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Das Magazin der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung I FrĂźhling 2020

Hobby Mit Weitblick


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EDITORIAL

Wechsel in der Direktion Liebe Leserin, lieber Leser Vor 40 Jahren wurde die SPV auf Bestreben von Dr. Guido A. Zäch gegründet. Das feiern wir am 25. April 2020 mit dem Zentralfest in Nottwil. Sie sind dazu herzlich eingeladen. Viel hat sich seit der Gründerzeit verändert. Zum Beispiel die rechtlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen unserer Arbeit und darauf aufbauend unsere Angebote. Veränderungen gehören zum Leben. Wenn wir sie gut nutzen, bringen sie uns weiter.

«Weiterentwicklung mit Energie und Schwung» Eine aktuelle Veränderung betrifft unser Führungsteam. Ende Januar hat sich Direktor Charly Freitag entschieden, die SPV zu verlassen. Er hatte die Erwartungen des Zentralvorstands in operativer und strategischer Hinsicht erfüllt, die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung und dem Direktionsstab wurde aber durch unterschiedliche Führungsauffassungen erschwert. Das hat ihn bewogen, nach neun Monaten im Amt seine Kündigung einParacontact I Frühling 2020

zureichen. Dies im klaren Wunsch, dass sich die SPV weiterentwickeln kann, ohne durch interne Auseinandersetzungen Energie und Schwung zu verlieren. Dafür möchte ich mich bei ihm bedanken. Seit dem 1. Februar 2020 leite ich in der Funktion des Direktors ad interim die SPV bis zur Anstellung einer neuen Direktorin oder eines neuen Direktors. Eine Herausforderung, die ich gerne angenommen habe. Seit mehr als 20 Jahren bin ich in verschiedenen Organisationen der SPG tätig. Mir zur Seite steht eine junge und motivierte Geschäftsleitung. Gestützt und begleitet werde ich durch den Zentralvorstand, der am 2. Mai 2020 durch zwei neue Personen gestärkt wird. Gemeinsam wollen wir die SPV für Sie, liebe Querschnittgelähmte, weiterentwickeln. Ich freue mich auf die Zusam­ men­arbeit mit Ihnen, mit den Mitarbeitenden der SPV, unseren Partnern und allen Freiwilligen und Ehrenamtlichen. Herzlichst

Urs Styger, Direktor ad interim

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Paracontact I Frühling 2020


IMPRESSUM

INHALT

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Herausgeberin Schweizer Paraplegiker-Vereinigung Kantonsstrasse 40, 6207 Nottwil Telefon 041 939 54 00 E-Mail spv@spv.ch www.spv.ch Chefredaktorin Evelyn Schmid Redaktion Felix Schärer, Roger Getzmann, Tanja Müller, Harald Suter, Michael Bütikofer, Evelyn Schmid, Gabi Bucher Koordination, Grafik, Inserate Tina Achermann Fotos SPV, SRF/Valeriano Di Domenico, CFRF, ESCIF, Laurent Roffe, Vittoria La Rocca, Zeljko Gataric, Jodlerclub Nottwil, Andreas Gautschi, Carlo Marti, Karin Jakob, WCF Richard Gray, www.photo-hartmann.de, Urs Sigg, IPC, HSA-Switzerland, Patrick Tepper, JUSKILA Swiss Ski, Stefan Bohrer, Marina Fischer, Ursula Schwaller, Peter Lude, SPS Druck Brunner Medien AG, www.bag.ch Redaktionsschluss Ausgabe Sommer 2020: abgeschlossen Ausgabe Herbst 2020: 8.5.2020 Auflage 8100  Exemplare deutsch 4 250 Exemplare französisch In dieser Publikation wird zur Ver­ einfachung die männliche Form stellvertretend für die weibliche und männliche Formulierung verwendet. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Fremdbeiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Ein Abdruck von unverlangt eingesendeten Manuskripten ist nicht gewährleistet.

Paracontact I Frühling 2020

WIR BEWEGEN AKTUELL  6 MITGLIEDERUMFRAGE 2019 Engagierte Mitarbeiter, zufriedene Kunden 8 JUBILÄUMS-ZENTRALFEST 40 Jahre SPV 9 AUS DEN ROLLSTUHLCLUBS Das Fest zum 50-Jahr-Jubiläum 10 NACHGEFRAGT Neue Gesichter bei ESCIF 11 LEBENSBERATUNG ASSISTENZBEITRAG DER IV Selbstbestimmung dank Assistenzbeitrag? SENSIBILISIERUNG IM TESSIN Prävention auf Italienisch

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RECHTSBERATUNG IV UND UVG TEIL 2 Hilflosenentschädigung 16 MEDIZIN UND WISSENSCHAFT SEXUALITÄT TEIL 2 Veränderte Sexualfunktionen bei Männern

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HINDERNISFREIES BAUEN SCHNUPPERBESUCH IM ZHB Bauleiter im Rollstuhl, wie geht das? 20

KULTUR UND FREIZEIT REISEBERICHT USA Amerika mal anders 22 IN KÜRZE  25 TRAILS Mit E-Handbikes ins Gelände 26 FREIZEITTIPP Rollend auf dem Stockhorn 27 DAS PERFEKTE HOBBY Was pfeift da im Schilf? 29 REISEFIEBER Südafrika im Rollstuhl bereisen? Ja! 31 ROLLSTUHLSPORT GIRO SUISSE Quer durch die Schweiz 32 IN KÜRZE  34 PARATHLETICS 2020 Hauptprobe für die Paralympics 37 BEWEGUNGSFORMEN Stationen-Training 38 KAJAK Gepaddelt wird vorwärts 39 VERBANDSLANDSCHAFT 1 Willkommen im Dschungel 41 FOKUS VERMISCHTES  42 IM GESPRÄCH Catherine Debrunner 44 UNSERE HELFER Perfekter Service in luftiger Höhe 47 AUSGEZEICHNET Ursula Schwaller und Peter Lude 48 FÜR SIE DA Beat Bösch 50 5


AKTUELL

NEU IN NOTT WIL

Einfach parkieren Die Tiefgaragen der SPG erkennen seit Kurzem Ihre Autonummer bei der Ein- oder Ausfahrt, und die Schranke öffnet sich von selbst. Es muss kein Ticket mehr entnommen und am Automaten bezahlt werden.

RÜCKBLICK 2019

Multimedial auf Social Media Ende 2018 haben wir entschieden, mehr in den Bereich Social Media zu investieren und die eingesetzten Kanäle zu erweitern. Bestanden in den Vorjahren nur eine Facebookseite für Rollstuhlsport und ein selten

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genutz­ter Youtube-Kanal, haben wir das mit einer Facebookseite für die SPV sowie mit Instagram und Twitter ergänzt. Erklären und vermarkten Beliebt sind vor allem unsere kurzen Filme zu Events und die animierten Erklärvideos. So z. B. die Rückschau zum Kids Camp, die Highlight-Clips zur Junioren-WM, aber auch die Erklärvideos zu unseren Reisen, einem Umbauprojekt oder den Angeboten der Lebensberatung. Bei Rollstuhlsport ha­ ben wir während der Junioren-WM mehr als eine Million Views gehabt und konnten Hun­­derte neuer Followers gewinnen.

NEUE MITARBEITENDE

FÜR DIE UMWELT

In Plastik verpackt

Nadja Venetz

Sandro Farina IT-Verantwortlicher

Architektin

Marketing und Kommunikation wird seit März im Bereich Text verstärkt. Nach dem Master in Kulturanthropologie und Geschichte bildete sich Nadja Venetz zur PR- und Communicationsmana­gerin weiter. Sie arbeitete in den vergangenen Jahren bei der SportToto-Gesellschaft und der Stiftung Schweizer Sporthilfe.

Seit Anfang Jahr verfügt die SPV über einen IT-Verantwortlichen. Sandro Farina, seit zwanzig Jahren in der Welt der Informationstechnologie zu Hause, arbeitete die letzten drei Jahre bei der Informatik des SPZ. Vorher war er in der IT-Abteilung einer Grossbank tätig.

Seit November 2019 arbeitet Irene Bucher beim Zentrum für hindernisfreies Bauen. Nach einigen Jahren in der Projektleitung von anspruchsvollen Bauprojekten (CAS Kommunikation und Führung im Baumanagement) freut sie sich auf das neue Berufsumfeld mit der hohen Sinnhaftigkeit.

In der Küche und auf Platz In der Freizeit engagiert er sich als Fussballtrainer beim FC Rothenburg und wandert oft. Zudem verwöhnt er seine Familie gerne mit selbstgekochten Leckereien.

Farben und Formen Zusammen mit Freunden ist sie fasziniert, in der Natur, an einer Kunstausstellung oder beim kreativen Arbeiten den Farben und Formen aller Art nachzugehen.

Redaktorin

Sport und Kultur Als begeistere Läuferin engagiert sie sich als Laufguide für Sehbehinderte. Ihre Batterien lädt sie in den Bergen, beim Yoga oder Lesen wieder auf. 6

Irene Bucher

Immer wieder werden wir gefragt, weshalb das Paracontact in Plastikfolie verpackt wird. Plastikmüll sei doch zu vermeiden. Natürlich wollen auch wir die Umwelt so wenig wie möglich belasten – und die Zeitschrift dennoch schützen. Unser Druckpartner ver­ wen­det Polyethylen-Folien (PE-Folien) ohne PVC. Diese sind frei von Chlor und Schwefel und werden als umweltfreundlich, recycling­ fähig und grundwasser­neu­ tral bezeichnet. Sie sind problemlos in einer Verbren­ nungsanlage thermisch verwertbar und verbrennen rückstandsfrei. Evaluiert wurden auch Bio-Folien aus Mais oder Kartoffeln. Diese sind zurzeit noch nicht zu­friedenstellend einsetzbar. Paracontact I Frühling 2020


RUBRIK

LEBENSBERATUNG

SPV-Höck Die SPV bietet in der Uni­ klinik Balgrist regel­mässig Infover­anstaltungen an.

BEHINDERTENSPORTLERIN DES JAHRES

Die Marathon-Königin Die Krienserin Manuela Schär wurde 2019 bei den Sports Awards, der Gala des Schweizer Fernsehens, zum ersten Mal als paralym­ pische Sportlerin des Jahres ausgezeichnet. Die Rollstuhlleichtathletin gewann im Früh­ling in London den Weltmeistertitel im Marathon. Auch an allen übrigen Marathons, an denen sie startete, überquerte sie die Ziel­ linie als Erste und gewann somit die World Marathon Major Serie.

Bei der Preisverleihung sagte Manuela Schär, dass ihr 2019 die perfekte Saison gelungen sei. Sie bedankte sich speziell bei ihrem Trai­ ner Claudio Perret für die Unterstützung. 2020 wurde sie für die prestigeträchtigen Laureus World Sports Awards nominiert. Website www.manuelaschaer.ch

NEUE BEREICHSLEITERIN

Daniela Vozza ­ atienten des Schweizer Paraplegiker-ZenP trums in Nottwil; seit 2011 als stellvertre­ ten­de Leiterin des Bereichs Sozialberatung. Vor­her arbeitete sie beim Kinderhaus «die Alternative» in Birmensdorf und beim Regio­ nalen Sozialdienst Oberwynental. Dank der breiten Erfahrung und einer kaufmännischen Ausbildung ist sie für die neue Aufgabe gerüstet. Die Abteilung LebensbeDie Nachfolge des im Mai 2019 verstorbenen ratung umfasst aktuell neun Mitarbeitende Erwin Zemp ist geregelt: Daniela Vozza über­ in den beiden Fachbereichen Aussendienst nimmt ab April 2020 in einem 80%-Pen­­sum und Sozialberatung. Wir beraten Menschen die Bereichsleitung der Lebensberatung. mit einer Querschnittlähmung in der ganzen Schweiz. Dabei kommen Daniela Vozza Die ausgebildete Sozialarbeiterin (FH) kennt die guten Sprachkenntnisse zugute. In ihrer die Problemstellungen unserer Mitglieder Freizeit beschäftigt sie sich mit Tanz und bestens. Seit 2009 begleitet und berät sie Meditation. Paracontact I Frühling 2020

Offene Runde: Stammtisch Lebensberatung SPV Donnerstag, 26. März 2020 16.00 –18.00 Uhr Die Gesprächsgruppe und Interessierte treffen sich im Restaurant der Uniklinik Balgrist zum Austausch. Reisen öffentlicher Verkehr, Sommer-Freizeitangebote Lebensberatung SPV Montag, 27. April 2020 18.00–20.00 Uhr Raum OK B 63 Ein Mitarbeitender der Lebensberatung informiert über Reisen im Rollstuhl und Freizeitangebote im Sommer. Offene Runde: Stammtisch Lebensberatung SPV Donnerstag, 28. Mai 2020 16.00 –18.00 Uhr

AUFRUF

Der perfekte Tag Wir stellen im Paracontact immer wieder Ausflüge vor, die für Personen im Rollstuhl geeignet sind. Kennen Sie ein tolles Ausflugsziel aus eigener Erfahrung? Dann melden Sie sich bei uns, damit wir darüber berichten können. Sie helfen anderen Betroffenen, schöne Freizeiterlebnisse zu haben. Vorschläge? Bitte per E-Mail an kf@spv.ch 7


WIR BEWEGEN

MITGLIEDERUMFRAGE 2019

Engagierte Mitarbeiter, zufriedene Kunden Die Mitgliederumfrage zeigt: Unsere Dienstleistungen werden sehr geschätzt und erfüllen die Bedürfnisse. Auch wertvolle Verbesserungsideen haben wir erhalten. Von Evelyn Schmid

Neben regelmässigen Umfragen zu einzelnen Angeboten führt die SPV alle vier bis fünf Jahre eine grosse Mitgliederumfrage durch. Wir haben bei der aktuellen On-­ line­­­umfrage 427 Antworten erhalten, das entspricht rund 10% unserer Aktivmitglie­ der. Rund 30% haben freiwillig ihren Na­ men vermerkt. Das steht für eine gute Kundenbindung und ist Anzeichen dafür, dass unsere Mitglieder den persönlichen Kontakt schätzen.

Rund die Hälfte unserer Mitglieder kommt hauptsächlich durch die Zeitschrift Paracontact mit der SPV in Kontakt, welche intensiv gelesen wird. Nur gerade 5% schauen sich die Zeitschrift gar nicht an. 45% wen­den zwischen einer halben und einer ganzen Stunde für die Lektüre auf, 18% so­ gar mehr. Gelesen werden wie schon 2011 und 2015 am liebsten rechtliche und medizinische Berichte. Diese Themen wollen wir künftig noch aktiver behandeln.

Grosses Lob Die allgemeine Zufriedenheit mit der SPV als Dachverband ist ausserordentlich hoch. Der Durchschnitt liegt bei 87 %, 2015 wa­ ren es 88%. Keine einzige Person gab bei dieser Umfrage an, dass sie mit der SPV unzufrieden ist, und nur 1,8% der Befragten waren mässig zufrieden. Des Weiteren beurteilten 92 % (2015: 93%) die Freundlich­ keit der SPV-Mitarbeiter am Telefon als sehr gross oder gross.

Es ist nicht immer einfach, den richtigen Kommunikationsmix zu finden. Gemäss der Umfrage finden unsere Webseiten, die News­letter und ParaReisen, aber auch unsere Broschüren und Flyer grosse Beachtung. Die Zufriedenheit mit www.spv.ch ist wie bisher hoch, wir sehen aber klar, dass die Bewertungen hinsichtlich der Gestaltung, Navigation und des Informa­ tionsgehalts et­was tiefer ausgefallen sind. In der zweiten Jahreshälfte starten wir ein

Wie zufrieden sind Sie mit folgenden Informationsquellen der SPV? 100 % 80 % 40 % 20 %

ParaReisen

Paracontact

GoAhead

Broschüren/Flyer

sehr gut gut mittel mässig ungenügend

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Neue Kommunikationsformen Nach dem Ausbau unserer Social-MediaAktivitäten in den letzten Jahren haben wir erstmals deren Nutzung analysiert. Rund 15% der Befragten sehen sich täg­lich Informationen auf unseren Facebook-, Twitteroder Instagram-Kanälen an. 13% immerhin wöchentlich und 24% selten. Den 48%, die Social Media nicht nutzen, wer­den wir weiterhin Alternativen anbieten.

Auch die Qualität unserer Öffentlichkeitsarbeit wird von 86% (2015: 85%) der Befrag­ ten als gut bis sehr gut eingeschätzt. Hier haben wir mit verschiedenen Aktivitäten in den vergangenen Jahren Schwerpunkte ge­setzt, dies insbesondere mit Sensibilisie­ rungs­kursen, der Berichterstattung über den Rollstuhlsport und der Zu­sam­men­ arbeit mit Inclusion Handicap. Verbesserungspotenziale Die Umfrage zeigt, dass unsere Angebote weitgehend den Bedürfnissen unserer Mit­ glieder entsprechen. Wir haben aber auch Potenziale erkannt. Für alle Bereiche gibt es interessante Erkenntnisse, die wir genauer analysieren werden. So haben wir beispielsweise festgestellt, dass 20% der Be­ fragten Sport macht, der durch die SPV or­ ganisiert ist, 2015 waren es nur 13% ge­we­ sen. Gleichzeitig ist auch die Zahl der­je­­nigen gesunken, die angeben, keinen Sport zu machen. Und zwar von 30% auf 26%. Im Bereich Kultur und Freizeit hat sich die Tendenz fortgesetzt, dass Reisende ihre Ferien auf dem Internet und nicht mehr im Reise­ büro buchen. Wir werden überall über kon­ krete Massnahmen nachdenken. Zusammenfassend sind die guten Resultate aber Ansporn, unsere Mitglieder weiterhin um­ fassend, optimal und freundlich zu beraten.

