien leben heute offiziell noch 3.000 Angehörige der deutschen Minderheit, während Schätzungen zufolge noch ca. 30.000 bis 40.000 Deutschstämmige im Land leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Donauschwaben in Kroatien weitgehend vertrieben, enteignet und unterdrückt, wobei viele nach Deutschland und Österreich auswanderten, während andere ihre Identität und Kultur aufgeben mussten. Die Deutsche Minderheit ist heute über das ganze Land verstreut, mit einem Schwerpunkt im östlichen Teil, und durch das Gesetz über die Minderheitenrechte anerkannt und geschützt. Ein zentrales Ziel der Deutschen Gemeinschaft ist die Stärkung der Jugendarbeit, um Nachfahren der Donauschwaben mit ihrer Herkunft vertraut zu machen und die sprachliche und ethnokulturelle Identität zu bewahren. Zu den wichtigsten Projekten der Deutschen Gemeinschaft gehören die ganzjährig stattfindende Samstagsschule und der Deutsche Kulturmonat, die sich beide gezielt an die Jugend richten.
Organisationsstruktur
Die Deutsche Gemeinschaft in Essegg/Osijek mit ihren Zweigstellen in Đakovo und Kneževi Vinogradi ist heute der größte Verein der Deutschen Minderheit in Kroatien. Weitere Vereine sind in Wukowar/Vukovar, in Agram/Zagreb und in Sirač/Siratsch tätig. Da die Vereine nicht in einem landesweiten Dachverband organisiert sind, übernimmt die Deutsche Gemeinschaft in Osijek als größter Verein diese Funktion. Sie unterstützt die anderen Vereine bei der Planung und Durchführung von Projekten und verwaltet die Fördermittel. Gleichzeitig dient sie auch als Ansprechpartner für Fördergeber und kümmert sich um die Beziehungen zu Organisationen aus der Bundesrepublik und den deutschen Minderheiten im benachbarten Ausland.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Kroatien ist ein Mitgliedsland der EU und aufgrund seiner langen Adriaküste sowie der Lage auf dem Westbalkan ein zentraler Knotenpunkt für Handel und Verkehr in Südosteuropa. Als NATO-Mitglied ist das Land für Deutschland auch ein wichtiger Partner in Sachen Sicherheit und Stabilität auf dem Balkan. In der EU spielt Kroatien auch eine wichtige Rolle als Nachbarstaat Bosnien-Herzegowinas und Serbiens, da es durch die vielfältigen Beziehungen zu seinen benachbarten Staaten zu ihrer Annäherung an die EU beitragen kann. Gleichzeitig bestehen aber auch anhaltende Spannungen mit diesen Nachbarn. Auch die Bedeutung Kroatiens in der Energiepolitik sollte nicht vernachlässigt werden. Hier ist u. a. das Projekt der Adria-Pipeline und die Etablierung von LNGTerminals relevant.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Die Deutsche Minderheit lebt vorwiegend im agrarisch geprägten östlichen Teil Kroatiens, Slawonien, mit seinen reichen landwirtschaftlichen Böden. Die deutsche Minderheit genießt vollumfängliche Minderheitenrechte. Im kroatischen Parlament wird sie zurzeit durch einen Abgeordneten vertreten, der alle Minderheiten gemeinsam vertritt.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die deutsche Minderheit erfreut sich eines positiven Ansehens in der kroatischen Gesellschaft, sowohl in Beziehung zur Mehrheitsgesellschaft insgesamt als auch zu den anderen Minderheiten. So finden z. B. auch gemeinsame Veranstaltungen mit der ungarischen Minderheit statt.


REPUBLIK MOLDAU
Allgemein
Die ersten deutschen Kolonisten stammten vorwiegend aus Württemberg. Sie ließen sich bereits vor ca. 200 Jahren in Bessarabien nieder und gründeten zahlreiche Mutterkolonien, aus denen zum Höhepunkt der deutschen Besiedlung rund 150 deutsche Gemeinden entstanden sind. Im Zuge des 2. Weltkrieges erfolgte die fast geschlossenen Umsiedlung der sog. Bessarabiendeutschen in die vom Deutschen Reich besetzten polnischen Westgebiete. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Moldau in die Sowjetunion eingegliedert. Heute leben noch fast 2.000 deutschstämmige Menschen in der Moldau und in Transnistrien.
Organisationsstruktur
Nach 1990 entstanden in der Republik Moldau mehrere deutsche Vereine, darunter der Deutsche Hausverein „Hoffnung“ sowie der Verein „Einigkeit“ in Chișinău, der Kulturverein „Edelweiss“ in Cahul, der Verein „Wiedergeburt“ in Bălți, der „Beistand“-Verein in Transnistrien, der Verein „Quelle“ in Bender sowie der deutsche Verein in Ribnița.
Diese Vereine sind meist gemeinnützige Organisationen, die sich für die Belange der dort lebenden Deutschen sowie die Förderung der deutschen Sprache, Kultur und Traditionen einsetzen. Ihr Engagement umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten, wie Sprachzirkel, Sprachferienlager für Kinder, Deutschkurse, Jugendgruppen, Sing- und Tanzgruppen, Lesungen und Konzerte. Ein zentrales Ziel ist es, Menschen aller Altersgruppen anzusprechen. Zudem bieten die deutschen Vereine den Zugang zur deutschen Kultur, unter anderem durch Bibliotheken mit deutschsprachigen Büchern, Literatur- und Musikabende, sowie jährlich stattfindende Oster- und Weihnachtskonzerte.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Für die Republik Moldau gehört Deutschland zu einer der wichtigsten Partner in der EU. Sie unterstützen die Republik bei ihrem Weg, sich mit Reformen zur Demokratie und zum Rechtsstaat zu entwickeln und zu stabilisieren. Nachdem der Europäische Rat beschlossen hat, mit Beitrittsverhandlungen zu beginnen, um den Weg der Republik Moldau zur Europäischen Union zu ermöglichen, werden sie von Deutschland bei der Gestaltung politischer und wirtschaftlicher Reformprozesse unterstützt.

Wirtschaftliche und politische Relevanz Deutschland ist einer der wichtigsten Außenhandelspartner der Republik Moldau. Von deutschen Firmen gibt es zahlreiche Investitionen im Land wie z.B. aus dem Bereich der Automobilbranche.
POLEN
Allgemein
Die deutsche Minderheit in Polen ist die größte anerkannte nationale Minderheit in Polen. Aus historischen Gründen leben ihre Mitglieder vor allem in Schlesien, Pommern und Kujawien sowie Ermland und Masuren. Bei der letzten Volkszählung machten die zur deutschen Minderheit zugehörigen Menschen in Polen gut 150.000 Personen aus, wobei Schätzungen zufolge eine höhere Zahl an Bewohnern Polens mit deutschen Wurzeln angenommen wird. Die Kultur-, Jugend- und Bildungsarbeit sowie Sprach- und Medienarbeit sind die wichtigsten Säulen der Projekte der deutschen Minderheit in Polen. Zu den wichtigsten kulturellen Ereignissen gehört das alle drei Jahre stattfindende Kulturfestival in der Jahrhunderthalle in Breslau, welches die deutsche Kulturvielfalt präsentiert. Zu den vorrangigen Maßnahmen gehören die Arbeit der Begegnungsstätten vor Ort (Deutsche Freundschaftskreise – DFK), Samstagskurse, die Deutsch-AG für Kinder, Weiterbildungsformate wie LernRaum.pl sowie die Herausgabe der Wochenzeitschrift „Wochenblatt.pl“.
Organisationsstruktur
Der „Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften“ (VdG) mit SItz in Oppeln (Opole) ist die Dachinstitution der Organisationen der deutschen Minderheit in Polen. Ziel des Verbandes ist vor allem die Vertretung aller Mitglieder der deutschen Minderheit in ganz Polen auf verschiedenen Ebenen. Der VdG ist die gemeinsame Stimme aller in Polen lebenden Deutschen, die sich entschlossen haben, sich in Organisationen zu vereinigen. Außerdem gehört es zu den Aufgaben des VdG, die verschiedenen Gesellschaften organisatorisch zu betreuen und zu beraten sowie die finanziellen Mittel zu verwalten. Wichtig ist auch die Pflege der Interessen der deutschen Minderheit in Kontakten sowohl mit der polnischen als auch deutschen Regierung, aber auch mit vielen anderen Organisationen sowohl im Inland als auch im Ausland.
Es bestehen größere Organisationen unter dem Dach des VdG wie z.B. die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien oder die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Schlesien auf regionaler Ebene, unter deren Schirmherrschaft die Tätigkeit von Hunderten kleinerer DFKs betrieben wird. Insgesamt betreibt die deutsche Minderheit in ihrer Tätigkeit ungefähr 450 Begegnungsstätten in ganz Polen. Es gibt des Weiteren Organisationen der deutschen Minderheit, die sich auf eine konkrete Tätigkeit konzentrieren, z. B. das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen, die Deutsche Bildungsgesellschaft, die Wohltätigkeitgesellschaft der Deutschen in Schlesien, der Bund der Jugend der Deutschen Minderheit, das Joseph von Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum in Lubowitz, das Forschungszentrum der deutschen Minderheit, die Joseph-von-Eichendorff-Bibliothek in Oppeln, der Verein „Pro Liberis Silesiae“ und viele andere.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Polen nimmt in Mittel- und Osteuropa eine zentrale geopolitische Position in Europa ein, die durch seine geografische Lage, historische Entwicklungen und aktuelle politische Dynamiken geprägt ist. Geographisch zwischen Deutschland im Westen sowie Russland, Weißrussland und die Ukraine im Osten gelegen sowie durch Mitgliedschaften in politischen Bündnissen wie der NATO (seit 1999) und der Europäischen Union (seit 2004) geprägt, ist Polen ein wichtiger Partner der europäischen Staaten und der USA. Polens Engagement trägt zur Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik innerhalb der EU bei, besonders in Zeiten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Die deutsche Minderheit ist als politische Kraft in Polen vor allem in den Wojewodschaften Oppeln und Schlesien erfolgreich aktiv. Das Wahlkomitee der deutschen Minderheit ist auf nationaler Ebene von der 5-Prozent-Hürde befreit und war bis 2023 mit Abgeordneten im polnischen Sejm vertreten. Jetzt gibt es einen Beauftragten für Minderheitenfragen beim Sejmmarschall (Parlamentspräsident), der aus den Reihen der Deutschen Minderheiten kommt. Bei den Regional- und Kommunalwahlen erhielten die Vertreter der deutschen Minderheit zahlreiche Stimmen, sodass sie in verschiedenen Gemeinde- und Kreisräten zahlreich vertreten sind und auch Bürgermeister stellen. Auf Landesebene in der Wojewodschaft Oppeln ist die deutsche Minderheit seit mehreren Jahren in der Regierung vertreten und stellt neben der Vizemarschallin (Vize-Ministerpräsidentin) auch den Sejmikvorsitzenden (Landtagspräsidenten).


Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Oppeln Mit der Stadtrallye des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit werden deutsche Spuren gesucht


Wirtschaftlich gesehen ist die deutsche Minderheit ein wichtiger Anker, da sie vor Ort durch das Vorhandensein der deutschen Sprache sowie durch Fördermöglichkeiten der Stiftung für die Entwicklung Schlesiens lokal und regional Unternehmensgründungen und Investitionen fördert. Unternehmen aus allen wirtschaftlichen Sektoren schaffen Arbeitsplätze für die Bevölkerung und tragen zur wirtschaftlichen Stabilität ihrer Regionen bei. Des Weiteren investieren viele deutsche Unternehmen in den Regionen, in denen die deutsche Minderheit stark ist, da das Know-How, die Ausbildung der Mitarbeiter sowie die deutsche Sprache gegeben ist. Dies führt zur Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Nicht nur in der Politik, sondern vor allem in der Gesellschaft spielt die deutsche Minderheit in den Regionen, in denen sie lebt, eine große Rolle. Einerseits gibt es die deutsche Kultur, Traditionen und Bräuche, die sich in den ehemaligen deutschen Gebieten in Polen erhalten haben und sowohl von der deutschen Minderheit als auch von der polnischen Mehrheitsgesellschaft gepflegt werden. In Vereinen und Verbänden wird dieses kulturelle Erbe genauso wie die deutsche Sprache in diesen und in den Schulen am Leben erhalten und von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen genutzt. Die deutsche Minderheit ist Initiatorin mehrerer gesellschaftlicher Projekte, die ihr und dem mitwohnenden Umfeld zu Gute kommen und somit die Lebensqualität auf lokaler und regionaler Ebene verbessert. Weiterbildungsmöglichkeiten in der Erwachsenenbildung, Sprachkurse, wissenschaftliche Forschung, aber auch Seniorenbetreuung und Jugendarbeit sind Felder, die die deutsche Minderheit besetzt. Im Bereich der Medienarbeit ist die deutsche Minderheit als Herausgeberin von Zeitungen und Fernseh- bzw. Radioprogrammen sowie einem breiten Internetangebot erfolgreich tätig.
RUMÄNIEN
Allgemein
Die deutsche Minderheit in Rumänien zählt nach eigenen Schätzungen ca. 30.000 Menschen. Ihre Angehörigen unterteilen sich nach mehreren Regionen des heutigen Rumäniens: Die Siebenbürger Sachsen, die Sathmarer und Banater Schwaben, die Banater Berglanddeutschen, Landler und Zipser, die Buchenland- und Dobrudschadeutschen sowie die Altreichdeutschen. Sie sind vollberechtigte Bürger des modernen rumänischen Staates und haben als Autochthone zu seinem Entstehen beigetragen. Das deutsche Bildungssystem sowie kulturelle Angebote, wie das deutsche Staatstheater Temeswar/ Timișoara und die Tageszeitung „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“ finden großen Anklang bei der deutschen Minderheit. Zu den kulturellen Höhepunkten gehören Brauchtumsfeste und andere Veranstaltungen, welche von der deutschen Minderheit genauso gern wie von der Mehrheitsbevölkerung besucht werden. Zwischen 2014 und 2024 stellte die deutsche Minderheit mit Klaus Johannis den ersten Präsidenten Rumäniens, der gleichzeitig Angehöriger einer Minderheit ist.
Organisationsstruktur
Die deutsche Minderheit in Rumänien wird politisch, sozial und kulturell durch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) mit Sitz in Hermannstadt/Sibiu vertreten. Das DFDR ist hierarchisch gegliedert in Ortsforen, Kreisforen und die fünf Regionalforen Altreich, Banat, Buchenland, Nordsiebenbürgen und Siebenbürgen. Die Foren erlauben der deutschen Minderheit eine politische Teilhabe in Rumänien, die sich u. a. in der Tätigkeit ihrer Mitglieder als Bürgermeister oder in Gemeinderäten niederschlägt. Die Jugendorganisationen der deutschen Minderheit sind landesweit zusammengeschlossen in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen in Rumänien e. V. (ADJ) und realisieren alljährlich zahlreiche Sprach- und Kulturprojekte.
Neben ihrer Projektarbeit ist die deutsche Minderheit in Rumänien sich auch ihrer sozialen Verantwortung bewusst. Über regionale Stiftungen werden Einzelfallhilfen an sozialbedürftige Angehörige der deutschen Minderheit und ehemalige Russlanddeportierte ausgezahlt. Zudem besitzt die deutsche Minderheit in Rumänien insgesamt drei eigene Altenheime in Sathmar/Satu Mare, Hermannstadt/Sibiu sowie Temeswar/Timişoara. Die Selbstorganisation der deutschen Minderheit übt außerdem über die fünf regionalen Wirtschaftsstiftungen einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung kleiner und mittelständischer Unternehmen auf lokaler sowie regionaler Ebene in Rumänien aus.
Durch ihre Förderung werden vorwiegend junge Unternehmer bei der Existenzgründung unterstützt, die anschließend eine Rolle als Multiplikator erfüllen – in Bereichen wie Landwirtschaft, Medizin oder Handwerk. Es handelt sich dabei um den BVIK Banatia, die ACI Bukowina Stiftung, die Sathmarer Stiftung für internationale Kooperation (SSIK), die Saxonia Transilvania Stiftung und den Verein für internationale Kooperation Transcarpatica.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Rumänien ist aufgrund seiner Lage am Schwarzen Meer von entscheidender Bedeutung für Deutschland und die EU. Das Land ist als Mitglied der NATO ein wichtiger Verbündeter Deutschlands an der NATO-Ostflanke, umso mehr aufgrund seiner Grenze zur Ukraine. Aus energiepolitischer Sicht sind die engen Beziehungen zu Rumänien wichtig, da die Möglichkeit der Ausbeutung von Erdölvorkommen im Schwarzen Meer besteht. Durch seine Lage nicht nur an der Küste des Schwarzen Meeres, sondern auch entlang der Donau, hat Rumänien Zugang zu entscheidenden Schifffahrts- bzw. Handelsrouten durch Mittel und Südosteuropa sowie in Richtung Asien. Die rumänische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und stellt einen interessanten Standort für deutsche Investitionen dar.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Die deutsche Minderheit nimmt über ihre eigene politische Organisation, das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) Einfluss auf die Politik im Land. Die Minderheit wird im nationalen Parlament durch den Abgeordneten Ovidiu Ganţ vertreten, der 2024 wiedergewählt wurde. Von 2014 bis 2024 stammte der Präsident Rumäniens, Klaus Johannis, aus den Reihen der deutschen Minderheit und unterstrich damit ihren Status im Land. Zudem sind Vertreter der deutschen Minderheit auch in Gemeinderäten vertreten und bekleiden die Posten von Bürgermeistern. Die Deutsche Minderheit ist ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung auf lokaler und regionaler Ebene. Die fünf Wirtschaftsstiftungen, tätig in den einzelnen Regionen Rumäniens, unterstützen als Kreditgeber kleine und mittelständische Firmen. Die deutschen Unternehmer sind sowohl in der Landwirtschaft als auch in diversen anderen Bereichen wie Handwerk oder Medizin tätig.


Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die deutsche Minderheit genießt ein sehr gutes Ansehen in der rumänischen Gesellschaft. Das ist z. B. in den engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Deutschen Minderheit und ihrem Umfeld erkennbar. Deutsche Dienstleistungen wie bspw. Arztpraxen unterhalten breite Kundenstämme, die sich nicht nur auf die Angehörigen der eigenen Minderheit beschränken. Die Kulturveranstaltungen der deutschen Minderheit werden auch von der Mehrheitsgesellschaft positiv aufgefasst und rufen ein breites Medienecho hervor. Es bestehen zwei deutsche Theater in Rumänien: das Deutsche Staatstheater in Temeswar/Timişoara sowie die deutsche Abteilung des Radu-Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt/Sibiu. Die Minderheit unterhält auch viele eigene soziale und kulturelle Einrichtungen, darunter mehrere Altenheime, Kindergärten und Schulen. Die deutsche Sprache erfreut sich in Rumänien großer Beliebtheit, der deutschsprachige Unterricht wird auch von Schülern besucht, die nicht Teil der deutschen Minderheit sind.




RUSSISCHE FÖDERATION
Allgemein
In Russland leben etwa 450.000 Menschen deutscher Abstammung, hauptsächlich in Sibirien und im asiatischen Teil der Föderation. Diese geographische Verteilung ist eine Folge der Deportationen aus den ursprünglichen Siedlungsgebieten im europäischen Teil nach Sibirien und Zentralasien während des Zweiten Weltkriegs. Die Zahlen basieren auf der Volkszählung von 2010 und wurden prozentual für das Jahr 2023 geschätzt. Eine aufgrund der Pandemie mehrfach verschobene Volkszählung wurde zwar 2021 durchgeführt, jedoch aufgrund mangelnder Erkenntnisse über die ethnische Zugehörigkeit nicht für die offizielle Zählung herangezogen. Die aktuelle politische Lage sowie der Angriffskrieg der Russischen Föderation in der Ukraine sind weitere Faktoren, die die Zahl der Angehörigen der deutschen Minderheit in der Gesamtbevölkerung Russlands beeinflussen.
Jährlich werden zahlreiche Projekte und Veranstaltungen für die deutsche Minderheit organisiert, darunter Sprachkurse sowie kulturelle und sportliche Großveranstaltungen, die Menschen aus ganz Russland zusammenbringen. Die „Moskauer Deutsche Zeitung“, die einzige landesweit erscheinende deutschsprachige Wochenzeitung, berichtet ebenfalls über diese Aktivitäten und wird von der Deutsch-Russischen Regierungskommission unterstützt. Zudem arbeitet die deutsche Minderheit mit der evangelischen und römisch-katholischen Kirche zusammen und wird von russlanddeutschen Unternehmern unterstützt. Auf lokaler Ebene bestehen zudem Kooperationen mit Schulen und Heimatvereinen.
Organisationsstruktur
Die Selbstorganisation der Deutschen in der Russischen Föderation wird durch den Internationalen Verband der Deutschen Kultur (IVDK) repräsentiert, dem 59 russlanddeutsche Organisationen und mehr als 564 Vereine angehören. Laut Schätzungen der Organisation profitieren etwa 600.000 Personen von den Aktivitäten der Vereine. Die Veranstaltungen finden auf lokaler Ebene in Begegnungszentren sowie in den Kultur- und Geschäftszentren der Deutschen in Russland statt. Größere Zentren bilden die DeutschRussischen Häuser, die als wichtige Begegnungsorte für die Deutschen in der Russischen Föderation dienen, da sie die Kapazitäten der kleineren Begegnungszentren bündeln.


Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die deutsche Minderheit hat in der Russischen Föderation eine lange Geschichte und geht zurück auf das Manifest von Katharina der Großen (selbst eine gebürtige Deutsche) vor über 260 Jahren. Seitdem prägen sie zum großen Teil das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Regionen mit, in denen sie beheimatet sind. Unter anderem unterhalten sie Schulen, die auch für die anderen Minderheiten und der Mehrheitsbevölkerung zugänglich sind. In Westsibirien existieren bis heute Deutsche Nationale Rajone wie der Deutsche Nationalrajon Asowo oder der Deutsche Nationalkreis Halbstadt. Die kulturellen und gesellschaftlich-traditionellen Veranstaltungen in den Regionen des großen Flächenlandes werden von den Bewohnern dieser Gegenden stark frequentiert und genießen ein großes Ansehen in der Bevölkerung.
Derzeit ist es schwierig, diese Veranstaltungen im gewohnten Maße durchzuführen, doch seitens der deutschen Minderheit bleibt nichts unversucht, ihren positiven Stellenwert in der Gesellschaft zu halten und auszubauen.

SERBIEN
Allgemein
Die deutsche Minderheit in Serbien lebt vor allem im Norden des Landes, in der Provinz Vojvodina, und zählt offiziell etwa 4.000 Mitglieder, wobei Schätzungen die Zahl auf rund 10.000 erhöhen. Bis zum Zweiten Weltkrieg lebten in der Vojvodina bis zu 500.000 Donauschwaben, nach Kriegsende und der anschließenden kommunistischen Machtübernahme sank die Zahl aufgrund von Vertreibungen und Deportationen jedoch dramatisch. Die verbliebenen Donauschwaben sahen sich im kommunistischen Jugoslawien Zwangsarbeit und Repressionen ausgesetzt. Erst im Jahr 2002 erfolgte die offizielle Anerkennung der deutschen Minderheit in Serbien. Durch das ansteigende Interesse an der Erhaltung von Sprache, Kultur und Brauchtum innerhalb der Deutschen Minderheit werden Projekte im Bereich der ethnokulturellen Arbeit, der Traditions- und Brauchtumspflege sowie in der Spracharbeit durch den Deutschen Humanitären Verein „St. Gerhard“ in Sombor sowie weitere Vereine durchgeführt.
Organisationsstruktur
Seit 2010 wird die Interessenvertretung der deutschen Minderheit in Serbien durch den Deutschen Nationalrat übernommen, der in den Bereichen Kultur, Bildung und Medien tätig ist und seinen Sitz in Sombor hat. 2020 konnte der Nationalrat durchsetzen, dass der 15. Dezember als offizieller Feiertag der deutschen Minderheiten anerkannt wurde.
Da die deutsche Minderheit in Serbien nicht in einem Dachverband organisiert ist, nimmt der Deutsche Humanitäre Verein „St. Gerhard“ eine entsprechende Rolle wahr. Neben der Durchführung eigener Initiativen, unterstützt er auch die anderen Vereine bei der Entwicklung, Realisierung sowie Abrechnung ihrer Projekte und stellt den Ansprechpartner für die bundesdeutsche Förderung der deutschen Minderheit in Serbien dar. In Serbien existiert über ein Dutzend Vereine der deutschen Minderheit, darunter die Deutschen Vereine „Syrmisch Mitrowitz“, „Maria Theresiopolis“, Hodschag, BatschTopola, Kikinda und „Hannemann“.
Seit über 30 Jahren werden bedürftige Angehörige der deutschen Minderheit in Serbien jedes Jahr durch die Verteilung von humanitären Hilfsgütern unterstützt, gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Serbien ist als einer der größten und bevölkerungsreichsten Staaten des Balkans ein zentraler regionaler Akteur in Südosteuropa. Aus historischen Gründen ist die Einbeziehung Serbiens in die aus deutscher und EU-Perspektive notwendige Strategie für Frieden und Stabilität auf dem Balkan zwingend erforderlich.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Die deutsche Minderheit besitzt in Serbien zurzeit keine politische Vertretung im serbischen Parlament. Ihre politische Interessenvertretung stellt seit 2010 der auf vier Jahre gewählte Deutsche Nationalrat mit Sitz in Sombor dar.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die Vereine der deutschen Minderheit haben Ihren Sitz zum größten Teil in der nördlichen Region Vojvodina. Die dem Erhalt und lebendigen Zelebrieren ihrer Kultur dienenden Veranstaltungen und Projekte werden auch oft von interessierten Besuchern aus der Mehrheitsgesellschaft besucht. Die deutsche Minderheit unterhält auch einige eigene Institutionen wie das Donauschwäbische Museum in Sombor. In den letzten Jahren ist eine Entwicklung des kulturellen Lebens der deutschen Minderheit zu verzeichnen. U. a. wird nun wöchentlich eine deutschsprachige Radiosendung im öffentlich-rechtlichen Sender ausgestrahlt. Seit 2018 gibt es auch eine monatliche deutschsprachige Fernsehübertragung.


