Paracontact Herbst 2024

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Hindernisfrei bauen und leben

Eine neue Ära der intermittierenden Katheterisierung für Frauen bricht an

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Geschätzte Leserinnen und Leser

Die Paralympics symbolisieren das grosse Ziel von etablierten Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern. Gleichzeitig können sie den Startpunkt eines sportlichen Wegs für eine ganze Generation von Nachwuchstalenten wie auch Breitensportlerinnen und Breitensportlern sein, die sich der Herausforderung des Sports stellen wollen.

«Strahlkraft der Paralympics»

Rollstuhlsport Schweiz ist verantwortlich für diesen sportlichen Lebensweg, auch Athletenweg genannt. Diese Aufgabe verfolgen wir mit viel Herzblut! Jeder Rollstuhlfahrer, jede Rollstuhlfahrerin soll die Möglichkeit erhalten, diesen Weg im Spitzen- oder Breitensport gehen zu können, unabhängig der körperlichen Einschränkung.

Der Weg beginnt beim einschneidenden Touchdown mit dem Helikopter auf dem Dach des SPZ oder dem ersten Kids Camp von Rollstuhlsport Schweiz und findet einen Höhepunkt an den

Paralympics oder dem Basketballturnier eines Rollstuhlclubs. Dieser Weg muss attraktive Zwischenziele haben – zum Beispiel ein internationaler Wettkampf wie der Leichtathletik-Grossanlass ParAthletics in Nottwil. Auch Nachwuchsanlässe sowie Breitensportangebote sind wichtige Ziele, welche die Sporttreibenden motivieren und Erfolgserlebnisse im Sport ermöglichen, die weit in andere Lebensbereiche hinein ihre positive Strahlwirkung zeigen.

Nutzen wir die Strahlkraft der Paralympics, um den sportlichen Weg für alle Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer zu perfektionieren. Damit fördern wir integrative oder gar inklusive Lösungen und motivieren alle, damit Sport und Bewegung ein Teil ihres glücklichen Lebenswegs wird!

Mit sportlichen Grüssen

Peter Läuppi

Chef de Mission Paris 2024

Inspiriert von der Natur

Die NEUE HydraBalance™ Beschichtungs-Technologie für mehr Sicherheit1 und Natürlichkeit 2 beim Katheterisieren.

Bei Infyna Chic™ und VaPro™ Kathetern*.

*Ab 2024 bei VaPro™ Kathetern (40cm, 20cm und 40cm F-Style) in Langverpackung.

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2. Hollister Daten, TR-00643, 2023

Hollister, das Hollister Logo sowie HydraBalance, Infyna Chic und VaPro sind Warenzeichen von Hollister Incorporated. © 2024 Hollister Incorporated.

Jonny verwendet VaPro™ Katheter
Katie verwendet Infyna Chic™ Katheter

Herausgeberin

Schweizer Paraplegiker-Vereinigung

Kantonsstrasse 40, 6207 Nottwil

Telefon 041 939 54 00

E-Mail spv@spv.ch www.spv.ch

Chefredaktorin

Evelyn Schmid

Redaktion

Laurent Prince, Nadja Venetz, Felix Schärer, Michael Bütikofer, Daniela Vozza, Peter Läuppi, Peter Birrer, Tina Achermann

Koordination, Grafik, Inserate

Andrea Di Bilio-Waldispühl, Tina Achermann

Fotos

SPV, SPS, Adobe Stock, Jonas Gerber, Julien Humbert-Droz, Jonathan Liechti, Susi Heutschi, Urs Balmer, Tobias Lackner, Joel Jung, Patrick Oberlin, Jasmine Hodel, Olivia Zaugg, Team Urs Sigg, Chris Casas, Ships N’Wheels, LOC Zurich 2024, Dominique Meienberg/Pro Infirmis, Gabriel Monnet, Urs Lindt, CFRGE

Druck

Brunner Medien AG, www.bag.ch

Redaktionsschluss

Ausgabe Winter 2024: abgeschlossen

Ausgabe Frühling 2025: 1.12.2024

Auflage

8100 Exemplare deutsch

4 250 Exemplare französisch

Wir bemühen uns um gendergerechtes Schreiben, verwenden zur besseren Lesbarkeit manchmal die weibliche oder männliche Form stellvertretend für alle Geschlechter.

Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Fremdbeiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der SPV wieder. Ein Abdruck von unverlangt eingesendeten Manuskripten ist nicht gewährleistet.

WIR BEWEGEN

AKTUELL 6

AUS DER POLITIK

Wir lassen nicht locker! 9

INKLUSIONS-INITIATIVE Ziel erreicht 10

NACHGEFRAGT

Begegnungen schaffen 11

LEBENSBERATUNG

WERTVOLLE KONTAKTE

Voller Mut und Tatendrang 12

AHV/IV

vermeiden 15

RECHTSBERATUNG

UNFALLVERSICHERUNG

Finanzierung der Pflege zu Hause 16

MEDIZIN UND WISSENSCHAFT

BLOG

Marcel Hug

Der Leichtathlet Marcel Hug wird zum Blogger und lässt seine Fans bis zu den Paralympischen Spielen an seiner Welt teilhaben.

Im Blog «Beyond the Silver Bullet» teilt der Sportstar in den Wochen vor den Paralympics in Paris seine Gedanken. «Es sind Überlegungen und Erfahrungen, die mich persönlich betreffen, im Sport und im Leben als Mensch mit einer Körperbehinderung», verkündet Marcel Hug.

«Beyond the Silver Bullet» in Deutsch und Englisch

Fachtagung

Vom 6. bis 8. Juni 2024 fand in Weimar der diesjährige Jahreskongress der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP) statt.

Unter dem Kongressthema «Querschnittlähmung –Anspruch – Wirklichkeit –Chance» diskutierten Fachkräfte aus dem deutschen Sprachraum Innovationen, Therapiemöglichkeiten und Herausforderungen.

Der interprofessionelle Austausch, an dem sich auch die Lebensberatung der SPV beteiligte, soll die Versorgung von Querschnittgelähmten über die Landesgrenzen hinaus verbessern.

RECHTSBERATUNG

Forum Recht

Am 25. April 2024 fand in Nottwil das erste «Forum Recht» der Schweizer ParaplegikerVereinigung statt.

Das Interesse dieser ersten Austragung war gross. 85 Teilnehmende verfolgten die Ausführungen der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der SPV über Leistungen der Sozialversicherungen. Das «Forum Recht» wird auch 2025 durchgeführt, und zwar am 8. Mai 2025 unter dem Schwerpunktthema «Behindertengleichstellungsgesetz». Details zur Anmeldung geben wir rechtzeitig bekannt.

KRANKENVERSICHERUNG

Prämien

Einige Kantone verbilligen die Krankenkassenprämien, ohne dass die Versicherten einen Antrag stellen müssen.

In anderen Kantonen müssen die Versicherten einen Antrag auf Prämienverbilligung stellen. Das Gesuch um Prämienverbilligung ist bei der zuständigen kantonalen Behörde einzureichen. Die Fristen sind je nach Kanton unterschiedlich. Informieren Sie sich bei der für Sie zuständigen Behörde.

VERANSTALTUNG GameHotel

Das Hotel und Conference Center Sempachersee wird vom 2. bis 3. November 2024 zum GameHotel.

Diese Ausgabe des GameHotel widmet sich besonders den Themen Barrierefreiheit in Computerspielen und Inklusion. Diese stehen im Mittelpunkt aller Aktivitäten und Angebote während der Veranstaltung. Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von körperlichen Einschränkungen, Zugang zu Spielen haben und diese geniessen können. Dazu gehört auch die Anpassung der Spielsteuerung, die Einführung von Sprachsteuerung und die Bereitstellung von visuellem und akustischem Feedback.

Das GameHotel setzt sich aktiv dafür ein, eine inklusive Community zu schaffen, in der Vielfalt gefeiert wird. Workshops und Vorträge zu diesen Themen bieten tiefe Einblicke und praktische Tipps, wie Spieleentwickler und die Gaming-Community inklusiver werden können.

Kantonale Stellen für die Prämienverbilligung

Programm und Tickets hotelsempachersee.ch/ events/gamehotel

DMGP

Session in Neuenburg

Am 13. Juni 2024 fand im Grossen Rat von Neuenburg eine inklusive Session statt. Thematisiert wurden Fragen der politischen Teilhabe.

30 Menschen mit Behinderung und 30 amtierende Abgeordnete diskutierten und verabschiedeten Petitionen, die Massnahmen enthalten, damit alle Menschen gleichberechtigt ihre politischen Rechte wahrnehmen können. An den Gesprächen beteiligte sich auch Emmanuelle Domon Beuret, Interessenvertreterin hindernisfreies Bauen

der SPV. Sie betonte in der Diskussion die Wichtigkeit einer hindernisfreien Bauweise. Leider ist der barrierefreie Zugang politisch genutzter Gebäude noch nicht gewährleistet. Für eine gleichberechtigte Teilhabe braucht es weitere Anstrengungen der Parteien, der Gemeinden und des Kantons.

Die Session fand im Rahmen der nationalen Aktionstage Behindertenrechte statt. Vom 15. Mai bis 15. Juni sensibilisierten zahlreiche Aktionen im ganzen Land für Inklusion.

INCLUSION HANDICAP

Delegiertenversammlung

Die Delegierten von Inclusion Handicap verabschiedeten an der Delegiertenversammlung Mitte Juni eine Resolution zur Revision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG).

Der 2023 mit grossen Hoffnungen erwartete Entwurf des Bundesrats zur Teilrevision des BehiG sorgte bei den Behindertenverbänden für Ernüchterung. Nun fordern die Delegierten von Inclusion Handicap mit einer Resolution insbesondere einen klaren und umfassenden Schutz vor Diskriminierung und mehr systemische Mass-

nahmen zur tatsächlichen Gleichstellung von Menschen mit Behinderung über den Diskriminierungsschutz im Einzelfall hinaus. Zudem stellt sich die Resolution gegen die weitere Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts.

Darüber hinaus wählte die Delegiertenversammlung Nationalrat Islam Alijaj (SP/ ZH) und Sabina Schwyter-Küffer (Procap) neu in den Vorstand des Dachverbands und verabschiedete einen verbandsinternen Aktionsplan zur Umsetzung der UNOBehindertenrechtskonvention.

SPS

Vertragsverlängerung

Swiss Paralympic und die Schweizer ParaplegikerStiftung (SPS) verlängern ihren bestehenden Partnerschaftsvertrag bis Ende 2027.

Die SPS ist damit seit 25 Jahren Hauptsponsor von Swiss Paralympic. Die Stiftung unterstreicht mit der Vertragsverlängerung ihr Engagement für den Para-Leistungssport.

DIE ZAHL

210

Im Jahr 2023 kamen 210 Personen zur Erstrehabilitation nach Nottwil ins Schweizer ParaplegikerZentrum (Vorjahr 193).

Bei den neu eingelieferten Patientinnen und Patienten, die 2023 aufgrund eines Unfalls querschnittgelähmt wurden, waren Stürze die häufigste Unfallursache (35 %), gefolgt von Sportunfällen (33 %) und Verkehrsunfällen (27 %). Insgesamt wurden 1569 Patientinnen und Patienten stationär behandelt.

Weitere spannende Zahlen finden Sie im Jahresbericht 2023 der Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG).

Jahresbericht der SPG

AUS DER POLITIK

Wir lassen nicht locker!

SPV-Präsidentin Olga Manfredi diskutierte an der Vertragsstaatenkonferenz in New York die Umsetzung der UNO-BRK mit Delegierten aus der ganzen Welt.

Von Jonas Gerber, Inclusion Handicap

International, lebendig und divers: das ist die Vertragsstaatenkonferenz zur UNOBehindertenrechtskonvention (UNO-BRK) in New York. Einmal pro Jahr treffen sich dort Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter, NGOs sowie Delegierte der Vertragsstaaten und diskutieren die Umsetzung der UNO-BRK. 2024 waren neben Fachpersonen des Dachverbands Inclusion Handicap auch SPV-Präsidentin Olga Manfredi und Vizepräsidentin Annick Meystre Teil der Schweizer NGO-Delegation. Neben der Hauptkonferenz standen zahlreiche sogenannte Side-Events auf dem Programm. Die Schweizer NGO-Delegation organisierte auch dank der Unterstützung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung zum ersten Mal einen solchen Side-Event. Zusammen mit der offiziellen Schweizer Delegation besuchten die beiden Vertreterinnen der SPV zudem die ständige UNO-Mission der Schweiz und tauschten sich mit Pascale Baeriswyl, Schweizer UNO-Botschafterin, aus.

Side-Event zu strategischer Prozessführung

Der von Markus Schefer (Mitglied UNOBRK-Ausschuss) und Rio Hada (OHCHR)

moderierte Side-Event sensibilisierte NGOs aus aller Welt für die strategische Prozessführung als Instrument zur Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Menschen mit Behinderungen bringen die erlebten Diskriminierungen häufig nicht vor Gericht. Ihre Organisationen sind deshalb zur Unterstützung aufgefordert. «Wir dürfen Menschen mit Behinderungen in ihrem Kampf vor Gericht nicht allein lassen», betonte Markus Schefer gleich in seiner Eröffnungsansprache.

Gemeinsames Projekt der Schweizer Behindertenorganisationen Neben Referaten von ungarischen und USamerikanischen Expertinnen und Experten stand das Projekt «we claim» im Fokus. Dieses wird von Inclusion Handicap und seinen Mitgliederorganisationen (wie auch der SPV) getragen und setzt sich mit dem Mittel der strategischen Prozessführung für eine inklusive Gesellschaft ein. Olga Manfredi präsentierte den Fall zu den Doppelstockzügen FV-Dosto. Ein Fall, der die Behindertenorganisationen in den letzten Jahren «beschäftigt und geprägt» habe. Eine autonome Nutzung des Zuges für Menschen mit Behinderungen, insbe-

sondere Menschen im Rollstuhl, ist bis heute trotz rechtlicher Interventionen von «we claim» nicht möglich. Aus Sicht von Olga Manfredi nicht ein Problem der Umsetzbarkeit, sondern eine Frage des Willens. Für sie ist aber klar: «Wir werden nicht lockerlassen!»

Olga Manfredi am Side-Event

Unverzichtbarer informeller Austausch Neben zahlreichen informellen Gesprächen mit Delegierten aus verschiedenen Ländern, trafen sich Olga Manfredi und Annick Meystre beim Besuch bei der ständigen Schweizer UNO-Mission auch mit Pascale Baeriswyl. Mit der Schweizer UNOBotschafterin konnte sich die SPV-Präsidentin unter anderem über die Rolle von Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter und über die Umsetzung der Behindertenrechte austauschen. Für Olga Manfredi gehörte der informelle Austausch zu den Schlüsselelementen ihres Besuchs in New York: «Der persönliche Austausch hilft Türen zu öffnen, Prozesse in Gang zu bringen und letztlich vorwärtszukommen.»

INKLUSIONS-INITIATIVE

Ziel erreicht

Am 5. September überreichen wir die gesammelten

Unterschriften der Bundeskanzlei. Kommen Sie mit nach Bern und setzen ein Ausrufezeichen für Inklusion.

Die Inklusions-Initiative hat die erste grosse Hürde geschafft und erreicht die benötigte Anzahl Unterschriften. Mehr als 100 000 stimmberechtigte Personen haben sich für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung ausgesprochen. Wir bedanken uns herzlich bei allen, die sich in den letzten Monaten für dieses wichtige Anliegen engagiert haben.

Verfassungsänderung

Die Initiative verlangt, dass die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in der Bundesverfassung festgehalten wird. Der Gesetzgeber erhält den Auftrag, die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen sicherzustellen. Den Menschen mit Behinderung wird der Anspruch

auf alle Anpassungs- und Unterstützungsmassnahmen garantiert, die für die Gleichstellung nötig und verhältnismässig sind. Explizit aufgeführt sind die Ansprüche auf personelle und technische Assistenz sowie die freie Wahl der Wohnform und des Wohnortes.

Kundgebung zur Einreichung

Seit dem 27. April 2023 haben zahlreiche Personen und Organisationen Unterschriften für die Inklusions-Initiative gesammelt. Nachdem die Unterschriften von den Gemeinden überprüft wurden, überreichen wir die Initiative an die Bundeskanzlei in Bern. Dies geschieht am Donnerstag, 5. September 2024 ab 14.00 Uhr und zwar mit einer grossen Kundgebung. Seien Sie mit dabei!

Auf einer barrierefreien Bühne auf dem Bundesplatz in Bern sprechen Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter. Die Botschaft ist klar: «Nichts über uns ohne uns!»

Anschliessend bewegt sich der Demonstrationszug vom Bundesplatz über die Bundesterrasse in Richtung Bundeskanzlei, welche im Bundeshaus West ihren Sitz hat. Und weil die Bundeskanzlei nicht barrierefrei zugänglich ist, nehmen wir die Rampe gleich selbst mit. Als Menschenkette überreichen wir die rund 60 Kisten voller Unterschriften für die Inklusions-Initiative.

Was passiert danach?

Nach der Einreichung und der Prüfung der Unterlagen durch die Bundeskanzlei kommt es zu einer Volksabstimmung, ausser das Initiativkomitee zieht seine Volksinitiative zurück. Der Bundesrat sowie das Parlament prüfen die Initiative auf ihre Gültigkeit und haben die Möglichkeit, Alternativen zur Volksinitiative in der Form eines Gegenvorschlags oder Gegenentwurfs vorzuschlagen. Das letzte Wort kommt dabei dem Volk zu. Eine Abstimmung findet frühestens in zwei bis drei Jahren statt.

AUF NACH BERN

Damit wir auf dem Bundesplatz ein starkes Zeichen setzen können, sollen möglichst viele Menschen mit und ohne Behinderung vor Ort sein.

5. September 2024

14.00 bis 16.00 Uhr

Besammlung: Bundesplatz in Bern

Das Organisationskomitee unterstützt Sie bei Bedarf bei der Anreise. Ein rollstuhlgängiges WC ist vorhanden.

Tragen Sie die Farben der Initiative: Grün, Pink, Blau und Gelb.

Informationen und Kontakt: www.inklusions-initiative.ch

NACHGEFRAGT

Begegnungen schaffen

Schon lange bietet die SPV sogenannte Sensibilisierungskurse an. Nun haben die Verantwortlichen das Konzept neu ausgerichtet. Davide Bogiani, Leiter Bildung, gibt Auskunft.

Von Nadja Venetz

Ihr habt das Angebot überarbeitet. Weshalb?

Das Konzept unserer Sensibilisierungskurse hatte schon ein paar Jahre auf dem Buckel, als ich 2022 den Bereich Bildung übernahm. Der Fokus dieses Angebots lag auf dem Standort Nottwil. Mittlerweile gibt es aber das Besucherzentrum ParaForum der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Auch im ParaForum berichten querschnittgelähmte Gästebegleiter Gruppen aus ihrem Leben und sensibilisieren für ihre Bedürfnisse. Da macht es Sinn, dass wir Synergien nutzen, statt doppelspurig zu fahren.

Was heisst das konkret?

einen Rollstuhl zu setzen. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung hat zu diesem Zweck 20 Alltagsrollstühle angeschafft. Im Vergleich zum ParaForum bieten wir ein Modul zum Rollstuhlsport an. Wir schulen zudem (angehende) Fachkräfte aus den Bereichen Gesundheit und Sportpädagogik. Wer bei uns bucht, kann uns die gewünschten Schwerpunkte mitteilen.

gewinnen, vor allem in Regionen, in denen die Stiftung nicht so stark bekannt ist. Dieses dezentrale Angebot soll die Rollstuhlclubs entlasten, aber nicht konkurrenzieren. Jeder Club, der selbst in ähnlicher Weise Öffentlichkeitsarbeit leistet, soll das weiterhin tun.