GEWINNER

60 %

0 %

Projekt zur Überarbeitung der Webseite und berücksichtigen dabei die erhaltenen Feedbacks.

spv.ch

Social Media

Unter den Teilnehmenden haben wir Einkaufsgutscheine verlost. Gewonnen haben Christian Broggi, Stefan Künzi und Peter Hofstetter. Wir gratulieren herzlich.

Paracontact I Frühling 2020


WIR BEWEGEN

JUBILÄUMS-ZENTRALFEST

40 Jahre SPV Es hat sich viel geändert in der Welt der Querschnittgelähmten seit der Gründung der SPV 1980. Gemeinsam mit allen Betroffenen wurde die Selbsthilfeorganisation weiterentwickelt. Das feiern wir am 25. April 2020. Von Gabi Bucher

Als in Kriens 1966 der erste Rollstuhlclub gegründet wurde, dachte wohl niemand, dass daraus 40 Jahre später eine Organisation mit über 65 Mitarbeitenden werden würde. Es folgten weitere Clubs. Und fünf Jahre nachdem Guido A. Zäch die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) ins Leben ge­rufen hatte, gründete der damalige Chef­ arzt des Paraplegiker-Zentrums Basel 1980 die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung, kurz SPV genannt. Wie alles begann Anlässlich der Gründungsversammlung vom 27. April 1980 wurde Guido A. Zäch zum ersten Zentralpräsidenten gewählt. In den ersten Monaten amtete Stephan Rossel als Zentralsekretär. 1981 kam der Jurist Marc F. Suter als Verantwortlicher für das Ressort Sozial- und Rechtsberatung dazu. Ein Jahr später übernahm André Deville das Res­sort Sport. Ein wichtiger Schritt in Rich­ tung einer professionell geführten Non­­Pro­­fit-Organisation war 1983 die Grün­dung einer eigenen Geschäftsstelle in Kriens. Im selben Jahr kam Werner Waldispühl als neu­er Zentralsekretär und Ressortleiter Kul­­tur und Gesellschaft dazu. 1991 erfolgte der Umzug nach Nottwil und 1994 wur­de die SPV als Verband für Rollstuhlsport bei Swiss Olympic aufgenommen. Breites Angebot Viele der Leistungen, die in den Folgejahren entstanden, sind heute noch in der An­ ­gebotspalette der SPV zu finden. 1984 wur­ de beispielsweise der erste SPV-Prospekt ge­druckt, 1985 der erste auf die Bedürfnisse der Rollstuhlfahrer angepasste Bus in Betrieb genommen. Heute wird die Flot­te Paracontact I Frühling 2020

von drei Reisebussen durch EUROBUS und Buchard Voyages bewirtschaftet. Im gleichen Jahr führte die SPV die ersten Wei­ ter­bildungstage für Fachlehrer durch, Vor­ gän­ger der heutigen Paradidact-Kurse für Lehrerinnen und Lehrer und der 2008 daraus entstandenen Sensibilisierungskurse. Ab 1985 besuchte und beriet Ernst Michel Frischverletzte und langjährige Rollstuhlfahrer. Gérald Mantel übernahm diese Auf­ ­­gabe ab 1986 für die Westschweiz, daraus hat sich über die Jahre der Bereich Lebensberatung entwickelt. 1995 wurde das Zentrum für hindernisfreies Bauen (ZHB) er­öff­ ­net. Dieses ist heute eine anerkannte Fachstelle mit neun Architekten und Hoch­bauzeichnern. Ausgezeichnete Leistungen 1998 folgte Dr. Thomas Troger auf Werner Waldispühl und die Organisationsstruktur wurde angepasst. Unter der neuen Führung erhielt die SPV 2009 und 2016 mit «recognised for excellence» hervorragende Ergeb­

­ isse für ihr Qualitätsmanagement. Die n Netzwerkstrategie wurde verstärkt, die Zu­ ­sammenarbeit mit allen Paraplegikerzentren in der Schweiz intensiviert. Ausserdem ist im Bereich Rollstuhlsport viel passiert. Hightech-Material hilft den Rollstuhlathle­ ten, Top­resul­tate zu erzielen, und die intensive Nach­wuchsförderung macht sich im Medaillenspiegel an Paralympischen Spielen und Titelwettkämpfen bemerkbar. ZENTRALFEST So ein Jubiläum muss gefeiert werden. Das Zentralfest bietet uns die perfekte Gelegenheit dazu. Am 25. April 2020 sind alle Mitglieder nach Nottwil eingeladen. Wir freuen uns auf Sie. Das Zentralfest wird grosszügig durch den Hauptsponsor Hollister unterstützt.

Programm 10  –12 Uhr: Besuch Paraforum ab 11 Uhr: Apéro 12 –16 Uhr: Mittagessen mit Unterhaltung, Verleihung des ersten Benevol Awards Infos und Anmeldung (bis 29. März) unter www.spv.ch/zentralfest

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WIR BEWEGEN

AUS DEN ROLLSTUHLCLUBS

FEIERN SIE MIT UNS !

Das Fest zum 50-Jahr-Jubiläum

Unser Club ist heute ein «rüstiger», dynamischer «Fünfziger» mit rund 140 Aktivmitgliedern und möchte seinen Geburtstag mit Ihnen feiern.

Der «Club en fauteuil roulant de Fribourg» feiert dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Von Martin Cotting, Präsident des CFRF

Eine Gruppe von rund zehn Paraplegikern aus dem Kanton Freiburg, welche gemeinsam Sport treiben wollten, tat sich im September 1970 zusammen, angespornt durch Jean-Louis Page. Es kam zur Gründung der «Groupe des paraplégiques de Fribourg». Jean-Louis Page wurde dann auch ihr erster Präsident. Die «Gruppe» wurde stetig grösser und die Mitglieder entschlossen sich 1981, der Schweizer Paraplegiker-Ver-

Basketballteam in den Neunzigerjahren

einigung beizutreten, welche im Vorjahr ge­ gründet worden war. Fortan hiessen sie «Club en fauteuil roulant Fribourg» und wa­ren die erste welsche Sektion der SPV. Von Anfang an waren die sportlichen Aktivitäten die treibende Kraft unseres Clubs. Tischtennis, Bogenschiessen und Leichtathletik wurden angeboten. Die Basketball­ mannschaft, welche 1976 gegründet wurde, war lange Mittelpunkt der Clubaktivitäten. Andere Sportarten wurden eingeführt, um den Mitgliedern ein immer umfassenderes und attraktiveres Angebot machen zu können. Folgende neue Sportarten sind in der Zwischenzeit dazugekommen: Wasser­ ski, Handbike, Rudern, Kajak, Rollstuhltanzen, Ski alpin und Schwimmen. Zusätz­lich gibt es seit drei Jahren jede Woche einen Polysportkurs. Dort wird körperliche Fitness trainiert und gute Laune gelebt. Dieser Kurs ist sehr erfolgreich und wird gut besucht! Parallel dazu bauten wir auch die gesellschaftlichen Angebote aus. Wir organisieren regelmässig Kultur- und Freizeitausflü­ge und gemeinsame Nachtessen, die uns er­möglichen, schöne Momente des Austauschs zu erleben.

Immer in Bewegung … 10

Wir setzen uns aber auch ein, um in der Gesellschaft die Rechte der Menschen mit Mobilitätsbehinderung zu vertreten. Da geht es uns vor allem darum, bei der Planung und dem Bau neuer Infrastrukturen mitzuwirken, damit architektonische Barrieren verhindert werden können. Denn die­se machen uns das Leben schwer und schränken uns in unserer Freiheit ein.

Am 15. Februar 2020 starteten wir einen Fotowettbewerb zum Thema «Der Rollstuhl ausser Rand und Band». Machen auch Sie mit. Es gibt zwei Kategorien: Finden Sie die schönsten und verrücktesten Fotos zu diesem Thema. Die zweite trägt die Überschrift «Die schlimmsten architektonischen Barrieren». Dabei geht es darum, uns Bilder zuzustellen von den schlimmsten oder ungewöhnlichsten Barrieren, die Ihnen je begegnet sind. Senden Sie Ihre Fotos bis zum 15. Mai 2020 an concoursphoto@cfrf.ch. Die Resultate werden im Juni bekannt gegeben, pro Kategorie werden die drei besten Bilder mit Preisen belohnt. Und nicht zuletzt organisieren wir am Wochenende vom 27./28. Juni 2020 ein grosses Sportturnier. Am Samstag wird das Fest für die Freiburger Bevölkerung offen sein: Fussgänger können sich im Rollstuhlfahren üben und an Unihockey- und Basketballspielen teilnehmen und konkurrieren. Man kann auch einen Hindernisparcours ausprobieren. Der Sonntag ist reserviert für die Mitglieder der Rollstuhlclubs der SPV. Sie können eine Mannschaft zusammenstellen und am Basketball- oder Unihockeyturnier teilnehmen. Alle Informationen zu unseren Festivitäten und zur Veranstaltung vom 27./28. Juni sowie zum Fotowettbewerb finden Sie auf www.cfrf.ch unter «50ans du CFRF».

Interessiert? Besuchen Sie uns auf www.cfrf.ch Paracontact I Frühling 2020


WIR BEWEGEN

NACHGEFRAGT

Neue Gesichter bei ESCIF Bedingt durch die bevorstehende Pensionierung wird Urs Styger sein Amt als Sekretär bei ESCIF (European Spinal Cord Injury Federation) abgeben. Albert Marti übernimmt diese Aufgabe, seit Juli letzten Jahres läuft der Ablösungsprozess. Von Gabi Bucher

Was hat dich bewogen, dieses Amt zu übernehmen? Urs hat mich vor längerer Zeit angefragt, ob ich interessiert wäre, diese Funktion zu übernehmen. Damals arbeitete ich noch bei der SPV. Ich habe schon an ESCIF-Kongressen teilgenommen und deren Themen interes­ sieren mich, darum habe ich zugesagt. Bei ESCIF geht es häufig um wissenschaftliche Fragen und Projekte. Da ich in der Forschung gearbeitet habe, verfüge ich über eine gute Grundlage für diese interessante Tätigkeit. Ich freue mich insbesondere auf die internationalen Meetings. Viel Admi­ ni­stratives kann ich von zu Hause aus erledigen, das kommt mir entgegen. Der ESCIF-Vorstand wurde 2019 bis auf ein Mitglied neu aufgestellt. Welche Herausforderungen bringt das? Es wird noch etwas Zeit vergehen, bis wir als Team zusammengewachsen und die Rol­len klar definiert sind, aber wir sind auf einem guten Weg. Es sind auch praktische

Probleme aufgetaucht, die es zu lösen gilt. Jani Trdina, welcher sich um die Websei­te und um Facebook geküm­ mert hat, ist leider verstorben. Jetzt versuchen wir, den Zugang zu unserer Facebook­ sei­te wieder zu bekommen und über­ legen uns, ob und wie weit wir die Webseite neu aufbauen wollen. Denkst du, dass du dich als Rollstuhlfahrer mehr einbringen kannst in die Thematiken als Urs als Fussgänger? Nicht unbedingt, Urs hat grosse Erfahrung in vielen Bereichen. Zudem hat jedes Mitgliedsland andere Probleme, ich glaube nicht, dass es da einen grossen Unterschied macht, dass ich im Rollstuhl bin. Ich kann mich aber sicher bei den Projekten und Studien mit wissenschaftlichem Hintergrund einbringen und vielleicht ein paar Änderungen bewirken. Wie weit dies möglich ist, wird sich zeigen. Daneben geht es aber bei diesem Job auch oft um Administratives.

Was bringt ESCIF der SPV oder der Schweiz im Allgemeinen? Es ist wohl eher so, dass die Schweiz ESCIF etwas bringen kann. Wir sind das grosse Vorbild, wir zeigen auf, wo es hingehen sollte oder könnte. Wir leben sozusagen die grosse Vision der umfassenden Rehabilitation vor. Wobei wir auch vorsichtig sein müssen, dass wir die anderen Länder nicht zu «verschweizern» versuchen, denn die Systeme funktionieren unterschiedlich. Die Thematiken vieler ESCIF-Mitgliedsländer bringen uns ab und zu wieder auf den Boden der Realität und zeigen auf, wie privilegiert wir hier sind. Wir können von ihnen lernen, wie man Probleme auch mit sehr viel weniger Mitteln lösen und meistern kann. So schätzen wir vielleicht wieder etwas mehr, was wir haben! Der nächste Kongress findet in Nottwil statt. Was ist das Thema? Wir wollen zeigen, wie die UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD) in den Ländern umgesetzt wird. So wird zum Beispiel ein Schattenreport aus Slowenien präsentiert, welcher erklärt, was gemacht werden sollte und wie es wirklich läuft. Aus der Schweiz wird der Fall des FV-DOSTO-Zuges aus Sicht der CRPD betrachtet. Ist dieser Kongress öffentlich? Normalerweise nehmen Vertreter von den Mitgliedsorganisationen teil. Aber natürlich freuen wir uns, wenn interessierte Per­ sonen sich anmelden. Die Konditionen sind auf der Webseite zu finden. Informationen www.escifcongress.org

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LEBENSBERATUNG

ASSISTENZBEITRAG DER IV

Selbstbestimmung dank Assistenzbeitrag?

Leben in den eigenen vier Wänden dank Assistenzbeitrag: Matthias Amrein von der Beratungsstelle Pro Infirmis und die Tetraplegikerin Eva Wyss berichten. Von Manuela Burkart-Häfliger

«Ich habe das Gefühl, selbständig zu leben», erzählt Eva in ihrer gemütlichen Wohnung in Nottwil. Zuvor hat sie mit ihrer Assisten­ tin Geschenke eingepackt. «Meine Assisten­ tinnen ermöglichen mir einen erfüllenden Alltag.» Ohne diese Unterstützung könnte Eva nicht mehr alleine wohnen. Dass sie As­­sis­tentinnen an­stellen und entlöhnen kann, verdankt sie dem Assistenzbeitrag der Invalidenversicherung. Diese Leistung wurde 2012 einge­führt mit dem Ziel, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung von Per­sonen, welche im Alltag auf Unterstützung angewiesen sind, zu stärken. Mit dem Assistenz­beitrag kann die benötigte Assistenz vergütet werden. Damit soll 12

das eigen­ständige Wohnen, aber auch die Integration in der Gesellschaft und im Berufsleben ver­bessert werden. Ein weiteres Ziel des Gesetzgebers ist es, pflegende Angehörige zu entlasten. Mut und Vertrauen Eva Wyss’ anfängliche Skepsis gegenüber dem Assistenzbeitrag war gross. «Ich fühlte mich ohnmächtig, überfordert und hatte grosse Zukunftsängste. Es dauerte einige Zeit, bis ich wieder Licht am Ende des Tun­ nels erblicken konnte.» Eva war klar, dass sie aufgrund der gesundheitlichen Verschlechterungen ver­mehrt auf Hilfe angewiesen sein wird. Sie hatte grosse Angst,

bevormundet zu werden und nicht mehr selbst entscheiden zu können. Sie habe auch lernen müssen, sich auf andere zu verlassen und anderen zu vertrauen. Zu ihrer ersten Assistentin ist Eva über ei­­­ne Bekannte gekommen. Matthias Amrein, Sozialarbeiter bei Pro Infirmis Be­ratungs­ stelle Biel-Seeland, erlebt häufig, dass Assistenzpersonen aus dem Freundeskreis an­ gestellt werden. Zu diesen Personen bestehe bereits ein Vertrauensverhältnis. Über die erste Assistentin ist Eva denn auch zu ihrer zweiten Hil­fe gekommen. Eine wei­­tere Assistentin ist eine ihrer SchwägeParacontact I Frühling 2020


rinnen. Gemäss Matthias Amrein wäre es wün­schenswert, könnte die Hilfe von Fa­ milien­angehörigen in gerader Linie sowie von Ehe- und Konkubinatspartnern im Rahmen des Assistenzbeitrages vergütet wer­den. Ge­ra­de bei Personen, welche aufgrund ihrer Einschränkungen auf umfassende Hilfe an­gewiesen sind, reicht der As­sistenzbeitrag nicht aus. In solchen Situationen sind es laut Matthias Amrein die engsten Angehö­ri­gen, welche einen grossen Teil der benö­tig­ten Unterstützung leisten. «Diese Unterstützung kann mit der heutigen Gesetzgebung nicht vergütet wer­den. Eine Möglichkeit zur Entlastung der Angehörigen ist durch den Assistenzbeitrag immerhin gegeben.» Hürden Um den Assistenzbeitrag zu erhalten, ist es notwendig, selbst Arbeitgeber zu werden. Dies bringt viele Rechte und Pflichten mit sich. Der administrative Aufwand ist in den Beratungen bei Pro Infirmis ein grosses Thema und wird als erhebliche Hürde erlebt. Matthias Amrein bezeichnet den As­ sistenzbeitrag als komplexe Leistung, da diese nur ausgerichtet wird, wenn effektiv Assistenzstunden geleistet wurden und die­ se auch in Rechnung gestellt werden. Dies im Gegensatz z. B. zur Hilflosen­entschädi­ gung, welche monatlich ausbezahlt wird.

Hier bietet die Pro Infirmis Unterstützung an. In den Beratungen geht es meist um ar­ beitsrechtliche Fragen und um Fragen direkt zum Assistenzbeitrag, beispielsweise, wer angestellt werden darf oder wie mit der IV abgerechnet wird. Die Beratung durch Pro Infirmis reicht in der Regel aus. Kann eine Person den administrativen Aufwand nicht bewältigen, besteht die Möglichkeit, ein Treuhandbüro damit zu beauftragen, die Kosten werden jedoch nicht vollumfäng­ lich durch den Assistenzbeitrag gedeckt. Bei Eva hat von Anfang an ein Bekannter alle Treu­hand-Aufgaben übernommen. Er sei quasi ihr vierter Assistent, meint Eva lachend. Ohne ihn würde es nicht gehen, ist sie über­zeugt. Hier wür­de sich auch Matthias Amrein eine Ver­ein­­fachung wün­ schen, in­dem beispielsweise auch solche Dienst­leistungen in Anspruch genommen werden könnten, die über den Assistenz­ beitrag abgerechnet werden könnten. Paracontact I Frühling 2020

Alternative Heim Nein, im Heim zu leben, könne sie sich nicht vorstellen. Aber ohne den Assistenzbeitrag wäre dies ihr Los, ist Eva überzeugt. Heimaustritte, wie sie der Gesetzgeber erhofft hatte, erlebt Matthias Amrein eher selten. Gemäss seinen Erfahrungen können Heimeintritte dank dem Assistenz­ ­beitrag verhindert oder zumindest hinaus­ gezögert werden.

