

Deutschsprachige
Gemeinschaften und Institutionen in Paraguay
Perspektiven und Handlungsempfehlungen von Ingrid Villalba
Weltverbunden
Schriftenreihe der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
Herausgeber
Stiftung Verbundenheit
mit den Deutschen im Ausland
An der Feuerwache 19 95445 Bayreuth
Stand
1. Auflage, April 2024
Text, Layout und Gestaltung

Ingrid Villalba, Dr. Marco Just Quiles, Martina Tortorelli, Irene Reinhold
Übersetzung aus dem Spanischen
Maia Avruj
Wissenschaftliche Begleitung
Dr. Kerstin Teicher
Förderung
Die Publikation wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amtes und der Dr. Kurt Linster Stiftung gefördert.
© 2024 Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland
An der Feuerwache 19, 95445 Bayreuth info@stiftung-verbundenheit.de I www.stiftung-verbundenheit.de
ISBN: 978-3-9825638-1-7
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt und verbreitet werden.

Vorwort
April 2024
Heute stellen wir Ihnen die zweite Ausgabe der Schriftenreihe „Weltverbunden“ der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland vor. Mit dieser Publikationsreihe möchten wir Ihnen die deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften in aller Welt, ihre Geschichte, Kultur und Traditionen näherbringen.
Die zweiten Ausgaben von „Weltverbunden“ informiert über die deutschsprachige Gemeinschaft in Paraguay. Ihr liegt eine Studie zugrunde, welche die aktuelle Situation und die Organisationsstrukturen der deutsch-paraguayischen Kulturvereine sowie deren Potential untersucht, die Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands (AKBP) Deutschlands als zivilgesellschaftliche Multiplikatoren zu unterstützen.
Die Untersuchung vermittelt aktuelle Einblicke in die Herausforderungen und Möglichkeiten dieser breitgefächerten Institutionenlandschaft. Sie reicht von Sport-, Musik und Kulturvereinen bis hin zu Schulen, Genossenschaften und Interessensverbänden. Außerdem beinhaltet die Studie konkrete Handlungsempfehlungen, wie sich die Kulturvereine zu strategischen Partnern für deutsche Auslandinstitutionen entwickeln können.
Die von der Stiftung Verbundenheit in Auftrag gegebene und wissenschaftlich begleitete Studie wurde von der paraguayischen Wissenschaftlerin und ehemaligen Vizeministerin für Kommunikation der Republik Paraguay, Frau Ingrid Villalba, verfasst. Wir danken Frau Villalba insbesondere für die intensive Feldforschung, in deren Rahmen 28 deutsche Vereinigungen in ganz Paraguay besucht und zahlreiche Interviews geführt wurden.
Des Weiteren danken wir dem Auswärtigen Amt und der Dr. Kurt Linster Stiftung für die finanzielle Unterstützung für die Erstellung und Herausgabe der vorliegenden Studie. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre mit für Sie neuen Informationen.
Hartmut Koschyk
Parlamentarischer Staatssekretär, a. D.
Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland

Die Autorin
Ingrid Villalba ist Kommunikationswissenschaftlerin mit 18-jähriger Berufserfahrung. Sie studierte Kommunikationswissenschaften an der Katholischen Universität Asunción, Paraguay und schloss ihr Masterstudium in Entwicklungsstudien und Anthropologie an der Macquarie University in Sydney, Australien ab. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete sie für lokale und internationale Medien sowie für staatliche Institutionen und internationale Organisationen im Kommunikationsbereich. Von 2019–2021 war sie Vizeministerin für Kommunikation im Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologien der Republik Paraguay.
1. Zusammenfassung.................................................................................................................5
2. AllgemeineEinführungindieStudie......................................................................................7
3.HistorischeundaktuellezivilgesellschaftlicheBeziehungenzwischenParaguayund Deutschland...........................................................................................................................9 a.HistorischeBeziehungen.....................................................................................................9 b.AktuelleBeziehungen.......................................................................................................12
4. VereineundInstitutionenderdeutschsprachigenGemeinschaftnachRegionen..............17
e.VerwaltungsbezirkSanPedro...........................................................................................87
5. Handlungsempfehlungen.....................................................................................................89 a.HandlungsempfehlungenfürVereineundBildungseinrichtungen..................................89 b.HandlungsempfehlungenfürMittlerorganisationen.......................................................93
6. Schlussbetrachtung..............................................................................................................97
7.Bibliografie............................................................................................................................99
Diese Studie gibt einen Überblick über die aktuelle Situation der deutschsprachigen Gemeinschaft und dessen Institutionen in Paraguay. Mit dem Ziel, das Potential dieser Gemeinschaft für eine Kooperation im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands (AKBP) zu analysieren, wurden 28 Einrichtungen in ganz Paraguay besucht, darunter deutschsprachige Sport-, Musik und Kulturvereine sowie Schulen, Genossenschaften und Interessensverbände. Folgende Erkenntnisselassensichzusammenfassen:
a) In Paraguay leben zahlreiche deutsche sowie paraguayische Staatsangehörige mit deutschsprachigem Hintergrund, die sich mit der deutschen Sprache und Kultur verbunden fühlen. Allerdings nehmen vor allem bei den jüngeren Generationen die Sprachkenntnisse sowie das Interesse an der meist folkloristisch geprägten Kulturpflege ab. DennochgibteseinebeachtlicheAnzahlan Vereinen und Institutionen, die sich in der deutschen Sprach- und Kulturarbeit engagieren: 57 Bildungseinrichtungen und 16 deutschsprachige Kulturvereine. Sie stellen ein interessantes Potential für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) dar, wenngleich sie meistens wirtschaftlich und personell unzureichend ausgestattetsind.
b) Die deutschen Mittlerorganisationen verfügen über strukturelle Ressourcen und haben einen guten Ruf in den städtischen Gebieten in Paraguay.
1. Zusammenfassung
Aufgrund des Personalmangels sind sie jedoch kaum in der Lage, die Menschen außerhalb der Metropolregionen zu erreichen. Es fehlt zudem ausreichendes Wissen über die aktuelle Situation der Vereine und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft im Landesinneren, die sich wiederum in ihrer Arbeit von den deutschen Auslandsinstitutionen allein gelassen fühlen. Mittlerorganisationen könnten die Strukturen der deutschsprachigen Gemeinschaft stärker nutzen, um ihr Publikum und die Reichweite ihrer Angebote zu vergrößern. Im Gegenzug brauchendieVereineundInstitutionender deutschsprachigen Gemeinschaft Hilfe beimAusbauihrerKapazitäten.
c)Die notwendige Kapazitätsbildung betrifft zunächst die interne Organisationsstruktur. Den Vereinen und Institutionen fehlen Leitungsstrukturen, systematische Prozesse, Aufgaben, Zielen, undAktionspläne.GroßeDefizitebestehen bei der Abstimmung und Kooperation mit anderen Vereinen und Institutionen, um Synergieeffekte und sichtbare Repräsentationzufördern.Esgibtbeispielsweise keine Dachverbandsstruktur. Schließlich fehltesanneuenIdeen,umdieAktivitäten und Angebote der Vereine und Institutionen zu aktualisieren und zu erweitern. Ein zentraler Aspekt ist die ausbleibendeBeteiligungjungerMenschen in den Vereinsleitungen, um die institutionelle Nachhaltigkeit und die
erforderlichen Modernisierungsprozesse zugewährleisten.
d) Eine Besonderheit stellen die Vereine in den mennonitischen Kolonien im Chaco dar. Sie weisen starke institutionelle Kapazitäten und Organisationsstrukturen auf. Die Unterstützung dieser Vereine sollte darin bestehen, sie stärker an die Angebote und mögliche Kooperationen mit den deutschen Mittlerorganisationen heranzuführen. Ungeachtet der besonderen Einwanderungsgeschichte der Mennoniten, zeigen sich viele Institutionen offen für einen Austausch und interessiert am modernen Deutschlandbild.
e) Diese Studie empfiehlt den Vereinen und Institutionen die Kommunikation als entscheidendes Entwicklungsfeld zu betrachten: 1) um die Verbindungen zwischen den Vereinen und Institutionen untereinander auszubauen; 2)umneueZielgruppenfürdieEntwicklung und Durchführung von neuen Aktivitäten zu gewinnen; 3) um partizipative Entscheidungsprozesse und Austausch mit Vereinsmitgliedern im Sinne einer nachhaltigen Mitgliederbindung zu ermöglichen. Für die Erreichung dieser Ziele wird eine professionelle und externe Organi-
sationsbegleitung und capacity building benötigt.
f) Diese Studie empfiehlt den deutschen Mittlerorganisationen den Kontakt und die Kooperation mit den Vereinen und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay auszubauen. Die Zusammenarbeit könnte die Reichweite der Angebote der Mittlerorganisationen vergrößern. Gleichzeitig könnten die Mittlerorganisationen, mit der Bereitstellung von Informationen über Sprachangebote und das moderne Deutschlandbild, die Vereine und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft darin unterstützen, zu strategischen Partnern für die Auswärtige Kultur-undBildungspolitikDeutschlandszu werden. Für die Erarbeitung einer gemeinsamen Agenda könnten die AngebotevonexternenInstitutionen – wie die der Stiftung Verbundenheit – in Anspruchgenommenwerden.Letztendlich könnten die Mittlerorganisationen über eine stärkere Zusammenarbeit mit den Vereinen und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft ihre Präsenz undZielgruppe außerhalb der Metropolregionen stärken und damit die Inhalte der AKBP in breitere Gesellschaftsschichtentragen.
2. Allgemeine Einführung in die Studie
Diese Studie liefert einen Einblick in die aktuelle Situation der Vereine und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay. Die Analyse zielt darauf ab, die potenzielle Einbindung der Akteure dieser Gemeinschaft als Multiplikatoren der Auswärtigen KulturundBildungspolitikDeutschlands(AKBP)zu erörtern.(Grafik1,sieheS.8).
Ziel der AKBP ist es, ein gegenseitiges Verständnis zwischen den Ländern als Fundament für nachhaltige internationale Beziehungen zu erreichen und mögliche Herausforderungen wie geographische, politische oder soziale Distanzen zu überwinden (Auswärtiges Amt 2021). Als „dritte Säule“ der deutschen Außenpolitik stellt die AKBP ein wichtiges Instrument dar,umdieInteressenDeutschlandsinder Welt auf eine friedliche Weise zu fördern. ZuihrenklassischenInstrumentengehören dieVermittlungderdeutschenSpracheund Kultur sowie die Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen WissenschaftundForschung.DesWeiteren unterhält der deutsche Staat ein breites Netzwerk an deutschen Auslandsschulen undBildungsinstitutionen.
Die AKBP ermöglicht es, nachhaltige Beziehungen auf zivilgesellschaftlicher Ebeneaufzubauen.Dabeigewinnt Deutschland enge Partner in der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Kultur undForschung.
Die AKBP weist die Besonderheit auf, dass sie nicht direkt vom Staat implementiert wird, sondern durch sogenannte Mittlerorganisationen: Institutionen, die
als „operativer Arm“ der Außenpolitik agieren, darunter das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA). Diese Organisationen verfügen über eine große Autonomie bei der Programmgestaltung, arbeiten aber nach den Vorgaben der deutschen Auslandskulturpolitik (AuswärtigesAmt2017:5).
MittlerorganisationensindinParaguaywie folgtpräsent:DasGoethe-Institutistdurch seinen Kooperationspartner, das Instituto Cultural Paraguayo-Alemán (ICPA) –Goethe-Zentrum vertreten; die ZfA hat eine Vertretungsstelle in Asunción; der DAAD verfügt seit 2014 über eine Lektoratsstelle an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Universidad NacionaldeAsunción.
Im Bereich der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik gibt es deutsche Institutionen, die die Arbeit der Mittlerorganisationen in Paraguay und anderen Ländern unterstützen, erweitern und stärken. Eine davon ist die „Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“, die zum einen die deutsche Spracheund Kulturderdeutschsprachigen Gemeinschaften und deutschen Minderheiten fördert,siezum anderen aber auch zu zeitgemäßen Multiplikatoren der kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Auslandsbeziehungen Deutschlands entwickelt.
Die vorliegende Studie resultiert aus einer mehrmonatigen Quellenrecherche und
Feldforschung. Im ersten Schritt wurden die wichtigsten Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft im heutigen Paraguay identifiziert. Aufgrund der defizitären Quellenlage kann eine mögliche Unvollständigkeit des Institutionenregisters nicht ausgeschlossen werden. Im Anschluss an die quantitative und qualitative Quellenrecherche wurden einzelne Regionen in Paraguay für eine spezifische Feldforschung besucht. Dabei
wurden 28 Leitfadeninterviews mit Experten und Akteuren der deutschsprachigen Gemeinschaft geführt und systematischausgewertet.
Diese Studie ist Teil eines Förderprojektes für die deutschsprachige Gemeinschaft in Lateinamerika, das die Stiftung Verbundenheit mit Förderung des AuswärtigenAmtesdurchführt.
und deutsche Nachkommen heute in Paraguay lebend
die nur den deutschen Pass besitzen 30.000*
Deutsche, die eine temporäre oder permanente Aufenthaltsberechtigung in Paraguay zwischen 2010 und 2021 erhielten 15.982**
Grundschulen mit Deutschunterricht 22
Weiterführende Schulen mit Deutschunterricht 17
Bildungseinrichtungen, die Teil der PASCH-Initiative sind 17 Deutsche Vereine 9
Quelle: Eigene Aufstellung
* Von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Paraguay geschätzte Angaben
** Generaldirektion für Migration des Innenministeriums von Paraguay
Grafik 1: Zusammenfassung von Zahlen und Institutionen
der mit Schulden aus dem Tripel-AllianzKrieg belastete paraguayische Staat Gesetze zum Verkauf öffentlicher Ländereienverabschiedete.1887gründete einegrößereGruppevon40-70deutschen Familien die Kolonie „Nueva Germania“; unter ihnen Elisabeth Förster, die SchwesterFriedrich Nietzsches. Ihr Ehemann, Bernhard Förster, war auch MitbegründerderKolonieSanBernardino.
Im Jahr 1920 war Deutschland die Nation mit der größten Anzahl an registrierten Einwanderern in Paraguay (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2016: 5). Es wurden unter anderem die „deutschen“ Kolonien Hohenau, Obligado und Bella Vista im Süden Paraguays gegründet. Kleinere Gruppen deutscher Einwanderer ließen sich auch in Nueva Columbia,NuevaAustralia(inderNähevon Villarrica), Cosme, Independencia, Carlos Pfannl, Yegros (zwischen Villarrica und Encarnación)undanderenOrtennieder.
Insgesamt war die Zahl der deutschen Einwanderer nach Paraguay vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch recht überschaubar. Sehr häufig waren es auch keine rein deutschen Siedlungen, sondern gemischt mit anderen Nationen (Nueva Australia beispielsweise wies mehr Australierund Engländerauf,Yegrosmehr Paraguayer). Lediglich San BernardinoAltos, Independencia, Carlos Pfannl und Sudetia waren mehrheitlich deutschstämmig bevölkert. Den deutschen EinwanderernwurdeschonAnfangdes20. Jahrhunderts eine bedeutsame Rolle für die Wirtschaft zugeschrieben, unter anderem, weil sie Maschinen für die Landwirtschaft einsetzten und damit sehr produktivundzuverlässigarbeiteten.

Daneben sind seit 1927, in mehreren Einwanderungswellen, Mennoniten nach Paraguay ausgewandert, die zu einem großen Teil auch deutsche Staatsangehörige waren und/oder die deutsche Sprache (zumeist Plattdeutsch) sprachen. Mennoniten sind Freikirchler, 2.Erste Bewohner Hohenaus, Itapúa, Paraguay. –Quelle: hohenau.gov.py, Municipalidad de Hohenau
Insbesondere in Independencia entwickelte sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg eine „deutsche“ Infrastruktur mit einer deutschen Schule, deutschem Vereinswesen, Fußballklub, Krankenhaus und Bibliothek. In Independencia erhielt jede Familie ein Grundstück von 20 Hektar. Expertenbemängeltenjedochschon1941, dass durch die finanzielle Förderung der Ansiedlung seitens der paraguayischen Regierung auch Personen ins Land gelockt wurden, die entweder gescheiterte Existenzenwaren,oderabernurwegender wirtschaftlichen Anreize kamen (Teicher 2014:180f).
die aus dem Protestantismus hervorgegangensind.Siewandertenschon früh in andere Länder aus, behielten ihren BrauchtumundDialektaberbisheute,vor allem in Paraguay, bei. Heute leben rund 30.000 Mennoniten in Paraguay. Sie erhielten damals aufder Suchenach einer freien Entfaltungsmöglichkeit ihres Glaubens von der paraguayischen RegierungLandunddieZusage,sichselbst verwalten zu dürfen. Zwischen 1927 und 1948 gründeten sie daher drei autonome
Kolonien im Chaco und vier Ansiedlungen im Osten Paraguays. Unter schwersten Bedingungen besiedelten sie den trockenen Chaco und verwandelten ihn in ein landwirtschaftlich nutzbares Gebiet (Teicher2014:189).
Zwischen 1937 und 1938 wurden die deutschen und deutschsprachigen institutionellen Akteure in Paraguay klassifiziert, die nach Regionen und Kolonienwiefolgtaufgeteiltsind:
Grafik 2: Deutsche und deutschsprachige Akteure in Paraguay in den Jahren 1937-1938, aufgeteilt nach Region und Kolonie.
Quelle:BotschaftderBundesrepublikDeutschland2010:95(DieListeistveraltet,daeinerseitseinigeder OrtschaftennichtmehralsdeutscheGemeinschaftengeltenundandererseitsneueGemeindenentstanden sind).

Nach dem zweiten Weltkrieg folgte die zweite Einwanderungswelle aus Deutschland,unter dersich sowohl Opfer als auch Täter des Naziregimes befanden. Viele deutscheAuswanderersiedeltensichinder zweitenHälftedes20.Jahrhundertsinden Ortschaften Villarrica, Independencia und Carlos Pfannlan,dienach wie vor ländlich geprägt sind. Sie gründeten Restaurants undHotels,undengagiertensichaberauch im Immobilienbereich. Einige Deutsche und Deutschstämmige nahmen politische Funktionen ein: Das bekannteste und am wenigsten ruhmreiche Beispiel ist der DiktatorAlfredoStroessner.SeinVaterwar umdieJahrhundertwendeausBayernnach Paraguay eingewandert. Einige wirtschaftlich erfolgreiche Deutsche bzw. Nachfahren von Deutschen besitzen bis heute große Unternehmen, darunter zum BeispieldieFirmaFrutikaderFamilieKress in KressburgooderdieBachmann-Gruppe, zu der mehrere Hotels, ein Reisebüro und andereUnternehmengehören.DieFamilie
hatte sich ursprünglich inIndependencia niedergelassen und war im Weinanbau tätig(Teicher2014:189ff).
b. Aktuelle Beziehungen
Ende 2021 gab der deutsche Konsul in Paraguay, Frank Gauls, an, dass zu diesem Zeitpunkt schätzungsweise 300.000 MenschendeutscherHerkunftinParaguay lebten, von denen zwischen 22.000 und 30.000 ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeitbesitzen(Gauls2021).
Deutsch ist – nach Portugiesisch – die am zweithäufigsten gesprochene Fremdsprache in Paraguay (in 9.678 Haushalten). Diese deutschsprachigen Haushalte verteilen sich auf alle Regionen Paraguays, aber mit einer höheren Konzentration in Boquerón (Chaco), wo sich die Mennonitenkolonien Loma Plata, Filadelfia und Neulandbefinden.AufuniversitärerEbene wirdDeutschvoncirca3%derinParaguay zum Studium einer Fremdsprache eingeschriebenen Studierenden gewählt. Seit 1985 bietet das Instituto Superior de Lenguas der Universidad Nacional de Asunción (UNA) einen Abschluss in

3. Gründer von Colonias Unidas 1900 in Hohenau – Quelle: Centro Cultural Edwin Krug
4. Die Kolonien Filadelfia und Loma Plata haben ihr eigenes Museum über die Geschichte der Mennoniten und ihre Ankunft in Paraguay. – Fuente: boqueron.gov.py
deutscher Sprache an mit zum Beispiel 69 Absolvent*innen im Jahr 2017 (Aguilera Jiménez2019).
Deutsch wird sowohl in öffentlichen als auch in privaten Schulen unterrichtet. 3% der eingeschriebenenSchüler*innen sind deutschsprachig. In Paraguay gibt es 17 Schulen, die Teil der Initiative „PASCHSchulen“ des Auswärtigen Amtes1 sind: eine deutsche Auslandsschule (DAS), 15 Schulen, die das Deutsche Sprachdiplom (DSD) anbieten und eine Schule, die regulären Deutschunterricht anbietet (PASCH 2022). Es gibt auch Schulen und Hochschulen, die nicht der oben genannten Initiative angehören, in denen aber ebenfalls Deutsch als Fremdsprache unterrichtetwird.
Die Bestehensquote für das Sprachdiplom II liegt zwischen 80 und 90 %, was im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern sehr hoch ist. Deutschland unterstützt Schulen, die diese Prüfung anbieten, durch die Bereitstellung von Lehrkräften und auch finanziell, indem die BildungseinrichtungeneineSprachbeihilfeförderung für Deutschunterricht erhalten, die sich nach der jährlichen Zahl der bestandenen Sprachdiplom II-Prüfungen richtet. Zusätzlich werden weitere Ressourcen für die Schule bereitgestellt, um die Schüler*innen zum Erlernen der Sprache zu ermutigen, wie z.B. die Teilnahme an regionalen Wettbewerben (Botschaft der Bundesrepublik DeutschlandinAsunción2016:66).

1 PASCH steht für „Schulen: Partner der Zukunft“. Die PASCH-Initiative, mit der bei jungen Menschen nachhaltiges Interesse für das moderne Deutschland und diedeutscheSprachegeweckt werden soll, wird vom Auswärtigen Amt koordiniert und gemeinsam mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), dem Goethe-Institut, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und
dem Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz (PAD) umgesetzt. Sie vernetzt weltweit mehr als 2.000 Schulen, an denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat. Entsandte Expert*innen betreuen die Schulen vor Ort und unterstützen beim Ausbau des Deutschunterrichts. Der Austausch zwischen internationalen und deutschen PASCH-Schulen wird besonders gefördert.
5. Escuela Paraguaya Alemana Independencia Deutsche Schule, seit 1956 – Quelle: Deutsche Schule
c. Neuere Migration
Heute (Stand 2022) leben nach Angaben derDeutschen Botschaft in Paraguay rund 300.000 Personen mit deutschem Ursprung in Paraguay, von denen zwischen 22.000 und 30.000 die deutsche Staatsangehörigkeitbesitzen(Gauls2021).Inden letzten zehn Jahren – insbesondere seit 2016undimJahr2021 – nahmderEinwanderungsstrom aus Deutschland nach Paraguay erheblich zu. Wie die GeneraldirektionfürMigrationdesparaguayischen Innenministeriums auf Anfrage mitteilt, erhielten zwischen 2010 und 2021 15.884 deutsche Staatsangehörige eine befristete oder unbefristete Aufenthaltsgenehmigung.
Grafik 3 auf S.15 zeigt einen deutlichen Anstieg der Zahl von Aufenthaltsgenehmigungen für deutsche Staatsangehörige, die im Jahr 2021 ausgestellt wurden:41% höher alsdie Rekordzahl im Jahr 2019. Der im Jahr 2020 beobachtete Rückgang lässt sich wiederum auf die Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemiezurückführen.
Welche Motive spielen bei den aktuellen EinwanderungstrendseineRolle?Paraguay wird auf vielen deutschsprachigen Internetseiten als attraktives Einwanderungsland beworben. Es gibt zahlreiche
deutschsprachigeYouTube-undTelegramKanäle, deren Inhalte sich ausschließlich auf das Einwandern nach Paraguay fokussieren. Das Phänomen weckte wiederum so viel Interesse, dass in letzter Zeit immer öfter in den lokalen und internationalenMedienüberdieUrsachen der „neuen“ Migration aus Deutschland nachParaguayberichtetwurde.2
Angehörige der deutschsprachigen Gemeinschaft, die im Rahmen dieser Studie interviewt wurden, gaben an, dass indenmeistenFällendieNeuankömmlinge aus Deutschland ihre Auswanderung wie folgt erklären: Suche nach einer besseren Lebensqualität mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen, Unzufriedenheit mit der deutschen Steuerpolitik, Unzufriedenheit mit der deutschen Migrationspolitik und den dadurch verursachten gesellschaftlichen Veränderungen und Unzufriedenheit mit der Gesundheitspolitik Deutschlands im Kontext der Covid-19Pandemie. Zusätzlich wurden weitere Gründe genannt, wie u.a. Gesetzesänderungen, die zum Beispiel der Polizei ermöglichen, Privatwohnungen ohne Durchsuchungsbefehlzubetreten.
IndenregistriertenAussagenlässtsicheine kritische bis ablehnende Haltung gegenüber dem deutschen Staat und seiner Innen- sowie Außenpolitik erkennen. Eine mögliche Zusammenarbeit mit diesen
2 Infobae (Argentina): Negacionistas del Covid alemanes, suizos y austríacos construyen una comunidad antivacunas en un rincón de Paraguay; Deutsche Welle: Alemanes opositores a la vacunación contra el COVID-19 emigran a Paraguay; Deutsche Welle: Alemanes buscan refugio en Paraguay; ABC (Paraguay): Alemanes en Paraguay:
Al menos 30 nuevas familias ya se instalaron en Hohenau; El Mundo (España): Migración antivacunas; Tagesschau (Alemania): Der kurze Traum von der Impffreiheit; Weltspiegel (Alemania): Ungeimpfte Deutsche zieht es nach Paraguay.
zivilgesellschaftlichen Akteuren im Sinne der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, sowohl als potenzielle Multiplikatoren als auch als potenzielle Zielgruppe,schließtsichfolglichaus.
DasnächsteKapiteluntersuchtdieaktuelle Situation deutscher bzw. deutschsprachiger Gemeinschaften und deren Institutionen in fünf Regionen Paraguays. Die Auswahl der zu untersuchenden Orte folgt einer geografischen Logik (siehe
Grafik 1, S. 8), die die relevantesten Gebiete mit starker Präsenz deutschsprachiger Gemeinschaften in Alto Paraná (heute Itapúa), Villarrica, Chaco und Asunción einschließt. Die Kolonien im Gebiet von Alto Paraguay (heute San Pedro) wurden ebenfalls einbezogen, allerdings nur oberflächlich, da sie eine kleinere deutsch-sprachige Gemeinschaft aufweisen.
Niederlassung deutscher Staatsangehöriger Gesamt 2010-2021: 15.884











Quelle:ErstelltmitDatenderGeneraldirektionfürTransparenzundKorruptionsbekämpfungdes Innenministeriums
Grafik 3: Niederlassung deutscher Staatsangehöriger
Grafik 4: Karte besuchter Gemeinden

Quelle:NordNordWest/Wikipedia,Standorteselbsteingefügt
4.Vereine und Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft nach Regionen
In den ausgewählten Regionen wurden
Vertreter*innen der Institutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft interviewt. Es handelt sich um ein breites Institutionen- Spektrum sowohl aus dem
Bildungsbereich, z.B. Schulen und Hochschulen,alsauchausdemBereichder Kultur-, Gesangs-, Geselligkeits- und Sportaktivitäten(ÜberblicksieheGrafik5).