SLOWAKEI
Allgemein
Die Karpatendeutschen sind die deutschen Siedler, die seit dem 12. Jahrhundert in der heutigen Slowakei anzutreffen sind. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in der Slowakei etwa 150.000 Deutschstämmige, was rund 5 % der Gesamtbevölkerung ausmachte. Sie konzentrierten sich auf drei Hauptsiedlungsgebiete: Pressburg/Bratislava und Umgebung im Westen, das Hauerland in der Mittelslowakei und die Zips im Osten des Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden rund 90 % der Deutschen vertrieben und die im Land verbliebenen verloren aufgrund der Beneš-Dekrete ihre Rechte und ihr Eigentum. Bei der Volkszählung 1950 bekannten sich nur noch 5.179 Personen zur deutschen Nationalität, 1980 waren es lediglich 2.819. Der hohe Assimilationsdruck und das Fehlen eines deutschen Schulwesens führten dazu, dass die Karpatendeutschen bis Ende der 1980er Jahre in der Slowakei beinahe ihre Existenz verloren hätten. Erst nach dem Fall des Ostblocks gab es wieder Hoffnung für ihre Kultur und Identität. Bis 2011 stieg ihre Zahl auf 4.690 und bei der Volkszählung 2021 wurden 8.573 Karpatendeutsche erfasst.
Organisationsstruktur
Der Karpatendeutsche Verein in der Slowakei (KDV) ist eine Dachorganisation, die eine gesellschaftliche und kulturelle Vereinigung von Bürgerinnen und Bürgern der Slowakischen Republik darstellt, die deutscher Nationalität oder Herkunft sind und Deutsch als ihre Muttersprache sprechen. Zudem gehören dem Verein auch Sympathisanten der deutschen Minderheit in der Slowakei und ihrer Kultur an. Die deutsche Minderheit lebt noch immer in ihren historischen Siedlungsgebieten, was sich im organisatorischen Aufbau des Vereins widerspiegelt. Der KDV hat etwa 4.200 Mitglieder in 32 Ortsgemeinschaften, die aufgrund ihrer historischen und territorialen Zugehörigkeit in fünf Regionen unterteilt sind: Pressburg, Hauerland, Oberzips, Unterzips und Bodwatal.

Unter der Dachorganisation KDV ist auch der Verband der Karpatendeutschen Jugend (KDJ) eingegliedert. Dieser Verband setzt sich aktiv für die Belange der karpatendeutschen Jugend ein und fördert ihre kulturelle Identität sowie das Bewusstsein für die Geschichte und Traditionen der Karpatendeutschen. Durch verschiedene Veranstaltungen, Bildungsangebote und gemeinsame Projekte bietet der KDJ den Jugendlichen die Möglichkeit, sich mit ihrer Herkunft auseinanderzusetzen und sich für eine lebendige Gemeinschaft zu engagieren.
Seit Juli 1992 erscheint das „Karpatenblatt“, ein Monatsblatt, das die Interessen und Belange der deutschen Gemeinschaft in der Slowakei widerspiegelt. Das Magazin informiert nicht nur über kulturelle Aktivitäten und Traditionen, sondern auch über historische Aspekte, Bildungsangebote und die Entwicklungen der deutschen Sprache in der Region. Es dient als wichtige Informationsquelle für die Karpatendeutschen und wird sowohl in der Slowakei als auch international verbreitet.
Seit 1994 ist das Museum der Kultur der Karpatendeutschen als Teil des Slowakischen Nationalmuseums etabliert und zählt heute zu einer anerkannten und bedeutenden kulturellen Institution in der Slowakei. Es zeigt die Geschichte, Kultur und den Traditionen der Karpatendeutschen und bietet ein umfangreiches Ausstellungsprogramm, das sowohl historische als auch zeitgenössische Themen behandelt.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Die Slowakei liegt im Herzen Mitteleuropas und spielt aufgrund ihrer geostrategischen Lage eine wichtige Rolle in der geopolitischen Landschaft Europas. Sie grenzt an Polen im Norden, Ukraine im Osten, Ungarn im Süden, Österreich im Westen und Tschechien im Nordwesten. Diese zentral gelegene Position macht die Slowakei zu einem wichtigen Knotenpunkt für Handel, Verkehr und politische Beziehungen zwischen den westlichen und östlichen Teilen Europas. Als Mitglied der Europäischen Union und der NATO ist die Slowakei politisch und sicherheitspolitisch in westliche Strukturen eingebunden.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschen Minderheit
Zu den Partnerorganisationen des KDV gehört die Stiftung Karpatendeutsche Assoziation (KDA), die Unternehmen in den karpatendeutschen Regionen unterstützt. Sie bietet zinsgünstige Kredite an, die es den Betrieben ermöglichen, ihre Aktivitäten auszubauen oder zu modernisieren. Die Stiftung fördert damit vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die durch Investitionen in neue Technologien oder Infrastruktur ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern wollen. Die finanziellen Darlehen sind dabei streng zweckgebunden und müssen für die beabsichtigten Modernisierungs- oder Ausbauprojekte verwendet werden. Durch diese Unterstützung trägt die Stiftung zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in den karpatendeutschen Regionen bei und stärkt langfristig die lokale Wirtschaft. Darüber hinaus verfolgt die Stiftung das Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensqualität in diesen Regionen zu verbessern.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Trotz der zahlreichen Herausforderungen im Laufe der Geschichte, einschließlich Vertreibungen und Assimilation, ist die deutsche Minderheit heute in vielen Bereichen der slowakischen Gesellschaft aktiv und trägt zur kulturellen Vielfalt des Landes bei. Ihre gesellschaftliche Verankerung lässt sich in mehreren Dimensionen beschreiben:
Die deutsche Minderheit bewahrt ihre kulturellen Traditionen durch eine Vielzahl von Veranstaltungen, Vereinen und kulturellen Initiativen. Dazu zählen Volkstänze, Musikgruppen, die Pflege traditioneller Trachten sowie die Organisation von Feiern und Festen, die tief mit der deutschen Kultur verwurzelt sind. Ein herausragendes Highlight der Karpatendeutschen ist das jährliche Kulturfest in Kezmarok, das als bedeutendes Ereignis die kulturelle Vielfalt und das Erbe der deutschen Gemeinschaft in der Region feiert. Jugendarbeit spielt eine wichtige Rolle in der Weitergabe von Traditionen und Werten an die nächste Generation. Durch Jugendcamps, Kunst- und Musikprojekte sowie Bildungsprogramme werden junge Menschen in die kulturellen Aktivitäten eingebunden und fördern den interkulturellen Austausch. Die Matakische Mundart spielt eine bedeutende Rolle im kulturellen Erbe der Karpatendeutschen und ist ein wichtiger Teil der regionalen Identität der deutschen Minderheit in der Slowakei. Diese spezifische Variante des Deutschen wurde von den in den Gebirgsregionen der Karpaten ansässigen deutschen Siedlern gesprochen. Sie zeichnet sich durch ihren melodischen Klang und den Einfluss der lokalen slawischen und ungarischen Sprachen aus, was ihr einen einzigartigen Charakter verleiht. Die Matakische Mundart enthält viele regionale Eigenheiten in Wortschatz, Grammatik und Aussprache, die sie von anderen deutschen Dialekten abgrenzen. Obwohl die Matakische Mundart im Alltag kaum noch verbreitet ist, wird sie von der älteren Generation und in kulturellen Veranstaltungen, wie z.B. Theateraufführungen oder Liedvorträgen, weiterhin gepflegt.

SLOWENIEN
Allgemein
Die deutschsprachige Minderheit ist in Slowenien autochthon, da die ersten Spuren deutscher Besiedlung im heutigen Staatsgebiet bis ins 10. Jahrhundert n. Chr. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs wuchs die Zahl der deutschsprachigen Bevölkerung in diesem Gebiet auf über 100.000 Personen, ging aber nach dem Zusammenbruch der Habsburger Doppelmonarchie und dem Zweiten Weltkrieg aufgrund von Flucht, Umsiedlung und Vertreibung dramatisch zurück. Heute wird die Zahl der Angehörigen der deutschsprachigen Minderheit im modernen slowenischen Nationalstaat auf ca. 5.000 geschätzt, vergleichbar in Größe mit der italienischen und ungarischen Minderheit. Im Gegensatz zu diesen ist die deutschsprachige Minderheit allerdings als einzige in Slowenien immer noch nicht offiziell als solche anerkannt. – trotz Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen durch Slowenien im Jahre 2000.
Die deutschsprachige Minderheit konzentriert sich heute schwerpunktmäßig in den Städten Marburg an der Drau/Maribor, Abstall/Apače, Cilli/Celje und Laibach/Ljubljana sowie im südlich gelegenen Gebiet der Gottschee. In ihrer Arbeit legt die deutschsprachige Minderheit besonderen Wert einerseits auf die Jugendarbeit andererseits auf Kulturprojekte, darunter auf deutschsprachige Chöre und traditionelle Tanzgruppen, deren Auftritt auch auf reges Interesse der slowenischen Mehrheitsgesellschaft stoßen.
Organisationsstruktur
Im Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien sind zur Zeit zehn Vereine zusammengeschlossen, verteilt über das ganze Land. Zu den aktivsten Vereinen zählen u. a. der Gottscheer Altsiedlerverein aus Krapflern/Občice mit seinen Trachtengruppen der Kinder und Erwachsenen sowie der Kulturverein deutschsprachiger Frauen „Brücken“ aus Marburg/Maribor mit seinem renommierten Hugo-Wolf-Kammerchor. Der Dachverband koordiniert die Arbeit der einzelnen Vereine, repräsentiert sie nach außen und bemüht sich auch um die Vernetzung mit den Deutschen Minderheiten in anderen Ländern Ostmitteleuropas. Ihm kommt eine zentrale Rolle im Bemühen um die offizielle Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit durch den slowenischen Staat bei.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Slowenien hat seit seiner Unabhängigkeit von Jugoslawien und dem Beitritt zur Eurozone eine rasante wirtschaftliche Entwicklung erlebt. Heute ist Slowenien eine exportorientierte Marktwirtschaft und ein boomender Wirtschaftsstandort.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit
Die deutschsprachige Minderheit ist in Slowenien offiziell nicht als solche anerkannt und bemüht sich weiterhin um ihre Anerkennung. Sie unterhält aus historischen Gründen enge Beziehungen zur Republik Österreich, insbesondere zu den Bundesländern Kärnten und Steiermark, von denen sie finanziell unterstützt werden.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die deutschsprachige Minderheit ist in Slowenien in mehreren Vereinen organisiert, die über das ganze Land verstreut sind. Viele Angehörige der deutschen Minderheit müssen trotz EU-Beitritt Sloweniens und der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen auch weiterhin mit Diskriminierung im Alltag aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit rechnen. Hier findet allerdings ein langsames und stückweises Umdenken in der Mehrheitsgesellschaft statt, was u. a. daran ersichtlich ist, dass die Gesangs- und Tanzensembles der deutschsprachigen Vereine großes Interesse in der lokalen Öffentlichkeit erzeugen und auch die Anerkennung der Mehrheitsgesellschaft gewinnen. Eine Präsenz der deutschsprachigen Minderheit in den nationalen Medien, d. h. über den lokalen oder regionalen Kontext hinaus, trifft aber immer wieder auf großen Widerstand von slowenischer Seite.


TSCHECHIEN
Allgemein
In Tschechien identifizieren sich rund 24.200 Staatsbürger mit der deutschen Nationalität, wobei die größte Organisation der deutschen Minderheit die Landesversammlung der deutschen Vereine ist, die rund 7.500 Mitglieder zählt. Der Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität folgt mit etwa 1.300 Mitgliedern und die „Jugend-Kultur-Organisation“ hat sich als wichtige Anlaufstelle für junge Menschen und Projekte etabliert, vor allem am Gründungsort Pardubitz (Pardubice).
Nach jahrelangen Bemühungen hat die Tschechische Republik am 28. Februar 2024 die deutsche Sprache unter den erweiterten Schutz des Dritten Teils der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen gestellt. Das Ziel ist es in den ehemaligen deutschsprachigen Gebieten Böhmens, Mährens und Schlesiens Deutsch als gesellschaftlich relevante Landessprache zu etablieren. Der Schutz des Deutschen in der gesamten Tschechischen Republik ist nicht nur für die deutsche Minderheit in Tschechien von Bedeutung, sondern dient als Brücke der Kultur, der Bildung und Zusammenarbeit in Europa.
Organisationsstruktur
Die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik e.V. (LV) ist die zentrale Organisation der regionalen und lokalen Verbände der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik mit Sitz in Prag. Seit ihrer Gründung im Jahr 1992 verfolgt die LV das Ziel, die Interessen und Anliegen der deutschen Minderheit zu vertreten und diese in verschiedenen Minderheitengremien zu repräsentieren. Zudem setzt sie sich dafür ein, das kulturelle Erbe der deutschsprachigen Bevölkerung in der Tschechischen Republik sichtbar zu machen und die deutsch-tschechische Partnerschaft zu stärken. Ein weiterer Fokus liegt auf der Förderung der deutschen Sprache, sowohl als Kulturgut als auch im Bildungsbereich. Aktuell umfasst die Organisation 21 eigenständige, registrierte Verbände der heimatverbliebenen Deutschen sowie 15 Begegnungszentren. Es gibt auch bei der Struktur der deutschen Minderheit in Tschechien die Jugend- und Kulturorganisation JUKON. Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 organisiert die JUKON verschiedene Jugend- und Kulturprojekte, um sprachliche Fähigkeiten der Angehörigen der deutschen Minderheit zu fördern, generationsübergreifende Begegnungen zu ermöglichen und die deutsche Identität zu stärken.
Die Landesversammlung (LV) arbeitet mit fünf Partnerorganisationen zusammen. Die Bohemia Troppau, 1992 als Wirtschaftsstiftung gegründet, unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten und organisiert Bildungs- sowie Sozialprojekte der deutschen Minderheit. Das Thomas-Mann-Gymnasium, 1995 gegründet, bietet eine achtjährige Ausbildung mit intensivem Deutschunterricht. Im Jahr 2020 initiierte die LV zusammen mit der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung die Initiative „Deutsch als Unterrichts- und Kultursprache“ (DEUKS). Das monatliche Magazin LandesECHO fördert den deutsch-tschechischen Dialog.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Die Tschechische Republik nimmt aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa und ihrer Mitgliedschaften in internationalen Bündnissen eine bedeutende geopolitische Rolle ein. Seit 1999 ist das Land Mitglied der NATO und seit 2004 Teil der Europäischen Union. Darüber hinaus gehört Tschechien seit 1993 den Vereinten Nationen an. Diese multilateralen Bindungen prägen die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes und positionieren es als verlässlichen Partner in der europäischen und transatlantischen Zusammenarbeit.
Deutschland ist dabei sowohl politisch als auch wirtschaftlich der wichtigste Partner Tschechiens. Nach der politischen Wende von 1989 haben sich die Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland äußerst positiv entwickelt. Auf der Grundlage historischer Aussöhnung und intensiver Kooperation entstand eine Ebene der Freundschaft, die heute als ausgezeichnet bezeichnet werden kann. Diese engen bilateralen Beziehungen tragen erheblich zur Stabilität und Integration Mitteleuropas bei und unterstreichen die Schlüsselrolle Tschechiens in der europäischen Politik.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschen Minderheit Die deutsche Minderheit in Tschechien spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien. Deutsche Unternehmen investieren in Regionen, in denen die Minderheit aktiv ist, da dort sprachliche und kulturelle Synergien die Zusammenarbeit positiv beeinflussen. Dies trägt nicht nur zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei, sondern fördert auch die wirtschaftliche Stabilität in den betroffenen Regionen.
Historisch betrachtet war das Sudetenland, die Heimat der Sudetendeutschen, eine der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Regionen in der ehemaligen Tschechoslowakei. Die industrielle Infrastruktur, die von sudetendeutschen Unternehmen und Fachkräften geprägt war, legte die Grundlage für die wirtschaftliche Dynamik in der Region. Heute knüpfen viele deutsche Investoren an diese Tradition an, da die Region über ein historisch gewachsenes Fachwissen und eine kulturelle Verbindung zu Deutschland verfügt.
Durch die Vermittlung deutscher Sprache und Kultur trägt die Minderheit zur Entwicklung einer gut ausgebildeten und mehrsprachigen Arbeitskraft bei, die für die Integration in den deutschen und europäischen Arbeitsmarkt besonders attraktiv ist. Diese Arbeitskräfte sind insbesondere in Grenzregionen wie dem Egerland von strategischer Bedeutung, da hier enge wirtschaftliche Verflechtungen zwischen beiden Ländern entstehen, die langfristig für Stabilität und Wachstum sorgen.
Politisch gesehen ist die deutsche Minderheit ein wichtiger Akteur, der auf regionaler Ebene häufig in Gremien vertreten ist und die Belange der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit aktiv mitgestaltet. Ihre historische Verbindung zu den Sudetendeutschen unterstreicht die Bedeutung eines konstruktiven Dialogs über gemeinsame Geschichte und Zukunft. Durch ihre Position fördert die Minderheit eine Plattform für den Dialog zwischen Deutschland und Tschechien und stärkt gleichzeitig die Minderheitenrechte auf EU-Ebene, was zur politischen Stabilität und zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen beiträgt.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Die deutsche Minderheit in Tschechien trägt wesentlich zur Bewahrung und Förderung der deutschen Kultur und Sprache bei. Mit einer Vielzahl kultureller Aktivitäten wie Volkstanzgruppen, deutsch-tschechischen Heiligenmessen, Wallfahrten und der Pflege traditioneller Trachten bleibt das kulturelle Erbe lebendig. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Pflege der Egerländer Mundart, die durch Lieder, Gedichte und Artikel sowie durch die Veröffentlichung von Büchern und Tonträgern erhalten wird.
Darüber hinaus spielt die deutsche Minderheit eine bedeutende Rolle im kulturellen Austausch zwischen der tschechischen Mehrheitsgesellschaft und Deutschland. Projekte in den Bereichen Ethnokultur, Sprach- und Jugendarbeit kommen nicht nur der Minderheit, sondern der gesamten Gesellschaft zugute.
Die deutsche Minderheit fungiert als Brücke zwischen Tschechien und Deutschland, indem sie Vorurteile abbaut und Integration fördert. Deutschsprachige Medien wie Zeitungen und Radiosendungen tragen dazu bei, ihre Arbeit sichtbar zu machen und den kulturellen Austausch zu unterstützen. Gleichzeitig bewahrt die Minderheit mit ihren vielfältigen Projekten und Traditionen eine wertvolle Verbindung zur gemeinsamen deutsch-tschechischen Geschichte und fördert ein lebendiges kulturelles Miteinander.


UKRAINE
Allgemein
Die deutsche Minderheit in der Ukraine zählt heute etwa 33.000 Mitglieder, die bis Anfang 2022 überwiegend in der Ost- und Südukraine lebten. Der Rat der Deutschen der Ukraine (RDU) vertritt die Mehrheit der über 100 registrierten Organisationen der deutschen Minderheit, die aktuell mit großen Herausforderungen durch Zerstörungen, wie das Deutsche Haus in Mariupol oder Flucht der deutschstämmigen Bevölkerung konfrontiert sind. Gegenwärtig wird der Schwerpunkt der Unterstützung von älteren Menschen und der Förderung des Deutsch-Lernens bei Kindern und Jugendlichen gelegt. Mit Hilfe von Fördermitteln des Bundesministeriums des Innern und für Heimat konnte eine Immobilie in Mukatschewo, in Transkarpatien erworben werden, welche seit Ende 2023 als Begegnungszentrum für die deutsche Minderheit in der Westukraine zur Verfügung steht.
Organisationsstruktur
Der Rat der Deutschen der Ukraine (RDU) ist das Hauptkoordinierungsorgan, das die Interessen der Deutschen in der Ukraine vertritt. Die Tätigkeitsbereiche des RDU umfassen nach wie vor Kultur- und Bildungsentwicklung, das Erlernen der deutschen Sprache, Sozialprojekte, Rehabilitation, Archiv- und Recherchearbeiten, die Förderung der Forschung zur Geschichte der Deutschen, Business und Wirtschaft, die Partnerschaft zwischen ukrainischen Städten und Deutschland, Jugendarbeit und internationaler Jugendaustausch.

Die Gründer des RDU sind die drei gesamtukrainischen deutschen gesellschaftlichen Vereine: Gesamtukrainischer Verein der gesellschaftlichen Organisationen „Assoziation der Deutschen der Ukraine“ (ADU), Internationale gesellschaftliche Organisation „Gesellschaft der Deutschen Wiedergeburt“ (Wiedergeburt), Gesamtukrainischer Verband „Deutsche Jugend in der Ukraine“ (DJU). Das oberste Leitungsorgan des RDU ist die Konferenz der Gründer. RDU-Präsidium ist das Exekutivorgan des RDU, der besteht aus 12 Personen. Die Entscheidungen werden vom Präsidium und 26 Vertretern getroffen, die auf dem 7. Kongress von den territorialen Verwaltungseinheiten der Ukraine gewählt wurden. Der RDU wird vom Vorsitzenden geleitet.
Der Wohltätigkeitsfonds „Gesellschaft für Entwicklung“ (GfE) wurde im Jahr 1999 gegründet und bleibt ein Wohltätigkeitsfonds im Dienste der deutschen Minderheit in der Ukraine. Die GfE verfolgt unverändert gemeinnützige Ziele im Interesse der Gesellschaft und der ethnischen Deutschen, wobei sie die Wirtschafts- und Sozialentwicklung der Ukrainedeutschen fördert, wobei die Wahrung ihrer Identität stets im Fokus steht. Die GfE verfolgt auch weiterhin keine politischen Ziele und erzielte Gewinne werden wie bisher in gemeinnützige Projekte reinvestiert. Seit 2012 ist der RDU der Gründer der GfE und seit 2014 werden die Beschlüsse des RDU zur Projektfinanzierung vollständig umgesetzt.




UNGARN
Allgemein
Die deutsche Minderheit in Ungarn ist die zweitgrößte nationale Minderheit mit rund 142.000 Mitgliedern, die vor allem in Südungarn rund um Budapest und im Westen des Landes ansässig sind. Der Großteil der Vorfahren der heutigen Ungarndeutschen stammt aus den mittel- sowie süddeutschen Regionen. Die Deutschen wanderten in unterschiedlichen Epochen in das Land ein aber der größte Teil der Deutschen wurde von den Habsburgern nach dem Ende der Türkenzeit, ab dem frühen 18. Jahrhundert angesiedelt, um das Königreich wieder aufzubauen. Ende des 18. Jahrhunderts betrug die Zahl der Deutschen im damaligen Ungarn mehr als eine Million.
Die ungarndeutsche Gemeinschaft erlitt infolge des Zweiten Weltkrieges schwere Verluste. 1944 und 1945 wurden bis zu 60.000 ungarische Staatsbürger deutscher Abstammung - überwiegend junge Frauen und Männer im Alter zwischen 16 und 40 Jahren –auf sowjetischen Befehl zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Nach Ende des Krieges wurden über 200.000 deutschstämmige infolge der Kollektivschuld aus dem Land vertrieben. 2013 wurde der 19. Januar von Ungarns Regierung zum Gedenktag der Vertreibung und Verschleppung der Ungarndeutschen erklärt. Seitdem findet an dem Tag jährlich eine zentrale Gedenkfeier in einer ungarndeutschen Siedlung statt. Das Vereinsleben der Ungarndeutschen ist sehr vielseitig. In zahlreichen Ortschaften wirken lokale Tanz-, Musik- und Gesangsvereine. Auch auf Landesebene sind große landesweite Organisationen tätig, wie der Verein „Ungarndeutscher Kinder,“ die „Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher“, der „Landesrat Ungarndeutscher Chöre, Kapellen und Tanzgruppen“ oder der „Verband ungarndeutscher Autoren und Künstler“. Das wichtigste Ziel der Vereine ist die Bewahrung der ungarndeutschen Identität, die Pflege der Muttersprache sowie die Weitergabe der kulturellen und religiösen Traditionen.
Über die Tätigkeit der zahlreichen Vereine sind Berichte und Reportagen in der Wochenzeitung „Neue Zeitung“, in der Fernsehsendung „Unser Bildschirm“ im Ungarischen Fernsehen bzw. online auf Zentrum.hu zu finden, aber auch das „Sonntagsblatt“ und weitere regionale und lokale Zeitungen wie „Batschkaer Spuren“ oder „Bonnharder Nachrichten“ erscheinen regelmäßig.
Organisationsstruktur
Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) wird auf fünf Jahre gewählt. Das 47-köpfige Gremium legt die wichtigsten Leitlinien für das öffentliche Leben der Deutschen in Ungarn fest. Durch ihre Bildungs- und Kultureinrichtungen trägt sie zum Erhalt der deutschen Kultur und Sprache bei. Zu den wichtigsten Einrichtungen der Ungarndeutschen zählen unter anderem das Valeria-Koch-Bildungszentrum in Fünfkirchen/Pécs, das Ungarndeutsche Bildungszentrum in Baje/Baja oder das Budapester Deutsche Natinalitätengymnasium sowie die Deutsche Bühne Ungarn in Seksard/ Szekszárd, das Ungarndeutsche Kultur- und Informationszentrum und Bibliothek in Budapest und das Lenau-Haus in Fünfkirchen/Pécs.
In über 400 Ortschaften arbeiten deutsche Selbstverwaltungen, die auf lokaler Ebene die ungarndeutsche Gemeinschaft unterstützen. Seit 2018 gibt es einen ungarndeutschen Abgeordneten im ungarischen Parlament, der erfolgreich Initiativen zur Verbesserung der Förderung der Minderheiten vorangetrieben hat.
Das Schulwesen ist eine wichtige Stütze der ungarndeutschen Gemeinschaft. Deutsch als Minderheitensprache wird den ca. 65.000 Heranwachsenden vom Kindergarten bis hin zum Abitur in mehr als 500 Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Grundschule, Mittelschule) beigebracht. Das Fach „Deutsche Sprache und Literatur“ wird in fünf Wochenstunden und das selbständige Fach „Volkskunde der Minderheit“ in einer Wochenstunde unterrichtet. Wenn die Zusammensetzung der Lehrkräfte es ermöglicht, werden einige Fächer in deutscher Sprache wie Geschichte, Geografie, Mathematik, Biologie/ Naturkunde, Informatik, Sport, Musik vermittelt. Als Schulträger können der Staat, die Landesselbstverwaltung der Minderheit, die örtliche Minderheitenselbstverwaltung, die Kirche oder eine Stiftung fungieren. Die Arbeit der Schulen wird vom Ungarndeutschen Pädagogischen Institut und Methodischem Zentrum unterstützt, das ebenfalls ein Institut der LdU ist.