«Die Assistentinnen bringen das Leben, den Alltag zu mir nach Hause.» Eva fühlt sich wohl in ihrem Zuhause. «Die Assistentinnen bringen das Leben, den Alltag zu mir nach Hause», erzählt Eva und meint weiter: «Sie holen mich aus der Isolation raus.» Ihre Lebensqualität habe sich dank dem Assistenzbeitrag sehr verbessert. Dies geht auch aus der vom Bundesamt für Sozialversicherungen BSV in Auftrag gegebenen Evaluation hervor. Knapp drei Viertel geben an, dass sich ihre Lebenssituation stark oder ein bisschen verbessert hat dank dem Assistenzbeitrag. Eva hat dank dem Assistenzbeitrag ein Netz an Unterstützung aufbauen können. Es sei viel mehr entstanden als blosse Arbeitsbeziehungen. «Ich kann es jedem empfehlen, die Angst zu überwinden und den Schritt zu wagen. Es ist sehr erfüllend.»

IV- ASSISTENZBEITRAG Seit 2012 können Personen, welche eine Hilflosenent­ schädigung der IV beziehen und zu Hause wohnen oder beabsichtigen, in einer eigenen Wohnung zu leben, den As­sistenzbeitrag beantragen. Der Assistenzbeitrag der Invalidenversicherung IV soll Menschen, welche bei alltäg­ lichen Lebensverrichtungen auf Hilfe angewiesen sind, das Leben zu Hause ermöglichen. Mit dem Beitrag können As­sistenten angestellt werden, welche die notwendige Unterstützung beispielsweise im Haushalt, bei der Körperpflege oder bei Freizeitaktivitäten leisten. Beratungsangebote Die Mitarbeitenden der Lebensberatung vermitteln Ihnen gerne weitere Informationen zum Assistenzbeitrag. Pro Infirmis bietet in allen Kantonen Assistenzberatung an. Spezialisierte Mitarbeitende unterstützen beispielsweise beim Ausgestalten der Arbeitsverträge, der Alltagsplanung oder der Abrechnung mit der IV-Stelle.

Eva hilft wo immer möglich mit

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23.06.2015 08:24:58

Paracontact I Frühling 2020


LEBENSBERATUNG

SENSIBILISIERUNG IM TESSIN

Prävention auf Italienisch Aussendienstmitarbeiter Gian Paolo Donghi setzt sich im Tessin für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Querschnittgelähmte ein und führt diverse Kurse und Veranstaltungen durch. Von Gian Paolo Donghi und Gabi Bucher

Letzten Sommer wurde Gian Paolo zu ei­ ner Informationsveranstaltung betreffend Querschnittlähmung ins TCS-Zentrum Scruengo - Quinto eingeladen. Der Abend war Teil einer Spezialwoche, an welcher gegen fünfzig Lehrlinge und fünf Ausbildner des betriebsübergreifenden «Centro di formazione apprendisti di AgieCharmilles SA» teilnahmen. «Meine beiden Kollegen André Martins und Davide Chinelli, beides Rollstuhlfahrer des Gruppo sportivo Insuperabili aus Lugano, begleiteten mich», erzählt Gian Paolo. Mit ihren eigenen Erfahrungsgeschichten erklärten sie den Jugendlichen, was es heisst, das Leben nach einem so traumatischen Ereignis wie einer Querschnittlähmung wieder in den Griff zu bekommen. «Wir zeigten ihnen auf, wie wir den Alltag mit einer Para- oder Tetraplegie meistern, mit all den Veränderungen und den Herausforderungen, welche dies mit sich bringt.» Der Film «Tag für Tag», welcher ebenfalls gezeigt wurde, hinterliess bei vielen einen starken Eindruck und regte zu lebhaften Diskussionen an. «Die Jungen interessierten sich vor allem dafür,

wie gut man sich im Rollstuhl noch selbstständig bewegen kann, ob reisen nach wie vor möglich ist und wenn ja, wie.» Es sei eine spannende und lebendige Begegnung gewesen und die Jugendlichen hätten gut mitgemacht. Gian Paolo besucht oft Schulklassen und erzählt über das Leben im Rollstuhl. Meistens gehen diese Besuche über die Theorie hinaus. «Wir bringen jeweils ‹Rollmaterial› mit. So können die Schüler nebst gewöhnlichen Handrollstühlen auch Basketballroll­stühle und Handbikes ausprobieren», erzählt er. «Das interessiert sie mehr als die Theorie und viele begreifen plötzlich, wie viele architektonischen Barrieren es gibt!» Vorzeigebeispiel Clay Regazzoni Ein weiteres Sensibilisierungsangebot sind die Besuche mit Schulklassen im «Clay Regazzoni Memorial Room» in Lugano. Dieser ist dem bekannten Formel-1-Rennfahrer gewidmet, der im Dezember 2006 gestorben ist. Durch einen Unfall wurde Spannende Angebote für junge Erwachsene im Tessin

er 1980 Paraplegiker, fuhr aber weiterhin Rennen. Nebst seiner Renntätigkeit engagierte Regazzoni sich auch für verschiede­ne Paraplegiker-Organisationen, angefangen bei der International Foundation for Research in Paraplegia (IPR). Dieses Enga­ gement wird heute durch seine Familie weitergeführt. Im Memorial Room sind nebst einiger seiner Rennwagen auch seine gewonnenen Trophäen und viele Fotos aus­ gestellt. Alessia Regazzoni, die Tochter des ehemaligen Rennfahrers, lädt Gian Paolo jeweils ein. «Es ist ihr ein grosses Anliegen, über die Sicherheit im Strassenverkehr zu informieren», erzählt er. Bei diesen Anlässen sei immer ein Polizist vor Ort. «Alessia zeigt den Film von Regazzonis Unfall, das ist nachhaltiger als manche Theorie», meint Gian Paolo. Zudem dürfen die Schüler jeweils in die Rennwagen sitzen, das macht natürlich grossen Spass. Tennis auf dem Schulhof Auch für dieses Jahr sind bereits wieder etliche Sensibilisierungsanlässe geplant. «Im April werden wir bei einem Schulbesuch zum ersten Mal Tennisrollstühle ein­ setzen», erzählt Gian Paolo. «Ich bin gespannt, wie das klappt.» Sie würden zwar «nur» auf dem Schulhof spielen, «aber das gibt trotzdem ein Gefühl dafür, was es heisst, im Rollstuhl Tennis zu spielen.»

Gian Paolo führt diese Kurse sehr gerne durch, er sieht sie gleichermassen als Prävention und Aufklärung, und es zeige sich immer wieder, wie wichtig und nötig solche Begegnungen seien für die ganze Bevölkerung, aber vor allem für die Jugendlichen. Paracontact I Frühling 2020

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RECHTSBERATUNG

INVALIDEN- UND UNFALLVERSICHERUNG TEIL 2

Hilflosenentschädigung

Wie in der letzten Paracontact-Ausgabe bereits berichtet wurde, fällen sowohl das Bundesgericht als auch die kantonalen Gerichte immer wieder Urteile in Bezug auf die Hilflosenentschädigung. Von Sarah-Maria Kaisser, Rechtsanwältin

In der letzten Paracontact-Ausgabe wurden die rechtlichen Grundlagen dazu so­ wie die neuste Rechtsprechung zu den Lebensverrichtungen dargelegt. Nun folgen Ausführungen zur regelmässigen und erheblichen Hilfe, dauernden Pflege und per­ sönlichen Überwachung sowie lebensprak­ tischen Begleitung.

feleistungen, welche infolge des physischen oder psychischen Zustandes der Person not­wendig sind und ärztlich verordnet wur­ den. Die dauernde Pflege bzw. die medi­ zinische oder pflegerische Hilfeleistung be­inhaltet z. B. das tägliche Verabreichen von Medikamenten oder das Anlegen einer Ban­dage.

Regelmässige und erhebliche Hilfe Die Hilfe ist regelmässig, wenn sie die Person täglich benötigt oder eventuell täglich nötig hat (Urteil des BGer 9C_562/2016 vom 13.1.2017). Diese Voraussetzung ist z. B. auch bei Anfällen erfüllt, die alle zwei bis drei Tage, jedoch unvermittelt und oft auch täglich oder täglich mehrmals erfolgen.

Dauernde persönliche Überwachung Der Begriff der dauernden persönlichen Überwachung bezieht sich nicht auf die all­ täglichen Lebensverrichtungen. Hilfeleistungen, die bereits als Hilfe in einem Bereich der alltäglichen Lebensverrichtung berücksichtigt wurden, können bei der Be­ urteilung der Überwachungsbedürftigkeit nicht nochmals Beachtung finden. Vielmehr ist darunter eine Hilfeleistung zu ver­ stehen, welche infolge des physischen oder psychischen Gesundheitszustandes der Per­ son notwendig ist. Eine solche persönliche Überwachung ist beispielsweise dann erforderlich, wenn eine Person wegen geis-

Die Hilfe ist erheblich, wenn die Person mindestens eine Teilfunktion einer einzelnen Lebensverrichtung (z. B. «Waschen» bei der Lebensverrichtung «Körperpflege») –n icht mehr, nur mit unzumutbarem Auf­ wand oder nur auf unübliche Art und Weise selbst ausüben kann oder wegen ih­res psychischen Zustandes ohne be­ son­dere Aufforderung nicht vornehmen würde; – selbst mit Hilfe von Drittpersonen nicht erfüllen kann, weil sie für sie keinen Sinn hat (z. B. ist die Pflege gesellschaftlicher Kontakte wegen schwerster Hirnschädigungen und rein vegetativen Lebenserscheinungen mit vollständiger Bettlägerigkeit nicht möglich).

tiger Absenzen nicht während des ganzen Tages allein gelassen werden kann. Grundsätzlich unerheblich ist die Umgebung, in welcher sich die Person aufhält. Es darf für die Bemessung der Hilflosigkeit keinen Un­ terschied machen, ob die Person in der Familie, privat oder in einem Pflegeheim lebt. Lebenspraktische Begleitung (Art. 38 IVV) Ein Bedarf an lebenspraktischer Begleitung liegt vor, wenn eine volljährige Person aus­ serhalb eines Heimes lebt und infolge Beeinträchtigung der Gesundheit: a. ohne Begleitung einer Drittperson nicht selbstständig wohnen kann; b. für Verrichtungen und Kontakte ausser­ halb der Wohnung auf Begleitung einer Drittperson angewiesen ist; oder c. ernsthaft gefährdet ist, sich dauernd von der Aussenwelt zu isolieren.

Ziel der lebenspraktischen Begleitung ist es, zu verhindern, dass Personen schwer ver­

Dauernde Pflege Die Pflege bezieht sich nicht auf die alltäglichen Lebensverrichtungen, sondern bein­ haltet medizinische oder pflegerische Hil16

Paracontact I Frühling 2020


wahrlosen und/oder in ein Heim oder eine Klinik eingewiesen werden müssen. Die zu berücksichtigenden Hilfeleistungen müs­­ sen dieses Ziel verfolgen. Die lebenspraktische Begleitung ist regelmässig, wenn sie über eine Periode von drei Monaten gerechnet im Durchschnitt mindestens zwei Stunden pro Woche benötigt wird. Anwendungsfälle der lebenspraktischen Begleitung a. Begleitung zur Ermöglichung des selbstständigen Wohnens Die lebenspraktische Begleitung ist notwendig, damit der Alltag selbstständig bewältigt werden kann. Sie liegt vor, wenn die betroffene Person auf Hilfe bei mindes­tens einer der folgenden Tätigkeiten angewiesen ist: Hilfe bei der Tagesstrukturierung (vgl. nachfolgend); Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagssituationen (z. B. Fragen der Gesundheit, Ernährung und Hy­giene, einfache administrative Tätigkei­ ten usw.; vgl. nachfolgend) oder Haushalts­ führung (vgl. nachfolgend).

Neben der indirekten kann auch die direk­te Dritthilfe berücksichtigt werden. Demnach kann die Begleitperson die notwendigerweise anfallenden Tätigkeiten auch selber ausführen, wenn die versicherte Per­ son dazu gesundheitsbedingt trotz Anleitung oder Überwachung/Kontrolle nicht in der Lage ist. Die Summe aller notwendigen Hilfeleistun­ gen muss dazu führen, dass mit Ausbleiben der Dritthilfe-Unterstützung ein Heimeintritt zwingendermassen die Folge wäre. Dabei muss die Schadenminderungspflicht berücksichtigt werden: Zum Beispiel sind auch Kurse und Therapien zu berücksichtigen, die die Erledigung der Haushaltsarbeiten mit Hilfe geeigneter Hilfsmittel lehren. Es ist insbesondere auch die Mithilfe der Familienangehörigen zu berücksichtigen, vor allem bei Haushaltführung. Da­bei stellt sich die Frage, wie sich eine vernünftige Familiengemeinschaft einstellen wür­ ­de, wenn keine Versicherungsleistungen zu erwarten wären. Diese Mithilfe geht weiter als die ohne Gesundheitsschaden üblicher­ Paracontact I Frühling 2020

weise zu erwartende Unterstützung. Lebt die versicherte Person mit Angehörigen im gleichen Haushalt, kann von diesen Hilfe im Haushalt verlangt werden. Zudem ist auch Kindern eine Mithilfe im Haushalt zuzumuten, was jedoch unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters zu erfolgen hat.

Deswegen können solche Hilfeleistungen nicht als lebenspraktische Begleitung anerkannt werden.

Die Tatsache, dass gewisse Tätigkeiten lang­ samer oder nur mit Schwierigkeiten oder nur in gewissen Momenten erledigt werden, bedeutet nicht, dass die Person ohne die nötige Hilfe für diese Aufgaben in ein Heim eingewiesen werden muss; dieser Hil­ febedarf ist somit nicht zu berücksichtigen.

c. Begleitung zur Vermeidung dauernder Isolation Die lebenspraktische Begleitung ist notwen­ dig, damit sich die versicherte Person nicht dauernd von sozialen Kontakten isoliert und sich dadurch ihr Gesundheitszustand nicht erheblich verschlechtert. Die rein hy­ pothetische Gefahr einer Isolation von der Aussenwelt genügt nicht; die Isolation und die damit verbundene Ver­schlech­terung des Gesundheitszustandes müssen sich bei der versicherten Person bereits manifestiert haben. Die notwendige lebenspraktische Begleitung besteht in beratenden Gesprächen und der Motivation zur Kontaktaufnahme (z. B. Mitnehmen zu Anlässen).

b. Begleitung bei ausserhäuslichen Verrichtungen Die lebenspraktische Begleitung ist not­wen­ ­dig, damit die versicherte Person in der Eine Person, die im Haushalt während meh­ La­ge ist, ihr Zuhause für bestimmte not­ reren Jahren in erheblichem Masse von ih­ wen­dige Verrichtungen und Kontakte zu rem Partner oder einem Familienmitglied ver­­las­sen (Einkaufen, Freizeitaktivitäten, unterstützt worden ist, erfüllt bei Wegfall Kon­takte mit Amtsstellen oder Medizinaldieser Unterstützung nicht automatisch die personen, Coiffeurbesuch usw.). Bei reinen Anspruchsvoraussetzung für lebensprak- oder überwiegend funktionalen Einschrän­ tische Begleitung (Urteil des BGer 9C_346/­ kungen ist die Hilfe im Bereich der Fortbewegung anzurechnen. 2013 vom 22.1.2014).

Die Hilfe bei der Tagesstrukturierung enthält beispielweise die Aufforderung aufzustehen, Hilfe beim Festlegen und Einhalten von fixen Mahlzeiten, einen Tag- und Nacht­rhythmus zu beachten, einer Aktivität nachzugehen usw. Die Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagssituationen beinhaltet Anleitungen, Aufforderungen usw. Im Bereich Hygiene wird die versicherte Person zum Beispiel daran erinnert, sie solle sich duschen. Braucht die versicherte Person allerdings direkte Hilfe beim Duschen, soll dies unter der alltäglichen Lebensverrichtung «Körperpflege» berücksichtigt werden und nicht bei der lebenspraktischen Begleitung. Zum Haushalt gehören Leistungen wie Wohnung putzen und aufräumen, Wäsche erledigen, Mahlzeiten vorbereiten usw. Die erforderlichen Hilfeleistungen sind aber unter dem Gesichtspunkt einer Verwahrlosung zu evaluieren. Es muss also immer geprüft werden, ob die versicherte Person ohne die entsprechende Hilfe in ein Heim eingewiesen werden müsste. Kann eine ver­ sicherte Person beispielsweise nicht bügeln, muss sie trotzdem nicht in ein Heim.

Wird im Rahmen des Sonderfalls gemäss Art. 37 Abs. 3 Bst d IVV eine Hilflosenentschädigung leichten Grades zugesprochen (wenn die Person trotz der Abgabe von Hilfs­mitteln wegen einer schweren Sinnes­ schädigung oder eines schweren körperlichen Gebrechens nur dank regelmässiger und erheblicher Dienstleistungen Dritter ge­sellschaftliche Kontakte pflegen kann), kann zusätzlich keine Begleitung zur Vermeidung dauernder Isolation anerkannt werden. Besteht eine partnerschaftliche Beziehung, ein Arbeitsverhältnis oder wird eine Tages­ struktur besucht, ist die Isolation nicht gegeben. Falls Sie Fragen zur Hilflosenentschädigung haben, kann bei uns im IRB gerne fachlicher Rat eingeholt werden. 17


MEDIZIN UND WISSENSCHAFT

SEXUALITÄT BEI QUERSCHNITTLÄHMUNG TEIL 2

Veränderte Sexualfunktionen bei Männern

Eine Querschnittlähmung verändert das Sexualleben. Medizinische Hilfsmittel und ein bewusster Umgang mit den eigenen Bedürfnissen helfen, dass dieses trotzdem beglückend und erfüllend wird.