Wer referiert an den Kursen?

Es sind alles Menschen, die selbst von einer Rückenmarksverletzung betroffen sind. Im Moment haben wir einen Pool von etwa 20 Personen. Die meisten sind Mitglied in einem Rollstuhlclub und damit SPV-Mitglied, aber nicht ausschliesslich. Ein Grossteil stammt aus der Region Zentralschweiz. Diesen Pool möchten wir vergrössern und Personen aus der ganzen Schweiz für diese Aufgabe gewinnen. Wer Interesse hat, darf sich gerne bei uns melden. Sobald wir mehrere Leute zusammen haben, werden wir eine Ausbildung anbieten.

Für wen sind die Kurse gedacht?

Neu werden alle Sensibilisierungskurse, die in Nottwil stattfinden, vom ParaForum koordiniert und durchgeführt. Wir von der SPV bestreiten die Kurse ausserhalb von Nottwil. Ford sponsert uns ein Jahr lang einen E-Bus, mit dem wir mit unserem Material zu den Kunden fahren können. Wir haben also sogar einen eigenen Sensibilisierungsbus.

Habt ihr auch Anpassungen an den Inhalten vorgenommen?

Wir haben unsere fünf Module neu strukturiert. Die Inhalte der Kurse, die das ParaForum anbietet, sind ähnlich, aber nicht deckungsgleich mit dem Angebot der SPV Bei beiden wird Wissen über Querschnittlähmung vermittelt anhand der Biografie der Referentinnen und Referenten. Und bei beiden Anbietern gibt es für die Kursteilnehmenden die Möglichkeit, sich selbst in

Welche Ziele verfolgt ihr mit den Kursen? Wir möchten für die Lebensrealität von Menschen mit einer Querschnittslähmung sensibilisieren, und zwar in der gesamten Schweiz in drei Sprachen. Wenn wir dies beispielsweise in Firmen oder bei angehenden Lehrkräften tun, schaffen wir Verständnis und Begegnung und damit den Boden für Inklusion. Das ermöglicht uns auch, neue Gönnerinnen und Gönner für die Schweizer Paraplegiker-Stiftung zu

Wir richten uns an Schulen, von der Primarstufe bis zur Universität, an Unternehmen und Non-Profit-Organisationen. Wir haben ein Preismodell erarbeitet, das abgestufte Tarife beinhaltet. Dieses Preismodell erlaubt uns, unseren Referentinnen und Referenten ein angemessenes Gehalt zu zahlen. Sobald sich unser Konzept in der Praxis bewährt hat, werden wir es entsprechend bewerben.

Tarife einsehen und buchen spv.ch/Sensibilisierung

Verschiedene Module für Schulklassen und Unternehmen

WERTVOLLE KONTAKTE

Buser

auf dem Hof wieder an.

Im Bild rechts ist er im Gespräch mit SPV-Peerberaterin

Chikha Benallal.

Voller Mut und Tatendrang

Nach einem Arbeitsunfall arbeitet Markus Buser (28) wieder auf dem elterlichen Bauernhof in Wenslingen BL. Das Selbstvertrauen kehrte auch dank Unterstützung und Tipps von anderen Betroffenen zurück.

Von Peter Birrer

Markus Buser ist in seinem Element. Wenn sich der leidenschaftliche Imker um seine Bienenvölker kümmert, blendet er alles um sich herum aus. Er stülpt die Schutzbekleidung über, achtet bei der Vorbereitung auf jedes Detail und gibt dann eine Kostprobe seiner Arbeit ab. Dann vergisst er auch, dass sein Leben vor zweieinhalb Jahren eine entscheidende Wende genommen hat

Bei einem Arbeitsunfall im Wald zog sich der gelernte Forstwart und Landwirt einen Bruch des achten Brustwirbels zu und erlitt ein schweres Schädelhirntrauma. Seither ist der heute 28-jährige Paraplegiker. Gewiss, die Querschnittlähmung schränkt ihn ein, aber sie hindert ihn nicht daran, auf dem elterlichen Hof in Wenslingen BL anzupacken. «Das ist meine Welt», sagt er.

«Es war mein Wunsch, dass ich auch mit dem Rollstuhl als Landwirt arbeiten kann.»

Dafür benötigt er einen eisernen Willen. Und Menschen, die ihm Mut machen, die ihn in seinem Vorhaben unterstützen, die ihm wertvolle Ratschläge geben.

Motivierender Zimmerkollege

Zu Beginn der siebenmonatigen Rehabilitation im REHAB Basel teilt Markus Buser das Zimmer mit einem erfahrenen Rollstuhlfahrer, der ihm versichert, dass trotz körperlicher Einschränkungen immer noch vieles möglich ist, zum Beispiel mit dem Mountainbike unterwegs zu sein und Hänge hinunterzubrausen. «Die Gespräche mit ihm brachten mir extrem viel», sagt Markus Buser, «dank ihm habe ich das nötige Selbstvertrauen wieder erlangt.»

Ausserdem ergibt sich eine Verbindung, die ihn zusätzlich bestärkt, sein grosses Ziel nicht mehr aus den Augen zu lassen. In einer frühen Phase der Rehabilitation lernt er Chikha Benallal kennen, die ihm als Peerberaterin die Leistungen der SPV präsentiert. Markus Buser nimmt das als Botschaft wahr, dass er in seiner Situation kräftig unterstützt wird: «Ich fühlte mich gut aufgehoben und wusste nun, an wen ich mich auch nach der Reha mit meinen Anliegen wenden kann.»

Chikha Benallal berichtet ihm nicht nur über die Vorzüge der SPV, sondern bietet an, den Kontakt zu einem befreundeten, querschnittgelähmten Landwirt herzustellen. Mit ihm spielt sie in ihrer Freizeit Tennis, und als sie von Markus Busers Beruf

Markus
packt

hörte, dachte sie: «Ein Austausch zwischen den beiden macht Sinn. Vielleicht kann Markus vom einen oder anderen Ratschlag profitieren.»

«Keine Zweifel, sondern Lösungen»

Tatsächlich telefonieren die beiden miteinander. Später kommt es zu einem ersten Treffen im REHAB Basel. Chikha Benallals Tennispartner wirkt mit seiner positiven Einstellung motivierend auf Markus Buser ein. Und er erklärt zum Beispiel auch, welche Hilfsmittel er einsetzt, um weiterhin seinen Beruf ausüben zu können. «Er und auch Chikha Benallal nahmen mir die Ungewissheit», sagt der 28-Jährige, «sie schürten keine Zweifel, sondern suchten immer nach Lösungen.»

Das gilt etwa beim Umbau eines Traktors, der mit einem speziellen Rollstuhllift ausgestattet wird. Damit kann sich der Landwirt hinters Steuer hieven und unterwegs sein wie früher. Oder er weiss, worauf er bei seiner Anhängerkupplung am Rollstuhl achten muss, die ihm erlaubt, einen kleinen Wagen hinter sich herzuziehen. Und da sind wichtige Hinweise beim Umbau des Bienenhauses – für den Imker ist darin alles so eingerichtet, dass er es sitzend gut erreichen kann.

Der Baselbieter sagt von sich, ein «relativ misstrauischer» Mensch zu sein. Die Hilfestellung der anderen Rollstuhlfahrer aber nimmt er dankend an. «Es handelt sich um eine Beratung auf Augenhöhe», sagt er, «wenn ich mich mit Betroffenen unterhalte, weiss ich, dass sie aus Erfahrung reden. Sie sprechen vom Gleichen und sind für mich sehr glaubwürdig.»

Der Bauernhof ist inzwischen so angepasst, dass er sich dort bestens zurechtfindet. Neben der Anpassung verschiedener Gerätschaften ist in der Maschinenhalle ein kleines Podest gebaut worden, um den Transfer vom und in den Rollstuhl zu erleichtern. Das Wohnhaus, das bislang nur über eine kleine Treppe zugänglich war, erreicht er nun mit einem Rollstuhllift. Ebenfalls auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist das Badezimmer.

Ein Lebenswerk weiterführen

Markus Buser lebt mit seinen Eltern und den Grosseltern sowie seinem Bruder unter einem Dach. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Familie ist gut spürbar und für den jungen Mann essenziell. Er ist dankbar für den Rückhalt, die Eltern wiederum sind dankbar, dass Markus nach der Rehabilitation voller Tatendrang auf den Betrieb zurückgekehrt ist. «Seine Vision ist zukunftsorientiert», sagen Cornelia und Andreas Buser, «uns würde es viel bedeuten, wenn unser Lebenswerk von ihm weitergeführt wird.»

Das ist es, was er mit aller Kraft anstrebt: Im Jahr 2032 würde er gerne den elterlichen Bauernhof übernehmen. In einem Konzept zuhanden der Invalidenversicherung (IV) schildert er detailliert, wie er dieses Ziel erreichen will. Er plant beispielsweise die Biodiversität aufzuwerten, keine Schweine mehr zu halten und von Milchkühen auf Schafhaltung umzustellen. Vom Hof abgelegene Flächen möchte er aufgeben und den Futterverkauf steigern. Von den skizzierten Plänen ist er überzeugt und er hat auch die Gewissheit, dass seine Eltern dahinterstehen.

Täglich Fortschritte erzielen «Kurz nach dem Unfall gab es ganz viele offene Fragen», sagt Markus Buser, «ich hatte keine Ahnung, ob und in welcher Form ich wieder auf dem Betrieb würde arbeiten können. Aber ziemlich rasch wuchs in mir das Bewusstsein, dass ich meine Selbstständigkeit unbedingt zurückerlangen will.» Er erzählt, was ihn antreibt: «Ich möchte täglich Fortschritte erzielen.» Und: «Mit meiner naturnahen Landwirtschaft wird es mir wieder möglich sein, einen bedeutenden Teil für unsere Gesellschaft beizutragen.»

Derzeit trägt er die Verantwortung für die bereits umgesetzten Biotope und plant mit Hilfe von Naturschutzorganisationen neue. Mit seinem angepassten Traktor hilft er seinem Vater auf dem Feld. Und in der Freizeit kümmert er sich um seine Bienen oder ist irgendwo in der Natur anzutreffen.

Markus Buser ist glücklich, dass er wieder seinen Traum leben und auf dem Bauernhof anpacken kann. «Ich bin wieder daheim, ich kann arbeiten. Dann geht es mir gut.»

Würde er anderen querschnittgelähmten Menschen, die in einem ähnlichen Metier tätig sind wie er, auch Tipps geben, wie er sie von Chikha Benallals Kollegen erhalten hat? «Ja», antwortet er, «aber fast noch wichtiger ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, die Mut machen.» Scannen und Video schauen

GBY.SWISS

ROLLSTUHL-AUFKLEBER

Das Logo von Rolland Bregy drückt anders als viele Rollstuhlpiktogramme Dynamik und Modernität aus. Es zeigt den Rollstuhlfahrer als aktiven Menschen in Bewegung.

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Rentenkürzungen vermeiden

Beiträge an die AHV sind in der Schweiz obligatorisch und werden anhand vom Lohn oder sonstigen Einkünften berechnet. Was ist zu beachten, wenn Sie nur sehr kleine oder gar keine Einkünfte erzielen.

Alle in der Schweiz wohnenden und erwerbstätigen Personen sind bei der AHV/ IV versichert und müssen einen prozentualen Teil ihres Einkommens als AHV/ IV-Beiträge leisten. Die Beitragspflicht beginnt am 1. Januar nach Vollendung des 20. Lebensjahres und endet mit dem ordentlichen Rentenalter. Dieses beträgt aktuell für Männer 65 Jahre. Für Frauen wird das Rentenalter ab 2024 schrittweise von 64 auf 65 Jahre erhöht. Die Zahlungen sind über die Jahre lückenlos zu leisten. Die Überprüfung und Gewährleistung der lückenlosen Beiträge liegen in der Verantwortung und im Interesse jedes Einzelnen.

Beitragspflicht

Die AHV/IV unterscheidet zwischen erwerbstätigen und nichterwerbstätigen Personen. Auch Nichterwerbstätige sind verpflichtet, die AHV/IV-Beiträge lückenlos zu bezahlen. Als Nichterwerbstätige gelten Personen, die kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielen. Dazu gehören:

– Frühpensionierte

– Bezügerinnen und Bezüger von IV-Renten

– Empfängerinnen und Empfänger von Kranken- und Unfalltaggeldern

– Studierende

– Ausgesteuerte Arbeitslose

– Geschiedene ohne Erwerbstätigkeit

– Verwitwete Personen ohne Erwerbsfähigkeit

– Ehefrauen und Ehemänner von Pensionierten, die nicht im AHV-Rentenalter und nichterwerbstätig sind

Auch Teilzeitarbeitende gelten unter Umständen als Nichterwerbstätige. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie weniger als den Mindestbeitrag von CHF 514.–pro Jahr aus Erwerbstätigkeit bezahlen. Aber auch wenn sie weniger als neun Monate im Jahr oder weniger als 50 % der üblichen Arbeitszeit erwerbstätig sind.

Für nichterwerbstätige Personen, die verheiratet sind oder in eingetragener Partnerschaft leben, entfallen unter Umständen eigene Beiträge, wenn der erwerbstätige Ehepartner oder die eingetragene Partnerin den doppelten Mindestbeitrag einbezahlt und bei Teilzeitarbeit die oben beschriebenen Kriterien erfüllt. Die Ausgleichskasse prüft auf Anfrage die individuelle Situation.

Lückenlose Beiträge

Es ist wichtig, die Beitragszahlungen im Auge zu behalten, da Beitragslücken eine Kürzung der AHV-Rente zur Folge haben. Wenn Sie eine oder mehrere Kategorien der Nichterwerbstätigkeit erfüllen oder unsi-

cher sind, melden Sie sich bei Ihrer AHVZweigstelle, damit Ihre Situation geprüft werden kann. Allfällige Beitragslücken können fünf Jahre rückwirkend mit Verzugszinsen nachbezahlt werden.

Ein Verzeichnis aller Ausgleichskassen finden Sie unter www.ahv-iv.ch. Für die Beurteilung von Einzelfällen geben die Ausgleichskassen und ihre Zweigstellen gerne Auskunft. Dort erhalten Sie bei Bedarf das Anmeldeformular. Die Anmeldeformulare sind auch auf den Websites der zuständigen Ausgleichskassen zu finden.

INFORMATIONEN

Zur Überprüfung der lückenlos einbezahlten AHV-Beiträge können Sie online auf der Website der AHV einen Kontoauszug Ihres individuellen Kontos (IK) bestellen.

Kontoauszug bestellen

Das Merkblatt «Beiträge der Nichterwerbstätigen an die AHV, die IV und die EO» gibt detailliert Auskunft. Zum Merkblatt

UNFALLVERSICHERUNG

Finanzierung der Pflege zu Hause

Wer am Rückenmark verletzt ist, benötigt oft Pflege zu Hause. Wir geben einen Überblick über den heutigen Stand der Kostenübernahme gemäss UVG.

Nach einem Unfall benötigen viele Personen zu Hause Pflegeleistungen Dritter. Dies wird nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) geregelt. Um den Umfang der zu erbringenden Pflegeleistungen zu bestimmen, lassen die Unfallversicherungen die Situation in der Regel durch eine Drittorganisation (z. B. die SAHB) abklären. Der Abklärungsbericht enthält ausführliche Angaben darüber, welche Pflegeleistungen zu erbringen sind und wie viel Zeit dafür erforderlich ist. Sobald die Unfallversicherung diesen Bericht erhält, erlässt sie eine Verfügung über die finanzielle Beteiligung an den ambulanten Pflegekosten der versicherten Person. Um diese zu verstehen, sind verschiedene wichtige Unterscheidungen zu machen.

Medizinische Pflege und nichtmedizinische Hilfe

In der Unfallversicherung wird nach Art. 18 UVV1 zwischen medizinischer Pflege und nichtmedizinischer Hilfe unterschieden. Für die Einteilung in die beiden Kategorien stützen sich die Unfallversicherungen auf die von der Krankenversicherung verwendeten Kategorien:

– Die medizinische Pflege entspricht den «Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung» im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Bst. b KLV. Dazu gehören unter anderem das Einführen von Sonden oder Kathetern und die damit verbundenen pflegerischen Massnahmen,

die manuelle Darmentleerung sowie das Spülen, Reinigen und Versorgen von Wunden, inkl. Dekubituspflege.

– Die Unfallversicherung entschädigt auch «Massnahmen der Abklärung, Beratung und Koordination» gemäss Art. 7 Abs. 2 Bst. 2 KLV.

– Die nichtmedizinische Hilfe entspricht den in Art. 7 Abs. 2 Bst. c KLV aufgezählten «Massnahmen der Grundpflege». Dabei handelt es sich unter anderem um die Körperpflege und das Duschen, Hilfe beim An- und Auskleiden, Hilfe beim Transfer vom und ins Bett und in den Rollstuhl sowie um die Dekubitusprophylaxe. Die Haushaltshilfe für eine versicherte Person (Mahlzeitenzubereitung, Reinigung usw.) hingegen gilt nicht als Pflegeleistung (medizinische Pflege oder nichtmedizinische Hilfe) und wird von der Unfallversicherung nicht vergütet.

Die Unterscheidung zwischen medizinischer Pflege und nichtmedizinischer Hilfe ist entscheidend für die Finanzierung. Die Unfallversicherungen müssen die medizinische Pflege (Bst. b KLV) sowie die Abklärung, Beratung und Koordination (Bst. a KLV) vollständig übernehmen. Dabei dürfen sie von der versicherten Person keine finanzielle Beteiligung verlangen. Die Hilflosenentschädigung (HE) kann von den Unfallversicherungen zur Finanzierung solcher Pflegeleistungen weder ganz noch teilweise in Abzug gebracht werden.

Mit der HE kongruente und nicht kongruente Massnahmen der Grundpflege Für die Übernahme nichtmedizinischer Hilfe (Grundpflege) ist zusätzlich folgende Unterscheidung zu machen:

Die mit der HE nicht kongruente Grundpflege ist vollumfänglich von der Unfallversicherung zu übernehmen. Im Besonderen kann sie für diese Pflege von der versicherten Person keine Beteiligung aus ihrer HE verlangen. Die Suva beispielsweise bezeichnet sie als «CC-Leistungen». Dazu gehören unter anderem die Hilfe beim Transfer vom und ins Bett und in den Rollstuhl, die aktive/passive Mobilisation und die Dekubitusprophylaxe.

Sofern Grundpflegeverrichtungen mit der HE kongruent sind, kann die Unfallversicherung von der betroffenen Person verlangen, dass sich diese einen Teil ihrer HE an die Grundpflegekosten anrechnen lässt. Im Urteil vom 21. Oktober 2021 (BGE 148 V 28) hat das Bundesgericht klargestellt, welche Quote der HE an die von der Unfallversicherung abzugeltenden Grundpflegekosten angerechnet werden kann. Mit diesem Urteil haben wir uns in der Sommerausgabe 2022 des Paracontact befasst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unfallversicherung, wenn die versicherte Person eine HE schweren Grades bezieht (CHF 2436.– pro Monat), von ihr eine Beteiligung von 85% der HE für derartige Grundpflegeleistungen verlangen kann, d. h. maximal CHF 2070.– pro Monat.