6.1893 wurden in Asunción die lutherische Kirche und Schule gegründet. Heute findet sich dort die Colegio Goethe Deutsche Schule Asunción. – Quelle: Colegio Goethe
Liste besuchter Institutionen
Schulen mit Deutschunterricht: 22
Von der Studie erfasst
EscuelaBásicaLaFe(Itapua)
EscuelaPrivadaParaíso(DSD),(Itapua)
EscuelaPrivadaFlorida(Itapua)
EscuelasenFiladelfia(6),(Chaco)
EscuelaPrimariaNeuland,(Chaco)
EscuelasenLomaPlata(10),(Chaco)
Nicht von der Studie erfasst
EscuelaPatria(Cordillera)
EscuelaBásicaCampoLeón(DSD),(Chaco)
Weiterführende Schulen mit Deutschunterricht: 17
Von der Studie erfasst
Goethe(Asunción)
Concordia(Asunción)
ColegioPrivadoEvangélicoHohenau (Itapúa)
ColegioPrivadoPedroJuanCaballero (BellaVista,Itapúa)
CentroEducativoIndependencia(DSD), (Villarrica)
ZentralSchulederKolonieFiladelfia(DSD), (Chaco)
ZentralSchuleNeuland(DSD)(Chaco)
ColegioSecundarioLomaPlata(DSD) (Chaco)
Nicht von der Studie erfasst
Iberoamericano(Asunción)
ColegioAdventistadeHohenau(Itapúa)
ColegioAmambay(DSD),(Itapúa)
ColegioPrivadoVolendam(DSD),(San Pedro)
ZentralschuleFriesland(DSD),(SanPedro)
ColegioParatodo(DSD),(Chaco)
ColegioLolita(DSD),(Chaco)
ColegioNeuhof(DSD),(Chaco)
ColegioPrivadoTresPalmas(DSD), (Caaguazú)
Hochschuleinrichtungen: 1
Nicht von der Studie erfasst UniversidadParaguayoAlemana (Asunción)

7. Escuela Privada Paraíso (DSD), (Itapúa) – Quelle: Escuela Paraíso

Deutsche Vereine: 9
Von der Studie erfasst DeutscherTurnundSportVereinAsunción -ClubAlemán(Asunción)
SociedadCulturalyDeportivaAlemania ColoniaObligado-ClubAlemán(Itapúa)
ClubAlemánSoldeMayo(Itapúa)
ClubAlemándeCambyretá(Itapúa)
Nicht von der Studie erfasst
ClubAlemánPatria(Cordillera)
ClubAlemándeBellaVista(Itapúa)
ClubAlemándeLapachal(Itapúa)
ClubAlemándeCapitánMiranda(Itapúa)
ClubAlemánIndependencia(Villarrica)
Vereinigungen: 8
Von der Studie erfasst AsociacióndeAmistadParaguayo Alemana(Asunción)
SociedadCulturalySocialCantores Armonía(Itapúa) AsociacióndelaColectividadAlemanade Itapúa(Itapúa) AsociaciónColoniaNeuland(Chaco)
AsociaciónFernheim(Chaco) AsociaciónCivilChortitzerKomitee (Chaco)
Nicht von der Studie erfasst ComunidadGermanadelAltoParaná(Alto Paraná)
Mittlerorganisationen: 6
Von der Studie erfasst EmbajadadelaRepúblicaFederalde AlemaniaenAsunción ConsuladosdeNeuland,Encarnacióny CiudaddelEste InstitutoCulturalAlemándeAsunción –Goethe-Zentrum InstitutoCulturalAlemándeEncarnación
Sonstige: 2
Von der Studie erfasst CámaradeComercioParaguayo-Alemana (AHK),(Asunción)
Nicht von der Studie erfasst MozartInstitut (AltoParaná)
8. Asociación de Amistad Paraguayo Alemana – Quelle: Die Zeitung
Grafik 5: Systematisierung der gesammelten Daten
Institution Stadt Kategorie Schüler / Partner / Mitglieder
Colegio Goethe Asunción DAS Schule 1.200 Schüler
Finanzierung
Unterstützung aus Deutschld.
Gebühren 3 Deutschlehrende und Schulleiter
Colegio Concordia Asunción DSD Schule 490 Schüler Gebühren, Spenden Pädagogische Hilfe für den Deutschunterricht
Club Social, Cultural y Deportivo Sol de Mayo
Sociedad Cultural y Social Cantores Armonía
Escuela Básica Evangélica La Fe N°1221
Sociedad Cultural y Deportiva Alemana Colonia Obligado
Hohenau Sportverein
Wirtschaftliche Daten
Monatliche Gebühr ab 280 €
Monatliche Gebühr von 200 bis 260 €
250 Partner Ohne Angabe Keine Ohne Angabe
Hohenau Asociación 100 Partner Gebühren, Vermietg. der Räume, Ersparnisse
Hohenau DSD Schule 250 Schüler Gebühren, Beiträge u Spenden v. Kirchen u.a.
Obligado Sportverein
300 Partner Gebühren, Veranstaltungen
Keine Ohne Angabe
Nach DSD Ungefähre Kosten f. Deutschunterricht pro Jahr: 10.500 €
Keine Ungefähre Erhaltungskosten: 2000 €
Club Alemán de Bella Vista Bella Vista Sportverein Ohne Angabe Ohne Angabe Ohne Angabe Ohne Angabe
Escuela Básica Paraiso Bella Vista DSD Schule 172 Schüler Ohne Angabe Pädagogische Beratung durch ZfA Ohne Angabe
Escuela Privada Florida Bella Vista Schule 40 Schüler Ohne Angabe Keine Ohne Angabe
Colegio Privado Pedro Juan Caballero
Bella Vista Privatschule
Club Alemán de Encarnación Encarnación Sportverein
208 Schüler Ohne Angabe Keine Ohne Angabe
40 Partner Gebühren, Vermietungen, Veranstaltungen, Spenden Keine Ohne Angabe
Colegio Privado Heinfried Wolfgang Kress Kressburgo Privatschule 206 Schüler Gebühren, Beiträge von Unternehmen
Centro Educativo Independencia Colonia Independencia
Quelle: Eigene Ausarbeitung
DSD Schule 125 Schüler Gebühren, Beiträge, Spenden von Privatpersonen u. Unternehmen d. Region u. Dtl.
Unterstützung der GIZ 70% der Kosten gedeckt durch RSE
Nach DSD Deckung der Fixkosten ab diesem Jahr. Die Investitionen werden mithilfe der Gemeinde getätigt.
a. Region Asunción und Umgebung

1.BotschaftderBundesrepublikDeutschland6.DeutscherTurnundSportVereinAsunción inParaguay – DeutscherVerein
2.Goethe-Schule
3.Concordia-Schule
7.AsociacióndeAmistadParaguayoAlemana
8.SanBernardino
4.InstitutoCulturalParaguayo-Alemán9.Altos (ICPA – Goethe-Zentrum)
5.Deutsch-ParaguayischeIndustrie-und
10.ConcordiaAsunción
11.UniversidadParaguayoAlemana(Asunción) Handelskammer(AHK)
Quelle:StiftungVerbundenheit
Zusammenfassung
IndiesemKapitelwerdendieInstitutionen der deutschsprachigen Gemeinschaft in denStädtenAsunción,SanBernardinound Altosanalysiert.Diebeidenletztgenannten Lokalitäten waren die ersten deutschen Kolonien in Paraguay und galten jahrzehntelang als wichtige deutsche Wirtschafts- und Kulturzentren. Heute befinden sich dort aber keine aktiven deutschsprachigenInstitutionenmehr.
12.Iberoamericano(Asunción)
InderHauptstadtAsunciónsindwiederum die offiziellen deutschen Auslandsinstitutionen, wie zum Beispiel die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, die DeutschParaguayische Industrie- und Handelskammer (AHK) und das Instituto Cultural Paraguayo Alemán – Goethe-Zentrum sowie die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, ansässig. Ferner gibt es mehrere Privatinstitutionen mit historischen oder kulturellen Verbindungen nach Deutschland, wie z.B. der Deutsche Club unddieGoethe-undConcordia-Schulen.
Analyse
Als politische und wirtschaftliche Hauptstadt Paraguays verfügt Asunción über vorteilhafte Rahmenbedingungen für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands. Asunción ist die bevölkerungsreichste Stadt Paraguays, mit einer großen Anzahl an international aufgeschlossenenBürgerinnenundBürgern.Die Stadt besitzt zudem ein vergleichsweise großes kulturelles Angebot und mithin auch eine ausgeprägte Nachfrage. In Asunción befinden sich die Büros der offiziellen Vertretungen ausländischer StaatensowiederenKulturzentren.
Einen weiteren generellen Nutzen für die AKBP stellt die Präsenz der wichtigsten Medien mit landesweiter Reichweite –Fernsehen, Radio und Printmedien – dar, mit denen sich ein breites Publikum auf nationalerEbeneerreichenlässt.
Dennoch ist zu beobachten, dass die deutschsprachige Gemeinschaft in Asunción,SanBernardinoundAltoseine immer weniger stark ausgeprägte Verbindung zur deutschen Sprache und Kultur pflegt. Außerdem ist der Zusammenhalt der deutschsprachigen Gemeinschaft geringer als in anderen Teilen des Landes, die für die vorliegende Studie besucht werden konnten. So wird beispielsweise der traditionsreiche Deutsche Club DTA nicht mehr als ein Zentrum deutscher Kultur mit vielen Angeboten wahrgenommen.DerdeutscheVerein Club Patria in Altos ist in einem inaktiven Zustand und derehemalige Deutsche Club in San Bernardino hat sich mittlerweile aufgelöst. Es gibtin den letztgenannten Lokalitäten, trotz ihrer traditionsreichen
deutschen Einwanderergeschichte, keine weiterendeutschenKulturvereine.
Die beobachteten Merkmale der deutschparaguayischenVereinslandschaft,diesich teilweise aus einem natürlichen Integrations- und Assimilierungsprozess der Nachkommen ehemaliger deutscher Einwanderer erklärt, trifft allerdings auf eine interessanteinstitutionelleLandschaft.
Sie ergibt sich in erster Linie aus der Integration der Deutschen und ihrer Nachkommen in die lokale Gesellschaft und die paraguayische Kultur, was einen ganzgewöhnlichenProzessimRahmenvon Migrationsphänomenendarstellt.
Auf der anderen Seite gibt es ein nicht deutschstämmiges Publikum, das sich für diedeutscheSpracheunddieneuenWerte der AKBP interessiert und sich an die bestehenden Institutionen wendet (auch wenn ihre Angebote noch ausgebaut werden könnten). Das sind zum Beispiel Studierende, die an den Kursen und Veranstaltungen des ICPA – GoetheZentrums teilnehmen. Diese werden einerseits von den Austausch-, Studien-, und Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland angezogen und andererseits ist das ICPA einer der wenigen Orte in Asunción, der durch sein kulturelles Angebot über das Lokale und Traditionelle hinausgeht und gleichzeitig Kontakt mit europäischen und globalenTrendsbietet.
DurchgezielteStrategienundWerbungfür ihre innovativen Bildungsmethoden würdendiesedeutschsprachigenBildungseinrichtungen und Kulturvereine an Öffentlichkeit gewinnen. Dadurch könnte dasPublikumvonInteressentenaußerhalb der deutschen Gemeinschaft, aber mit
einer Affinität zur deutschen Musik oder Kunst,erweitertwerden.
Für die deutschsprachige Gemeinschaft in Asunción gilt kein einheitliches Bild des „Deutschseins“. Wie in anderen Teilen des LandeshatesfürdieNachkommenvielmit den Traditionen ihrer Vorfahren zu tun. AberdasnichtdeutschstämmigePublikum in Asunción, das aus Interesse im Kontakt mit der Sprache oder der Kultur ist, hat einen besseren Zugang zu Informationen über das heutige Deutschland und damit zum aktuellen Deutschlandbild. Andererseits herrscht eine Vorstellung von den Deutschen als strenge, verschlossene, pünktliche, verantwortungsbewusste, produktive und nicht sehr ausdrucksstarke Menschen – zumindest nach lateinamerikanischen Maßstäben –, was ebenfalls ein veraltetes und in gewissem Sinne vorurteilsbehaftetesBildist.Schließlichgilt noch eine dritte Sichtweise, nämlich Deutschland als Symbol für Innovation, EntwicklungundTechnologie.
Die offiziellen deutschen Organisationen, die in Asunción präsent sind, haben definierte Aufgaben, Ziele, Erfahrungen und Aktionsbereiche, z.B. die Förderung von Sprache und Kultur, die Pflege internationalerBeziehungen,dieFörderungdes industriellen und kommerziellen Austauschs. Sie sind stark, verfügen über –begrenzteoderunbegrenzte – Ressourcen, haben besondere Interessen und sehen potenzielle Vorteile darin, Verbindungen zu deutschsprachigen Vereinen im LandesinnerenParaguaysherzustellenund zupflegen.
Diese in Asunción vertretenen Institutionen könnten unterschiedliche Optionen in Bezug auf Dienstleistungen und Unterstützung sowie Möglichkeiten für Allianzen mit den deutschsprachigen Institutionen im Landesinneren erwägen, wobei sie sich selbstverständlich auf Initiativen konzentrieren könnten, die mit ihremTätigkeitsbereichzusammenhängen. Diese institutionellen Verbindungen und

9. Deutscher Friedhof San Bernardino – Fuente: ABC.com.py
der Austausch mit den Institutionen im Landesinnerensindderzeit,gelindegesagt, sehr schwach. Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Landesteilen liegt die Stärke der meisten Organisationen in Asunción in ihrem „offiziellen“ Charakter, d.h.inihrerdirektenVerbindungzumdeutschen Staat. Dadurch haben sie Zugang zu Haushaltsmitteln und Ressourcen und besitzen politisches Gewicht, was die Verwirklichung ihrer Ziele ermöglicht und erleichtert.
Was die nicht-offiziellen Institutionen betrifft, so benötigen die Bildungseinrichtungen in Asunción vor allem Unterstützung bei der Aktualisierung des Deutschunterrichts sowie einen Zuschuss zu den Material- und AusbildungskostenesmussderWertunterschiedzwischenden Währungen Guaraní und Euro sowie die Stärke der entsprechenden Volkswirtschaften berücksichtigt werden. Gleichzeitig ist es jedoch notwendig, unnötige Bürokratiebeider Kontaktetablierungund der Herstellung von Verbindungen zwischen Institutionen in Paraguay und Deutschland zu minimieren, da dies manchmal ein Hindernis für Partnerschaften und die Schaffung von Vorteilen fürbeide Seiten sein kann. Sonehmen die Bildungseinrichtungen beispielsweise einen hohen bürokratischen Aufwand bei der Anmeldung zu – auch virtuellen –Austauschmöglichkeitenoder zueinem
Wettbewerb mit deutschen Schüler*innen wahr, der mitunter zur Teilnahmeabsage und zum Verlust wichtiger Räume des Austauschsführt.
Allgemein besteht der Bedarf, die institutionellen Verbindungen zwischen den mit Deutschland verbundenen – offiziellen und nicht offiziellen – Organisationen, die in Paraguay präsent sind, zu stärken: sowohl innerhalb Asunción und innerhalb des Landesinneren als auch zwischen Asunción und dem Landesinneren. Auf diese Weise könnten geografische Distanzen und etwaige konzeptuelle Unterschiede – aufgrund der Besonderheiten des historischen und kulturellenHintergrundsjederGemeinde –überwunden werden, damit sie sich in gewissen Fällen erstens überhaupt kennenlernen und zweitens die Stärken und Schwächen anderer Partner sowie ihr Dienstleistungsangebot erkennen und überprüfenkönnen,umsichgegenseitigzu unterstützenundzusammenzuarbeiten.In diesemZusammenhangwäreeinevonden Mittlerorganisationen organisierte jährliche Netzwerkveranstaltung in Asunción oder anderswo im Land empfehlenswert, bei der sich die Mitglieder aller offiziellen deutschen Institutionen und deutschsprachigen Vereine und Bildungseinrichtungen Paraguays vor Ort austauschen könnten.
InformationennachStadt,Bezirk, Einrichtung
Asunción
AsunciónistdieHauptstadtParaguaysund mit rund 521.000 Einwohnern die bevölkerungsreichsteStadtdesLandes.Sie ist Sitz folgender Einrichtungen mit Deutschlandbezug, auf die nachfolgend nähereingegangenwird:
• BotschaftderBundesrepublik DeutschlandinAsunción
• Goethe-Schule
• Concordia-Schule
• InstitutoCulturalParaguayoAlemán –Goethe-Zentrum
• Paraguayisch-DeutscheIndustrie-und Handelskammer(AHK)
• DeutscherTurnundSportVerein Asunción – DeutscherClub
• AsociacióndeAmistadParaguayo Alemana

10. Der Minister für auswärtige Angelegenheiten der Republik Paraguay, Luis Alberto Castiglioni, besucht Berlin im Jahr 2019 durch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción. – Quelle: mre.gov.py
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Paraguay
Wiebereitserwähnt,lebtinParaguayeine große Gemeinschaft deutscher Einwanderer. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Paraguay steht in Kontakt mit ihnen über Honorarkonsuln und Vertrauensstellen, die in verschiedenen strategischen Punkten des Landes konsularische Unterstützung bieten und als Multiplikatoren der Botschaftsarbeit fungieren,uminanderenRegionenParaguays aucheinePräsenzzuschaffen.
Gelegentlich besucht die Botschaft die deutschen Gemeinden im Landesinneren, es ist aber nicht ihre Hauptaufgabe. Es mussauchberücksichtigtwerden,dassdie deutsche Botschaft in Asunción nicht über genügendPersonalverfügt,umeinesolche Aufgabezubewältigen.3
Für die Botschaft sind deutsche Vereine undandereInstitutionenimLandesinneren eine interessante Zielgruppe. Aus diesem Grund will die Botschaft ihre aktuelle Vorstellung bzw. ihr aktuelles Bild der deutschen Kultur sowie ihre Ziele und Bedürfnisse kennenlernen, um potenzielle Unterstützungs- oder Allianz-Alternativen zum Erreichen gemeinsamer Ziele analysierenzukönnen.DazuweistdieBotschaft darauf hin, dass z.B. bei sehr wenigen Anlässen deutsche Gemeinden um Informationsmaterialien bitten. Diese Art von Unterstützung könnte mehr gefördert werden.IndiesemZusammenhangwerden die in Paraguay lebenden Deutsch-
stämmigen von der Botschaft als paraguayischeSozialgruppebetrachtet,die sich selbst als Paraguayer*innen empfindenundaufgeschlossensind,aberihre deutschenWurzelnnichtverlierenwollen.
Goethe-Schule
Die Goethe-Schule wurde 1893 gegründet und ist eine säkulare, private und gemeinnützige Bildungseinrichtung, die sich dadurch auszeichnet, traditionell und dochaufpädagogischerundakademischer Ebenemodernzusein.Nach1990gingdie Unterstützung aus Deutschland stetig zurück (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2016: 55). Die SchulefolgtdemallgemeinenLehrplandes paraguayischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft und bietet Vorschul-, Grundschul-undSekundarschul-Unterricht mit durchschnittlich 1.200 Schüler*innen pro Jahr an. Die Einrichtung ist mit modernstenBiologie-,Physik-undChemieLaboren ausgestattet. Außerdem stehen den Schüler*innen eine Bibliothek und Mediathek, ein Computerraum, ein Musikraum und mehrere Technikräume zurVerfügung.
Jede Klasse hat zwischen sechs und neun StundenDeutschunterrichtproWocheund je nach Stufe werden die Prüfungen der Niveaus A1 und A2 (nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen, GER) sowie das DeutscheSprachdiplomIundII(NiveauB1) abgelegt.4, In der neunten Klasse hat man
3 InterviewmitFrauJudithBraunerundHerrn Wolfgang Erdmannsdörfer der Botschaft der BundesrepublikDeutschlandinParaguay.
4 Das Sprachdiplom II bescheinigt die deutschen Sprachkenntnisse, die für ein Studium an einer deutschenHochschuleerforderlichsind.
die Gelegenheit, an einem viermonatigen SchüleraustauschprogrammnachDeutschland teilzunehmen. Die Schule bietet das zweisprachigeProgrammGemischtsprachiges International Baccalaureate (GIB) der International Baccalaureate Organisation (IB) an, eine Variante des Programms für deutsche Auslandsschulen. Etwa 20 % der GIB-Absolvent*innen der Goethe-Schule studierenderzeitinDeutschland.
Die Inhalte im Deutschunterricht werden von den Lehrkräften mittels Materialien, dievonderZfAbesorgtwerden,festgelegt. Was die Ausbildung von den Deutschlehrenden betrifft, haben sie die Möglichkeit,sichfürFortbildungenvonder ZfA und DAS-Schulen anzumelden. Der deutsche Staat unterstützt die
Maßnahmen durch die Entsendung dreier DeutschlehrkräfteunddesSchulleiters.
Die Goethe-Schule steht in Kontakt mit einschlägigen staatlichen Organisationen, vor allem über die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, und ist Mitglied des Weltverband Deutscher Auslandsschulen (WDA) sowie der Deutschen Auslandsschulen International (DAS) und der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH). Im Rahmen der Bund-Länder-Inspektion1.0(BLI)wurdedie Schule 2013 und 2020 im Hinblick auf die Gesamtqualität – insbesondere die Unterrichtsqualität – als pädagogische Einrichtung evaluiert. Dafür wurde sie mit dem Gütesiegel „Exzellente deutsche Auslandsschule“ausgezeichnet.

11. Vorderseite der Schule Colegio Goethe in Asunción, Paraguay. – Quelle: Colegio Goethe
Auf lokaler Ebene ist die Schule mit dem ICPA – Goethe-Zentrum, der DeutschParaguayischen Industrie- und Handelskammer, dem Verband der Deutschen Schulen in Paraguay, dem Verband der PrivatschuleninParaguay,demDeutschen Club sowie zahlreichen anderen InstitutionendesBildungswesensverbunden.
Die Verwaltungsdirektion der GoetheSchule schlägt eine Verstärkung der Austauschmöglichkeiten zwischen Schüler*innen aus Paraguay und Deutschland z.B. durch Debatten sowie WissenschaftsundForschungswettbewerbevor.Heuteist dieTeilnahmeansolchenProjektenmitviel Bürokratie und Verwaltungsaufwand verbunden, was letztlich ein Hindernis darstellt. Ebenso wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Verbindungen zwischen deutschen Bildungseinrichtungen in Paraguay zu stärken und zuinstitutionalisieren,dadiebestehenden Initiativen von einzelnen Personen aufrechterhalten werden.Dies verhindert eigentlich eine Nachhaltigkeit solcher ProgrammeinderZukunft.5
Concordia-Schule
Das Colegio Concordia6 wurde 1976 gegründet und hat derzeit zwischen 485 und 490 Schüler*innen, von denen etwa 60% spanischsprachig und 40 % deutsch-
sprachig sind. Die Bildungseinrichtung bietet Vorschul-, Grundschul- und Sekundarschul-Unterricht an. Die Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom sindfüralleSchüler*innenobligatorisch.In der neunten Klasse muss man die Stufe 1 undimdrittenoderletztenJahrdieStufe2 ablegen. Im Jahr 2021 haben 36 Schüler*innenbeidePrüfungenbestanden. Die Schule hat 34 deutschsprachige Lehrkräfte, die von Deutschland aus pädagogische Unterstützung für den Sprachunterricht erhalten. Die Schüler*innen feiern einige traditionelle deutsche Feste wie das Schülerfest (Maifest) und den Tag der Deutschen Einheit.
5 Interview mit Frau Daniela Bruyn, VerwaltungsdirektorinderGoethe-Schule.
6 ZudenpädagogischenSäulendesColegio Concordia gehören: Sprachen: Unterricht in Deutsch,Spanisch,EnglischundGuarani;Disziplin undKompetenz:FörderungderVerantwortungmit RaumfürKreativität;Christentum:christliche
Es besteht normalerweise ein großes InteressederSchüler*innenaneinemStudium in Deutschland. Deshalb werden Präsentationen verschiedener Berufe an der Schule gehalten, bei denen ehemalige Schüler*innen über ihre Erfahrungen in Deutschland berichten. Die Schule unterhält gleichzeitig Partnerschaften mit lokalen Universitäten und Unternehmen, die jeweils Studienstipendien und Praktika anbieten. Die Einrichtung fördert auch einen nationalen Schüleraustausch, bei dem die Schulen in den mennonitischen Kolonien im Landesinneren besucht werden. Darüber hinaus kommen die Schüler*innen im Rahmen von Sport- und Weltanschauung und biblische Werte mit mennonitischen Grundsätzen; Begegnung und Integration:ToleranzgegenüberkulturellerVielfalt; FührungundDienst:AusbildungvonFührungskräften,diesichdurchihreHaltungdesDienens auszeichnen
Wissens-Wettbewerben mit Jugendlichen aus anderen - nicht deutschsprachigenSchulenderRegioninKontakt.
Paula Wiebe, Leiterin des Colegio Concordia,wiesdaraufhin,dassimKontext derCOVID-19-PandemiedieVerbindungen zur deutschen Botschaft in Paraguay unterbrochen wurden, aber derzeit wiederhergestellt werden. Zuvor hatte ein sogenannter Paraguay-Tag stattgefunden, an dem lokale Institutionen mit Bezug zur deutschenSpracheteilnahmen.
Einige der Schwierigkeiten, mit denen die SchulebeimErreichenihrerinstitutionellen Ziele konfrontiert ist, sind das allgemeine DesinteressederSchüler*innenamLernen – sie ziehen Sport vor – sowie die mangelnde Konzentration und fehlende Lerngewohnheiten und -routinen. Angesichts einer möglichen Unterstützung aus Deutschland wäre die Schule daran interessiert,erfahrenedeutscheLehrkräfte einzubinden oder ihre paraguayischen Lehrkräfte nach Deutschland reisen zu lassen,umanFortbildungenteilzunehmen undErfahrungenzusammeln.

Instituto Cultural Paraguayo-Alemán (ICPA) – Goethe-Zentrum
Das Instituto Cultural Paraguayo-Alemán (ICPA) – Goethe-Zentrum ist eine gemeinnützige, autonome und unabhängige Organisation, die 1958 in Asunción als ZentrumfürdieVerbreitungderdeutschen Kultur und Sprache in Paraguay gegründet wurde. Das Institut gehört seinen Mitgliedern und sein Vorstand setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die in einer
Generalversammlung gewählt werden. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft gilt das Institut auch als DAADInformationszentrum.Seit60Jahrenistdas ICPAeinBindegliedzwischenParaguayund Deutschland. Es hat die Kultur- und Bildungslandschaft Paraguays entscheidend geprägt.
12. Concordia-Schule Paraguay – Quelle: Colegio Concordia
DasICPAbietetnichtnurDeutschkursean, sondern organisiert auch kulturelle Veranstaltungen wie Vorträge, Konferenzen, Konzerte, Filmreihen, Festivals, Ausstellungen, Theater- und Tanzaufführungen mitdemZiel,dieKommunikationzwischen Künstler*innenundderZivilgesellschaftzu stärken. Zu den jüngsten Veranstaltungen gehören der Weihnachtsmarkt, das Feriencamp, das Festival „Calle Cultura“, das Konzert des Jugendjazzorchesters Nordrhein-Westfalen (JJO NRW) im Rahmen der Feier zum Jahrestag der GründungAsuncións,unddasBegegnungskonzert zwischen der deutschen Band Scorpions und paraguayischen Musiker*innen. Die vielfältigen Aktivitäten und Bereiche, in denen das Institut aktiv ist, sowie die ständige Bereitschaft und Offenheit, gemeinsam mit anderen Institutionen solche Veranstaltungen zu
organisieren, ermöglichen es, einen fließenden Kontakt mit der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten.
WasdieDeutschkursebetrifft,istdasICPA das einzige Institut in Paraguay, das international anerkannte vom GoetheInstitut akkreditierte Deutsch-Zertifikate ausstellen darf. Weitere internationale Prüfungen und Zertifikate, die das ICPA anbietet, sind: Test Deutsch als Fremdsprache (Test DaF), Test für Ausländische Studierende (AS) und der Online Spracheinstufungstest (onSET). 2019 erhielt das InstituteineAuszeichnungfürseineArbeit als wichtigsterVermittler deutscher Kultur imLand.
Seit März 2020 wird der Unterricht ausschließlichonlineabgehalten,was sehr erfolgreich ist, da jetzt das Angebot für Interessenten aus dem ganzen Land

13. Instituto Cultural Paraguayo-Alemán (ICPA) – Goethe-Zentrum. Quelle: ICPA
zugänglich ist. Im Jahr 2021 meldeten sich 1.300 Personen beidenverschiedenenKursenan.
Die meisten haben keinen Bezug zu Deutschland: Sie lernen Deutsch, weil sie dort studieren, arbeiten oder ein Visum zur Familienzusammenführung beantragen wollen, so Simone Herdrich,DirektorindesICPA.Die meisten Lehrkräfte sind Paraguayer*innen,dieinDeutschland einenAufenthalthattenundsich am Sprachinstitut ausbilden ließen.
Als Kommunikationsinstrument tragen soziale Medien nachweislich dazu bei, das Interesse am Deutschlernen zu steigern. Das Institut hat aktive Profile auf Facebook,InstagramundTwitter (@icpa_gz). Darüber hinaus wird durch das Organisieren von kulturellen Veranstaltungen mit strategischen Partnern der Bekanntheitsgrad des Instituts und seines Bildungsangebots gefördert.