Von Therese Kämpfer

Menschen mit Querschnittlähmung können viel Lust auf Sexualität haben, denn die Libido, das Verlangen nach Sexualität, wird ausgelöst durch Sinneswahrnehmungen wie Berührung, Bilder, Gerüche oder Mu­ sik. Diese Faktoren sind bei einer Querschnittlähmung, mit Ausnahme der Be­ rüh­rungssensibilität, kaum beeinträchtigt. Auch ohne die «normalen Körperfunk­tio­ ­nen» kann das Sexualleben sehr beglückend sein. Dazu müssen Ängste, die durch die

Querschnittlähmung ausgelöst werden, thematisiert und gemeinsam Lösungen ge­ funden werden. Je offener und direkter Sie Ihre Bedürfnisse kommunizieren, desto lust­voller kann die Begegnung werden. Die verschiedenen Erektionstypen Es gibt verschiedene Erektionstypen: Die psychogene Erektion wird ausgelöst durch Anziehungskraft und Ausstrahlung eines möglichen Geschlechtspartners. Auch Ge­

rüche, Fantasien, Erwartungen und sexu­ elle Wünsche können eine psychogene Erektion auslösen. Die Bewertung dieser Stimulationen erfolgt im limbischen System des Gehirns. Von hier aus werden die Informationen über Nervenfasern ins Erek­ tionszentrum im Rückenmark geleitet und es kommt zur Erektion. Bei Männern mit einer Querschnittlähmung kann prinzi­­pi­ell eine psychogene Erektion auftreten, wenn die Querschnittlähmung unterhalb Th11 bis L2 liegt. Die reflexogene Erektion entsteht durch direkte Berührungen und Zärtlichkeiten im Genitalbereich. Die Reize werden ins Reflexzentrum im Rückenmark weitergeleitet und verarbeitet. Vom Rückenmark aus gelangen sie durch Nervenfasern zum Penis und leiten die Erektion ein. Zu einer Reflexerektion kann es kommen, wenn die sakralen Wurzeln und das sakrale Rücken­ mark intakt sind. Eine Reflexerektion ist nur bei einer Querschnittlähmung oberhalb Th11 möglich. Da das Signal vom Gehirn fehlt (psychogene Erektion), muss an­haltend stimuliert werden, um die Erektion zu erhalten. Sie ist beim Mann oft ungenü­gend und dauert zu kurz für den Geschlechtsverkehr. Hilfsmittel bei erektiler Dysfunktion Die Behandlung der erektilen Dysfunktion erfolgt heute überwiegend durch Medikamente aus der Gruppe der Phosphodieste­ rase-5-Hemmer (Beispiel: Cialis®, Levitra®,

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Paracontact I Frühling 2020


Vivanza®, Sildenafil [Viagra®]). Sie haben in vielen Untersuchungen eine ausgezeich­ nete Wirkung gezeigt. Diese setzt nur in Abhängigkeit von sexueller Stimulation ein. Werden sie jedoch mit Nitroglyzerinpräparaten kombiniert, führt dies zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung der Herzdurchblutung. Nitroglyzerinpräpara­ ­te werden aufgrund einer autonomen Dys­ regulation relativ häufig bei querschnitt­ ge­lähmten Menschen eingesetzt.

sich die Schwellkörper mit Blut füllen. Um die Erektion zu erhalten, wird nach dem Pumpen ein Penisring vom Zylinder auf das Glied übergestreift, der den vorzeitigen Blutabfluss aus den Schwellkörpern verhindert. Diese Lösung ist leider oft nicht sehr erfolgreich, da das Glied häufig an der Wurzel abknickt. Der Penisring muss nach erfolgtem Geschlechtsver­kehr unbedingt entfernt werden, da es sonst zu Druck­ ­schäden oder Nekrosen kommen kann.

Medikamente auf natürlicher Basis Es gibt Pflanzen mit einer bekannten potenzsteigernden Wirkung, wie zum Beispiel Maca, ein Knollengewächs aus den perua­ nischen Anden, oder Ginseng. Blätter und Rinde des Yohimbin-Baumes können bei Erektionsproblemen helfen. Diese Wirk­ stof­fe sind in verschiedenen Medikamenten auf natürlicher Basis enthalten; die Ma­ca-­Knolle beispielsweise in Androxan Forte. Ein weiteres Medikament auf natürlicher Basis ist Libidoxin. Es enthält als hauptwirksame Inhaltsstoffe L-Arginin und L-Ornithin. Im Vergleich zu den Phospho­ diesterase-5-Hemmern wirken diese Präparate jedoch meist weniger.

Schwellkörper-Implantat Das Schwellkörper-Implantat («Penisprothese») ist eine operative Therapie, bei der zwei Plastikzylinder in die Schwellkörper eingebracht werden, die sich durch eine im Hodensack implantierte Pumpe bei Bedarf füllen lassen und somit eine mechanische Gliedversteifung erzielen. Risiken sind Infektionen und mechanische Defekte, zu­ dem zerstört diese Operation einen grossen Teil des Schwellkörpers bleibend.

Schwellkörper-AutoinjektionsTherapie (SKAT) SKAT wird seit der Einführung von neuen Medikamenten in Tablettenform meist nur noch benutzt, wenn diese nicht wirken oder nicht angewendet werden können. Bei der SKAT wird ein Wirkstoff (Alprostadil) in den Penis gespritzt. Diese Substanz bewirkt durch Erschlaffung der Muskulatur eine vermehrte Einströmung des Blutes, einen verminderten Abfluss und schliesslich eine Erektion. Die Wirkung tritt unabhängig von einer sexuellen Stimulation ein. Bei Tetraplegikern kann die Partnerin instruiert werden, die Injektionen durchzuführen. Vor einer ersten Anwendung durch den Betroffenen erfolgt eine «Austestung der Dosis» beim behandelnden Arzt. Vakuum-Pumpe Die Vakuum-Erektionshilfe ist ein Kunststoff-Zylinder, der über den Penis gestülpt und fest an die Peniswurzel gedrückt wird. Mit einer Pumpe kann darauf ein Unterdruck erzeugt werden, durch dessen Sog Paracontact I Frühling 2020

Veränderter Orgasmus Die Orgasmusfähigkeit ist fast immer betroffen. Die rhythmischen, unwillkürlichen Muskelkontraktionen, die beim Orgasmus auftreten, können nach Eintritt einer Quer­ schnittlähmung länger anhalten und von den Betroffenen als unangenehm empfunden werden. Bei einer Querschnittlähmung oberhalb Th12 gehen einem Orgasmus oft spastische Reaktionen in den Beinen voraus. Bei sensibel inkompletten Lähmungen können Orgasmusgefühle den Empfindun­ gen vor dem Eintreten der Querschnittlähmung entsprechen. Querschnittgelähm­ ­te mit sensibel kompletter Lähmung im Genitalbereich erzählen, dass es möglich ist, einen «Orgasmus im Kopf» zu erleben oder dass sich ein allgemeines Wohlbefinden und eine Entspannung einstellen können, wie sie es von früher her kennen. Hier sind Fantasie, Abenteuerlust und Experimentierfreude der Betroffenen von gros­ ser Bedeutung. Trotz verminderter oder erloschener Sensibilität gibt es Männer mit Querschnittlähmung, die einen Orgasmus erleben. Ejakulation Bei der Ejakulation spielen verschiedene Ner­ven differenziert zusammen. Nach Ein­ tritt einer Querschnittlähmung ist dieses

Zusammenspiel oft gestört und die Ejakulation beeinträchtigt. Sie ist nur tropfenweise vorhanden, entfällt ganz oder findet rückläufig in die Harnblase statt (retrogra­de Ejakulation), wenn der Verschluss des Blasenhalses nicht funktioniert. Fruchtbarkeit Auch bei einer Querschnittlähmung kann ein Mann genetisch eigene Kinder haben. Sexualfunktionen wie Erektion und Ejaku­ lation können trotz Querschnittlähmung erhalten bleiben, wie auch eine ausreichen­de Samenqualität. Bei eingeschränkten oder fehlenden Funktionen gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, einen Kinderwunsch zu erfüllen. Grundsätzlich wird empfohlen, dass sich ein Mann frühzeitig über seine Möglichkeiten informiert, da auch das bio­ logische Alter der Frau bei einem Kinderwunsch ein wichtiger Faktor ist. Intrauterine Insemination Bei mengenmässig ausreichenden und genügend beweglichen Spermien kann eine intrauterine Insemination (Samenzellüber­ tragung mittels eines Katheters in die Gebärmutterhöhle der Frau) erfolgen. Jedoch ist die Anzahl der querschnittgelähmten Männer gering, die eine genügende Spermienqualität für diese Methode haben. ICSI Bei einer weniger guten Spermienqualität, die aber noch einige mobile Spermien aufweist, kann eine intrazytoplasmatische Sper­mien-Injektion (ICSI) durchgeführt wer­den. ICSI ist eine Methode der künstli­ chen Befruchtung. Dabei wird die Samenzelle direkt in die Eizelle eingespritzt. Durch assistierte Ejakulation und ICSI sind auch bei querschnittgelähmten Männern Kin­ der­wünsche realisierbar geworden, da pro Eizelle nur noch ein mobiles Spermium be­ nötigt wird. Eine Behandlung zur Verbesserung der Spermaqualität ist noch nicht bekannt.

Informationen Para Know-how Schweizer Paraplegiker-Zentrum therese.kaempfer@paraplegie.ch www.community.paraplegie.ch (Wiki, Gesundheit & Sexualität) 19


HINDERNISFREIES BAUEN

SCHNUPPERBESUCH IM ZHB

Bauleiter im Rollstuhl, wie geht das?

Ramon Stauber – seit Kurzem Paraplegiker – möchte in den Beruf als Bauleiter zurückkehren. Ob das möglich ist, testete er beim ZHB.

Von Marcel Strasser

Das Zentrum für hindernisfreies Bauen hat als Non-Profit-Organisation ein Interesse daran, Betroffenen mit Bezug zu unserer Tätigkeit Einblick in unsere Arbeit zu ermöglichen. Dies ist ein Beitrag an den beruflichen Wiedereinstieg. Der Anfrage des SPZ für den zweitägigen Schnupperbesuch von Ramon Stauber haben wir da­ her gerne zugestimmt, da er vor seinem Un­fall als Bauleiter tätig war. Er hatte so die Möglichkeit, die Abläufe eines «nor­ma­len» Arbeitstages auszuprobieren und ausserdem viel über unsere Tätigkeit zu er­fah­ren. Zudem kannten wir Ramon, da wir ihn bei der Wohnungsabklärung beraten haben. «Kurz nachdem Ramon Stauber in Nottwil seine Rehabilitation begonnen hatte, er­ hielt ich von seinem behandelnden Oberarzt die Anmeldung zum Beratungsgespräch. In der folgenden Woche berich­tete mir Ramon, dass er seinen Beruf als Bauleiter trotz körperlicher Beeinträchtigung weiter ausführen wolle», erzählt Stefan Staubli, zuständiger Berufscoach im SPZ. Motorische und sensorische Einschränkungen liessen Ramon Stauber für kurze Zeit zwar zweifeln, ob er seine berufliche Aus­richtung nicht doch komplett umkrem­ peln sollte. Im Rahmen seiner beruflichen Basisabklärungen wurde Ramon ein zweitägiger Schnupperbesuch bei unseren Architekten in Muhen AG ermöglicht. Von deren Arbeit war er beeindruckt und letztlich erwies sich dieser Besuch aus Sicht der Eingliederungsberatung als sehr wertvoll. 20

Planbesprechung Micha, Marcel, Ramon (v.l.)

Interview mit Ramon Stauber

Nach der Lehre als Zimmermann hast du die Bauleiterschule gemacht. Hast du in beiden Berufen gearbeitet? Ja, nach der Lehre habe ich drei Jahre als Zimmermann gearbeitet. Danach be­­kam ich die Chance, eine neue Herausforderung als Bauleiter in einem Bauleitungsbüro anzugehen. Seither leite ich Hochbauprojekte. Willst du nach dem Unfall wieder in der Baubranche arbeiten? Nach ersten Bedenken bin ich zur Einsicht gekommen, dass ich nicht noch ein­mal ganz bei null anfangen will. Ich möchte

mein umfangreiches Wissen und das beste­ hende be­­rufliche Fundament auch zukünf­ tig nutzen. Was ist dir während der beiden Tage bei uns aufgefallen? Ich war erstaunt, wie gross hindernisfreie Umbauprojekte werden können und dass bei komplizierten Situationen gute Lösungen mög­lich sind, wie etwa ein Aussenlift an einem Terrassenhaus. Auch hat mich überrascht, welche Probleme bei eigentlich kleinen, einfachen Badezim­merumbauten auftreten können. Sehr interessant ist zu­ dem, wie unterschiedlich die Bedürfnisse der Betroffenen sind. Paracontact I Frühling 2020


Du warst nur vier Monate im SPZ in der Reha. Bist du bereit für die Rückkehr in den Alltag zu Hause? Es war teilweise schon stressig, weil ich sehr schnell durch die Reha gegangen bin. Viele Dinge, zum Beispiel die neue Wohnung, waren noch gar nicht bereit. Dank kurzer Umbauzeit bei der Orthotec war mein Auto beim Austritt bereit. Vor allem gegen Schluss der Reha kam einiges zusammen, das in kurzer Zeit erledigt werden musste. Anpassungen in der Wohnung hast du nach dem Ende der Reha auch selber organisiert. Ging das gut? Ja, diese Woche wurden die meisten Ar­ bei­ten fertiggestellt. Nur der Klappsitz in der Dusche wird wegen der Lieferfrist erst nächs­te Woche montiert. Auch der Umzug war aufwendig, ich werde sicher nicht so schnell wieder umziehen. Die Wohnung konnte dank einer Vorfinan­ zierung der Paraplegiker-Stiftung angepasst werden. Ohne diese Unterstützung müsste ich wohl ohne die Anpassungen zurechtkommen. Von der IV habe ich noch keinen Bescheid erhalten, obwohl nur kleine Änderungen und wenige Hilfsmittel notwendig sind. Mich erstaunt, dass diese Abklä­ rungen so lange dauern. Das enttäuscht mich schon etwas. Bei der Suva waren die Abläufe viel effizienter. Die Reha ging bei dir sehr schnell. Wird das beim Wiedereinstieg im Beruf auch so sein? Ganz so locker wird das wohl nicht gehen. Ich werde mich besser organisieren müssen und weniger spontan agieren können als vorher, weil vieles einfach länger dauert. Auch muss ich den Tagesablauf genauer planen und kann weniger unbeschwert und spontan agieren. Wie geht es beruflich weiter? Ich starte im Januar mit einem therapeu­ ti­schen Arbeitsversuch in einem Pensum von 20% bei meinem alten Arbeitgeber und wer­de dann versuchen, das Pensum nach und nach zu erhöhen. Ich arbeite künftig hauptsächlich in der Planung. Vor dem Unfall war ich oft auf den Baustellen, etwa 30% meines Arbeitspen­sums. Dieser Teil fällt voraussichtlich weg. Paracontact I Frühling 2020

Und langfristig? Das Thema hindernisfreies Bauen interessiert mich sehr und ich würde mich gerne in diese Richtung spezialisieren. Es gibt vie­le alltägliche Dinge, die für einen Roll­ stuhl­fahrer alleine fast nicht möglich sind, insbesondere beim öV und in öffentlichen Ein­richtungen. In ländlicheren Regionen ist dies besonders ausgeprägt. Auch im Hochbau ist das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieses Themas bei vielen Planern noch nicht so ausgeprägt. Ein Beispiel dafür ist die sehr hohe Balkontürschwelle meiner neuen Wohnung, die die Vorgaben der seit Langem gültigen SIANorm überhaupt nicht erfüllt. Möchtest du dich weiterbilden? Voraussichtlich werde ich nächstes Jahr die Technikerschule angehen, damit ich noch mehr Einblick in die technische Planung bekomme. Gibts ein Fazit zu deinem Besuch beim ZHB und bei Parawork? Ich habe viel mit dem Zeichenprogramm ArchiCAD arbeiten können. Ich probierte alles aus, auch dreidimensionale Darstellungen. Das Programm ist durch seine vielen Möglichkeiten recht komplex. Diese Ausbildung war eine Chance für mich, die Zeit in der Reha sinnvoll für das spätere Leben zu nutzen. Ausserdem hatte ich mit Stefan Staubli eine sehr gute Bezugsperson, die merkte, dass ich mich im SPZ nebst den vielen Therapien etwas gelangweilt habe. Er hat mich motiviert, im ZHB reinzuschauen. Es waren die ersten Tage, an denen ich den ganzen Tag im Rollstuhl sass. Ich musste erst wieder ein Gefühl dafür bekommen, wie viel es verträgt und wo die Grenzen sind. Das hat mir sehr gut getan.

Zentrum für hindernisfreies Bauen Suhrgasse 20, 5037 Muhen Tel. 062 737 40 00

Rollstuhlfahrer in Bauberufen Das ZHB hat vor etwas mehr als einem Jahr bereits einen Rollstuhl­ fahrer enga­giert. Micha Waefler arbeitet in Muhen als Bauzeichner. Von diesen guten Erfahrungen und durch den Austausch mit ihm kann jetzt auch Ramon Stauber pro­­­fitieren. Die beschriebene Thematik zeigt auf, dass die verschiedenen Orga­nisa­tio­ nen in Nottwil eng verknüpft sind, gut miteinander zusammenarbei­ten und auch einmal ungewohnte Lösungen geprüft werden. Bei Ramon Stauber konnte bis zum Ab­schluss der Erstreha dank seinem gros­s­en Engagement ein beruflicher Einglie­derungsplan vereinbart werden, auch wenn noch nicht alle nötigen Details geklärt waren. Das ZHB auf der anderen Seite bot mit dem Schnupper­besuch unverbindlich ein breites Experimentierfeld an. Gemäss Parawork helfen sol­che Angebote, die Eigenmotivation zu stärken, und nicht selten gelingt es, auf diesem Weg ein neues Türchen zu öffnen. Das Interview zeigt auch, dass der Bauberuf durchaus Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer bietet.