Allgemein
In Usbekistan leben etwa 6.000 Deutschstämmige, die hauptsächlich in und um die Städte Taschkent, Buchara, Fergana und Samarkand ansässig sind. Seit 1990 fördert das Kulturzentrum „Wiedergeburt“ in Taschkent die ethnische Identität der deutschen Minderheit in Usbekistan durch Sprachkurse und kulturelle Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Hierzu werden in allen vier Städten Begegnungsstätten betrieben und im Jahre 2023 wurde in Taschkent aus Mitteln des Bundes das Usbekisch-Deutsche Haus als Hauptsitz und Begegnungsstätte der Deutschstämmigen der Republik Usbekistans erworben. Zusätzliche Unterstützung erfahren die vier Begegnungsstätten durch das Komitee für interethnische Beziehungen und freundschaftliche Verbindungen mit dem Ausland im Ministerium für Kultur der Republik Usbekistan.
Die vier Kulturzentren bieten usbekistanweit den Angehörigen der deutschen Minderheit und Interessierten eine Plattform zum (Wieder)Erlernen der deutschen Sprache und Kultur. Insbesondere die Sprach- und Jugendarbeit stehen im Mittelpunkt der Bestrebungen, aber auch die Fürsorge der Erlebnisgeneration, welche u. a. Lebensmittelpakete mithilfe der tatkräftigen Unterstützung Jugendlicher, medizinische Untersuchungen und häusliche Pflege erhalten, sowie die Förderung von Partnerprojekten mit Organisationen in Deutschland, um die Brückenfunktion zwischen beiden Ländern zu stärken. Durch einen breitgefächerten Ansatz an die eigene Herkunftsgeschichte mittels verschiedener Zirkel und Workshops zur Sprache, Ethnokultur, Chor und Kochkurse werden generationsübergreifend die Traditionen und Bräuche, aber auch die deutsche Identität der Usbekistandeutschen gefördert und gestärkt.
Organisationsstruktur
Das Kulturzentrum „Wiedergeburt“ (Uzbekistan Deutsche – Alles über die Kulturzentren der Uzbekistan Deutsche) mit Hauptsitz in Taschkent ist die Dach- und Selbstorganisation der deutschen Minderheit in Usbekistan und vertritt die Interessen der Deutschstämmigen sowie lädt Interessierte zu deren Veranstaltungen und Angeboten ein. Alle drei Jahre finden Wahlen auf dem Kongress der Deutschen statt, um einerseits den/die Vorsitzende/-n der deutschen Minderheit und deren Selbstorganisation sowie den Aufsichtsrat zu wählen. An dieser Mitgliederversammlung nehmen Delegierte aus allen vier regionalen Kulturzentren teil. Für die Umsetzung der Programmarbeit, gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat, wurde im Jahre 2019 das Exekutivkomitee gegründet, an dessen Spitze eine BMI-Programmleiterin und gewählte Vorsitzende steht. Dem Exekutivkomitee unterstehen die vier landesweiten Kulturzentren „Wiedergeburt“, welche von insgesamt vier Fachkoordinator/-innen des UsbekischDeutschen Hauses in Taschkent betreut werden. Die fachliche Anleitung erfolgt in den Themenbereichen: Ethnokultur, Jugendarbeit, Spracharbeit, Selbstverwaltung, Eliteförderung, soziale Hilfen sowie Partnerarbeit. In Usbekistan gibt es zusätzlich zu jeder Begegnungsstätte auch einen Jugendclub in den Städten Taschkent, Buchara, Fergana und Samarkand, welche von einem/r Jugendclubleiter/-in vertreten werden. Auf überregionaler Ebene werden die Jugendlichen der deutschen Minderheit Usbekistans von einem Vorsitzenden des deutschen Jugendverbandes vertreten und angeleitet.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Seit dem Jahr 1999 hat die Republik Usbekistan ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union. Das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens ist ein wichtiges Kooperationsland für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und gehört zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Der Republik Usbekistan wird zum dem eine wirtschafts- als auch sicherheitspolitische Schlüsselrolle in der Region nachgesagt. Aufgrund seiner Lage zeichnete sich Usbekistan insbesondere auch zur logistischen Unterstützung des ISAF-Einsatzes in Afghanistan aus.
Die Republik Usbekistan ist eine Präsidialrepublik mit Zwei-Kammer-Parlament, wo die wichtigsten Machtbefugnisse in den Händen des Präsidenten liegen. Das zentralasiatische Land ist gemeinhin eines der reformfreudigsten Länder weltweit, so wurden u. a. im Jahre 2023 umfassende Menschen- und Bürgerrechte in der Verfassung verankert und die Kompetenzen der drei Staatsgewalten gesichert.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der Minderheit Deutschland gehört neben Russland, China, Südkorea und Kasachstan zu den wichtigsten Partnern Usbekistans und ist somit deren wichtigster und größter europäischer Handelspartner. Deutschland exportiert vor allem Maschinen, Kfz und Kfz-Teile sowie Pharmazeutika, mit einem deutlichen Handelsbilanzüberschuss auf deutscher Seite. Insbesondere das usbekische Erdgas gewinnt an einer zunehmenden Bedeutung in Deutschlands Energiepolitik. Zentral für Deutschlands Energiewende ist auch eine zunehmende Kooperation mit dem zentralasiatischen Land in den Bereichen Energie und Klima, so gibt es in Usbekistan eine der größten Kupferminen weltweit. Des Weiteren gibt es rund 55 deutsche Firmenfilialen in der zentralasiatischen Republik, welche u. a. Siemens und deutsche Banken umfassen. Internationale Investitionen und Unternehmensvertretungen nehmen in Usbekistan ebenfalls zu.
Neben einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung ist eine weitere wichtige Säule der Zusammenarbeit die Modernisierung des usbekischen Gesundheitssektors. Die Ausbildung und Gewinnung von qualifiziertem medizinischem Personal spielen hierbei eine wichtige Rolle für Deutschland als auch für Usbekistan. Auch der Tourismussektor wächst rasant im Land an der Seidenstraße an, so befinden sich regionale Vertretungen der deutschen Minderheit Usbekistans u. a. in den touristischen Magneten Buchara und Samarkand.
Gesellschaftliche Verankerung der Minderheit
Zu den über 100 verschiedenen Bevölkerungsgruppen des zentralasiatischen Landes gehört auch die vergleichsweise sehr kleine deutsche Minderheit Usbekistans. Die usbekische Regierung fördert aktiv die multikulturelle Mentalität und den interkulturellen Dialog im Land und stellt mittels des Komitees für interethnische Beziehungen und freundschaftliche Verbindungen mit dem Ausland u. a. Räumlichkeiten und Fördermittel für die Begegnungsstättenleiter/-innen zur Verfügung. Deutsch ist eine besonders beliebte Sprache in Usbekistan und die Zahl der Deutschlernenden in Usbekistan steht weltweit in der Top 5-Liste. So sind u. a. die Sprachkurse der regionalen Kulturzentren „Wiedergeburt“ in der Bevölkerung sehr gefragt. Seit dem Jahre 2002 ist zudem ein Kulturabkommen zwischen beiden Ländern in Kraft getreten, um deutsche Mittlerorganisationen in der Usbekischen Republik zu verorten, sowie die Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Ausbildung und Hochschulwesen voranzutreiben.


DEUTSCHSPRACHIGE GEMEINSCHAFTEN IN LATEINAMERIKA
ARGENTINIEN
Allgemein
Basierend auf einer Erhebung aus dem Jahr 2020 haben mehr als 3 Millionen Menschen in Argentinien deutsche Wurzeln, was etwa 7 % der Gesamtbevölkerung von 46,6 Millionen ausmacht. Davon sind rund 1 Millionen Nachfahren der sog. „Wolgadeutschen“. Die deutschsprachige Bevölkerung lebt vor allem in den Provinzen Buenos Aires, Entre Ríos, Córdoba, Chaco und Misiones. Heute wird Deutsch nur noch von einer Minderheit gesprochen.
Die deutsch-argentinische Gemeinschaft ist über die letzten 200 Jahre bis in die 1980er Jahre stetig gewachsen. Das Land hat drei signifikante Auswandererwellen aus Deutschland zu verzeichnen: von 1870-1900, zwischen 1900 und 1920 sowie in den 1930er und 1940er Jahren. Die letzte Einwandererwelle, in der ca. 40.000 Personen aus Deutschland nach Argentinien einwanderten, war geprägt durch eine große Anzahl jüdischer Flüchtlinge, aber auch einer Minderheit an Angehörigen des nationalsozialistischen Regimes. Die Mehrheit der Vorfahren der deutsch-argentinischen Gemeinschaft sind jedoch in den zwei vorherigen Einwandererwellen ins Land gekommen. Heute weist die deutsch-argentinische Gemeinschaft eine große Anzahl von ca. 200 Kulturvereine im ganzen Land auf. Darunter befinden sich zahlreiche Sport-, Kultur-, Wohltätigkeits- und Geselligkeitsvereine. Die Vereine leben vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder. Der Großraum Buenos Aires zählt fast 50 Vereine. Die restlichen Vereinigungen verteilen sich auf die Provinzen. In der Provinz Entre Ríos gibt es eine starke Präsenz der argentinischen Wolgadeutschen.
Die deutsch-argentinische Gemeinschaft trägt in zahlreichen Fällen über Kulturvereine deutsche Schulen. In ganz Argentinien gibt es neben den offiziellen deutschen Auslandsschulen (DAS) ein Netzwerk von über 20 PASCH-Schulen. Viele dieser Schulen wurden im vergangenen Jahrhundert von deutschen Einwanderern gegründet. Bedeutende Zeitungen, wie die älteste deutschsprachige Zeitung Lateinamerikas, das „Argentinische Tageblatt“, sind noch heute existent. Der Austausch und die Kooperation mit der offiziellen Auslandsvertretung Deutschlands und den deutschen Mittlerorganisationen ist in den letzten Jahren intensiviert worden.
Organisationsstruktur Argentinien unterscheidet sich in der Organisationsstruktur der deutschsprachigen Gemeinschaften von anderen Ländern Lateinamerikas, da es einen Dachverband der deutsch-argentinischen Vereine (Federación de Asociaciones Argentino-Germanas), F.A.A.G. mit Sitz in Buenos Aires gibt. Dem Dachverband gehören heute mehr als 60 Vereine an. Einmal im Jahr treffen sich alle Mitgliedsvereine zur Jahreshauptversammlung, auf der die Leitlinien der autonomen und finanziell eigenständigen Vereine festgelegt wird. Alle 2 Jahre wählt die F.A.A.G. einen neuen Präsidenten. Die Vereine aus den Provinzen sind in einem Gremium (subcomisión) ganzjährig vertreten.
Die zahlreichen Nachfahren der Wolgadeutschen Argentinierinnen und Argentinier sowie deren Vereine, die besonders in der Provinz Entre Ríos fast 20 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmachen, sind in einem eigenen Dachverband organisiert. Neben den Kulturvereinen sind viele deutschsprachige Unternehmerinnen und Unternehmer in der deutsch-argentinischen Handelskammer und in weiteren deutsch-argentinischen Wirtschaftsverbänden vertreten.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner Argentiniens in Europa. Der Handel umfasst insbesondere Maschinenbau, Chemikalien und Kfz-Produkte aus Deutschland sowie argentinische Exportgüter wie Soja, Wein und Fleisch. Diese bilateralen Beziehungen ermöglichen Deutschland den Zugang zu einem dynamischen südamerikanischen Markt, der für den Abschluss von Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Südamerika von großer Bedeutung ist. Argentinien zudem politisch eine zentrale Rolle in Südamerika ein. Auf internationaler Ebene arbeiten Deutschland und Argentinien kontinuierlich zusammen, unter anderem im Rahmen der G20. Dabei werden globale Herausforderungen wie der Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und die Stabilisierung der Finanzmärkte thematisiert, was die Wichtigkeit ihrer multilateralen Kooperationen unterstreicht. In den letzten Jahren hat Argentinien im Bereich der Grünen Energie, insbesondere dem grünen Wasserstoff, eine potentielle Energielieferanten-Rolle eingenommen, von der Deutschland und Europa in Zukunft profitieren könnte.

Jahreskongress der Stiftung Verbundenheit mit deutsch-lateinamerikanischen Vereinen aus Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschsprachigen Gesellschaften
Deutsche Unternehmen wie Siemens, Volkswagen und BASF haben in Argentinien eine bedeutende Präsenz. Diese Unternehmen haben nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch den Technologietransfer zwischen den beiden Ländern gefördert. Zahlreiche mittelständische Unternehmen werden von Angehörigen der deutschsprachigen Gemeinschaft geleitet. Deutsche Firmen nehmen bieten duale Ausbildungswege für Argentinierinnen und Argentinier an, vorzugweise Absolventen deutscher Schulen, die ein angemessenes Deutschniveau besitzen. In den Provinzen Entre Ríos und Misiones betreiben viele deutschstämmige Familien ertragreiche landwirtschaftliche Betriebe. Einige Angehörigen der deutschsprachigen Gemeinschaft spielen auch in der nationalen und subnationalen Politik eine wichtige, wie beispielsweise der deutschstämmige Gouverneur der Provinz Entre Rios, Rogelio Frigerio oder die ehemalige Parlamentsabgeordnete Cornelia Schmidt-Liermann.
Gesellschaftliche Verankerung deutschsprachigen Gemeinschaft
Die deutschsprachige Gemeinschaft ist in Argentinien bestens integriert. Obwohl die Identität und Kultur der Vorfahren sehr bewusst gelebt wird, gilt die Gemeinschaft als ein Beispiel für erfolgreiche Migration und Integration. Viele Angehörige sind immer noch bestens mit Deutschland vernetzt und spielen daher für die zivilgesellschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien eine tragende Rolle. Die zahlreichen deutsch-argentinischen Vereine sind ideale Vernetzungsplattformen für alle Bevölkerungsgruppen, da vor allem die Festivitäten (z. B. Oktoberfeste) sich in der gesamten Bevölkerung einer großen Popularität erfreuen.

„Townhall“ der deutsch-argentinischen Gemeinschaft mit dem Intendanten der Deutschen Welle, Peter Limbourg in Buenos Aires
BOLIVIEN
Allgemein
Laut einer Erhebung aus dem Jahre 2001 leben etwa 262.500 Menschen mit deutschen Wurzeln in Bolivien. Dies entspricht rund 3 % der Gesamtbevölkerung von 12,39 Millionen. Sie sind hauptsächlich in Städten Santa Cruz, La Paz und deren Umgebung anzutreffen, aber auch in Regionen wie Tarija, Cochabamba, der Chiquitania und Sucre. Zur deutschsprachigen Gemeinschaft können im weiteren Sinne auch die bolivianischen Mennoniten gezählt werden, deren Gemeinde bis zu 10.000 Personen umfasst.

Organisationsstruktur
Die Institutionendichte der deutschsprachigen Gemeinschaft in Bolivien ist nicht so stark ausgeprägt wie beispielsweise in Argentinien oder Brasilien. Dennoch gibt es in Städten wie La Paz und Santa Cruz Kulturvereine und deutsch-bolivianische Kulturinstitute. Wichtige Anlaufstellen der deutschsprachigen Gemeinschaft sind die deutschen Schulen in Santa Cruz und La Paz. Die deutschsprachige evangelische und katholische Kirchengemeinde in La Paz sind ebenfalls wichtige Institutionen. Außerdem gibt es eine deutschsprachige jüdische Gemeinde in den Städten La Paz und Santa Cruz. Die deutsche Kulturgemeinschaft - Centro Cultural Alemán (CCA), die auch eine eigene deutschsprachige Monatszeitschrift herausgibt, aber auch das Goethe-Zentrum Santa Cruz bieten Bolivianerinnen und Bolivianern die Möglichkeit, mit der deutschen Sprache und Kultur in Kontakt zu treten. Sport- und Geselligkeitsvereine wie der Deutsche Klub La Paz sind traditionsreiche Institutionen. Im wirtschaftlichen Bereich ist die Deutsch-Bolivianische Industrie- und Handelskammer ein wichtiger Faktor für die deutsch-bolivianischen Beziehungen. Seit 2020 betreibt die Stiftung Verbundenheit zudem ein mehr als 600 Mitglieder umfassendes Netzwerk an Personen zwischen 18 und 40 Jahren, die Initiative #JungesNetzwerk, deren Mitglieder Kulturprojekte in den Bereichen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik umsetzen.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschsprachigen Gemeinschaft Die deutschsprachige Gemeinschaft in Bolivien hat sich sowohl wirtschaftlich als auch kulturell gut etabliert. Sie spielt eine bedeutende Rolle in der bolivianischen Landwirtschaft, insbesondere in Regionen wie Santa Cruz de la Sierra und den umliegenden Kolonien, in denen mennonitische Siedler moderne landwirtschaftliche Techniken und Maschinen einsetzen. Diese Siedlungen der Mennoniten tragen maßgeblich zur Agrarproduktion und Exportwirtschaft des Landes bei.
Politisch hat die deutschsprachige Gemeinschaft eine vermittelnde Rolle, sowohl in der Förderung der bilateralen Beziehungen zwischen Bolivien und Deutschland als auch innerhalb der bolivianischen Gesellschaft. Viele deutschsprachige Bolivianerinnen und Bolivianer sind in sozialen und wirtschaftlichen Bereichen aktiv und tragen zum Wohlergehen des Landes bei. Ihre Bindungen zu Deutschland und die kulturelle Nähe zu Europa stärken die zivilgesellschaftlichen Anknüpfungspunkte zwischen der deutschen und bolivianischen Kultur.

BRASILIEN
Allgemein
Die Anzahl der deutschstämmigen Personen in Brasilien wird auf etwa 5 Millionen geschätzt (einige Quellen gehen von bis zu 12 Millionen aus), was rund 2,5 % der Gesamtbevölkerung von etwa 216,4 Millionen ausmacht (Erhebung aus dem Jahr 2000). Diese deutschsprachigen Gemeinschaften sind vor allem in den südlichen Bundesstaaten des Landes anzutreffen, insbesondere in Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Paraná und Espírito Santo.
Im Bundesstaat Rio Grande do Sul sind die Städte Porto Alegre, Caxias do Sul, Novo Hamburgo, Santa Cruz do Sul und Gramado bekannt für ihre deutschsprachige Bevölkerung. In vielen dieser Städte wird noch immer Deutsch gesprochen, teils in verschiedenen Dialekten, und zahlreiche kulturelle Traditionen, die an die deutsche Herkunft erinnern, werden lebendig gehalten. Auch im Bundesstaat Santa Catarina gibt es bedeutende deutschsprachige Gemeinschaften, vor allem in Blumenau, Pomerode und Brusque. Weitere Städte mit einer großen deutschstämmigen Bevölkerung finden sich im Bundesstaat Paraná, wie Curitiba, Ponta Grossa, Guarapuava und Irati sowie in Espírito Santo, insbesondere in der Stadt Vila Velha.
Organisationsstruktur
In Brasilien existieren zahlreiche Institutionen und Organisationen, die den Austausch zwischen Deutschland und Brasilien fördern und die deutsche Kultur und Gemeinschaft unterstützen. Zu den bekannten deutschsprachigen Wochenzeitschriften gehört das “Jornal Alemão”, welches seit 1897 erscheint und eine wichtige Informationsquelle für die deutschsprachige Bevölkerung in Brasilien darstellt.
Das Instituto Martius-Staden, mit dem Fokus auf deutsch-brasilianische Wissenschaft, Literatur und kulturellen Austausch, spielt eine zentrale Rolle in der Förderung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Weitere bedeutende Organisationen sind die “Blumenau Gesellschaft e. V.”, die sich der Pflege der deutschen Traditionen in Blumenau widmet, sowie das “Centro Cultural Brasil-Alemanha”, das kulturelle Veranstaltungen und Bildungsangebote organisiert, um die deutsch-brasilianischen Beziehungen zu stärken. Zudem gibt eine große Anzahl deutscher Schulen wie z. B. die “Deutsche Schule Humboldt “ in São Paulo stellt eine bedeutende Bildungseinrichtung dar.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
In der Geschichte Brasiliens, insbesondere während des 20. Jahrhunderts, hatten viele deutschstämmige Bürger politischen Einfluss. Ein prominentes Beispiel ist Hermann Blumenau, der, nach dem er in Brasilien eingewandert war, die Stadt Blumenau gründete und maßgeblich zur Entwicklung der Region beitrug. Zudem spielten deutschstämmige Politiker in verschiedenen lokalen Regierungen eine Rolle, vor allem in den südlichen Bundesstaaten, wo die deutsch-brasilianische Gemeinschaft besonders stark vertreten war.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschstämmigen Gesellschaften Brasilien ist für Deutschland ein wichtiger Partner in Lateinamerika und die deutsch-brasilianischen Beziehungen sind sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht bedeutend. Deutschland ist Brasiliens zweitwichtigster Partner in Europa und ein aktiver Akteur in der internationalen Diplomatie, besonders im Kontext der BRICS-Gruppe, zu der Brasilien gehört. Diese Partnerschaft hat Auswirkungen auf multilaterale Themen wie den Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung von globalen Herausforderungen wie der Armut.
Gesellschaftliche Verankerung der deutschstämmigen Gesellschaften Städte wie Blumenau und Joinville in Santa Catarina haben sich zu bedeutenden Industriestandorten entwickelt, in denen viele deutsche Unternehmen, vor allem in den Bereichen Textilindustrie, Maschinenbau und Maschinenfertigung, tätig sind. Dies trägt nicht nur zur lokalen Wirtschaft bei, sondern auch zur internationalen Bedeutung dieser Regionen. Blumenau ist zudem für das Oktoberfest bekannt, das nicht nur ein kulturelles Ereignis darstellt, sondern auch wirtschaftliche Bedeutung durch Tourismus und Veranstaltungen hat. In der Vergangenheit trugen deutschstämmige Intellektuelle und Unternehmer wesentlich zur Entwicklung von Bereichen wie Bildung und Technik bei. Heutzutage fördern diese Verbindungen weiterhin den interkulturellen Austausch und verstärken die bilaterale Zusammenarbeit. Die Deutschsprachige Gemeinschaft gründete zahlreiche Schulen und Vereine, die den deutschen Einfluss auf das kulturelle Leben des Landes bis heute fortsetzen.
KOLUMBIEN
Allgemein
Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2021 leben in Kolumbien etwa 1,5 Millionen deutschstämmige Personen, was rund 3 % der Gesamtbevölkerung von 52,09 Millionen ausmacht. Diese deutschstämmige Gemeinschaft ist vor allem in städtischen Zentren des Landes angesiedelt. Wichtige Städte, in denen viele deutschstämmige Kolumbianerinnen und Kolumbianer leben, sind Bogotá, Medellín, Cali, Barranquilla sowie die Küstenstädte Santa Marta und Cartagena. Auch in der Region Santander mit der Provinzhauptstadt Bucaramanga, die eine historische Bedeutung für deutsche Einwanderer hat, gibt es eine beachtliche Anzahl an deutschstämmigen Bewohnern.
Organisationsstruktur
Die deutschsprachige Gemeinschaft besitzt keine übergeordnete Struktur, etwa einen Dachverband. Die Anzahl an deutschen Geselligkeitsvereinen ist gering. Vielmehr handelt es sich um einzelne Kulturinstitutionen und Vereine. Die deutsch-kolumbianischen Kulturgesellschaften in Cali, Medellín und Cartagena sind wichtige Anlaufstellen für Kolumbianerinnen und Kolumbianer zum Erlernen der deutschen Sprache. Als Kooperationspartner des Goethe-Institutes bieten sie auch Kulturangebote an, die sich am modernen Deutschlandbild orientieren.
Die große Anzahl an DAAD-Stipendiaten hat zudem eine Alumni-Vereinsstruktur generiert, die allerdings nur in einigen Städten, z.B. Cali und Bogotá, aktiv ist. Neue Initiativen, wie das Alumni-Netzwerk der Internationalen Parlamentsstipendiaten (IPS) sind ebenfalls nennenswerte Akteure, die auf zivilgesellschaftlicher Ebene, die Beziehungen zwischen Kolumbien und Deutschland stärken.