Das ICPA-Gebäude konnte dank der Unterstützung aus Deutschland erworben werden. Es verfügt über neun UnterrichtsräumemitmodernsterTechnik,einen Veranstaltungssaal für mehr als 100 Personen, Tontechnik, Beleuchtung, Beamer, Leinwand, Konferenztisch, eine zweistöckigeBibliothekundMediathekmit Virtual-Reality-Brillen. Außerdem gibt es einen Innenhof, einen Werkstattraum und einen Kinderraum. Durch den Beitrag der ICPA-Mitglieder und die Kursgebühren kann das Gebäude erhalten und gepflegt werden.
Das Institut wird vom Goethe-Institut in Deutschland bei der Durchführung umfassender Kulturprojekte unterstützt und arbeitet auch mit der Deutschen BotschaftinParaguaybeiderKoordination der Kulturagenda jederdeutschsprachigen Institution zusammen, um Überschneidungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass sie sich gegenseitig ergänzen. An den Ratssitzungen nehmen auch Vertreter*innen der Goethe-Schule und der Deutsch-Paraguayischen Industrie- und Handelskammer teil. Sie haben auch Verbindungen zum Centro Cultural ParaguayoAlemáninEncarnaciónundzum Mozart-Institut in Ciudad del Este. Jährlich veranstaltet das ICPA ein Treffen für DeutschlehrendeausdemganzenLand.Im Rahmen der Durchführung dieser
14. Simone Herdrich (ICPA), mit Dr. Marco Just Quiles (Stiftung Verbundenheit) und Ingrid Villalba, im ICPA – Quelle: Ingrid Villalba
Veranstaltung sowie in anderen Bereichen arbeitetdasICPAengmitdenanderenmit Deutschland verbundenen Institutionen in Asunciónzusammen.
Herdrich erläutert, dass das Institut außer häufiger Buchspenden an die Kolonie Hohenau keine Verbindung zu deutschen Gemeinden im Landesinneren besitzt. Sie laden alle Lehrkräfte im ganzen Land zu Veranstaltungen und Fortbildungen ein, z.B.zuKonferenzenüberOnline-Unterricht oder neue Unterrichtsmethoden, aber die Beteiligung aus dem Landesinneren ist im Allgemeinengering.„DieInstrumente,die das Goethe-Institut für den Sprachunterricht anbietet, stehen uns zur Verfügung, werden aber nicht voll ausgeschöpft. Der DAAD hält viele OnlineFortbildungskurse, die von zuhause besucht werden können“, sagt die Institutsleiterin.
Eine der Schwierigkeiten, mit denen das ICPAzukämpfenhat,istdiegeringeAnzahl Schüler*innen,diesichfürfortgeschrittene Deutschkurse interessieren, was manchmal aufgrund fehlenderKostendeckung zu ihrer Absage führt. Eine finanzielle Unterstützung von interessierten Partnern – z.B. mit Deutschland verbundenen Unternehmen oder dem DAAD - wäre in solchenFälleneineLösung.Darüberhinaus müssen Wartungsarbeiten im Gebäude durchgeführt und die Strom- und Wasserversorgungerneuertwerden.
Deutsch-Paraguayische Industrie- und Handelskammer (AHK)
Die im Jahr 1956 gegründete DeutschParaguayische Industrie- und Handelskammer ist der älteste binationale
Wirtschaftsverband und mit rund 400 Mitgliedern die größte bilaterale europäische Kammer in Paraguay. Neben der ArbeitimRahmendergrundlegendenZiele schuf die Förderung der bilateralen Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Ländern einen kulturellen und sozialen Austausch.Zusätzlichzuihrenhandels-und marktbezogenen Aktivitäten erweitert die Kammer seit 2013 ihrenAktionsradius, indem sie durch eine Abteilung für Berufsbildung Unternehmen und Fachschulen berät, da der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften eines der größten Hindernisse für paraguayische Unternehmen im globalen Wettbewerb darstellt (Botschaft der Bundesrepublik DeutschlandinAsunción2016:68).

15. Deutsch-Paraguayische Industrie- und Handelskammer (AHK) – Quelle: AHK Paraguay
Im Rahmen der Förderung des Handelsund Wirtschaftsaustausches zwischen ParaguayundDeutschlandbefasstsichdie AHK mit aktuellen und innovativen Querschnittsthemen wieu.a. Transparenz, Umweltschutz, grüne Energie und Nachhaltigkeit.
Die AHK arbeitet mit den im Land vertretenen deutschen Institutionen wie dem
ICPA – Goethe-Zentrum, der deutschen BotschaftinParaguay,derGIZundanderen zusammen. Zu ihren Partnern gehören noch einige Genossenschaften und Unternehmen mit Sitz in den deutschen Kolonien im paraguayischen Landesinneren, mit denen bei gegenseitigem Interesse im Bereich Handel und Industrie Allianzen zur Erreichung gemeinsamer Zielegebildetwerdenkönnten.
Deutscher Turn und Sport Verein
Asunción (DTA) – Deutscher Verein
Im Jahr 1917 wurde der Deutsche Sportverein Asunción (DSVA) gegründet, um die deutsche Gesellschaft durch sportliche und soziale Aktivitäten zusammenzuführen, ihre Kultur zu bewahren und die deutsche Minderheit in die paraguayische Gesellschaft zu integrieren. Der Verein zur Erhaltung der deutschen Kultur im Ausland sah in dem DSVA einen Weg, ihre Landsleute zu unterstützen, und schloss sich 1920 dem DeutschenTurnundSportVereinAsunción (DTA) an. 1928 verkündete die DTA ihren Beitritt zur Berliner Turnerschaft und erwarb1935eineigenesGebäude.ImJahr 1944 kamen alle Aktivitäten zum Erliegen und die DTA wurde vom paraguayischen Staat enteignet, 1955 wurde der Besitz zurückgegeben (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2016:91).
Der aktuelle – und erneuerte – Vorstand des DTA hatte sich zum Ziel gesetzt, dem Verein ein neues Gesicht zu geben. Die bewährten Mitglieder waren trotz der WerbungundderAngebotederInstitution nichtmehraktiv,ebensowenigihreKinder
und Enkelkinder. Sie sahen daher die Notwendigkeit, neue Mitglieder zu finden, die nicht unbedingt mit der deutschen KulturundSpracheverbundensind.Heute hatderVereinrund2.000Mitglieder.
„Wir sehen heute eine Öffnung des Klubs, dennderZugangfürneueLeutewarlange Zeit geschlossen, sodass sich die Mitgliederstruktur nicht erneuerte. Jetzt öffnen wirden KlubfürFamilien mit Kindern.Das ist ein Sportverein und wir veranstalten noch einige kulturelle Feste wie das Maifest, das Oktoberfest und andere“, so JorgeNill,PräsidentdesDTA.

Laut Satzung müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats Deutsch sprechen, wodurch die deutsche Geschichte, die Werte und die Kultur gewissermaßen erhalten bleiben. Für Kinder gibt es einen zweisprachigen Kindergarten, in dem sie Deutschlernen.
Das Sportangebot umfasst Tennis- und Basketball, Schwimmen, Fußball, Boccia und Volleyball. In der Vergangenheit hat Deutschland Turngeräte und Instrumente geschickt.
16.Deutscher Turn und Sport Verein Asunción (DTA) –Quelle: Club Alemán
Der Vorstand des Vereins ist an einer möglichenZusammenarbeitmitdeutschen Institutionen zu sportbezogenen Themen wie Austauschprogrammen und Fortbildungen mit deutschen Vereinen oder deutschen Sportler*innen aus der Ferne interessiert. Für den Deutschen Klub sprechen das Engagement und die Stärke eines jungen Vorstandes sowie die gute Ausstattung und Wertschätzung der Einrichtung durch die Bevölkerung in Asunción. Dies bietet die Möglichkeit, mit deutschen Sporteinrichtungen zusammenzuarbeiten und durch Training oder sportlichen Austausch Kulturaspekte des heutigenDeutschlandszuvermitteln.
Der Deutsche Club DTA ist dabei, seinen Auftrag und seine Dienstleistungen zu überarbeiten und zu erneuern. Der Bezug zur deutschen Sprache ist in der eigenen Satzung und auch in der Geschichte der Organisation selbst verankert. Die Mittlerorganisationen könnten mit dem DTA themenspezifisch zusammenarbeiten und sowohl dessen Räume als auch sein Zielpublikum nutzen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland könnte hier zum Beispiel Veranstaltungen im Zusammenhang mit nationalen Feierlichkeiten durchführen, die für die Öffentlichkeit zugänglich wären, und die gesamte deutschsprachige Gemeinschaft einladen. Es könnten auch Verbindungen zwischen dem DTA und deutschen Fußballvereinen hergestellt werden, um Interesse zu wecken und neue potenzielle Partneranzuziehen.
Asociación de Amistad Paraguayo Alemana
Die Asociación de Amistad Paraguayo Alemana (AAPA) ist ein gemeinnütziger Verein, der 1991 gegründet wurde, um gemeinsammitderDeutschenBotschaftin Paraguay Aktivitäten zu entwickeln, die die deutsch-paraguayische Freundschaft fördern:
• Stärkung der Beziehungen zu NGOs in Deutschland;
• Förderung der Beziehungen zwischen der Republik Paraguay und der BundesrepublikDeutschland;
• Förderung der Kenntnisse über die deutsche Kultur in Paraguay und umgekehrt;
• Förderung des kulturellen, kommerziellen, industriellen und sonstigen Austauschs, der das Verständnis zwischenParaguayer*innenundDeutschenstärkenunderweiternkann;
• Durchführung von Programmen zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts sowie Angebot von DienstleistungenzumSchutzderNatur;
• Förderung von Stipendien für paraguayische Studierende in Deutschland undumgekehrt;
• Durchführung von Kooperationsprogrammen mit dem öffentlichen oderprivatenSektor.
Federico Lewkowitz, seit 2004 Präsident des Verbandes, erklärt, dass der AAPA keine Hilfsorganisation ist. Der Verein konzentriere sich auf die Herstellung von Kontakten zwischen den beiden Ländern auf politischer, sozialer und wirtschaftlicherEbenemitdemZiel,Deutschlanddie positiven Seiten Paraguays und seiner Menschen vorzustellen und dadurch den
Austausch zum gegenseitigen Nutzen zu fördern. Aus diesem Grund sind hochrangige Regierungsbeamte sowie Akteure des privaten Sektors und der Zivilgesellschaft Mitglieder der Vereinigung.
Laut Lewkowitz hat der Verband in den letztenzweiJahrenaufgrundderPandemie eine Pause eingelegt, plant jedoch, seine Aktivitäten im Jahr 2022 wieder aufzunehmen. Die letzten Aktivitäten der Vereinigung, über die in den Massenmedienberichtetwurde,gehenjedochauf das Jahr 2010 zurück. Dass derselbe PräsidentseitfastzweiJahrzehntenimAmt ist, deutet auf die Notwendigkeit einer Erneuerung in der Führung hin, was als Hindernis für die Nachhaltigkeit des Vereinsgeltenkönnte.
San Bernardino und Altos
Die erste deutsche Kolonie in Paraguay wurde 1881 in San Bernardino – 50 Kilo-
meter von Asunción entfernt – gegründet. 1883wurdeinderStadtAltos – inderNähe von San Bernardino – eine zweite Kolonie gegründet.BeidewarenlangeZeitwichtige deutscheWirtschafts-undKulturzentrenin Paraguay(DeutscheBotschaft2010:78).Es gab deutsche Vereine und Schulen, die heute aber nicht mehr als deutschsprachige Institutionen aktiv oder sehr geschwächt sind. In den letzten zehn Jahren ist das Gebiet jedoch wieder zu einem attraktiven Ziel für neue Wellen deutscher, schweizerischer und österreichischer Einwanderung geworden – zumeist Rentner*innen, einige mit ihren Familien – und in San Bernardino findet beispielsweise ein wöchentlicher Markt statt,aufdemmandeutschesBrot,Wurst, Bier und Schokolade kaufen kann. Gesprochen wird dort Deutsch. Trotzdem ist es nicht gelungen, die bereits bestehenden deutschsprachigen Institutionen wiederzubeleben. Heute leben in San Bernardino 12.362 Einwohner und in Altos14.835(INE2021).
b. Region Alto Paraná (Itapúa)

Hohenau:
BellaVista:
1.AsociacióndelaColectividad11.PrivatesubventionierteGrundschule AlemanadeItapúa N°1435(DSD-Schule)
2.ClubSocialCulturalyDeportivo12.PrivateSchuleN°1214 “Florida” SoldeMayo 13. Colegio Privado “Pedro Juan Caballero”
3.SociedadCulturalySocialde CantoresArmonía
Encarnación:
4.EvangelischeGlaubensgrundschuleN°122114.HonorarkonsulatvonEncarnación (EvangelischeInternatsschule,DSD-Schule) 15.ClubAlemándeEncarnación
5.ColegioAdventistadeHohenau(Itapúa)16.CentroCulturalParaguayoAlemánde
6.ColegioAmambay(DSD),(Itapúa)Encarnación
7.ClubAlemánBellaVista(Itapúa)
8.ClubAlemánLapachal(Itapúa)
Kressburgo:
9.ClubAlemándeCapitánMiranda(Itapúa)17.Heinfried-Wolfgang-Kress-Schule
Obligado:
10.SociedadCulturalyDeportiva
18.ColoniasUnidas
19.CiudaddelEsteundUmgebung AlemanaColoniaObligado
Quelle:StiftungVerbundenheit
Zusammenfassung
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die im Departement Itapúa angesiedelten EinrichtungenverschiedenerArt,dieeinen BezugzuDeutschlandhaben,insbesondere in Colonias Unidas (Hohenau, Obligado, BellaVista),EncarnaciónundKressburgo.
Dazu gehören u.a. Bildungseinrichtungen wie Schulen und Hochschulen (3 DSDSchulen), ein paraguayisch-deutsches Kulturzentrum sowie Sport- und Kulturvereine. Sie verfügen über ein vielfältiges Potenzial durch beispielsweise große und gut ausgestattete Räumlichkeiten,das Zusammenbringen von Tausenden von Menschen, Sportanlagen, jahrzehntelange Erfahrung in der Organisation von deutschen Festen mit landesweiter Reichweite, Erfahrung in der Vermittlung derdeutschenSpracheundvielesmehr.Im Gegensatz zu den im vorigen Kapitel erwähnten Institutionen sind diese keine offiziellendeutschenOrganisationen – d.h. sie stehen nicht in einer offiziellen und direktenBeziehungzumdeutschenStaat –, aber ihre Gründung und ihr derzeitiges Funktionieren basieren auf dem Engagement zur Identität, der deutschen Sprache und Kultur sowie zur Pflege der Gemeinschaft.
Analyse
AltoParanáisteinwirtschaftlichrelevantes Gebiet, in dem Deutsche und ihre Nachkommenseitmehrals120Jahrenansässig sind.DerzeitwirdDeutschnichtregelmäßig gebraucht und aufgrund der Assimilation jüngererGenerationenleidetdiedeutsche Kultur,wennauchingeringeremMaßeals in der Hauptstadt und Umgebung. Es gibt
jedoch mehrere mit Deutschland verbundene Institutionen, die durch strategische Allianzen und Unterstützung gestärkt und nicht nur in Paraguay, sondern auch in Argentinien und sogar Brasilien, zu wichtigen Partnern der AKBP werden können. Andere wertvolle Einrichtungen sind bereits verschwunden, wie z.B. Schulen, an denen Deutsch unterrichtet wurde, und die Asociación de Escuelas Alemanas de Itapúa (Verein deutscherSchulenvonItapúa).
Eine neue Einwanderungswelle aus Deutschland lässt sich in der Region identifizieren,wasvonVorteilseinkönnte, da der Wert der Sprache aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung im aktuellen Kontext zunimmt. Aus dieser neuen Gruppe in Paraguay stammen jedoch sehr kritische und in einigen Fällen feindselige Positionen gegenüber der deutschen PolitikunddemdeutschenStaat.Dasmachtes schwierig,siealsPartnerindieVerbreitung derAKBP-Werteeinzubeziehen.
Es handelt sich auch um ein Gebiet mit großer kulturellerVielfalt und daher einen attraktiven touristischen Anziehungspunkt für die Region. Dies könnte von Deutschland strategisch genutzt werden, um durch die institutionelle Präsenz nicht offiziellerdeutschsprachigerEinrichtungen und die starken wirtschaftlichen Auswirkungen der deutschstämmigen Bevölkerung in der Region das Landesimagebesserzupositionieren.
Das Bild des Deutschseins entspricht dem ursprünglichen Bild desselben; Kultur und Tradition wurden von Generation zu Generation ohne starke Veränderungen weitergegeben. Solche Elemente werden von den Nachkommen leicht romantisiert
und in der Tat haben diese Vorstellungen nicht viel mit dem heutigen Deutschlandbild zu tun,das in den Massenmedien vermitteltwird.DiesesheutigeBildkönnte in diesem Publikum eine Art Schock oder eine gewisse Realitätsverweigerung hervorrufen, da heute keine MittlerorganisationinderRegionaktivist,dieaus der Perspektive dieser Sozialgruppe die neuen Phänomene erklärt und sie mit der Geschichte und den Traditionen in Verbindungbringt.
Aktuell relevante Themen in Deutschland werden nicht unbedingt innerhalb dieser Gesellschaften angesprochen, was die Thesebestärkt,dassdasindiesenKolonien praktizierte und geschätzte „Deutschtum“ aufdieVorstellungenzurückgreift,dievon Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Generell lässt sich feststellen, dass in diesem Gebiet ein Interesse an der Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur besteht. Die Art und Weise, wie diesesZielverfolgtwird,istabernichtsehr innovativ. Die meisten Institutionen werden von Ehrenamtlichen geleitet, die sehr viele verschiedene Aufgaben gleichzeitigübernehmenundeinerälteren Altersgruppe angehören. Die kulturellen Angebote sind größtenteils sehr traditionellundhabeneinfestesPublikum.Das Angebotkönnte jedocherweitertwerden, indem es mit gewisser Regelmäßigkeit –nichtnureinmalimJahr – veranstaltetund vielfältigergestaltetwird.
Die in der Region anwesenden Mittlerorganisationen spielen wiederum keine führende Rolle bei der Begleitung deutschsprachiger Vereine. Dies könnte
aufeinenMangelanRessourcensowohlim Konsulat und auf den ehrenamtlichen Charakter der Führungspositionen in den lokalenVereinenzurückzuführensein,was nicht zu einem proaktiven und umfassendenHandelnführt.
Örtlich könnten mehrere Aktivitäten, die durch die Zusammenschließung einiger Vereine koordiniert werden, der breiten Öffentlichkeitzugänglichgemachtwerden.
Dies würde dem Tourismus sowie der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinden helfen. Durch Unterstützung könnten dielokalendeutschsprachigenVereineihre Aktivitäten besser koordinieren, diversifizieren und deren Angebot und Führung „verjüngt“ werden. So würden sich auch Räume finden lassen, die Vorteile auf unterschiedlichen Ebenen und für die beteiligtenAkteurebieten.
Die Unterstützung dieser Institutionen muss nicht unbedingt einen erheblichen Aufwand für die Bundesregierung bedeuten,dasichdererforderliche Beitragauf –bereits vorhandene digitale – Bildungsmaterialien, Austauschmöglichkeiten, Unterstützung bei deren Stärkung und allenfalls die Entsendung von Deutschlehrkräften beschränken kann. In AnbetrachtderNähezuanderenStandorten,die vielleicht stärkerauf die Vermittlung der deutschen Sprache ausgerichtet sind, wie Buenos Aires und andere Städte in Argentinien, könnte hier in einer ersten Phase ein regionaler Austausch bereits wirkungsvoll sein. Ein Beispiel stellt das Centro Cultural Paraguayo Alemán in Encarnación dar: Es liegt strategisch günstigineinerparaguayischenGemeinde, dieeinWachstums-undEntwicklungspolin
mehrerenBereichenist,undaußerdeman der Grenze zu Argentinien, was dazu beitragenkönnte,auchjenseitsderGrenze Interessezuwecken.
Es scheint, dass in den kleineren Städten ein größeres Engagement der Gemeinschaft – sowohlEinzelpersonen als auch Unternehmen – besteht, die oft ihre eigenenGüterundRessourcenzumNutzen und zur Erhaltung der Vereinebeiträgt. So eine Bindung und Personalisierung beeinträchtigt jedoch die Stärke der Institutionen und ist ein Grunddafür,dass ihre Fortschritte von der individuellen
Führung und nicht von den eigenen Strukturen abhängig sind. In diesem Sinne wäre eine Alternative für Vereine in kleinerenStädtendieBildungvonAllianzen mit staatlichen Stellen, wie z.B. der Gemeindeverwaltung bzw. dem Gouverneursamt sowie mit großen Unternehmen, die eine Verbindung zu Deutschland haben oder bei denen sie hergestelltundgenutztwerden kann.Dies könnte dazu beitragen, die Vereine und ihre Strukturen selbst zu stärken und sie –unabhängig von Einzelpersonen – in die Lagezuversetzen,ihreZielezuerreichen.

17. Ankunft in Obligado, Colonias Unidas – Quelle: BBC Mundo
Hohenau
Die Kolonie Hohenau wurde am 14. März 1900 gegründet und war die erste Kolonie deutschsprachiger Herkunft in der Region. Heute gilt sie als eine stark wachsende GemeindedieserRegionParaguays.Siehat 16.170Einwohner(INE2021).
Bereits 1902 wurde in Hohenau I, dem ersten Stadtteil, der Deutsche Schulverein gegründet. Die Bildung der Einwanderer wurde von Anfang an (1904) vom deutschen Staat unterstützt. Der damalige deutsche Botschafter besuchte das Gebiet mit einer Spende von Lehrmaterialien und 10.000 Mark. In diesem Jahr waren 444 Schüler*innen angemeldet (Kegler 2000: 188). Weitere deutsche Schulen wurden danninmehrerenanderenStadtteilenvon Hohenau gegründet, 1935 waren bereits fünf deutsche Schulen in Betrieb (Kegler 2000:191).
In den Schulen wurde Deutsch und Spanisch unterrichtet, und obwohl die Jugendlichen zu Hause Dialekt sprachen, begannen sie bald, auch mündlich Hochdeutschzuverwenden.Währendund nach dem Zweiten Weltkrieg wurden deutsche Schulen verboten und durften zwarJahrespäterwiedergeöffnetwerden, konnten jedoch nicht mehr als zweisprachige Schulen tätig sein. Dadurch ging die Möglichkeit verloren, an nationalen Schulen Deutsch zu lernen (Kegler2000:213).
Neben den Schulen gründete die deutschsprachige Gemeinschaft mehrere Institutionen für sportliche und kulturelle Zwecke, darunter den Club Sol de Mayo, die Sociedad de Cantores Armonía sowie
Jagd-undAngelvereine.Einigeverlorenim Laufe der Jahre an Stärke, und mit den permanenten kulturellen Veränderungen istesanderenwiederumgelungen,sichzu erneuernunddaherzuverstärken.
HeutewirddiedeutscheSprachenochvon der älteren Generation bewahrt, wobei eher die Familien als die Schulen für den Gebrauch und die Pflege der Sprache verantwortlich sind. Auch Portugiesisch ist in der Region weit verbreitet. Mit der neuen Migrationswelle aus Deutschland hat sich die deutsche Sprache als besonders vorteilhaft für die Wirtschaft erwiesen, da sie die Verbindung zu den neulich eingewanderten Deutschen – die kein Spanisch sprechen – undauch zu den in Brasilien lebenden deutschen Nachkommen erleichtert.„Wir sind schon lange hier, aber wir betrachten uns als deutschstämmig“, sagt Wieland Wolff, VorstandsmitglieddesClubSoldeMayo.
Es lässt sich daher feststellen, dass die deutsche Kultur, Musik, Gastronomie und sportlichen Vorlieben vorzugsweise durch ältere Menschen bewahrt werden. Einige Befragte wiesen auf die wichtige Unterstützung hin, die sie von früheren deutschen Regierungen zur Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur bekommen haben, und erwähnten sogar die Unterstützung durch das Deutsche Kaiserreich und das Groß-deutsche Reich. Heute wird in dieser Kolonie der Eindruck erweckt, dass die Mittel, die der deutsche Staat früher für die Deutschen im Ausland und ihreNach-kommen – in diesem Fall in Paraguay – aufwandte, nun zur Unterstützung und zum Erhalt ausländischerBevölkerungenundKulturen inDeutschlandverwendetwerden.

In Hohenau finanzierte die Deutsche Botschaft kleine Projekte des Instituto de Mandos Medios, und über das Konsulat in Encarnación wurde gemeinsam mit dem deutsch-paraguayischen Kulturzentrum dieser Stadt ein Projekt durchgeführt, was die Eröffnung eines Goethe-Zentrums in der Gegend ermöglichte, in dem für kurze ZeitDeutschunterrichterteiltwurde.
Höchstwahrscheinlich waren die auferlegten sozialen Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und die damit einhergehenden Kürzungen bei denInvestitionenvomdeutschenStaatein wichtigerGrunddafür,dassseit2019keine neuen Verbindungen zu dieser Gemeinde hergestelltwurden.DasDurchschnittsalter von Vertreter*innen und Mitgliedern deutschsprachiger Vereine in diesem Gebiet ist noch etwas zu berücksichtigen: Die meisten gehören zu den älteren Generationen, was in vielen Fällen trotz ihres Engagements und ihrer Hingabe an die Sache nicht zur Innovation und zur
SuchenachAlternativenzurErreichungder vorgeschlagenen Ziele beiträgt. Diese Mitglieder,diezumTeildieWurzelndieser Gemeinde bildeten und über reichhaltige und unersetzliche Erfahrung verfügen, sollten von den neuen Generationen ergänzend unterstützt werden, um neue Herausforderungenzubewältigen.
Andererseitsmussmanbedenken,dassdie meistendervonDeutschstämmigeninder Region gegründeten Institutionen, die auf die Pflege der deutschen Sprache und Kultur bedacht sind, bereits seit Jahrzehnten bestehen. In diesem Zusammenhang lässt sich fragen, ob der Mangel an kontinuierlichen Verbindungen zu offiziellen deutschen Organisationen darauf zurückzuführen ist, dass sie nie wirklich institutionell verankert wurden und tatsächlich von den unterschiedlichen Führungen offizieller Organisationen ins Leben gerufen und wieder abgebrochen wurden. Dies ist eine gängige Praxis in Paraguay. So stellt Institutionalität im
18. Colonias Unidas, Paraguay – Quelle: BBC Mundo
ganzen Land und bei allen Arten von OrganisationeneineHerausforderungdar.
AufdieFrage,obdieMenschenheuteüber Deutschland informiert sind, geben einige an, dass sie durch Kontakte oder Verwandte, die dort leben, sowie neu ankommende Einwanderer aktuelle Informationen bekommen. Sie sehen auch den Sender Deutsche Welle und informieren sich auf dessen Webseite. Unabhängig davon, wie die Familien zu HausebestimmteTraditionenbeibehalten, verliert die deutsche Gemeinschaftskultur in diesem Gebiet in Paraguay eindeutig an Boden.
Das Phänomen der neuen Migrationswelle
Die Migration und Ansiedlung deutscher StaatsangehörigerinParaguayhatsichauf verschiedene Weise auf die von ihnen gewählten Zielorte ausgewirkt. In Colonias Unidas sind die Grundstückswerte beispielsweisezumNachteildereinenund zum Vorteil der anderen gestiegen. Einheimischeberichten,dassessichinden meisten Fällen um junge Familien mit mehreren kleinen Kindern handelt, die zwischendreiundfünfHektarLandkaufen. Viele von ihnen sollen bereits einen Migrationshintergrund haben, sie lebten z.B. früher in Russland. Ihre Gründe zum Auswandern liegen größtenteils in der AblehnungderImpfpflichtgegenCOVID-19 sowiein religiösen Fragen und den bereits in vorangegangenen Kapiteln beschriebenenGründen.
Die neue Einwanderungswelle aus Deutschland hat das positive Element mit sich gebracht, dass junge Para-
guayer*innen aus den ausgewählten Gebieten erkennen, wie vorteilhaft im beruflichenLebenDeutschkenntnissesind, da nun Kund*innen kommen, die kein Spanischkönnen.DieSchulensuchenauch nachSprachlehrenden.
Einige Institutionen in Hohenau
Nachfolgend sind einige der Institutionen in Hohenau aufgeführt, deren Arbeit der Erhaltung und Vermittlung der deutschen SpracheundKulturgewidmetist.
Asociación de la Colectividad Alemana de Itapúa
Im Jahr 2010 wurde die Asociación de la Colectividad Alemana de Itapúa mit dem Zielgegründet,diedeutscheKulturunddie Traditionenzupflegenundweiterzugeben. Im Einklang mit dem, was die Deutsche Botschaft in Paraguay in den ersten Kapiteln dieser Studie zum Ausdruck gebracht hat, kennt und fühlt sich die deutschstämmigeBevölkerunginParaguay als Paraguayer*innen; sie behalten aber ihre deutschen Wurzeln und möchten sie nichtverlieren.
Die Zahl aktiver Familien in der Gemeinde liegt bei etwa 300, was einer Gesamtzahl von 1.200 bis 1.500 Menschen entspricht. Laut Lourdes de Kruger, Vertreterin des Vereins, sind jedoch zwischen 70 und 80 Personen an den Aktivitäten der Gemeinschaft direkt beteiligt. In der Leitung des Vereins befinden sich erwachseneMitglieder.Dazu unterstützen ebenfalls jüngere Mitglieder der Gemeinschaft den Verein und nehmen an den Veranstaltungen teil. Dies sind
traditionelle kulturelle Ereignisse, die in diesen Ortschaften seit ihrer Gründung gefeiert werden und mit denen sich die Gemeinschaftsehr wohl fühlt. Das bedeutetnicht,dasseskeineOffenheitfür neue Aktivitäten gibt, was aber zumindest bishernichtzustandegekommenist.
Das wichtigste Ereignis ist das Nationale Fest der Gemeinschaften (Fiesta Nacional de las Colectividades), das seit 2010 jedes Jahr im Oktober stattfindet und fünf Nächte dauert. Neben der deutschen Gemeinschaftbeteiligensichneunweitere: die Japanische, Polnische, Ukrainische, Brasilianische, Argentinische, Litauische, Schweizerisch-paraguayische und seit kurzemauchdieVenezolanische.
BeiderFiestadelasColectividadeshatjede Nationalität einen Raum, um einen Teil ihrer Geschichte und Bräuche vorzustellen und ihre traditionellsten Gerichte zu verkaufen. Manchmal gibt es spezielle AktivitätenfürKinder,wiezumBeispieldie Vorführung von Kinderfilmen in deutscher Sprache. Außerdem findet eine Parade statt,wodieKöniginjederGemeinschaftin einemtypischenKostümauftritt.DieFiesta de las Colectividades erfreut sich großer Beliebtheit, denn an den fünf Tagen kommen insgesamt 20.000 Menschen aus der Umgebung, Asunción und sogar aus dem Chaco. Das Nationale Sekretariat für Tourismus fördert das Festival. Kürzlich kam eine neue Aktivität hinzu: das