Alle von der HE gedeckten Massnahmen der Grundpflege, die CHF 2070.60 pro Monat übersteigen, gehen zulasten der Unfallversicherung. Sofern eine Hilflosigkeit für die alltägliche Lebensverrichtung «Fortbewegung/Pflege gesellschaftlicher Kontakte» vorliegt, beträgt die Beteiligung der versicherten Person bei einer HE mittelschweren Grades maximal CHF 1258.60 und bei einer HE leichten Grades maximal CHF 446.60. Wird für diese alltägliche Lebensverrichtung keine Hilflosigkeit anerkannt, ist die Unfallversicherung berechtigt, die gesamte HE mittelschweren oder leichten Grades als Beitrag an die Grundpflegekosten dieser Unterkategorie zu verlangen.

Die pflegende Person

Im Weiteren wird in Art. 18 UVV unterschieden, ob die Pflege zu Hause von einer «zugelassenen» oder einer «nicht zugelassenen» Person oder Organisation durchgeführt wird, d. h. ob sie die Voraussetzungen von Art. 49 KVV2 (Pflegefachleute) oder 51 KVV (Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause) erfüllt. Bei den «nicht zugelassenen» Personen handelt es sich in der Regel um betreuende Angehörige. Im Gegensatz zur Praxis der Krankenversicherung müssen betreuende Angehörige nicht zwingend bei einer Spitex-Organisation angestellt sein. Zudem muss der oder die betreuende Angehörige nicht zwingend der Familie der versicherten Person angehören. Auch eine Nachbarin oder ein Bekannter kann diese Aufgabe übernehmen.

Diese Unterscheidung bestimmt den Tarif, zu dem die erbrachten Leistungen vergütet werden (siehe unten). Die für die Leistungen betreuender Angehöriger angegebenen Tarife werden anhand der aktuellen Tabellen zur Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik (BFS) berechnet.

TARIFE

Medizinische Pflege Von der Unfallversicherung vollumfänglich übernommen

Nach der Publikation der neuen LSE-Tabellen 2022 sollten für Hilfeleistungen betreuender Angehöriger ab Juni 2024 folgende Tarife angewendet werden:

Nicht zugelassene Person (Angehörige)

Abklärung, Beratung und Koordination –5

Untersuchung u. Behandlung 30.80 CHF/h Grundpflege 27.60 CHF/h

Rückwirkende Überprüfung

Gestützt auf die erwähnte neue Rechtsprechung von 2021 müssen die Unfallversicherungen unter anderem die Übernahme der Grundpflegekosten anpassen. Die Suva erkundigt sich zum Beispiel mit einem Formular bei der versicherten Person, ob sie eine rückwirkende Überprüfung – längstens rückwirkend bis am 1. Januar 2017, als der neue Art. 18 UVV in Kraft getreten ist – der Pflegebeiträge wünscht. Da die Unfallversicherung berechtigt ist, mit Wirkung ab 1. Januar 2017 die HE zumindest teilweise an die mit dieser kongruenten Grundpfle-

Derzeit werden von den Unfallversicherungen folgende Stundenansätze angewendet:

Zugelassene Zugelassene Nicht zugel. Person Organisation3 Person4 (Angehörige)

geleistungen bzw. -kosten anzurechnen, kann es sein, dass bei einer rückwirkenden Abklärung der Unfallversicherung ein Anspruch gegenüber der versicherten Person zusteht. Ob im Einzelfall eine rückwirkende Abklärung zu einem solchen (ungewünschten) Ergebnis führt, lässt sich nicht leicht beurteilen. Das hängt von zahlreichen Faktoren ab. Wurden die Pflegeleistungen der betreuenden Angehörigen in der Vergangenheit nicht vergütet, spricht dies zum Beispiel eher für eine solche rückwirkende Überprüfung.

Fazit

Die Finanzierung der Pflege zu Hause durch die Unfallversicherung ist komplex und mit grossen persönlichen Herausforderungen für die Betroffenen und deren Angehörigen verbunden. Die Finanzierung der ambulanten Pflege führt immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Unfallversicherungen. Bei Fragen steht Ihnen das IRB gerne zur Verfügung.

Abklärung,

1 Verordnung über die Unfallversicherung

2 Verordnung über die Krankenversicherung

3 Tarifvertrag für Spitex-Organisationen

4 Tarifvertrag für freiberuflich tätige Pflegefachleute

5 Die der Kategorie «Abklärung, Beratung und Koordination» angehörenden Pflegeleistungen müssen zwingend von einer zugelassenen Organisation oder Person erbracht werden.

REHABILITATION

Risiko Lungenentzündung

Lungenentzündungen sind eine der häufigsten Komplikationen nach einer Querschnittlähmung. Die RESCOM-Studie liefert neue Erkenntnisse für die Zeit der Erstrehabilitation.

Infolge einer Verletzung der Hals- oder Brustwirbelsäule ist die Atemfunktion beeinträchtigt. Dies erhöht das Risiko für Komplikationen wie einer Lungenentzündung (Pneumonie). Eine Lungenentzündung schränkt die Lebensqualität von Betroffenen erheblich ein. Sie kann die Dauer der stationären Rehabilitation verlängern und im schlimmsten Fall zum vorzeitigen Tod führen.

Während der Rehabilitation nach einer Rückenmarksverletzung wird durch verschiedene Massnahmen versucht, die Atemfunktion und den Hustenstoss zu verbessern. Doch es gibt erst wenige wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie diese Funktionen optimiert werden sollten. Auch ist noch nicht ausreichend erforscht, wie sich das individuelle Risiko einer Lungenentzündung vorhersagen lässt.

Gross angelegte Studie

Mit diesen Fragen beschäftigt sich derzeit ein gross angelegtes Forschungsprojekt, die RESCOM-Studie. Sie startete 2016 und erstreckt sich auf zehn Rehabilitationszentren in der Schweiz, Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Australien. Über 500 Menschen mit Querschnittlähmung nehmen teil. Die Stiftung Wings for Life fördert die Studie mit 210 000 Euro. Zusätzlich unterstützt eine SwiSCI-Start-upFörderung die vier teilnehmenden Schweizer Paraplegie-Zentren. RESCOM ist in der Schweiz ein SwiSCI-Kollaborationsprojekt, die Patientinnen und Patienten wurden über die SwiSCI-Studie eingeladen.

Gabi Müller Verbiest von der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF) hat die RESCOM-Studie initiiert und leitet sie nun. «Unser Ziel ist es, das Risiko einer Lungenentzündung für spezifische Patientengruppen vorherzusagen, um möglichst früh individuelle präventive Massnahmen zu ergreifen. So soll die Lebensqualität von Menschen mit Querschnittlähmung verbessert werden», erläutert sie.

rend der Rehabilitation im Krankenhaus erhoben: zur Lungenfunktion, über Beatmung und Atemtherapie, aber auch in Bezug auf die körperliche Aktivität, Medikationen, Vorerkrankungen und viele weitere. «Wir untersuchen jeden Aspekt sorgfältig, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen», erklärt Gabi Müller Verbiest. «Nur so ist es uns möglich, gezielte Interventionen zu entwickeln, die einen echten Unterschied machen.»

Es gibt sehr viele Werte, die als Indikatoren für eine drohende Lungenentzündung in Frage kommen. Deshalb werden für die RESCOM-Studie umfassende Daten wäh-

Erste Zahlen – erste Überraschungen Nun liegen erste Ergebnisse der RESCOMStudie vor – und sie sind überraschend: Be-

Beatmungszeit verkürzen und das Risiko senken

troffene entwickelten ihre erste Lungenentzündung im Schnitt bereits sechs Tage nach der Rückenmarksverletzung. Bisher ging man davon aus, dass die erste Lungenentzündung deutlich später auftritt. Diese Erkenntnis hat grosse Auswirkungen darauf, wann mit der Atemtherapie oder anderen präventiven Massnahmen begonnen werden sollte, um einer Lungenentzündung vorzubeugen. Die Studie zeigt: so früh wie möglich nach Eintritt der Rückenmarksverletzung.

Ein zweites Ergebnis der RESCOM-Studie: 14 Prozent der Studienteilnehmenden, also eine von sieben Personen, hatte während der Erstrehabilitation mindestens eine Lungenentzündung. Studienleiterin Gabi Müller Verbiest vermutet, dass der tatsächliche Anteil noch höher liegt. Der Grund: Schwerstbetroffene, die z. B. vollständig beatmet werden, konnten oder wollten nicht an der Studie teilnehmen. Darüber hinaus bestätigt die Studie, dass Personen mit kompletter, traumatisch bedingter Tetraplegie am stärksten gefährdet sind. Einzelne erlitten während der Erstrehabilitation bis zu sechs Lungenentzündungen.

Behandlung anpassen

Die Ergebnisse zeigen, wie früh und wie häufig Lungenentzündungen auftreten und bei welcher Art von Rückenmarksverletzung das grösste Risiko besteht. So bietet die RESCOM-Studie die Grundlage für präzise und frühzeitigere Interventionen, um das Risiko einer Lungenentzündung für Menschen mit Querschnittlähmung zu minimieren. Ausserdem beeinflussen die Ergebnisse, in welche Richtung weitergeforscht wird.

Deshalb hat Gabi Müller Verbiest in Zusammenarbeit mit mehreren Partnerinstitutionen ein weiteres Projekt gestartet. Die Beatmungszeit soll verkürzt werden, um schneller mit der aktiven Atemtherapie zu beginnen. Dafür hat ein Schweizer Startup einen nichtinvasiven Stimulator für die Zwerchfellnerven entwickelt. Er soll den durch die Beatmung bedingten Abbau der Zwerchfellmuskulatur verhindern. Bleibt das Zwerchfell aktiv, kann die Entwöhnung von der Beatmung früher beginnen und das Risiko von Atemwegskomplikationen

Messung der Lungenfunktion zur optimalen Anpassung der Atemtherapie

nimmt ab. Gabi Müller Verbiest wird den Stimulator zusammen mit einem interdisziplinären Team aus Wissenschaft und Klinik auf der Intensivstation testen.

Zusätzliche Erkenntnisse

Für die RESCOM-Studie sind einige weitere Analysen in Arbeit. So verfolgt eine Teilstudie das Ziel, Vorhersagemodelle für die Lungenfunktion einer jeden Person während der stationären Rehabilitation zu entwickeln. Dies soll personalisierte Interventionen ermöglichen. Untersucht wird, welchen Einfluss auf die Lungenfunktion Faktoren wie das Alter, die Zeit seit dem Unfall und die Art der Rückenmarksverletzung haben. Für diese Studie werden die Lungenfunktionsdaten der RESCOMStudie mit Daten der SwiSCI-Studie ergänzt, um möglichst verlässliche Vorhersagen treffen zu können.

Zudem wird analysiert, wie sich Lungenentzündungen auf die Lebensqualität und Aufenthaltsdauer in der Rehabilitation auswirken. «Mit dieser Teilstudie wollen wir die umfassenderen Auswirkungen der Lungenentzündung verstehen, die über die unmittelbaren gesundheitlichen Folgen hinausgehen – insbesondere die Lebensqualität und die Dauer der stationären Rehabilitation», sagt Gabi Müller Verbiest. Und eine weitere Teilstudie untersucht die Effekte von Atemtherapie und Training. Die Forschenden untersuchen die Auswirkungen von Atemtherapie und körperlicher Be-

EMPFEHLUNGEN

Lungenentzündungen vermeiden

Empfehlungen, welche für alle Personen mit Querschnittlähmung gültig sind, gibt es keine. Zu unterschiedlich sind die körperlichen Voraussetzungen.

Vorbeugend für Personen mit einer (kompletten) Tetraplegie:

– lebenslang körperlich aktiv bleiben

– lebenslang ein inspiratorisches Atemmuskeltraining machen (Instruktion durch Physiotherapie/Sportmedizin)

Vorbeugend für Personen mit einer (kompletten) Tetraplegie sowie alle weiteren Personen mit Querschnittlähmung, die älter sind als 65:

– jährlich saisonale Grippeimpfung

– Pneumokokken-Impfung

tätigung (Sport- und Physiotherapie) während der stationären Rehabilitation auf die Atemfunktion. «Wir wollen verstehen, wie der Umfang an Therapien und Sport die Atemfunktion bei Menschen mit Querschnittlähmung beeinflusst», erläutert die Studienleiterin. Weitere Ergebnisse werden für die zweite Jahreshälfte erwartet und über den SwiSCI-Newsletter kommuniziert.

SwiSCI-Newsletter abonnieren www.swisci.ch

TOTALRENOVATION

Das Bijou am Waldrand

Der 52-jährige Solothurner Benjamin Gerber kaufte 2012 ein Haus im solothurnischen Lohn-Ammannsegg. Eingezogen ist er erst Mitte Mai 2024. Nach persönlich schwierigen Zeiten und einem aufwendigen Umbau eines in die Jahre gekommenen Objekts.

Von Peter Birrer

Das Haus befand sich beim Kauf in einem sehr schlechten Zustand. Und klar war: Wenn hier wieder einmal jemand wohnen will, ist eine Totalsanierung unumgänglich.

Benjamin Gerber sitzt am Stubentisch und hat einen dicken Ordner aufgeschlagen, einen Ordner mit Bildern, die dokumentieren, wie es hier einmal aussah. Und die den Unterschied zu heute noch deutlicher werden lassen.

Der Gastgeber führt durch die zwei Etagen, die mit einer Treppe und einem Vertikallift verbunden sind. Oben befindet sich die grosszügige Küche, integriert in einen ebenso grosszügigen, hellen Wohnbereich, dazu ein Gästezimmer und ein

barrierefreies Badezimmer. Auf dem unteren Stock gibt es das Schlafzimmer, nebenan ein Badezimmer, das sich durch eine Schiebetür erreichen lässt und in puncto Grösse keinen Wunsch offenlässt, dazu Büroräumlichkeiten und der Zugang zum Sitzplatz sowie zum Garten.

Es ist das stolze Ergebnis von intensiven Umbauarbeiten, denen eine anspruchsvolle Planung vorausgegangen war. Benjamin Gerber sagt: «Wir haben etwas Wunderschönes bekommen.»

Hausbesitzer seit 2012

Der 52-Jährige lebt nun wieder da, wo er aufgewachsen ist: in Lohn-Ammannsegg, einer beschaulichen Solothurner Gemeinde.

2015 machte ein Unfall den Heilpädagogen, der damals als Heimleiter arbeitete, zum inkompletten Paraplegiker. Er wohnte zu jener Zeit im Elternhaus, bei dem sich ein Umbau nicht rentiert hätte. Benjamin Gerber war nach der Rehabilitation in Nottwil weiter auf intensive Betreuung angewiesen und kam temporär im Wohn- und Pflegezentrum Sunnepark in Grenchen unter.

Benjamin Gerber zeigt Gerald Pappe sein neues Zuhause

2018 änderte sich seine Situation. Mit seiner Frau zog er im bernischen Bleienbach in eine Wohnung. Als bauliche Anpassungen gemacht wurden, lernte er Gerald Pappe kennen, einer der Architekten beim Zentrum für hindernisfreies Bauen der SPV. Nach den Anpassungen sei es für ihn eigentlich der perfekte Ort gewesen, barrierefrei und alle ihm wichtigen Läden in der Nähe, sagt er.

Aber im Hinterkopf hatte er trotz allem immer noch die Idee, irgendwann in jenem Haus zu leben, das er 2012 gekauft hatte: das in Lohn-Ammannsegg steht und 1961 gebaut wurde. Und jahrelang leer stand. In Benjamin Gerber wuchs der Wunsch, das Haus auf Vordermann zu bringen und –wann auch immer – einziehen zu können. Aber er hatte auch Bedenken, ja Ängste. Welche Anpassungen sind notwendig, um jemals dort wohnen zu können? Lässt sich das finanziell stemmen? Und macht die Bank überhaupt mit?

Er meldete sich wieder bei Gerald Pappe. Und die Geschichte kam ins Rollen. Pappe übernahm die Planung eines Umbaus, das

sich von vielen anderen unterscheidet. Von Routine kann keine Rede sein. Oder in Pappes Worten: «Es war eine superschöne Herausforderung, die weit über eine Badzimmeranpassung hinausging. Ein Projekt dieser Dimension haben wir beim Zentrum für hindernisfreies Bauen nicht so oft.»

Was er vorfand, war ein leergeräumtes Haus mit mehreren Zimmern, die für Benjamin Gerber «Chämmerli» waren. Der Wunsch des Hausherrn: eine grosszügige Gestaltung mit möglichst hohen Fenstern, die für lichtdurchflutete Räume sorgen würden, weil er sich nicht eingeengt fühlen will. Sitzt er nun in der Stube, kann er bei schönem Wetter eine Fernsicht bis in die Alpen mit Eiger, Mönch und Jungfrau geniessen. «Das Wohnen war mir schon immer wichtig», sagt Benjamin Gerber, «in den vergangenen Jahren hat es noch mehr an Bedeutung gewonnen.»

Zentral im Wohnbereich ist die Küche, die dort steht, wo sich früher die Terrasse befand. Als Gerald Pappe vorschlug, sie auf der Längsseite zu konzipieren, lieferte er als Argument mit: «Das ist ein Statement!» Womit er ausdrücken wollte: Das zeugt von Innovation, irgendwie auch Mut und Klarheit. Zudem sollte die Küche in den Wohnbereich integriert sein.

Familieninterne Bauleitung

Die Worte von Gerald Pappe hat Benjamin Gerber heute noch im Ohr. Er findet: Es hat sich gelohnt, dem Architekten zu vertrauen. Das Haus wird nicht einfach mit ein paar wenigen Handgriffen rollstuhlgängig gemacht, sondern einer Totalrenovation unterzogen. Man kann auch sagen: Bis auf den Rohbau des Gebäudes ist alles neu – denn auch die ganze Gebäudehülle ist ebenfalls aufgefrischt und neu isoliert worden. «Es wirkt deutlich grösser als vorher», sagt Gerald Pappe.

«Eine superschöne Herausforderung»

Die Voraussetzungen waren planungsintensiv für den Architekten und gleichermassen reizvoll. Mit den gezeichneten Plänen für das Vor- und Bauprojekt sowie der

Grosszügig und zweckmässig Der Hausumbau in Lohn-Ammannsegg ist gelungen

Begleitung des Baubewilligungsverfahrens schaffte das Zentrum für hindernisfreies Bauen eine wichtige Grundlage für die nachfolgende Ausführungsphase. Danach endete der Beitrag von Gerald Pappe am Projekt. Denn: Die Bauherrschaft findet für die Bauleitung eine «interne» Lösung, das heisst innerhalb der Familie. «Wir konnten auf Handwerker zurückgreifen, die den Umbau mit uns durchgezogen haben.»

So aufwendig das Ganze auch war, die Bauherrschaft hat auf gewisse Annehmlichkeiten bewusst verzichtet, zum Beispiel auf eine automatisierte Eingangstür. «Mir ist es auch im Rollstuhl möglich, die Tür manuell zu öffnen», sagt Benjamin Gerber. Auch nicht nötig war eine Unterfahrbarkeit in der Küche: «Ich finde mich sehr gut zurecht.»