Deutsche Schulen gibt es in mehreren Städten z.B. in Barranquilla, Medellín und Bogotá. Die Absolventen dieser prestigeträchtigen Schulen studieren nicht selten in Deutschland. Neben diesen kulturellen und Bildungsinstitutionen trägt die Deutsch-Kolumbianische Handelskammer (Cámara de Comercio Colombo-Alemana) mit Sitz in Bogotá und Medellín zur Förderung der Handelsbeziehungen und Investitionen zwischen den beiden Ländern bei. Sie bietet Unternehmen Unterstützung und Services, die den wirtschaftlichen Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Kolumbien und Deutschland stärken.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Heute ist Kolumbien eines der Fokusländer der deutschen Lateinamerikapolitik. Vor dem Hintergrund der Anwerbung von Fachkräften und wichtige Energievorkommen, sowohl im fossilen aber auch im Wasserstoffbereich, ist Kolumbien ein wichtiger Partner Deutschlands in der Region. Mehrere bilaterale Abkommen wurden in den vergangenen Jahren unterzeichnet, darunter das Abkommen über eine strategische deutschkolumbianische Energiepartnerschaft. Als drittgrößtes Land Südamerikas ist es auch für internationale Verhandlungen ein wichtiger Player.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschstämmigen Gesellschaften
Historisch gesehen ist die Rolle deutscher Einwanderer in den Provinzen Barranquilla und Santander besonders bemerkenswert. In Santander wurden mit der deutschen Einwanderung die ersten fortschrittlichen, agrarwirtschaftlichen Methoden eingeführt. In Barranquilla wurde u. a. die erste Fluggesellschaft Kolumbiens SATEA (heute Avianca) und die nationale Brauerei Bavaria von deutschen Einwanderern gegründet.
Deutschstämmige Unternehmer waren und sind auch in der Textil- und Maschinenbauindustrie aktiv. Viele deutsche Unternehmen, darunter große internationale Konzerne wie Siemens und BASF, haben ihren Sitz in Kolumbien und sind ein wichtiger Bestandteil der kolumbianischen Industrie. Diese Unternehmen tragen durch Investitionen, Technologieübertragungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zur kolumbianischen Wirtschaft bei.
Für die wirtschaftliche Präsenz deutscher Unternehmen ist der Sektor der erneuerbaren Energie ein gutes Beispiel. Kolumbien, mit seinem Potenzial für Wind- und Solarenergie, hat in den letzten Jahren verstärkt auf deutsche Technologien gesetzt, um den Übergang zu sauberer Energie zu fördern. Die Nachfrage nach internationalen Produkten und Fachwissen wächst stetig in Kolumbien. Insbesondere spezialisierte Materialien, Maschinen, Ingenieurdienstleistungen sowie Beratung sind gefragt. Zahlreiche deutsche Unternehmen, insbesondere im Bereich Transport und Infrastruktur, haben auf diese Bedürfnisse reagiert. So hat auch das Planungsbüro der Deutschen Bahn eine Niederlassung eröffnet, um aktiv an der Entwicklung neuer Bahnstrecken im Land mitzuwirken.
CHILE
Allgemein
In Chile leben rund 500.000 Menschen mit deutschen Wurzeln, was etwa 3,5 % der Gesamtbevölkerung von 19,63 Millionen ausmacht. Diese Daten basieren auf einer Erhebung von 2011. Von dieser Zahl sprechen noch rund 40.000 Menschen Deutsch als Muttersprache. Die deutschstämmige Bevölkerung ist hauptsächlich in den Regionen Araucanía und Región de los Lagos im „Kleinen Süden“ von Chile angesiedelt. Hauptorte der deutschsprachigen Gemeinschaft sind insbesondere Valdivia, Puerto Varas, Frutillar, Osorno und Temuco.
Organisationsstruktur
Zahlreiche deutsch-chilenische Kulturvereine sind in Santiago und der südlichen „Región de los Lagos“ sehr gut organisiert. Der traditionsreiche Club Manquehue in Santiago sowie der „Deutsch-Chilenische-Bund“ (DCB) bieten professionelle Sport- und Kulturprogramme an. Der DCB organisiert zudem Schüleraustausche nach Deutschland. Im Süden sind Institutionen wie der Deutsche Klub Puerto Montt, der deutsche Klub Puerto Varas, der deutsche Sportverein Llanquihue, der deutsche Verein Frutillar und der deutsche Verein Osorno wichtige lokale Repräsentanten der deutschen Kultur. Die Vereine besitzen Vereinslokale und weitläufige Grundstücke. Auch wenn die Vereinsdichte, in Santiago und in der Südregion „Los Lagos“ hoch ist, verfügt Chile über keine Dachverbandsstruktur.
Im Bildungsbereich spielen zahlreiche deutsche Schule z. B. in Santiago, Temuco, Puerto Montt und Valparaíso eine wichtige Rolle. Darüber hinaus gibt es viele PASCH Schulen im ganzen Land. Mit dem INSALCO gibt es auch ein deutsch-chilenisches Berufsbildungsinstitut sowie weitere Deutschlehrer-Fortbildungsinstitute.
Eine weitere bedeutende Institution für die deutsch-chilenische Gemeinschaft ist die “Condor”, eine deutsch-chilenische Wochenzeitung, die seit 1938 erscheint und eine wichtige Informationsquelle für die deutschstämmige Bevölkerung darstellt. Im Vergleich mit anderen Ländern der Region sprechen noch relativ viele Angehörige der deutsch-chilenischen Gemeinschaft die deutsche Sprache.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Chile gehört zu eines der Fokusländer der deutschen Außenpolitik in Lateinamerika. Aus energiepolitischer Sicht ist Chile ein zentraler Akteur für die Dekarbonisierung und klimaneutrale Energieversorgung. Zwischen Deutschland und Chile existiert seit 2019 eine Energiepartnerschaft.
Chile liefert jährlich große Mengen Kupfer nach Deutschland, das für die Transformation zu umweltfreundlichen Technologien wie E-Mobilität und erneuerbare Energien unverzichtbar ist. Die Handelsbeziehungen werden durch bilaterale Organisationen wie die Deutsch-Chilenische Industrie- und Handelskammer (AHK Chile) unterstützt, die Unternehmen beim Export und der wirtschaftlichen Kooperation begleitet. Diese Rohstoffpartnerschaft ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch von großer Bedeutung, da sie die wirtschaftliche Verflechtung und Abhängigkeit beider Länder verstärkt.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschsprachigen Gemeinschaft
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Chile schlägt nicht nur kulturelle Brücken zwischen Chile und Deutschland, sondern spielt auch eine bedeutende wirtschaftliche Rolle und trägt somit zur geopolitischen Bedeutung dieser Gemeinschaft bei. Ihre dauerhafte Präsenz und ihr Engagement in verschiedenen Sektoren stärken die bilateralen Beziehungen und fördern die Entwicklung Chiles.
Wirtschaftlich gesehen haben deutsche Unternehmen, die seit dem 20. Jahrhundert in Chile tätig sind, einen erheblichen Einfluss auf die lokale Wirtschaft. Besonders im Bereich der Landwirtschaft und Industrie sind deutsche Unternehmen von großer Bedeutung. Besonders der Handel und die Rohstoffwirtschaft spielen eine zentrale Rolle. Chile ist einer der weltweit größten Exporteure von Kupfer und Deutschland gehört zu den wichtigsten Abnehmern dieses strategischen Rohstoffs. Kupfer ist essenziell für die deutsche Industrie, insbesondere für die Automobil- und Elektronikbranche, die stark auf nachhaltige und zuverlässige Rohstofflieferungen angewiesen ist. Diese Handelsbeziehung wird durch das Engagement der deutschstämmigen Gemeinschaft und ihrer wirtschaftlichen Netzwerke in Chile gestärkt.

Die stark durch deutsche Einwanderung geprägte Südregion „Los Lagos“ beheimatet zudem viele mittelständische Unternehmen (z.B. Lachsproduktion, Landmaschinen, etc.), die von Mitgliedern der deutschsprachigen Gemeinschaft geführt werden. Zahlreiche dieser mittelständischen Unternehmen bilden nach dem deutschen Dualsystem Schulabsolventen in technischen Berufen aus.
Viele chilenische Spitzenpolitikerinnen und Politiker, beispielsweise José Antonio Kast, Harald Beyer oder Ena Anglein von Baer, sind deutscher Abstammung.
PARAGUAY
Allgemein
In Paraguay leben etwa 300.000 Personen deutscher Herkunft, was einem Anteil von 5,5 % an der Gesamtbevölkerung von 6,862 Millionen (Stand 2005) entspricht. Die deutschsprachigen Gemeinschaften sind vor allem in Regionen Itapúa, Asunción und im Chaco angesiedelt. Weitere bedeutende Zentren sind die Colonia Independencia im Departement Guairá, Alto Paraná und Caazapá.
Diese Regionen zeichnen sich durch eine ausgeprägte kulturelle Prägung und die Pflege deutscher Traditionen aus, die seit der Ansiedlung deutscher Einwanderer Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erhalten geblieben sind. Die Gemeinden sind bekannt für ihre wirtschaftliche Aktivität, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Handel und Handwerk, und leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der jeweiligen Regionen. Noch heute ist Deutsch nach Spanisch, Guarani und Englisch die am häufigsten gesprochene Sprache im Land.
Organisationsstruktur
Verschiedene Sport-, Musik-, Kultur- und Geselligkeitsvereine sowie Genossenschaften fördern im ganzen Land die deutsche Sprache, Kultur und Tradition. Insgesamt handelt es sich um 24 Kulturvereine und 57 Bildungseinrichtungen. Im Falle der deutschsprachigen Mennoniten, die vor allem in der Region Chaco angesiedelt sind, gibt es wichtige, landwirtschaftliche Genossenschaften. Zur deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay gehören auch zahlreiche Schulen und Universitäten. Die Kulturvereine verfügen meist über weitläufige Vereinsanwesen. Eine Dachverbandsstruktur gibt es in Paraguay nicht.
Strategische Bedeutung
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschsprachigen Gesellschaften
Die deutschsprachigen Gemeinschaften in Paraguay haben einen signifikanten Einfluss auf die lokalen Wirtschaftsstrukturen. Insbesondere in der Landwirtschaft, z. B. in der Region Chaco, haben die deutschsprachigen Gemeinschaften über ein erfolgreiches Genossenschaftssystem eine wirtschaftliche Relevanz in Paraguay.

Davon profitieren auch die deutsch-paraguayischen Handelsbeziehung, die vor allem durch die Exportindustrie von Agrarprodukten und durch Investitionen deutscher Unternehmen im Land geprägt ist. Dies hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile für beide Länder, sondern auch zu einer vertieften politischen Partnerschaft beigetragen, die im Rahmen der bilateralen diplomatischen und wirtschaftlichen Gespräche immer wieder thematisiert wird.
Gesellschaftliche Verankerung der deutschstämmigen Gesellschaften
Die Stadt Encarnación, eine Stadt im Süden Paraguays, nahe der Grenze zu Argentinien, ist eine der Städte, die einen bedeutenden deutschen Einfluss erfahren hat. Sie veranschaulicht ein gutes Beispiel für die deutschstämmige gesellschaftliche Verankerung. 1900 ließ sich eine Gruppe von deutschen Einwanderern in der Region nieder, was zur Entwicklung der Landwirtschaft und der Produktion von verschiedenen Produkten wie Tabak und Mais beitrug. Die deutsche Kolonisation in dieser Region trug zum wirtschaftlichen Wachstum bei und brachte neue landwirtschaftliche Techniken mit, die es den Flächen der Region ermöglichten, hochproduktiv zu werden.
Heute ist die Stadt Encarnación, wie auch das gesamte Department Itapúa, von der Präsenz deutschsprachiger Gemeinden geprägt. Die deutsche Kultur wird in Feiern wie dem „Festival der Deutschen Einwanderung“ bewahrt, welche die Gemeinschaft mit der örtlichen Bevölkerung zusammenbringt.
Auch in der Hauptstadt Asunción macht sich bis heute die historische deutsche Einwanderung bemerkbar. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ließen sich viele deutsche Auswanderer in Asunción nieder und spielten eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Handels, der Industrie und der städtischen Infrastruktur.
Einer der größten deutschen Beiträge zur Hauptstadt ist die Präsenz von Bildungseinrichtungen mit deutschem Einfluss, wie der Deutschen Schule Asunción oder die deutsch-paraguayische Universität (Universidad Paraguayo Alemana), eine der renommiertesten Business Hochschulen.

PERU
Allgemein
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Peru umfasst etwa 160.000 Personen, was einem Anteil von 0,5 % an der Gesamtbevölkerung von 34,35 Millionen entspricht (Erhebung 2016). Die Ansiedlung dieser Bevölkerungsgruppe konzentriert sich auf Regionen Pasco mit den Städten Pozuzo, Oxapampa und Villarica in der Amazonasregion, Ucayali, Lima und Callao sowie auf Gebiete wie Arequipa, Cusco und Puno. Die Region Pasco gilt dabei als ein zentrales kulturelles und historisches Zentrum der deutschstämmigen Bevölkerung in Peru, geprägt durch ihre koloniale Vergangenheit und den Erhalt deutscher Traditionen.
Organisationsstruktur
Die deutschsprachige Gemeinschaft ist in mehreren Kulturvereinen organisiert. Eine Dachverbandstruktur gibt es nicht, allerdings besteht insbesondere in Regionen wie Pasco ein enger Austausch zwischen den Vereinen. In Pozuzo, Oxapampa und Villarica gibt es mehr als 15 deutsch-österreichische Kulturvereinigungen, die über Partnervereine in Lima vertreten sind. Der Club Germania in Lima ist der größte deutsche Verein in Lima. Die Vereine haben eine große Sichtbarkeit und werden insbesondere in der Region Pasco von den lokalen Stadtverwaltungen unterstützt. Alle Vereine finanzieren sich über Mitgliedereinnahmen und Spenden.

Strategische Bedeutung
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschstämmigen Gesellschaften
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Peru besitzt eine einflussreiche wirtschaftliche Rolle. Neben zahlreichen Unternehmen, die u. a. in der deutsch-peruanischen Industrieund Handelskammer vertreten sind, spiegelt sich die Relevanz der deutschsprachigen Gemeinschaft heute im Tourismus wider. Historisch gesehen begann die deutsche Immigration nach Peru im 19. Jahrhundert, als im Rahmen des Wirtschaftsaufschwungs im Kautschuk Sektor, deutsche Siedler in die Amazonasregion zogen, vor allem nach Pozuzo, Oxapampa und Villa Rica (Provinz Pasco). Diese Gemeinschaft hat ihre eigenen Traditionen, darunter die alpine Küche und Tänze, bewahrt und gleichzeitig lokale Bräuche übernommen. Die gesamte Region ist heute ein wichtiges touristisches Zentrum für nationale und internationale Touristen. Die sehr gut organisierten deutschen Kulturvereine tragen zum kulturtouristischen Profil der Region bei. Pasco ist zudem UNESCO Biosphären-Reservat.

Deutsch-peruanische Kulturvereine in Oxapampa, Peru
VENEZUELA
Allgemein
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Venezuela umfasst etwa 3.968 Personen, was weniger als 0,1 % der Gesamtbevölkerung von 28,84 Millionen (Stand 2020) ausmacht. Diese Gemeinschaft ist vor allem in der Colonia Tovar im Bundesstaat Aragua angesiedelt, einer Region, die durch ihre deutsche Gründungsgeschichte und Kultur geprägt ist. Ein weiteres Zentrum der deutschstämmigen Bevölkerung befindet sich im Bundesstaat Zulia, insbesondere in der Stadt Maracaibo. Die kulturelle Prägung durch die deutschen Einwanderer spiegelt sich in diesen Regionen in der Architektur, der Pflege von Traditionen und der Sprache wider.
Organisationsstruktur
Die „Asociación Cultural Humboldt“ in Caracas fördert die deutsche Kultur und Sprache durch vielfältige Programme und Veranstaltungen. Die „Industrie- und Handelskammer Venezuela-Deutschland“ spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung der bilateralen Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern und bietet eine Plattform für die wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Humanitäre Organisationen wie „Einheit für Venezuela“ und „Pro Venezuela“ engagieren sich intensiv in der Unterstützung von venezolanischen Flüchtlingen und Asylbewerbern. Sie sensibilisieren die deutsche Öffentlichkeit für die Krise in Venezuela und bieten praktische Hilfe für diejenigen, die in Deutschland Schutz suchen.
In der Colonia Tovar, ein touristisches Zentrum in Venezuela, gibt es mehr als 8 deutschvenezolanische Kulturvereine, die im Austausch mit Deutschland (insbesondere der Schwarzwaldregion) stehen.

Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Venezuela ist für Deutschland von Interesse, weil es aufgrund seiner Ressourcen, insbesondere der Öl- und Gasvorkommen, eine wichtige Rolle im geopolitischen Umfeld Südamerikas spielt. Deutschland hat ein strategisches Interesse an einer stabilen und gut funktionierenden Wirtschaft in Venezuela, da es langfristig auch für europäische Energie- und Handelsbeziehungen von Bedeutung sein könnte. Zudem bietet Venezuela, trotz der politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, eine Plattform für diplomatische Initiativen, bei denen Deutschland als Vermittler in internationalen Konflikten auftreten kann.
Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschstämmigen Gesellschaften
Die deutschstämmige Gemeinschaft hat in der jüngeren Geschichte Venezuelas eine bedeutende wirtschaftliche Relevanz gehabt, die sich in verschiedenen Bereichen zeigt. Ein Beispiel hierfür ist das Engagement der deutschen Unternehmen in Venezuela. Unternehmen wie Volkswagen und Siemens waren maßgeblich an der Entwicklung und Modernisierung der venezolanischen Infrastruktur beteiligt. Trotz der aktuellen politischen Instabilität bleiben diese Unternehmen, wenn auch in begrenztem Maße, aktiv, indem sie Reparatur- und Wartungsdienste anbieten und so weiterhin zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen. Dies ist ein praktisches Beispiel dafür, wie die deutschstämmige Gesellschaft in Venezuela wirtschaftliche Brücken zwischen Deutschland und Venezuela aufrechterhält.
Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Rolle der deutschen Organisationen und Institutionen in Venezuela. Sie haben nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen, sondern auch als kulturelle und politische Brückenbauer zwischen Venezuela und Deutschland gewirkt. Die Deutsche Handelskammer in Venezuela (AHK Venezuela) etwa unterstützt deutsche Unternehmen dabei, sich in Venezuela zu etablieren und ihre Handelsbeziehungen zu entwickeln, trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen, die das Land aufgrund seiner instabilen politischen Lage erlebt.
Trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen und der politischen Instabilität bleibt die deutschsprachige Gemeinschaft ein relevanter Akteur in den deutsch-venezolanischen Beziehungen. Die Gemeinschaft unterstützt weiterhin den Dialog zwischen Venezuela und Deutschland und trägt zur Aufrechterhaltung der Handelsbeziehungen bei, insbesondere in den Bereichen Technologie, Infrastruktur und Bildung.
Gesellschaftliche Verankerung der deutschstämmigen Gesellschaften
Die deutschsprachige Gemeinschaft in Venezuela ist tief in der kulturellen und gesellschaftlichen Struktur des Landes verwurzelt. Historisch gesehen hat sich die deutsche Gemeinschaft vor allem in ländlichen Regionen und Städten wie Colonia Tovar und Maracay etabliert, die noch heute von einer starken deutschsprachigen Bevölkerung geprägt sind. Diese Gebiete sind nicht nur für ihre deutsche Architektur und Bräuche bekannt, sondern auch für ihre sozialen und kulturellen Institutionen, die den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur fördern.
Die „Asociación Cultural Humboldt“ spielt dabei eine zentrale Rolle in der Förderung der deutschen Kultur in Venezuela. Sie organisiert regelmäßig Veranstaltungen, die sowohl die deutsche Sprache als auch deutsche Traditionen in das venezolanische kulturelle Leben integrieren. Auch der „Deutsche Club“ in Caracas ist ein bedeutender sozialer Mittelpunkt, der als Treffpunkt für die deutschstämmige Gemeinschaft dient und den kulturellen Austausch zwischen den deutschen und venezolanischen Gemeinschaften fördert.
Zusätzlich tragen auch deutsche Schulen, wie die Deutsche Schule in Caracas, zur gesellschaftlichen Verankerung bei, indem sie die deutsche Sprache weitergeben und die nächste Generation mit den Werten und Traditionen ihrer Vorfahren vertraut machen. Diese Institutionen sind nicht nur Bildungszentren, sondern auch soziale Treffpunkte, an denen sich deutschsprachige Venezolaner treffen und ihre Kultur pflegen können. Ein weiteres Beispiel für die gesellschaftliche Verankerung ist die Aktivität des „Venezolanischen Deutschen Vereins“, der als kulturelle und soziale Plattform für die deutschstämmige Bevölkerung fungiert. Hier werden zahlreiche Veranstaltungen organisiert, die von kulturellen Aufführungen bis zu traditionellen Festen reichen.

URUGUAY
Allgemein
Die deutschstämmige Bevölkerung in Uruguay wird auf etwa 100.000 bis 140.000 Personen geschätzt, was ungefähr 3 bis 4 % der Gesamtbevölkerung von 3,423 Millionen (Stand 2011) ausmacht. Diese Gemeinschaft ist vor allem in Städten wie Montevideo und Colonia Suiza sowie im Landesinneren des Landes angesiedelt. Weitere bedeutende Siedlungsgebiete sind Nueva Helvecia im Departament von San José, Tacuarembó und die Colonia de los Alemanes in Canelones. Die deutschstämmigen Uruguayer haben über die Jahre hinweg ihre kulturellen Traditionen bewahrt und tragen zur Diversität und zum gesellschaftlichen Leben in Uruguay bei.
Organisationsstruktur
In Uruguay gibt es eine Vielzahl von Organisationen, die die deutsch-uruguayischen Beziehungen in unterschiedlichen Bereichen fördern. Die „Deutsche-Uruguayische Industrie- und Handelskammer“ spielt eine bedeutende Rolle in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, indem sie den Austausch von Handel und Investitionen zwischen Deutschland und Uruguay unterstützt. Die „Deutsche Schule Montevideo“ fördert nicht nur die deutsche Sprache und Kultur, sondern bildet auch eine wichtige Anlaufstelle für die deutschsprachige Gemeinschaft in Uruguay.
Heute existieren alleine in der Hauptstadt Montevideo 8 deutsch-uruguayische Kulturvereine, darunter der Deutsche Ruderverein Montevideo, der Deutsche Klub, der Deutsche Männerchor Montevideo, der Alpenländerverein Montevideo, der Uruguayische Deutschlehrerverband, die Uruguayisch-Deutsche Gesellschaft und der Alumni-Verband der Deutschen Schule. Außerdem gibt es Kulturinstitute wie die „Casa Bertolt Brecht“, die einen kulturellen Raum für deutschsprachige Literatur und Theater bietet. Diese Institutionen stärken nicht nur die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, sondern tragen auch zur Pflege der deutschen Kultur und Sprache in Uruguay bei.
Strategische Bedeutung
Geopolitische Relevanz
Uruguay zeichnet sich durch eine stabile Demokratie und eine hohe Rechtsstaatlichkeit aus, was es zu einem verlässlichen Partner auf dem internationalen Parkett macht. In den letzten Jahren hat das Land zunehmend als Brücke zwischen Europa und Südamerika an Bedeutung gewonnen.
Ein konkretes Beispiel für Uruguays geopolitische Relevanz ist seine Mitgliedschaft im Mercosur, dem südamerikanischen Wirtschaftsblock, zu dem auch Brasilien, Argentinien und Paraguay gehören. Uruguay spielt eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Handelsbeziehungen zwischen Südamerika und der EU.
Dies wurde besonders durch das EU-Mercosur-Handelsabkommen deutlich, bei dessen Verhandlungen Uruguay als Partner von besonderer Bedeutung war. Das Abkommen fördert nicht nur den Handel, sondern auch politische und wirtschaftliche Kooperationen, was Deutschland neue Geschäftsmöglichkeiten in Südamerika eröffnet.
Ein weiteres Beispiel ist Uruguays Rolle im Bereich der erneuerbaren Energien. Das Land hat in den letzten Jahren große Fortschritte im Ausbau von Wind- und Solarenergie gemacht und setzt auf grüne Technologien, die für Deutschland von Interesse sind. Deutsche Unternehmen sind bereits in Uruguay aktiv, um von den stabilen Marktbedingungen und den Investitionsmöglichkeiten in den erneuerbaren Sektor zu profitieren. Wirtschaftliche und politische Relevanz der deutschstämmigen Gesellschaften. Ein markantes Beispiel ist die Deutsch-Uruguayische Industrie- und Handelskammer (AHK Uruguay), die als Bindeglied zwischen deutschen Unternehmen und uruguayischen Marktakteuren fungiert und den Austausch in den Bereichen Handel und Investitionen fördert. Sie unterstützt nicht nur die wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern fördert auch die kulturellen und sozialen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Wirtschaftlich gesehen ist Uruguay für Deutschland besonders interessant aufgrund seiner stabilen Demokratie, seiner soliden Wirtschaft und seiner hohen Lebensqualität. Das Land bietet günstige Bedingungen für deutsche Unternehmen, die in Südamerika tätig sind. In Bereichen wie der Landwirtschaft (insbesondere Rindfleischproduktion) und der erneuerbaren Energie bietet Uruguay erhebliche Potenziale für Kooperationen, die durch die Verbindungen der deutschsprachigen Gemeinschaft weiter gestärkt werden können.
Gesellschaftliche Verankerung der deutschsprachigen Gemeinschaften Die deutschsprachige Gemeinschaft in Uruguay hat eine lange Tradition und ist nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in der Wirtschaft und der Kultur stark vertreten. Besonders hervorzuheben ist die Rolle von Institutionen wie der Deutsch-Uruguayischen Gesellschaft (DUG) und der Deutsch-Uruguayischen Gesellschaft für Außenpolitik, die regelmäßig den Dialog zwischen Deutschland und Uruguay fördern und somit die bilateralen Beziehungen stärken. Ein konkretes Beispiel für diese gesellschaftliche Verankerung ist der Beitrag der deutschstämmigen Gemeinschaft zur landwirtschaftlichen Entwicklung Uruguays, speziell im Bereich der Viehzucht und der Landwirtschaft, wo deutsche Fachkenntnisse und Investitionen maßgeblich den Fortschritt unterstützt haben. Auch die Bildungs- und Kulturvermittlung bleibt ein starkes Fundament der deutsch-uruguayischen Zusammenarbeit, mit zahlreichen Sprachschulen und kulturellen Projekten, die eine nachhaltige Verbindung zwischen den beiden Ländern pflegen.