19. Mitglieder des Vereins mit der deutschen Honorarkonsulin in Encarnación, Frau Margarita Memmel de Goligorsky. Quelle: Gentileza
Weihnachtsfest der Gemeinschaften. Hier geht es ebenfalls darum, die Traditionen der zahlreichen Nationalitäten der Region darzustellen.
Alle Aktivitäten sind erfolgreich und beim Publikum aller Altersgruppen – einschließlichjungerMenschen – sehrbeliebt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Kolonien nicht um große, dicht besiedelte Städte handelt, sondern eher um Dörfer, in denen die Familie, die GemeinschaftunddietraditionellenWerte eine wichtige Rolle spielen, was auch die breite Akzeptanz solcher Aktivitäten erklärt. Wie bereits erwähnt, schließt dies Innovationsmöglichkeiten nicht aus, die aber wahrscheinlich mit externer Unterstützung einhergehen müssen. Eine innovativeInitiativeistdieReduzierungder Verwendung von Kunststoffen bei ihren Veranstaltungen, was vom Umweltengagement und von der Bereitschaft zeugt,dieArtundWeise,wieDingebisher getanwerden,zuüberdenken.
Bemerkenswert ist die Beständigkeit mehrererInstitutionen – darunterauchder Asociación de la Colectividad Alemana de Itapúa –, ihre Aktionen auf ein großes jährliches Ereignis zu konzentrieren, das vielArbeitundEnergieerfordertundeinen relevanten Höhepunkt in der Agenda darstellt. In den übrigen 11 Monaten des Jahres mangelt es jedoch an Kontinuität, zumindest für die externe Öffentlichkeit. Die Herausforderung würde also darin bestehen, eine jährliche Agenda mit regelmäßigen Aktivitäten aufzustellen, die traditionelle Elemente der deutschen KulturundinnovativeVorschlägemitBezug zum heutigen Deutschland verbinden würde. Dies könnte ein jüngeres Publikum
und neuepotenzielle Kooperationspartner anziehen.DabeiliegtaberdieSchwierigkeit bei der Gewährleistung des Engagements eines großen ehrenamtlichen Arbeitsteams, das die Verantwortung für die Durchführung der verschiedenen Aktivitätenteilenkönnte.IndiesemSinnewären institutionelle Allianzen mit BildungszentreninderRegionvonVorteil,inderen Rahmen sich Schüler*innen und Studierende engagieren und die Umsetzung innovativer Vorschläge übernehmen würden.
Die Asociación de la Colectividad Alemana besitzt ein 14 Hektar großes Grundstück, aufdemsicheindeutschesHausmitKüche, Bädern und einem großen Wohnzimmer befindet, das gerade renoviert wird. In diesemHaussolleninZukunfteinMuseum, eine Bibliothek und Unterrichtsräume für DeutschkurseundtraditionelleTänzeusw. untergebracht werden. Heutzutage finanziert der Verein sich und seine Aktivitäten durch die Einnahmen der Feste. Darüber hinaus erhalten sie einige Spenden und gewisse Unterstützung von der örtlichen Genossenschaft. Alle Menschen, die im Verein mitarbeiten und sich für die OrganisationdesFesteseinsetzen,tundies ehrenamtlich.
Ihre Aktivitäten werden über soziale Netzwerke wie WhatsApp und ihre Facebook- und Instagram-Profile kommuniziert, was aber eigentlich nicht vorgeplant und kontinuierlich ist. Wenn solche Kommunikationsmittel richtig genutzt werden, können sie nicht nur Plattformen sein, um Tausende von Menschen – aktuelle oder potenzielle Zielgruppen – zu erreichen, sondern auch Loyalität aufbauen, eine Marke schaffen
und positionieren und in diesem Sinne potenzielle Allianzen mit gleichgesinnten Institutionen schmieden. Sie werben auch aufanalogeWeisefürihreVeranstaltungen mit z.B. Flyern an bestimmten Orten der Kolonie und durch Radiowerbung. Wie bereits erwähnt, die Kommunikation mit ihren eigenen Mitgliedern ist sowieso fließend;zumeinendankderNutzungvon WhatsApp und zum anderen, weil die Gemeinschaftkleinist.
Verbindungen zu deutschen Einrichtungen
ImRahmenderFiestadelasColectividades erhält die Asociación de la Colectividad Alemana de Itapúa vom Centro Cultural ParaguayoAlemándeEncarnaciónundder Deutschen Botschaft Materialien mit Informationen über Deutschkurse, Stipendien, Forschungsmöglichkeiten u.a. Diese Art von Informationen wird von der deutschen Gemeinschaft gewünscht und gut aufgenommen. In Anbetracht des großen Publikums gilt das Fest als ein Raum,dervondeninParaguayvertretenen deutschen Mittlerorganisationen besser genutzt werden könnte, um auf direktere Weise Themen vorzustellen und anzusprechen, die für das heutige Deutschland relevant sind.Eshandeltsichumeinevorgefertigte Veranstaltung mit garantierter Anwesenheit, d.h. um einen gewonnenen Boden, der besser genutzt werden sollte. Andererseits könnte der Verein selbst neben den traditionellen Kulturelementen wieMusik,EssenundKleidungauchandere Themenaufgreifen,dieeinneuesPublikum anziehen und ihm Deutschland durch solcheMittlerorganisationennäherbringen könnten. Dies ist aber nur durch eine
fließende Verbindung zwischen beiden Akteuren zu erreichen. Zu diesem Zweck wäre es vielleicht möglich, Aktionen auf Jahresbasis zu planen und so die Beschaffung und Verteilung von Mitteln zwischen allen beteiligten Institutionen zu ermöglichen.
Der Verein ist offen für Unterstützung aus Deutschland und an dieser interessiert, da siesichpositivaufdielokaleGemeinschaft auswirkenwürde.Esseiwichtig,ihreBräuche und Werte weiterhin zu respektieren, denn „ein Volk, das seine Vergangenheit nicht schätzt, hat keine Zukunft“.
Angesichts der Möglichkeit, solche Unterstützung zu erhalten, wären sie an einer ZusammenarbeitimRahmensolcherFeste interessiert, z.B. in Form einer Beratung über die Herkunft typischer Trachten der verschiedenen Regionen Deutschlands, vondidaktischemMaterialzurVermittlung der deutschen Sprache, finanzieller Unterstützung zu einer besseren Ausstattung ihrer Räumlichkeiten und der BereitstellungvonMusikinstrumentenfürKonzerte.
DieMitgliederdesVereinssindderAnsicht, dass die Fiesta de las Colectividades dabei half,einigeBräuchewiedasEssen,typische TrachtenunddenWeihnachtsbaumbesser zu positionieren und so irgendwie zu retten. „Wenn wir auf unserem Fest über deutsche Kultur sprechen, ist die GastronomiedaswichtigsteElement.Auch die Besonderheiten jedes Fests sind präsent, wie zum Beispiel der Weihnachtsmannzu Weihnachtenunddie bemalten Hühnereier zu Ostern“, erzählt Frau De Kruger. Es gibt kein besonderes Interesse an Themen außerhalb der traditionellen Bereiche von Musik und
Kultur, aber auch keine verschlossene Haltungihnengegenüber.
Club Social Cultural y Deportivo Sol de Mayo
DerClubSocialCulturaly DeportivoSolde MayowurdeimJahr1926alsFußballverein gegründet und in den sechziger Jahren kamen noch soziale und kulturelle Programme wie z.B. Theateraufführungen hinzu. Derzeit hat der Verein etwa 250 Mitglieder,derenZahlindenletztenJahren zurückging. Etwa 90 % der Mitglieder sind deutscher Abstammung, während die MehrheitdesVorstandeszwischen40und 60JahrealtundschonseitvielenJahrenim Amt ist. Ende 2021 fanden Renovierungsarbeiten im Club statt. Der Verein verfügt
über folgende Einrichtungen: Fußballplatz, Bowlinganlage, Fußballhalle und Volleyballfeld. Außerdem gibt es einen Veranstaltungsraum und eine Kantine. Als Nachteil gilt für den Verein die – jedoch relativ geringe – Entfernung zum Stadtzentrum und der schlechte Zustand des WegeszumKlub.
Angesichts der Vergrößerung der Gemeinde aufgrund der neuen Einwandererwelle aus Deutschland und anderen europäischen Ländern erwägt der Verein die Möglichkeit,sozialeundkulturelleAktivitäten wieder aufzunehmen, die in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und Institutionen in der Region durchgeführt werdenkönnten.

20. Club Social Cultural y Deportivo Sol de Mayo – Quelle: Club Sol de Mayo
Herr Wieland Wolff, Mitglied des Vorstands,erklärt,dassderVereinmitdem Centro Cultural Paraguayo Alemán de Encarnación in Kontakt stehe, aber keine gemeinsamen Aktivitäten durchführe. Sie haben weder Kontakt zu anderen deutschen Institutionen vor Ort, wie der Deutschen Botschaft in Paraguay, noch zu deutschen Sportvereinen in Deutschland. Sie unterhalten aber Beziehungen zu örtlichen Sportvereinen im Rahmen von Fußball-undBowling-Wettbewerben.
Herr Wolff erwähnt die Gründung eines Verbandes von historischen und kulturellen Zentren und Vereinen mit Bezug zu Deutschland. Ziel des Verbandes sei es, den Austausch junger Menschen sowie sportliche und kulturelle Wettbewerbe zwischen deutschen GemeinschafteninderRegionzufördern.
Sociedad Cultural y Social Cantores Armonía
Die Sociedad Cultural y Social Cantores Armonía ist ein Gesangsverein, der von deutschen Einwanderern und deutschstämmigenBürger*innenerstmalsalsChor gegründetwurde.Seitdem1.August1940 besitzt er Rechtsstatus und dessen Ziel ist die Verbreitung des Chorgesangs und der Chorkunst.InderBlütezeithattederVerein 600 Mitglieder, heute sind es durchschnittlich 100 aktive Mitglieder, die inColoniasUnidasundsogarinArgentinien singen und auftreten. Die Mitglieder kommen aus verschiedenen Gemeinden derRegionundsinddeutscher,japanischer und paraguayischer Abstammung. Der derzeitige Leiter ist Ukrainer. Der Verein verfügt über ein zwei Hektar großes Grundstück und ein Gebäude mit einer großen Bühne, Kantine, Küche, Keller und anderenEinrichtungen.

21. Fassade des Vereins Sociedad Cultural y Social Cantores Armonía– Quelle: privat.
Siebzig Prozent der Chormitglieder sind ältereMenschen.FünfJahrelanggelanges ihnen, dank einer Werbekampagne und Einladungen an Schulenin der Umgebung, einenKinder-und Jugendchorzu gründen, mit dem sie in verschiedenen Departements Paraguays und sogar in Argentinien auftraten. Sie haben ein Profil aufFacebook, das sie aber seit 2015 nicht mehraktualisieren.Diesistwahrscheinlich mit dem Durchschnittsalter der Mitglieder undLeiter*innenzuerklären.
Von Beginn der Pandemie bis September 2021unterbrachderChorseineAktivitäten und nahm sie im September 2021 im Rahmen der Vorbereitungen für die Weihnachtsaufführung – die seit mehr als 70 Jahrendurchgeführt wird – wieder auf. Danachstellten sieihreAktivitätenwieder ein und sollten im März 2022 zurückkehren. Interessanterweise haben sieversucht,dieProbenineinemvirtuellen Format zu halten: Der Lehrer nahm Stimmen auf und schickte sie in einem digitalen Audioformat an die Chormitglieder, damit sie von zu Hause aus übenkonnten.
Gelegentlich hat der Chor die deutsche Botschaft um Hilfe und Unterstützung gebeten, aber abgesehen von einem Besuch eines Botschafters vor etwa 15 oder 20 Jahren hat der Verein die gewünschte Unterstützung nie erhalten. Die Mitglieder haben keine Verwandten oderBekannteninDeutschland,vondenen sieunterstütztwerdenkönnten.Indiesem Sinne gibt es viel Engagement und Proaktivität bei der Suche nach Unterstützung für die Aufrechterhaltung des Chors durch externe Institutionen, sei esmitBezugzuDeutschlandodervonden
Gemeinden bzw. Ortschaften. Es gibt jedochnochvieleandereTüren,andieman klopfen könnte; die aber wahrscheinlich nicht geöffnet werden, weil es an Wissen oder an Personal mangelt, um sich mit all denAnforderungenunddererforderlichen Bürokratie bei der Schaffung neuer Verbindungen und Allianzen befassen zu können.SiebatendielokaleRegierungum Unterstützung, die aber nicht ausreichen würde, um die laufenden Kosten des Vereinszudecken.
Was die aktuellen Verbindungen zu Deutschland betrifft, haben sie Kontakt zu einem Chor namens „Solingen“. Mit dem Chor werden Broschüren, Umfragen, Noten, der Veranstaltungskalender und EinladungenzurTeilnahmeanAktivitäten in Deutschland ausgetauscht. Für Armonía ist dies jedoch aufgrund der mit der Reise nach Europa verbundenen Kosten nicht möglich.
Wie auch bei anderen Vereinen kann die neue Wanderungswelle aus Deutschland eine Chance für den Chor bedeuten, da beim letzten Auftritt etwa 75% des Publikums neue Gemeindemitglieder waren, von denen einige an einer MitgliedschaftimChorinteressiertsind.
Evangelische Glaubensgrundschule Nr. 1221 (Evangelische Internatsschule, DSD-Schule)
Die Evangelische Glaubensgrundschule Nr. 1221, besser bekannt als Evangelische Internatsschule Hohenau, ist eine 1967 gegründete Einrichtung evangelischer Konfession, die gemeinsam mit der EvangelischenPrivatschuleHohenauunter dem Motto „Qualitätsvolle Bildung mit
Werten“ und nach dem offiziellen Programm des paraguayischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft als Kindergarten, Grundschule und Mittelschule funktioniert. Deutsche Bräuche werden erhalten und gepflegt: An der Schule feiern die etwa 250 Schüler*innen z.B. Ostern und veranstalten ein Brauchtumsfest.
Deutsch wird vom Kindergarten bis zur dritten Klasse unterrichtet. Es gibt drei Deutsch-Lehrkräfte, die alle Paraguayer*innen deutscher Abstammung sind. Laut Pfarrer Daniel Enrique Frankowski, dem Generalleiter der Schule, sei es sehr schwierig, deutsche Lehrkräfte in der Region zu finden. Die Schule bietet verschiedene Möglichkeiten je nach entsprechendem Niveau: Einige, z.B. japanischstämmige, Schüler*innen legen die A1-Prüfung ab, während deutsch-
stämmigeSchüler*innendasSprachdiplom ablegen(durchschnittlichsieben oderacht pro Jahr, da die Prüfungen nicht obligatorischsind).
„Für meineGenerationwar esaltmodisch, zuHauseDeutschzusprechen;jetztwissen sie, dass es ein Vorteil ist. Im Centro Cultural de Encarnación wächst zum Beispiel die Zahl der Schüler*innen“, sagt RomiStolle,DeutschlehrerinanderSchule. DieEinrichtungwarfrüherTeilderPASCHInitiative und will sich ihr wieder anschließen, konnte aber bisher keinen Kontakt zu Vertreter*innen der deutschen Initiativewiederaufnehmen.
Für die Schule stellt die Aufrechterhaltung des Deutschunterrichts eine sehr große finanzielle Belastung dar, die sie sich auf 80.000.000 PYG pro Jahr (ca. 10.500 Euro) beläuft.ObwohldieLehrkräftebereitsvon der ZfA geschult werden, benötige die

22.Mit Herrn Daniel Frankowski, Pfarrer und Generalleiter; Frau Edith Armoa, Schulleiterin; und Frau Romi Stolle, Deutschlehrerin. – Quelle: Ingrid Villalba
Schule aktualisierte Materialien, um den Unterricht einfacher und dynamischer zu gestalten. Gegenwärtig müssen die Lehrer*innen die Bücher für den Deutschunterricht aus eigener Tasche kaufen, da sich die Institution dies nicht leisten kann. In diesem Zusammenhang werden Deutschlehrmittel auf digitalen PlattformenwiederDeutschenWelle,dem Goethe-Institut, dem Hueber Verlag u.a. gesucht und im Unterricht angewendet.
Die Schule betont jedoch die Notwendigkeit eines Kernmaterials als Leitfaden für die zu behandelnden Inhalte je nach Stufe, um eine grundlegende Abdeckung der geplanten Themen zu gewährleisten. MehrmalsstanddieSchulekurzdavor,den Deutschunterricht aus Kostengründen aus demLehrplanzustreichen.
Die Räumlichkeiten umfassen: Labor, Bauernhof, Tanzraum, Computerraum, Sporthallemit Futsal-, Volleyball- und Basketballplätzen, Fußballfeldern, Tischtennisplatten, Schwimmbad und großes bewaldetesGelände,klimatisierteKlassenräume und einStudentenheim (Internat). In den Ferien beherbergt die Einrichtung Kinder und Jugendliche, die an Ferienlagernteilnehmen.
Zur finanziellen Unterstützung sagt Pastor Frankowski, dass die Einnahmen aus den durch die Familien gezahlten Gebühren, aus der Kirchengemeinde, zu der die Einrichtung gehört, und aus Spenden der Kirche in Argentinien, Uruguay und Paraguaystammen.
Sie erhalten keinerlei Unterstützung von der lokalen Regierung. Zu Beginn des Jahres 2022 war die Einrichtung aufgrund der Schwierigkeiten wegen der Pandemie
mit finanziellen Defiziten konfrontiert. Ein Teil der Mittel, die sie von der Kirche erhalten, stammt von den Organisationen „Brot für die Welt“, der Europäischen Kulturund Bildung(EKB) und dem GustavAdolf-Werk in Deutschland, und wird für die Vergabe von Stipendien an Schüler*innenverwendet.Vor1989sollten sie mehr Unterstützung aus Deutschland erhalten haben, diese ging mit der Zeit zurück.DieEinrichtungsteheinständigem Austausch mit Pfarrern in Deutschland sowie mit einem pädagogischen Berater. MannehmeauchanFortbildungskursenin Deutschlandteil.
In diesem Zusammenhang erinnern sich der Schulleiter und die Deutschlehrer*innenanfrühereZeiten,alssievonder deutschen Regierung Tafeln und sogar Fernsehgeräte bekamen. Im Jahr 2021 erhielt die Schule nur ein Buch pro Deutschlehrkraft. Laut Herrn Frankowski sei die Einrichtung an einer stärkeren Unterstützung aus Deutschland interessiert, z.B. in Form von Materialien oder über die Entsendung von Deutschlehrkräften. Er vertritt jedoch den Standpunkt derganzenInstitutiondazu,dassSpenden, deren Voraussetzung die Behandlung bestimmterThemen imUnterricht ist, von derSchulenichtangenommenwerden.
An der Evangelischen Glaubensgrundschule N°1221 werden die deutsche SpracheundKultursehrgeschätztundsind Teil der alltäglichen Bildung. Trotz der Einschreibung neuer Schüler*innen kann die Aufrechterhaltung des Deutschunterrichts auf Dauer nicht garantiert werden, die Bemühungen sind jedoch groß. Viele konjunkturelleFaktorenkommeninsSpiel. So wird Paraguay in den ersten Monaten
des Jahres 2022 von einer der stärksten Dürreperioden in der Geschichte des Landesheimgesucht,vonderdienationale Wirtschaft stark betroffen ist. Es ist zu bedenken,dassItapúaeinsehrproduktives Gebiet ist, so dass diese Dürre die Ressourcenverfügbarkeit für viele lokale Familien heute und noch in Zukunft beeinträchtigt.
Neue Migrationswelle aus Deutschland
Vor allem seit 2021 nimmt das Internat viele neue Schüler*innen auf, die erst kürzlich aus Deutschland gekommen sind. In Anbetracht dieserSituation mussten sie einen speziellen Hilfslehrer einstellen, der siebegleitetundihnenbeiBedarfallesauf Deutsch erklärt. Sie sind schließlich in den erstenMonatennachihrerAnkunftnichtin derLage,sichaufSpanischzuverständigen. Die Schule organisiert sogar Deutschkurse für Lehrkräfte, die die Sprache nicht fließend beherrschen, um die Bildungserfahrung der Neuankömmlinge zu erleichtern.
„In Colonias Unidas haben sich rund 600 Familien aus Deutschland niedergelassen. Einige sind junge Familien mit vielen Kindern, mehrere sind Russlanddeutsche. Im Internat haben wir durchschnittlich 35 neue Schüler*innen“, erzählte der Leiter
Obligado
Colonia Obligado wurde 1912 gegründet undhatetwa17.917Einwohner(INE2021).
An kleinen Sprachschulen und Vereinen sowie von Privatlehrern wird hier Deutsch unterrichtet. Im Folgenden werden Informationen über eine der wichtigsten kulturellen und sozialen Institution der Stadtaufgeführt.
Sociedad Cultural y Deportiva Alemana
Colonia Obligado
DieSociedadCulturalyDeportivaAlemana de Colonia Obligado – besser bekannt als Club Alemán de Obligado – wurde 1969 zunächstalsBowlingclubgegründet.Heute umfasst eine ihrer wichtigsten Aktivitäten dasfünftägige Bierfest „FiestadelChopp“ , wo alte Bräuche wie Musik, Kleidung, Tänze und Essen gefeiert werden. Richard Abbeg, Präsident des Clubs, erzählt, dass mehr als 10 Akademien der Stadt ihre traditionellen paraguayischen und deutschen Tänze präsentieren und dass ein Konzertabend mit Live-Orchestern aus Paraguay, Brasilien und Argentinien sowie einem deutschen Orchester veranstaltet wird. Insgesamt nehmen am Fest durchschnittlich12.000Menschenjährlichteil.
Es lässt sich eine Offenheit und ein deutliches Interesse beobachten, andere Arten von Aktivitäten zu gestalten, die die breite Öffentlichkeit und vor allem junge Menschen ansprechen würden, um die Einnahmen zur Aufrechterhaltung des Klubszuerzielen.Eswurdetrotzdembisher keinattraktivesThemafürdieseZielgruppe gefunden.
Der Klub verfügt über eine klimatisierte Halle mit einem Fassungsvermögen von 400 Personen, eine Kegelbahn, eine Mehrzweck-Sporthalle,einFußballfeld,ein halb-olympischesSchwimmbeckenundein kleineres für Kinder, ein Volleyballfeld, einen Grillplatz und Verwaltungsbüros. Zu Beginn des Jahres 2022 hatte der Verein einen Vorstand von älteren Mitgliedern, dessen Erneuerung durch jüngere Mitglieder aber sehr schwierig zu sein scheint.„Wirwollenunserneuern,aberes ist sehr schwierig; heute haben wir nur zwei jungeMitglieder im Vorstand. Das ist meine vierte Amtszeit in Folge als Präsident. Wir wollen einen Jugendausschuss einrichten, aber wir finden keine jungen Leute, die mitmachen wollen, vor allem wenn es keinen finanziellen Anreiz gibt“, erklärte der Präsident. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt selbst zwischen 45 und 50 Jahrenoder älter. Eine der Strategien, um junge Menschen anzuziehen, war der Bau des Kunstrasenplatzes, der zwar einige neue Mitglieder anzieht, aber die Erwartungennichterfüllt.

23. Mit Herrn Richard Abbeg, Präsidenten des Vereins, vor der Fassade vom Sociedad Cultural y Deportiva Alemana de Obligado. – Quelle: Ingrid Villalba
Die monatlichen Unterhaltskosten liegen beica.15.000.000PYG(ca.2.000Euro)und zum Zeitpunkt des Gesprächs im Rahmen dieser Studie hatte der Verein Schulden, die bis jetzt nicht zurückgezahlt werden konnten.TrotzihrerfinanziellenSchwierigkeiten bietet der Verein seine Einrichtungen kostenlos zum Nutzen der Gemeinschaftan.
DerVereinsvorstand hattenie Kontakt mit offiziellen deutschen Organisationen oder mit der deutschen Regierung, dem deutschen Konsulat oder der deutschen BotschaftinParaguay.Siehabenauchnicht versucht, von sich aus Kontakt aufzunehmen,sindaberderMeinung,dass dies vielleicht ein guter Zeitpunkt dafür wäre, da die wirtschaftliche Situation des Vereins von der Unterstützung solcher Allianzen profitieren würde. Sie streben aber nicht nur nach finanzieller Unterstützung: „Jede Aktivität, die von außen kommt, insbesondere aus Deutschland, ist willkommen. Wir müssen Interessewecken,dasInteressederJugend zurückgewinnen,vorallem,umdenVerein am Leben zu erhalten. Vor Ort haben wir keine Anziehungskraft, deswegen sind Meinungen und neue Ideen von außen willkommen. Wir brauchen finanzielle Unterstützung,wirschleppenRechnungen, aberwirwürdengernemehrintellektuelle Unterstützung bekommen: Ratschläge, in welche Richtung wir gehen können“, sagte Herr Abbeg. Diese offene und kooperative Einstellung ist bemerkenswert und fällt damit zusammen, dass der Leiter des Vereins im Vergleich zu den meisten anderen Befragten im Rahmen dieser Studie jung ist. Es handelt sich auch um eine Institution, die eine gewisse
Innovation einführte, indem in einer jährlichenVeranstaltungKernelementeder deutschen Tradition mit denen der jugendlichenAktualitätkombiniertwerden und so ein Gleichgewicht geschaffen wird, das ein vielfältiges Publikum anspricht. Obwohl Innovation viel Arbeit macht, funktioniertsie,soAbbeg.
Auf die Frage, ob sich die Einwohner von Obligado über die Nachrichten und aktuelle Ereignisse in Deutschland informieren, sagt er, dass bestimmte wichtige Ereignisse diskutiert werden, wie z.B. das Ausscheiden von Angela Merkel aus der Regierung. „Ich persönlich schaue meistens DokumentarfilmeunddieDeutscheWelle. Mit den sozialen Medien ist es heute leichterundeinfacher,anInformationenzu gelangen“. Die Antworten auf diese Frage zeigen, dass sich die Menschen je nach ihren persönlichen Interessen und Gewohnheitenindividuellinformieren,was darauf hindeutet, dass Geschehnisse des heutigen Deutschlands in diesen Bevölkerungen kein aktuelles Gesprächsthema darstellen,d.h.dasssiefürsolchesozialen Gruppen nicht unbedingt von Relevanz sind. Dies bestärkt eigentlich die These, dass das in diesen Kolonien praktizierte undgeschätzteDeutschtumtatsächlichauf die Weitergabe des Erbes von Generation zuGenerationzurückzuführenist.
Andererseits bemerkt der Präsident des Vereins, dass junge Menschen an einem Studien-, Bildungs- und Sportaustausch interessiert sind:DieJugendlichen streben danach, eines Tages nach Deutschland zu gehen. Die meisten von ihnen lernen bzw. sprechen Deutsch, um dort studieren zu können.
Bella Vista
Die Colonia Bella Vista, in der heute etwa 15.174 Menschen leben (INE 2021), wurde im Jahr 1918 gegründet. Dort befinden sich deutschsprachige Institutionen wie
Vereine und Schulen. Es war im Rahmen dieserStudienichtmöglich,Mitgliederdes Deutschen Klubs zu befragen, aber es wurden folgende Informationen von BildungseinrichtungenimBezirkeingeholt, indenenDeutschunterrichtetwird.