Umbau dauerte ein Jahr Priorität hat generell die Zweckmässigkeit, die sich nicht zuletzt in den breiten Türen zeigt. Benjamin Gerber hat mit dem Rollstuhl Zugang zu sämtlichen Räumen. Die Umgebung komplettiert das Bild des Hau-

ses mit Sitzplatz und schönem Garten, inklusive Hochbeet, das so konstruiert ist, dass sich eine Person im Rollstuhl problemlos um das Angepflanzte kümmern kann. Ebenfalls neu ist der Carport, dazu eine Rampe, die in die untere Etage und den Garten führt.

Benjamin Gerber benötigt zwar einiges an Energie, um die Rampe zu meistern, aber diese ist eher für den Fall gedacht, wenn der Lift im Haus einmal nicht funktioniert. Zum anderen sieht der Hausherr dies als willkommene Trainingsgelegenheit.

Ein Jahr dauerte es, bis das Bijou am Waldrand von Lohn-Ammannsegg vollendet war. Benjamin Gerber schaute gelegentlich auf der Baustelle vorbei, um sich einen Eindruck zu verschaffen und so die Vorfreude zu schüren. Mitte Mai war es schliesslich so weit: Seine Frau und er verlegten ihren Lebensmittelpunkt von Bleienbach in die solothurnische Idylle. Und mit dem Einzug begann für ihn und seine Frau ein neues Kapitel.

PARAREISEN

Reisepläne sind die schönsten Pläne

Abschalten und Auftanken. Fahren Sie 2025 mit der SPV in die Ferien.

Von Nadja Venetz

Wir gehen mit Ihnen baden, zeigen Ihnen verwunschene Ecken, beeindruckende Kulturstätten und pulsierende Städte. Mit uns erleben Sie Abenteuer oder geniessen die Zeit des süssen Nichtstuns.

Wir sind sicher, dass Sie unter unseren Reiseangeboten für das kommende Jahr etwas finden, das Ihnen gefällt.

Unser Katalog «ParaReisen 2025» erscheint Anfang November. Einen ersten Einblick in das Angebot erhalten Sie bereits jetzt. Alle Reisen sind ab dem 11. November 2024 online buchbar. Haben Sie Fragen zu einer bestimmten Reise? Wir sind gerne für Sie da.

Kontakt reisen@spv.ch

DESTINATIONEN 2025

Fernreise für alle Mitglieder

Cancún (MEX) 1.–15.2.2025

Badeferien für alle Mitglieder

Malta

28.6.–5.7.2025

Kreta (GR) 4.–11.10.2025

Städtereisen für alle Mitglieder

Marrakesch (MA) 21.–28.3.2025

Berlin (D) 14.–17.8.2025

Regionenreisen für Mitglieder mit Tetraplegie

Spezialwoche Tessin* 26.4.–3.5.2025

Schweden 7.–14.6.2025

Regensburg (D) 21.–28.6.2025

Sarnersee 14.–17.8.2025

Nordseeküste

Niederlande 23.–30.8.2025

Badeferien für Mitglieder mit Tetraplegie

Zypern 17.–24.5.2025

Grado (I) 6.–13.9.2025

Costa del Sol (E) 20.–27.9.2025

Rhodos U30 (GR) 18.–25.10.2025

Sommerplausch

Moon & Stars Locarno 16.–20.7.2025

* Anmeldung mit fixer Betreuungsperson

Highlights 2025

CANCÚN

Für alle Mitglieder

Das türkisblaue Wasser schmiegt sich sanft an den weissen Sandstrand, der von Palmen gesäumt wird. Direkt am karibischen Meer vor dieser Traumkulisse wohnen Sie im luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel. Wer mag, legt sich an den Pool oder den privaten Strandabschnitt und lässt es sich gut gehen.

Cancún ist eine beliebte Touristenstadt auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Ferienhungrige aus der ganzen Welt reisen hierher, um den 23 kilometerlangen Sandstrand zu geniessen, das ausschweifende Nachtleben oder die vielen Wassersportaktivitäten.

Die Feriendestination überzeugt jedoch nicht nur mit touristischer Infrastruktur, sondern auch mit einer reichen Geschichte und so mancher Naturschönheit. Diese bringen wir Ihnen auf unseren Ausflügen näher. Dazwischen haben Sie immer wieder Tage ohne Programm. An diesen Tagen tun Sie, worauf Sie gerade Lust haben.

Datum 1.–15.2.2025

Gruppe max. 6 Rollstuhlfahrer*innen Inklusive Direktflug (Economyclass) ab Zürich, 13 Übernachtungen im Doppelzimmer, im Hotel all-inclusive, Mittagund Abendessen auf den Ausflügen, Ausflüge und Transfers

NORDSEEKÜSTE NIEDERLANDE

Für Mitglieder mit Tetraplegie

Der Sandstrand erstreckt sich so weit das Auge reicht und ist umgeben von malerischen Dünen. In Egmond aan Zee wohnen Sie luxuriös in einer neu errichteten, komplett barrierefreien Ferienanlage. Von hier sind Sie in fünf Minuten am Wasser. Also ab ans Meer! Gerade wenn ein ordentlicher Wind fegt und es zum Baden zu ungemütlich wird, gibt es in der näheren Umgebung viel zu sehen. Bunte Drachen steigen in die Luft. Schnelle und mutige Kitesurfer brettern über die Wellen.

Die zahlreichen Fahrradwege führen durch die Dünen und laden zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Im Städtchen Egmond aan Zee geht es gemütlich zu und her. Bummeln Sie durch die Geschäfte und Kaffees und kosten Sie den fangfrischen Fisch. Bereits von Weitem zu sehen ist der weisse Leuchtturm, das Wahrzeichen der Stadt.

Knappe 50 Kilometer von Egmond entfernt, liegt schon die Landeshauptstadt Amsterdam. Entdecken Sie die romantischen Grachten und bestaunen Sie weltberühmte Kunst in den vielen Museen.

Datum 23.–30.8.2025

Gruppe max. 6 Rollstuhlfahrer*innen Inklusive Direktflug (Economyclass) ab Zürich, 7 Übernachtungen in Appartements (getrennte Betten) mit Frühstück, Ausflüge und Transfers

BERLIN

Für alle Mitglieder

Berlin gehört seit Jahren zu den beliebtesten Zielen unter Städtereisenden. Warum das wohl so ist? Ganz einfach; die Stadt an der Spree hat schlicht für alle Interessen wahnsinnig viel zu bieten.

Da sind zum Beispiel die Geschichtsinteressierten, die sich am Checkpoint Charlie über die Teilung der Stadt in Ost- und Westberlin informieren. Shoppinghungrige bummeln durch das KaDeWe oder streifen durch die Szeneläden in Kreuzberg. Museumsfans vergnügen sich auf der Museumsinsel, Geniesser dinieren in den Gourmettempeln und Tanzwütige feiern in den angesagtesten Clubs.

Sie wohnen im Herzen Berlins direkt am geschäftigen Potsdamer Platz im Bezirk Mitte, die Shopping- und Ausgehmeile direkt vor der Tür. Von hier sind Sie in null Komma nichts beim berühmten Brandenburger Tor und dem weitläufigen Stadtpark Tiergarten.

Datum 14.–17.8.2025

Gruppe max. 6 Rollstuhlfahrer*innen Inklusive Direktflug (Economyclass) ab Zürich, 3 Übernachtungen im Doppelzimmer mit Frühstück, Ausflüge und Transfers

Anmelden Ab 11. November 2024 nehmen wir Ihre Buchung entgegen.

ERNÄHRUNG

Gesund essen macht Spass!

Lernen Sie am 19. Oktober, auf was man bei der Ernährung achten sollte, insbesondere wenn man im Rollstuhl unterwegs ist.

Bettina Senft, selbst Rollstuhlfahrerin, hat nützliche Tipps und Tricks!

Der Kurs wird online durchgeführt, so können Sie gemütlich von zu Hause teilnehmen.

Interessiert?

Ausschreibung

u. Anmeldung

KURS

Retter in der Not

Am 26. Oktober 2024 bieten wir in Nottwil einen ErsteHilfe-Kurs an.

An diesem Kurs lernen Sie, wie Sie als Rollstuhlfahrerin oder -fahrer in einer Notfallsituation angemessen reagieren.

Anmeldung unter spv.ch/ eventkalender

«Hej» aus Schweden!

Eine 14-köpfige SPV-Reisegruppe war vom 15. bis 22. Juni in und um die schwedische Hauptstadt Stockholm auf Entdeckungstour.

Die Reise für Personen mit Tetraplegie war mit vielen schwedischen Highlights gespickt. Vom Besuch des Vasa-Museums mit dem einzigen intakten Schiff aus dem 17. Jahrhun-

dert bis hin zum Ausflug in den Wildtierpark in Öster Malma, wo man Elche in der freien Wildbahn beobachten konnte. Am Ende der Reise durfte die Schweizer Gruppe mit den Einheimischen die Sommersonnenwende «Midsommar» feiern. Ein spektakuläres Fest!

Haben wir Ihre Reiselust geweckt? spv.ch/reisen

REISEN

ParaReisen Day

Lust auf Ferien? Am Sonntag, 10. November 2024, findet der ParaReisen Day in einem neuen Format in Nottwil statt. Kommen Sie vorbei – es ist keine Anmeldung notwendig.

Von 13.00 bis 16.00 Uhr sind alle Interessierten herzlich eingeladen, sich im hinteren Teil der Begegnungshalle im Schweizer ParaplegikerZentrum an unseren Ständen über die Destinationen 2025 zu informieren.

Gerne offerieren wir Ihnen Kaffee und Kuchen. Zusätzlich erhalten Sie mit dem Besuch einen einmaligen Rabatt von CHF 50.– auf unser Ferienangebot.

Das Reiseteam freut sich auf Ihren Besuch!

Weitere Informationen unter spv.ch/eventkalender

WORKSHOP

Social Media leicht gemacht

Facebook, Instagram oder X? Wir zeigen, wie Sie Social Media für sich und Ihren Rollstuhlclub nutzen können.

Am Workshop vom 16. November 2024 erfahren Sie, welche Vorteile Social Media bringt, welche Kanäle Ihren Bedürfnissen gerecht werden und wie Sie Ihre Freunde und Follower am besten erreichen. Der Workshop findet in den Räumlichkeiten der SPV statt. Anmeldeschluss: 3. November 2024.

Mehr erfahren auf unserer Website

LEIDENSCHAFT

Rhythmus und Eleganz auf Rädern

Tanzen ist im Rollstuhlclub Solothurn hoch im Kurs: Menschen im Rollstuhl bilden mit Fussgängerinnen und Fussgängern Paare. Nun steht ein Highlight an.

Von Peter Birrer

Tanzen im Rollstuhl – wie soll das funktionieren? Und worin besteht der Reiz? Wer sich mit Rosmarie Waldburger darüber unterhält, erfährt nicht nur, welche Voraussetzungen gefragt sind. Die 82-Jährige aus Hubersdorf SO, Mitglied der Rollstuhltanzgruppe Solothurn seit der Gründung 1998, betont auch: «Tanzen tut sowohl dem Körper als auch dem Geist gut.» Sie gerät geradezu ins Schwärmen, wenn sie von ihrer Leidenschaft berichtet: «Ich liebe das!»

Auf dem Tanzparkett bewegen sich die Personen im Rollstuhl nicht allein zur Musik. Sie bilden Paare mit Fussgängerinnen und Fussgängern. Cha-Cha-Cha, Discofox, Jive, Englischer Walzer, Rumba, Tango, Foxtrott, das Repertoire ist breit. Wer den Tanzenden zuschaut, merkt eines sehr bald: Da steckt einiges an Arbeit hinter den Bewe-

gungsabläufen. «Tanzen ist in dieser Kombination anspruchsvoll», sagt Rosmarie Waldburger, «wir müssen aufeinander eingehen und uns verstehen.»

Kurse im Frühling und Herbst Fritz Lüthi kann das nur bestätigen. «Von Sportlerinnen und Sportlern werden wir manchmal belächelt. Dabei erfordert es Einfühlungsvermögen, um die Balance zu halten und mit der Partnerin oder dem Partner zu harmonieren.» Fritz Lüthi ist 72, Tetraplegiker seit 45 Jahren, Mitgründer des Rollstuhlclubs Solothurn – und seit jeher ein begeisterter Tänzer. Er ist stolzer Besitzer einer Jukebox mit rund 15 000 Singles, von den Boss-Buebe bis Deep Purple, und seit zwanzig Jahren organisiert er Tanzkurse für Menschen im Rollstuhl.

Jeweils im Frühling und im Herbst treffen sich mehrere Paare in der Sporthalle des Schweizer Paraplegiker-Zentrums in Nottwil. Fünf Einheiten à zwei Stunden beinhaltet der Kurs, der sich über fünf Wochen erstreckt. Heinz Meier, der sportliche Leiter der Gruppe, bringt den Teilnehmenden im Rollstuhl die Technik bei und macht ihnen vor, welche Bewegungen sie beherrschen müssen.

Für die Fussgängerinnen und Fussgänger ist derweil Marcello Schneider zuständig. Der Tanzlehrer aus Horw bringt sich seit mehr als zehn Jahren in dieses Projekt ein und ist angetan vom Spirit, der während der Lektionen herrscht. «Die funkelnden Augen der Teilnehmenden drücken Lebensfreude und Dankbarkeit aus. Sie schätzen das Angebot enorm», sagt er, «und wenn sie Fortschritte machen, geht auch mir das Herz auf.»

Tanznacht am 9. November in Oensingen

Lektionen oder Tanzabende sind für Leute wie Heinz Meier die besten Gelegenheiten, um alles um sich herum zu vergessen und sich vom Alltag zu lösen. «Ich tauche dann in eine andere Welt ein», so formuliert es der 65-Jährige aus Bottmingen BL, «das Tanzen gibt mir ein befreiendes Gefühl.» Ausserdem merkt er, wie positiv sich das auf seine Gesundheit auswirkt: «Durch das Tanzen vereinfacht sich auch der Umgang mit dem Rollstuhl. Ich bin mit einer ganz anderen Dynamik unterwegs.»

Nun steht am 9. November ein besonderes Ereignis an – es ist so etwas wie das Highlight des Jahres: die Tanznacht in Oensingen. Fritz Lüthi und sein Team wünschen sich, dass nicht nur Rollstuhlfahrer und ihre Partnerinnen dabei sein werden, sondern sich ein inklusiver Anlass ergibt. Rosmarie Waldburger stellt sich auf einen vergnüglichen Abend ein, an dem sie ihr Können unter Beweis stellen kann und schöne Stunden erlebt. Wie sagt sie doch: «Tanzen macht mich glücklich.»

Tanznacht vom 9. November Informationen und Anmeldung spv.ch/eventkalender

Drei Tage lang 100 Dezibel

Jeweils Mitte Juni verwandelt das Greenfield-Festival Interlaken in ein Mekka für Rockmusikfans. Auf zwei Bühnen spielen über 30 Bands und in den Partyzelten wird die Nacht zum Tag. Heuer feiert eine Gruppe der SPV mit.

Von Nadja Venetz

«Scream for me Greenfield», fordert der Sänger der Metalband Machine Head das Publikum auf. Ein Chor aus mehreren Tausend Kehlen brüllt zurück. Die Band ist eine von 38, die an diesem Juniwochenende den Flugplatz in Interlaken zum Toben bringen. Pro Tag sind hier über 25 000 Fans auf dem Gelände, 13 davon mit der SPV. «Einmal ans Greenfield, das ist ein Lebensziel von mir», verkündet Sandro, als wir in Nottwil einsteigen. Fabiana besuchte mit

ihrer Assistentin Larissa bereits letztes Jahr das Greenfield-Festival, für alle anderen ist es eine Premiere.

Wir übernachten in der Jugendherberge in Interlaken statt wie viele Festivalbesucher auf dem Camping. Tausende Zelte stehen hier dicht an dicht. Und bevor wir zum Konzertgelände gelangen, rollen wir durch diese temporäre Zeltstadt. Ein eigener Shuttlebus fährt uns von der Jugendher-

berge zum Gelände und wieder zurück. Spätnachts bzw. genau genommen frühmorgens nach der letzten Band sind alle heilfroh, rasch zurück im warmen Zimmer zu sein. Und auch wer sich zwischendurch mal hinlegen will, ist dankbar für den flexiblen Fahrdienst von Sepp. So können alle ihren Festivalbesuch ganz nach ihren Bedürfnissen gestalten. Benoît hat sich extra die lokale Spitex organisiert, welche die morgendliche Pflege übernimmt.

Rollstuhlpodest Grandioser Blick auf die Bühne

Während viele Festivals auf Feld und Wiese stattfinden, sind die meisten Wege auf dem Greenfield asphaltiert. Praktisch, wenn man mit dem Rollstuhl unterwegs ist. Wir sind bei Weitem nicht die einzigen. Die Rollstuhltribüne vor der Hauptbühne ist gut belegt und bietet beste Sicht auf das Konzertgeschehen über tausende Köpfe hinweg. Bei Einbruch der Dunkelheit erleuchten aufwendige Lichtshows und Pyrotechnik glückliche Gesichter. Die Stimmung ist ausgelassen, der Alltag weit weg. Was haben wir heute eigentlich für einen Wochentag?

Punk und Metal

Musikalisch dominiert harte Gitarrenmusik. Manches gefällt, manches irritiert. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Während Kraftclub wird auch auf dem Rollstuhlpodest eifrig getanzt. Wer kann, klatscht bei Dropkick Murphys, die Irish Folk und Punk mischen, im Takt oder klopft im Rhythmus auf die Armlehne des Rollstuhls. Bei The Prodigy vibrieren die intensiven Bässe im ganzen Körper. Ein Schild warnt vor epileptischen Anfällen, welche die Lichtshow auslösen könne. Green Day spielen über zwei Stunden lang ihre vielen Hits. 30 000 singen mit. Gerade bei den grossen Bands wird es auch auf dem Rollipodest eng. Hinauf aufs Podest führt eine Rampe, die allerdings eine amtliche Steigung aufweist. Ordner, die ein Auge darauf haben, dass nur Berechtigte Zutritt erhalten, helfen beim Schieben. Ab und zu fühlen sich auch Festivalbesucher dazu berufen.

Die meisten tragen schwarz. Totenköpfe, spitze Nieten, Tattoos und Piercings. «Wir könnten stundenlang nur die Leute angucken», sind sich Gruppenleiterin Andrea und Teilnehmerin Sarah einig. Was grimmig wirkt, erweist sich als umgänglich. Schnell ergeben sich Gespräche. «Alle sind ganz easy drauf», meint Sandro. Und auch Tito ist begeistert, wie die Leute zur Seite gehen, wenn er seine Partnerin Hirijet durch die Menge schiebt. Das selbst zu später Stunde, als bei einigen der Alkoholpegel deutlich die kritische Grenze überschritten hat. Hilfreich ist Sandros SwissTrac. Das grelle Frontlicht des Zuggeräts teilt nach Konzertende die Masse wie Moses das Rote Meer.

Wer von all den Gitarrenriffs eine Pause braucht, verpflegt sich an den vielen Essensständen oder bummelt durch den Markt. Verschiedene Partyzelte laden ein, zu feiern, bis die Sonne wieder aufgeht. Selbst für die Fussballfans ist gesorgt, die im Public Viewing die Spiele der Europameisterschaft verfolgen. Diese Nebenschauplätze sind allerdings nur bedingt rollstuhlgängig. Ab und zu braucht es eine helfende Hand, um über den hohen Tresen zu greifen oder einen Absatz zu bewältigen.