KONZEPT PAPIER
des Fachbeirates „Deutsche Sprache“ der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
DIE DEUTSCHE SPRACHE ALS ZENTRALES ELEMENT
DER VERBUNDENHEIT DER DEUTSCHEN IN ALLER WELT
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung/Präambel
2. Ausgangssituation
3. Ziele und Zielgruppen
4. Inhalte
4.1 Definition/Besonderheit des Forschungsgegenstandes und der Sprachförderung
4.2 Maßnahmenkatalog
5. Ressourcen
6. Kooperationen, Partner, Netzwerke
1. Einleitung/Präambel
Der Fachbeirat „Deutsche Sprache“ wurde satzungsgemäß durch den Stiftungsrat der Stiftung Verbundenheit in Abstimmung mit dem Vorstand durch einen Beschluss vom 05. Februar 2024 als beratendes und impulsgebendes Gremium ins Leben gerufen.
Der Fachbeirat hat sich im Jahr 2024 die Ausarbeitung des Konzeptes „Deutsche Sprache“ zur Aufgabe gemacht, um die Vision und geplante Arbeit der Stiftung Verbundenheit im Sprachbereich festzulegen, vorzustellen und durchzuführen.
Dieses Papier fasst die Arbeitsergebnisse des Fachbeirats „Deutsche Sprache“ der Stiftung Verbundenheit zusammen, der sich mit der Bedeutung der deutschen Sprache im Kontext deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften im Ausland beschäftigt. Sie umfassen in Europa, Nord- und Südamerika, Australien, Afrika sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion mehr als 55 Millionen Personen. Deutsch ist für diesen Personenkreis keine Fremdsprache, sondern eine „Sprache der Herkunft“ oder eine „Minderheitenmuttersprache“. Die deutsche Sprache fungiert mithin als ein Identitätsmerkmal mit einer nachhaltigen Wirkkraft
Die Wirkkraft, die sich aus der identitätsstiftenden Rolle der deutschen Sprache ergibt, wird in der Bundesrepublik Deutschland noch zu wenig als Ressource für eine nachhaltige Spracharbeit erkannt und genutzt. Daher möchte der Sprachbeirat der Stiftung Verbundenheit diesem Thema eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Deutsche Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften im Ausland besitzen als „kulturelle Broker“ eine wechselseitige Wirkkraft in ihren lokalen Kontexten. Sie sind nicht nur Rezipienten der (Förderprogramme der) deutschen Sprache und Kultur vor Ort, sondern selbst einflussreiche, zivilgesellschaftliche Kultur- und Sprachvermittler.
Die Wirkungskraft, die sich aus der identitätsstiftenden Rolle der deutschen Sprache ergibt, ist bis jetzt unterschätzt und soll durch die Spracharbeit der Stiftung Verbundenheit erheblich hervorgehoben werden. Sie entfaltet eine nachhaltige Bindekraft, die oftmals über den Personenkreis mit biografischem Deutschlandbezug hinauswirkt.
Deutsche Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften im Ausland besitzen als „kulturelle Broker“ eine wechselseitige Wirkkraft in ihren lokalen Kontexten; dies auch im Hinblick auf die Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur. Sie sind also keineswegs nur Rezipienten, sondern auch Kommunikatoren, die im Sinn eines „Doppelblicks“ in den betreffenden lokalen Umfeldern ebenso wirken wie ihr fundiertes internationales Wissen auch in Deutschland weitergeben, das systematisch wahrgenommen werden sollte.
Aus dieser Besonderheit ergeben sich noch zu wenig erforschte und genutzte Chancen, u.a. im Hinblick auf das abnehmende globale Interesse an der deutschen Sprache und die damit verbundenen strukturellen Probleme, etwa dem allgemeinen Fachkräftemangel und Deutschlands in Frage stehende kulturelle Attraktivität in der Welt.
Durch eine kontinuierliche Sprachförderpolitik im internationalen Raum kann dem entgegengewirkt werden, wodurch die Bundesrepublik Deutschland Sympathien gewinnen und die Bereitschaft zu Allianzen und Loyalität gestärkt werden kann (vgl. etwa Togo bzw. Namibia als Beispiele).
Die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik lassen das Potenzial der deutschen Organisationen und Gemeinschaften vor Ort, ihre regionalen Besonderheiten und die emotionale Sprachbindung im Sprachbereich leider ungenutzt, anstatt hier gezielt anzusetzen.
Die Stiftung Verbundenheit, ihr Sprachbeirat und ihre Partner haben einen anderen und tieferen Zugang zu den deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit als die traditionellen Mittlerorganisationen aus dem Netzwerk „Deutsch“. Dies erlaubt es Ihnen, gezieltere und intensivere Sprachinitiativen impulsgebend anzustoßen, die in die Gesellschaften hineinwirken und somit weit über die fachliche Öffentlichkeit hinausgehen.
Das Konzept für die Sprachförderung der deutschen Minderheiten und Sprachgemeinschaften im Ausland kann auf mehreren Ebenen angelegt werden, um sowohl die kulturelle Identität zu stärken als auch die deutsche Sprache in den jeweiligen Gemeinschaften langfristig zu fördern. Diese Förderung erfordert eine gezielte, mehrdimensionale Herangehensweise: frühkindliche Erziehung, Schulen, Kultur-und Bildungsvereine, kirchliche Gemeinden, deutschsprachige Medien spielen dabei eine große Rolle. Der Erfolg hängt jedoch stark von der aktiven Nutzung der Sprache und kultureller Komponenten innerhalb deutschsprachiger Gemeinschaften und Minderheiten ab ebenso wie von der Weitergabe an die jüngere Generation. Gleichzeitig bedarf es einer stärkeren Förderung dieser Gemeinschaften durch die Bundesrepublik Deutschland.
Dieses Konzeptpapier legt dar, welche Anforderungen an Institutionen des Bundes und der Bundesländer zu formulieren sind, um die Vermittlung der deutschen Sprache als entscheidendes Identitätsmerkmal zu stärken und substanziell zu fördern sowie die Position des Deutschen in der Welt in Bezug auf deutschsprachige Gemeinschaften und deutsche Minderheiten zu behandeln.
2. Ausgangssituation
Die gegenwärtigen Entwicklungen der Sprachsituation der deutschen Minderheiten, ihrer Dachverbände sowie der Sprachgemeinschaften in Lateinamerika und den USA werden in der partnerschaftlichen Tätigkeit der Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ verankert. Die vorhandene Vielfalt der deutschsprachigen Räume kann und muss so im kulturpolitischen Diskurs lebendig werden.
Eine aktuelle Bedarfs- und Gebrauchsanalyse der deutschen Sprache einschließlich der Lerngelegenheiten wurden von der Stiftung in ihrem Dossier zur aktuellen Sprachsituation gesammelt und ist diesem Konzept in der Anlage beigefügt. Es handelt sich um insgesamt 21 Länderberichte aus dem Jahr 2024.
Für ein besseres Verständnis der Ausgangssituation wird zusätzlich auf folgende Publikationen verwiesen:
1. Bundesministerium des Innern (Hrsg.): „Deutsche Minderheiten stellen sich vor“, Berlin, 2016.
2. Ulrich Ammon „Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt“, Kapitel „E“: Deutsch als Minderheitensprache, aber nicht staatliche Amtssprache“ S. 255-397.
3. Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland (Hrsg.): „Neue alte Partner für die Zukunft. Deutschsprachige Gemeinschaften in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“ Berlin und Bayreuth, 2020.
3. Ziel und Zielgruppen
Ziel der Initiative der Stiftung Verbundenheit ist es, die deutschsprachigen Organisationen, kulturelle Vereine sowie Bildungsvereine vor Ort im internationalen Raum zu stärken und zu vernetzen. Dabei werden die lokalen und regionalen Erfahrungen der Bildungs- und Kultureinrichtungen im Sprachbereich in die Sprach- und Kulturpolitik Deutschlands einbezogen und eine gezielte Erhöhung der Zahl von internationalen Lernenden mit „Deutsch als Sprache der Herkunft“, „Minderheitenmuttersprache“ und „Deutsch als Sprache der Wertschätzung und Chancen“ angestrebt.
Die Zielgruppen ergeben sich wie folgt:
• Deutsche Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, Baltikum, Russland und Zentralasien „Minderheitenmuttersprache“
• deutschsprachige Gemeinschaften in Nord- und Südamerika und andere Weltregionen „Sprache der Herkunft“
• Personen ohne biografische Verbindung in den deutschen Sprachraum als „Sprache der Wertschätzung und Chancen“
Um effektive und effiziente Lernerfolge zu gewährleisten, muss innerhalb dieser drei Zielgruppen eine weitere Differenzierung nach Altersgruppen erfolgen, da sie unterschiedliche Bedürfnisse und Spracherwerbsmotivationen haben.
4. Inhalte
4.1. Definition/Besonderheit des Forschungsgegenstandes und der Sprachförderung
In Hinblick auf die Zielgruppen bestehen markante Unterschiede zur Sprachförderung im Fremdsprachenunterricht. Diese Besonderheiten sind eng mit den historischen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten verknüpft.
Die Förderung der „Minderheitenmuttersprache“ und „Sprache der Herkunft“ erfordert die Berücksichtigung besonderer Voraussetzungen. Diese deutschen Gemeinschaften und Minderheiten leben in Ländern, in denen Deutsch
• keine Amtssprache ist,
• öfters auch nicht als erste Fremdsprache respektive
• weder als obligatorische oder fakultative Schulfremdsprache und
• oftmals unter den Gegebenheiten mehrsprachiger Lebensräume angeboten wird.
Sprachförderprogramme müssen daher nicht nur die Sprache Deutsch bewerben, sondern auch auf die Bedeutung der Mehrsprachigkeit eingehen und die Integration in die lokale Gesellschaft unterstützen.
Dazu zählen u.a. auch emotionale Formen der Unterstützung, wie Wertschätzung und Anerkennung der deutschen Minderheit, die in der Öffentlichkeit ausdrücklich zu betonen ist.
Für Zielgruppen ohne persönliche biographische Verbindung in den deutschen Sprachraum ist Deutsch die „Sprache der Wertschätzung und Chancen”. Für diese Gruppen spielen die ersten beiden Zielgruppen eine wichtige Multiplikatorenrolle.
Die feste Verbindung der deutschen Sprache mit der familiären Geschichte hat eine hochmotivierende Funktion für den Erhalt des Deutschen in der Folgegeneration, z.B. in Form einer zweisprachigen Erziehung bzw. einer kulturellen Bindung trotz geringer Sprachkenntnisse. Das Erlernen der deutschen Sprache wird oft weniger durch das Leistungsprinzip oder ökonomische und karriereorientierte Gründe dominiert als bei anders motiviertem Spracherwerb. Entscheidend sind vielmehr die Familien- bzw. Sprachgemeinschaftsgeschichte sowie Freude an der Verwendung der deutschen Sprache im Alltag und in der Öffentlichkeit, beispielsweise bei Veranstaltungen der deutschen Minderheiten bzw. Sprachgemeinschaften in ihren jeweiligen Regionen.
Daher muss die Sprachförderung gezielt darauf abzielen, Deutsch als Familiensprache und in der Gemeinschaft lebendig zu halten.
Weitere Besonderheiten der Zielgruppen sind die Plurizentrik und die variantenreiche Mündlichkeit, die einer besonderen Didaktik bedürfen. Das Deutsch dieser Gruppen entwickelt sich öfters isoliert und unter dem Einfluss der lokalen Sprache weiter, was auch zur Bildung von Sprachvarianten führt. Diese Formen des Deutschen weichen unter Umständen stark vom heutigen Standarddeutsch ab, worauf die Sprachförderung Rücksicht nehmen muss, um nicht mit der Enttäuschung von Erwartungen Lernabbrüche zu provozieren.
Besondere Berücksichtigung müssen auch die Sprachlernbiographien und das Interesse an bestimmten Sprachfertigkeiten finden. So ist die Verbreitung der Hör- und Sprechfertigkeiten (gegenüber dem Lesen und Schreiben) unter diesen Lernenden sehr ausgeprägt. Deswegen muss gerade das „Lernen über das Ohr“ deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen, so dass für Schulen und Bildungseinrichtungen spezielle zweisprachige Bildungsprogramme entwickelt werden müssen. Als Beispiel dienen hier die erfolgreichen Schulen der deutschen Minderheit in Dänemark, die deutsche Gymnasien in Ungarn, Rumänien, Südtirol.
In Ländern, in denen es keine oder wenige deutsche Vollzeitschulen gibt, bieten sich die bestens erprobte und etablierte Form der „Samstagschulen“ bzw. „Sonntagsschulen“ oder ergänzender Deutschkurse an, wie es in den USA und dem kompletten postsowjetischen Raum üblich ist. Dieser Sprachunterricht ist meistens günstiger und flächendeckender als die Sprachlernangebote der klassischen Mittlerorganisationen.
Eine wichtige Besonderheit der Sprachförderung liegt in der Tätigkeit der Kulturvereine und Gemeinschaftsorganisationen, denn sie sind das Rückgrat der deutschen Minderheiten und Sprachgemeinschaften. Sie schaffen eine vernetzte Öffentlichkeit und das soziale Umfeld, in dem die deutsche Sprache im breiten Spektrum von kulturellen Veranstaltungen bis zu traditionellen Festen aktiv genutzt und gepflegt werden kann.
Diese Unterschiede zu berücksichtigen ist zentral, um die Zielgruppen und ihre „Lebensrealitäten“ zu respektieren und die Spracharbeit in diesem Sinne präzise anzupassen.
In diesen Gruppen ist der Spracherwerb im Vergleich zu den Sprachlernangeboten der klassischen Mittlerorganisationen wie dem Goethe-Institut oder DAAD lokaler und breiter gestreut. Aufgrund ihrer geringeren finanziellen Ausstattung durch den deutschen Staat und oft auch geringeren Verbindungen und Kooperationen mit den deutschen Mittlerorganisationen entwickeln die Organisationen der deutschen Minderheiten und
Sprachgemeinschaften eine ausgeprägte Resilienz: sie sind zukunftsorientiert, lösungsorientiert und netzwerkorientiert. Die identitätsstiftende Rolle der deutschen Sprache führt bei diesen Gruppen zu erhöhter Motivation und verringert die Problematik des „Alumni-Verlustes“ (nachhaltige Verbindungspflege mit Alumni).
Diese Gruppen haben eine „Broker“-Funktion mit guten Antennen bezüglich der Frage: „Wie blickt die Welt auf Deutschland?“
4.2. Maßnahmenkatalog. Wie kann die zielgruppenspezifische Vermittlung der deutschen Sprache nachhaltig im internationalen Raum gestärkt werden?
Bei der Entwicklung des Maßnahmenkatalogs wird auf die bisherige Erfahrung der Organisationen bzw. Partnervereine in den jeweiligen Ländern besonderer Wert gelegt.
1. Das betrifft in erster Linie solche Projekte, die sich in den Organisationen bewährt haben, zur Erhöhung der Zahl der Deutschlernenden beigetragen haben und die an weitere Länder bzw. Kontinente im Sinn einer Multiplikation der Effekte angepasst werden können.
2. Weitere Maßnahmen sind mit dem Ziel der Sprachförderung und Kooperation mit ausgewählten Mittlerorganisationen vorgesehen, insbesondere im schulischen und hochschulischen Bereich, um den Bedarf an Deutschlehrkräften zu decken und eine zügige Ausbildung von Sprachlehrerinnen und -lehrern vor Ort zu gewährleisten.
3. Der außerschulische Bereich wird durch Maßnahmen gestärkt, die eine durchdachte Motivationsstrategie beinhalten und ein niederschwelliges Eintauchen in die deutsche Sprache und Kultur ermöglichen.
4. Da der Spracherhalt in der Familie stattfindet, kommt Eltern eine zentrale Rolle in der Sprachförderung zu. Aus diesem Grund müssen Eltern und Kinder in die Sprachförderprogramme einbezogen werden.
5. Deutschsprachige Medien im Ausland sind ein weiteres Instrument zur Sprachförderung: Zeitungen, Zeitschriften, Radiosendungen der deutschsprachigen Gemeinschaften im Land tragen zur Vermittlung der deutschen Sprache bei und dienen gleichzeitig ebenso der Präsenz vor Ort wie der Herstellung von Nähe zum deutschsprachigen Raum.
6. Auch der Ausbau und die Nutzung digitaler Sprachlernangebote berücksichtigen die o.g. drei Zielgruppen und verschiedene Altersgruppen in spezifischer Weise. Diese Maßnahmen ermöglichen beispielsweise der jüngeren Generation, die deutsche Sprache in einem für sie attraktiven Kontext zu nutzen.
7. Neben den digitalen Sprachlernangeboten werden gleichrangig Deutschlandaufenthalte, sogenannte „Sprachbäder“, in den Maßnahmenkatalog aufgenommen.
8. Alumni-Konzept muss mitgedacht werden, um die hohe Fluktuation bei anderen Sprachlerngruppen (z.B. Schülerinnen und Schüler deutscher Auslandsschulen) zu vermeiden.
Ein erweiterter Maßnahmenkatalog mit Projektübersicht soll aufgrund der vorhandenen und mittelfristig geplanten Ressourcen separat entwickelt werden.
5. Ressourcen
Folgende Ressourcenkategorien werden als notwendig für eine nachhaltige Förderung der Spracharbeit der Deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften ermittelt:
• Sicherstellen einer kontinuierlichen Finanzierung der Sprach- und Kulturarbeit
• Soziale Ressourcen stärken und die Vernetzung fördern
• Vorhandene Strukturen und Partnerorganisationen der Stiftung Verbundenheit nutzen
• Mittlerorganisationen des Bundes miteinbeziehen
• Wertschätzung der deutschen Gemeinschaften und Minderheiten weltweit
6. Kooperationen, Partner, Netzwerke
Die entscheidende Rolle für die Zielgruppen spielen die Organisationen vor Ort, lokale deutsche Vereine, Kirchen und Kulturzentren, wie z.B. die Samstagschulen in den USA, die Vereinigung der deutschsprachigen Gemeinschaften in Lateinamerika, die Dachverbände der deutschen Minderheiten in Osteuropa und in den Staaten des postsowjetischen Raumes. Diese schaffen die Breitenarbeit und die Motivation für den Einstieg in die Welt der deutschen Sprache.
Partnerschaften mit Schulen, Bildungseinrichtungen sowie Städtepartnerschaften sind ein wichtiges Instrument der Zusammenarbeit und gewährleisten die Integration der deutschen Sprache und der kulturellen Thematik der deutschen Minderheiten und Sprachgemeinschaften in die internationale Zusammenarbeit.
Der weitere Ausbau der Kooperationen unter Einbeziehung der deutschen Mittlerorganisationen, wie der ZfA, Goethe-Institut, DAAD und dem Deutschen historischen Institut unterstützen die Realisierung schnellerer und qualitativ besserer Sprachlernleistungen, die Intensivierung des öffentlichen Interesses und der fachlichen Öffentlichkeit. Für die Berücksichtigung der Thematik der Mündlichkeit und dialektalen Besonderheiten ist es sinnvoll mit dem IDS- Leibniz-Institut für deutsche Sprache zu kooperieren.
Eine weitere Plattform für Kooperation und Vernetzung bietet interdisziplinäre Zusammenarbeit und Forschung mit Universitäten im In- und Ausland, hier insbesondere mit den Deutschabteilungen und Internationalen Germanistiken.
Öffentliche gemeinsame Auftritte und Präsentationen der Deutschen Organisationen im Ausland bei internationalen Bildungs-und kulturellen Foren, wie z.B der Internationalen Tagung der Deutschlehrer (IDT), der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GiG), Buchmessen etc. werden sehr empfohlen.
Durch den Ausbau der Kooperationen und Netzwerke erhöhen sich nicht nur die Chancen auf Erhalt der zahlreichen Deutschen Minderheiten und Sprachgemeinschaften, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Sprache weltweit.
Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
Informationen
über die deutsche Sprachsituation, den Umfang des Schulunterrichts in deutscher Sprache für die Angehörigen der Deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, GUS, Zentralasien, Kaukasus sowie den deutschsprachige Gemeinschaften in Nord- und Südamerika
Dossier für den Fachbeirat „Deutsche Sprache“
Stand: 04.10.2024
ARGENTINIEN, CHILE, PARAGUAY
Deutsch als Fremdsprache spielt in Lateinamerika eine wichtige Rolle. Es gibt rund 765 Schulen mit Deutschunterricht. Insgesamt lernen in Lateinamerika etwa 350.000 Schüler/innen Deutsch. Besonderes Interesse am Deutschunterricht besteht in den Regionen mit vielen aus Deutschland eingewanderten Familien (Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay, Uruguay) (vgl. Auswärtiges Amt, 2019). Mit dem Partnerschulnetzwerk mit 193 Schulen in Lateinamerika, der PASCH-Initiative vom Auswärtigen Amt, ist ein Beispiel zahlreicher prägender Initiativen mit Förderprogrammen.
Insgesamt wird die Zahl deutschsprechender Lateinamerikaner auf ca. 1,8 Millionen geschätzt (Auswärtiges Amt, 2015). Etwa 1 % der Bevölkerung in Argentinien – ca. 300.000-500.000 Personen – spricht Deutsch (vgl. Rosenberg, 1998). In Chile gibt es ca. 20.000 Deutschsprachige und in Paraguay ca. 100.000 (die meisten davon sind Russlandmennoniten, viele davon leben im Chaco) (Rosenberg, 1998). Auch wenn großes Interesse an der deutschen Sprache besteht, sind die germanistischen Abteilungen und das Lehren der deutschen Sprache in Argentinien, Chile und Paraguay noch ausbaufähig (vgl. Auswärtiges Amt. 2019). In Lateinamerika stagniert die Zahl der Deutschlernenden laut Auswärtigem Amt auf niedrigem Niveau. Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt weist Lateinamerika einen recht geringen Anteil der Deutschlernenden an der Gesamtbevölkerung auf (vgl. Auswärtiges Amt, 2020).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die deutschen Gemeinschaften besonders in Lateinamerika prozentual gesehen sehr stark vertreten sind. Es gibt allerdings Entwicklungspotential beim Ausbau des Deutschunterrichts an Bildungseinrichtungen und der Präsenz der deutschen Sprache in Lateinamerika. Die Sprachkurse des Goethe-Institutes sind für viele Personen aufgrund der hohen Kosten, aber auch der begrenzten Institutspräsenz außerhalb der Metropolregionen, nicht erschwinglich.
In einigen deutsch-lateinamerikanischen Kulturvereinen wird eigenständig Sprachunterricht angeboten (weniger als 20%). Allerdings können sie nur schwer ihr Potenzial ausschöpfen, da die Vereine es sich finanziell kaum leisten können, den Unterricht unter professionellen Bedingungen aufrechtzuerhalten. Zudem herrscht in der gesamten Cono Sur Region ein akuter Mangel an Deutschlehrkräften. Die wenigen Lehrkräfte arbeiten vorzugsweise in Sprachenzentren, die eine bessere Vergütung bieten können. Das vermittelte Sprachkursniveau in den Vereinen begrenzt sich in der Regel auf das A1- und A2-Niveau. Deutschlernende in den Vereinen kommen aus diversen Altersgruppen und sozialen Schichten. Das Interesse Deutsch zu lernen, entsteht meistens aus einer emotionalen, familiengeprägten Verbindung zu Deutschland. Jüngere Generationen sind an Studienmöglichkeiten in Deutschland interessiert.
ARMENIEN
In der Republik Armenien gibt es keine kompakte Ansiedlung von Deutschen. Die Anzahl der Angehörigen der Deutschen Minderheit wird auf unter 100 geschätzt.
Deutsche sowie Deutschstämmige sind in der gesellschaftlichen Kulturorganisation der Deutschen „Teutonia“ vereint, in der Interessierte Deutsch in zwei Gruppen sonntags lernen: Gruppe 1 (8-10 Kursteilnehmer), von 11-13 Uhr im Zentrum der nationalen Minderheiten, Gruppe 2 (5 Kursteilnehmer) von 17-19 Uhr, online. Die Motivation für das Erlernen der deutschen Sprache besteht darin, die Sprache zu pflegen, mit Deutschsprachigen zu kommunizieren und ins Ausland zu reisen. Die Aktivitäten der Organisation werden von der Regierung Armeniens unterstützt.
GEORGIEN
Die deutsche Sprache war noch in den sowjetischen Zeiten (in den 1970-90er Jahren) in meisten Fällen die erste Fremdsprache in Georgien. Bis 2003 gab es viele Schulen, in denen Deutschunterricht als Fremdsprache oder erste Fremdsprache erteilt wurde. Deutsch-Georgische Beziehungen waren traditionell in den 1960-90er Jahren gut. Die deutsche Minderheit in Georgien ist klein. Deshalb gab und gibt es auch heute keinen
Deutschunterricht als Muttersprache, es wird nur Fremdsprachenunterricht erteilt. Ab 2004 wurde Deutschunterricht von Jahr zu Jahr minimiert. Die meisten Deutschlehrer/innen wurden entlassen.
Die aktuelle Regierung (seit 2012), hat die prekäre Situation der deutschen Sprache an den Schulen wesentlich verbessert. Dennoch wurde das ursprüngliche Niveau des Deutschunterrichts an den Schulen nicht erreicht. Deutsch wurde auch aufgrund der EU-Integrierung wieder sehr populär. Die meisten Jugendlichen fahren nach Deutschland, um dort zu studieren oder zu arbeiten.
Deutschunterricht besuchen viele Mitglieder des Dachverbandes der Deutschen Minderheit „Einung“. In Tbilissi besuchen den Deutschunterricht bis zu 50 Personen, je nach Niveau, und in der BS Rustawi 15 Teilnehmer, d. h. insgesamt 65 Personen (durch das Goethe-Institut). Die Tendenz ist positiv, weil die Teilnehmerzahl zunimmt: immer mehr Menschen möchten Deutsch lernen!
ITALIEN und die AUTONOME PROVINZ BOZEN-BOLZANO ( SÜDTIROL/ALTO ADIGE)
Die deutsche Sprache gerät in Italien und der Autonomen Provinz Bozen zunehmend unter Druck. Auch wenn im aktuellen Bericht des Auswärtigen Amts (DaF weltweit 2020: 9) von einem Anstieg der Deutschlernenden die Rede ist, muss dieser vor einer generellen Abwertung der deutschen Sprache in Italien genauer interpretiert werden. Im aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes (AA) wird die Gesamtzahl der Deutschlernenden in Italien mit rund 458.000 Personen angegeben (DaF weltweit 2020: 13). Diese Zahl erscheint absolut gesehen als hoch, relativiert sich aber bei genauer Betrachtung.
Die beiden Sprachräume sind seit Jahrhunderten eng verbunden, die Auslandsgermanistik kann in Italien auf eine reichhaltige Tradition zurückblicken (Foschi Albert 2005), die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den DACHLändern und Italien sind sehr eng; nicht zuletzt beruhen sie auf der großen italienischsprachigen Diaspora in den deutschsprachigen Ländern, so leben etwa eine Million italienische Staatsbürger/-innen in einem DACH-Land, davon knapp 700.000 allein in der Bundesrepublik (Dörflinger/Atz 2020:12f). Deutlich geringer ist die Zahl der Deutschsprecher, die in Italien lebt, sie liegt bei knapp über 50.000. Im Tourismus ist das Zahlenverhältnis fast spiegelverkehrt: den rund 78,9 Millionen Übernachtungen von Deutschsprecher/-innen in Italien stehen rund 9 Millionen Übernachtungen von Italiener/-innen in den DACH-Ländern gegenüber. Insgesamt lässt sich an diesen hohen Zahlen die enge Verflechtung der beiden Sprachräume ablesen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es bedenkenswert, wenn die deutsche Sprache in Italien seit Jahrzehnten gleichbleibend „nur“ auf Platz vier der Fremdsprachen zu finden ist, hinter Englisch (48% der Bevölkerung), Französisch (30%) und Spanisch (11%) und dies zudem mit einem deutlichen Abstand. Deutsch als Fremdsprache lernen nur 6% der Bevölkerung; auf einem europäischen „Ranking“, bei dem der Anteil der Bevölkerung mit Deutsch als Fremdsprache gemessen wird, liegt Italien nur auf Platz 20, von insgesamt 25 europäischen Staaten; sogar in Großbritannien und Frankreich ist der Anteil der Deutschlerner höher als in Italien (Dörflinger/Atz 2020: 17). Zwar sollte bei diesen Daten die generell niedrige Fremdsprachenfreudigkeit der Italienerinnen und Italiener gesehen werden, jedoch wird das Potential von deutschen Mittlerorganisationen im Bereich der Auswärtigen Sprach- und Kulturpolitik bei weitem nicht ausgeschöpft.
Es ist ein Motivationsmix, der die Menschen in Italien dazu bringt, Deutsch zu lernen: die internationale Stellung der deutschen Sprache, die intrinsische Motivation, damit ist generell der Spaß am Erlernen einer Fremdsprache gemeint und die – insbesondere im Primar- und Sekundarschulbereich wahrgenommene – gute Deutschdidaktik gehören zu den positiven Faktoren. Gerade letzterer Befund ist eine Bestätigung dafür, dass eine
klug konzipierte und finanziell ebenso ausgestattete auswärtige Sprach- und Kulturpolitik ihre Früchte trägt (ausführlich dazu Dörflinger/Atz 2020). Denn die Deutschdidaktik an den italienischen Universitäten wird deutlich schlechter bewertet; hier wird das akademische Personal zumeist aus den heimischen Universitäten akquiriert, das traditionell in Italien einer eher konservativ-strukturalistischen, theoretisch-grammatisch orientierten Sprachdidaktik verpflichtet ist.
Die geografische Nähe zu den deutschsprachigen Nachbarländern spiegelt sich auch in den Deutschsprecherzahlen wider, so ist der Norden Italiens traditionell eher mehrsprachig im Vergleich zum Süden Italiens. Dennoch sind die lokalen Zentren der deutschen Sprache im Süden zu berücksichtigen, traditionell sind diese im Umfeld der Universitäten Bari, Neapel und Palermo oder im Zusammenhang mit deutschen Wirtschaftsunternehmen (etwa in Apulien) oder auch im Gebiet der prestigeträchtigen deutschen Schulen in Rom und Mailand zu finden (Dörflinger/Atz 2020: 12).
Eine Sonderstellung nimmt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Autonome Provinz Bozen-Bolzano (kurz: Südtirol) ein, da hier die deutsche Sprache als Minderheitensprache institutionalisiert und sowohl auf völkerrechtlicher wie auf verfassungsrechtlicher Ebene abgesichert ist. Deutsch fungiert hier als regionale Amtssprache (kategorisiert nach dem Konzept von Ammon 2015), die von etwa Zweidrittel der Bevölkerung, die die 500.000 Marke vor einigen Jahren überschritten hat, als Muttersprache verwendet wird. Da in dem komplexen dreisprachigen Schulsystem Deutsch in allen Schultypen mit einem hohen Stundenkontingent und unterschiedlichen didaktischen Ansätzen unterrichtet wird, kann man davon sprechen, dass alle Bewohner Südtirols in irgendeiner Form Deutsch gelernt haben und verwenden, sei es Deutsch als Erstsprache oder Zweitsprache oder Fremdsprache (ausführlich und mit aktuellen Daten: Risse 2024). Neben Italienisch als „Staatssprache“ und Deutsch als regionaler Amtssprache genießt die kleine Sprachminderheiten der Ladiner noch einen juristisch abgesicherten Status. Die rund 30.000 Sprecher/-innen (dies entspricht einem Anteil von rund 4,8% der Bevölkerung) haben als einzige ein konsequent dreisprachiges Schulsystem mit ihrer Muttersprache Ladinisch – die in den unterschiedlichen Idiomen Grödnerisch und Gadertal-Ladinisch vorliegt. Paradoxerweise wird die Erstsprache mit einem kleineren Stundenkontingent ab dem Kindergarten bis zur Matura unterrichtet, wohingegen Italienisch und Deutsch zu gleichen Anteilen als Unterrichtssprachen fungieren. Im Ergebnis entlässt die „paritätische“ Schule und Kindergarten dreisprachige Sprecher/-innen. In den deutschen und italienischen Schulen des Landes wird die jeweils andere Landesssprache durchgehend ab der Grundschule als Zweitsprache unterrichtet.