Private subventionierte Grundschule N° 1435 „Paraíso“ (DSD-Schule)
Diese Schule gehört zur PASCH-Initiative. Deutsch wird von der ersten bis zur neunten Klasse als Fremdsprache unterrichtet. In der neunten Klasse legen die Schüler*innen das Sprachdiplom B1 ab. Über den pädagogischen Berater Christian KölblvonderZfAstehensieinKontaktmit derdeutschenBotschaftinAsunción.
Private Schule Nr. 1214 „Florida“
AndieserSchulewirdvondererstenbiszur sechstenKlasseeinmalproWocheDeutsch als Fremdsprache unterrichtet. Es werden keine internationalen Prüfungen abgelegt. Ziel des Deutschunterrichts im Curriculum ist der Erhalt der Sprache. Die Einrichtung unterhält keine Verbindungen zu deutschen Institutionen, da sie nicht über Arbeitskräfte verfügt, die diese speziellen Aufgaben übernehmen können. Jedoch wäre die Schule daran interessiert, dass
24. Escuela Básica N°1435 Privada Subvencionada “Paraíso” (DSD-Schule) – Quelle: Escuela Paraíso
ihre Schüler*innen nach Abschluss der sechstenKlasseweiterdieSprachelernen, was mit finanzieller Unterstützung oder Ressourcenmöglichwäre.
Private Schule „Pedro Juan Caballero“
Diese Schule wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und unterrichtete ursprünglich ausschließlich auf Deutsch. Im Laufe der Zeit musste sie sich an die Anforderungen des paraguayischen Minis-teriums für Bildung und Wissenschaft anpassen und ihr akademisches Angebot umgestalten. Heute lernen die Schüler*innen von der erstenbis zur sechsten Klasse zwei Stunden pro Woche Deutsch als Fremdsprache. Sie legen keine internationalenPrüfungenab.„Wir unter-richten traditionell weiterhin Deutsch. Bei der deutschen Botschaft haben wir Mittel für die Ausweitung des Sprachunterrichts auf die neunte Klasse beantragt, aber noch keine Antwort erhalten. In derVergangenheit war in der Region ein Verband deutscher Schulen aktiv, in dem fünf Bildungseinrichtungen zusammengeschlossen waren. Die Schule erhielt Beiträge und Spenden aus Deutschland, z.B. Lehrmaterial, Bücher, Tafeln usw. Etwa2015wurdesiejedochaufgelöstund seitdemwissenwirnicht,anwelcheTüren wir klopfen müssen, um wieder Unterstützung zu erhalten. Es wäre sehr gut, eine Begleitung zu haben und die Institutionen kennenzulernen, die uns bei der Aufrechterhaltung des Deutsch-unterrichts unterstützen könnten“, sagte der Schulleiter Oscar Espinoza.
Encarnación
Encarnación ist die Hauptstadt des Departements Itapúa und liegt 365 Kilometer südöstlich von Asunción. Um Encarnación siedelten sich verschiedene Nationalitäten an, darunter auch die Deutschen.ImFolgendenwerdendiewichtigsten deutschsprachigen Institutionen derStadtvorgestellt.
Honorarkonsulat von Encarnación
Frau Margarita Memmel de Goligorsky ist seit2000HonorarkonsulinDeutschlandsin Encarnación. Im Gegensatz zu früher wird heute in Encarnación und Umgebung Deutsch in vielen Institutionen unterrichtet:inkleinenundgroßenBildungseinrichtungen und Sprachschulen, darunter das Kulturzentrum Centro Cultural Paraguayo Alemán de Encarnación (CCPAE), so MemmeldeGoligorsky.SieistderAnsicht, dasseinwichtigerSchrittzurErhaltungund Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur eine stärkere Förderung von Deutschland wäre, indem die Kosten für KurseundPrüfungengesenktunddieseso für ein breiteres Publikum zugänglicher gemacht werden. In der Vergangenheit wurde in deutschstämmigen Familien häufigDeutschgesprochen,aberheutesei diesimmerseltenerderFall.
Das Konsulat pflege laut Frau Memmel de Goligorsky häufig den Austausch mit deutschen bzw. deutschsprachigen VereineninderUmgebungvonEncarnaciónund sei sich der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewusst, mit denen diese Vereine konfrontiert sind, sowie z.B. die bereits erwähnte Schließung des lokalen VerbandesdeutscherSchuleninItapúa.
Bezüglich der Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Deutschland erwähnt die Honorarkonsulin den sogenannten „Senior Experten Service“. „Die meisten Vereine, die diese Unterstützung beantragen, stehen in Verbindung mit der Feuerwehr, Organisationen aus dem Bereich der Frauenförderung, Vereinigungen für psychische Gesundheit und anderen. Die Expert*innen haben hier einen dreimonatigen Aufenthalt, bilden die Menschen –Mitglieder der Vereine und Mitarbeitende der Schulen – aus und kehren dann in ihr Land zurück. Sie leisten einen großen Beitrag“. Es gibt auch ein Netz von Kleinprojekten, die von Institutionen aller Artbeantragtwerdenkönnen,dieaberder Allgemeinheit zugutekommen müssen. Trotzdem werde diese Art von Hilfe nur selten von deutschsprachigen Vereinen unddeutschenSchulenbeantragt.
Die Konsulin sieht in den BildungsangeboteninDeutschlandeineChance,die genutzt werden sollte, denn das Interesse junger Menschen an einem Studium und einem Beruf in diesem Land ist bemerkenswert. „Das Interesse ist groß und dank der verfügbaren Stipendien ist das StudiereninDeutschlandfürvielemöglich. Kürzlich erhielten zwei junge Leute Stipendien, und einer der beiden führte einen Spanischkurs in Leipzig durch. Junge Leute kommen zum Konsulat, um Unterlagen oder Studien- und Arbeitsvisa zu beantragen, vor allem die Nachkommen“, sagtesie.
Das deutsche Konsulat in Encarnación ist mitzweiPersonenbesetzt,undangesichts der großen deutschstämmigen Bevölkerung und der Ansiedlung zahlreicher Familien deutscher Neuzuwanderer in der
Region wird es nun als unrealistisch angesehen, eine größere Nähe zu den deutschen Gemeinden in der Umgebung herzustellen oder diese stärker zu unterstützen.

InEncarnaciónbefindensichzweideutsche Vereine. Frau Nilda Cressin ist Präsidentin des Deutschen Klubs, der 1961 gegründet wurde. Der Klub hat derzeit etwa 40 Mitglieder – Tendenzsinkend –,vondenen dieHälfteaktivist.InseinenbestenZeiten waren es 300 Mitglieder. Die Einrichtung wird durch Mitgliedsbeiträge, freiwillige Spenden und Einnahmen aus den vom Vorstand durchgeführten Veranstaltungen undAktivitätenunterhalten.
„Bowling ist das Allerwichtigste in unserem Klub und der Sport, der die deutschen Gemeinschaften in der Region zusammenbringt. In der Vergangenheit hatten wir kulturelle Aktivitäten, eine Bibliothek, deutschsprachige Treffen, deutsche Feste
Club Alemán de Encarnación
25. Club Alemán de Encarnación – Quelle: Club Alemán de Encarnación
und den Weihnachtsmann zu Weihnachten“, erzählt die Präsidentin. UmdasInteressederBewohnerwiederzu wecken und die Zahl der Mitglieder zu erhöhen, wurden neue Aktivitäten wie Sport für Kinder und ein Ferienlager angeboten. Laut Frau Cressin wäre es interessant, von Deutschland Unterstützung in Form von Musikinstrumenten, deutschenLehrfilmenüberDeutschlandzu erhalten. In der Vergangenheit sollen sie deutscheZeitschriftenundBüchervonder deutschen Botschaft und dem Konsulat erhaltenhaben.

26. Mit Frau Nilda Cressin, Präsidentindes Deutschen Clubs in Encarnación, und Herrn Ruben Syroka, Präsident des CCPAE – Quelle: Ingrid Villalba
Centro Cultural Paraguayo Alemán de Encarnación
Das Kulturzentrum Centro Cultural ParaguayoAlemándeEncarnación(CCPAE) wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, kulturelle Aktivitäten zwischen Deutschland und Paraguay zu fördern. Es handelt sich um eine gemeinnützige Kultureinrichtung mit ehrenamtlichem Leiter, Vorstand und Präsidenten. Ihre Agenda verbindet paraguayische und deutsche ElementeundfördertdenSprachunterricht ausgehend davon, dass Deutsch eine zugängliche Sprache für alle und nicht nur
für Deutsche und ihre Nachkommen ist. Lokale Kunst, Umwelt, erneuerbare EnergienundFrauenundKindersindeinige der Themen, die bei ihren Aktivitäten angesprochenwerden.
Dank der Unterstützung einiger Unternehmen und Partner begann das CCPAE damals, in einem Klassenzimmer einer deutschen Schule in Encarnación kostenlosen Unterricht anzubieten. Etwa 2015 arbeitete dort nur ein Lehrer aus Argentinien. Dann bewarb das KulturzentrumdieKurse,richteteeineFacebookSeite ein und steigerte damit die Zahl der Schüler*innen auf 60, sodass drei Anfängerkurse eingerichtet werden konnten. Bei den Fortgeschrittenenkursen wird heute die Mindestteilnehmerzahl in der Regelimmernochnichterreicht.
Als Neuerung wurden die Kurse drei Jahre lang im Bezirk Obligado – 51 Kilometer von Encarnación entfernt – angeboten, musstenaberwegenlogistischerundorganisatorischer Probleme wieder eingestellt werden. In Obligado besteht Interesse an derdeutschenSprache.DasKulturzentrum der Stadt bietet von der Gemeinde finanzierteKursean.
Ende 2019 lag die Zahl der Schüler*innen bei etwa 100. Als die Pandemie ausbrach, richteten sie einen virtuellen Campus ein, stießen jedoch auf Schwierigkeiten, da sie nicht über Lehrmaterial für die neue virtuelle Modalität verfügten. Das Hinderniskonnteallerdingsüberwundenwerden. DiePandemiewirktesicherheblichaufdie CCPAE aus: Die durchschnittliche Zahl der Kursteilnehmendenhalbiertesich.
anscheinendeingrößeresEngagementder Gemeinschaftvorhanden, dort tragen bestehend Einzelpersonen sowie Unternehmen oft mit ihrem eigenen Vermögen und ihren Ressourcen zur Arbeit und zum Erhalt dieser Vereine bei. So eine Bindung undPersonalisierungbehindertjedochihre institutionelle Stärkung und führt dazu, dass ihr Fortschritt eher von Einzelpersonen als von der eigenen Stärke der Institutionen abhängt. In diesem Sinne sollte eine Alternative für Vereine in größerenStädtendarinbestehen,Allianzen mit staatlichen Stellen wie der Stadtverwaltung sowie mit großen Unternehmen mitBezugzuDeutschlandzubilden.
Im Rahmen ihrer Partnerschaft mit dem DAADwirbtdasCCPAEfürseinAngebotan Stipendienmöglichkeiten in Deutschland. Derzeit nehmen an den Kursen des CCPAE Medizinstudierendeteil, die ihre Facharztausbildung in Deutschland absolvieren wollen. Der Leiter des Kulturzentrums weist darauf hin, dass die Bevölkerung in Encarnación von Kooperationsvereinbarungen zwischen dem CCPAE und deutschen Universitäten profitieren könnte. Man könnte dadurch gemeinsame Forschungsbereiche unterstützen und entwickeln. Es steht auchin Kontakt mit Schulen in Encarnación, die interessiert wären, eine zweisprachige spanischdeutsche Bildung anzubieten. In diesem Zusammenhang bemühte sich das CCPAE darum, ein Treffen mit Vertreter*innen von der PASCH-Initiative zu vereinbaren und dabei etwas über mögliche Unterstützungsformenzuerfahren.
Kressburgo
Die Stadt Kressburgo wurde vor mehr als 30 Jahren im Departement Itapúa – 340 KilometersüdöstlichvonAsunciónund180 Kilometer nordöstlich von Encarnación –gegründet. Ihr Gründer war ein deutscher Siedler,HerrHeinfriedWolfgangKress,der ein produktives Zentrum aufbaute, das heute Hunderten Familien in der Region Arbeit und Auskommen verschafft und Produktionsbranchen wie Mineralwasser, Landwirtschaft, Immobilien und Lebensmittelerzeugung umfasst. Gleichzeitig wurden im Dorf kürzlich ein Ausstellungsraum, ein Restaurant und eine Fußballschuleeröffnet.
Heinfried-Wolfgang-Kress-Privatschule
Die Heinfried-Wolfgang-Kress-Privatschule in Kressburgo wird seit 31 Jahren von der Gruppe Kress (Frutika, Génesis, Kimex) im Rahmen ihres Corporate Social Responsibility-Programms unterhalten, wobei rund70%derrealenKostendurchdievon den Familien monatlich bezahlten Gebührenbezuschusstwerden.DieSchule hat durchschnittlich 200 Schüler*innen undisteinedervierBildungseinrichtungen in Paraguay, die eine duale Ausbildung in Mechatronik anbieten. Die meisten sind Kinder von Mitarbeiter*innen der Unternehmensgruppe.ImJahr2018gewanndie Schule eine internationale Auszeichnung beieinemWettbewerbindenUSA.
„Wir wollen, dass die von uns angebotene Ausbildung innovativ ist und so unsere Absolvent*innen die Möglichkeit haben, sich auf nationaler Ebene weiterzuentwickeln, auch im Ausland. Hier wird Englisch von der ersten Stufe an unterrichtet.DeutschwurdeauchdreiJahrelang
unterrichtet, aber es musste abgebrochen werden, weil es schwierig war, Deutschlehrende in der Gegend zu finden. Wir wollen es jedoch wieder aufnehmen“, sagteKarinFischer,dieSchulleiterin.
ZudiesemPunkterklärtsie,dassesfrüher attraktiv war, Deutsch zu unterrichten, da Deutschland diesen Lehrkräften eine zusätzlicheVergütungbot,auchnebenden SpendenvonBüchern,Lernmaterialienund dynamischen Spielen, die es heute nicht mehr gibt. Heute sind sie mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) verbunden, die die Lehrer*innen der Schule in Mechatronik ausbildet und der Schule einen Teil der aktuellenAusstattungfürdasMechatronikLabororganisiertundgespendethat.
Die Schule unterscheidet sich durch mehrere Elemente von anderen BildungseinrichtungeninderRegion.Erstensistihre Finanzierungpraktischgesichert,dasievon der Unternehmensgruppe Kress, der größten Investorin der Region, gegründet wurde sowie weiterhin verwaltet und subventioniert wird. So kann es vielleicht Investitionen für die Schule geben, die in anderen Bildungseinrichtungen nicht möglichwären.Gleichzeitighandeltessich um eine offene und innovative Institution trotzderHerausforderungen,mitdenensie konfrontiert ist, wie z.B. die geografische Lage. Dies zeigt sich in ihrem besonderen akademischen Angebot und ihrer internationalen Anerkennung. Andererseits kann diegeografischeLageaberaucheine Chancedarstellen,dennobwohldieSchule derzeit weit entfernt vom großen

28. Einblick in die Schule Colegio Heinfried Wolfgang Kress. – Quelle: Colegio Heinfried Wolfgang Kress.
Bevölkerungszentrum liegt, befindet es sich inmitten zweier wichtiger EntwicklungszentrenParaguays – Encarnaciónund Ciudad del Este – und in Grenznähe zu ArgentinienundBrasilien.Schließlichistdie Leiterin der Unternehmensgruppe Kress eine junge, lokal sowie international anerkannte Frau mit guten Verbindungen zu deutschen Institutionen im Land. All diese Elemente tragen dazu bei, eine Grundlage für die Arbeit an innovativen Themen zu schaffen, die sowohl der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik als auch den Zielen der paraguayischen Institutionentsprechen.
Eine der vielen Aktivitäten, von denen sowohl Deutschland bei der Verbreitung seiner AKBP als auch die HeinfriedWolfgang-Kress-Schule profitieren könnten,wärenKultur-undBildungsaustausche für paraguayische Schüler*innen sowie LehrendeinDeutschland.
Ciudad del Este und Umgebung
DasHonorarkonsulatinCiudaddelEste,im Verwaltungsbezirk Alto Paraná, ist auch zuständig für die Bezirke Canindeyú und Caaguazú. Dort befinden sich die Mennoniten-Kolonien Bergthal und Sommerfeld. Darüber hinaus gibt es eine dritte organisierte deutschsprachige Gemeinde in der Region, die Comunidad GermanadelAltoParanámitSitzinMinga Guazú.Eswird geschätzt,dassheuteetwa 1.000deutscheStaatsangehörigeindiesem Gebiet wohnen, zuzüglich einer großen
Anzahl von Menschen deutscher Abstammung, die Deutsch als Zweitsprache sprechen und bestimmte kulturelle Bräuche beibehalten, die deutsche Staatsangehörigkeitjedochnichtmehrbesitzen.
In diesem Gebiet, wie auch in anderen Teilen der Ostregion, ist ein Rückgang des Sprachgebrauchs und der kulturellen Praktiken bei der jüngeren Generation zu beobachten. In den genannten Kolonien gibt es wahrscheinlich Schulen, in denen Deutsch unterrichtet wird, und auch am Mozart-Institut in Minga Guazú kann man die Sprache lernen. Einige Bildungseinrichtungen, die Interesse an der Aufnahme von Beziehungen zu Deutschland haben, sind: Colegio Gutenberg Campo 9, Colegio Mi Niño Jesús in Minga GuazúundColegioAlemánStauffenbergin SantaRita.
Herr Karsten Friedrichsen, Honorarkonsul für die drei betreffenden Departements, erklärte, dass in der Region großes Interesse an einem akademischen und beruflichen Austausch mit Deutschland bestehe,wasaberalsGrundlagefürsolche Programme ein größeres Angebot an Deutschkursen auf fortgeschrittenem Niveau erforderlich mache. In diesem ZusammenhangwieseraufseineVersuche hin, die Angebote des DAAD anzuregen, aber das Problem bestehe darin, dass es keine Möglichkeiten für ein DeutschstudiumaufHochschulniveauinderRegion gebe.
c. Region Villarrica – Verwaltungsbezirk Guairá

1.CentroEducativoIndependencia – DeutscheSchuleIndependencia(DSD-Schule)
2.ClubAlemánIndependencia
Quelle:StiftungVerbundenheit
Zusammenfassung
Im Gebiet von Villarrica sind mehrere Stadtteile für die Anwesenheit von Einwohnern deutscher, schweizerischer und österreichischer Abstammung sowie vonInstitutionenbekannt,diediedeutsche Sprache und das deutsche Brauchtum pflegen und verbreiten, welches als touristische Attraktion des Gebiets gilt. Dies ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe, warum sich eine große AnzahlderdeutschenAuswandererfürdie AnsiedlunginParaguayentschied.
Deutschstämmige in derRegion verstehen sich als Paraguayer, halten aber die deutsche Sprache, Traditionen und Kultur lebendig, zum Beispiel durch besondere Eigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein und Pünktlichkeit und durch Feste wie Ostern und Weihnachten. Sie sind jedoch offen und engagieren sich für Mitglieder der Gemeinschaft, die keine Bindung zu Europa haben. Sie sind stolz darauf, ihre Kultur und ihre Bräuche mit anderen zu teilen und sich die von ihren Nachbarnzueigenzumachen.
Analyse
Das Gebiet ist landesweit für seinen deutschenEinfluss bekannt, der sich in seinenInstitutionen,imTourismusangebot und in der Gastronomie widerspiegelt. Im familiären Kontext werden die deutsche Sprache und Kultur von Generation zu Generation nur teilweise weitergegeben. DieneuenGenerationensprechenDeutsch nichtmehrsofließendwieihreElternoder Großeltern und es lässt sich eine Übernahme lokaler kultureller Praktiken beobachten, während gleichzeitig einige deutscheTraditionenbeibehaltenwerden. Die in der Region lebenden Deutschen –undihreNachkommen – bliebenlangeZeit verschlossen, heute sind sie jedoch Teil einer Gemeinschaft, in der es keine isolierten Gruppen mehr gibt. Deutsche Nachkommenwerdenjedochweiterhinals „Gringos“ angesehen.
EsgibteinenDeutschenKlubunddenChor „Coro Polifónico Independencia“, beide wurdenvondeutschenSiedlerngegründet. Die Chor-Aktivitäten wurden derzeit eingestellt. Der Deutsche Klub fokussiert sich derzeitaufseinesportlicheAgenda,dieder Öffentlichkeitzugänglichist,sowieaufdas Organisieren der großen jährlichen Veranstaltung namens „Chopfest“. Diese Veranstaltung findet seit mehr als 45 Jahren statt und wird von Menschen aus dem ganzen Land – und sogar aus den Nachbarländern – besucht. Traditionelle Tracht und typisch deutsche Gastronomie ist vorhanden, allerdings ist das Fest weitgehendmoderngeprägt.Dahergehen diesekulturellenElementeunter.
Das Centro Educativo Independencia hingegenisteinesolide,integrativeundin derRegionanerkannteInstitution.Ihristes
jedoch noch nicht gelungen, ihr akademisches Angebot aufzuwerten und es so zu verbreiten, dass die Zahl der Schüler*innen steigt und sich dadurch stärkeralsdeutscheBildungseinrichtungin der Region positioniert. Die Schule akzeptiertihreSchwächenanundistoffen für externe Unterstützung, um ihr Bildungsangebot in Bereichen wie z.B. IT und E-Learning zu verbessern, die für das heutigeBildungswesenentscheidendsind.
Die Stärkung der Institution wird als wichtiger Bedarf erkannt. Wie der Präsident der Einrichtung selbst sagte, waren sie biszum letzten Jahrnicht in der Lage,ihrelaufendenKostenzudecken,was ein Hindernis war, um den Fokus auf das Akademischezurichten.ImLaufederJahre wurden jedoch viel Zeit und persönliche Ressourcen investiert, um Allianzen zu schließen, mit denen man an Spenden gelangt ist, durch die dann Renovierungsarbeiten und Austauschprogramme finanziert werden konnten. Jedoch verblassen und verschwinden diese Bemühungen beim Wechsel der Führung, was dazu führt, dass nur wenige davon profitieren und keine nachhaltige und progressive Wirkung erzielt werden kann. Es wäre sehr positiv, die Kontakte bereitzustellen und die institutionellen Verfahren und Bürokratien zu verkürzen, damit dauerhafte Allianzen zwischen Bildungseinrichtungen entstehen können, die den Schüler*innen in der Region langfristig zugutekommen und gleichzeitig dieVerbreitungderdeutschenSpracheund Kulturfördern.
In diesem Sinne wäre es auch noch eine Alternative, die akademischen Leiter der deutschen Bildungseinrichtungen in
Paraguay – und in diesem Fall des Centro EducativoIndependencia – weiterzubilden. Dies bedeutet, ihneneinen aktuellen Überblick über das Bildungswesen im AllgemeinenunddenDeutschunterrichtim Besonderen zu verschaffen sowie Verbindungen zu lokalen, regionalen und globalen Einrichtungen mit Bezug zu Deutschlandzuermöglichen,mitdenensie Allianzen zur gegenseitigen Unterstützung bilden könnten. So könnte ein Raum geschaffen werden, in dem sich Leiter unterschiedlicher Institutionen der Region überihreBedürfnisseaustauschen.Daraus würde gegenseitige Unterstützung entstehen.
Solche Maßnahmen würden die Last verringern,dieheuteaufdemPräsidenten und den Vorstandsmitgliedern des Centro Educativo Independencia liegt. Dies sind Menschen im Alter von 60 Jahren, die mehrere Tätigkeiten in der Gemeinde ausüben und die trotz ihres großen Engagements, ihrer Hingabe und ihrer Offenheit vielleicht nicht über alle notwendigen Mittel verfügen, um heute einrevolutionäresAngebotzuschaffen.
Das Centro Educativo Independencia kann zu einem Beschleuniger der Ausbreitung deutscher Sprache, Kultur und Werte im DepartementGuairáwerden.DurchUnter-
stützung in Form von Lehrerfortbildungen und dem Aufbau institutioneller Verbindungen zu deutschen Institutionen und Mittlerorganisationen sowie durch eine weitergehende Begleitung zur Nutzung der deutschen Identität und Geschichte des Gebietes könnten die lokalenInstitutionengestärktwerden.Dies könnte im Endeffekt zu bedeutenden kulturellenVeränderungenführen.
Darüber hinaus handelt es sich um einen geografischen Standort, der einen Tourismus mit Fokus auf die deutsche Kulturerlaubenwürde.DieindieserStudie erwähnten Institutionen, Gemeinden und UnternehmenmitBezugzuDeutschlandin der Region – wie Hotels, Restaurants, Weingüter u.a. – könnten interessante Angebote bereitstellen. Procole, eine Molkerei in der Stadt Piribebuy, hat zum Beispiel ihr Produkt als „Schweizer Käse“ gekennzeichnet, damit die Schweiz positioniert und das Land mit bestimmten WertenundErfahrungenassoziiertwerden kann; wie in diesem Fall mitdem Genuss von hochwertiger Gastronomie. Solche Aktivitäten und Aktionen würden ein externesPublikumanziehenundeinneues DeutschlandbildalsOrtderBegegnungfür die lokale Gemeinschaft, aber mit erneuerten Vorschlägen und Ideen darbieten.
InformationennachStadt,Bezirk, Einrichtung
Im Departement Guairá – im Zentrum der OstregionundsüdöstlichvonAsunción – ist seit Ende des 19. Jahrhunderts ein bedeutender Einwanderungsstrom zu verzeichnen.
Im von der Botschaft der Bundesrepublik DeutschlandinAsunciónherausgegebenen Buch „150 Jahre deutsch-paraguayische Freundschaft“ wird festgestellt, dass die systematische Propaganda der paraguayischen Regierung bezüglich der Möglichkeiten und des Interesses an der Aufnahme ausländischer Einwanderung zur Besiedlung bestimmter Gebiete des Landes Früchte trug (2010: 87). 1919 wurde die Colonia Independencia gegründet, die von Deutschen und Schweizern besiedelt wurde. Jahre später
wurden in der Nähe die Dörfer Carlos PfannlundSudetiagegründet.1936lebten 1.800deutscheSiedlerinderRegion.
Obwohl es in Carlos Pfannl und Sudetia nochdeutsche Schulen gibt,wurdefürdie Zwecke dieser Studie beschlossen, wegen der größeren Bevölkerung Colonia Independencia näher zu betrachten. In Villarrica – Hauptstadt des VerwaltungsbezirksGuairá – siedeltensich auchdeutscheEinwandereran,undinden frühen1900erJahrenwurdeeinedeutsche Schule gegründet, die aber heute nicht mehr existiert (Centro Educativo Independencia 2006: 9). Im nahe gelegenenDorfMelgarejowurdeebenfalls 1927 eine deutsche Schule gegründet, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossen wurde (Centro Educativo Independencia 2006:11).