Backstage

Am Freitag dürfen wir einen Blick hinter die Kulissen des Festivals werfen. Starkoch René Schudel begrüsst uns in seiner Küche. Während wir uns mit Pommes und Schnitzelbrot verpflegen, gibt es Sterneküche für die Bands und VIPs. Hinter der Bühne parken mehrere Lastwagen. Jede Band bringt ihre eigene Produktion mit. Die Logistik hinter einem solchen Grossanlass bringt uns zum Staunen. Nach Anekdoten aus den Künstlergarderoben fragen wir vergeblich. Offenbar ist das Rockstarleben nicht so ausschweifend, wie wir uns das vorstellen. Als wir von der Backstage-Führung wieder zurück auf dem Konzertgelände sind, fängt es an zu nieseln. Es ist das einzige Mal, an dem wir unsere Regenjacken brauchen.

«Grandios», «mega», «Hammer», «unvergesslich». Als ich die Teilnehmenden nach ihren Eindrücken frage, wiederholen sich die Adjektive. Alle sind sich einig: Das war ein phänomenales Wochenende. Und auch eine andere Aussage wiederholt sich: «Die Reise mit der SPV gab uns die Gelegenheit auszuprobieren, wie rollstuhlgängig das Greenfield ist. Ein nächstes Mal trauen wir uns das auch allein zu.» Für Lea steht fest: «Es war das erste, aber nicht das letzte Mal.»

Erstes Festival nach Benoîts Unfall
Backstage bei Starkoch René Schudel
In Feierlaune Die Gruppe der SPV
Bitte seriös Lea und David

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SENSIBILISIERUNG

Mamas Aha-Moment

Mitte Juni fand auf der Rossweid in Sörenberg das alljährliche Kinderfest statt –dank der SPV zum ersten Mal mit barrierefreien Aktivitäten.

Jedes Jahr im Juni organisiert die SPV das Kids Camp, ein Sport- und Freizeitcamp in Nottwil für Kinder im Rollstuhl und deren gesamte Familie. Dieses Jahr speziell: Das Camp verliess das Gelände des Schweizer Paraplegiker-Zentrums und reiste zum Kinderfest nach Sörenberg. Dieser alljährliche Anlass im Erlebnispark «Mooraculum» bietet mit verschiedenen Posten Spiel und Spass für die ganze Familie.

Kindliche Akzeptanz

Es ist wichtig, Berührungspunkte zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zu schaffen. Dies ist einer von vielen Gründen, warum sich die SPV für eine inklusive Durchführung des Kinderfestes einsetzte. Die teilnehmenden Familien des Kids Camps mischten sich unter die Besucherinnen und Besucher des Kinderfestes. Dialoge entstanden, Vorurteile wurden abgebaut. So trafen Fussgängerinnen und Fussgänger auf Rolli-Kids und gingen ge-

meinsamen Aktivitäten nach. Es war überraschend zu sehen, wie die Kinder ohne Mobilitätseinschränkung eine bemerkenswerte Unvoreingenommenheit gegenüber den Kindern im Rollstuhl zeigten: «Meine Tochter ist eine Beobachterin und sehr neugierig», berichtete die Mutter eines Kindes ohne Behinderung. «Nachdem ich einem Mädchen im Rollstuhl einen steilen Weg hochgeholfen hatte, erwartete ich die Frage meiner Tochter, warum das Mädchen im Rollstuhl sitzt. Sie hat sich nach dem Mädchen erkundigt, allerdings nicht nach dem Rollstuhl. Ihre Behinderung war für meine Tochter überhaupt kein Thema. Das hat mich überrascht.»

Sensibilisierte Eltern

Gross war das Interesse an den Rollstühlen allerdings dann, als es darum ging, selbst darin zu sitzen und auszuprobieren. Mehrere Rollstühle in verschiedenen Grössen standen bereit. Wer Lust hatte, durfte auf

Begegnungen schaffen am Kinderfest in Sörenberg

einem Parcours eine kurze Strecke mit Hindernissen und Aufgaben bewältigen. Der Parcours wurde rasch zum Höhepunkt des Kinderfestes. Während für die Kinder das spassige Erlebnis im Vordergrund stand, erlebten ihre Eltern hingegen einige AhaMomente: Angespornt von ihren Kindern, drehten auch sie die eine oder andere Runde im Parcours. «Mir ist da erst aufgefallen, wie schnell ein kleines Hindernis wie ein Bordstein unüberwindbar wird», bemerkte eine Mutter nachdenklich. «Das gibt mir ein ganz neues Verständnis. Das ist sicher eine wertvolle Erfahrung für alle.»

Langfristige Ziele

Die Bergbahnen Sörenberg wollen barrierefreier werden und nutzen dafür auch das Fachwissen der SPV. Die Zusammenarbeit kommt nicht von ungefähr: Da die SPV gemeinsam mit den Bergbahnen Sörenberg seit Jahren Wintersportkurse anbietet, war die Idee eines gemeinsamen Sommerprojekts naheliegend. Das Resultat konnte sich sehen lassen: Rund 160 Kinder kamen mit ihren Familien und vergnügten sich im Erlebnispark «Mooraculum» – darunter 17 Kinder im Rollstuhl. Ein vielversprechender Anfang, der hoffen lässt, dass andere Veranstaltungen bald diesem Beispiel folgen.

SOMMERFERIEN

Chillen auf Mallorca

Erstmals organisierte die SPV Badeferien für U30-Gäste. Joel Jung aus Ermensee kostete die Tage an der Sonne von Mallorca aus – mit Meeresfrüchten, Fussball, Baden und lustigen Stunden am Ballermann.

Von Peter Birrer

Mallorca? Meer? Sonne? Klingt verlockend. Joel Jung zögert zwar mit der Anmeldung, weil er befürchtet, dass die Temperaturen für ihn zu hoch sein könnten. Aber der Reiz des Abenteuers ist eben doch zu gross.

Ein paar Ferientage auf der berühmten Baleareninsel, Abstecher an den Ballermann, unbeschwerte Stunden mit Freunden verbringen – nein, die Reise will er nicht auslassen.

«Das kommt schon gut», sagt der 26-Jährige aus Ermensee LU und unterstreicht sein Motto mit einem breiten Lachen. Er ist ein Mensch, der gern mit guter Laune durchs Leben geht. Daran ändert auch der 5. Januar 2020 nichts. Ein Autounfall macht Joel zum Tetraplegiker. Fast fünf Jahre später meldet er, ganz Optimist: «Es rollt wieder.»

Nun also bietet sich die Gelegenheit, nach Mallorca zu fliegen. Andrea Gisler, die als Fachspezialistin Querschnittlähmung zum Team der ParaWG gehört, bringt die Geschichte mit ihrer Idee ins Rollen: Wieso soll nicht einmal eine U30-Gruppe, also Leute unter 30 Jahren, Sommerferien in einem Badeort geniessen?

«Ferien sind immer gut»

Das Reiseteam der Schweizer ParaplegikerVereinigung nimmt den Vorschlag auf, arbeitet ein Programm aus und stellt fest, dass ein solches Angebot tatsächlich auf Interesse stösst. Sechs Rollstuhlfahrer wollen sich Mallorca nicht entgehen lassen. Die Delegation umfasst mit Pflegebegleitung, professionellen Pflegenden der ParaHelp und einem Badeassistenten 14 Personen.

Joel Jung erhofft sich vor allem Erholung. Und vergnügliche Tage. «Ferien sind immer gut. Das wird garantiert lustig.» Fliegen ist für ihn nicht wirklich eine Herausforderung. Im März 2024 reiste er mit dem Rugby-Nationalteam nach Neuseeland, dagegen ist der Weg nach Mallorca «ein Hüpfer», wie er sagt.

Gewiss, die vielleicht sommerlichen Temperaturen sorgen für leise Bedenken. Aber angespannt ist er gleichwohl nicht so wie 2022, als er mit einer Kollegin nach Ägypten reiste und nicht so recht wusste, was ihn erwartet. Die Mallorca-Woche ist von A bis Z organisiert, die Betreuung ist gewährleistet – was soll da noch schiefgehen?

Tagwache mitten in der Nacht

Der 6. Juli ist der Tag, der für Joel in der Nacht beginnt. Um 4.30 Uhr klingelt sein Wecker, um 5.45 Uhr chauffiert ihn sein Vater Urs aus dem Luzerner Seetal an den Flughafen in Kloten. Um 7 Uhr trifft sich die SPV-Reisegruppe, etwas mehr als drei Stunden später hebt die Maschine Richtung Palma de Mallorca ab. In 1000 Kilometer Entfernung herrscht ein angenehmes Klima. Der Transfer vom nahen Flughafen zum Hotel an die Playa de Palma klappt reibungslos wie alles, was danach kommt. «Die Organisation war top», fasst Joel zusammen.

Die Unterkunft bietet eine Infrastruktur, die von den Schweizer Gästen geschätzt wird: grosszügige Zimmer, keine Teppiche, keine unüberwindbaren Hürden und ein Pool, der keine Wünsche offenlässt. Zu den Annehmlichkeiten zählt auch die Halbpension mit einem reichhaltigen Buffet. Zwischendurch gönnt sich die Reisegruppe eine Köstlichkeit in einem Restaurant ausserhalb der Hotelanlage. MeeresfrüchteLiebhaber wie Joel kommen jederzeit auf ihre Kosten.

Der neue Spanien-Fan

Eingeläutet wird die Woche mit einem ersten Abstecher an den Strand, gefolgt von Fussball. Die Schweiz spielt im EM-Viertelfinal gegen England, und Joel ist, wie alle anderen auch, mit Leidenschaft dabei. Das Mitfiebern hilft zwar nichts, die eigene Mannschaft verliert in einem nervenaufreibenden Penaltyschiessen, aber Joel weiss sich zu helfen. Er kauft sich ein Trikot der Spanier und drückt fortan ihnen die Daumen.

Die Woche ist geprägt von süssem Nichtstun. Oder in den Worten des jungen Luzerners: «Chillen war angesagt. Ich schlief aus, und nach dem ausgiebigen Frühstück trafen wir uns meistens am Pool.» Er mag das Wasser, wobei er das Baden im Pool vorzieht. «Einmal wagte ich mich ins Meer, das auch für uns Rollstuhlfahrer gut zugänglich war. Und notfalls hätten wir immer Hilfe von anderen Touristen bekommen. Aber als nicht so versierter Schwimmer fühlte ich mich im Pool sicherer.»

Der Tag endet für die Jungs nicht, wenn die Sonne untergeht. Sie tauchen zwischendurch in die Welt des Ballermanns ein, nur wenige Minuten von ihrem Hotel gelegen. Dort trifft sich das junge Partyvolk, dort verbringen auch die sechs Kollegen aus der Innerschweiz samt Begleitpersonen die eine oder andere lustige Stunde. Zieht die Gruppe mit den Rollstühlen die Aufmerksamkeit auf sich? «Ich merke gar nicht mehr, wenn ich angeschaut werde», erklärt

Joel. Lieber kostet er die Momente aus und schaut nicht auf die Uhr. Marco Michel, auch ein Reiseteilnehmer, bemerkt: «Joel hat endlos Energie.»

Die Batterien sind aufgeladen

Der gelernte Maurer, der nach dem Unfall eine Teilzeitstelle im Büro eines Tiefbauunternehmens fand, schwärmt von der Stimmung innerhalb der Reisegruppe. «Wir verstanden uns alle bestens. Und das Schöne war, dass jeder tun und lassen konnte, was er wollte», sagt Joel, «ich konnte meine Batterien aufladen.»

Ob er jungen Tetraplegikerinnen oder Tetraplegikern eine U30-Reise an die Sonne empfehlen würde? «Unbedingt! Natürlich könnte man solche Ferien auch selber organisieren. Aber es wäre doch relativ aufwendig. Die Organisation durch die SPV war top, die Betreuung rundherum ebenso. Es hat wunderbar gepasst.»

FERIEN MIT DER SPV

Sind Sie interessiert mit der SPV in die Ferien zu fahren?

Unser Reiseangebot für das kommende Jahr finden Sie auf den Seiten 22 und 23. Schreiben Sie uns:

Kontakt reisen@spv.ch

Geniessen und erholen Joel Jung verbringt mit seiner Reisegruppe entspannte Tage

Fahrkarten sind vergeben –Weichen stehen auf Sieg

Die Mitglieder der Schweizer Delegation stehen fest. Der TGV Lyria bringt die Schweizer Athletinnen und Athleten im Schnellzugtempo nach Paris, wo sie nach Edelmetall streben.

LIVE MITFIEBERN

Die Nähe zu den Spielen mit der guten Erreichbarkeit werden bestimmt viele Schweizer Fans in die französische Hauptstadt locken.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Paralympics werden alle Sportarten aufgezeichnet und live übertragen.

France Télévisions bietet mit 300 Stunden Live-Berichterstattung einen kostenlosen Zugang zu allen Wettkämpfen. Auch die SRG wird alle Medaillenentscheide mit Schweizer Beteiligung live im Fernsehen zeigen und auf SRF sowie RTS in einer täglichen Abendsendung über die Paralympics berichten.

Dies bietet die Chance, dass das Interesse am paralympischen Spitzensport in der Schweiz auf ein neues Niveau gehievt wird.

Vom 28. August bis zum 8. September 2024 treten rund 4400 Athletinnen und Athleten an 549 Wettkämpfen in 22 Sportarten gegeneinander an. Das sind so viele Teilnehmende wie noch nie. Die Anzahl der Sportarten bleibt hingegen dieselbe wie in Tokyo 2020. Somit steigt die Konkurrenz in verschiedenen Disziplinen merklich an, was es für das Publikum umso spannender macht.

Oh Champs-Élysées

Zum ersten Mal wird die Eröffnungszeremonie ausserhalb eines Stadions stattfinden. Paris 2024 bringt den Sport direkt ins Zentrum der Stadt. Die Champs-Élysées und Place de la Concorde werden zur lebendigen Kulisse für einen aussergewöhnlichen Moment. Es wird vier Bühnen geben, auf denen abwechselnd und oft gleichzeitig künstlerische Darbietungen stattfinden. Wie viele der Para-Sportlerinnen und -Sportler der Delegation daran teilnehmen, ist noch nicht genau bekannt. Der Entscheid ist für jeden Sportler, jede Sportlerin eine Gratwanderung zwischen der strickten Fokussierung auf die eigenen Wettkämpfe und dem «Aufsaugen» der paralympischen Atmosphäre.

Grosse Emotionen und Medaillengaranten Traditionsgemäss stehen in der Schweizer Delegation die Rollstuhl-Leichtathletinnen und -Leichtathleten im Fokus der medialen Aufmerksamkeit und der Medaillen-

hoffnungen. Schliesslich holte das Trio Debrunner, Hug, Schär in Tokio sensationelle elf Medaillen. Manuela Schär wird sich in Paris auf der Bahn zum letzten Mal auf Medaillenjagd machen. «Es wird aufregend, emotional und spannend. Einerseits freue ich mich auf meine letzten Bahnwettkämpfe, andererseits wird es eine Challenge sein, meine Emotionen in Schach zu halten und in positive Energie aufs Antriebsrad umzuwandeln», beschreibt die Krienserin ihre Gefühlslage vor ihren letzten grossen Stadion-Auftritten.

Ihre Teamkollegin Catherine Debrunner will nach den ersten paralympischen Erfolgen in Japan nun in der französischen Metropole so richtig loslegen: «Ich freue mich sehr auf die Rennen auf höchstem Niveau und hoffe auf möglichst viele Zuschauer. Darunter werden auch viele Freunde und meine Familie sein. Klar, dass ich da die «beste Catherine» sein will, die ich je war.»

Auch ihr Kollege, der international «Swiss Silver Bullet» genannte Marcel Hug, freut sich sehr darauf, dass die Früchte der akribischen Vorbereitung endlich geerntet werden können. «Ich habe mich mit harten Trainings auf das Ziel Paris 2024 eingestimmt. Die letzten Wochen vor den Paralympics ziehen sich dann doch immer noch etwas in die Länge und sind mit organisatorischen Dingen ausgefüllt. Nun freue ich mich auf spezielle Spiele so nahe bei uns. Die kurze Anreise ermöglicht, dass

viele vertraute Gesichter auf den Rängen sein werden. Das gibt mir den Extrakick», so der Dominator der Klasse T54 der vergangenen Jahre.

Gute Mischung

Das Schweizer Team zeichnet sich vor allem durch einen guten Mix zwischen erfahrenen Kräften und paralympischen Rookies aus, die in Paris Neuland erkunden. 17 Athletinnen und Athleten aus den Sportarten Badminton, Handbike, Leichtathletik, Rudern, Sportschiessen und Tennis steuert Rollstuhlsport Schweiz zur Delegation bei. Zusammen mit den 10 stehenden Athletinnen und Athleten von PluSport bildet sich die 27-köpfige Gruppe, die in Paris um Edelmetall kämpft.

Swiss Paralympic lebt Exzellenz und will die Schweizer Bevölkerung mit Mut und Entschlossenheit inspirieren, wie der Delegationsleiter der paralympischen Mission Peter Läuppi erklärt: «Die Delegation ist nicht die grösste der Schweizer Paralympics-Geschichte, das Leistungspotenzial ist jedoch beindruckend. Wir schaffen gemeinsam mit beiden Verbänden ideale Voraussetzungen und Strukturen, damit Athletinnen und Athleten ihre Bestleistungen abrufen können. Dadurch werden diese Paralympischen Spiele nicht nur einen bleibenden Eindruck bei den teilnehmenden Athletinnen und Athleten hinterlassen – sie können sogar Sportgeschichte schreiben!»

Von einem Grossereignis zum nächsten

In Paris beginnen für die Handbikerinnen und Handbiker Ende August die Wochen der Wahrheit. Erst kämpft das Para-Cycling-Team am Ufer der Seine um Edelmetall, dann geht es beinahe nahtlos weiter an die Limmat. Dort fahren sie dann an der inklusiven Heim-WM in Zürich um die UCI-Regenbogen-Trikots. Eine geballte Ladung an Emotionen und Kilometern, die es zu verarbeiten gilt (Vorbericht zur UCI Road Cycling und Para-Cycling WM 2024 auf den Seiten 40 und 41).

17 Athletinnen und Athleten von Rollstuhlsport Schweiz selektioniert!

Von der insgesamt 27-köpfigen Schweizer Delegation treten 17 in sitzend bei den Paralympics an. In der Leichtathletik sind es ganze 8 Athletinnen und Athleten, die um Diplome und Medaillen kämpfen: Marcel Hug, Catherine Debrunner und Manuela Schär als bekannte Gesichter, die mit Patricia Eachus, Fabian Blum, Licia Mussinelli, Alexandra

Helbling und Routinier Beat Bösch in die französische Hauptstadt reisen. Im Handbike fährt das Dreigestirn Sandra Stöckli, Fabian Recher und Benjamin Früh um Edelmetall.

Nicole Häusler trifft im Sportschiessen ins Schwarze und Claire Ghiringhelli rudert ihrem Medaillentraum entgegen. Komplettiert wird die Delegation von den Badminton-Cracks Ilaria Renggli, Cynthia Mathez und Luca Olgiati sowie Tennis-Ass Nalani Buob.

Mehr dazu

NLR-EXPERTENGRUPPE

Sportpsychologin

Romana Feldmann

Geballtes Wissen an einem Ort. Die Experten des Nationalen Leistungszentrums für Rollstuhlsport (NLR) begleiten unsere Athlet*innen auf dem Weg an die Spitze. Expertin Romana Feldmann gibt Impulse zur Leistungsverbesserung und mentaler Verfassung.

Im NLR-Expertenteam seit?