Die deutsche Sprache in Südtirol wird also nicht nur von den Muttersprachlern, sondern auch von denjenigen gelernt und angewendet, deren Muttersprache Ladinisch und Ita-
lienisch ist. Die deutsche Sprache in Südtirol wurde in den vergangenen Jahrzehnten stetig ausgebaut, so dass man von einer Dominanz des Deutschen sprechen kann. Allerdings ist auch hier ein differenzierter Blick notwendig: Mit dem Einzug der sozialen Medien und damit der zunehmenden Mündlichkeit auch in schriftsprachlichen Domänen gerät das Standarddeutsche wiederum unter Druck. Zwar wird – anders als etwa in der Schweiz – das Standarddeutsche als Norm in den Bildungsinstitutionen vorgegeben, aber das Dialektsprechen bestimmt den Alltag. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf die schriftsprachliche Kompetenz gerade der jüngeren Generation (Risse 2020).
Die starke Bindung an die deutsche Standardsprache, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch politisch die Verbundenheit zum deutschen Sprachraum symbolisieren sollte, ist einer gewissen Entkoppelung der „Bildungssprache Deutsch“ gewichen. Salopp formuliert ist eine „Verschweizerung“ der Südtirolerinnen und Südtiroler insofern zu erkennen, als „der Dialekt“ den Alltag dominiert, das Standarddeutsche zunehmend gerade von der jungen Generation als „Zweitsprache“, die in den Bildungsinstitutionen erlernt werden „muss“, empfunden wird.
KASACHSTAN
In Kasachstan wird Deutsch sowohl an Schulen als auch an Universitäten erlernt. Es wird jedoch als Fremdsprache und nicht als Minderheitensprache unterrichtet. Darüber hinaus gibt es in Kasachstan das BMI-Förderprogramm für ethnische Deutsche, in dessen Rahmen das Erlernen der deutschen Sprache vorgesehen ist.
Ab Ende 2023 lernen in Kasachstan 11.163 Schüler Deutsch. Davon lernen 2.960 Deutsch als erste Fremdsprache und 8.203 lernen Deutsch als zweite Fremdsprache. Diese sind aber Schüler aller Ethnien. Die Statistik zu den Kasachstandeutschen fehlt.
Laut der Statistik des Bildungsministeriums Kasachstans nimmt die Zahl der Deutschlernenden an Schulen zu, aber die Zahl der Kursteilnehmer im Rahmen des Förderprogramms stagniert jedoch eher. Dies liegt unter anderem auch daran, dass die Jugendlichen, die einen aktiven Teil der Lerner bilden, nach dem Schulabschluss das Erlernen der Sprache nicht fortsetzen, sondern zum großen Teil zum Studium ins Ausland ziehen.
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KIRGISISTAN
In Kirgisistan wird in den Schulen sowie an den Hochschulen Deutsch als Fremdsprache (DaF) unterrichtet. Für die deutsche Minderheit wird im Rahmen des BMI-Förderprogramms die Spracharbeit in Form von verschiedenen Projekten zum Erlernen der deutschen Sprache in Bischkek und weiteren 7 Regionen angeboten. Das Goethe-Institut bietet für die deutsche Minderheit in einigen Regionen Außenkurse und die Teilnahme an Sprachcamps für ausgewählte Jugendliche an.
Im Rahmen von Projekten wie „Sprachkurse und Sprachzirkel“ und „Wunderkind“ lernen jährlich rund 140 Erwachsene und Schüler sowie rund 40 Vorschulkinder, die überwiegend Angehörige der deutschen Minderheit sind, in verschiedenen Formaten kirgisistanweit Deutsch. Zusätzlich werden Kindersprachtagestätten für 60 Kinder und Sprachcamps für 30-50 Jugendliche organisiert. Insgesamt wird Deutsch als Fremdsprache in den meisten allgemeinbildenden Schulen in der Kirgisischen Republik unterrichtet, wobei in 6 von ihnen Deutsch intensiv unterrichtet wird. An 5 Universitäten in Bischkek wird Deutsch als Hauptfach unterrichtet.
Die Zahl der Deutschlernenden in Kirgisistan nimmt zu, da die deutsche Minderheit, insbesondere die Jugendlichen ein Interesse an der Pflege ihrer Sprache und Kultur haben. Potenziale für ein verstärktes Interesse könnten durch Initiativen zur Förderung des kulturellen Austauschs und zur Stärkung der deutsch-kirgisischen Beziehungen geschaffen werden.
KROATIEN
Die deutsche Sprache wird auch aus Deutschland mittels verschiedener Programme gefördert, beispielsweise in Form der PASCH-Schulen oder der DSD-Programme. Auch die deutsche Minderheit gibt sich durch ihre Projekte große Mühe, Deutsch als Muttersprache in den Reihen der Minderheitsangehörigen wiederzubeleben. Leider steht Deutsch in Kroatien nicht unter dem besonderen Schutz, den einige andere Minderheitensprachen genießen, weil es bei der kroatischen Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen im Jahr 1997 nicht als Minderheitssprache aufgenommen wurde. Die Deutsche Gemeinschaft bemüht sich schon seit Jahren, diesen Umstand zu beheben. Die kroatische Regierung fördert Aufwendungen der Minderheiten für Unterricht, Publikationen, Rundfunk und Fernsehsendungen und kulturelle Veranstaltungen. In der Broschüre des Auswärtigen Amts „Deutsch als Fremdsprache Weltweit Datenerhebung 2020“ ist nachzulesen, dass es in Kroatien insgesamt 181.177 Deutschlernende im Jahr 2020 gab.
Deutsch ist keine Minderheitensprache in Lettland, sondern eine Fremdsprache. Obwohl die Arbeit der deutschen Minderheitenvereine hauptsächlich auf Lettisch erfolgt, ist das Lernen der deutschen Sprache einer der zentralen Tätigkeitsbereiche der Vereine. Bis heute engagiert sich die Generation in den Vereinen, für die die deutsche Sprache mit der Kindheit verbunden ist, weil das Deutsche zumindest teilweise als Kommunikationssprache mit Eltern oder Großeltern fungierte, in Familien wurden deutsche Lieder gesungen und deutsche Traditionen gepflegt. Für diese Generation ist die deutsche Sprache die Verbindung zur Vergangenheit, für die jüngere Generation die Möglichkeit zur Horizonterweiterung und Bereicherung.
Seit einigen Jahren bietet der VDL die Möglichkeit, am deutschen Online-Sprach-Café teilzunehmen, in dem die Teilnehmer/-innen verschiedener Sprachniveaus unter Leitung einer erfahrenen Lehrkraft Deutsch üben und aktuelle Themen diskutieren können.
Mit Unterstützung des Goethe-Instituts Riga werden nach Möglichkeit Deutschkurse für Kinder und Erwachsene in folgenden Vereinen durchgeführt: Deutscher Kulturverein Riga, Deutscher Verein „Erfolg“ Daugavpils, Deutscher Kulturverein Dobele, Deutscher Verein Liepāja, Deutsch-Lettisches Begegnungszentrum Liepāja, Deutscher Kulturverein Ventspils. Insgesamt haben die Vereine der DMI in Lettland ca. 500 Mitglieder.
Es ist momentan die Tendenz, dass die deutsche Sprache wieder an Bedeutung gewinnt, da Russisch nicht mehr als Fremdsprache in den Schulen unterrichtet wird und dadurch die deutsche Sprache wieder eine Chance hat. Im April 2024 organisierte das GoetheInstitut gemeinsam mit den Botschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie den anderen deutschen Mittlerorganisationen in Lettland den „Monat der deutschen Sprache“. Der Verband der Deutschen in Lettland und der Rigaer Deutscher Kulturverein veranstalteten im Rahmen dieses Monats den Liederabend „Gemeinsames Lied“. Obwohl die deutsche Sprache in Lettland wieder positive Perspektiven hat, bleibt die Entwicklung der deutschen Minderheitenorganisationen problematisch, da es wenig Kapazität ohne institutionelle Förderung gibt.
NORDSCHLESWIG
Anteil von Gymnasiasten mit Deutsch (keine Anfänger) 2023 – Zusatzinfo: In Dänemark gibt es eine Gesamtschule von der 0. bis zur 9. oder 10. Klasse und danach ggf. ein dreijähriges Gymnasium (also nur 11., 12. und 13. Klasse).
5,9 % haben Deutsch auf A-Niveau (im Deutschen einem Leistungskurs entsprechend)
59,7 % haben Deutsch auf B-Niveau (Grundkurs)
34,3 % haben überhaupt kein Deutsch
Der Anteil ist seit 2016 kontinuierlich gefallen, wenngleich er im grenznahen Nordschleswig einen ganz geringen Anstieg zeigt. Der Anteil derjenigen, die Deutsch studieren, fällt ebenfalls – bis auf Kopenhagen: In Aalborg gibt es seit 2020 gar kein Studienangebot mehr, das die deutsche Sprache umfasst (Deutsch in Odense: Rückgang von 2018 mit 20 Studierenden auf 14 2023 - -30 %; Internationale Unternehmenskommunikation in Deutsch, Odense: von 2018 mit 19 auf 12 Studierende 2023- - 36,8 %; Internationale Unternehmenskommunikation in Deutsch, Sonderburg - von 2019 mit 23 auf 20 in 2023; Deutsche Sprache und Kultur in Kopenhagen- von 2018 mit 27 auf 28 in 2023 - +3,7 %; Deutsche Sprache und Kultur in Aarhus - von 2018 mit 30 auf 18 in 2023 - -40 %; Internationale Unternehmenskommunikation in Deutsch in Aarhus - von 2018 mit 57 auf 28 in 2023 - -50,9 %)
Deutsch ist in Dänemark in den Klassen 5-9 obligatorisch, wenn es angeboten wird, stattdessen kann auch Französisch gewählt werden. Insgesamt erhalten die Schüler/innen 390 Stunden Deutschunterricht. In Englisch sind es 630 Stunden und in Dänisch 2.160 in der gesamten Schulzeit in der sogenannten folkeskole – Volksschule (0. bis 9. Klasse).
Im grenznahen Nordschleswig bieten einige Kommunen Deutsch schon ab der 1. Klasse an, die Gesamtstundenzahl erhöht sich aber nicht. Für die deutsche Minderheit gibt es 13 Volksschulen, 19 Kindergärten, ein Gymnasium und eine Nachschule (eine fakultative, einjährige Internatsschule zwischen Volksschule und weiterer Aus- oder Schulbildung). Hier wird Deutsch als Muttersprache genutzt. Dänisch wird im gleichen Umfang wie eine Muttersprache unterrichtet, alle anderen Fächer werden auf Deutsch unterrichtet. Die Abschlüsse gelten in Deutschland wie in Dänemark.
Die Schulen der deutschen Minderheit werden vom Staat als die öffentlichen Schulen der Minderheit betrachtet, gleichwohl sind sie rechtlich sogenannte „friskoler“ und zu 100 Prozent bezuschusst.
POLEN
Deutsch als Minderheitensprache wird in Polen an Schulen in Ortschaften, in denen die deutsche Minderheit lebt (vor allem in den Woiwodschaften Oppeln, Schlesien sowie Ermland und Masuren) unterrichtet. Am 01.04.2001 ratifizierte Polen das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und seit dem 01.06.2009 gilt in Polen die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Von grundlegender Bedeutung ist in Polen das Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten vom 06.01.2005.
Die deutsche Sprache kann im polnischen Bildungssystem sowohl als Fremdsprache als auch als Muttersprache (Deutsch als Minderheitensprache) unterrichtet werden. Für die Kinder der deutschen Volksgruppe in Polen schafft der polnische Staat die Möglichkeit, ihre Muttersprache Deutsch im Fach Deutsch als Minderheitensprache (DaM) zu lernen. Hier handelt es sich um einen Unterricht, der so konzipiert wird, dass die Erhaltung der nationalen und sprachlichen Identität der Schüler/-innen im Mittelpunkt steht. Zur Pflege der nationalen Identität organisieren die Schulen auch den Unterricht der eigenen Geschichte und Kultur der deutschen Minderheit und auf Wunsch auch den Unterricht in Geografie des Herkunftslandes. Es gibt leider keine Schule, in der der gesamte Unterricht in der deutschen Sprache stattfindet. Es gibt nur einige Schulen, in denen der Unterricht in zwei Sprachen (Deutsch und Polnisch) durchgeführt wird. Die meisten Schüler/-innen besuchen den Deutschunterricht nur in der dritten Unterrichtsform: Deutsch als Zusatzstunden/ Zusatzfach (3 Stunden Deutsch als Minderheitensprache pro Woche).
Der DaM-Unterricht kann auf allen Bildungsetappen (auf Antrag der Eltern) angeboten werden. Mit dem Beginn des Schuljahres 2017/2018 ist die neue Schulreform in Polen Wirklichkeit geworden. Diese Reform kehrte zu dem zweistufigen Schulsystem bestehend aus 8-jähriger Grundschule und weiterführender Schule zurück. Das neue Bildungsgesetz erforderte die Anpassung vieler gesetzlichen Vorschriften an die neuen Regelungen, darunter auch eine Verordnung des Bildungsministers, mit der der Unterricht für die nationalen Minderheiten geregelt wird. Vor der Schulreform erlaubte das Bildungsministerium, Deutsch gleichzeitig als Minderheitensprache als auch als Fremdsprache zu lernen. Die Schüler/-innen hatten sowohl in der Grundschule (1.-6. Klasse) als auch im dreijährigen Gymnasium DaM-Unterricht. Diese Praxis bewährte sich und wurde anerkannt. Die neue Interpretation des Gesetzes nach der Schulreform ermöglicht dies aber nicht. Nach der Änderung der Auslegung der Vorschriften durch das Bildungsministerium haben die Schüler/-innen der deutschen Minderheit ab der 7. Klasse weniger Deutschunterricht (2 statt 5 Stunden wöchentlich) und lernen Deutsch nur als Fremdsprache. Sie lernen Deutsch als Minderheitensprache nur bis zur 6. Klasse
der Grundschule (3 Stunden wöchentlich) und ab der 7. Klasse lernen sie Deutsch als Fremdsprache (2 Stunden wöchentlich).
In den Schuljahren 2022/2023 sowie 2023/2024 wurde der Minderheitenunterricht (Deutsch als Zusatzfach) von der damaligen Regierung auf eine Stunde wöchentlich reduziert. Die Reduzierung des Minderheitenunterrichts galt nur für Kinder der deutschen Minderheit; Kinder anderer Minderheiten konnten ihre Minderheitensprache wie bisher, d.h. 3 Stunden pro Woche, lernen. Die diskriminierende Verordnung des Bildungsministers hat viele engagierte Angehörige der deutschen Minderheit dazu veranlasst, ihre Kräfte darauf zu konzentrieren, für die Rücknahme der diskriminierenden Regelung zu kämpfen. Von den Kürzungen des muttersprachlichen Unterrichts waren mehr als 55.000 Kinder und Jugendliche sowie zahlreiche Deutschlehrer über zwei Jahre lang betroffen. Die im Herbst 2023 neu gewählte Regierung hat inzwischen die diskriminierenden Regelungen aufgehoben, so dass ab dem neuen Schuljahr 2024/2025 Anfang September die Stundenzahl wieder auf das vorherige Niveau von 3 Stunden erhöht wird.
Die deutsche Minderheit wird von Institutionen wie Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, sozial-kulturelle Gesellschaften der deutschen Minderheit (regionale und lokale Ebene) sowie Bund der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen vertreten. Innerhalb der deutschen Minderheit ist die deutsche Sprache verbreitet. Es gibt zahlreiche Projekte zur Unterstützung der deutschen Sprache, die sich vorwiegend an Kinder und Jugendliche richten und von der Bundesregierung gefördert werden. Dazu gehören u.a. Samstagskurse, Deutsche Kinderclubs, Deutsch AG, deutschsprachiges Theaterprojekt Jugendbox, Sprachcamps und Sprachworkshops, Sommerwerkstätten, Märchennächte, das Projekt Lernraum.
RUMÄNIEN
In Rumänien kann Deutsch als erste Fremdsprache, als zweite Fremdsprache oder als Erstsprache (L1-“Muttersprache”) gelernt werden. Das Recht auf Unterricht in der Muttersprache ist in Rumänien in der Verfassung verankert und wird im Bildungsgesetz konkretisiert.
Trotz der Auswanderung eines großen Teils der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem Fall des “Eisernen Vorhangs” 1989, ist in den Städten das Schulsystem mit deutscher Unterrichtssprache aufgrund seiner Attraktivität für die Mehrheitsbevölkerung erhalten geblieben. Jeder Bürger hat in Rumänien die Möglichkeit, eine Schule in den Sprachen der Minderheiten zu besuchen, sofern genügend freie Plätze verfügbar sind.
Im Schuljahr 2022/2023 waren insgesamt 22.916 Schüler/-innen an Einrichtungen mit deutscher Unterrichtssprache immatrikuliert, an denen der Unterricht aller Fächer außer Rumänisch in deutscher Sprache erfolgen kann, wenn geeignetes Lehrpersonal verfügbar ist. Dies ist nach 1990 immer schwerer realisierbar (TEMPO Online (insse.ro)).
Die Schüler/-innen der 11. oder 12. Klasse haben die Möglichkeit, das deutsche Sprachdiplom II der Kultusministerkonferenz (Niveau B2 oder C1 des GeRS) zu erwerben.
Die Ausbildung der Lehrpersonen geschieht für die Elementar- und Primarstufe an Universitäten in Bachelor-Studiengängen mit deutscher Unterrichtssprache. Es gibt zurzeit zwei Bachelor-Studiengänge zur Ausbildung von Lehrpersonen für den Elementar- und Primarbereich mit deutscher Unterrichtssprache in Rumänien. Für die Ausbildung von Lehrpersonen für Gymnasien und Lyzeen gibt es Studiengänge mit deutscher Unterrichtssprache an der Babeș-Bolyai Universität (Geografie, Biologie, Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Ingenieurwesen u. a.) und an der Universität Bukarest. An mehreren Universitäten werden im Rahmen von Germanistik-Studiengängen Lehrpersonen für Deutsch als Erstsprache oder Deutsch als Fremdsprache ausgebildet. Aufgrund schwacher Erwerbsaussichten im Lehramt, werden Studiengänge, die für den Lehrberuf professionalisieren, von zunehmend weniger jungen Menschen als Teil ihrer Bildungslaufbahn gewählt, so dass vor allem an weiterführenden Schulen ein akuter Lehrermangel zu verzeichnen ist.
Die Fortbildung deutschsprachiger Lehrpersonen geschieht durch das Zentrum für Lehrerfortbildung Mediasch, das jährlich ein differenziertes Angebot an Fortbildungen in deutscher Sprache anbietet.
Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien erfasst die Schülerzahlen an Einrichtungen mit deutscher Unterrichtssprache in einer jährlichen Statistik. Die Schülerzahlen sind in den letzten Jahren mit kleinen Schwankungen stabil geblieben.
Die Schulbildung in deutscher Sprache genießt ein hohes Ansehen, da die Ergebnisse der Absolvent/-innen im Vergleich über dem Durchschnitt ausfallen. Den Schulen in der Sprache der deutschen Minderheit wird aufgrund ihrer Partnerschaften mit dem deutschsprachigen Ausland ebenso wie der deutschen Minderheit eine Brückenfunktion zuerkannt.
RUSSISCHE FÖDERATION
In der Russischen Föderation gelten im Bereich der Umsetzung der staatlichen Sprachenpolitik das Gesetz vom 25.10.1991 Nr. 1807-1 „Über die Sprachen der Völker der Russischen Föderation“ und das Föderale Gesetz vom 01.06.2005 Nr. 53-FZ „Über die Staatssprache der Russischen Föderation“. Demnach kann Deutsch in der Russischen Föderation als Fremdsprache und als Muttersprache gelernt werden.
In den letzten zehn Jahren war eine deutliche Schwächung der Stellung der deutschen Sprache zu erkennen, sie wird durch andere Fremdsprachen verdrängt, zum Beispiel durch Englisch und Chinesisch, das in den letzten Jahren erheblich an Popularität gewonnen hatte. Unter anderem verschlechterte sich die Situation beim Studium der deutschen Sprache im Rahmen der allgemeinbildenden Programme in Schulen und an Universitäten.
Im Jahr 2020 hatte die Staatliche Universität Omsk (OmSU) einen Optimierungsprozess eingeleitet, der zur Zusammenlegung von Fakultäten, zur Reduzierung von Fachbereichen und zur Verringerung der Zahl der Deutschlehrer/-innen führte, insbesondere wurde der Lehrstuhl für romanische und germanische Sprachen und Kulturen zwischen den Fachbereichen Englisch und Englische Philologie aufgeteilt.
Zum Vergleich: 2005 hatte der Lehrstuhl für Deutsche Philologie 26 Lehrkräfte, die aktiv im Unterrichten, in der Wissenschaft, in der Verteidigung von Dissertationen, im Verfassen von Lehrbüchern und in der Forschung auf dem Gebiet des Deutschen als Muttersprache und als Fremdsprache tätig waren. Und das passiert, während in der Region Omsk, in der sich der Deutsche Nationalkreis Asowo befindet, mehr als 50.000 Deutsche leben.
Vom 25. Oktober 2022 bis zum 25. Oktober 2023 wurden laut dem Staatlichen Ausschuss für die Anerkennung akademischer Grade (VAK) des Ministeriums für Wissenschaft und Hochschulbildung der Russischen Föderation von 191 Doktorarbeiten, die in Russland in den philologischen Wissenschaften verteidigt wurden, 5 den Problemen der deutschen Sprache gewidmet.
Seit 2022 ist der neue föderale staatliche Bildungsstandard (FGOS) in Kraft, nach dem die zweite Fremdsprache aus der Liste der Pflichtfächer in der Schule gestrichen wurde. Diese Änderung beeinflusst in erster Linie Deutsch. Es war die Sprache, die von den Mittelschulen am häufigsten als zweite Fremdsprache gewählt wurde.
Deutsch hat seit der Einführung der neuen FGOS-Bildungsstandards an Bedeutung verloren. In Kamyschin, Region Wolgograd, beispielsweise wird von den 16 Schulen, an denen Deutsch als erste und zweite Fremdsprache unterrichtet wurde, die letzte Klasse mit Deutsch als zweiter Fremdsprache im Jahr 2024 ihren Abschluss machen.
Auf der VIII. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz im Jahr 2023 haben die Experten, Hochschuldozenten und Deutschlehrer festgestellt, dass in der Russischen Föderation eine weit verbreitete Tendenz zur Verringerung des Deutschunterrichts in den Schulen (Deutschklassen) sowie zur Verringerung der Zahl der ausgebildeten Fachkräfte - Hochschulabsolvent/-innen (Hochschuldozent/-innen und Deutschlehrer/-innen) - besteht.
Hinzu kommt, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen die Motivationsgründe für Eltern und Schüler/-innen, Deutsch zu lernen, stark zurückgegangen sind: Es gibt keine breit angelegte Werbekampagne und keine Möglichkeiten, an großen deutsch-russischen Kultur- und Sprachprojekten teilzunehmen, es gibt keine Möglichkeit des Schulund Jugendaustausches, es gibt keine Möglichkeit von Hospitationen für junge Profis und Ausbildung in Deutschland, die Zahl der deutschsprachigen Unternehmensstrukturen ist stark zurückgegangen, entsprechend gibt es keine berufliche Motivation. All dies wirkt sich auf den allgemeinen Hintergrund der Entwicklung der deutschen Sprache in Russland in naher Zukunft aus, was zu einem Mangel an Lehrern und anderen Fachkräften mit Deutschkenntnissen führen kann. Zudem ging die Zahl der Kultur- und Bildungsprogramme, die von ausländischen Organisationen in Russland durchgeführt werden, in den letzten zwei Jahren drastisch zurück.
So war das Goethe-Institut aus objektiven Gründen in den letzten Jahren mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert, u.a. im Bereich der Finanzierung und der Umstrukturierung seiner internen Struktur. 2023 wurde der größte Teil des Personals des Goethe-Instituts abgebaut, so dass nur noch wenige Mitarbeiter/-innen in drei Städten der Russischen Föderation (Moskau, St. Petersburg und Nowosibirsk) beschäftigt waren, was eine deutliche Reduzierung der Projektaktivitäten des Goethe-Instituts in der Russischen Föderation zur Folge hatte. Gleichzeitig setzt das Goethe-Institut in einem neuen Format seine Aktivitäten fort, wenn auch in einer eher verkürzten Form, und die Sprachlernzentren als GI-Partner arbeiten größtenteils weiter - sie führen Kurse durch, nehmen Prüfungen ab und organisieren lokale Veranstaltungen.
Eine wichtige Ressource zur Unterstützung der deutschen Sprache in Russland sowie der Lehrkräfte ist das Institut für ethnokulturelle Bildung (BiZ) und insbesondere der Fachbereich Deutsche Sprache, der die Aktivitäten von Sprachclubs und das Erlernen der deutschen Sprache wie folgt unterstützt:
• bietet einen Deutsch-Fernkurs für die Zielgruppe der RD, Niveau A1 und A2 - ein einzigartiges Angebot auf dem derzeitigen Markt in der Russischen Föderation: deutsche Sprache + ethnokulturelle Komponente (Kennenlernen der Kultur und Traditionen der RD).
• unterstützt ein System von regionalen Koordinatoren und Multiplikatoren im Bereich der Spracharbeit, die vor Ort Maßnahmen für Clubleiter/-innen organisieren (6-10 pro Jahr).
Das System der Multiplikatoren ermöglicht es den Leiter/-innen von Sprachclubs, die mit den Begegnungszentren der RD in den Regionen der Russischen Föderation und den GUS-Ländern zusammenarbeiten, didaktische und methodische Unterstützung zu bieten und so die Clubaktivitäten auf einem bestimmten Niveau zu unterstützen. Zurzeit sind 8 Koordinatoren/-innen und 27 Multiplikatoren/-innen an dem Programm beteiligt.
Das Institut (BiZ) führt ein Projekt zur methodischen Beratung der Leiter/-innen von Sprachclubs in den Regionen durch (Hospitationen, Meisterklassen, Workshops mit den Leitern/-innen der Begegnungszentren der RD). Das Institut (BiZ) unterstützt die didaktische Plattform „DaF-Lehrerzimmer“ (https://vk.com/daflehrerzimmer) für Deutschlehrer/-innen und Leiter/-innen von Sprachclubs in den Begegnungszentren der Russlanddeutschen (BZ RD) und den Zentren der deutschen Kultur (ZDK) zur Heranführung an die deutsche Sprache und Kultur. „DaF-Lehrerzimmer“ ist eine moderne, interaktive Fortsetzung der didaktischen Zeitschrift „Taxi“ und eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen Deutschlehrern, Leitern von ethnokulturellen Clubs und Zirkeln, Sonntagsklubs für Kinder in den Zentren der deutschen Kultur (ZDK).
Das Institut (BiZ) führt regelmäßig und systematisch Webinare, Seminare und Weiterbildungsprogramme (WBP) für Clubleiter durch, erstellt Programme, Online-Kurse und Videovorlesungen und baut eine Methodensammlung zur Unterstützung der Sprachund ethnokulturellen Arbeit auf.
Das Institut (BiZ) führt Programme zu Methoden des Sprachunterrichts für unterschiedliche Altersgruppen und zur Verbesserung der Sprachkompetenz von Clubleitern durch und sorgt für didaktische Materialien für Clubaktivitäten.
Die Abteilung arbeitet mit Partnerinstitutionen zusammen und gewinnt Deutschlehrer und -spezialisten für die Teilnahme an Weiterbildungs- und Umschulungsprogrammen als Experten, Referenten und Berater.
Die internationale Zusammenarbeit des Instituts (BiZ) mit deutschen Bildungseinrichtungen wurde vorübergehend ausgesetzt.
Trotz der gegenwärtigen Tendenzen spielt die deutsche Sprache in Russland nach wie vor eine wichtige Rolle, vor allem in den Kompaktsiedlungsstätten der Russlanddeutschen.
Dank der Projekttätigkeit des IVDK zur allumfassenden Förderung der deutschen Sprache, der groß angelegten föderalen Sprachprojekte wie „Freunde der deutschen Sprache“, „Tolles Diktat“, der Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz, der föderalen und regionalen ethnokulturellen Sprachtreffen für Jugendliche und Familien der RD sowie der geplanten Breitenarbeit in den Regionen im Rahmen der Klubs der Freunde der deutschen Sprache und der ethnokulturellen Klubs wird die deutsche Sprache in den Regionen Russlands erhalten (wie die große Zahl der Teilnehmer aus verschiedenen Regionen Russlands an der Gesamtrussischen Aktion „Tolles Diktat“ und dem Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ belegt), insbesondere in den Kompaktsiedlungsstätten der Russlanddeutschen, wo viele Russlanddeutsche in ihrem Mutterdialekt - Deutsch - miteinander kommunizieren. Sie wird nicht nur von der älteren Generation, sondern auch von Kindern und Jugendlichen gesprochen. Das Interesse der Jugendlichen am Erlernen der deutschen Sprache ist groß, wie der Bedarf an allen Projektvorschlägen des IVDK und der regionalen Organisationen sowohl bei der Zielgruppe Russlanddeutsche und ihre Familienangehörigen als auch bei externen Zielgruppen unterschiedlichen Alters zeigt.
Darüber hinaus gibt es viele Sprachprojekte, die vom Internationalen Verband der deutschen Kultur in Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, Universitäten und anderen Partnerorganisationen durchgeführt werden.
Leider gibt es in Russland keine staatlichen deutschen Schulen, an denen alle Fächer auf Deutsch unterrichtet werden. Derzeit gibt es allgemeinbildende Schulen, die im Rahmen ihres Bildungsprogramms Programme mit einer ethnokulturellen Komponente in außerschulischen Aktivitäten einsetzen, in denen neben dem Unterricht in Deutsch als Muttersprache auch Themen wie russlanddeutsche Literatur, die Geschichte der Russlanddeutschen und die Kultur, Traditionen und Bräuche der Russlanddeutschen im außerschulischen Teil des Lehrplans behandelt werden. Alle diese außerschulischen Aktivitäten werden vom Staat bezahlt und sind für die Schüler kostenlos. Darüber hinaus werden im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem IVDK und diesen Schulen (z.B. in Nowosibirsk - Progymnasium Nr. 1 „Solnyschko“ und Bildungszentrum „Gornostaj“, in Tomsk - Munizipale Bildungseinrichtungen Progymnasium „Kristina“ und Gymnasium Nr. 6, in Omsk - „Wiedergeburt“, in der Region Altai - „Zwetnopolskaja Allgemeinbilden-
de Mittelschule“, „Aleksandrowskaja Allgemeinbildende Mittelschule“) kostenlos Verbrauchsmaterialien und möblierte Räume zur Verfügung gestellt, in denen im Rahmen der außerschulischen Aktivitäten ethnokulturelle Sprachzirkel (Gesang, Theater usw.) in deutscher Sprache stattfinden. In den Kompaktsiedlungsstätten der Russlanddeutschen wird Deutsch sowohl in Schulen als auch in Kindergärten unterrichtet.
Es ist anzumerken, dass der IVDK auch Verlagsprojekte unterstützt und eine beträchtliche Menge an schöngeistiger und methodischer Literatur in deutscher Sprache herausgibt, die den Begegnungszentren der RD und ZDK russlandweit zur wirksamen Umsetzung der Projektaktivitäten zur Verfügung gestellt wird.
Ein wichtiges Instrument bei der Förderung und Popularisierung der deutschen Sprache ist das 2003 gegründete Informationsportal der Russlanddeutschen RusDeutsch - eine Ressource zu aktuellen Ereignissen im Leben der Gemeinschaft der Russlanddeutschen in Russland und im Ausland. In der deutschen Version des Portals https://rusdeutsch.eu/ werden Publikationen in deutscher Sprache veröffentlicht, die 70 Prozent der gesamten russischsprachigen Publikationen ausmachen.