29. Deutsche Kolonie in Paso Yobái in Guairá feiert 80-jähriges Jubiläum der Ankunft in Paraguay – Quelle: ABC.com.py
Colonia Independencia
ColoniaIndependencialiegt 170Kilometer von Asunción entfernt. Die Kolonie wurde 1919 gegründet, aber die ersten großen Einwanderungsgruppen aus Deutschland kamen erst 1924 (Centro Educativo Independencia 2006: 8). Derzeit hat die Stadt rund 28.000 Einwohner. Es gibt eine deutscheSchule,einendeutschenKlubund verschiedene Unternehmen, die aus deutschsprachigen Familien stammen,wie Hotels,CafésundMärkte.
Im Colegio San Blas und im Schulverein Sudetia wird weiterhin Deutsch als Fremdspracheunterrichtet.
Centro Educativo Independencia – Deutsche Schule Independencia (DSDSchule)
DieDeutscheSchuleIndependencia – 1956 gegründet – ist eine private Bildungseinrichtung mit insgesamt 125 Schüler*innen (Kindergarten, Grundschule undSekundarstufe.
„Das Ziel unserer Schule ist es, die deutsche SprachezuerhaltenundeinTreffpunktfür die Kulturen zu sein, die in diesem geografischen Gebiet zusammenleben: deutsche Nachkommen, neu angekommeneDeutsche,MenschenausÖsterreich, der Schweiz, den Sudetenländern und aus Paraguay. Die deutsche Sprache über all diese Jahre hinweg bewahrt zu haben, ist einesehrwertvolleLeistung",sagtGerhard Huber, Präsident des Centro Educativo Independencia.
Das Engagement der Gemeinde für die Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur sei stark, so Herr Huber, und dies gewährleiste die Beständigkeit der Schule, die bereits auf eine 66-jährige Geschichte zurückblickenkann.
Grafik 7: Deutsche Schulen in Independencia, Carlos Pfannl und Sudetia
Palmhütte am Stadtplatz
Deutsche Schule Melgarejo
Deutsche Stadtplatzschule
Hermann Hummel
Amand Loidol
Margarethe Huber
Josef Schröpfer
Fritz Schindler (privat)
Julius Henning
Deutscher Schulverein Ind.* (Henning)
Deutscher Schulverein Ind.* (heute) bis heute
Ida Metzinger
Colegio San Bonifacio bis heute
Carlos Pfannl (Neue Kolonie)
Carlos Pfannl (Neue Kolonie) + Sportverein bis 1999
Sudetia Vorkriegszeit
Sudetia Nachkriegszeit (Petters)
Sudetendeutsche Heimatschule
Schulverein Sudetia bis heute
* = Independencia
Die Schule befand sich viele Jahre in finanziellen Schwierigkeiten und erwog 2014 sogar ihre Schließung. Bis zum vergangenen Jahr deckten die Einnahmen nur 63 % der laufenden Kosten, der Rest wurdedurchEinnahmenausdenMai-und Osterfesten und dem Weihnachtsmarkt durch Spenden von lokalen Unternehmen und Privatpersonen sowie durch internationale Spenden finanziert. Durch denZuzugvonFamilienausDeutschlandin Colonia Independencia sowie der Umgebung und der dadurch bedingten Zunahme der Schülerzahl verfügt die Schule doch derzeit über ausreichende Einnahmen, um ihre laufenden Kosten zu decken.
Im Gebäude gibt es 14 Klassenräume, ein Labor, eine Bibliothek, Räume für Handarbeiten, einen Computer, einen SchuppenundSporteinrichtungen.
ImLaufeihrerGeschichteerhieltdieSchule von verschiedenen deutschsprachigen Institutionen Unterstützung in Form von Lehrmaterialien und finanziellenHilfsmitteln, wie z.B. vom Club de Leones Altena,KinderwerkLima,derBotschaftder Bundesrepublik Deutschland in Asunción, dem Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) – der seit 2019 nicht mehr existiert – und anderen. Sie erhält auch Spenden von in Deutschland lebendenPrivatpersonen,diedieBildungseinrichtunggerneunterstützenmöchten.
Herr Huber behauptet, dass die Kontakte sowohlzudeutschenMittleroganisationen als auch zu mit Deutschland verbundenen lokalenInstitutionensehrstarkvomWillen der Leitenden abhängen, da solche Allianzen bis jetzt nicht institutionalisiert wurden. Dem Centro Educativo Independencia sei z.B. in letzter Zeit gelungen,

30. Mit Herrn Gerhard Huber, Präsident des Centro Educativo Independencia, im Innenhof der Schule. –Quelle: Ingrid Villalba
wertvollen Kontakt zu deutschen Lehrkräftenherzustellen.Dadurchkonnten Online-Kurse abgehalten werden, an denenSchüler*innenausDeutschlandund Paraguay gleichzeitig teilnahmen und die für beide Gruppen sehr vorteilhaft waren. Die Fortsetzung solcher Aktivitäten war jedoch nicht mehr möglich, seitdem neue Führungskräfte imAmt sind.DieSchuleist daran interessiert, solche Programme wiederaufzunehmen.
Was die Beziehungen zu lokalen Institutionen mit offiziellem Bezug zu Deutschland angeht, erklärt der Schulleiter, dass sie nur mit dem Instituto Cultural Paraguayo Alemán (ICPA) –Goethe-Zentrum aufgrund des Sprachdiploms in Verbindung stehen. Das ICPA informiert die einheimischen Deutschlehrer*innen in Paraguay häufig über Fortbildungsmöglichkeiten in anderen Ländern der Region, und die Schule übernimmt die Kosten für die Reise der Lehrkräfte. Die Botschaft organisiert jedes Jahr eine Fortbildungsveranstaltung für deutsche Lehrende. Der letzte Besuch von Vertretern der Botschaft in der Schule sei jedochmindestens15Jahrehergewesen.
In der Vergangenheit gab es sowohl in Colonia Independencia als auch in den umliegenden Dörfern mehrere Institutionen, die zum einen die deutsche bzw. deutschsprachige Gemeinschaft zusammenbrachten und zum anderen als Plattform für die Verbreitung ihrer Kultur dienten. Einige von ihnen, wie die hier aufgeführten Beispiele, sind verschwunden; andere verloren Kraft im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Ziele, wie z.B. der Deutsche Klub und der Chor der Colonia
Independencia, der seine Aktivitäten mit demBeginnderPandemieeingestellthat. Das Centro Educativo Independencia wird hauptsächlich von deutschstämmigen Familien besucht, aber auch von Paraguayer*innen und Nachkommen anderer Nationalitäten in der Region. Die SchulepflegteineKulturderOffenheitund der Unterstützung für die örtliche Gemeinschaft. Herausragenden Schüler*innen, deren Familien sich das Schulgeldnichtleistenkönnen,wirdfinanzielle Unterstützung angeboten. Derzeit sind 70 % der Lernenden deutsche Muttersprachler*innen.AnderSchulewird Deutsch (Hochdeutsch) als Fremdsprache unterrichtet,undDeutscheSprachdiplome I und II müssen in den letzten Jahren abgelegt werden. „Die Lernenden bestehen diese Prüfungen immer. Schon mehrfach haben sich Kinder nichteuropäischer Herkunft im Deutschunterricht hervorgetan“, sagt Huber stolz.
„Die deutsche Gemeinschaft in diesem Gebiet war lange Zeit verschlossen. Paraguayer wurden als Menschen angesehen, die nicht zur Gemeinschaft gehörten. Heute sind wir, deutsche Nachkommen,TeilderganzenGesellschaft dieses Ortes und es ist uns nicht möglich, unser Leben isoliert zu führen. Ich bezeichne mich als Paraguayer, aber die meisten Menschen, die nicht deutscher oder ausländischer Abstammung sind, sehen uns als ‚Gringos‘“, so Huber.
Zu dem Bild, das die Schule auf die Gemeinschaft wirft, behauptet er, dass starke Eigenschaften wie Verantwortung, Pünktlichkeit, Respekt und Qualität erwartet werden. Allgemein habe die
deutschstämmige Gemeinschaft es geschafft, als Eigentümer von Export- und nationalen Unternehmen wichtiger Wirtschaftsakteur Paraguays zu werden, indem sie Tausende von Arbeitsplätzen sichert.
Eine der anstehenden Investitionen der Schule ist die Erneuerung des Computerraums,dadieGeräteveraltetsindundder Internetzugang langsam ist. „In der digitalen Welt sind die Schüler*innen besserausgebildetalsLehrendeundEltern. Aufgrund der Pandemie haben wir eine virtuelle Plattform aufgebaut,über diewir denUnterrichtabhaltenunddieauchnach derRückkehrzumPräsenzunterrichtweiter genutzt wird. Wir glauben, wir verfügen über die Lerninhalte, aber es fehlt uns an Fortbildungen und Aktualisierungen“, so Huber.IndiesemSinnemussmanauchdie KommunikationskanälederSchuleberück-
sichtigen: Ende 2019 wurde ein FacebookProfileingerichtet,aufdembiszumBeginn der COVID-19-Pandemie regelmäßig gepostetwurde.SeitdemistderKanalnicht mehrrichtigaktiv.
Die Schule nimmt den Bedarf an Sprachlehrer*innen aus Deutschland an, die einen aktualisierten Wortschatz und eine modernisierte Didaktik mitbringen könnten, aber nutzt auch die Möglichkeit, dasseinheimischeDeutschlehrer*innenan AustauschprogrammenundAuffrischungskurseninDeutschlandteilnehmen.Derzeit sind in der Schule sechsDeutschlehrkräfte tätig. Laut Huber fragten sie bereits mehrmals nach externer Unterstützung, wie z.B. von deutschen Pensionierten, der evangelischenKirche,demMinisteriumfür BildungundWissenschaftu.a. – aberbisher ohneErfolg.
d. Chaco-Region
Grafik 8: Mennonitische Kolonien in Paraguay

Quelle: Botschaft der Bundesrepublik Deutschland 2010: 91
Zusammenfassung
Im paraguayischen Chaco wurden drei mennonitische Kolonien gegründet, in denen etwa 40.000 Menschen leben, die meisten von ihnen Nachkommen deutscher Einwanderer aus Russland und Kanada. In jeder dieserKolonien sind zwei sehr starke Institutionen aktiv: eine Genossenschaft – für Wirtschaftliches zuständig – und ein Verein – im zivilen Bereich aktiv, u.a. für Gesundheits- und
Bildungswesen zuständig. Die am weitestenverbreitetenSprachen in denKolonien sind Plattdeutsch im informellen Umfeld und Hochdeutsch z.B. in politischen, administrativen,bildungsbezogenenBereichen. Deutsch wird in den Schulen unterrichtet. Die Sprache gilt als starkes kulturelles Element. Die Schüler*innen legendasSprachdiplomabundnehmenan einemAustauschprogramminDeutschland teil. In der Region gibt es sieben DSD-
Schulen. In den Kolonien wohnen Mitglieder aus den deutschen, mennonitischen, paraguayischen und indigenen Gemeinschaften zusammen, und sie genießen innerhalb der paraguayischen Gesellschaft ein hohes Ansehen ihrer Werte,ihrerhartenArbeit,ihrerAusdauer undihrerproduktivenundwirtschaftlichen Entwicklung, die ein großer Beitrag zur WirtschaftdesganzenLandesdarstellt.Sie sind jedoch geografisch weit von der Hauptstadt und anderen Entwicklungszentren sowie von klassischen Touristenzielenentfernt.
Analyse
Mit ihren mehr als 40.000 Einwohnern verfügen Loma Plata, Filadelfia und Neuland – die drei mennonitischen Kolonien im paraguayischen Chaco – über interessante Eigenschaften, die sie zu guten Partnern für die AKBP machen würden. Diese Kolonien haben sich wirtschaftlich sehr gut entwickelt, was ihnen eine privilegierte Stellung in der paraguayischen Gesellschaft einräumte. Ihre Produktion und damit auch ihr Image sind ein Synonym für Qualität. Darüber hinaus vermitteln sie anderen sozialen Gruppen ihre kulturellen Werte wie Organisationsfähigkeit und Pünktlichkeit erfolgreich.
Was ihre interne Struktur betrifft, ist es ihnen gelungen, die zivilen und kommerziellen Einrichtungen in den Kolonien zu institutionalisieren, was potenzielle Allianzenmöglicherundstärkermacht.Daneben istesauchvonVorteil,dasssieinParaguay und anderen Ländern der Region wirtschaftliche, kulturelle und bildungs-
politische Beziehungen unterhalten. Darüber hinaus ist das Bildungssystem in diesen Kolonien solvent und an die moderne Zeit angepasst. Unter anderem dieser Aspekt ermöglichte die Aufrechterhaltung und Stärkung der deutschen Sprache innerhalb ihrer Gemeinschaften, die als kulturelle und soziale Priorität gilt. Das lässt sich beispielsweise durch das Bestehen von Einrichtungen exklusiv für die Ausbildung von Deutschlehrer*innen beobachten.
Sei es Platt- oder Hochdeutsch, die deutsche Sprache gehört hier wie bereits erwähnt zum Alltag. Spanisch oder einheimische Sprachen verwenden nur nicht deutschsprachige Personen. Anders als in anderen Regionen ist in dieser Hinsicht die identitäre Sache im Chaco nicht rückläufig. Die Chaco-Mennoniten verstehen sich, trotz der deutschen Sprache, Bräuche und Kultur, die sie vom RestderparaguayischenGesellschaftdoch trennen und unterscheiden, als Paraguayer.EinsehrwichtigerBestandteilihrer IdentitätistdiemennonitischeReligion,die in allen Bereichen des Lebens in den Kolonien präsent ist: Bildung, Handel, soziales Leben, Familie, Arbeit. Zugleich gibteskulturelleundsozialeMerkmaleder paraguayischen Kultur, die von den Mennoniten übernommen worden sind. Dieser Austausch wird durch Prozesse wie den zunehmenden Handel zwischen mennonitischenundeinheimischenUnternehmen sowie durch den Zuzug junger MenschenausdenKoloniennachAsunción und in andere Städte des Landes zum Studium verstärkt. Es ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass ein Teil der Jugendlichen im Hochschulalter zum
Studium oder zur Ausbildung nach Deutschlandgeht.
Aus „paraguayischer“ Sicht werden sie generalisiert als konservative Gemeinschaftenbetrachtet.AspektewieNeuerungen im Bildungssystem – im Vergleich zu anderenmennonitischenKolonienimLand –, die Offenheit für den Handel und die veränderteHaltunggegenüberderlokalen FlorazeugenjedochvoneinerBereitschaft zumWandel.DiedreiKoloniensindander ZusammenarbeitmitDeutschlandundden offiziellen Organisationen bei der Bewahrung der deutschen Sprache und Kultur interessiert. Sie erwarten jedoch freie Entscheidung bei der Themenwahl, die in ihren Institutionen angesprochen werden wie z.B. Umweltfragen im ZusammenhangmitderViehzucht.
Ein Aspekt, der zu berücksichtigen ist, ist die geografische Lage dieser Kolonien mitten im paraguayischen Chaco, weit entfernt von den Stadtzentren mit paraguayischer Mehrheitsbevölkerung sowie von stark befahrenen Landstraßen oder stark besuchten Touristenzielen. Solche Umstände führen dazu, dass im Vergleich zu anderen deutschstämmigen Gemeinschaften diese Kolonien weniger Verbindungen bzw. Kontakt zur paraguayischen Gesellschaft haben. Dies könnte teilweise die heutige Realität der mennonitischen Kolonien und die Bedeutung und wesentliche Rolle erklären, die in diesen Ortschaften die deutsche Sprache und Kultur im Leben – auch bei den jüngeren Generationen – spielen. Es wird empfohlen,dieUnterstützungaufdieVerstärkung der Deutschlehrerausbildung zu konzentrieren, da sich ein großer Teil der Lehrerkräfte, die in Paraguay Deutsch
unterrichten, am Centro de Formación DocentedeFiladelfiaausbildet.Diesmacht dasZentrumzueinemstrategischenPunkt, das durch Unterstützung auch für den deutschen Staat von Vorteil wäre, da die darausresultierendenpositivenErgebnisse auf das ganze Land ausgedehnt werden könnten.
Einführung und allgemeine Aspekte der drei Chaco-Kolonien
Paraguay ist geografisch in zwei sehr unterschiedliche Regionen unterteilt: den OstenunddenWesten.Derparaguayische Chaco umfasst die gesamte westliche Region, die im Westen durch den Fluss Pilcomayo von Argentinien getrennt wird, imNordenanBoliviengrenztundimOsten und Süden durch den Fluss Paraguay von Brasilien und der östlichen Region Paraguaysgetrenntwird.
Deutschsprachige Mennoniten kamen ab 1927 aus Kanada und Osteuropa nach Paraguay.ZudieserZeitwarderChacodie ausschließliche Heimat indigener Bevölkerungen,unddieMennonitengründetendie ersten Dörfer und besiedelten und kolonisierten damit die Region, ohne dass der paraguayische Staat dagegen vorging. SiegründetendieKolonienMenno(1927)deren Zentrum die Kleinstadt Loma Plata ist –,Fernheim(1930) – derenZentrumdie Kleinstadt Filadelfia ist –, und Neuland (1947). In der Ostregion waren die ersten Friesland (1937) und Volendam (1947). Weitere mennonitische Kolonien, die als traditioneller gelten und in der Ostregion Paraguays angesiedelt sind, sind Sommerfeld,Bergthal,Reinfeld,RíoVerde, Santa Clara, Durango und Manitoba
(Botschaft der Bundesrepublik DeutschlandinAsunción2016:29).
Relevant ist es im Rahmen dieser Studie, festzustellen, wer sich als Mennoniten bezeichnet. Nach Angaben der Asociación de Colonias Menonitas del Paraguay (ACOMEPA) bezieht sich das Mennonitentum im engeren Sinne auf die Zugehörigkeit zu einer evangelischen Kirche oder Gemeinde mit mennonitischem Bekenntnis, d.h. es greift auf ein konfessionelles Konzept zurück. In Paraguay wird der Begriff „Mennonit“ jedoch weiter gefasst und in der Regel im ethnischen Sinne verwendet, um sich auf die mennonitische Einwanderung europäischer oder nordamerikanischer Herkunft und ihre Nachkommen zu beziehen, ohne dassderenindividuelleKonfessionbekannt ist(ACOMEPAn.d.).
Vor der Ankunft und Ansiedlung von MennoniteninParaguaywurdevereinbart, dass die deutsche Sprache in ihrem religiösen und kulturellen Leben und auch im Schulunterricht verwendet werden musste(AsociaciónCivilChortitzerKomitee 2017:117).DasiePazifistensind,forderten sie auch, vom Militärdienst befreit zu werden.
Im Jahr 1982 lebten insgesamt 10.749 Menschen in den drei Chaco-Kolonien, es gab 1.328 Farmen mit 947.286 Hektar Land, davon 917.286 in den Händen von mennonitischen Genossenschaften. Die Kolonien wurden vor allem nach 1954 wohlhabender, als die Trans-Chaco-Route – derersteasphaltierteWeginChaco – das bis dahin isolierte Gebiet erschloss und damit bessere Handelsbedingungen ermöglichte. Neben der Landwirtschaft entwickelten die Mennoniten auch eine
bedeutendeMilchwirtschaft.Heute halten die mennonitischen Kolonien nicht nur im Chaco, sondern in ganz Paraguay die erfolgreichsten Betriebe (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2010:89).
Im Jahr 2016 umfassten die deutschsprachigen Mennoniten in Paraguay etwa 30.000 Menschen, die einen bedeutenden wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und religiösen Einfluss im Land erreicht haben (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2016: 28). Nach den im Rahmen dieser Studie durchgeführten Interviews liege die Gesamtbevölkerung mennonitischer Kolonien Paraguays im Jahr2022bei45.000Personen.
Die drei Kolonien und ihre Bewohner pflegen eine gesunde Koexistenz. „Wir unterstützen uns gegenseitig in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht sowie im Sport“, sagt Patrick Friesen, Leiter der Kommunikations- und Kulturabteilung des AsociaciónCivilChortitzerKomiteeinLoma Plata.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Präsenz des paraguayischen Staates in der ChacoRegion nur wenige Jahrzehnte zurückliegt. Daher sahen sich die Mennoniten gezwungen, ihre eigenen Institutionen aufzubauen, um ihre Grundbedürfnisse gemeinschaftlich zu befriedigen. Sie selbst schufendieInstitutionenundentschieden, wie sie funktionieren und verwaltet werdensollten.
So gibt es in jeder Kolonie eine Bürgervereinigung, die verantwortlich für allezivilenBelangederBevölkerungist,wie z.B. Zugang zu Gesundheitsdiensten, Bildung, Sicherheit, Straßen, Betreuung von älteren Menschen, Witwen und
Waisen,MenschenmitBehinderungenund vieles mehr. Die Infrastrukturverwaltung unddiePersonaleinstellungzurErbringung solcher Dienstleistungen werden durch Mitgliederbeiträge – nach Maßgabe des jährlich erzielten Nettoeinkommens – der jeweiligenGenossenschaftinjederKolonie finanziert.DieserBeitragsprozentsatzkann zwischen 10% und 18% des Nettoeinkommens schwanken und deckt einen großenTeildesBedarfsderKolonienab,in einigen Fällen vollständig, in anderen als eine Art Kostenzuschuss fürdie Mitglieder der jeweiligen Vereinigung. Außerdem befasst sich die Genossenschaft jeder Kolonie mit der Produktion und dem Verkauf.
Heute sind die in den Schulen und Hochschulen vermittelten Bildungsinhalte aufdieAnforderungendesparaguayischen MinisteriumsfürBildungundWissenschaft abgestimmt. Darüber hinaus gibt es einige zusätzliche Fächer, deren Inhalte zum Teil zwischen den drei Kolonien abgestimmt und gemeinsam unterrichtet werden, während andere Elemente durch jede Kolonie entsprechend ihrer besonderen Interessen selbständig festgelegt sind. In allen Bildungseinrichtungen findet zweisprachiger Unterricht Spanisch-Deutsch statt, mit Englisch und Guaraní – indigene Sprache Paraguays – als Ergänzungssprachen.DiedreiKolonieninChacobilden zusammen mit anderen in der Ostregion die Vereinigung„AsociacióndelasColonias Menonitas del Paraguay“ (ACOMEPA), überdieallemennonitischen Kolonien der
Region die Inhalte festlegen, die gemeinsamabgedecktwerdensollen.
Nach der Schule könnenJugendliche sich anverschiedenenprivatenBerufsbildungseinrichtungen wie dem Centro de Formación Profesional (Loma Plata),7 dem Centro de Formación para Hogar y Nutrición (Neuland), dem Instituto de Formación Docente (Filadelfia) oder an Universitäten in der Region ausbilden. EinigeziehenzumStudiumnachAsunción, anderenachDeutschland.
7 HierkannmaneineBerufsausbildunginden Bereichen Landwirtschaft, Tierhaltung oder Milchwirtschaft, Schreinerei, Mechanik und
Was die Medien betrifft, gibt es in jeder Kolonie Zeitschriften und Newsletter, die monatlichingedruckterunddigitalerForm erscheinen und Informationen bezüglich Wirtschaft, Handel und Soziales (u.a. Bildung, Kultur, Gesundheit, Sicherheit, Geschichte und Umwelt) enthalten. Das „Mennoblatt“ wird schon seit mehr als 90 Jahrenveröffentlicht.DerRadiosender„ZP30 –LavozdelChaco“strahltseit1975auf Spanisch (60 %), Deutsch (20 %), und Guarani, Plattdeutsch, Portugiesisch und den einheimischen Sprachen Enlhet, Nivaclé und Ayoreo (20 %) aus. 56 % der Sendungen haben evangelistischen Inhalt und 44% sind informativer oder unterhaltender Natur. Außerdem ist der deutschsprachige Fernsehsender „Red Chaqueña de Comunicaciones“ aktiv (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción 2016: 30). Zur Kommunikation mitdemoffenenPublikumhat jede GenossenschaftihreeigenenSocial-MediaBuchhaltung, Sekretariat und Verkehrspolizei machen. Weitere Informationen unter https://www.cfp.edu.py/
Kanäle wie Facebook, Instagram und YouTube.
Identität und Kultur sind dynamische Konzepte, diesich den Zeiten und Bedingungen anpassen. Eines der Ziele dieser Studie ist es, Informationen über denaktuellenZustandkulturellerPraktiken in deutschsprachigen Gemeinschaften Paraguays zu sammeln. In diesem Zusammenhang erklärt der deutsche Honorarkonsul für Neuland, Herr Johann Gossen, dass der deutsche Einfluss in der Region

zwarsehrdeutlichist,aberauchkulturelle Elemente aus Paraguay aufgenommen wurden. „Es gibt eine Veränderung der Kultur und der Sprache [Deutsch]. Viele Fachbegriffe sind auf Spanisch, die Kultur hat sich flexibilisiert. Einige traditionelle Praktiken sind verloren gegangen, und durch den Kontakt und Austausch mit den Paraguayer*innen kommen lokale Praktiken hinzu. Früher wurden beispielsweise nationale Feiertage nicht beachtet und heute wird alles, was mit Paraguay zu tun hat,mehrbeachtet.“
HerrGossenmerktan,dassesinderRegel keinewirklicheVerbindungzuDeutschland mehr gibt, da sie eigentlich auf einem Rückblick auf die Geschichte basiert. Diejenigen, die Verwandte in Deutschland haben, seien zwar mit ihnen im Kontakt, aber nicht im Alltag, und junge Menschen seien mehr von der globalen amerikanischenKulturbeeinflusst.
DerHonorarkonsulerklärt,dassnurwenige Bewohner*innen in den Kolonien die Nachrichten sehen oder aktuelle deutsche Zeitschriftenlesenunddassdiemeistenein altmodisches Bild von Deutschland haben. Laut Gossen verfolgen zwar nur wenige Menschen die Ereignisse in Deutschland aufmerksam, aber die Flüchtlingsproblematik und der Umgang mit dem Klimawandel erregen generell viel Aufmerksamkeit.
In Bezug auf die Möglichkeiten gegenseitiger Unterstützung mit Deutschland schlägt der Honorarkonsul einerseits vor, Sprachlehrkräfte nach Deutschland zu entsenden, um das Deutsche in den KolonienamLebenzuerhalten.Früherhabees in Neuland ein Austauschprogramm für Lehrer*innen aus Deutschland gegeben. Andererseits weist er auf die Möglichkeit hin, das Förderprogramm in Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungszentrum wiederzubeleben, in dessen Rahmen Absolvent*innen einen Aufenthalt in Deutschland machen durften, um die neuestenTechnologienkennenzulernen.
31. Mit dem deutschen Honorarkonsul in Neuland, Herrn Hans Gossen, im Honorarkonsulat. – Quelle: Ingrid Villalba
Zur Frage, wie die deutsche Kultur in den Kolonien gelebt wird, erklärt Herr Gossen, dass sie in der Familie und auch in der
Schuleerworbenundweitergegebenwird. Auch habe jeder Verein eine Kulturabteilung.