Seit 2018, also von Beginn weg.

Deine Aufgabe im NLR?

Ich bin verantwortlich für den Bereich Sportpsychologie. Dank Standortgesprächen mit den Athletinnen und Athleten und dem Austausch mit den anderen Fachkräften kann ich den Sportler ganzheitlich erfassen und optimal unterstützen.

Deine Lieblingstätigkeit im Job?

Es ist eine grosse Bereicherung, so nah an die Lebensgeschichte eines Menschen zu kommen und ihn ein Stück auf seinem Lebensweg zu begleiten.

Was ist deine Superpower?

Meine Verschwiegenheit und Neutralität.

Deine Lieblings-App?

Ich liebe Outdoor-Apps wie Swisstopo oder SAC.

WINTERSPORT

Jetzt planen

Gegen Ende des Sommers ist es Zeit, sich über die Wintersportsaison Gedanken zu machen.

Egal ob Anfängerin oder routinierter Monooder Dualskibobfahrer; unser breites Wintersportprogramm bietet für jede und jeden etwas. Planen Sie Ihren Winter mit uns. Die Kursdaten 2024/25 werden im Herbst 2024 aufgeschaltet.

Mehr Informationen unter spv.ch/unsere-winterangebote

SKIKURSE

Tarifanpassungen

Wir informieren Sie, dass wir ab der Wintersaison 2024/25 unsere Preise für Skikurse moderat anpassen werden.

Diese Entscheidung wurde nach sorgfältiger Überlegung getroffen und basiert auf dem allgemeinen Kostendruck.

Wir sind weiterhin bestrebt, Ihnen qualitativ hochwertige Kurse zu bieten.

Ein Podestplatz im Fokus

Nach dem Gewinn der Bronzemedaille vor zwei Jahren an der WM in Sursee sind die Erwartungen des Schweizer Teams an der Powerchair-Hockey-EM vom 21. bis 28. Oktober in Korsør (DEN) hoch.

Das für die EM selektionierte Team setzt auf viel Spielerfahrung. Ilona Emmenegger und Khaleq Hassani ergänzen die Delegation mit ihrem ersten Aufgebot für eine

Endrunde. Ebenfalls für die EM qualifiziert sind Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Italien, Niederlande und Spanien. Am IN-JET-Turnier im April 2024 demonstrierte das Schweizer Team mit dem Sieg gegen Finnland und Italien seine Formstärke.

Mehr Informationen über die EM ipch2024.com

CURLING

Neue Nationaltrainerin

Katja Schweizer (46) trainiert seit Anfang August die Rollstuhl-Curling-Elite.

Die gebürtige Deutsche bringt jahrelange Erfahrungen im Leistungssport als Spielerin, Trainerin und Verbandsvertreterin mit. Sie folgt auf Nationaltrainer Stephan Pfister.

Als Development Officer für den Deutschen CurlingVerband initiierte sie RollstuhlCurling in Deutschland und baute dort das erste Nationalteam auf.

Als Nationaltrainerin führte sie mehrere Jahre für Deutschland und Österreich verschiedene Elite-/Juniorenmannschaften von Fussgängern an Europaund Weltmeisterschaften.

2017 kehrte Katja Schweizer zum Rollstuhl-Curling zurück und begleitete die deutsche Mannschaft als Co-Trainerin zu den Paralympics in Pyeongchang.

Katja Schweizer hat eine klare Vision: «Ziel ist es, zusammen mit den Club-Trainern die bestmögliche Entwicklung jeder und jedes Einzelnen zu er möglichen und ein leistungsstarkes und stabiles Kader aufzubauen.»

Creativity rocks!

Mitte Juni 2024 machte die World WCMX Series mit «High in the Park» zum ersten Mal Halt in der Schweiz. Der Event für alles, was im Skatepark rollt, konnte sich von seiner besten Seite zeigen.

Der kleine aber variantenreiche Park in Bulle liess viele kreative Runs zu. Lorraine Truong meisterte das wohl schwierigste Rail im Park und gewann in der Kategorie «Woman open». Emiglio Pargätzi gelang der Handplant und er überzeugte mit dem zweiten Rang.

Mit diesen guten Resultaten der Schweizer Athletinnen und Athleten blicken wir erwartungsvoll auf die bevorstehenden Weltmeisterschaften am 7. Dezember 2024 in Birmingham, Alabama (USA). Für Lorraine Truong gilt es, den Weltmeistertitel zu verteidigen und Emiglio Pargätzi will seine Bestleistung abrufen in der Hoffnung, dass es für einen Podestplatz reicht. In Birmingham wird auch die Siegerin bzw. der Sieger der WCMX World Tour auserkoren. Auch hier hat das Schweizer Team intakte Chancen auf das Podium oder gar den Sieg.

AUSBILDUNG

Basis-

und Praxismodul

Das Basismodul vom 9. November 2024 in Nottwil richtet sich an alle, die sich in Zukunft im Rollstuhlsport aktiv als Leiterin oder Leiter einbringen wollen.

Die Ausbildung bei Rollstuhlsport Schweiz ist in sechs Stufen gegliedert. Die erste Stufe setzt sich aus einem Basis- und einem Praxismodul zusammen.

Beginnen Sie mit dem Basismodul in Nottwil. Im eintägigen Kurs vermitteln wir Ihnen Grundwissen über den Rollstuhlsport. Sie erlernen die Handhabung eines

Rollstuhls und eignen sich medizinisches Wissen an. Das Basismodul kann mit dem Praxismodul kombiniert werden. Das Praxismodul findet am darauffolgenden Tag, 10. November 2024, ebenfalls in Nottwil statt. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es im Hotel Sempachersee.

Haben Sie Lust, sich im Bereich Rollstuhlsport als Leiterin und Leiter einzubringen?

Anmeldung unter spv.ch/eventkalender

WCMX

PARALYMPICS 2024

Im Flow an die Seine

Ilaria Renggli und Fabian Blum haben es geschafft. Beide haben sich mit Topleistungen für die Paralympics qualifiziert. Die letzte Hürde zur Realisation des grossen Traums war die Selektion durch Swiss Paralympic.

Von Nicolas Hausammann

Es ist der 9. Juni 2024. Das Heimpublikum jubelt entlang der Leichtathletik-Bahn der Sport Arena in Nottwil. Der Startschuss ertönt, Fabian trifft jeden Schlag und beschleunigt fulminant bis zum Top-Speed, den er bis zum Schluss durchzuhalten vermag. Schweizer Rekord lautet das Resultat zur Freude seiner Fans, die am Streckenrand mit den grünen Werbefahnen seines Arbeitgebers jubeln. Auch bei Ilaria ist die Vorfreude riesig und die Form stimmt. Nun gilt es im Fluss zu bleiben. Wie sehen die letzten Vorbereitungen aus, bevor die Reise in die französische Hauptstadt für die beiden dann tatsächlich losgeht?

Ihr seid nun auf der Zielgeraden nach Paris, wie sieht euer Mindset aus?

Ilaria: «Körperlich gesund zu bleiben, ist das höchste Gut. Daher rücken Erholung und weitere regenerative Aspekte als Gegenpol zum harten Training stärker in den Fokus. Die Motivation für und die Vorfreude auf Paris sind riesengross. Es gilt daher, die Balance zu finden zwischen Ehrgeiz aber auch einer gesunden Realität. Wir versuchen unser Selbstvertrauen mit dem Wissen zu stärken, was wir draufhaben. Zudem arbeiten wir im Training neben spielerischen Details auch an unseren Routinen für die Spieltage.»

Fabian: «Für mich war es eine grosse Erleichterung, den Schweizer Rekord über 100 m bei meinem letzten Start an den heimischen ParAthletics zu knacken. Mit diesem Rennen in der Tasche gehe ich gestärkt in die letzte Vorbereitung und weiss, die Richtung stimmt. Die Wettkämpfe in

Dubai waren für mich nach einem Infekt eher schwierig. Darauf folgte ein intensiver Block. Nun geht es darum, Konstanz zu erreichen. Da braucht es auch das Mentale. Ich will wieder dieselbe Vorbereitung treffen wie für die WM in Paris im vergangenen Jahr, als ich eine Medaille holte. Ich weiss, dass ich es schaffen kann.»

Was bedeutet die ParalympicsTeilnahme vermarktungstechnisch?

Ilaria: «Es ist der Höhenpunkt nach den vergangenen vier Jahren. Ich sehe es aber auch als Chance, den Badmintonsport bekannter zu machen, da dieser oft als ‹Federbällele› abgewertet wird. Da hilft das Medien-Spotlight während der Paralympics sehr. Ausserdem denke ich, dass es auch für mich persönlich eine Chance ist. So eine einzigartige Erfahrung bietet auf der persönlichen Ebene die Möglichkeit, einen Entwicklungssprung zu machen.»

Fabian: «Unvergleichlich, bei mir steigt der Puls gleich an, wenn ich an die Wettkämpfe in Paris denke. Es wird die ‹Crème de la Crème› am Start sein. Da werden alle nochmals einen Tick mehr bereit sein. Der Vierjahresrhythmus macht die Spiele so einzigartig. Ich bin mit meiner dualen Karriere aus Sport und Berufstätigkeit sehr zufrieden. Ich erhoffe mir, dass erfolgreiche Spiele meine Absenzen rechtfertigen und ich diese Freiheiten weiterhin bekomme. Nur so kann ich meine Sportkarriere auch nach den Spielen weiterführen und noch bessere Leistungen erreichen.»

SCHNELLFEUER

Gesunde Nervosität oder «Zen Beginners Mind»?

Ilaria: Gesunde Nervosität. Fabian: Gesunde Nervosität bringt mir die gewünschte Spannung.

Das mache ich am renn-/ spielfreien Tag: Chillen oder Paris entdecken?

Ilaria: Während des Turniers relaxen.

Fabian: Ablenkung ja, Sightseeing nein. Lieber mit der Familie in einem Café sitzen als die Stadt erkunden.

Mein Motto für die Spiele?

Ilaria: Wenn du alles gibst, kannst du dir nichts vorwerfen.

Fabian: Ich habe kein spezielles Motto, bin einfach stolz, mein Ziel erreicht zu haben.

Neuland in Paris für Fabian und Ilaria

LEICHTATHLETIK

Regelhüterin mit Fingerspitzengefühl

Die 27-jährige Sabine Güdel ist Kampf- und Schiedsrichterin – und liebt besonders Einsätze an ParaWettkämpfen. Die Köchin aus Leimiswil BE sagt: «Das ist mein Sport.»

Von Peter Birrer

Konzentriert sitzt sie da, stundenlang, ablenken lässt sie sich nicht, wenn sie an der Arbeit ist. Und Arbeit heisst in ihrem Fall: Sie trägt die Verantwortung für die Zeitmessung an den ParAthletics in Nottwil. Sabine Güdel steht als Schiedsrichterin im Einsatz und scheint nicht müde zu werden. «Das ist mein Sport», sagt sie, «man dürfte mir vieles wegnehmen, nur eines niemals: den Para-Sport.»

Sabine Güdel aus Leimiswil BE ist 27 Jahre alt und schon ihr halbes Leben lang Kampfund Schiedsrichterin. Geerbt hat sie die Passion von ihrem Vater Hansueli, der seit Jahren auf dem Gebiet tätig ist, auch als Schiedsrichter-Experte und Ausbildner. Wie faszinierend der Para-Sport ist, erlebt sie als Primarschülerin. In Huttwil finden damals die Schweizer Rollstuhlleichtathletik-Meisterschaften statt, und Sabine Güdel gehört zur Schar der Helfenden.

Sie erinnert sich gut daran, wie beeindruckt sie von den Leistungen der Teilnehmenden war. Und wie sie sich später besonders freute, wenn sie ihren Vater zu Para-Wettkämpfen begleiten durfte.

«Zuverlässig, kommunikativ» Aber nur begleiten und zuschauen, dabei will es Sabine Güdel nicht bewenden lassen. Sie möchte ebenfalls Kampfrichterin werden – und sich danach zur Schiedsrichterin ausbilden lassen. Während ihrer Lehre als Fachfrau Hauswirtschaft im Inselspital Bern absolviert sie den Grundkurs, der sowohl Theorie als auch Praxis beinhaltet. Sie befasst sich intensiv mit dem Regelwerk und eignet sich Kompetenzen an, die sie befähigen, als Kampf- und Schiedsrichterin an Wettkämpfen sowohl von Athleten mit und ohne Behinderung eingesetzt zu werden. «Sabine ist zuverlässig, gutmütig und kommunikativ», sagt Roland Boss-

hard, Kampfrichterverantwortlicher Rollstuhlsport Schweiz, «es wäre schön, wenn vermehrt jüngere Leute diesem Beispiel folgen würden.»

Kampfrichterin und Schiedsrichterin sind zwei unterschiedliche Rollen. Als Kampfrichterin achtet sie bei einer Disziplin darauf, dass alles geordnet über die Bühne geht. Als Schiedsrichterin ist sie für die ganze Anlage zuständig und wird, falls Diskussionen aufkommen, herbeigerufen.

Zu ihren Lieblingsaufgaben zählt sie die Zeitmessung, bei der präzises Arbeiten erforderlich ist. Zudem hat sie das Wissen, wie die Fehlstartanlage funktioniert. Ist sie als Schiedsrichterin auf der Leichtathletikbahn eingeteilt, schaut sie aufmerksam hin und wendet oft Fingerspitzengefühl an. Touchiert jemand mit dem Rollstuhlrad die Linie oder fährt knapp darüber, drückt sie schon einmal ein Auge zu. Allerdings weist sie hinterher darauf hin, dass beim nächsten Rennen darauf geachtet werden muss, in der Spur zu bleiben. Ansonsten drohen Sanktionen. «Es ist wichtig, dass die Vorgaben eingehalten werden», sagt sie, «aber gerade bei Jungen finde ich eine gewisse Nachsicht angebracht.»

Der Lohn: viele Begegnungen

In ihrer Funktion fühlt sie sich wohl. Üblich sind Diskussionen im Para-Sport nicht. «Wir haben einen guten Ruf», sagt Sabine Güdel und erzählt von der Begegnung mit einem holländischen Trainer an einer früheren Austragung der ParAthletics: «Er kam zu uns und bedankte sich ausdrücklich für unsere Arbeit.»

Zehn bis zwölf Wochenenden jährlich opfert sie für ihr Hobby. Ein Entgelt gibt es nicht, der Lohn besteht aus schönen, lustigen, spannenden Begegnungen. Und egal, woher sie kommen und wie sie heissen: Sabine Güdel fiebert oft mit und hofft auf starke Zeiten beziehungsweise Weiten. Wie sagt sie doch? «Die Welt des Para-Sports kommt mir vor wie eine grosse Familie.»

Scannen und Video schauen

SPRECHSTUNDE

Gerne für Sie da

Die SPV möchte hören, was ihre Mitglieder denken.

Jeweils am Dienstag von 16 bis 18 Uhr sind Telefon und Türen bei Direktor Laurent Prince offen.

Bringen Sie Ihr Anliegen persönlich vor oder rufen Sie an: 041 939 54 01.

Selbständig und selbstbestimmt arbeiten und wohnen

Für Menschen mit körperlicher Behinderung oder einer Mehrfachbehinderung:

– Verschiedene Wohnformen und Leistungen

– Begleitete Arbeit

– Betreute Tagesgestaltung

Wohn- und Bürozentrum für Körperbehinderte www.wbz.ch +41 61 755 77 77

#Bewegungsfreiheit bedeutet für mich ʻFreiheit erleben’. Zum Beispiel mit meinem Handbike durch die Gegend zu düsen.
// Martin

Erlebnis auf dem Segelboot

Am 25. Mai 2024 veranstaltete Ships N’Wheels auf dem Bielersee einen Segel-Schnupperkurs. Der Tag zeigte, wie Personen im Rollstuhl diesen Sport ausführen können.

Von Sophie Gnaegi

Bereits letztes Jahr führte der Verein Ships N’Wheels Einführungstage im Segeln durch. Der Verein entstand aus einer Zusammenarbeit zwischen dem Bieler Segelcenter und dem Rollstuhlclub Biel. Am Schnupperkurs des Sommerprogramms der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung entdeckten fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Welt des Segelns.

Den Wind verstehen

Andi Schraner vom Segelzentrum Biel brachte die Teilnehmenden des Schnupperkurses ans Ende des Pontons, wo die kleine Truppe zunächst versuchte herauszufinden, woher der Wind weht. Bei dem

sehr schwachen Lüftchen war das gar nicht so einfach. Die langen Haare einer Teilnehmerin erwiesen sich da als sehr hilfreich. Anschliessend lernten die Teilnehmenden im Trockenen, wie man das Segel je nach Wind steuert, und gingen dann los, um die verschiedenen Segelboote zu begutachten, die sie später segeln durften. Nachdem alle ihre Schwimmwesten angezogen hatten, ging es endlich ab aufs Wasser. Mit Hilfe ausführlicher Instruktionen konnte sich jede und jeder darin üben, die Segel zu bedienen. Die Segel so auszurichten, dass sich das Boot mithilfe des Windes in die gewünschte Richtung vorwärts bewegt, war eine Herausforderung.

ANGEBOTE

– Ships N’Wheels, Bielersee: www.shipsnwheels.ch

– Swiss Disabled Sailing, Genfersee: www.handivoile.ch (nur französisch)

– Sailability.ch, verschiedene Seen: www.sailability.ch

Am Vormittag war der See ruhig. Gute Bedingungen zum Lernen. Der Nachmittag passte perfekt zum Lied «Sous le vent» von Céline Dion und Garou. «J’ai sorti la grande voile et j’ai glissé sous le vent» singen die beiden (zu Deutsch: «Ich hisste das grosse Segel und glitt mit dem Wind davon»), genau das taten die Teilnehmenden.

Eine Aktivität, die gefällt

Das Lächeln auf den Lippen der Amateurseglerinnen und -segler war fast vom Ufer aus zu sehen. Das schrittweise Erlernen des Segelns hat viele sehr begeistert. Einige von ihnen möchten regelmässig an den Trainings des Vereins teilnehmen. Segeln ist eine inklusive Aktivität. Der Rollstuhl bleibt an Land und man begibt sich in ein eigenes kleines Universum. In Biel spielt es keine Rolle, welche Sprache man spricht, sobald man an Bord eines Segelbootes geht, sprechen alle dieselbe Sprache: die Sprache der Leidenschaft für das Segeln.

Segeln in der Schweiz

Verschiedene Vereine organisieren Einführungen ins Segeln. Der Verein Ships N’Wheels hat seine Basis auf dem Bielersee. Auf dem Genfersee gibt es verschiedene Angebote von Swiss Disabled Sailing. Sailability.ch bietet regelmässig Segelkurse auf dem Neuenburgersee, dem Bodensee, dem Thunersee und dem Zugersee an. Die Community der Schweizer ParaplegikerGruppe hat in einem Blogbeitrag alle Angebote zusammengefasst.

Zum Blogbeitrag

CYCLING-WM

Die «Nabe» der Radwelt

Die UCI Rad- und Para-Cycling-Strassen-Weltmeisterschaften 2024 vom 21. bis 29. September werden ein inklusives Rad-Fest im Herzen Zürichs, auf dem Sechseläutenplatz.