SERBIEN
Bis auf wenige Ausnahmen, die nur wenige Kinder betreffen, wird in den Schulen in Serbien kein Unterricht in der Form „Deutsch als Minderheitensprache“ erteilt, da die Anzahl der Menschen, die sich der Deutschen Minderheit zugehörig fühlen, sehr gering ist und darunter auch die Zahl der Kinder mit deutschen Wurzeln einen noch geringeren Anteil ausmacht. Deutsch wird in Serbien in den Schulen als Fremdsprache bzw. als Deutsch als zweite Fremdsprache gelehrt. Englisch ist die für alle Schüler/-innen verpflichtete erste Fremdsprache, die zweite Fremdsprache ist wählbar. Deutsch kann als Minderheitensprache unterrichtet werden, sobald sich an einer Schule genügend Kinder der DMi anmelden.
Studiengänge der Germanistik gibt es an fünf Hochschulen des Landes.
Die deutsche Sprache wird in Serbien durch die bekannten Institutionen und deren Programme gefördert: Zentrale für das Auslandsschulwesen, Goethe-Institut, DAAD, Deutsche Schule Belgrad etc. Bezüglich der Zahlen der Deutschlernenden insgesamt können wir nur auf die Erhebung aus dem Jahr 2020 zurückgreifen: Im Jahr 2020 gab es in Serbien insgesamt über 171.000 Deutschlernende.
Das Goethe-Institut Serbien wurde seitens des Auswärtigen Amtes um die Erhebungen der Statistiken zu den aktuellen Deutschlernenden gebeten, Ergebnisse liegen aber noch nicht vor. Im Jahr 2020 wurde die Tendenz der Zahlen für Serbien als steigend eingeschätzt. (Quelle: ebenda) Der DHV „St. Gerhard“ stellt für die Region um Sombor allerdings ein eher sinkendes Interesse an Deutschkursen fest.
Infolge der Nachkriegsereignisse, Diskriminierung und natürlichen Assimilation in der Slowakei kann leider keine Gemeinde mehr eine Klasse mit ausschließlichem Unterricht in der deutschen Muttersprache bilden. Der Karpatendeutsche Verein (KDV) setzt sich dafür ein, dass Kinder aus karpatendeutschen Familien die Möglichkeit haben, neben der slowakischen Sprache auch Deutsch zu lernen. Zu diesem Zweck bietet der KDV erweiterten Deutschunterricht an Schulen in Preßburg, Deutsch Proben, Kesmark, Hopgarten und Metzenseifen an. Allerdings findet an diesen Schulen kein Unterricht ausschließlich in deutscher Sprache statt. Vollständig deutschsprachiger Unterricht wird nur an der privaten Deutschen Schule Preßburg (Kindergarten, Grundschule, Gymnasium) und am Deutschen Gymnasium in Deutschendorf (Poprad) angeboten. Diese Schulen sind jedoch nicht spezifisch für die Karpatendeutschen gedacht, sondern bieten ein vertieftes Deutschlernprogramm für alle Schüler/-innen an, die sich für eine intensive Deutschspracherfahrung interessieren.
Das Goethe-Institut bietet ebenfalls Deutsche Sprachkurse in der Slowakei an, um die deutsche Sprache zu unterstützen. Der KDV organisiert traditionelle Kinder- und Jugendlager sowie eine Kinderwerkstatt zur Förderung der deutschen Sprache. Seit über 25 Jahren veranstaltet der KDV Friedrich-Lam-Wettbewerbe im deutschen Vortragen von Poesie und Prosa an Schulen.
In den letzten Jahren ist der Unterricht der deutschen Sprache in der Slowakei stark rückläufig, insbesondere nach der Novellierung des Schulgesetzes im Jahr 2011, das Englisch als erste Fremdsprache verpflichtend gemacht hat. Deutsch wird meist als zweite Fremdsprache unterrichtet. Trotz zahlreicher Initiativen zeigt sich nur ein geringer Effekt bei der Förderung der deutschen Sprache als Sprache der deutschen Minderheit.
Die Slowakei hat ihre erste deutschsprachige Hochschule, die „Goethe-Hochschule Bratislava“, erhalten, nachdem die slowakische Regierung im Juli 2012 die Genehmigung zur Gründung erteilte. Die Hochschule wird spezialisierte Programme in Internationaler
Unternehmensführung, Fremdenverkehrswirtschaft und Medienkommunikation anbieten und wird von privaten Förderern und Studienbeiträgen finanziert.
TSCHECHIEN
Im Jahr 2023 hat Tschechien beschlossen, die rechtliche Stellung und Förderung der deutschen Sprache stark auszubauen. Teil III der Europäischen Charta der Regionaloder Minderheitensprachen wurde speziell für Deutsch angewendet, was am 28. Februar 2024 in Kraft trat. Diese Maßnahme umfasst 35 Förderbestimmungen, die in ausgewählten Kreisen der Tschechischen Republik gelten. In diesen Kreisen wird an öffentlichen Schulen ein zweisprachiger Unterricht mit einem deutschsprachigen Wochenstundenanteil von mindestens 50% angeboten. Die deutsche Geschichte und Kultur sollen vertieft unterrichtet werden, und ein unabhängiges Aufsichtsorgan überwacht den deutschsprachigen Unterricht. An Universitäten und Hochschulen wird Deutsch nicht nur als Fach (Germanistik) angeboten, sondern auch als Sprache anderer Studienfächer genutzt. Zusätzlich verpflichtet sich Tschechien zur Förderung von deutschsprachigen Medien, Veranstaltungen und kulturellen Einrichtungen sowie zur Zusammenarbeit mit deutschsprachigen Gebietskörperschaften im Ausland. Diese Schritte markieren einen historischen Moment und sollen die gesellschaftliche Bedeutung der deutschen Sprache in Tschechien stärken.
Deutsche und deutsch-tschechische Institutionen im Bereich Sprache und Kultur umfassen das Goethe-Institut Prag, das Goethe-Zentrum Pardubice, das Goethe Centrum Budweis, das Collegium Bohemicum, den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, das Centrum Bavaria Bohemia und das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren.
Wichtige deutsche Kulturveranstaltungen sind die Datenbank „šprechtíme“, eine Kampagne zur Förderung der deutschen Sprache in Tschechien, die vom Goethe-Institut Prag, Goethe-Zentrum Pardubice, Goethe Centrum Budweis und weiteren deutschen und österreichischen Institutionen unterstützt wird. Weitere Initiativen umfassen das Informations- und Beratungszentrum des DAAD in Prag, das IfA Entsendeprogramm in Kooperation mit der Landesversammlung, das Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch Tandem Pilsen, das Deutsch-Tschechische Jugendforum, die Deutsche Schule Prag, die Initiative Schulen: Partner der Zukunft (PASCH), ZfA & DSDSchulen für das Deutsche Sprachdiplom und die Deutsch-Tschechische Fußballschule.
Allerdings ist die deutsche Sprache innerhalb der deutschen Minderheit nicht so weit verbreitet. Es gibt jedoch einige Projekte zur Unterstützung der deutschen Sprache, darunter „Deutsch macht Spaß 2024“, deutschsprachige Wochenenden, Sprachkurse, Deutschunterricht für Kinder und Sprachcamps.
Die deutsche Minderheit wird von Institutionen wie der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik, dem Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik, dem Landesecho, dem Thomas-Mann-Gymnasium und der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung vertreten.
In der Tschechischen Republik wird der staatliche Deutschunterricht ausschließlich unter dem Titel „Deutsch als Fremdsprache“ angeboten. Die deutsche Minderheit, vertreten durch die Landesversammlung der deutschen Vereine, trägt die Verantwortung für die Grundschulen zur Förderung der deutsch-tschechischen Verständigung, insbesondere des Thomas-Mann-Gymnasiums. Diese Schulen haben den rechtlichen Status von Privatschulen in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft. Etwa 600 Schüler/-innen besuchen diese Schulen, wobei die Mehrheit deutschstämmig ist oder einen deutschen Hintergrund in ihren Familien hat. Es zeigt sich eine leichte Zunahme an Deutschlernenden.
Am 28. Februar 2024 wurde der Schutz der deutschen Sprache durch die Europäische Charta der Minderheiten- oder Regionalsprachen wirksam. Dieser Antrag wurde bereits 2019 von der Landesversammlung der deutschen Vereine an die tschechische Regierung gestellt. Ziel ist es, die deutsche Sprache und den Deutschunterricht in 9 Bezirken des Landes künftig deutlich zu stärken.
Zusätzlich zu den genannten Schulen wird der erweiterte Deutschunterricht an folgenden Schulen angeboten:
DAS – Deutsche Auslandsschulen, betreut von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen – 1 Schule
DSD-Schulen: Schulen in nationalen Bildungssystemen, die das Deutsche Sprachdiplom anbieten, ebenfalls betreut von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen – 30 Schulen
DPS – Deutsch-Profil-Schulen: Schulen in nationalen Bildungssystemen mit einem ausgeprägten deutschen Unterrichts- und Abschlussprofil, ebenfalls betreut von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen – 1 Schule
Fit-Schulen: Schulen in nationalen Bildungssystemen, an denen Deutschunterricht aufbzw. ausgebaut wird, betreut vom Goethe-Institut – 3 Schulen
UKRAINE
Die deutsche Sprache ist eine von 13 Sprachen, die von der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen unterstützt werden. In der Ukraine gibt es keine Klassen, in denen Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet wird. Derzeit möchten die DMi den Status der deutschen Sprache im Bildungsbereich erhalten.
Eine Roadmap zur Schaffung von Bedingungen für die Verbesserung der Qualität des Unterrichts in der Staatssprache sowie in den Sprachen der indigenen Völker und nationalen Gemeinschaften in den allgemeinbildenden Schulen für die Jahre 2023-2027 wurde ins Leben gerufen. Sie soll dazu beitragen, Bedingungen für die Verbesserung der Qualität des Unterrichts in der Staatssprache sowie in den Sprachen der indigenen Völker und nationalen Minderheiten zu schaffen (oder deren Erlernen zu fördern). Es ist vorgesehen, die Sprache in außerschulischen Bildungszentren, den Kulturzentren, zu unterstützen.
Gleichzeitig haben Vertreter der deutschen Gemeinschaft, die Deutsch als Fremdsprache und als Muttersprache in den Begegnungszentren der DMi in der Ukraine lernen, die Möglichkeit, die Sprache nicht nur mit professionellen Lehrern/-innen zu lernen, sondern auch durch ethnokulturelle Projekte sowie Prüfungen zur Bestätigung des Sprachlevels im Bildungs- und Prüfungszentrum ÖSD oder im Partner-Goethe-Institut abzulegen, um ein internationales Zertifikat zu erhalten.
Das Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das Englisch zur Sprache der interkulturellen Kommunikation macht. Allerdings darf die Anzahl der Unterrichtsstunden für Deutsch in allgemeinbildenden Schulen keinesfalls reduziert werden, und die Bedeutung der deutschen Sprache darf weder in Schulen noch an Universitäten verringert werden! Denn Deutsch ist die Sprache der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Gemeinschaft. In der Ukraine gibt es keine deutschen Klassen und keine deutschen Schulen, in denen Fächer auf Deutsch unterrichtet werden. Daher ist es für die DMi wichtig, die bisherige Unterrichtsbelastung in Deutsch beizubehalten und nicht zu reduzieren, da die Vertreter/-innen der deutschen Gemeinschaft und Eltern für ihre Kinder Bildungseinrichtungen mit Deutschunterricht (2–3-mal pro Woche) wählen.
Zusammen mit der Germanistenvereinigung macht der Rat der Deutschen der Ukraine auf allen Plattformen des Bildungsministeriums, des DESS und des Parlaments auf diese Problematik aufmerksam und wendet sich an die Verwaltungen, Schulen und Universitäten. Der RDU ist der Ansicht, dass die Muttersprache bewahrt werden muss, um den interkulturellen Dialog und das gegenseitige Verständnis in der ukrainischen Gesellschaft weiter zu stärken.
Für die ethnischen Deutschen hat das Treffen der gemischten Regierungskommission in diesem Jahr große Bedeutung, eines der Themen ist das Erlernen der deutschen Sprache und ihre Rolle im Bildungsprozess der Ukraine.
Die Anzahl der allgemeinbildenden Schulen staatlicher und kommunaler Trägerschaft, in denen die Sprachen der nationalen Minderheiten und indigenen Völker als eigenständiges Schulfach unterrichtet wurden, belaufen sich auf 3.392 im Jahr 2023. Die Anzahl der Schüler/-innen, die die Sprachen der nationalen Minderheiten und indigenen Völker als eigenständiges Schulfach in allgemeinbildenden Schulen staatlicher und kommunaler Trägerschaft lernten: Deutsche – 543.560 im Jahr 2023. Die Arbeit zur Unterstützung und Entwicklung der deutschen Muttersprache ist bei der DMi sehr effektiv organisiert, insbesondere in den deutschen Begegnungszentren der Ukraine. Sprachkurse und Seminare, die regelmäßig für ethnische Deutsche in der Ukraine, insbesondere für die Jugend, abgehalten werden, helfen nicht nur beim Erlernen der deutschen Sprache, sondern auch beim Vertiefen des Wissens über Kultur, Geschichte und Traditionen der deutschen Gemeinschaft.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit der RDU ist die Veröffentlichung von Literatur, Lehrbüchern, Lehr- und Lernmaterialien, wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen in deutscher Sprache, was ebenfalls zur Bewahrung der Sprache und Kultur beiträgt. Es ist sehr wichtig, dass in den Lehrbüchern unbedingt Informationen über die ethnischen Deutschen und ihre tausendjährige Geschichte enthalten sind.
UNGARN
Deutsch als Minderheitensprache wird den ca. 65.000 Heranwachsenden vom Kindergarten bis hin zum Abitur in mehr als 500 Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Grundschule, Mittelschule) beigebracht. Das Fach „Deutsche Sprache und Literatur“ wird in 5 Wochenstunden und das selbständige Fach „Volkskunde der Minderheit“ in einer Wochenstunde unterrichtet. Wenn die Zusammensetzung der Lehrkräfte es ermöglicht, werden einige Fächer in deutscher Sprache wie Geschichte, Geografie, Mathematik, Biologie/Naturkunde, Informatik, Sport, Musik vermittelt. Als Schulträger können der Staat, die Landesselbstverwaltung der Minderheit, die örtliche Minderheitenselbstverwaltung, die Kirche oder eine Stiftung fungieren.
Einschätzung zu den Tendenzen der Popularität der deutschen Sprache: Die Zahl der Deutschlerner geht in den letzten Jahren in einem schnelleren Tempo als zuvor zurück. Dabei gewinnt Englisch (Welt-, Wirtschafts-, IT-Sprache und leichter als Deutsch) im-
mer mehr an Bedeutung, aber auch das Interesse andere, eventuell exotische Sprachen zu erlernen, wie Spanisch, Chinesisch etc. nimmt zu.
Dieser Tendenz entgegenzuwirken, ist auch aus der Sicht der deutschen Minderheit in Ungarn äußerst wichtig.
Potenziale:
• intensive und proaktive Öffentlichkeitsarbeit, wie u.a. Wunderbar-Woche etc.
• Betonung der Bedeutung der deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen (deutsche Firmen in Ungarn)
• besonders wichtig ist die Rolle der Angehörigen der deutschen Minderheit, da bei ihnen auch emotionale Argumente auch für die Wahl der deutschen Sprache sprechen – daher Förderung der deutschen Minderheit insbesondere des Bildungssystems, der kulturellen Tätigkeiten und der Jugendarbeit
USA
Begriffsbestimmung
Die Sprachsituation der in den USA lebenden Deutschsprachigen lässt sich nicht in die politische Bestimmung einer Minderheitensprache einordnen, wie sie von der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen für die europäischen Länder vorgesehen ist. Der Begriff ‘Minderheitensprache’ ist daher für Deutsch in den USA, auch für die Sprachschulen/sog. Samstagsschulen nicht zweckdienlich.
Neben den Termini ‘Fremdsprache’, worunter die herkömmlich im institutionalisierten Schulbetrieb gelernte Zweit- oder weitere Sprache/n verstanden wird, und ‘Muttersprache’, wobei Unterschiedliches zum Ausdruck kommt, z.B. Elternsprache, Erstsprache oder bestbeherrschte Sprache, bedient sich die angloamerikanische Sprachwissenschaft zusätzlich der Bezeichnung „Herkunftssprache“. Dieser Begriff (im engeren Sinn) entspricht der zumeist zuerst erworbenen Sprache eines Individuums, das in einer Familie aufwächst, in der nicht (nur) die dominante Umgebungs- oder Landessprache benutzt wird, sondern auch die Sprache der Eltern oder eines Elternteiles. Dies hat Einfluss auf die besondere Identitätsbildung der heranwachsenden Person, bewahrt kulturelle Zugehörigkeit und historisch-sprachliche Werte. In ihrer Beherrschung fällt die Herkunftssprache meist unterschiedlich aus. Mündliche Sprachfähigkeit ist durchgehend besser entwickelt als schriftliche. Die Herkunftssprache erlangt im Vergleich zur Muttersprache und Fremdsprache verschiedene Kompetenz, andersartigen Einsatz und Bedeutung für die Sprecher.
Schulisch gesehen haben Fremdsprache, Herkunftssprache und Muttersprache daher vielerlei unterschiedliche und besondere Ansprüche und Lernbedürfnisse.
In Deutschland wird Herkunftssprache meist als Deutsch als Fremdsprache (DaF) oder Zweitsprache (DaZ) bezeichnet, was aus praktischen und politischen Gründen unangebracht und unzuträglich ist.
Sprachsituation
Deutsch in den USA existiert seit 1608, als deutsche Handwerker halfen, Jamestown aufzubauen. Die folgende enorme deutschsprachige Einwanderung, vor allem im 19. Jh., verhalf dazu, dass Deutsch weitverbreitet gesprochen und gelehrt wurde und eigene deutsch-amerikanische Dialekte sich bildeten. Eine zweite Welle starker Einwanderung fand nach dem 2. Weltkrieg statt. Zu diesem Zeitpunkt entstanden die meisten heute existierenden privaten Samstagsschulen in den USA.
Deutschstämmige in den USA sind laut letzter Volkszählung mit fast 50 Millionen Menschen noch immer die größte ethnische Volksgruppe. 1,06 Millionen Menschen geben an, deutschsprachig zu sein, was die höchste Zahl von Deutschsprechern außerhalb der deutschsprachigen Länder Europas bedeutet. Obgleich die USA noch vereinzelt ein reges deutsches Vereinsleben führt, existieren keine geographischen “communities” mehr wie früher. Bereits Heinz Kloss (1935) spricht von “scattered Germans”, Streudeutschtum.
Außerhalb der im landesweiten Schulsystem verankerten meist DaF-Institutionen, existieren in den USA ca. 70 von Eltern gegründete und geführte private Sprachschulen mit ca. 7000+ Schülern/-innen. Es handelt sich dabei um anspruchsvollen Deutschunterricht, meist am Samstag, daher Samstagsschulen genannt, mit 3 Unterrichtsstunden, der Schüler/-innen bereits im Vorschulalter ab 3 Jahren aufnimmt und sie oft durchgehend bis zum Abgang aus der high school behält. Die Schüler/-innen sind weitgehend Herkunftssprachler, wobei ebenso Fremdsprachler/-innen, falls in ihrer Umgebung der offizielle Deutschunterricht fehlt, diese Schulen besuchen. Die Sprachschulen sind somit klassische “Begegnungsschulen “ und folglich die von der Auswärtigen Kultur und Bildungspolitik (AKBP) oft gewünschten Multiplikatoren. Viele dieser Schulen sind Paschschulen und in vielem identisch mit den “Auslandsschulen”, die Frank-Walter Steinmeier als “Brücken in Richtung Zukunft” bezeichnete hat.
Datenerhebungen
Angebotsdifferenzierte, geographisch umfassende und neuere Zahlen für den Deutsch-
unterricht auf den verschiedenen Unterrichtsebenen sind aufgrund der föderalistischen Situation der USA und der unterschiedlich beschriebenen und bewerteten Unterrichtsangebote schwer erhältlich.
Eine quantitative Erhebung des Auswärtigen Amtes von 2020, “Deutsch als Fremdsprache weltweit”, weist auf eine Reihe von Fördermaßnahmen für Deutsch hin, zählt für die USA 6 Auslandsschulen, 114 Paschschulen, 95 DSD Schulen und 13 Fit-Schulen und informiert, dass sie die deutschsprachigen Minderheiten (aller Länder), die Deutsch im privaten Umfeld sprechen und lernen, in ihrer Statistik nicht berücksichtigen kann. Diese Statistik zeigt ebenso, dass bei 1.548 DaF (Deutsch als Fremdsprache) -Schulen in den USA und 330.398 DaF-Lernenden im Vergleich zu 2015 ein Rückgang von 69.102 Lernenden existiert und verzeichnet bei 990 Hochschulen mit Deutsch und 80.594 Studierenden seit 2015 ebenfalls einen Rückgang von 15.755 Studenten. Weiterhin zählt sie in den USA 59 DaF-Einrichtungen für Erwachsenenbildung, 6.040 DaF-Lernende in der Erwachsenenbildung und 4.203 DaF-Lernende an Goethe-Instituten.
Neuere Angaben von Unterrichtseinrichtungen ergeben sich aus der AATG German Programs May 2023 Statistik. Danach existieren Deutschprogramme ohne Ortsangabe wie folgt: in 1859 high schools, in 924 Universities and Professional Schools, in 340 Junior Colleges, in 335 MS-Middle Schools, in 104 K-12 Comprehensive Programs, in 98 Middle-High School Combos, in 98 Sprachschulen (wozu GI-Programme gezählt werden), und in 5 Virtual Programs.
Die Statistik der Modern Language Association, deren Zahlen sich lediglich auf das Universitätsstudium beziehen, zeigt, dass Deutsch als Angebot für Undergraduates an Universitäten heute nicht mehr nach Spanisch und Französisch an dritter Stelle, wie meist angegeben, sondern nach zusätzlich American Sign Language und Japanisch an 5. Stelle rangiert und von 2016 bis 2021 eine Einbuße von 32.2 % erlitten hat. Für Graduate Students ist Deutsch nach zusätzlich Altgriechisch, Hebräisch und ebenfalls ASL zwischen 2016 und 2021 an sechste Stelle geraten mit einer Einbuße von 76.9%. Die Gesamtzahl der universitären Einrichtungen wird in dieser Erhebung mit 818 angegeben. Neben dieser quantitativen Auflistung publiziert die AATG (American Association of Teachers of German) erfreulicherweise auch qualitative Angaben in Form von Ergebnissen der AATG National German Examinations, Stufen 1 – 4, an denen sowohl Schüler der high schools als auch der Samstagsschulen teilnehmen. Auf Stufe 4, die etwa dem Sprachniveau B1/2 entspricht, nehmen 2.460 Schüler öffentlicher high schools, 560 Schüler privater high schools und 382 Schüler von Samstagsschulen teil. Die erlangte Gesamtpunktzahl (Lese-/Hörverstehen) liegt bei 60.85 für die high schools und bei 81 für die Samstagsschulen.
Noch deutlicher lassen sich unterschiedliche Resultate zwischen dem institutionellen Deutschunterricht und den privaten deutschen Samstagsschulen in den USA erkennen, wenn die DSD-Ergebnisse dieser Schulen in Vergleich gestellt werden. Nach den letzten den Sprachschulen vorliegenden Statistiken aus dem Jahre 2017, wurden 43 % aller DSD I Prüfungen in den USA an Samstagsschulen abgelegt und 80 % aller Prüflinge erreichten B1 in allen 4 Bereichen. 67 % aller DSD II Prüfungen wurden an Samstagsschulen abgelegt und 89 % aller Prüflinge erreichten das DSD II (59 % DSD auf C1 Niveau und 30 % DSD auf B2 Niveau). Dieser qualitative Unterschied ist verständlich als das Ergebnis von Herkunftssprachlern, wie sie oben beschrieben wurden, im Vergleich zu DaF-Lernenden. Er ist auch ein bedeutender Beweis der Leistungsfähigkeit der Samstagsschulen und ihrer Schüler/-innen und eine Voraussetzung dafür, dass die Samstagsschulen als wichtiger und legitimer Bestandteil im deutschen Sprachangebot in den USA anerkannt und weiterhin unterstützt werden.
Das allgemeine Abnehmen an Interesse und Angebot am Deutschunterricht oder Deutschstudium teilt die USA mit anderen Ländern. Die Zahlen der US-Samstagsschulen dagegen bleiben konstant. Als private, eigenständige Institutionen, deren Einschreibezahlen von unter 50 bis zu 500 reichen, sind sie institutionellen Anweisungen und dem Druck von Schließungen nicht ausgesetzt. Die Beziehung zu den deutschsprachigen Ländern wird durch die Schüler/-innen durch Sommerbesuche bei den europäischen Verwandten und während des Jahres durch die Möglichkeiten internationaler Medien aufrechterhalten. Ihr Wunsch in Deutschland zu studieren oder eine Lehre zu machen, nimmt zu. Die Tendenz US Sprachunterrichts an Hochschulen und High Schools ist negativ, an den Samstagsschulen positiv.
USBEKISTAN
In der Republik Usbekistan genießt die deutsche Sprache einen sehr guten Ruf. Es gibt in dem Land nach wie vor Schulen mit erweitertem Deutschunterricht, an denen man Deutschkenntnisse bis zum Niveau C1 erwerben kann. Solche Schulen gibt es in Taschkent, Margilan, Samarkand und Buchara. Neben den staatlichen Schulen existieren auch private Schulen, die neben Englisch auch Deutsch unterrichten. Es gibt auch Kindergärten, in denen Deutsch spielerisch erlernt wird.
In Taschkent lernen am Goethe-Institut Hunderte von Studenten/-innen Deutsch. Außerdem gibt es in vier Städten Usbekistans (Taschkent, Fergana, Buchara und Samarkand) deutsche Kulturzentren, in denen ebenfalls Deutsch unterrichtet wird. Diese Zentren sind hauptsächlich für die deutsche Minderheit bestimmt, die auf dem Staatsgebiet lebt.
Auch in Städten wie Taschkent, Fergana, Andischan, Nukus, Samarkand und Buchara bieten staatliche Universitäten Deutschkurse an. Für Studenten/-innen, die an Colleges, Lyzeen und Universitäten studieren, besteht die Möglichkeit, an Stipendien des Deutschen Akademischen Austauschdienstes teilzunehmen. Der DAAD bietet zahlreiche Programme an, die es Studierenden ermöglichen, ihre Kenntnisse zu verbessern oder sich in Deutschland weiterzubilden: Semesterstipendien, einmonatige Sommerkurse, Bachelor- und Masterstudiengänge. Darüber hinaus schließt Usbekistan verschiedene Partnerschaftsabkommen mit diversen Organisationen in Deutschland (medizinische Einrichtungen, Industrie usw.) ab, in deren Rahmen Fachkräfte aus Usbekistan in Deutschland arbeiten können. Dazu sind zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache erforderlich, was wiederum dazu führt, dass die Zahl derer, die Deutsch lernen möchten, steigt.
Quellen
• Bildung und Forschung - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de): https://www. auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/lateinamerika/bildung/201474
• Goethe-Schule Buenos Aires - PASCH-Initiative (pasch-net.de): https://www. pasch-net.de/de/pasch-schulen/schulportraets/suedamerika/arg/goethe-schulebuenos-aires.html
• Weltweit gefragt: Deutsch als Fremdsprache - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt. de): 200803-xlsx-data.xlsx (live.com)
• Rosenberg-1998-2002_Deutsche-Minderheiten-in-Lateinamerika.pdf (europa-uni. de): https://www.kuwi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/sw/sw1/mitarbeiter/rosenberg/ Rosenberg_Publikationen_Texte/Rosenberg-1998-2002_Deutsche-Minderheitenin-Lateinamerika.pdf
• Deutsch als Fremdsprache weltweit. Datenerhebung 2020 (auswaertiges-amt. de): https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2344738/b2a4e47fdb9e8e2739bab2565f8fe7c2/deutsch-als-fremdsprache-data.pdf
• Bundesministerium des Innern (2016): Deutsche Minderheiten stellen sich vor, online unter: deutsche-minderheiten-stellen-sich-vor-1.pdf (fuen.org)
• Germandsen, Dominika Judtya (2020): Masterarbeit zum Thema Deutsch in Dänemark in kleinen und mittleren Unternehmen: https://projekter.aau.dk/projekter/ files/343223572/Masterarbeit_Dominika_Germandsen_AAU.pdf
• Auswärtiges Amt (2020): Deutsch als Fremdsprache weltweit. Datenerhebung 2020 (auswaertiges-amt.de)
• Dörflinger, Markus; Atz, Hermann (2020): DaF: Zielgruppen und Motivation. Quantitative und qualitative Studie zur Rolle der deutschen Sprache in Italien. GoetheInstitut Italien
• Foschi Albert, Marina (2005): „Andere Länder, andere Sitten“. Germanistik in Italien und ihr Verhältnis zur Inlands-Germanistik. In: Deutsche Sprache/33, S. 169-181
• Risse, S. (2024): Ein Sonderfall: Migration in der mehrsprachigen Autonomen Provinz Bozen-Bolzano. In: Redder, Angelika (ed.): Sprachliche Teilhabe Migrierter – Sprachenpolitik in Deutschland, Frankreich und Italien im Vergleich. Münster: Waxmann, S. 97-108
• Risse, S. (2020): «Zerschtl schaug ma olm af die Respirazione». Mehrsprachige Schreibroutinen von deutschsprachigen Studierenden in Südtirol. In: Hepp, Marianne/Salzmann, Katharina (Hg.): Sprachvergleich in der mehrsprachig orientierten DaF-Didaktik: Theorie und Praxis, Istituto Italiano di Studi Germanici, Rom, S. 205220
• Risse, S. (2016): Societal Multilingualism in South Tyrol: Language Contact, Diglossia and the Dominance of the German-Speaking Minority. In: Alpen-Kaukasus. Natur- und kulturräumlicher Vergleich, ed. by Scharr, K./Steinicke, E. Innsbruck: University Press, 97-104
• Risse, S. (2013): Sieg und Frieden - Zum sprachlichen und politischen Handeln in Südtirol/Sudtirolo/Alto Adige, Monaco: iudicium
• Bernhard Brehmer, Grit Mehlhorn (2018), Herkunfssprachen (Linguistik und Schule), Tübingen: Narr Francke Attemptro Verlag GmbH, S. 24
• Ammon, Ulrich (1991), Die Internationale Stellung der deutschen Sprache. Berlin, New York
• US Census Bureau American Community Survey (2009-2013)
• Kloss, Heinz (1935) Fremdniederlassungen - Streudeutschtum, Berlin, Volk und Reich.
• https://www.auslandsschulwesen.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/Webs/ZfA/DE/ Aktuelles/2022/220301_Bundespraesident_Schirmherr.html
• https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2344738/b2a4e47fdb9e8e2739bab2565f8fe7c2/deutsch-als-fremdsprache-data.pdf
• https://www.aatg.org/german-program-network
• https://www.mla.org/content/download/191324/file/Enrollments-in-LanguagesOther-Than-English-in-US-Institutions-of-Higher-Education-Fall-2021.pdf
• https://www.nge.aatg.org/
• Ammon, Ulrich: Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt, Kapitel „E“: Deutsch als Minderheitensprache, aber nicht staatliche Amtssprache“ S. 255-397
• Neue alte Partner für die Zukunft. Deutschsprachige Gemeinschaften in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Hrsg.: Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, 2020
DIE MITGLIEDER DES FACHBEIRATES „DEUTSCHE SPRACHE“
DIE MITGLIEDER DES FACHBEIRATES „DEUTSCHE SPRACHE“
DIE MITGLIEDER DES FACHBEIRATES „DEUTSCHE SPRACHE“