32. Vorderansicht des Geschichtsmuseums der Kolonie Menno, in Loma Plata, Paraguay – Quelle: visitaparaguay.com.py
Informationen nachStadt,Bezirk, Einrichtung
Colonia Menno (Loma Plata)
Wie bereits erwähnt, wurde die Colonia Menno,auchbekanntalsLomaPlata,1927 vonmennonitischenEinwandererngegründet,dieausreligiösenGründenausKanada emigrierten. Dies war die erste mennonitische Siedlung in Paraguay (Asociación Civil Chortitzer Komitee 2017: 5). Sie liegt etwa 450 Kilometer nordwestlich von Asunciónundhat17.745Einwohner.
Nach Angaben der Kolonie sind etwa 11.000 der Einwohner Mennoniten. Die Hälfte von ihnen hat die kanadische als zweiteStaatsangehörigkeitunddieandere Hälfte hat nur die paraguayische Staatsangehörigkeit. „Wir sehen uns nicht als Deutsche, wir haben keine Verbindung zu Deutschland“, sagt Patrick Friesen, Kommunikations- und Kulturmanager der Vereinigung „Asociación Civil Chortitzer“ . Im Alltag sprechen sie jedoch auf Plattdeutsch miteinander und verwenden Hochdeutsch in formellen Bereichen wie imArbeits-undAusbildungsbereich.
Das „Sociedad Civil Chortitzer“-Komitee (1936) bringt die mennonitische Gemeinschaft von Loma Plata zusammen.
Der Verein ist zuständig für die Bildungseinrichtungen,dieOrdnungundSicherheit in der Stadt, Kommunikation und Kultur, soziale Wohlfahrt, medizinische Versorgung,Nachbarschaftshilfe,Straßenbauund -instandhaltung, das Krankenhaus sowie die Unterstützung von Waisen, Witwen undMenschenmitBehinderungen.
Der Verein hat rund 900 Mitarbeiter und 7.795Mitglieder.Alles – diegrößteSumme wird für das Gesundheits- und Bildungswesen gestellt – wird durch Mitgliederbeiträge finanziert, deren Höhe sich nach dem jährlichen Nettoeinkommen jeder Personrichtet.
WasdieKommunikationbetrifft,unterhält der Verein die Verbindungen zu seinen internen und externen Zielgruppen über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, WhatsAppund einen YouTubeKanal.
In den 1950er-Jahren fand eine interne Bildungsreformstatt.Diesermöglichteden Einsatz von Lehrmitteln aus Deutschland. DazubegannaucheinAustauschzwischen den Kolonien im Chaco sowie die Entsendung von Siedler*innen zum StudiumnachAsunción.
Eldon Wiebe, Leiter der Bildungsabteilung des Vereins und Direktor der Sekundarschule von Loma Plata, gibt an, dass die Zahl der Schüler*innen aller BildungseinrichtungeninderKolonieindenletzten Jahren gestiegen sei. Loma Plata besteht aus11BezirkenmitjeweilseinerSchule.Im Jahr 2021 haben 1.784 Kinder und Jugendliche die Schulen, in denen 62
Lehrkräfte arbeiten, besucht. Die meisten der Schüler*innen sprechen Deutsch und stammenausLomaPlata.
AlleKlassenundKursehabeneinenstarken deutschsprachigen Hintergrund. Das Sprachdiplom ist seit 1999 verpflichtend, wobei in der neunten Klasse das Modul I und in der zweiten Klasse das Modul II abgelegt wird. Im Jahr 2020 legten 131 Schüler*innen das Modul I und 58 das Modul II ab. Insgesamt sind fünf der Bildungseinrichtungen in der Kolonie DSDSchulen: die Escuela Básica Campo León sowie die Schulen Loma Plata, Neuhof, Paratodo und Lolita. Während einige Unterrichtsmaterialien aus Deutschland importiert werden, sind andere vor Ort gemäß den Anforderungen des paraguayischen Bildungsministeriums erstellt. Unter den Inhalten, die sich auf Deutschland beziehen, ist deutsche Literatur zu nennen. Inhaltlich werden sowohl die deutsche als auch die paraguayische und mennonitischeKulturabgedeckt.
„Die Kinder sehen sich selbst als Paraguayer*innen,dieDeutschsprechen“, erklärt Herr Wiebe. Auf sportlichem, akademischem und kulturellem Gebiet finden auch Austauschprogramme und Wettbewerbe mit anderen Schulen in AsunciónundimRestdesLandesstatt.Sie nehmen sogar an internationalen Wettbewerben wie deutschsprachigen Debattiermeisterschaften teil. Außerdem sind sie in kulturellen Bereichen wie Gesang und Theater aktiv, wo die Schüler*innen Stücke und Lieder in deutscherSpracheaufführen.
„Wir sind eine mehrsprachige und multikulturelle Gesellschaft, und wir
bemühen uns sehr, Diskriminierung zu vermeiden. Deutsch ist hier die vorherrschende Sprache. Vor zwanzig Jahren hatten wir folgendes Problem: Die jungen Leute verloren das Interesse am Deutschlernen.EineStrategie,dieunsgeholfenhat, dies zu ändern, war die Einrichtung von Austauschprogrammen mit Schulen in Deutschland. Heute sind unsere Schüler*innen begeistert davon, eine solche Gelegenheit schon in der Grundschule wahrzunehmen“, erklärt Wiebe.
Die Kolonie Loma Plata hat derzeit vielfältige Verbindungen zu Deutschland, z.B. bei der Aus- und Weiterbildung von Ärzten, die sich nach dem Studiumin Paraguay spezialisieren. Darüber hinaus unterhält die Krankenpflegeschule AustauschprogrammemitKrankenhäusern in verschiedenen deutschen Städten.
Andererseits bietet das Berufsbildungszentrum internationale Kooperationsprogramme in Fachgebieten wie Elektromechanik, Metallverarbeitung und Robotikan.InderRegelabsolviertmandie theoretische Ausbildung in Paraguay, spezialisiert sich dann in Deutschland und kehrtzumArbeitenbzw.zumUnterrichten zurück. Jedoch hat Paraguay noch mehr AustauschmöglichkeitenmitKanada.
Im Rahmen der Schüleraustausche reisen jedes Jahr mehr als 40 Schüler*innen aus Loma Plata für drei Wochen nach Deutschland, danach kommen die deutschen Schüler*innen nach Paraguay. Eine ähnliche Vereinbarung besteht auch mit einer Schule in Kanada. Außerdem erhalten die deutschsprachigen Schulen in der Kolonie finanzielle Unterstützung aus Deutschland, die von der Anzahl der

33. Mit Herrn Patrick Friesen, Zuständiger für Kommunikation und Kultur der Vereinigung „Asociación Civil Chortitzer Komitee“ in den Räumen des Verbandes. – Quelle: Ingrid Villalba
Beschulten abhängt, die jedes Jahr das Sprachdiplom bestanden haben. Ein weiterer sehr positiver Austausch fand einmal durch die deutsche Botschaft in Asunción statt, als paraguayische Lehrkräfte aus Loma Plata zwei Wochen lang in Deutschland hospitieren durften. Außerdem beteiligen sich Lehrende, die Deutsch oder deutschsprachige Fächer unterrichten, an einer jährlichen Fortbildung durch die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA). Diese wird von den Bildungseinrichtungen als wichtige Hilfe angesehen und deren Fortführung wirdunterstützt.
Die Kolonie ist daran interessiert, dass die Unterstützung von Deutschland in folgenden Bereichen ausgebaut wird: im Bildungsbereichdurchdie Entsendungvon Deutschlehrkräften oder die Ausbildung von einheimischen Lehrkräften sowie in der Ausbildung zur Erhaltung und Verwaltung historischer Archive. Es gibt auchInteressean gemeinsamenProjekten imBereichlandwirtschaftlicherProduktion mitdemFokusaufUmweltschutz.
Die jungen Leute, die die Kolonie zum Studium bzw. zur Ausbildung verlassen, kehren danach fast immer zurück. „Es gibt eine moralische und wirtschaftliche Verpflichtung, in die Gemeinschaft zurückzukehren und dort zu arbeiten. In den meisten Fällen wollen sie Projekte für Bauernhöfe, Unternehmen oder ein eigenes Einkommen erzielen. Die Gehälter sind hier im Durchschnitt höher als in anderen Teilen des Landes“, so Patrick Friesen.
In Bezug auf ihre Identität lässt sich die Publikation „Menno, Pionierkolonieim
paraguayischen Chaco“ (Asociación Civil ChortitzerKomitee2017:118)zitieren,wo sie definiert werden als „Mennoniten, die paraguayische Mennoniten wurden, obwohl sie nach ihrer eigenen Mentalität und ihren religiösen Prinzipien lebten, immer im Rahmen der nationalen Wohlfahrt“
Filadelfia
Die Kolonie Filadelfia wurde 1930 überwiegend von Deutsch-Niederländern gegründet(NeufeldundBergen 2019: 51). Die Stadt liegt 470 Kilometer nordwestlich von Asunción und hat 19.927 Einwohner (INE2021).
Die Asociación Fernheim war die erste OrganisationsformderKolonie,diebereits im Jahr ihrer Gründung entstanden ist. Aufgrund der extremen Not in den Kolonisierungszeiten suchten die Siedler*innen eine Art solidarischer Vereinigung. Der gemeinnützige Verein bezweckt die Unterstützung sozialer und kultureller Bedürfnisse seiner Mitglieder sowie die Verwaltung wirtschaftlicher Angelegenheiten.DieAsociaciónFernheim hat 2.436 Mitglieder und mehr als 2.000 Beschäftigte(zusammenmitderFernheimGenossenschaft).
Unter die Aufgaben, an denen der Verein beteiligt ist, fallen: Betrieb von Gesundheits-undSozialdienstensowiedes PflegeheimsundKrankenhausesFiladelfia, Bildungsdienste wie Schulverwaltung, Betreuung des Colegio Filadelfia und der Grundschulen, Straßeninstandhaltung und städtische Sicherheit sowie allgemeine Verwaltungstätigkeiten.
Der Verein verfügt über gute Räumlichkeiten, geschultes Personal,
angepasste Technologie und kontinuierlichekollektiveBeratung.Erunterhältgute BeziehungenzuInstitutionenmitähnlichen Zielen sowie zu staatlichen Einrichtungen undNachbarschaftsgemeinschaften.
Neben Spenden der Genossenschaft und Beiträgen aus einigen ergänzenden Steuern, wie z.B. einer Gebühr für das Autofahren durch die Kolonie, bekommt der Verein durch einen prozentualen Beitrag seiner Mitglieder finanzielle Unterstützung. Das Jahresbudget des Vereins zur Deckung ihres Bedarfs schwanktvonJahrzuJahr.
InBezugaufdiedeutscheSpracheerklärte HerrKorneliusNeufeld,LeiterderMuseen der Asociación Fernheim und der Nachbarschaftsgenossenschaft, dass die FamilienbeiderErhaltungundWeitergabe der Sprache eine herausragende Rolle, die Schulen und die Kirche wiederum eine untergeordnete Rolle spielen. In den Schulennimmt Deutschvon derersten bis zursechstenKlasse80%desStundenplans ein,vondersiebtenbiszurneuntenKlasse 50 %. In den letzten drei Jahren nimmt Spanisch mehr Zeit in Anspruch als Deutsch. Das Colegio Filadelfia ist eine DSD-Schule.
Alle deutschen Lehrkräfte in der Kolonie sind Einheimische und viele von ihnen wurden in Deutschland, Argentinien oder am Goethe-Zentrum ausgebildet. In der Vergangenheit wurden Lehrkräfte aus Deutschland entsandt. Die Schulen, die Mitglieder von ACOMEPA und anderen deutschsprachigen Schulen im Land sind, stehen vor allem in den Bereichen Musik, Theater und Sport sowie bei der Weiterbildung von Lehrkräften im regen Austausch. In der Regel verlassen junge
Leute die Kolonie, um ihren Sekundarschulabschluss in Asunción oder im Ausland zu machen, manchmal auch für eine Praktikumserfahrung. Meistens kehrensiedanachindieKoloniezurück.
Die Traditionen, bürgerliche und religiöse Feste und andere Bräuche, die die mennonitische Bevölkerung aus ihrer früherenHeimatmitbringen,sindimChaco immer noch lebendig. Beispiele dafür sind die Landesküche, das Theater, der vierstimmige Chor, Musik mit Saiteninstrumenten,HäkelnundZeichnen. Einige traditionelle mennonitische Kulturaspekte sind im Laufe der Zeit verschwunden, während wiederum einige Elemente aus Paraguay und spezifisch aus derRegionChacoübernommenwurden.In jüngster Zeit nehmen digitale Medien einenvorherrschendenPlatzimkulturellen Leben ein. Dies führte zu erheblichen Veränderungen in der Gesellschaft (NeufeldundBergen2019:201).
In Filadelfia leben vier bis fünf ethnische Gruppen: Paraguayer, Brasilianer, MennonitenundDeutsche.DazusagtHerr Neufeld: „Wir fördern den Multikulturalismus und den Frieden zwischen denverschiedenenKulturen.Wirsprechen von einem Wandel, und die Kultur ist ein Teil dessen,was sichwandelt. DieWelt ist ein großes Dorf: In Deutschland fühle ich mich mehr paraguayisch, in Paraguay ein bisschendeutscher.“
Trotz der erwähnten Offenheit für Multikulturalität behauptet Herr Neufeld, dass in Chaco eine Inselmentalität herrsche,diesichausderTatsacheergebe,

dass Mennoniten als religiöse ethnische Gruppe in Ländern mit einer anderen Kultur und einer anderen Religion leben, während sie ihre norddeutsche kulturelle und religiöse Identität beibehalten. „Wir versuchen, uns zu öffnen, aber durch die Assimilation verlieren wir etwas von dem, wasunsfrüherzuEigen war“, sagt er.
Vielleicht bezieht sich Alicia Lugo, Journalistin der Red Chaqueña de Comunicaciones (RCC), auf diese Inselmentalität, als sie meinte, dass Mennonitenimmer nocheinbisschen „hermetisch“ seien. „ImChacobeobachtet man eine Plurikulturalität und einen Wandel- und Anpassungsprozesszwischen denverschiedenenKulturen,einschließlich der Mennoniten, die dennoch ein wenig hermetisch bleiben“, erklärte sie. Lugo -die in Filadelfia wohnt und keine familiären Bindungen zu dieser Einwanderungsgemeinschaft hat - behauptete, dass bei
der nicht deutschsprachigen Bevölkerung einsehrpositivesBildvondenMennoniten herrscht und Eigenschaften wie Pünktlichkeit, Organisationsfähigkeit, Seriosität und der Einsatz von Technologie hervorgehoben und positiv angesehen werden.
ZwischenFiladelfiaundDeutschlandgibtes drei Verbindungspunkte im Kultur- und Bildungsbereich: Zum einen ist eine Lehrkraft von der ZfA im Rahmen des Modells Auslandsdienstlehrkraft (ADLK) zur Stärkung derLehrerausbildung inder KolonieamLehrerausbildungsinstituttätig, zum anderen erhält die Kolonie von der Alfons Goppel Stiftung und dem BayerischenKultusministeriumMaterialien für das Ausbildungszentrum für Hauswirtschaft und Ernährung, und schließlich erhält sie aus Bayern Materialien und Maschinen für das Berufsbildungszentrum.
34. Mit Herrn Kornelius Neufeld, Vorsitz der Museen des Verbandes „Asociación Fernheim“ und der „Cooperación Vecinal“ vor dem Naturkundemuseum Filadelfia. – Quelle: Ingrid Villalba
Die ZfA und die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Paraguay leistetenbisetwaindie1970er-Jahreeinen wichtigen Beitrag zur Bildung in Filadelfia, indem sie Bücher und andere Güter kostenlos zur Verfügung stellten. Heute wird die Anschaffung deutscher und fachspezifischer Bücher vom Verein finanziert, teils über die Botschaft, teils über direkte Kontakte zu Verlagen. Bis 2021 hat die Botschaft den Verein durch die Entsendung einer Lehrkraft aus Deutschland zur Förderung der deutschen Spracheunterstützt.
Bezüglich des Kontaktes der Bevölkerung zum heutigen Deutschland erklärte Herr Neufeld, dass es am Einzelnen liegt, sie aufrechtzuerhalten. „Manche Menschen hören täglich die Nachrichten. Früher haben wir sehr oft die Deutsche Welle geschaut, die Inhalte richteten sich vor allem an Menschen aus dem Ausland und waren je nach Tageszeit auf verschiedene
Kontinenteausgerichtet,aberdasistheute nicht mehr der Fall. Einige von uns interessierensichdafür,wasdieDeutschen über die Pandemie denken, über Angela Merkel, über Olaf Scholz“, so Neufeld
WieinanderenTeilenParaguaysherrschen vielekonservativeundkritischePositionen zuaktuellenThemeninDeutschland.Dazu argumentiert Neufeld, dass „wir heute ein Deutschland sehen, das seinen Platz als ethisches Vorbild verloren hat. Aufgrund der Gender-Ideologie werden die christlichen Werte nicht mehr respektiert. Diejenigen, die auswandern, sind auf der Suche nach einem Ort, an dem sie in Frieden leben können und an dem es keinen sozialistischen Einfluss in den Schulen gibt. Einige sind nach Fernheim
gekommen, aber sie lassen sich besser in derOstregionnieder”.
Im Allgemeinen zeigten die Mitglieder der Vereine viel Interesse an einer Kooperation,ummiteinanderinFragender Bildung, der Erhaltung der deutschen Sprache, der Entwicklung von Projekten zum Umweltschutz u.a. zusammenzuarbeiten.Eswirdvonihnenausdrücklich erwartet, dass sie bei der gegenseitigen Zusammenarbeit Unabhängigkeit bei der Themenwahl haben und sich nicht dazu gezwungen sehen, in ihren Institutionen Themen ansprechen zu müssen, die sie selbstnichtbevorzugen.
Neuland
Die Kolonie Neuland wurde 1947 gegründetundliegtimZentrumdesChaco, etwa 450 Kilometer nordwestlich von Asunción. In Neu-Halbstadt, dem Zentrum der Kolonie, und in den 12 umliegenden Dörfern leben rund 2.400 Menschen, von denenetwa2.000Deutschsprechen.
Der Verband „AsociaciónColoniaNeuland“ ist auch im selben Jahr wie die Kolonie selbst entstanden und verfügt über 1.300 Mitglieder und 250 Mitarbeitende. Der Verein besteht aus sechs Verwaltungsorganen und mehreren thematischen Ausschüssen, u.a. für Bildung, Gesundheit, soziale Arbeit, GeschichteundKultur,undistzuständigfür das Bildungssystem, das Musikkonservatorium, die Bibliothek, die Krankenhäuser, die Krankenversicherung, die Unterstützung für die einheimische Bevölkerung, das Altenheim und die Straßeninstandhaltung. Wie in den anderenKolonienwerdendieKostendurch die Mitgliederbeiträge abgedeckt, die sich
am jährlichen Nettoeinkommen orientieren. Im FallderAsociación Colonia Neuland schwankt das Jahresbudget zwischen5und6MillionenUS-Dollar.
Der Bildung von Kindern und Jugendlichen wurde in Neuland schon immer ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Zwei Jahre nach der Koloniegründung waren bereits 18 Grundschulen aktiv (Cooperativa Neuland2020:28).Heutebefindensichder Kindergarten, die Grundschule und die Sekundarschule in Neu-Halbstadt, im Zentrum der Kolonie. Diese Bildungseinrichtungen verfügen über moderne Klassenräume und Labore, die für den praktischen Unterricht und die Projektarbeit ausgestattet sind. Die Bildungskosten der Kolonie werden zu 50 % durch dieBeiträgeallerMitglieder,zu10%durch denBildungsfondsderGenossenschaftund
zu 40 % durch die von den Familien gezahltenSchulgebührengedeckt.
Die Schulen nehmen an Sport- und Kunstaustauschen mit Schulen anderer KolonieninChacoundsogarausderRegión Oriental teil. In der Vergangenheit hat die deutsche Botschaft jährlich ein Treffen für Musik, Theater, Literatur und Tanz organisiert,andemalledeutschenSchulen in Paraguay teilnahmen. Darüber hinaus müssenSchüler*innendieSprachdiplomeI undIIablegen.
Im Club El Rodeo finden kulturelle Aktivitäten statt, unter anderem Kulturfestivals, Ausstellungen, Pferderennen und Tierschauen. Zu den Möglichkeiten für junge Leute in der Kolonie sagt Heinz Epp, Leiter der Abteilung Kultur und Tourismus des

35. Mit Herrn Heinz Epp, Zuständiger für Kultur und Tourismus des Verbandes „Asociación Colonia Neuland“ im Hof der Schule „Colegio de Neuland“. – Quelle: Ingrid Villalba
Asociación Colonia Neuland, dass nach dem Sekundarschulabschluss die Jugendlichen normalerweise nach Asunción zum StudiumziehenundmeistenszumArbeiten in die Kolonie zurückkehren. Es besteht auchdieMöglichkeit,einenKreditbeieiner lokalen Bank aufzunehmen – mit dem Vorteil, dass sie nur 50 % der Schulden zurückzahlenmüssen –,umeinStudiumin Deutschlandzuabsolvieren.
AktivitätenfürKinderundJugendlichesind Folgende: das Pfadfinderprogramm in der Kirche, bei dem Aktionen in der Natur durchgeführt sowie christliche Werte vermittelt werden, und Sportprogramme imClubElRodeo,zudemu.a.einReitclub, eine Reitschule und Pferdetherapie gehören.
Was die Sprache anbelangt, wird in der Kolonieüberwiegend Plattdeutsch gesprochen. Dieser Dialekt ist ihre vertraute Sprache und wurde von Generation zu Generation von ihren Vorfahren aus Holland, Russland und Preußen weitergegeben. Sie wird auch von vielen Einheimischen in der Region gesprochen, einschließlich der indigenen Bevölkerung und den lateinamerikanischen Paraguayer*innen. Hochdeutsch wird hauptsächlich in Schulen, Kirchen und bei offiziellen Veranstaltungen verwendet (CooperativaNeuland2020:30).
Herr Epp wies darauf hin, dass diese Tendenz, Plattdeutsch im Alltag und HochdeutschinBildungs- odergeschäftlichen Kontexten zu verwenden, bis heute anhält, bei Jugendlichen jedoch der Fokus daraufliegt,beidezuvereinheitlichenbzw. standardisieren und allmählich nur HochdeutschinallenmöglichenKontexten zu verwenden. In diesem Zusammenhang
bietet die Cooperativa Neuland über ihre Bildungsabteilung Deutschkurse für AngestelltedesöffentlichenDienstesan.
Bezüglich der Kultur der Kolonie bemerkt Herr Heinz, dass sich eine kulturelle Offenheit und Anpassung an die moderne Zeitbeobachtenlässt,vielemennonitische Bräuche jedoch beibehalten werden. Früher waren z.B. Scheidungen nicht erlaubt und die Frauen mussten sich hauptsächlich mit der Hausarbeit beschäftigen. Heute arbeiten die meisten Frauen, Scheidungensind erlaubt und FrauenkönnenvonderKolonieunterstützt werden,wenn siesichtrennen.Außerdem gibt es heute Mischehen zwischen Mennoniten und „Lateinparaguayer*innen“
Es herrscht in der Kolonie auch ein Bewusstsein für den Umweltschutz. NeulandwardieerstederdreiSiedlungen, die 2018 eine Umweltgenehmigung als Resultat der Durchführung einer wissenschaftlichen Studie erhielt, um die Umwelt-auswirkungen der laufenden und geplanten Arbeiten in Landwirtschaft zu ermittelnundabzuschätzen.
InBezugaufdieindividuelleundkollektive Identität der Mennoniten in der Kolonie teilte Herr Epp mit, dass „wir uns mehr paraguayisch als deutsch fühlen: Das ist noch unsere Sprache, aber es gibt keine starkeVerbindungmehr.Wirglauben,dass Deutschland das Interesse an der deutschen Gemeinschaft in Paraguay verlorenhat.InderdeutschenGesellschaft haben sich Veränderungen vollzogen, z.B. bezüglich der Einstellung zu Geschlechterfragen und zur Migration. Diejenigen, die hierherkommen, fliehen vor der Vorgehensweise, wie Deutschland mit der
PandemieunddenMigrantenumgeht,die aus der ganzen Welt kommen und LeistungenvomStaaterhalten,obwohlsie kein Interesse an der hiesigen Kultur, SpracheunddendeutschenWertenhaben. Die neuen deutschen Auswanderer sehen, wie die europäische Gesellschaft zerstört wird“,äußerteEpp.
WieindenanderenKolonienbestehtauch in Neuland die Möglichkeit eines Schüleraustauschs mit Deutschland: Schüler*innen aus Neuland können sich einen Monat lang bei einer Familie in Deutschland aufhalten,um ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und die deutsche Kultur zu erleben. In der Vergangenheit bekam das Colegio Neuland viel Unterstützung aus Deutschland; diese ist heute jedoch praktisch nicht mehr vorhanden. Früher wurde z.B. eine Deutschlehrkraft entsandt, heute sind alle Deutschlehrenden in der Kolonie Einheimische. Abgesehen von der bereits erwähnten Unterstützung, die den Hochschulen der drei Kolonien zugutekommt, gibt es keine weitere FörderungvomdeutschenStaat.
„In den 1970er-Jahren gab essehrstarken Kontakt zu Deutschland, es wurden viele
SpendenundMittelzurVerfügunggestellt, aberdasist verlorengegangen.Heutegibt es wenig Kontakt, man zieht nicht mehr zum Studium oder zum Arbeiten nach Deutschland, heute kommen Deutsche zu uns.DennmitihrerRentelebensiehierviel besser.VieleverfügenübereinStückLand oder ein Haus oder eine Farm“, erzählte Epp.FürihnsindKultur,MusikundTheater die optimalen Bereiche für den Aufbau bzw. die Stärkung der Beziehungen und Austauschinitiativen mitDeutschland: „Die Menschen hier sind sehr offen und wollen sehen,wasmaninDeutschlandheutzutage macht und zu bieten hat“, sagte er abschließend.
Im Hinblick auf die neue deutsche Einwanderungswelle sei die Ansiedlung in Neuland,wieauchindenanderenKolonien derRegion,nichtsounkompliziert,daviele der Neuankömmlinge der Genossenschaft und dem Verein beitreten wollen. Dafür belegen sie einen Kurs, müssen diesen bestehenunddenentsprechendenBeitrag zahlen. Daneben sind die Lebenshaltungskosten aufgrund der Entfernung von der StadtteureralsinderOstregion.
ee Verwaltungsbezirk San Pedro