Ramon nahm nicht nur die unterstützenden Angebote dankend an, son­ dern hat für sein Leben die Verant­wortung übernommen. Er hat die ersten Schrit­te zum Wiedereinstieg als Bauleiter in Angriff genommen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass er diese Herausforde­rung, ein klein wenig auch dank dem ZHB, erfolgreich meistern wird. 21


KULTUR UND FREIZEIT

REISEBERICHT USA

Amerika mal anders Von Memphis bis New Orleans: eine Reise entlang der «Lebensader» der USA, die sich auszeichnete durch Amerikanische Geschichte, Musik und gutes Essen. Von Vittoria La Rocca, Gruppenleiterin

Eigentlich dachte ich, ich wüsste, wie es in Amerika «so läuft». Doch diese Reise hat mich eines Besseren belehrt. Die Südstaaten sind komplett anders als das, was ich bisher von den USA gesehen und erlebt ha­ be. Ich würde es auch als eine Reise in die traurige und düstere Vergangenheit der USA bezeichnen: Sklaverei, Bürgerkrieg; aber auch die damit zusammenhängende Entstehungsgeschichte der Musik der Süd­ staaten, das sind Themen, welche uns wäh­ rend der zwei Wochen begleitet haben. Weisses Gold, eindrückliche Museen Der Flug nach Memphis war problemlos, der Einstieg in die Maschine so effizient und schnell, dass die anderen Fluggäste uns kaum wahrnahmen. Etwas chaotischer der Zwischenhalt in New Jersey. An sich war alles gut organisiert, aber die Beamtenmühlen mahlen langsam dort und die Rei­ senden wurden teilweise beinahe bis auf die Unterhosen ausgezogen. Memphis ent­schä­ digte uns dann bei unserer Ankunft mit freundlichem Oktoberwetter. Oktober ist

die Zeit, in der die Baumwollfelder im Umland sich in schönster Blütenpracht präsen­ tieren, üppige Zuckerrohrplantagen kurz vor der Ernte stehen und die Vorbereitungen auf Halloween in vollem Gange sind. Memphis ist relativ gut rollstuhlgängig, aber oft gibts zwischen Trottoirrand und Stras­ ­se irgendwelche kleine «Stolpersteine», an welchen die Vorderräder der Rollstühle einhängen können. Obwohl der eine oder andere dabei den Boden geküsst hat, ist glücklicherweise nichts passiert. Memphis steht für Magie, Musik und für eine der grössten Tragödien der amerikani­ schen Geschichte. Am 4. April 1968 wurde dort Martin Luther King ermordet. Das «Lorraine Motel», der Ort des Attentats, be­herbergt heute eine der besten Ausstellungen über diese Zeit, das «National Civil Rights Museum». Der Besuch beeindruckte und machte nachdenklich: Wie viel hat sich aber tatsächlich geändert in Sachen Gleichberechtigung?

Mit Vittoria rollend zur Wiege des Blues und Rock ’n’ Roll

Elvis, Johnny und Co. Ein Besuch der ganz anderen Art war je­ ner des Rock ’n’ Roll Museum. Dieser einflussreiche Musikstil hat in den 1930ern auf den Baumwollfeldern seinen Lauf genommen und kam in den 1950er- bis 1970erJahren zur kreativen Explosion. In Memphis hat auch Elvis Presley, der King of

«An seinem Grab in Graceland lief es mir kalt den Rücken runter.» Rock ’n’­Roll, klein angefangen, und zwar im Sun Studio. Dieses gilt als «Geburtsort des Rock ’n’ Roll» und hat auch Künstlern wie Johnny Cash oder Jerry Lee Lewis zu musikalischem Ruhm verholfen. Den Spirit des King spürt man dort noch immer. An seinem Grab bei der Villa in Graceland lief es mir kalt den Rücken runter. Kulinarisch ist «Gus’s World Famous Fried Chicken» angesagt, aber genau da gabs eine Steigung, welche uns den Besuch beinahe verunmöglicht hätte. Die Hilfsbereit­ schaft der Anwesenden war leider nicht proportional zur Steigung, aber mit einem enormen Kraftaufwand klappte es doch noch, was uns dann auch dazu berechtig­te, eine doppelte Portion dieses weltberühmten Chickens zu verschlingen.

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Paracontact I Frühling 2020


Geschichte, Natur und Musik: Die USA-Rundreise hatte für alle etwas zu bieten.

Genuss für jeden Geschmack Die sehr lebendige Beale Street bot uns am Abend perfekte Unterhaltung. Künstler und Musiker spielen dort auf offener Strasse. Mit einem Bierchen in der Hand kann man so vom einen Freiluftkon­zert zum nächsten schlendern. In dieser Strasse ist der öffentliche Konsum von Alkohol erlaubt, was ja sonst in Amerika nicht der Fall ist.

Neben Musik und Essen kamen auch die Sportbegeisterten auf ihre Kosten. Mitfiebern bei einem Spiel der Memphis Grizzlies, und sei es auch nur vom obersten Rang, war ein echtes Erlebnis, das kühle Stadion übrigens auch. Bei angenehmen 28 °C draussen war dieses auf – 5 Grad runtergekühlt! Amerika eben! Komplett durch­ froren, aber mindestens mit zwei Gästen im angesagten Grizzlies-Maskottchen-T-Shirt verliessen wir den Ort der Kälte. Die Moral der Geschichte: Nimm immer genügend warme Kleider mit ins Stadion. Nach diesem grandiosen Einstieg in Memphis fuhren wir weiter nach Tunica, ein unverzichtbarer Stopp auf dem Weg von Memphis ins Mississippi-Delta. Im ehemaligen Güterbahnhof von Tunica dreht sich alles um den Blues. Auf der Wei­­­ter­ fahrt besuchten wir das ehemalige Schlacht­ ­feld von Vicksburg mit seinen Denk­mälern und noch sichtbaren Schützengräben. Leider hat das Illinois Memorial zu viele Trep­ Paracontact I Frühling 2020

pen und war lediglich «begehbar» für Roll­ stuhlfahrer mit manuellem Rollstuhl und einem Dreierteam als Helfende. Hier war der Elektro-Rolli, der sonst durchaus angebracht ist, leider nicht von Nutzen. Natchez – Baton Rouge Die Ureinwohner nannten sich Noche, was sie zum Namensgeber von Natchez machte. In Natchez war Party angesagt, unten am Mississippi, «Under the Hill». Mit fünf Dol­lar ist man mit dabei, wird gleich ange­ sprochen, umarmt, echt cool, echt amerikanisch. Auf der Weiterfahrt nach New Orleans besuchten wir das Rural Life Museum in Baton Rouge. Ein amerikanisches Ballenberg, aber um ein Vielfaches ernster: Es erzählt die Geschichte der Sklaven auf den Plantagen und lässt einen nachdenklich zurück.

Weiter gings nach New Orleans. «Laissez les bons temps rouler» – «Let the good times roll»: Das French Quarter ist der beste Ausgangspunkt, um die Bourbon Street zu erkunden. Bitte nicht erschrecken, wenn bereits in den frühen Nachmittagsstunden einige Menschen nicht mehr wissen, was sie tun, denn auch hier ist der öffentliche Alkoholkonsum erlaubt. Eine weitere Sehenswürdigkeit, «Oak Alley Plantation», das alte Herrenhaus im griechischen Renaissance-Stil, ist sehr gut rollstuhlgängig. Man spürt den Spirit von damals, ein ein-

drückliches Erlebnis. Unter den grossen Bäumen im Park assen wir unsere «Muffaletten», diese Sandwiches mit sehr viel Inhalt. Leider hat ein Gewitter den Genuss etwas geschmälert, aber der Besuch der «Old New Orleans Rum Destillery» entschädigte uns wieder dafür. Für etwas Aufregung sorgte die SwampTour im Barataria Preserve: Unser Kapitän steuerte das Schiff in den Schilf, alles war ruhig, bis er plötzlich mit einem kleinen Alligator hinter mir stand. Im ersten Moment war der Schreck gross, aber der Kleine hatte ein Bein weniger und laut Kapitän Schluckbeschwerden, also war ebenfalls leicht «eingeschränkt». Da bestand keine grosse Gefahr, dass er mich verschlucken würde. Alle durften ihn kurz halten, danach erschien sogar ein echter im Wasser. Dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt. Der Mississippi begleitete uns auf der ganzen Reise, darum war als Letztes eine Schiff­ fahrt mit dem Raddampfer und guter Musik angesagt. Der Dampfer verfügte zwar über einen Treppenlift. Der liess sich aber nicht stressen und musste jeweils nach vier Trans­ porten wieder ausruhen und auskühlen! Ja, eigentlich dachte ich, ich wüsste, wie Amerika «so läuft». Ich habe dazugelernt und weiss jetzt, dass Amerika halt nicht gleich Amerika ist und viele Facetten hat! 23


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KULTUR UND FREIZEIT

WANDERTOUR

Napf erobern NEU BEI UNS

Alex’ Kulturtipp Liebe kulturinteressierte Leserinnen und Leser, mein Name ist Alex Oberholzer und ich freue mich, dass ich Ihnen ab der nächsten Ausgabe des Paracontact regelmässig ein kulturelles Ereignis vorstellen darf. Damit Sie auch wissen, wer ich bin, stelle ich mich hier erst mal vor. Mit Missbildungen zur Welt gekommen, erkrankte ich einjährig an Kinderlähmung. In der Folge verbrachte ich die ersten 12 Jahre meines Lebens im Kinderspital. Es war ein pa-­ radiesisches Aufwachsen, jenseits jeder Realität. Doch ich tankte genügend Kraft, in dieser zu bestehen. Ich studierte Mathematik, Literatur und Kunstgeschich­te, arbeite seit 30 Jahren als Filmredaktor bei Radio24 in Zürich. Ich bin ausserdem Präsident des internationalen Festivals «look & roll – Behinderung im Kurzfilm», daneben im Vorstand des Theaters Hora und im Beirat des Cybathlons der ETH Zürich. Einmal monatlich bin ich Gast in Moritz Leuenbergers Bernhard-Matinee. Kultur also ist Teil meines Lebens. Und dank dieser Kolumne hoffentlich auch bald Ihres.

Sind Sie körperlich fit, sportlich und haben eine Begleitperson, die das ebenfalls von sich behaupten kann? Dann haben wir die richtige Herausforderung für Sie: eine Wanderung auf den Napf mit erfahrenen Berggängern. Die Route ist rund 9 Kilometer lang und Sie wer­ den 570 Höhenmeter überwinden. Ihr geländegängiger Rollstuhl muss robuste Pneus, ein gros­ ses drittes Vorderrad, Lenker und Bremsen ha­ben. Ihre Begleitperson zieht respektive bremst mit Seil, das am Klettergurt befestigt ist. Datum Sonntag, 17. Mai 2020 Zeit 9.30 bis 16 Uhr Treffpunkt Fankhaus Anmelden spv.ch/veranstaltungen

JODELGOTTESDIENST

Besinnlich urchig «Jodle esch ärdeschön» – so das Motto des Jodlerklubs Nottwil, der 2020 sein 75-jähriges Vereinsbestehen feiert. Einmal im Jahr vereinen wir das bo­­den­ständige Jodeln mit dem Segen «von oben», weshalb auch dieses Jahr am 21. Juni wieder ein Jodelgottesdienst im SPZ Nottwil stattfindet.

Ein wunderschöner und besinn­­ licher Anlass, der von folkloristischen Klänge begleitet wird. Wir freuen uns auf zahlreiche Teilnehmende. www.jodlerklub-nottwil.ch

REISEN 2020

Freie Plätze ROSA ZAUGG LÄDT EIN

Offenes Singen «Einsam sind wir Töne, gemeinsam sind wir ein Lied.» Dieses Sprichwort bringt Idee und Ziel des offenen Singens auf den Punkt: Freude macht, was man zusammen macht. Zweimal im Monat haben Sie die Möglichkeit, im SPZ in Nottwil zu singen. Sie müssen sich nicht anmelden und dürfen spontan erscheinen. Rosa Zaugg leitet im «Raum der Stille» durch die Lieder. Daten: 7./11. März, 4./18. April, 2./16./30. Mai, 13./27. Juni, 11./25. Juli 2020

Kennen Sie unser vielfältiges Reiseangebot für 2020 schon? Auf unserer Übersicht «Freie Plätze» sehen Sie auf einen Blick, welche Destinationen noch nicht ausgebucht sind. Sichern Sie sich Ihre Wunschdestination noch heute. Bitte beachten Sie auch die Anmeldefristen, die rund drei bis vier Monate vor der jewei­ ligen Reise anstehen. Übersicht/Anmeldung www.spv.ch/freieplaetze; Online-Anmeldung unter Veranstaltungskalen­der, Reisen

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KULTUR UND FREIZEIT

schen Fussgängern und Handbikern noch mehr. Mit dem Handbike ausserhalb der asphaltierten und stark befahrenen Strassen zu fahren, ist nur mit grossen Einschränkungen möglich.

TRAILS

Mit E-Handbikes ins Gelände E-Handbikes ermöglichen es Rollstuhlfahrern, in bisher für sie unzugängliches Gelände vorzudringen. Dieses Erlebnis bieten die Trails von Andi Gautschi – auch im 2020. Von Andreas Gautschi

Viele Rollstuhlfahrer nutzen Handbikes, sei es als Vorspanngerät an den Rollstuhl gekoppelt oder als eigenständiges Sportgerät. Immer schneller, leichter und flacher sind E-HANDBIKE FÜR SIE Um den Handbike-Trail für Rollstuhlfahrer ohne eigenes geländegängiges Handbike erlebbar zu machen, bringen Hersteller motorunterstützte Cross-Country-Modelle und stellen sie den Teilnehmenden gratis zur Verfügung. Die Touren und die Handbikes sind so gewählt, dass auch wenig trainierte Rollstuhlfahrer mitfahren können.

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die Renngeräte in den letzten Jahren geworden. Trotzdem kommen die Handbikes nicht an die Performance der Rennräder von Fussgängern heran. Anatomisch können Schulter- und Armmuskulatur nicht die gleichwertige Leistung generieren wie die Oberschenkelmuskulatur. Eine Tour mit Fussgängern macht vor al­ lem dann Spass, wenn der Handbikefahrer sehr gut trainiert ist, die Strecke keine Stei­ gungen aufweist und die Fussgänger viel Ge­duld mitbringen. Immer mehr Roll­stuhl­ ­fahrer wünschen sich zudem ein Sportgerät, welches ähnlich einem Mountainbike im Gelände eingesetzt werden kann. Die Schwei­zer Landschaft bietet fan­­­tastische Möglichkeiten. Jedoch verstärkt sich auf Wiesen-, Kies- und Schotterstrassen oder Waldwegen die anatomische Differenz zwi­

Technik machts möglich Die rasante Entwicklung der letzten Jahre hin zu E-Bikes kommt uns Handbikern sehr gelegen. Mit elektrischer Unterstützung und einem entsprechend angepassten Hand­bike ist es heute absolut realistisch, eine Bike-Tour mit Fussgängern zu genies­ sen. Frei vom unangenehmen Gefühl, alle müssten immer auf den Handbiker war­ten. Touren in unbekanntes Gelände, auf Berge, durch Wälder und Auen sind realistisch geworden. Dadurch eröffnen sich Rollstuhlfahrern neue Welten. Zwei Trails pro Jahr Mit dem Angebot von geführten Handbike-­ Trails möchte ich, in Zusammenarbeit mit der SPV, interessierten Rollstuhlfahrern zeigen, was mit ausgewählten geländefähi­ gen E-Handbikes alles möglich ist.