Von Nicolas Hausammann

Zürich ist bereit für die erste vollständig inklusive und integrierende WM. Die Strahlkraft des globalen Radsportevents in puncto Inklusion sowie für den Tourismus- und Wirtschaftsstandort wird riesig sein. Auf die geschätzten 850 000 Zuschauenden aus dem In- und Ausland warten neben spannenden Rennen ein attraktives Rahmenprogramm, verschiedene Fanzonen und weitere Highlights. 1300 Athletinnen und Athleten aus knapp 75 Ländern kämpfen um die begehrten Medaillen und 66 traditionsreiche Regenbogentrikots für die Sieger.

Mehr als nur Velorennen

Die Heim-WM bedeutet für die Aushängeschilder des Parasports jedoch mehr als nur den sportlichen Wettkampf. Erstmals werden ihre Wettkämpfe an einer UCI-

WM inklusiv auf teilweise gleichen Strecken stattfinden wie diejenigen der grossen Cycling-Stars um van der Poel oder Pogačar. Es handelt sich um einen Quantensprung für den Parasport, den unsere Handbikerinnen und Handbiker, zusammen mit dem Heimvorteil im Rücken, für Erfolge nutzen wollen. «Die gleiche Ziellinie wie alle Radsportler zu überqueren, ist ein wichtiger Schritt zur Inklusion», meint der Handbiker Fabian Recher. Er trat im Vorfeld des Anlasses zusammen mit Cyclerin Flurina Rigling, Marlen Reusser, Stefan Küng und der Radsportlegende Fabian Cancellara als offizieller Botschafter der WM auf.

Dass das lokale Organisationskomitee aus Zürich besonderen Wert auf den Inklusionsaspekt legt, zeigt sich bereits am Auf-

takt zum Event. Diesen macht im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten das Handbike-Staffelrennen (Team Relay). SRF Sport überträgt dieses Rennen live im Free-TV und bringt den Parasport so in viele Schweizer Haushalte.

Schweizer Medaillenhoffnungen

Die Zeichen für die Schweizer Delegation stehen gut. Fabian Recher gewann unlängst im belgischen Ostende sein erstes Weltcuprennen. Der 25-jährige Berner Oberländer weiss um seine Formstärke und will in Zürich im Konzert der ganz Grossen vorne mitmischen. Auch bei den Damen hat die Schweiz Medaillenchancen. Sandra Stöckli konnte wie im Vorjahr den Gesamtweltcup für sich entscheiden. In den Weltcuprennen von Adelaide (AUS), Ostende (BEL) und Maniago (ITA) überzeugte sie kon-

CITY RACE

Möchten Sie sich fühlen wie ein Star?

Dann ist das City Race das richtige Angebot. Das Volksrennen wird auf der abgesperrten WM-Strecke ausgetragen, inklusive Zeitmessung und Urkunde. Das City Race wird präsentiert von der Schweizer Paraplegiker-Stiftung.

stant durch Podestplatzierungen. Mit den beiden Team-Leadern der Klasse H4 wurde ein hochkarätiges Quintett von HandbikeAthleten offiziell für die Heim-WM selektioniert. Zu diesem gehören der Zürcher Oberländer Benjamin Früh, der den Gesamtweltcup der Klasse H1 dieses Jahr auf dem zweiten Rang beendete. In derselben Klasse fährt auch der Strassen-Europameister von 2021, Alain Tuor aus Münsingen. Bei den H3-Athleten wurden Fabian Kieliger aus Emmen und Micha Wäfler aus Niederönz (Bern) selektioniert. Komplettiert wird die Handbike-Delegation mit dem Nottwiler Tobias Lötscher in der Klasse H4.

Neben den Athletinnen und Athleten von Rollstuhlsport Schweiz besteht die Schweizer Delegation zudem aus sechs stehenden Cyclerinnen und Cyclern von PluSport. Und auch hier besteht beträchtliche Hoffnung auf Edelmetall. Mit Flurina Rigling (C2), Franziska Matile-Dörig (C4) und Celine van Till (T2) starten weitere drei Ge-

samtweltcupsiegerinnen und WM-Medaillengewinnerinnen von Glasgow 2023 für die Schweiz. Roger Bolliger, Fabio Bernasconi und Timothy Zemp ergänzen das Damentrio in den Wettkampfklassen C1–C5 auf dem Rennvelo.

Karriereabschluss für Heinz Frei Neben den dreizehn von Swiss Paralympic selektionierten Spitzensportlerinnen und -sportlern starten an der Heim-WM weitere Para-Cyclerinnen und Para-Cycler von Rollstuhlsport Schweiz und PluSport, da die zur Verfügung stehenden Startplätze im eigenen Land voll ausgeschöpft werden können. In Zürich am Start sind unter anderem die Handbikerin Sandra Fuhrer

sowie ihr Kollege Felix Frohofer. Laurent Garnier, Christian Ackermann mit Pilot Dominik Büttler, Fabiano Wey und Christoph Zundel stossen auf dem Rennvelo, dem Tandem beziehungsweise dem Dreirad dazu.

Prominentester Teilnehmer dieser Gruppe ist Heinz Frei. Der 66-jährige Handbiker wird in Zürich 2024 seine letzten internationalen Rennen bestreiten. Der fünfzehnfache Paralympics-Goldmedaillengewinner (Rollstuhlleichtathletik, Para-Cycling, Langlauf) hatte sich bereits in Tokyo 2020 mit der Silbermedaille im Strassenrennen von den Paralympics verabschiedet. «Es ist ein Abschied in Etappen», meint der Solothurner. Frei wird auch nach Zürich 2024 noch auf seinem Handbike in der Schweiz anzutreffen sein.

Medaillen, Musik und Mega-Stimmung Auf die Fans wartet neben den Zieleinfahrten ein abwechslungsreiches Programm. Auf der grossen Bühne wird am 21. September ein besonderes Konzert von Crimer den Auftakt machen. Bei diesem Auftritt werden auch Gebärdendolmetscher im Einsatz stehen. Weitere Konzerte, die ebenfalls Schweizer Musiker in den Mittelpunkt stellen, werden zwischendurch oder am frühen Abend für Abwechslung sorgen. Zum Programm gehören der offizielle WMBotschafter Ritschi, Sänger der Schweizer Mundart-Band Plüsch, genauso wie Übertragungen auf der Grossleinwand, spannende Talks und einige andere Unterhaltungselemente.

Punktgenaue Pflege –speziell, wenn’s drauf ankommt

Wer kümmert sich nach einer Operation um die komplexe Pflege von querschnittgelähmten Menschen? Wer entlastet die pflegenden Angehörigen? Wer ist in Pflegenotfällen da und verhindert Komplikationen? Wir von Rückenwind plus schliessen diese Versorgungslücke mit unserem einzigartigen Angebot in Bad Zurzach und vermeiden hiermit unnötiges Leiden.

Hier erfahren Sie mehr über Tertraplegiker Fritz Eichholzer und seine Frau Aurelia. Und Tetraplegikerin Heidy Anneler erzählt uns ihre Geschichte.

Wir geben jeden Tag unser Bestes, um die Menschen auf unserer Station in Bad Zurzach zu unterstützen. Wie können wir Ihnen helfen? Bitte kontaktieren Sie uns für eine Anmeldung, bei Fragen oder für eine Besichtigung:

Rückenwind plus Quellenstrasse 5 5330 Bad Zurzach

Telefon +41 56 265 01 76 info@rueckenwindplus.ch www.rueckenwindplus.ch

Zurück zum Sport

Mit verschiedenen Schnupperkursen und Einsteigertrainings will Rollstuhlsport Schweiz vermehrt Menschen dazu ermutigen, wieder Sport zu treiben.

Nachdem der Bund 2020 und 2021 den Schweizer Sport mit Covid-19-Stabilisierungspaketen unterstützt hatte, wechselte 2022 der Fokus. Mithilfe von Revitalisierungsmassnahmen sollen die Menschen zurück in den Sport und in die Vereine gebracht und zudem die Sportstrukturen fit für die Zukunft gemacht werden.

Auswahl ist gross

Im Herbst 2022 konnte die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV) nebst allen anderen Schweizer Sportverbänden Anträge für Revitalisierungsprojekte beim Bundesamt für Sport (BASPO) eingeben. Die SPV legte dabei den Fokus auf den Rückgang von lizenzierten Athletinnen und Athleten sowie die sinkende Zahl von Verbandsmitgliedern im Allgemeinen. Die zwei eingereichten Projektanträge wurden vom BASPO und Swiss Olympic geprüft und freigegeben. Dank diesen Projekten kann Rollstuhlsport Schweiz (RSS) bis Ende Juni 2025 rund CHF 175 000.– für Schnupperkurse und Einsteigertrainings einsetzen.

Bei den vielen Sportarten, welche von RSS im Breiten- und Leistungssport unterstützt werden, sind die Möglichkeiten gross. Die richtige Mischung für die passenden Angebote für Schnupperkurse und Einsteigertrainings zu finden, war die erste Herausforderung. Natürlich kann RSS nicht allen Bedürfnissen gerecht werden. Neben einem wichtigen Anstoss für neue Mitgliedschaften in allen Regionen der Schweiz spielt auch das «Proof of Concept» eine zentrale Rolle, also dass die Angebote nachhaltig sind. Dementsprechend wurden sechs Sportarten im Breiten-, Trend- und Leistungssport ausgewählt.

Verschiedene Sportarten, verschiedene Ziele

Mit den Trendsportarten Mountain-Handbike und Stand-up-Paddling (SUP) setzt RSS auf die Bedürfnisse von Mitgliedern, bei welchen der Spass im Vordergrund steht. Das Basketball-Projekt soll vor allem junge Personen ansprechen und in die Sportwelt von RSS führen. Mit Langlauf wird eine traditionelle Sportart gefördert.

Für Boccia holt sich RSS Know-how aus Italien, um Kursleitende für die bevorstehenden Angebote auszubilden. Und schliesslich sollen in der Sportart Tischtennis neue Talente gefunden werden.

Die Umsetzung der Revitalisierungsprojekte startete im Januar 2024. Im MountainHandbike wurden bereits Schnupperkurse

im Swiss Bike Park in Oberried (Bern) sowie beim CFR Carouge erfolgreich durchgeführt. Bis im August sollte mit Ausnahme der Wintersportart Langlauf in allen Sportarten ein Angebot auf den SPV-Kanälen zu finden sein.

Bis Ende Juni 2025 finden rund 100 Schnupperkurse und 200 Einsteigertrainings in den verschiedenen Sportarten und in allen Regionen der Schweiz statt. Die Schnupperkurse sind kostenlos und können einmal besucht werden. Interessierte können anschliessend mit einem kleinen Beitrag von CHF 10.– pro Teilnahme die Sportart in den sogenannten Einsteigertrainings weiterverfolgen. Die Teilnahmen sind nicht limitiert und enden mit dem letzten Angebot des Projektes. Ziel ist, bei einem nachgewiesenen Erfolg, die Projekte auch nach Juni 2025 weiter anzubieten.

Wo finden Sie unsere Angebote?

Die Angebote werden von unseren Partnerveranstaltern veröffentlicht und auf den Kanälen der SPV verbreitet. Um nichts zu verpassen, ist es also wichtig, auf Social Media oder der SPV-Website nach den Angeboten Ausschau zu halten.

Weitere Angebote spv.ch/eventkalender

Spass mit regelmässigem Sport

POLITIK

Schweizer Rechtsgrundlagen

Der Nationalrat hat das Postulat von Gabriela Suter (SP/AG) zur Verbesserung der Vereinbarkeit der Schweizer Rechtsgrundlagen mit dem Behindertengleichstellungsrecht angenommen.

Damit wird der Bundesrat beauftragt, die Widersprüche zwischen den geltenden Rechtsgrundlagen und dem Schweizer Behindertengleichstellungsrecht zu analysieren und zu dokumentieren. Das Postulat fordert zudem die Darstellung der notwendigen Anpassungen sowie die Entwicklung eines Prüfverfahrens, mit dem die Vereinbarkeit unserer Rechtsgrundlagen mit dem Behindertengleichstellungsrecht kontinuierlich gewährleistet werden kann. Es ist ein wichtiger Schritt, um die Rechte von Menschen mit Behinderung zu stärken.

Liechtenstein

Wer das Fürstentum Liechtenstein besuchen möchte, braucht sich um Barrierefreiheit wenig Sorgen zu machen.

Trotz seiner Grösse von nur 160 Quadratkilometern und seiner Gebirgslage bietet das Land viele barrierefreie Sehenswürdigkeiten, Wanderwege und Restaurants. Auf der Website der Community finden Sie eine Vielzahl von Vorschlägen, was Sie im Nachbarstaat alles erleben können, sowie Informationen über Verkehr, sanitäre Einrichtungen und barrierefreie Unterkünfte.

BALGRIST

Neuer Leiter

Der Vorstand des Schweizerischen Vereins Balgrist hat Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Patrick Freund zum neuen Leiter des Zentrums für Paraplegie (ZfP) der Universitätsklinik Balgrist gewählt.

Patrick Freund wurde vom Universitätsrat am 4. Juli 2024 zum Ordinarius für Paraplegiologie und damit zum einzigen Lehrstuhlinhaber für dieses wichtige Fachgebiet in der Schweiz berufen. Damit verbunden ist traditionell auch die Funktion des Chefarztes und Leiters des Zentrums für Paraplegie (ZfP) der Universitätsklink Balgrist.

Barrierefreie Aktivitäten in Liechtenstein

Herz-Kreislauf-Gesundheit

Eine Studie der Schweizer ParaplegikerForschung und der ETH Zürich untersucht die Herz-Kreislauf-Aktivität im Alltag.

Herz-Kreislauf-Probleme sind entscheidend für die Lebenserwartung bei Personen mit einer Rückenmarksverletzung. Die Studie will tragbare Messgeräte nutzen, um Gesundheitsprobleme bei Personen mit einer Rückenmarksverletzung frühzeitig zu erkennen und dadurch die Lebensqualität zu verbessern.

Die Teilnehmenden tragen zwei Wochen lang diverse unauffällige Messgeräte. Diese messen Puls, Blutdruck, Aktivität und weitere Werte, die für die Herz-Kreislauf-Aktivität wichtig sind. Zudem wird bei allen Teilnehmenden eine Blut- und optional eine Herzuntersuchung durchgeführt. Melden Sie sich, um an der Studie teilzunehmen.

Kontakt bei Fragen und Interesse 041 939 66 08 oder ai.sullivan@hest.ethz.ch

Mit seiner doppelten Promotion in Biologie und Medizin in Fribourg und Zürich und seiner bisherigen Professur ad personam an der Universität Zürich ist Patrick Freund international renommiert auf dem Gebiet der Rückenmarksverletzungen. Er nutzt und entwickelt modernste Bildgebungsverfahren und diagnostiziert und behandelt damit bereits seit mehreren Jahren als leitender Arzt am ZfP erfolgreich Patientinnen und Patienten. Patrick Freund folgt auf Prof. Dr. med. Armin Curt, der nach 15 Jahren an der Spitze des ZfP in den Ruhestand tritt.

AUSFLUG
STUDIE

TOURISMUS

Davos barrierefrei

Die Feriendestination Davos Klosters baut ihr Angebot für mobilitätseingeschränkte Gäste aus.

Dass die Region im Winter ein Besuch wert ist, ist bekannt. Die Bergbahn auf die Madrisa ist rollstuhlgerecht. Eisgleiter und Langlaufschlitten ermöglichen Abstecher auf die Eisfläche bzw. die Langlaufloipe. Nun schafft Davos Klosters auch zahlreiche

Sommeraktivitäten: Wandern mit dem Geländerollstuhl, Tennis- und Golfrollstühle, Pedalofahrten und barrierefreie Grillstellen. Denn die Bergwelt in Davos Klosters soll für alle erlebbar sein.

Barrierefreie Aktivitäten deutsch oder englisch

ORTHOTEC

Katheter-Trends

Wer die Blase täglich mit Kathetern entleert, weiss, wie wichtig das optimale Produkt ist.

Blaseninfekte zu vermeiden, ist ein zentrales Ziel. Gleich mehrere Hersteller warten mit vielversprechenden Weiterentwicklungen auf. Neue Beschichtungstechnologien verbessern die Gleitfähigkeit, Mikroöffnungen unterstützen das vollständige Entleeren der Blase, speziell geformte Modelle für Frauen erleichtern die Handhabung. Auch die Natur profitiert. Die Materialien wer-

den natürlicher, die Verpackungen verursachen weniger Abfall. Die Hilfsmittelspezialistin Orthotec liefert ein breites Sortiment von Kontinenz- und Alltagshilfen sowie Pflegeprodukten. Das Team kennt die Innovationen und berät Sie unabhängig und einfühlsam. Ein grosses Plus: Von vielen Artikeln erhalten Sie Muster zum Ausprobieren.

Einfach anfragen hko@orthotec.ch, 041 939 62 10 www.orthotec.ch

TECHNIK

Begegnungsort

Google hat in Zürich ein Accessibility Discovery Center ADC (Zentrum für barrierefreie Technologie) eröffnet.

Es befindet sich an der Europaallee 8 beim Hauptbahnhof Zürich und soll ein Ort sein, «in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenkommen, um mehr über barrierefreie Technologie zu lernen und um gemeinsam inklusive Lösungen und Produkte zu entwickeln», wie Google schreibt.

Teil des ADC Zürich ist eine Auswahl verschiedener assistiver Technologien, die frei ausprobiert werden können. Es bietet Platz für bis zu 25 Personen und steht Gruppen ab fünf Personen auf Anfrage während den Bürozeiten zur Verfügung.

Besuch buchen goo.gle/ADC-buchen

VERANSTALTUNG

Forschungsstand

Expertinnen und Experten berichten für ein breites Publikum über die neusten Erkenntnisse aus der Paraplegieforschung. Die öffentliche Veranstaltung der Berner Fachhochschule findet am 15. Oktober 2024 im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil statt.

Info und Anmeldung bfh.ch/forschungsstand-paraplegie

IM GESPRÄCH

Pionier wider Willen

Sportjournalist Simon M. Scheidegger ist in seiner Branche oft der Erste und Einzige im Rollstuhl. Ein Gespräch über Hindernisse in Fussballstadien, Barrieren im Kopf und Beni Thurnheer.

Von Nadja Venetz

Du arbeitest als Sportjournalist. Wie kam es dazu?  Sportjournalist zu werden, war immer mein Traum. Fussball schauen auf Arbeitszeit; das fand ich cool. Beni Thurnheer hat diesen Traum stark geprägt. Ich wollte schon als kleiner Bub wie er das Sportpanorama moderieren und die Spiele der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft kommentieren.

Wie wurde aus dem Traum Realität?  Angefangen habe ich beim Online-Jugendmagazin Tink.ch. Da veröffentlichte ich meine ersten Texte und lancierte das Sportressort. Mein allererster Match war GC gegen Thun im Letzigrund. Ich bat den Fotografen, ein Foto von mir zu machen, weil ich zum ersten Mal auf einer Medientribüne sass. Das war schon ein cooler Moment. Damals war ich ein Fan, der zugleich noch einen Bericht schrieb. In der achten Klasse verbrachte ich einen Schnuppertag beim «Burgdorfer Tagblatt» und begleitete einen Journalisten an die Gemeindeversammlung von Oberburg, wo ich aufgewachsen bin, und schrieb meinen ersten Zeitungsartikel über das Budget der Gemeinde. So ging das alles los.

Aktuell schreibst du für Keystone-SDA, davor warst du lange bei Tamedia. Hast du es geschafft?