Dr. Olga Martens

Leiterin des Fachbeirats, Germanistin, Sprach- und Partnerschaftsinitiative e. V.,
Germanistin, nerschaftsinitiative e. V.,


Dr. Olga Martens
Leiterin des Fachbeirats, Germanistin, Sprach- und Parte. V.,

Prof. Dr. Renate v. Ludanyi
Professorin German Department, Western Connecticut State University und Präsidentin der German Language School Conference in den USA


Prof. Dr. Ildikó Erika

Stephanie Risse
Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen
Professorin Bildungswissenschaften



Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer
Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer
Lehrstuhl für interkulturelle Germanistik, Universität Bayreuth und Präsidentin der internationalen Gesellschaft für Interkulturelle Germanistik
Lehrstuhl für interkulturelle manistik, Universität Präsidentin der Gesellschaft Germanistik

Prof. Dr. Renate v. Ludanyi
Professorin German Department, Western Connecticut State University und Präsidentin der German Language School Conference in den USA

Florencia Agozino
Deutschlehrerin an der Goethe-Schule in Buenos Aires


Prof. Dr. Ildikó Erika
Stephanie Risse
Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen

Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer
Lehrstuhl für interkulturelle Germanistik, Universität Bayreuth und Präsidentin der internationalen Gesellschaft für Interkulturelle Germanistik - 42 -
Luis Bastidas
Wissenschaftler an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth
Olga Beder
Methodikerin für deutsche Sprache Gesellschaftliche Stiftung Wiedergeburt Kasachstan - 42 -



Florencia Agozino
Deutschlehrerin an der Goethe-Schule in Buenos Aires

Sybilla Dzumla
Projektkoordinatorin von Deutsch-AG und Begegnungsstättenarbeit beim VdG in Polen

Luis Bastidas
Wissenschaftler an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth

Maria Gołąbek
Methodische Beraterin im Fach Deutsch als Minderheitensprache am regionalen Zentrum für Lehrerbildung in Rybnik in Polen

Claudia Knauer
Büchereidirektorin
Verband Deutscher Büchereien Nordschleswig

Olga Beder
Methodikerin für deutsche Sprache Gesellschaftliche Stiftung Wiedergeburt Kasachstan

Dr. Liana Regina Iunesch
Universitätsdozentin Deutscher Studiengang für Grundschulpädagogik an der Lucian-Blaga-Universität, Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien

Theresia Szauter
Beauftragte des Vorstandes der Gemeinnützigen Stiftung des Ungarndeutschen Bildungszentrums
- 43 -
Von der Stiftung Verbundenheit begleitet durch:
Von der Stiftung Verbundenheit begleitet durch:
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Dr. Marco Just Quiles
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Stellv. Geschäft sführer, Projektleiter für Lateinamerika
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Mónika Ambach
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Dr. Marco Just Quiles
Projektkoordinatorin, Koordinatorin des Fachbeirates „Deutsche Sprache“
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