Handbike-Trails verstehen sich nicht als neue «Rennkategorie». Das gemeinsame Erlebnis in unbekanntem, eigentlich für Rollstuhlfahrer unerreichbarem Gelände ist die Hauptmotivation. Diese Erfahrung soll zu Neuem animieren. Manch ein Teilnehmer fühlt den mystischen Moment, wenn ihm bewusst wird, dass dieser Ort in der Natur mit dem Rollstuhl und ohne fremde Hilfe kaum erreicht werden kann. Seit 2017 bieten wir die Handbike-Trails an. Diese führten schon auf die Rigi, rund um Nottwil und auf die Alp Äbnet bei Engelberg. Dieses Jahr bieten wir zwei Handbike-Trails an: Im Frühling eine CrossCountry-Rundtour auf Asphalt-, Schotter-, Gras-, Wald- und Kieswegen, der eine oder andere Single Trail in­klusive. Im Herbst nehmen wir eine Bergfahrt hoch zu einer Alp oder auf den Gipfel eines Berges in Angriff. Diese Tour garantiert eine grossartige Aus­sicht. Weitere Informationen Andreas Gautschi www.handbike-andi.ch oder kf@spv.ch, Tel. 041 939 54 15 Paracontact I Frühling 2020


KULTUR UND FREIZEIT

FREIZEITTIPP

Rollend auf dem Stockhorn Hautnah die Naturschönheiten auf dem Stockhorn erleben geht auch für Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung. Möglich macht dies der «Mountain Drive», ein geländegängiger Rollstuhl. Von Antonia Tanner

Mit dem Rollstuhl über Stock und Stein – klingt erst mal widersprüchlich, ist es auf dem Stockhorn im Berner Oberland aber keineswegs. Hier kommen Sie in den Genuss eines Angebots, welches Ihnen ein ein­ maliges Naturerlebnis besche­ren wird. Auf 1595  m ü.  M. liegt der Hinterstockensee. Um den Bergesee führt der Rundwanderweg «No Limits», der für speziell angefertigte geländegängi­ge Rollstühle barrierefrei aus­­gebaut wurde. Freuen Sie sich auf eine unabhängige Wanderung. Der Mountain Drive machts möglich Ihren eigenen Rollstuhl können Sie an der Mittelsta­tion Chrindi gegen einen der vier «Moun­tain Drive No Limits Stockhorn» eintauschen. Dieser geländegängige Spe-

WICHTIGE HINWEISE Der See-Rundwanderweg «No Limits» darf nur mit den «Mountain Drive»-Spezialrollstühlen befahren werden. Aus Sicherheitsgründen dürfen Sie den Weg mit Ihrem Alltagsrollstuhl nicht befahren. Rollstuhlgängige Toiletten gibt es bei der Mittelstation Chrindi, beim Seehüttli am Rundwanderweg und beim Panoramarestaurant auf dem Stockhorn.

zialrollstuhl wurde von der JST Multidrive AG entwickelt und von der Stiftung Cerebral und dem Verein Freunde des Stockhorns gefördert. Er fährt auf na­tur­­­be­las­se­ nen Bergwanderwegen, Kopf­stein­pflaster oder grobem Schotter. Dank des starken Elektroantriebs kann er ein Ge­fälle von bis zu 32% überwinden. Ein doppeltes Hinterrad verhindert das Einsinken auf weichem Untergrund und verleiht dem Rollstuhl viel Flexibilität und Stabilität. Spielen, Grillieren, Fischen Wandern ist nicht das Einzige, was es am Hinterstockensee zu tun gibt. Für die kleinen Wanderfreunde gibt es beim Rastplatz den Spielplatz «Aquilino». Den Picknick­ f­reu­digen unter Ihnen wird die gemütliche Grillstelle gelegen kommen. Eine weitere Verpfle­gungs­möglichkeit ist das Restaurant Chrindi bei der Mittelstation (Start- und Endpunkt der Rundwanderung), bei dem

es einen weiteren Spielplatz gibt. Wenn Sie Lust haben auf ein paar stille Stunden am Wasser, können Sie Fischerei-Utensilien mie­­ten. Mit diesen und einem Patent ausgestattet, wird bestimmt die eine oder andere Forelle anbeissen. Hinauf zum Gipfel Wenn Sie noch höher hinaus möchten, ist eine Fahrt bis ganz oben aufs Stockhorn ein weiteres Highlight. Die Gondel bringt Sie zur spektakulären und barrierefreien Aussichtsplattform. Dort blicken Sie über die Stadt Thun, den Thunersee, das Aareund Gürbetal, das Mittelland bis hin zum Jura und an klaren Tagen bis ins Elsass und in den südlichen Schwarzwald. Links www.stockhorn.ch www.multidrive.ch www.cerebral.ch

Rundwanderweg um den Hinterstockensee im Berner Oberland

Den Mountain Drive gibt es auch hier zu mieten: Scuol, Ballenberg, Stadt Bern (hock’n’roll), Bellwald, Arosa, Engadin, Rigi, Malbun und Follonica (IT)

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KULTUR UND FREIZEIT

DAS PERFEKTE HOBBY

Was pfeift da im Schilf? Tobias Lötscher, Rollstuhlfahrer und Mitarbeiter der Vogelwarte Sempach, ist seit Jahren als passionierter Ornithologe seltenen Vögeln auf der Spur. Von Gabi Bucher

Wenn am Sempachersee plötzlich ein Roll­stuhlfah­ rer aus dem Schilf kommt, Kame­ra auf dem Schoss und grossen Feldstecher um den Hals, dann ist das mit grösster Wahrscheinlichkeit Tobias Lötscher, der sei­nem Hobby, der Vogelbeobachtung, nach­geht. Tobi, wie man ihn nennt, war schon als Bub mit seinem Rollstuhl gerne in der Na­tur unterwegs. Als Jugendlicher begegnete er auf einem seiner Ausflüge einer Gruppe des Ornithologischen Vereins Sursee und wur­ ­de kurz darauf selber Mitglied. «Da hat es mich endgültig gepackt», erinnert er sich. Mit seiner Anstellung bei der Vogelwarte Sempach vor zehn Jahren hat sich dann noch sein grösster Wunsch erfüllt: Sein Hob­by wurde zum Beruf, schon beinahe zur Berufung, denn Tobi ist wann immer möglich unterwegs zu seinen Vögeln.

Ornithologischer Hype Wie jeder Ornithologe freut sich Tobi, wenn er einen sel­tenen Vogel sieht. Beim Hagimoos in der Nähe von Mau­ensee ha­­be er mal einen Schreiadler entdeckt. «Ich habe Fotos gemacht und sie sofort an Bekannte und Freunde geschickt, um mich ab­zusichern, dass es sich wirklich um einen Schreiadler handelt», erzählt er. «Es gibt eine Plattform, auf welcher man solche Sichtungen veröffentlichen kann, sowie zusätzlich ei­ nen SMS-Service.» Wenn jemand eine seltene Sichtung veröffentliche, könne durch­ aus eine kleine Hysterie ausbrechen. «Wenn da steht: «Raubmöve in Oberkirch», packen Ornithologen aus der ganzen Schweiz ihre Feld­stecher und reisen an.» Bei ganz seltenen Exemplaren muss oder sollte eine solche Sichtung protokolliert werden. Das bringe schon ein bisschen Ruhm, meint Tobi. Tobi Lötscher ganz nah dran

«Das ist aber nicht mein Antrieb, ich freue mich einfach, wenn ich wieder neue Vögel entdecke.» Wie jeder Ornithologe hat er auch seine eigene Liste von Spezies, die er gerne noch sehen möchte. Sein grösster Wunsch? Zuerst winkt er ab, es gebe noch so viele, fügt dann aber mit leuchtenden Augen an: «Eine Harpyie, ein grosser Greif­ vogel, der in Mittel- oder Südamerika lebt, das wär schon was.» Hobby als Trainingskiller Tobi verbringt so ziemlich die ganze Freizeit mit «seinen» Vögeln, auch seine Ferien. «Ich war bereits in Ungarn, in Texas und zwei Mal in Georgien auf Vogelreisen», erzählt er. Dabei reist er in Gruppen, aber mittlerweile auch privat. Er erkundige sich jeweils beim Reiseveranstalter, ob die Rei­ se für Rollstuhlfahrer machbar sei. «Ich er­kläre, worauf zu achten ist bei Transport und Unterkunft, das hat bis jetzt ganz gut geklappt.» Manchmal komme ihm sei­ne Leidenschaft auch fast etwas in die Quere, meint er lachend. «Wenn ich mit dem Hand­bike auf Trainingsfahrt bin und ei­nen seltenen Vogel höre oder sehe, wird es schwierig, mich nicht ablenken zu lassen.» Natur pur Natürlich sei es nicht das einfachste Hobby für Rollstuhlfahrer. «Es gibt Grenzen, aber man findet immer einen Weg und vor allem in der Gruppe ist viel möglich, da wird ei­ nem bei unwegsamen Stellen geholfen.» Das Hobby lasse sich ganzjährig ausführen, einziger Nachteil sei das schlechte Wet­ ter. «Vögel sind halt oft dort unterwegs, wo es auch matschig werden kann. Wenn ich am Ende eines Ausflugs meinen völlig verdreckten Rollstuhl ins Auto laden muss, ist das nicht immer angenehm.» Trotzdem kann er dieses Hobby nur empfehlen. Man müsse zwar etwas fit sein, anfänglich vielleicht auch ein bisschen mutig. «Aber man ist an der frischen Luft, bewegt sich, tauscht sich aus und es ist immer wieder so spannend, man weiss nie, was man antreffen wird», schwärmt er. «Und wenn man dann ein seltenes Exemplar gesehen hat, ist man einfach nur glücklich.» Buchempfehlung Vögel beobachten in der Schweiz ISBN 978-3-7225-0068-3

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KULTUR UND FREIZEIT

REISEFIEBER

Südafrika im Rollstuhl bereisen? Ja! Karin Jakob verreist für ihr Leben gerne mit ihrem Partner Daniel. «Das Reisen ist unsere Leidenschaft», sagt sie und berichtet über das gemeinsame Südafrika-Abenteuer. Von Karin Jakob

Als ich (inkomplette Paraplegikerin) die Idee aufbringe, nach Südafrika zu reisen, ist sich Daniel (kompletter Paraplegiker) nicht sicher, ob er das Abenteuer wagen will. Er denkt an Hitze, Hindernisse und Gefahren. Die Neugier überwiegt schliesslich und wir nehmen Reiseführer und Kar­ ten zur Hand. Wir beschliessen, alle Unterkünfte im Vor­ ­aus zu buchen. Das reduziert zwar die Spon­taneität, nimmt uns aber den täglichen Stress weg, ein rollstuhlgängiges Zimmer zu suchen. Roland Bigler, ein Tetraplegiker, der bei Globetrotter in Bern arbeitet, und seine Kollegin Jenny beraten uns bei der Reiseroute. Zum Glück ist Hilfsmittelgepäck auf dem Flug nicht kostenpflichtig. So können wir zur Sicherheit einen Dusch- und WC-Stuhl mitnehmen. Wir haben einen Fahrzeug­um­ bau zur Eigenmontage dabei, bauen ihn in unseren Mietwagen ein und los geht es. Paracontact I Frühling 2020

Johannesburg ist im Wandel. Früher galt die Stadt als gefährlich, heute wagen wir es, die interessante Metropole selbst zu erkunden. Bei der Fahrt durch die SowetoTownship besuchen wir ein Behindertenwohnheim und erhalten einen Eindruck, wie handicapierte Menschen hier leben. Von Johannesburg reisen wir via den Blyde River Canyon in den Osten des Landes. Die Südafrikaner sind offensichtlich bemüht, rollstuhlgerechte Einrichtungen zu schaffen. Aber manche Rampen zu Aussichtspunkten sind sehr steil und mit unebenen Platten ausgelegt. Rollstuhlgerech­te Toiletten sind oft nur schwierig zu finden. Big Five Im Tiefland des Ostens befinden sich die grossen Wildtierreservate. Wir haben in einem privaten Buschcamp im Gebiet von Timbavati ein Bungalow reserviert. Die lo­kale Mannschaft empfängt uns herzlich und schiebt Daniel bei Bedarf über die

Sandwege. Zweimal pro Tag wird eine Busch­safari durchgeführt. Der Transfer ins Geländefahrzeug ist für einen Rollstuhlfahrer akrobatisch und nur mit Hilfe der Guides möglich. Danach folgt grosses Kino: Es dauert nicht lange, bis wir die ersten Elefanten sehen. Bald darauf kreuzt sich unser Weg mit dem dreier Nashörner und einer Büffelherde. Wir beobachten ei­­ne Löwengruppe auf der Pirsch und erspähen sogar einen Leoparden. Wir bleiben zwei volle Tage im Camp und erleben jede einzelne Pirschfahrt als Geschenk. Auch die zwei Tage auf eigene Faust im KrügerNationalpark sind ein geniales Erlebnis. Einheimisch frisiert Wir fahren weiter durch das kleine Königreich Eswatini und erreichen die Küste mit den etwas kühleren Temperaturen. Die Grossstadt Durban ist ein Moloch. Vor al­ lem im indischen Viertel pulsiert das Le­ ben. Daniel will sich umschauen und landet schliesslich beim Friseur. Der Salon ist klein und eng, ein Weisser verirrt sich wohl selten bis nie in das Büdchen. Der Friseur ist stolz und leistet mit geschwellter Brust ganz gute Arbeit.

Nun führt uns unsere Route wieder ins Landesinnere. Mit einem lokalen Guide und seinem Landcruiser erklimmen wir den steilen Sanipass und erleben dabei via Autoradio, wie das Finalspiel der RugbyWM ausgeht: Südafrika wird Weltmeister! Entlang der Drakensberge kommen wir wieder zurück nach Johannesburg. Der Osten Südafrikas ist faszinierend, aber auch anstrengend. Wir haben uns kaum Ru­he gegönnt und sind etwas erschöpft. Nichtsdestotrotz können wir sagen: Die Reise hat sich gelohnt! 31


ROLLSTUHLSPORT

GIRO SUISSE

Zum Jubiläum quer durch die Schweiz

Wir bewegen – der Slogan der SPV wird mit dem Jubiläumsanlass von Rollstuhlsport Schweiz in Form einer Velotour erlebbar. Von Nicolas Hausammann

Einmal quer durch die ganze Schweiz mit dem Handbike. Klingt spannend – doch sind die Strecken, die man auf SchweizMo­bil findet auch tatsächlich handbiketaug-­ lich? Übersteigen sie vielleicht das eigene sportliche Niveau? Das Breitensport-Team von RSS hat in Zusammenarbeit mit ver-

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schiedenen Rollstuhlclubs zum 40-jährigen Bestehen der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung eine 13-tägige Tour quer durch die Schweiz ausgeklügelt. Die Strecken sind ge­ testet und für jedes sportliche Niveau ausgelegt. Ob mit oder ohne Elektrounterstüt­ zung, das gemeinsame Erlebnis steht im

Vordergrund. «Wir haben im Breitensport die Vision, dass sich jeder Rollstuhlfahrer in irgendeiner Form regelmässig und le­ bens­lang sportlich bewegt. Der Giro Suisse verleiht dieser Vision ein Gesicht», sagt Thomas Hurni, Leiter Breitensport RSS und OK-Chef, zum Jubiläumsanlass.

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rund um den Rollstuhlsport zu fördern», definiert Thomas Hurni die weiteren Ziele der Jubiläumstour.

Giro Suisse Eine logistische Herausforderung

Startschuss für den Giro ist Kriens als ehemaliger Sitz der SPV-Geschäftsstelle. Es folgt eine unvergleichliche Radtour, auf der man gemäss Paralympicssieger Christoph Kunz «viele tolle und herausfordernde Mo­ ­mente erleben kann». Der ehemalige Spitzenfahrer im Monoskibob hat seine sportlichen Schwerpunkte schon länger in die Sportart Handbike verlegt und wird genau­so am Giro dabei sein wie Swiss-CyclingChef Markus Pfisterer oder Tetraplegi­ kerin Pia Schmid. Letztere hat bereits den Testevent des Giro absolviert und zeigte sich hell begeistert. Ganz egal, ob man nur eine, drei oder alle 13 Etappen der Tour mit­fährt, der Giro ist ein Riesenerlebnis. Auf die Frage, ob sie lieber die Paralympics schaue oder auf den Giro Suisse mitkommt, antwortet die ehemalige Paralympionikin und Medail­lengewinnerin dann auch, dass der Giro in ihrer Agenda fest ein­ ­geplant sei und sie so neue Touren durch die Schweiz mit viel Spass und guten Leuten entdecken könne. Top Ausrüstung Was für Top-Radfahrer passt, kann für Roll­ stuhlsportler nicht schlecht sein. Scatta ist noch relativ neu auf dem Markt im Cyclingund Triathlon-Bereich. Dennoch hat sich der innovative Ausrüster bereits einen Na­ men gemacht mit stilsicheren Designs so­ wie innovativem Produktionsprozess. Für den Giro Suisse wird eine separate Kollektion von Radtrikot, Zubehör sowie TShirts und Hoodie erhältlich sein. Neben dem Startertrikot, das von Rollstuhlsport Schweiz gesponsert ist, werden die Teilneh­ menden die Möglichkeit haben, Teile aus der gesamten Giro-Kollektion zusätzlich im Webshop zu erwerben. Am JubiläumsZentralfest am 25. April werden alle Gäste Paracontact I Frühling 2020

erstmals Hand an die neue Kollektion legen können, um sich von Qualität und Design der Teile zu überzeugen. Information und Anmeldung Herzstück der Organisation ist die Website www.GiroSuisse.ch. Auf ihr können bei­ spielsweise die Strecken mit ihren detail­ lierten Profilen vorsondiert, das Video des Giro-Suisse-Testevents angeschaut oder In­­fos über den Ablauf sowie das Rahmen­ pro­gramm der Rollstuhlclubs gewonnen werden. Die Anmeldemodalitäten können eben­falls gleich online erledigt werden. Kontrastpunkt zu den Paralympics Vom 25. August bis 6. September 2020, dann, wenn die Spitzensportler in Tokio um paralympisches Edelmetall kämpfen, rückt der Giro Suisse die Grundwerte der Schweizer Paraplegiker-Gruppe ins Zentrum: Solidarität, Gemeinschaft und die Selbsthilfe von Rollstuhlfahrerin zu Rollstuhlfahrer. Der Anlass wird daher zwar vom Verband organisiert, jedoch von seinen Rollstuhlclubs und diversen Partnerschaften getragen. Einerseits stammen die Streckenvorschläge von den Rollstuhlclubs, da diese sich in ihren Regionen auskennen und genau wissen, welche Tücken die Radwege beinhalten. Andererseits sind die Sek­tionen jeweils für die Ankunft in ihrer Region zuständig und sorgen für die Abend­­unterhaltung. «Der Anlass ist klar auf unsere Mitglieder und ihr Umfeld zugeschnitten. Daher ist die Verbindung der Rollstuhlclubs untereinander und das Zusammenbringen möglichst vieler SPVMitglieder auch das Hauptziel. Allerdings wollen wir auch die erhöhte Sensibilität der Medien für das Thema Behindertensport nutzen, um die Berichterstattung

Europcar unterstützt den Transport der Teilnehmenden mit Fahrzeugen, das Tessiner Wasser Fizzy sorgt für die Erfrischung und auch aus der Paraplegiker-Gruppe sind mit der Sportmedizin Nottwil und der Orthotec starke Partner mit an Bord. Ohne eine Top-Mannschaft an Helfern, die uns teilweise sogar über die gesamte Dauer des Giro unterstützen, wäre ein solches Mammutprojekt natürlich nicht zu stemmen. Chauffeure, Mechaniker, medizinisches Personal, Kommunikation und auch Tourguides – den Teilnehmenden wird es an nichts fehlen. Nur dieser Ge­ mein­schaftseffort macht den über 13 Etap­ pen dauernden Grossanlass möglich. Die Schlussetappe wird dann von Oensingen direkt nach Nottwil führen. Zum Finale sind alle Teilnehmenden für die Zieleinfahrt ab Sursee nach Nottwil nochmals herz­lich eingeladen, mitzurollen. Der GiroTross wird so als Programm­punkt der SPZ-30-Feierlichkeiten im ParaplegikerZentrum einfahren.