Mein grosser emotionaler Moment war an der Fussball-WM in Katar. Als 12-Jähriger verkündete ich meinen Eltern, dass ich an der Fussball-WM 2022 dabei bin. Das war mein Traum. Das Austragungsland stand damals nicht fest, aber da das Turnier alle vier Jahre stattfindet, schien mir das ein

realistischer Horizont. Und das habe ich geschafft. Ich konnte mich akkreditieren und als ich mir das erste Spiel Argentinien gegen Mexiko anschaute, war das ziemlich emotional. Jetzt habe ich etwas erreicht, was ich vor 20 Jahren angekündigt habe.

Wie hast du die Zeit in Katar erlebt?  Es gab insgesamt acht Stadien und in sieben davon war ich. Ich sah 16 Spiele. Vor Ort waren 2500 Medienschaffende und ich war der Einzige im Rollstuhl, aber legte dieselben Wege zurück und machte dieselbe Arbeit. Die nagelneue millionenteure Metro war praktisch, um von A nach B zu kommen, und ich war sehr autonom unterwegs. Anstrengend für mich als Rollstuhlfahrer war allerdings, dass mir alle fünf Sekunden jemand helfen wollte. Ich versuchte so schnell wie möglich zu fahren, damit niemand auf die Idee kam, dass ich Hilfe be-

nötige. Die Leute vor Ort sind sich nicht gewohnt, dass sich Menschen im Rollstuhl frei und selbstbestimmt bewegen. Ich sah in diesen drei Wochen maximal zwei andere Personen im Rollstuhl.

Welche Arbeitsbedingungen findest du in der Schweiz vor?

Auf den Fussball bezogen gibt es in der Schweiz ein einziges Stadion, das in Luzern, das von Anfang an rollstuhlgängig konzipiert wurde. In der Regel muss ich sehr improvisieren und dafür sorgen, dass ich arbeiten kann. Die Veranstalter rechnen nicht mit mir. Anfänglich hat mich das sehr gestresst. Ich benötige meist einen Extratisch und habe andere Wege, um nach den Spielen in die Interviewzonen zu gelangen. All das muss ich im Vornherein abklären. Zum Beispiel im Letzigrund in Zürich habe ich immer wieder Diskussio-

nen, weil sie den Lift ausschalten, da dieser direkt in den VIP-Bereich führt. Aber ich benötige diesen Lift, um in die Katakomben zu gelangen, damit ich die Interviews führen kann.

Das ist auch immer ein Zusatzaufwand.  Genau, und das sage ich meinem Vorgesetzten immer wieder. Er versucht, diesen Zusatzaufwand zu würdigen. Er weiss, dass es mich mental stärker beansprucht, diesen Job auszuführen, als andere. Diese Unterstützung erfuhr ich längst nicht überall. Ich würde gerne einfach arbeiten können, ohne dass ich darüber nachdenken muss, ob die anderen daran denken, dass es auch Menschen im Rollstuhl gibt, die diesen Job machen.

Im Sommer hast du von der FussballEM in Deutschland berichtet. Was musst du alles abklären, damit so eine Reise für dich funktioniert?  Ich habe dem Europäischen Fussballverband UEFA bereits im Frühling eine E-Mail geschrieben und gefragt, in welchen Stadien ich arbeiten kann. Als Antwort erhielt ich nur, sie wüssten, gewisse Stadien seien rollstuhlgängig, andere nicht. Sie blieben dran. Was soll ich denn damit anfangen? Kann ich jetzt kommen oder nicht? Wenn ich weiss, dass es in Gelsenkirchen schwierig für mich ist, plane ich gar kein Spiel in Gelsenkirchen. Dann fahre ich nur dorthin, wo ich arbeiten kann. Und auch darum muss ich an diese Turniere, damit die UEFA merkt, was sie noch tun muss. Aber ich bin nicht immer gern in dieser Vorreiterrolle.

Abgesehen von baulichen Gegebenheiten, mit welchen Hürden bist du sonst noch konfrontiert?  Ein Beispiel aus St. Gallen. Ich war beim Europacup-Spiel Zürich gegen Arsenal und zum ersten Mal in diesem Stadion. Die Verantwortlichen hatten keine Ahnung, wo ich überhaupt arbeiten sollte. In einer Loge hinter einer Scheibe stellten sie mir einen Tisch hin. Von dort konnte ich aber gar nicht das ganze Spielfeld sehen. Vor der Loge sassen Leute. Sobald die aufstanden, sah ich erst recht nichts mehr. Die haben sich gar nichts überlegt. Nach dem Spiel musste ich Interviews führen. Da musste ich von dieser Loge den Weg in die Kata-

Forderung Medien müssen anders über das Thema Behinderung berichten

komben finden. Alle anderen Medienschaffenden kamen von der Medientribüne über eine Treppe, ich aber aus einem Lift. Als ich den Gang runterrollte, hielt mich ein Securitymann an: «He, ich glaube, du gehörst hier nicht hin.» Ich musste ihm fünf Minuten lang erklären, dass ich hier meine Arbeit zu erledigen habe und er mich durchlassen soll. Schliesslich musste ich den Medienverantwortlichen um Hilfe bitten. Es kommt immer wieder vor, dass ich nicht ganz ernst genommen werde.

Ich stelle mir das sehr frustrierend vor. Wie oft hast du darüber nachgedacht, alles hinzuwerfen?

Ich habe mir das schon ein paar Mal überlegt. Bei der Fussball-WM ging mir der Gedanke durch den Kopf, ob das jetzt ein schöner Abschluss meiner Zeit im Journalismus sein könnte. Nicht nur wegen so Si-

tuationen wie in St. Gallen, da spielen noch andere Gründe mit. Aber genau wegen solchen Situationen braucht es mich. Wer macht sonst auf die Missstände aufmerksam? Ich hoffe und glaube, dass ich etwas bewegen kann. Die mentalen Barrieren sind schwieriger aus der Welt zu schaffen als eine Tribüne zugänglich zu machen. Es dauert viel länger, bis der Securitymann seine Einstellung ändert, der denkt, ein Rollstuhlfahrer gehöre hier nicht hin.

Wie inklusiv nimmst du die Schweizer Medienlandschaft wahr?  Nicht so sehr. Es gibt nicht viele Menschen mit Behinderung, die in Medienhäusern tätig sind. Entsprechend haben die Medienschaffenden keine Berührungspunkte und berichten über das Thema Behinderung sehr stereotyp. Ich glaube, die vorgefertigten Bilder weichen erst auf, wenn es

Breit aufgestellt

Ob Leichtathletik oder Fussball, Simon M. Scheidegger muss sich in verschiedenen Sportarten auskennen.

mehr Menschen gibt, die ihre Perspektive als Selbstbetroffene miteinbringen. Aber es müssten sich auch Medienschaffende, die keine Behinderung haben, darum kümmern. Der Grund, weshalb so stereotyp über Menschen mit Behinderung berichtet wird, ist ja, weil man keine Ahnung hat. Und wenn man keine Ahnung hat, stützt man sich auf Vorurteile.

Du hast dich in mehreren Medien öffentlich geäussert, dass sich die Berichterstattung über Behinderung ändern muss. Weshalb tust du das?  2021 hatte ich die Idee, an der Uni Bern im Feld der Disability Studies eine Doktorarbeit zu schreiben über das Thema, wie Menschen mit Behinderung in den Medien

dargestellt werden. Im Zuge dessen setzte ich mich auf einer wissenschaftlichen Ebene intensiv damit auseinander. Dabei stellte ich fest, dass es nur zwei Erzählungen gibt. Entweder ist jemand mit einer Behinderung ein armer und bemitleidenswerter «Cheib», dem man nichts zutraut, oder aber eine Heldin, die ihr schlimmes Schicksal überwindet. Ich schrieb sehr viele E-Mails an Medienschaffende, warum ihre Darstellung problematisch ist und was Alternativen wären. Traurig ist, dass ich oft negative Rückmeldungen bekam.

Kannst du das ausführen?  Medienschaffende sind oft sehr eitel. Ich erhielt Antworten à la «Danke, aber ich sehe das halt anders». Nimm das Beispiel Manuela Schär. Wenn du die ersten Berichte über sie liest, geht es immer um ihren Unfall auf dem Spielplatz. Und dann wird aus dem Beitrag eine rührende Schicksalsgeschichte mit der Botschaft: «Obwohl so etwas Schlimmes passierte, ist sie jetzt so eine tolle Athletin.» Genau das ist eine bedenkliche Haltung, die nur dann eingenommen wird, wenn man nichts anderes kennt und die Annahme vertritt, dass ein Leben im Rollstuhl weniger wert und Behinderung etwas Schreckliches ist. Und das steht und fällt mit den Berührungspunkten, die man hat. Auch hier habe ich den Eindruck, dass ich intervenieren muss.

Neben langen E-Mails schreiben, wie gehst du vor?

Ich hielt schon zweimal einen Vortrag über das Thema, und ich möchte gerne Workshops veranstalten. Aber es braucht den Willen, sich zu reflektieren und sich zu ändern. Es gibt Medienschaffende, die das Gefühl haben, dass ihre Texte zum Thema nur dann beachtet werden, wenn sie eine dieser beiden Perspektiven einnehmen. Und diese Denkweise muss weg. Die Berichterstattung formt das Bild, wie über uns Menschen mit Behinderung gedacht wird. Dieses Bild wirkt bis in meinen Alltag hinein. Ich glaubte selbst lange, dass ich durch meine Behinderung weniger wert bin. Oder die mitleidigen Blicke und unpassenden Kommentare. Ich war mal in der Migros einkaufen und jemand sagte zu mir: «Wie cool, dass du allein einkaufen gehst.» Einkaufen ist doch keine

Heldentat. Sowas passiert ja nur, weil die Leute keine anderen Berührungspunkte haben als die immergleichen Geschichten aus den Medien. Um eine inklusive Gesellschaft zu werden, braucht es eine andere mediale Darstellung von Behinderung.

«Einkaufen ist keine Heldentat»

Nimmst du wahr, dass sich etwas verändert?

Mir fällt es schwer, Fortschritte anzuerkennen, da ich mich selbst sehr kritisch sehe. Aber lass mich trotzdem etwas Positives erwähnen. Im Frühling 2022 war ich beim FC Basel an einem Conference-LeagueSpiel. Ich meldete mich vorab, weil ich noch nie im «Joggeli» war. Der Medienverantwortliche war überrascht, dass offenbar in den letzten 20 Jahren noch nie jemand im Rollstuhl im Stadion arbeiten wollte. Sie stellten für mich einen Tisch hin mit Stromanschluss und Internet und allem, was man braucht. Nun hat es in Basel direkt neben der Medientribüne fixe Arbeitsplätze für Personen im Rollstuhl. Dazu habe sicher ich den Anstoss gegeben. Aber ich kann nicht jedes einzelne Stadion umbauen lassen. Ich brauche die Bereitschaft und die Einsicht aller. Solange diese Erkenntnis nicht da ist, kann ich es noch zig Mal sagen. Bei der Fussballiga habe ich um Unterstützung gebeten. Eine Person nahm dann die Arbeit auf und hat bei allen Clubs in der Schweiz nachgefragt, wie barrierefrei ihre Stadien sind. Jetzt haben wir zwar eine Liste mit dem Status quo, aber was machen wir nun damit?

Dein Ziel, von der Fussball-WM 2022 zu berichten, hast du erreicht. Was wünscht du dir für die Zukunft?  Ich wünsche mir, dass ich für andere ein Vorbild sein kann, wie Beni Thurnheer das für mich war. Wenn in 30 Jahren junge Menschen sich diesen Berufswunsch erfüllen können, ohne all die Hindernisse zu haben, die ich hatte, habe ich ein paar Sachen richtig gemacht. Ausserdem fehlt mir immer noch ein gemeinsames Foto mit meinem Idol. Und wenn SRF anklopft und mir die Moderation des Sportpanoramas anbietet, würde ich nicht Nein sagen.

UNSERE ROLLSTUHLCLUBS

CFR Genève

Über 20 Ausflüge pro Jahr, dazu mindestens zwei Reisen, Sportangebote und ein starkes politisches Engagement. Möglich macht all das ein professionell geführtes Sekretariat.

Von Nadja Venetz

Die Rollstuhlclubs der Schweiz ähneln sich in ihren Angeboten und doch ist jeder für sich einzigartig. Der Club en fauteuil roulant Genève unterscheidet sich in einem Punkt merklich von den anderen 26 Sektionen der SPV. «Aufgrund unserer geschichtlichen Entwicklung sind wir der einzige Club, der das Privileg hat, ein Sekretariat mit 2,4 Stellen zu besetzen», erklärt Christine Conti Jaquier, die als Direktorin besagtes Sekretariat leitet.

Schaltstelle

Das Sekretariat organisiert und koordiniert. Hier treffen Anfragen von Mitgliedern ein, die an zuständige Stellen weitervermittelt werden. Hier werden jährlich rund 200 Aktivitäten organisiert. Eine unglaubliche Zahl. Der Fokus liegt historisch bedingt auf Kultur und Freizeit sowie auf den vom Club durchgeführten Reisen. Aber auch der Sport findet mittlerweile seinen Platz. Der Zuspruch auf dieses Angebot ist gross.

«Unsere Ausflüge der Abteilung Kultur und Freizeit sind oft 24 Stunden nach Veröffentlichung bereits ausgebucht», freut sich Christine Conti Jaquier, «und in den vergangenen zwei Jahren mussten wir je eine Reise doppelt durchführen, weil das Interesse so gross war.»

Jährlich stellt der Club acht bis neun Tagesausflüge mit dem Reisebus zusammen. Hinzu kommen rund ein Dutzend Ausflüge mit dem Minibus für kleinere Gruppen sowie zwei längere Auslandreisen. All das zu organisieren ist ein grosser Aufwand. Gefragt nach den Highlights der letzten Jahre, antwortet die Direktorin: «Die Reise nach New York 2015 und das Zentralfest, das wir 2017 zusammen mit zwei anderen Clubs organisieren durften. Und seit 2021 haben wir drei zehntägige Kulturreisen in unterschiedliche Regionen Frankreichs auf die Beine gestellt.»

Kooperationen eingehen

lich das Ziel, das Leben seiner Mitglieder zu verbessern, indem er sich politisch für mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung und hindernisfreie Zugänge einsetzt. Das Sekretariat verwaltet die politischen Dossiers, die vom Vorstand geführt werden. Die Vorstandsmitglieder um Präsidentin Corinne Bonnet-Mérier lobbyieren und sensibilisieren bei offiziellen Stellen für ihre Bedürfnisse. Um die eigene Schlagkraft zu erhöhen, arbeitet der Club auch hier mit Organisationen zusammen, die ähnliche Ziele verfolgen. Dem nimmermüden Einsatz des Clubs ist es zu verdanken, dass mittlerweile zahlreiche öffentliche Veranstaltungen barrierefrei zugänglich sind.

DER CLUB IN KÜRZE

– 317 Aktiv- und 226 Passivmitglieder

– Reisen und Tagesausflüge

– Kunstatelier und Sport

– Politische Lobbyarbeit www.cfrge.ch cfrge@cfrge.ch

Sensibilisierung des Zivilschutzes Genf

In den warmen Sommermonaten treffen sich die Mitglieder des Clubs zum Boulespielen oder für die wöchentliche Handbikefahrt. Das ganze Jahr über schwimmen Interessierte im Hallenbad des Spitals BeauSéjour oder spielen Bowling. Um das Sportangebot zu erweitern, schloss der Club Partnerschaften mit anderen Anbietern. Dank diesen Kollaborationen können Mitglieder auch Gleitschirmfliegen, Segeln oder Ski fahren.

Laut und sichtbar

Öffentlichkeitsarbeit der Präsidentin

Neben Ausflügen, Reisen und Sportaktivitäten setzt sich der CFR Genève ausdrück-

Tagesausflug mit dem Reisecar

Frau der tausend Ideen

Renata Tozzi-Stadelmann hat als Direktionsassistentin die Agenda des Chefs im Griff – und mit 57 Jahren immer noch Lust, Neues zu lernen.

Von Peter Birrer

Ursprünglich sagte sich Renata Tozzi-Stadelmann: «Bloss nie in einem Büro arbeiten.» Jetzt sitzt sie an ihrem Schreibtisch bei der SPV in Nottwil und muss selbst lachen, dass doch alles anders gekommen ist. Sie schwärmt gar: «Ich träumte immer von einer so tollen Arbeitsatmosphäre.»

Seit bald vier Jahren ist Renata Tozzi-Stadelmann Assistentin von Direktor Laurent Prince und in gewisser Hinsicht dessen verlängerter Arm. Sie koordiniert Termine der Geschäftsleitung und des Zentralvorstands, reserviert Räume, organisiert Anlässe, schreibt Sitzungsprotokolle, erfasst Beschlüsse und hat die Agenda des Chefs ebenso im Griff wie Geburtstage oder Jubiläen von Mitarbeitenden.

Strukturiertes Denken und Handeln

Prince. «Renata fragt mich oft: ‹Hast du daran gedacht?› Sie denkt und handelt strukturiert, ist weitsichtig und für uns alle bei der SPV sehr wertvoll.»

Die 57-jährige Luzernerin hätte nichts dagegen, wenn die Tage doppelt so lange dauern würden. Auf jeden Fall wäre es für sie leicht, sie mit Inhalt zu füllen, denn tatsächlich ist die Wissbegier etwas, das zu Renata Tozzi-Stadelmann gehört.

nebenbei ein Nagelstudio. Sie interessiert sich für Homöopathie, eignet sich Wissen auf dem Gebiet der Ernährungsberatung an und mag Fremdsprachen. «Ich bin ein begeisterungsfähiger Mensch», sagt sie über sich.

Eine grosse Familie Nach einer zweijährigen berufsbegleitenden Ausbildung zur Direktionsassistentin tritt sie 2014 beim Schweizer Schiesssportverband (SSV) die Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung an.

Die Lust nach Veränderung führt sie im November 2020 zur SPV, wo sie laut ihrer eigenen Aussage anfänglich «schwimmt». Doch mit viel Fleiss und Ehrgeiz arbeitet sie sich in die neue Aufgabe ein. Hier kann sie auch ihre Sprachkenntnisse (F/I/E) einsetzen. Ihr Tun ist von Akribie geprägt: «Ich mag es nicht halbbatzig, sondern versuche, auch die Details zu pflegen.» Langweilig wird ihr auch in der Freizeit nicht. Wandern, Ski fahren, Kochen, Lesen, Basteln, sich als Handwerkerin betätigen: Die Liste ihrer Hobbys ist umfangreich.

«Sie hilft entscheidend mit, den oft hektischen Alltag zu bewältigen», sagt Laurent

An ihrer Aufgabe bei der SPV schätzt sie das Sinnstiftende und sie erfährt immer wieder Dankbarkeit – nicht nur von ihrem Vorgesetzten, sondern auch von Mitgliedern der SPV. Darum ist die SPV für sie mehr als eine Arbeitgeberin, sie ist «eine grosse Familie». Da überrascht ihr Wunsch zum Schluss nicht: «Ich hoffe sehr, dass ich hier in Pension gehen kann.» FÜR

Ursprünglich wollte sie Kindergärtnerin werden, bricht jedoch das «Semi» ab, als sie merkt, dass ihr das nicht zusagt. Aus ihr wird eine Bijouterieverkäuferin, die später die Abendhandelsschule absolviert und langsam Gefallen an Büroarbeiten findet. Aber Renata Tozzi-Stadelmann ist die Frau der tausend Interessen, die sich vieles zutraut. Mit ihrem damaligen Mann führte sie eine Autogarage und eröffnete

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