Zusammenfassung
HistorischgesehenwarenNuevaGermania und Volendam die bedeutendsten Kolonien im Bezirk San Pedro (früher Alto Paraguay). Heutzutage haben sowohl Nueva Germania als auch Volendam im Vergleich zu Kolonien in anderen geografischen Gebieten an Bedeutung verloren oder sind aufgrund ihres wirtschaftlichen Einflusses und ihrer kulturellen Prägungweniger anerkannt. Es konnten keine deutschen Kultur- oder Sportvereine in der Region ausfindig gemacht werden, die für diese Studie von Relevanz wären, daher wurde sie nicht besucht. Nachfolgend werden nur bibliografische Hinweise über Nueva GermaniaundeinvirtuellesInterviewüber Volendamdargestellt.
Neben den beiden oben erwähnten Kolonien sind noch weitere Gebiete im BezirkSanPedrowieFriesland,GreenRiver und Manitoba, wo die deutsche Sprache verwendet wird und die Bevölkerung
Verwaltungsbezirk
San Pedro
1.ColegioPrivadoVolendam(DSD)
2.ZentralschuleFriesland(DSD)
3.NuevaGermania
4.Volendam
Quelle:StiftungVerbundenheit
kulturelle Verbindungspunkte mit der deutschenKulturhat.
Analyse
Nueva Germania und Volendam unterscheidensich sowohlhistorischalsauch in der Aktualität von anderen Gemeinden in der Region San Pedro, was ihre VerbindungenzuDeutschlandundzurdeutschen Kultur angeht. In Anbetracht ihrer Größe und ihres Einflusses auf Verwaltungsbezirks-undLandesebenewirdjedochden Mittlerorganisationenempfohlen,eineerste indirekte, unterstützende Annäherung an diese Gemeinschaften anzuleiten; z.B. durch die Förderung der Gründung von einem Verband deutscher Schulen in Paraguay. Über diese Kontakt-stelle, die sich über die Schulen einrichten würde, könnten mehr Informationen über diese und andere Institutionen in der Region sowie über ihre jeweiligen Bedürfnisse eingeholt werden, mit denen schließlich gemeinsame Ziele und Arbeitslinien festgelegtwerdenkönnten.
Nueva Germania
UnterdendeutschenKolonieninParaguay ist Nueva Germania aus wirtschaftlicher Sicht von geringer Bedeutung. Dennoch wird sie in dieser Studie wegen ihres anekdotischen Wertes berücksichtigt, denn wahrscheinlich wurde keine andere Kolonie so bekannt wie diese. Gegründet wurde sie im Jahr 1886 von Bernhard Förster, dem Mann von Elisabeth Nietzsche, der Schwester des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche. Als deutsche Kolonie hatte sie ein sehr kurzes Leben, denn als Förster erkannte, dass seine Idee der Gründung eines „Neugermanien“ außerhalb Deutschlands nicht erfolgreich war, beging er in San Bernardino Selbstmord und Elisabeth kehrtenachDeutschlandzurück(Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción2010:46).
Förster war der Kopf einer preußischen antisemitischen Gruppe und hatte die Absicht, in Südamerika ein „Neugermanien“ zu gründen, wo alle Elemente der Jüdischkeit überhaupt verboten bzw. ausgeschlossen wären. Nueva Germania war die erste private und geschlossene Kolonie, die nur Deutschen offenstand. Förster schwebte auch eine sozialistische Utopievor.ObwohldieKolonieerfolgreich gegründet wurde, scheiterte das Experiment: Die Siedler*innen lebten in Isolation, was den Handel behinderte (Botschaft der Bundesrepublik DeutschlandinAsunción2010:80).
Heute sind in derKolonie keine starken Institutionen mehr vertreten, die den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur fördern. Dort wohnen Siedler*innen paraguayischer Abstammung sowie
deutsche Nachkommen. Die Letzteren fühlen sich in manchen Aspekten paraguayisch,z.B.wegenderGastfreundschaft, inanderenhingegendeutsch,z.B.inBezug auf die Form sozialer Organisation (IP Paraguay2018).
Volendam
Die Kolonie Volendam wurde 1947 von 44 deutschsprachigen Mennonitenfamilien gegründet, die während des Zweiten Weltkriegs vor dem Kommunismus in Russland flohen. Die Zahl der Deutschen oder deutschstämmigen Einwohner beträgtheuteetwa550.DieGemeinschaft istgenausowiemennonitischeKolonienin Chaco organisiert: Ein gemeinnütziger VereinmitSozialausschüssenkümmertsich um die zivilen Bedürfnisse und eine Genossenschaft um wirtschaftliche Angelegenheiten. In allen Schulen und Hochschulen in Volendam – die alle privat sind und von denen eine eine DSD-Schule ist – wird Deutsch unterrichtet: Schüler*innen im ersten und dritten Jahr der Sekundarstufe legen das Deutsche Sprachdiplom ab und jede Institution bekommt einen Beitrag entsprechend der AnzahlbestandenerPrüfungen.Deutschist dieHauptverkehrsspracheinderKolonie.
Bezüglich des Kontaktes zu anderen deutschen Institutionen führt die Kolonie derzeit ein gemeinsames Projekt zwischen ihrer lokalen Genossenschaft und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durch. Es besteht darin,inVolendameinenIndustrieparkfür die Imprägnierung und Verarbeitung von Holz mit dem Ziel einzurichten, InvestitionenimForstsektordurchdieEinführung silvopastoralerSystemezufördern.
Auf Basis der vorliegenden Analyse ergeben sich die folgenden Empfehlungen für die deutschsprachigen Kulturvereine undBildungseinrichtungensowiefürdiein Paraguay tätigen deutschen Mittlerorganisationen. Die Empfehlungen für die erste Gruppe zielen darauf ab, dassdiese sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu Multiplikatoren der AKBP entwickeln. Für die Mittlerorganisationen werden Empfehlungen ausgesprochen, um den Kontakt zu den Kulturvereinen und Bildungseinrichtungen zu stärken und so möglicheSynergieeffektezufördern.
5. Handlungsempfehlungen
einzelnen Personen abhängigen Arbeitsprozessen.
a. Handlungsempfehlungen für Vereine und Bildungseinrichtungen
TrotzderjeweiligenBesonderheitender21 Vereine und Bildungszentren, die im Rahmen dieser Studie besucht wurden, lassen sich gemeinsame Herausforderungen erkennen, die in den folgenden vier Empfehlungenzusammengefasstwerden:
• Stärkung der institutionellen Kapazitäten
Die meisten Kulturvereine und Bildungseinrichtungen weisen institutionelleundstrukturelleSchwächenauf.Zwar verfügenihreMitgliederbzw.Angestellten über ein hohes Maß an Engagement, besonders in den Vereinen zeigt sich jedoch ein ausgeprägter Grad an informellen, wenig strukturierten und von
Anhand des folgenden Beispiels lässt sich diese Beobachtung erläutern: Mehrfach wurde im Gespräch mit Mitgliedern von Vereinen und Bildungseinrichtungen die Schwierigkeit erwähnt, Verbindungen zu lokalen oder internationalen Institutionen aufrechtzuerhalten, da die entstandenen Verbindungen eher auf persönlichen als auf institutionellen Beziehungen beruhen. So hat beispielsweise eine Lehrkraft einer Schule in Paraguay Kontakt zu einer LehrkrafteinerSchuleinDeutschland,und man beschließt, einmal pro Woche eine virtuelle Unterrichtsstunde abzuhalten, in der Schüler*innen aus beiden Ländern die gleiche Lektion lernen und miteinander interagieren. Nach der Beendigung der Beschäftigung einer der beiden Lehrkräfte wird das gemeinsame Projekt eingestellt. Im Falle Paraguays ist dies darauf zurückzuführen, dass die Institutionen größtenteils weder über ein festes Organigramm mit Funktionen noch über definierteProzesseverfügen.Häufigfehlen personelle Kapazitäten für die Pflege interinstitutioneller Beziehungen. Aus diesem Grund werden die entstandenen Verbindungen bei einem Wechsel der ZuständigkeitenoderRollenunterbrochen. DiestrifftauchaufvieleKulturvereinezu.
In diesem Sinne sollten Vereine und Bildungseinrichtungen ihre Organisationsprozesse, Funktionsweisen und Planungsinstrumente professionalisieren, um die NachhaltigkeitundEffizienzihrerArbeitzu erhöhen. Mögliche Ansprech- und
und Verhandlungsfähigkeit gegenüber privaten oder staatlichen Organisationen, etwa bei Anfragen für finanzielle oder institutionelleUnterstützung,einhergehen.
EinerfolgreichesBeispielindieserHinsicht ist der Mennoniten-Verband „Asociación de las Colonias Menonitas del Paraguay“ (ACOMEPA). Im deutschsprachigen Schulund Kulturvereinsbereich gibt es keine VerbandsstrukturenwieetwaimNachbarland Argentinien. Die Vereinigung deutscher Schulen von Itapúa (Asociación deEscuelasAlemanasdeItapúa),dieunter anderem auch Spenden aus Deutschland verwaltete,hatsichmittlerweileaufgelöst. Verbands-Zusammenschlüsse sind jedoch äußerst wirksam und sinnvoll. Neben den genannten Vorteilen bezüglich des Ideenaustausches könnte mithin auch die Kommunikation mit den deutschen Auslandsinstitutionen verbessert werden. Diese können oftmals nicht mit der Bandbreite an einzelnen Vereinen und SchulengleichermaßeninKontakttreten.
IndiesemSinnewäreesratsam,dassnicht nur jeder Verwaltungsbezirk in Paraguay seinen eigenen Verband gründet, sondern langfristig eine nationale Dachverbandsstruktur angestrebt wird. Empfehlenswert wäre als mittelfristiger Schritt die Gründung eines Verbandes in der Region Chaco und dreier Verbände in der Ostregion(imSüdosten,imNordenundim Zentrum). Die Verbände sollten in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert sein, da diese Organisationsform in Paraguay mit geringem Aufwand gegründet werden kann. Die Fortschritte in der digitalen Kommunikation können eine Abstimmung
ohnegrößereKosten,etwafürReisenund Konferenzen,ermöglichen.
• Ergänzung der Aktivitäten durch zeitgemäße Kulturangebote
Viele Kulturvereine und Institutionen weisenseit JahrendiegleichenAktivitäten auf.Besondersausgeprägtistdie folkloristisch geprägte Traditionspflege. Diese Traditionen, die von Generation zu Generationvermitteltwurden,werdenbei den Festen und Aktivitäten der Vereine präsentiert. Die Bestrebung, die eigenen Wurzelnzubewahrenodersichzumindest regelmäßig an sie zu erinnern, ist in den deutschsprachigen Kulturvereinen in Paraguay sehr ausgeprägt. Dennoch entwickeltsichKulturweiter,indemMaße, wie sich auch Gesellschaften verändern. UmeinemöglicheRolleinderAuswärtigen Kultur- und Bildungspolitik einzunehmen, sollten auch die Vereine ihr Deutschlandbild aktualisieren und die Aktivitäten und Angebote durch zeitgemäße Kulturarbeitergänzen.DazusolltenVereinenicht davor zurückschrecken, ihr derzeitiges Angebotkritischzuüberprüfen.
In einigen besuchten Vereinen wurden auch Investitionen in neue Infrastrukturprojekte vorgestellt, z.B. der Bau eines Kunstrasenplatzes. Zudem wurden neue Veranstaltungsformate entwickelt, z.B. moderne Feste, die ein jüngeres Publikum ansprechen, wie im Falle des Deutschen Vereins in Obligado. Der Gesangsverein Sociedad de Cantores Armonía versuchte, vor allem junge Menschen anzusprechen, indemsieeineJugendgruppegründeten.
Viele der folkloristischen Vereinsangebote werden von einem breiten Publikum
angenommen. Deswegen sind Traditionsfeste auch ein wichtiger Bestandteil des Vereinswesens. Es sollte jedoch versucht werden, neue Kulturelemente in die Vereinsaktivitätenaufzunehmen.Folgende Websiten können hilfreiche Impulse über das aktuelle Deutschlandbild geben: www.dw.com, www.deutschland.de und portalalemania.com. Darüber hinaus kann mansichanOrganisationenwiedasCentro Cultural Paraguayo Alemán – GoetheZentrum in Asunción wenden. Besonders dieVerwendungneuerTechnologiensowie die Vermittlung von Information über Bildungs-undAusbildungsmöglichkeitenin Deutschland erfreuen sich bei jüngeren Generationen großer Beliebtheit. Auch virtuelle Angebote können eine gute, kostengünstige Option sein, um das Angebot zu diversifizieren (z.B. Vortragsreihen mitinDeutschlandlebendenPersonen).
Schließlich wird die strategische Planung aller öffentlichen Veranstaltungen wie Feste, Ausstellungen, Märkte usw. empfohlen,dievondendeutschsprachigen Vereinen in Paraguay angeboten werden. Essolltedaraufhingearbeitetwerden,dass sich die Aktivitäten ergänzen und dass der Veranstaltungsort und das Datum geplant werden. So können zum Beispiel lange Wochenenden genutzt werden, um mehrere Veranstaltungen zu bündeln, die Publikum aus anderen Teilen des Landes anziehen könnten. Über die Kontaktaufnahme zur lokalen Hotelbranche können z.B. spezielle Angebote für Gäste ausgehandelt werden. Zudem wird empfohlen, die Veranstaltungsplanung gemeinsam mit den Regionalbüros des Nationalen Sekretariats für Tourismus durchzuführen.
• Planung einer Kommunikationsstrategie
DieobengenanntenPunkte – Stärkungund Zusammenschluss von Institutionen –müssen mit einer starken Kommunikationsstrategieeinhergehen.DieseStrategie sollte im Rahmen der Verbandsstrukturen oder ähnlicher Strukturen entwickelt werden, um eine einheitliche Wirkung zu erzielen. Alle Vereine sollten sich an der Kommunikationsstrategieorientieren.
Ein erster Schritt besteht darin, dieZiele einer interinstitutionellen Kommunikationsstrategie festzulegen. Zweitens müssen Maßnahmen und Ressourcen zur Erreichung solcher Ziele beschlossen werden. An dieser Stelle ist es relevant zu erwähnen,dassdiemeistenVereineProfile in mehr als einem sozialen Netzwerk haben. Es gibt jedoch keine Kommunikationsplanung,umdieZahlderFollower zu erhöhen oder die Interaktion des Publikums auszubauen.Grundsätzlich sollte die Kommunikation als entscheidendes Element betrachtet werden, um 1) die bestehenden Verbindungen zwischen den VereinensowiedessenZusammenarbeitzu stärken; 2) neue Zielgruppen in die Aktivitäten einzubeziehen; 3) mit den Zielgruppen in einen Austausch zu treten, um so eine kontinuierliche Verbesserung derAngebotezugewährleisten.
Eine erste praktische Empfehlung ist, die Inhalte für zwei Zielgruppen zu konzipieren: zum einen für das schon vorhandene Publikum,d.h. Mitgliederund Partner der Institution; zum anderen für ein potentielles Publikum, d.h. andere Menschen in der Gemeinde, in den umliegenden Gemeinden oder sogar im
ganzen Land. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, in einer zeitgemäßen Sprache zu kommunizieren. Außerdem ist eine Affinität zu Sozialen Medien von Vorteil. Daher wird empfohlen, dass jede Institution einer geeigneten Person die Rolle des Community-Managers zuweist. Diese Person wird mit digitalen Kommunikationskanälen arbeiten, die in Paraguay sehr beliebt sind: Fast 70% der Bevölkerung nutzen regelmäßig das Internet und 60% (4,3 Millionen Menschen)nutzenaktivsozialeNetzwerke.
Dies zeigt, dass die potenzielle Zielgruppe, die mit einer zeitgemäßen Kommunikationsstrategieerreichbarwäre,sehrgroß ist.
Die Institutionen könnten auch an Schulungen über die richtige Nutzung sozialer Medien teilnehmen. Es gibt öffentlicheEinrichtungen,diesiekostenlos oderzugeringenKostenanbieten,wiez.B. den Servicio Nacional de Promoción Profesional (SNPP), das Sistema Nacional de Formación y Capacitación Laboral (SINAFOCAL) oder das Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologien (MITIC). Als Beispiel gelten auch einige Genossenschaften in den Kolonien der Chaco-Region, die ihre Marken durch Influencer bewerben. Die Marketing-Teams sollten in der Lage sein, dieses Wissen weiterzugeben und eine ähnliche Werbe- und Kommunikationsstrategie auf kulturelle Angebote der VereineundSchulenanzuwenden.
Je nach Zielgruppe und den Gepflogenheiten der Region kann die KommunikationübersozialeMediendurch andere, traditionelleStrategienergänzt werden. Der Verein könnte beispielsweise
ineinerRadiosendungauftretenundPreise für Verlosungen zur Verfügung stellen, oder Informationsbroschüren an strategischen Punkten wie Hotels, Tankstellen oderRestaurantsverteilen.Außerdemgibt es in Paraguay derzeit Fernsehsendungen über Tourismus, die landesweit ausgestrahlt werden. Dies wäre eine gute Plattform für spezielle Inhalte über die deutschen und deutschsprachigen Gemeinschaften in Paraguay und ihre kulturellenAngebote.
b. Handlungsempfehlungen für Mittlerorganisationen
Die folgenden Empfehlungen für Mittlerorganisationen basieren auf im Rahmen dieser Studie identifizierten Herausforderungen, sowohl bei den deutschen MittlerorganisationeninParaguayalsauch möglicher Synergieeffekte mit den deutschsprachigen Vereinen. Die EmpfehlungensollenmithindieVerbindungenund Zusammenarbeit zwischen den Vereinen unddenMittlerorganisationenstärken.
• Stärkung von Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen
Mittlerorganisationen sollten den Stärkungsprozess der deutschen und deutschsprachigen Vereine und Bildungszentren im Landesinneren begleiten und nach Möglichkeit – mit personellen, finanziellen, zeitlichen oder sonstigen Ressourcen – unterstützen. Die Stärkung wärefürdielokalenGemeinschaften,aber auch für die Mittlerorganisationen von
Nutzen. Diese Stärkung sollte sich selbstverständlich am Auftrag und den Zielen der unterstützenden Mittlerorganisationen ausrichten. In der Praxis würde dies bedeuten, dass z.B. die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland und die ZfA den Gründungsprozess eines Bundesverbandes deutscher Schulen in Paraguay fördern würden. Sowohl die Botschaft als auch die ZfA würden davon profitieren, einen einzigen Ansprechpartner zu haben, über den sie mit allen deutschen Bildungseinrichtungen in Paraguay kommunizierenkönnten.
In diesem Prozess erhalten MittlerorganisationeneinenerstenEinblickindas Potential und die Schwächen der deutsch bzw. deutschsprachigen Vereine und Schulen. Das ICPA – Goethe-Zentrum in Asunción oder die CCPAE in Encarnación könntenbeispielsweisemitKulturvereinen im Landesinneren bei der Werbung ihrer Angebote zusammenarbeiten. Eine weitere Möglichkeit wäre die Zusammenarbeit mit Schulen, an denen Deutsch unterrichtet wird, und die Vergabe von Stipendien an die besten Schüler*innen. Dadurch könnten die Mittlerorganisationen mit ihren Angeboten ein junges, deutschsprechendes Publikum in den Schulenerreichen.
• Unterstützung für Deutsch unterrichtende Schulen und Hochschulen
In Paraguay gibt es 17 PASCH-Schulen und mindestens 22 andere Bildungseinrichtungen, an denen ebenfalls Deutsch unterrichtet wird. In Letzteren ist der Kontakt zu den Mittlerorganisationen nur sehr eingeschränkt.DerDeutschunterricht
ist in diesen Institutionen oft historisch begründet. Viele Schulen sind aus deutschen Kulturvereinen hervorgegangen. Die Kontinuität des Deutschunterrichts ist hier leider aus finanziellen Gründen gefährdet, sollte aber als ein zu bewahrendes Element in den Schulen gesehenwerden.
Die von den Schulen geforderte Unterstützung muss nicht zwingend einen erheblichen finanziellen Aufwand für die Mittlerorganisationen bedeuten: Unterrichtsmaterialien, Unterstützung beiAustauschprogrammen oder die Entsendung von Deutschlehrkräften aus Deutschland wären einige Punkte. Grundsätzlich ist ein Mangel an Deutschlehrer*innen in Paraguayfestzustellen,derdasAngebotan Deutschkursenofteinschränkt.Vordiesem Hintergrund ist es ratsam, das Ausbildungszentrum in Filadelfia – die wichtigste Institution für die Ausbildung von Deutschlehrkräften – strategisch zu unterstützen.
Der Fokus der Unterstützung von Schulen mit Deutsch im Angebot könnte auf der Bereitstellung digitaler Lehrmittel liegen. Dadurch könnten Lieferkosten vermieden und der Unterricht dynamischer gestaltet werden. Es könnten auch Allianzen mit Lehrerausbildungsstätten in Deutschland geschlossen werden, damit Lehramtsstudenten ihre erforderlichen Praktika in deutschsprachigen Schulen in Paraguay durchführen können. Digitale Projekte mit deutschen Lehramtsstudenten und Schulen in Paraguay könnten ebenfalls Synergienfördern.
DendeutschenMittlerorganisationenwird geraten, Kontakt mit deutschsprachigen Schulen und Hochschulen, die nicht in der
PASCH-Initiative integriert sind, aufzunehmen.DasbereitsetablierteFormatdes „Paraguay-Tag“8 könnte angewendet werden, diesmal jedoch unter Einbeziehung dieser Bildungsstätten. Auf diese Weise könnten die Mittlerorganisationen sich ein klares Bild vom Zustand dieser Bildungseinrichtungen machen und erkennen, inwieweit Unterstützung möglich wäre. Als ergänzende Alternative könnten BesuchevorOrtstattfinden,umauserster Hand einen Einblick in die Realität dieser Institutionenzuerlangen.
• Unterstützung von Kulturvereinen
Im Allgemeinen haben alle Kulturvereine den Mangel an Unterstützung von Mittlerorganisationen angesprochen, d.h. offizielle deutsche Auslandsinstitutionen spielen heutzutage für die Kulturvereine der deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay, die sich für den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur einsetzen –keineprominenteRolle.Dieskönntedarauf zurückzuführen sein, dass in vielen Mittlerorganisationen keine spezifischen Ressourcen oder Aktionspläne für die Kooperation mit deutschsprachigen Kulturvereinenvorhandensind.
Die Bedeutung deutschsprachiger Kulturvereine als potenzielle Vermittler der deutschenKulturundSpracheimSinneder Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) wird dementsprechend bei Mittlerorganisationen nicht erkannt. Die Kulturvereine haben jedoch den großen
Vorteil, dass sie über sehr ausgeprägte lokale Kontaktnetzwerke verfügen und deshalb eine relevante Funktion in der Verbreitung der Inhalte der AKBP spielen könnten. Derzeit brauchen die meisten deutschsprachigen Kulturvereine jedoch Hilfestellungen, um die institutionellen Schwächen und fehlende Diversifizierung der Vereinsangebote zu überwinden. Hier könnte eine ideelle Unterstützung und Begleitung durch die Mittlerorganisationen, etwa durch die Beratung zu zeitgemäßem Kulturangebot in Bezug auf das moderneDeutschlandbild, dienötigen Anstöße geben. Die Unterstützung durch die deutscheBotschaft könnte beispielsweise darin bestehen, die Vereine in ihrer Vernetzung mit den Mittlerorganisationen –z.B. im Rahmen des „Paraguay Tages“ –zufördern.
Das ICPA – Goethe-Zentrum könnte seinerseits Künstler*innen aus ländlichen Regionen und deutschsprachigen Kulturvereinen in den Veranstaltungskalender integrieren. Für Chöre aus Lokalitäten wie Hohenau, Independencia oder aus den Chaco-Kolonien wäre dies eine bedeutende Förderung. Außerdem könnten Begegnungen zwischen lokalen Künstler*innenausdendeutschsprachigen Gemeinschaften und Künstler*innen aus Deutschland durch Mittlerorganisationen gefördertwerden.
8 JährlicheVeranstaltungderDeutschenBotschaft inAsunción,beiderVertreter*innenoffizieller
deutscherInstitutionenausdemganzenLand zusammenkommen
• Marketingstrategie „Deutsch für alle“
InParaguayherrschtdieMeinungvor,dass Deutsch eine der am schwierigsten zu erlernenden Fremdsprachen ist. Die Herausforderung liegt nicht nur im Sprachschwierigkeitsgrad, sondern auch amImageder„kompliziertenSprache“,das vielepotentielleInteressentenzurückhält.
DiesscheinteinerderGründedafürzusein, warum von mehr als 2.140 Studierenden, die im Rahmen des BECAL-Programms StipendienfüreinPostgraduiertenstudium in Paraguay erhielten, nur 10 Deutschland als Studienort gewählt haben. Die Minderung der „Angst“ vor der deutschen Sprache sollte für die Mittlerorganisationen eine Priorität darstellen. Das Centro Cultural Paraguayo de Encarnación hat sich dieser Aufgabe bereits angenommen und bewirbt seine Deutschkurse unterdemMotto„DeutschisteineSprache für alle“. Es wird empfohlen, dass Deutschlehrer*innen und Mittlerorganisationen ähnliche Kampagnen oder
Marketingstrategien entwickeln. Hier könnte sich eine Zusammenarbeit zwischen Mittlerorganisationen in Paraguay und Bildungs- und Forschungseinrichtungen deutscher Universitäten anbieten.
Eine Möglichkeit, dieses Ziel in die Praxis umzusetzen, könnte darin bestehen, mit deutschen Bildungseinrichtungen in der Región Oriental zusammenzuarbeiten, die akademischen Leiterzuschulenundihnen eine aktuelle Sichtweise der Bildung im Allgemeinen und des Deutschunterrichts zu vermitteln. In diesem Rahmen werden sie in der Lage sein, sie in Bezug auf die Inhalte anzuleiten und ihnen auch Verbindungen zu lokalen, regionalen und globalen Einrichtungen mit Bezug zu Deutschland zu vermitteln, mit denen sie Allianzen zur gegenseitigen Unterstützung bilden können. Dabei können vor allem virtuelle Räume geschaffen werden, in denendieSchulleiterihreBedürfnissezum Ausdruck bringen und so besser begleitet werdenkönnen.
Ziel dieser Studie war es, die aktuelle Situation deutschsprachiger Institutionen und Gemeinschaften in Paraguay zu analysieren, um ihr Potential als mögliche Multiplikatoren der deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) zu überprüfen. Nach Recherchen, Kontaktaufnahmen und Gesprächen mit 28 Institutionen, darunter Vereine, Schulen, Kulturzentren und Mittlerorganisationen, wurde festgestellt, dass es in ganz Paraguay eine große Vielfalt an Institutionen gibt, die bisher ohne signifikante Verbindungenzudenoffiziellendeutschen Auslandsinstitutionen in Paraguay mit ihren Aktivitäten dazu beitragen, dass die deutsche Sprache und Kultur landesweit vermitteltundpraktiziertwird.
In diesem Sinne stellt diese Studie fest, dasseseingroßes,bisherunerschlossenes Potenzial für eine Zusammenarbeit zwischen den deutschen Mittlerorganisationen und diesen Kulturvereinen gibt, diezuSynergieeffektenführenkönnte.
Viele Kulturvereine sehen sich besonders drei existenziellen Herausforderungen ausgesetzt. Erstens bestehen große Schwierigkeiten, junge Vereinsmitglieder anzuwerben. Dies führt nicht nur zu einer abnehmenden Mitgliederzahl, sondern auch zum Ausbleiben neuer Ideen und Aktivitäten in den Vereinen. Zweitens besteht die große Herausforderung darin, ein neues Publikum zu finden bzw. die Zielgruppe für die kulturellen Angebote auszubauen, auch wenn viele Vereine der deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay über Räumlichkeiten, Sportanlagen, etc. verfügen. Drittens haben die
6. Schlussbetrachtung
Kulturvereine Schwierigkeiten, die Einrichtungen finanziell zu erhalten, da die Einnahmen nichtausreichen, um die laufenden Kosten zu decken oder notwendigeInvestitionenzutätigen.
Die Bildungseinrichtungen, die Deutschunterricht anbieten, haben ihrerseits spezielle Schwierigkeiten: hohe Kosten für in Deutschland erstellte Unterrichtsmaterialien; die Schwierigkeit, einen Sprachunterricht mit aktuellen Inhalten über das heutige Deutschland; Mangel an Fortbildungsmöglichkeiten für Deutschlehrer*innen sowohl in der Sprache als auch im virtuellen Unterricht sowie fehlende Austauschmöglichkeiten zwischen paraguayischen und deutschen Schülern. Für einige Einrichtungen ist es schwierig, die Kosten für den Deutschunterrichtzutragen.
Als Vorteil sollten die oftmals sehr gute Gebäudeinfrastruktur und Größe der Grundstücke sowohl bei den deutschsprachigen Kulturvereinen als auch in den Bildungszentren beachtet werden. Außerdem handelt es sich in den meisten Fällen um Institutionen mit jahrzehntelanger Geschichte, die eine lokale Bekanntheit besitzen und mit ihren Aktivitäten und Veranstaltungen, z.B. die national bekannten Oktoberfeste in Colonia Independencia und Colonias Unidas, viele Menschen aus unterschiedlichensozialenSchichtenerreichen.
Mittlerorganisationen könnten von diesen starken Strukturen und bereits bestehenden Netzwerken profitieren, um ihrespezifischenDienstleistungenübersie anzubieten, die Aktionslinien der AKBP zu
verbreiten und ihr Publikum zu erweitern. In der Gemeinde Obligado werden beispielsweise Deutschkurse mit Unterstützung der örtlichen Gemeinde angeboten. Dies könnte eine Gelegenheit fürdasICPA – Goethe-Zentrumoderfürdie CCPAEsein,AllianzenzubildenunddieZahl virtuell erreichbarer Schüler*innen zu erhöhen.
Vereine und Bildungseinrichtungen könntenihrerseitsvonderZusammenarbeitmit Mittlerorganisationen profitieren, indem sie die Nachhaltigkeit ihrer Institutionen stärken. Heute kämpfen sie, wie bereits erwähnt, um ihr Überleben, da viele ihrer Mitglieder alt sind und das Publikum aufgrund des mangelnden Interesses junger Menschen nicht wächst. Dies spiegeltsichindenVorständenwiderundführt auch zu einem allgemeinen Desinteresse junger Menschen an der deutschen SpracheundKultur.Jedochsindgeradesie integrale Bestandteile der Tradition dieser Gemeinschaften, die keinen Aktualisierungsprozessdurchlaufenhaben.
Gleichzeitig bietet sich eine Chance für neue Partner in der jüngsten Einwanderungswelle aus Deutschland, über die es jedoch noch unzureichende Informationen und Kenntnisse bezüglich ihrer tatsächlichen Interessen und spezifischen kulturellen Praktiken gibt. In diesem Zusammenhang könnte eine gemeinsame Arbeit mit den Mittlerorganisationen von Vorteil sein, um die Aufgaben und Ziele intern zu überprüfen, VorschlägefürinnovativeMaßnahmenund Initiativen zur Ergänzung traditioneller
Arbeitslinien zu erarbeiten. Somit würde man den Einrichtungen ein neues Image verleihen, damit sie möglicherweise Partner der Mittlerorganisationen in der AKBPwerden.
Mit dem Ziel, einen Prozess der Überarbeitung, Erneuerung und Wiederbelebung der Institutionen umzusetzen und so die Bildung von Allianzen zu fördern, die sowohl den MittlerorganisationenalsauchdenVereinen und Bildungszentren sowie der Bevölkerung zugutekommen, wurden in dieser Studie eine Reihe von Handlungsempfehlungen zur Überarbeitung und Umsetzung vorgeschlagen.
Da es in Paraguay keineInstitutionen gibt, die die Rolle von Verbänden erfüllen - mit der möglichen Ausnahme der ACOMEPA, wasdiemennonitischenKolonienbetrifftwäreesfürbeideSeitenangebracht,erste Schritte zu unternehmen, um eine solche Struktur zu erreichen. Verbände, Vereine und Bildungszentren sollten sich mit Gleichgesinnten austauschen, um mehr über den Umfang ihrer Netzwerke zu erfahren und sich über ihre Schwierigkeiten und Stärken auszutauschen, um dann einen Prozess der Annäherung einzuleiten. Die Mittlerorganisationen könnten ihrerseits die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Unterstützung zugunsten solcher Partnerschaften analysieren. Diese Studie bietet einen ersten Ansatz für eine Akteurslandkarte potenzieller Allianzen, die zur Entwicklung neuerAnsätzegenutztwerdenkönnte.
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