JUBILÄUM «SPZ 30» 5.–6. September 2020 SPZ Nottwil Rollstuhlfahrer Paul führt die ca. 40 000 Besucher durch verschiedene Blickpunkte auf dem Campus.

Highlights Rettungsübungen der Sirmed und Rega sowie ein Blick hin­ter die Kulissen der SPG. Natürlich wird auch die SPV ihr breites An­­gebot präsentieren.

paraplegie.ch/spz30 (ab März 2020)

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ROLLSTUHLSPORT

SKI ALPIN

TENNIS

Rennen in St. Moritz und Veysonnaz

World-Team-CupQualifikation 2020

Trotz eingeschränkter Saisonvorbereitung zeigte Christoph Kunz mit dem 3. und 4. Rang in den beiden Riesenslaloms am Europacup in St. Moritz vom 18. bis 20. Dezember grosses Potenzial und fuhr auf Anhieb mitten in die Weltelite. Mit Murat Pelit und Micha Wäfler erkämpften sich weitere Schweizer EC-Punkte. Pascal Christen konnte auf der Piste «Salastrains» seine Rennerfahrungen erweitern. Im Slalom verpasste Micha Wäfler mit dem 4. Rang einen Podestplatz.

TOKYO 2020

«Mehr als gutes Essen» Die Trainings der Athleten werden immer fokussierter, die Saisonplanungen gnadenlos auf den 25. August ausgerichtet. Der Adrenalinspiegel der Athleten steigt langsam, aber sicher an, denn bald schon beginnt das Rennen um die Quotenplätze. Zudem geht es für die Rollstuhlsportler darum, sich im Kampf um die Selektion für die 16. Paralympischen Spiele in Tokio eine möglichst gute Ausgangslage zu schaffen. Konkret heisst das, je nach Selektionskonzept der verschiedenen Sportarten, schnelle Zeiten fahren, gute Rangierungen erreichen, hohe Resultate schiessen oder möglichst viele Spiele gewinnen.

Am Weltcup vom 7. bis 12. Januar in Veysonnaz fuhr Murat Pelit in zwei der drei Super-G je in die Top 10 und konnte dabei den zeitlichen Abstand in Grenzen halten. In den beiden Riesenslaloms schied der Tessiner aus. Christoph Kunz musste aufgrund von Schulterschmerzen nach einem Sturz im Super-G auf die Starts in den Riesenslaloms verzichten. 34

Hohe Erwartungen Die Messlatte für die Paralympischen Spiele in Japan liegt hoch. Unlängst konnte sich Roger Getzmann, Chef de Mission und Bereichsleiter von Rollstuhlsport Schweiz, vor Ort von der Qualität des paralympischen Village und der Wettkampfstätten überzeugen. Er konstatierte damals, dass die Organisation äusserst professionell sei. Er erwartet von Tokyo 2020 «deutlich mehr als nur gutes Essen. Die Japaner geben in ihrer perfektionistischen Art Vollgas, weshalb ich mir gut vorstellen kann, dass ein Hype für die paralympische Bewegung entstehen könnte, der an London 2012 anknüpfen kann.» Weitere Informationen www.swissparalympic.ch/tokyo2020

Dieses Jahr müssen das Damen- sowie das Herrenteam am regionalen Qualifikationsturnier vom 25. bis 29. März in Sardinien einen Platz an den WTC Finals erkämpfen. Leider verpassten die Damen im letzten Jahr in Israel mit dem 11. Schlussrang die direkte Qualifikation. Ein Turnier­sieg beider Teams ist in Sardinien erforderlich, um sich für das Final in Portugal zu qualifizieren. Bei den Damen vertreten Simona Rusnak, Gabriela Bühler und Angela Grosswiler die Schweizer Farben. Die Routi­ niers Daniel Dalla Pellegrina, Herbert Keller und Yann Jauss treten bei den Männern an. Wir drücken die Daumen! Weitere Informationen www.itftennis.com

EM BOGENSCHIESSEN

Die Paralympics rufen In den letzten Jahren hat sich das sardische Olbia einen hervorragenden Namen als Veranstaltungsort von internationalen Bogenschiess-Anlässen ge­­macht. Es ist deshalb erfreulich, dass ein eingespieltes OK vom 18. bis 26. April 2020 die wichtige EM durchführt, an der sich die Bogenschützen die letzten Quotenplätze für die Paralympics sichern können. Die Selektionen der Schweizer Athleten für diesen sehr früh in der Saison angesetzten Titelwettkampf werden im März vorgenommen. Paracontact I Frühling 2020


ROLLSTUHLSPORT

SERIE – WIR ELTERN

Der Weg zum Planungsgenie

FOKUS

Augenmerk TK Curling Mit der Idee, Rollstuhl-Curling als Wintersportart für Rollstuhlfahrer voranzutreiben, wurde vor 20 Jahren die TK Curling gegründet. Rollstuhl-Curling, welches seit 2006 paralympisch ist, zählt heute 50 lizenzierte Schweizer Curling-Spieler. Einen wichtigen Beitrag in der Förderung des Rollstuhl-Curlings spielt die TK Curling von Rollstuhlsport Schweiz. Unter der Leitung von TK-Chef Roland Basler treffen sich die TK-Mitglieder, um die Sportart nachhaltig zu fördern, zukünftige Turniere zu pla-

nen und die strategische Ausrichtung der Sportart voranzutreiben. Nationaltrainer Stephan Pfister ist seit neun Jahren im Amt und bringt damit viel Erfahrung und grosses Know-how in die TK ein. Mit seinem Einsitz als Koordinator Deutsche/Französische Schweiz vermittelt Raymond Pfyffer zwischen den Clubs und den Regionen. Christian Gringet rundet die TK als Clubund Hallenvertreter ab. TK-Webseite www.curling.spv.ch

Nicole Wallers Tochter Mirjam ist verliebt – ins Rollstuhl­ basketball. Für Familie Waller bedeutet dies, immer wieder zu Planungsgenies zu mutieren: Trainings, Spiele und natürlich alles neben der Schule. Diese darf nicht zu kurz kommen, schliesslich ist «Milli», wie die 14-jährige Jungbasketballerin genannt wird, in der Oberstufe. «Zum Glück kommt ihr der Lehrer entgegen und sie darf jeweils etwas früher aus der Schule, sonst wäre die Strecke aus dem Bieler Seeland nach Nottwil nicht machbar.» Entschädigt wird Familie Waller für ihre ganzen Planungsaufwände durch die freudig leuchtenden Augen ihrer Tochter, wenn sie spätabends müde, aber glücklich nach Hause kommt.

SERIE – FAIL-STORIES

Barrierefrei bis 22.00 Uhr Die Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft ist 2005 in Barcelona zu einem Turnier mit der katalanischen Nationalmannschaft zu Gast. Mit zwei Siegen in der Ta­sche und harten Trai­nings in den Knochen beschliesst das Team um den damaligen Natio­ naltrainer Roger Getz­mann, sich ein Abend­ essen in der City zu gönnen. Was für ein Glück, dass die U-Bahn vom etwas ausserhalb gelegenen Olympiastützpunkt direkt an die «Plaza Catalunya» mit­ten ins Herz der Metropole fährt – und die Stationen sind beide von der barrierefreien Sorte mit Lift. Nach einem ausgiebigen Spaziergang sowie einem hervor­ragenden Abendessen im Hafenquartier beschliesst das Team, sich auf Paracontact I Frühling 2020

den Rückweg zu machen. Der lockeren Stim­ mung tut es auch keinen Abbruch, dass ein Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe Sekunden vor der Abfahrt wild gestikulierend nach der Endstation der Reise fragt. Seine Gesten werden immer wilder ob unserer Antwort, doch sein katalanisch kommt dem Team irgendwie spanisch vor. Am Ziel angekommen, wissen wir schnell, was er uns sagen wollte: Für Ankünfte nach 22.00 Uhr hätte man sich als Rollstuhlfahrer anmelden müssen. Der Lift blieb geschlossen und die Fussgänger des Teams hatten sechs Rollstuhlfahrer geschätzte 50 Tritte hinaufzutragen, inklusive dem Überklettern der Zugangsschranken.

ETHIK

Anlaufstelle für Sportler Wussten Sie schon, dass Rollstuhlsport Schweiz eine EthikAnlaufstelle hat? Wenn bei Athleten Fragen auftauchen zu Mobbing, sexueller Belästigung, übermässigem Druck von aussen, Suchtmitteln usw., dürfen Sie sich gerne mit unserer Ethikverantwortlichen, Martina Meyer, in Verbindung setzen (martina.meyer@spv.ch, Tel. 041 939 54 30). Weitere Infos www.swissolympic.ch (unter Verbände) 35



ROLLSTUHLSPORT

PARATHLETICS 2020

Hauptprobe für die Paralympics Ein paar Monate vor den Paralympics in Tokio kämpft die Leichtathletik-Elite vom 28. bis 30. Mai in Nottwil um Quotenplätze. Zugleich werden Schweizer-Meister-Titel vergeben und am 1. Juni das Daniela Jutzeler Memorial ausgetragen. Von Evelyn Schmid

Es geht darum, die internationale Konkurrenz auszuloten. Die Rede ist vom World Para Athletics Grand Prix, der vom 28. bis 30. Mai 2020 in Nottwil ausgetragen wird. Drei Monate vor den Paralym­pi­schen Spie­ len in Tokio versuchen rund 400 Topstars, Plätze für ihr Land zu sichern und sich selbst für eine Selektion zu empfehlen. In den Grossanlass unter dem Na­men «Par­ Athletics» sind auch die offenen Schweizer Meisterschaften integriert. Am 1. Juni 2020 wird zudem das Daniela Jutze­ler Memorial ausgetragen. Schweiz mit guter Ausgangslage Dank Topleistungen von Manuela Schär, Catherine Debrunner und Marcel Hug sind die ersten drei Quotenplätze für die Schweiz bereits gesichert. Weitere könnten dazukommen. Da die Bahn zu einer der schnellsten weltweit zählt, wird der Ansturm gross sein. Hinzu kommt, dass zu dieser Jahreszeit gute Wettkampfbedingun­ gen zu erwarten sind und die Infrastruktur in Nottwil optimal ist. Neben den Roll-

stuhlrennen werden wiederum Wettkämpfe für Seh- und Lernbehinderte sowie für Athleten mit Amputationen angeboten. Schön ist auch, dass neben Bahn- und Sprung- auch Wurfdisziplinen gezeigt wer­ den, für die sich in der Schweiz kaum noch Sportler begeistern lassen. Der Anlass wird nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Zuschauer ein Spektakel. Das OK rund um den neuen Präsidenten Erwin Grossenbacher bietet ein schönes Rahmen­programm für die Besucher mit Hüpfburg, Karussell und Kinderschminken so­wie 1000 Gratisbratwürsten. Die Stim­mung auf der Anlage ist stets ei­ nen Besuch wert. Revanche? Das grosse Duell 2019 hiess Marcel Hug ge­ gen den Amerikaner Daniel Romanchuk. Beim Rennen über 5000 Meter war von An­ fang an klar, dass der Weltrekord attackiert wird. Marcel Hug, Daniel Romanchuk und Brent Lakatos (CAN) setzten sich kurz nach

Heisse Duelle Hug gegen Romanchuck, Schär gegen McFadden

MEHR INFORMATIONEN Besuchen Sie die Website www.parathletics.ch: Hier können Sie die Wettkämpfe auch über den Live­ stream mitverfolgen, falls Sie nicht persönlich vor Ort sein können.

dem Start ab und wechselten sich in der Führung ab, um das Tempo hoch zu halten. Es blieb spannend bis auf den letzten Zentimeter. Der Amerikaner be­hielt das bessere Ende für sich. Auch wenn es ihm einen Europarekord einbrachte, ärgerte sich Marcel Hug über die verpasste Chance, den Weltrekord zurückzuholen. Es ist mit dem Versuch einer Revanche zu rechnen. Bei den Frauen zeigte Manuela Schär eine beeindruckende Konstanz und stellte gleich drei Europarekorde innert drei Tagen auf. Danach konzentrierte sie sich allerdings auf die Marathonserie. Dort ist die Krienserin seit zehn Rennen ungeschlagen. Wir dürfen gespannt sein, wie gut ihr dieses Jahr die Umstellung von der Strasse auf die Bahn gelingt. Das Schweizer Team verfügt über weitere Trümpfe. Catherine Debrunner hat mit zwei Medaillen an der WM 2019 in Dubai gezeigt, dass sie nach der Ausbildungspause wieder bei der Elite angekommen ist. Beat Bösch feierte 2019 in Nottwil drei Podestplätze. Daneben haben auch ein paar der jüngeren Athleten das Potenzial, mit guten Zeiten auf sich aufmerksam zu machen. Wir dürfen gespannt sein.

Paracontact I Frühling 2020

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ROLLSTUHLSPORT

Idee und Entstehung Die Sportgruppen unserer Rollstuhlclubs sind oftmals sehr heterogen in Bezug auf körperliche Voraussetzungen und Funk­ tionen, Alter, Interessen und vieles mehr. Für die Trainer und Sportgruppenleiter ist es deshalb eine grosse Herausforderung, geeignete Trainingsinhalte für alle zu finden. Dies ist auch oft Thema bei unseren Ausbildungskursen und Clubbesuchen.

Die Idee für dieses Projekt ist anlässlich eines Clubbesuchs beim Rollstuhlclub Bern entstanden. Dessen polysportive Gruppe ist sehr heterogen und das Stationen-Training ist einer von verschiedenen regelmässigen Trainingsinhalten, der alle Teilnehmer for­ dert und gleichzeitig Spass macht.

VIELFÄLTIGE BEWEGUNGSFORMEN

Stationen-Training für Rollstuhlfahrer Fit, Freude, Freunde – eine neue Triolgie für die Gesundheit. Von Karin Suter-Erath und Davide Bogiani

Für die polysportiven Gruppen unserer Roll­­stuhlclubs hat die SPV ein neues Fit­ ness-­Trainingsprogramm zusammengestellt. Das Stationen-Training ist ein Set mit vielfältigen Übungs- und Spielformen im Bereich Fitness. Trainiert wird in den drei Bereichen Schnelligkeit und Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit sowie Koordination. Je nach Zielsetzung können die Stationen unterschiedlich zusammenge­setzt werden. Aufgrund der Belastung und Abwechslung ist es sinnvoll, die Themen bei den Stationen zu durchmischen. Zu al­len Stationen gibt es detaillierte Beschreibungen mit coolen Bildern. Herausforderung für alle Sportler dank Variationsformen Damit alle Teilnehmenden gemäss ihren Vo­raussetzungen gefordert sind, gibt es für die Stationen drei unterschiedliche Level: 38

Basic, Light und Plus. Oftmals sind es klei­ne Anpassungen, welche den Unterschied machen. Ob beispielsweise mit einem Volleyball, Basketball oder Medizinball trainiert wird, hat eine grosse Auswirkung auf die Intensität und den Schwierigkeitsgrad der Übung. Teamwork und Freude Das Stationen-Training wird idealerweise in Zweiergruppen durchgeführt. Vor allem im Bereich Koordination ist bei vielen spie­ lerischen Übungen Teamwork gefragt und der Spass kommt nicht zu kurz. Die Sportler können je nach Vorausset­zun­gen und Tagesform mitbestimmen, wie die Übung durchgeführt wird. Bei einigen Schnel­ ligkeits- und Ausdauerposten können sie spon­tan entscheiden, ob sie einen kleinen Wettkampf gegeneinander bevorzugen oder die Aufgabe lieber als Team lö­sen.

Wenn das in Bern so gut klappt, wäre es bestimmt sinnvoll, dies auch den anderen Clubs zugänglich zu machen. Deshalb ent­ wickelten wir ein Konzept mit einer erweiterten Übungssammlung und Bildern. Einführung im Rollstuhlclub Bern Die Hauptstädter waren am 9. Dezember 2019 dann auch Tester des weiterentwickelten Stationen-Trainings von Rollstuhl­ sport Schweiz. Den Film dazu gibts auf Youtube.com/spv6207. Weitere Umsetzung In den nächsten Wochen werden die poly­ sportiven Gruppen der Rollstuhlclubs kon­ taktiert, um bei Interesse das neu erarbeitete Stationen-Training vorzustellen. Zum Trainingsbeschrieb erhalten die Clubs gratis Taschen aus alten Eventblachen mit dem nötigen Trainingsmaterial.

KONTAKTAUFNAHME Sollten auch andere Sportgruppen aus den Rollstuhlclubs oder Technischen Kommis­sio­ nen Interesse am StationenTraining ha­ben, so bitten wir um Kontaktaufnahme mit der Breitensportabteilung von Rollstuhlsport Schweiz: Tel. 041 939 54 11, rss@spv.ch

Paracontact I Frühling 2020


ROLLSTUHLSPORT

KAJAK

Gepaddelt wird vorwärts Wer als Rollstuhlfahrer bereits mit einem Kajak unterwegs war, hat bestimmt schon Bekanntschaft mit Mister Kajak, Matthias Rohrer, gemacht. Von Thomas Hurni und Martina Meyer

Rollstuhlsport Schweiz arbeitet seit Jahren mit Matthias Rohrer, dem Gründer, Inhaber und Geschäftsführer von Globepaddler zusammen. Auch seine Frau Christine Bu­ ser sowie ihre Söhne Jan und Pitt sind nicht nur begeisterte Paddler, sondern wa­ren und sind erfolgreiche Kanuten des Schwei­zer Leistungssports und unterstützen Matthias verschiedentlich an unseren RSS-Kursen. Sei es am Kids Camp, Sportcamp «move on», fun for wheelies oder den Active Motion Days – Matthias ist immer zur Stelle, wenn man ihn braucht. Wenn er mit Bus und Anhänger einfährt, fehlt nichts für ei­ nen erfolg- und erlebnisreichen Kurstag auf dem Wasser. Selbst ein platter Reifen hindert Matthias nicht, immer noch rechtzeitig und voll motiviert einen Kurstag der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung zu be­ gleiten. Sowieso bringt Matthias eigentlich nichts aus der Ruhe. Sein Bus ist eine Wundertüte Mister Kajak scheut für die Rollstuhlsport­ ler keinen Aufwand. Da werden die unterschiedlichsten Kajaks (Einer- oder Zwei­ er-Kajak, Kanadier) bereitgestellt, um für je­den nach dessen Vorausset­zung optimale Paddelmöglichkeiten anzu­bieten. Wenn es regnet, hat Matthias das richtige und trocken haltende Equipment dabei. Sollte die Sonne zu heftig brennen, stehen Caps, Sonnenschutz und für die (Sonnen-)Brillenträger entsprechende Bril­lenbänder zur Verfügung, damit im Notfall die Brille auf dem Kopf bleibt. Auch Schwimmwesten, Paracontact I Frühling 2020

Paddel und noch vieles mehr lässt sich in Matthias’ Bus finden. Für Aus­senstehende wirkt die Ordnung eher chao­tisch. Aber wie heisst es so schön: «Nur der Kleingeist hält Ordnung. Das Genie überblickt das Chaos!» Genauso genial ist un­ser Kajakmann. Matthias Rohrer engagiert sich regelmäs­ sig für unsere Teilnehmenden, und das mit grossem Herzblut und dem Ziel, allen den Zugang zum Element Wasser im Kajak zu ermöglichen. Individuelle Anpassungen, um das optimale Paddelerlebnis zu erfahren, ist Matthias’ Herausforderung – ganz nach dem Motto: «Es gibt für alles eine Lösung». So wird mit Schwimmbrettern und Schaumstoffmatten gestützt und verstrebt oder es kommen Ausleger zum Einsatz, um die fehlende Stabilität auf dem Wasser auszugleichen. Eine unfreiwillige Eskimorolle ist schliesslich nicht jedermanns Sa­ che. Doch auch eine solche kann Matthias kompetent und mit Erfolg instruieren.

Mister Kajak Matthias Rohrer Auf dem Wasser sind alle gleich Das Kajakfahren bietet eine einmalige Frei­ zeit- und Sportmöglichkeit, wo alle gleichgestellt sind. Im Kajak ist eine Beeinträchtigung nicht sichtbar. Laut Matthias ist Pad­deln auch eine Lebenseinstellung, denn «gepaddelt wird vorwärts». Zusammen mit Matthias erobern Menschen im Rollstuhl immer wieder Seen und Flüsse, wo Freiheit, Natur und Ruhe erlebt werden kann. So haben sich schon etliche Kursteilnehmende vom Paddel-Virus anstecken lassen und sich teilweise sogar ein eigenes Kajak angeschafft. Durch das neue Hobby konnten einige ihre Paddelsport-Fertigkeiten weiterentwickeln und grössere Kanu-­ Touren realisieren, wie z. B. die Vogalonga in Venedig.

Matthias Rohrer, unser Mister Kajak, zählt zu den Zeitgenossen, bei denen die Arbeit oder viel mehr seine Leidenschaft im Vordergrund steht. Für Büroarbeiten hat er wäh­rend der Saison kaum Zeit oder nur, wenn das Wetter mal überhaupt nicht mitspielt. So kommt es schon vor, dass Rechnungen erst etwas später bei uns eintreffen. Lieber Matthias, herzlichen Dank für dein Engagement und deine unermüdliche und wertvolle Arbeit! Wir freuen uns auf weitere tolle Kurse mit dir auf den Gewässern der Schweiz! Begeistert? www.globepaddler.ch

Gemeinsam paddeln macht Spass

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Paracontact I Frühling 2020


ROLLSTUHLSPORT

SERIE 1/4: VERBANDSLANDSCHAFT INTERNATIONAL

Willkommen im Dschungel IOC, IPC und Co. sind in der Sportlandschaft geläufige Abkürzungen – sollte man meinen … Von Nicolas Hausammann

Bohrt man jedoch etwas tiefer, leuchten selbst bei gestandenen Sportsleuten grosse Fragezeichen in den Augen bezüglich der Verbindungen auf der Landkarte der inter­ nationalen Verbände. Gerade wenn es um den Behindertensport geht, sind Strukturen oft historisch gewachsen und undurch­ sichtig. Grund genug, hier eine Serie zum Erklärungsversuch zu starten. Im ersten Teil geht es um die internationalen Dachor­ ­ganisationen, die das Prädikat «olympisch» tragen.

der olympischen Werte und der damit ver­ bundenen Ethik-Charta sowie die Selektion und Beschickung der Olympischen Spiele zuständig. Eine der Arbeitsprinzipien des IOC lautet «Einheit und Diversität». Vor diesem Hintergrund dürfen drei BehindertensportOrganisationen das Prädikat «olympisch» tragen. Neben dem «International Paralym­ pic Committee» sind dies «Special Olympics» und das «International Committee Andrew Parsons präsidiert das IPC seit 2017

International Olympic Committee Das IOC ist eine internationale Non-Profit-Organisation, die 1894 ins Leben gerufen wurde. Seit 1896 trägt sie die Olympischen Spiele der Moderne aus. Basierend auf den Werten «Freundschaft», «Respekt» und «Exzellenz» hat sich das IOC zum Ziel gesetzt, die olympische Bewegung voranzubringen und deren Werte bei Jugend­ lichen zu verankern. Jedes Mitgliedsland hat ein Nationales Olympisches Komitee (NOK). In der Schweiz ist dies Swiss Olym­ pic. Diese NOKs sind für die Verbreitung Paracontact I Frühling 2020

of Sports for the Deaf». «Special Olympics» wurde 1968 von Eunice Kennedy, einer Schwester des bekannten US-Präsidenten, ins Leben gerufen und kümmert sich um Sportmöglichkeiten und die Spiele für Sport­ler mit geistiger Behinderung. An den «Deaflympics» nehmen gehörlose Sportler teil. Paralympische Bewegung Die Vision der paralympischen Bewegung ist «eine inklusive Welt durch Para-Sport zu schaffen». Das Internationale Paralym-

pische Komitee (IPC) organisiert die Para­ lympics, welche 1960 zum ersten Mal ausgetragen wurden. Seit 1988 in Seoul finden sie an demselben Austragungsort wie die Olympischen Spiele statt. Teilnahmeberech­ tigt sind Athleten paralympisch anerkannter Sportarten in den Ka­tegorien Sitzend (Rollstuhlsportler), Ste­­hend (Athleten mit namentlich Amputationen, Hemiplegie, Kleinwuchs oder Lernbehinderung) oder Sehbehindert. In der Schweiz ist Swiss Paralympic für die Selektion und Beschickung der paralympischen Missionen zuständig. Die Bewegung verkörpert die Werte «Mut», «Entschlossenheit», «Vorbildfunktion» und «Gleichberechtigung». Die Gleichberechtigung ist allerdings noch nicht in allen Sportfachverbänden gleich weit vorangeschritten. Daher tritt das IPC in verschiedenen Sportarten unter dem Namen «World Para …» auch als internationaler Verband der Sportart auf. Die bekanntesten Beispiele sind «World Para Alpine Skiing» sowie «World Para Athletics». Andere internationale Sportverbände ha­ ben die Gleichberechtigung in ihren Statuten besser verankert und führen den Para-Sport ihrer Sportart als Disziplin, wie beispielsweise die UCI (Union Cycliste Internationale). Weitere Beispiele dafür sind der Pferdesport oder Badminton. Bei den Team­sportarten wie Basketball und Rugby sind eigene Verbandsstrukturen entstanden, wobei sich gerade die International Wheelchair Basketball Federation (IWBF) dem Ver­band der Fussgänger, FIBA, immer mehr annähert. Die Zeichen stehen also weiter auf Integration und in Richtung der Vision des IPC.

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VERMISCHTES

ABGETAUCHT

In Ägypten Im Oktober 2019 tauchte eine Gruppe von fünf Rollstuhl­fahrern mit Handicapped Scuba Association und mit Unter­ stützung der SPV in Hurghada. Gemeinsam mit zwei erfahrenen Guides von Ilios Dive, dem eingespielten Staff von HSA-Switzerland und mit sieben Tauchbegleitern sowie vier Assistenzpersonen verbrachten die Rollstuhlfahrer eine Woche voller Abenteuer und unvergesslicher Begegnungen.

Einerseits verzauberte die unbeschreiblich schöne Unterwasserwelt, andererseits ist es vor allem die Schwerelosigkeit im Wasser, welche die Rollstuhlfahrer immer wieder fasziniert. Zudem ermöglicht das Tauchen den gemeinsamen Austausch mit Menschen ohne Beeinträchtigung und lässt so den Alltag vorüber­ gehend vergessen. Gelebte Inklusion Die Reise zeigte, was gelebte Inklusion wirklich ist. Professionelle Tauchbegleiter, welche über eine spezielle Ausbildung verfügten, betreuten die Rollstuhlfahrer. Und über dem Wasser fanden wertvolle Begegnungen statt, die teilweise über die Ferien hinaus Bestand haben. 42

ROLLSPORT

«Schänke fiiret» Was haben Para-cycling, Leichtathletik, re­re Hundert Inline-Skater. Weiter geht es «de schnöuscht Schänker» und die Swiss um 13.30 Uhr mit dem Start der LeichtathSkate Tour gemeinsam? Alle vier Events leten und Para-cycler. finden am 10. Mai 2020 in Schenkon statt. Neben sportlichen Highlights bietet der tra­ Das OK rund um die neue Präsidentin ­ditionelle Anlass einen Funpark mit Spiel­ Helen Affentranger ist seit Monaten an der ­bus, Hüpfburg, einem Inline- und RollVorbereitung für die 18. Ausgabe des Events stuhl-Parcours für Familien. Ganz nach «Rollsport am Sempachersee». Der Event dem Motto: «Schänke fiiret – besch debi?» wird am Vormittag wieder durch das Rennen der kleinsten «Schänker» eingeläutet. Detailprogramm www.rollsport-sempachersee.ch Wenig später, um 10.00 Uhr, starten meh-

VERDIENTE EHRE

FRIBOURG

Thurgauer Sportförderer

Fri-Access

Der Thurgauer Sportpreis 2020 geht an den Frasnachter Nick Sigg. Er wurde am 14. Februar 2020 für sein Wirken als langjäh­ri­ger OK-Präsident des Rollstuhl-­ Wettkampfs «Weltklasse am See» ausgezeichnet.

Die Macher von Fri-Access haben sich zum Ziel gesetzt, die für jedermann zugäng­ lichen öffentlichen Plätze der Stadt aufzulisten. Mit Hilfe der ZUERST-Webanwendung der Pro Infirmis wurden bisher rund 50 Restaurants und Bars in Fribourg nach SIA-500-Norm vermessen und klassifiziert.

Nick Sigg schaffte es, dass die schnelle Bahn in Arbon oft besser besetzt war als viele an­ dere Sportanlässe auf der ganzen Welt. Für seine Verdienste zugunsten der Para-Leicht­athleten wurde Nick Sigg bereits zum «Arboner des Jahres 2017» gekürt. Nun wählte ihn die Jury zum Sportförderer des Jahres.

Als Rollstuhlfahrer in Fribourg ein barrierefreies Restaurant oder eine Bar zu finden, wird dank Fri-Access einfacher.

Mehr dazu www.fri-access.ch Paracontact I Frühling 2020


JUGENDSKILAGER

Spuren im Schnee Im JUSKILA, welches vom 2. bis  8. Januar in Lenk im Simmental stattfand, waren auch zwei Jugendliche im Monoskibob unterwegs. Die Integration von behinderten Jugendlichen ist ein fester Bestandteil des JUSKILA.

Dieses Jahr machten Zoe Frei und Sinja Sauter die Skipisten unsicher. Für beide war es eine Premiere. Mit ihrem Monoskibob und den beiden SPVSkilehrern Philipp Zihlmann und Hans-Peter Hertig zogen sie ihre Spuren im Schnee. Durch die 1:1-Betreuung wurde den beiden Mädchen eine unvergessliche Woche ermöglicht. «Es macht Freude, wenn man die Jugendlichen am Abend lachen sieht. Das ist auf jeden Fall unser Ziel», bestätigt Hans-Peter Hertig.

PREMIERE

«Niederbipp rollt» Zum ersten Mal findet in Niederbipp ein Zeitfahren im Paracycling statt. Am «Niederbipp rollt» sprinten neben den Para-cyclern auch viele InlineBegeisterte im Kampf um die Zeit. Seien Sie am Samstag, 9. Mai 2020 mit dabei – spannende Rennen sind garantiert! Paracontact I Frühling 2020

WE MADE IT

NEUES ANGEBOT IM TESSIN

Erfolgsstories der SPG

Para-Fechten Para-Fechten gewinnt an Popularität. Dies nicht nur international, sondern auch in der Schweiz. Im Tessin gibt es seit Kurzem zweimal wöchentlich Trainings. Dank der Zusammenarbeit zwischen dem Roll­ stuhlclub Insuperabili und der Fechtschule Luga­no Scherma trainieren aktuell sechs Rollstuhlfah­rer jeweils am Dienstag und Donnerstag von 18 bis 19 Uhr in Lugano. Es soll aber nicht bei die­ sem Angebot bleiben. Eine nationale Arbeits­ grup­pe arbeitet daran, Schnuppertrainings in Zü­rich und Bern anbieten zu können. In erster Linie soll Fechten als Breitensport gestärkt werden. Dass die Sportart auch Kindern Spass macht, zeigte das Angebot am Kids Day 2019 im Tessin.

Für Sportarten wie Badminton, Basketball, Leichtathletik oder Rugby fehlt die Möglichkeit, geeignete Sportgeräte für ei­nen gewissen Zeitraum zu mieten. Um Leih-Sportrollstühle an­schaffen zu können, bat die SPS über Crowdfunding (www.wemakeit.ch) um finanzielle Unterstützung. Das gesteckte Ziel von CHF 50 000.– wurde übertroffen, mehr als CHF 60 000.– kamen zusammen. Die Geräte stehen schon bald zur Verfügung und erleichtern Menschen mit ei­ner Querschnittlähmung den Einstieg in den Sport. Auch die Para-WG (wir berichteten) hat die erste Hürde geschafft. 12 Interessenten haben sich für ein Zimmer beworben. Derzeit laufen mit allen Gespräche und Abklärungen, damit die WG am 1. Juli 2020 bezogen werden kann. Wenn weiterhin so viel Interesse besteht, ist sogar eine zweite WG eine Option.

GESUCHT

Mitglieder Zentralvorstand Der Zentralvorstand wird jedes zweite Jahr für zwei Jahre gewählt. Bei Rücktritten ist eine Ersatzwahl möglich für den Rest der Amts­dauer. Diese Situation ist nun einge­ trof­fen. Präsident Philippe Moerch tritt aus gesundheitlichen Gründen auf die kommen­de Delegiertenversammlung (DV) zurück und Vizepräsident Thomas Schneider schei­ det aufgrund der Amtszeitbeschränkung per En­de 2020 aus. Folgende Kandidaten stellen sich für die beiden frei werdenden

Sitze zur Verfügung: Fabien Bertschy aus Colombier, Cornel Villiger aus Boswil, Hans­ peter Bieri aus Bürglen, Berge Ghazarian aus Cologny und Stefan Keller aus Bellach. An der DV vom 2. Mai 2020 wird aus allen er­nannten Mitgliedern des Zentralvorstandes ein neues Präsidium gewählt. Es stellen sich folgende drei Personen zur Verfügung: Olga Manfredi aus Wald (bisher Vizepräsiden­ tin), Fabien Bertschy und Berge Ghazarian. 43


FOKUS

IM GESPRÄCH

Zwischen Schulzimmer und Rennbahn

Anfang November schaffte die junge Rollstuhlathletin Catherine Debrunner eine kleine Sensation mit ihrem Sieg über 400 m an den Weltmeisterschaften in Dubai und geriet schlagartig ins Rampenlicht. Von Gabi Bucher

Pünktlich zum vereinbarten Interviewtermin rollt Catherine Debrunner an und überzeugt von Anfang an mit grosser Offenheit, Spontaneität, aber auch mit einer erstaunlichen Reife in ihren Überlegungen und Ausführungen für ihre gerade mal 24 Jahre. Trotzdem blitzt ab und an noch das junge Mädchen in ihr auf. 44

Für alle, die dich nicht kennen: Kannst du kurz erzählen, wie du zum Sport gekommen bist? Ich bin und war schon immer ein «Fäg­ näscht», das habe ich von meinem Vater geerbt. An einem Kids Camp in Nottwil habe ich verschiedene Sportarten ausprobiert. Dann lernte ich Paul Odermatt ken-

nen. Da ich aus dem Thurgau komme, genauer gesagt aus Mettendorf, sagte er mir, Marcel Hug trainiere jeweils am Samstag im Thurgau, ich solle doch mal vorbeischauen. Also bin ich hingefahren, habe zugeschaut, dann habe ich angefangen zu trainieren, einmal die Woche, nicht wirklich regelmässig. So bin ich reingerutscht Paracontact I Frühling 2020


in den Leistungssport. Nach den Paralympics in Rio (wo sie bereits sehr erfolgreich war, A. d. R.) habe ich eine Wettkampfpause eingelegt, um mich auf meine Ausbildung zu konzentrieren. Beides zusammen wurde mir zu viel. Nach abgeschlossener Ausbildung zur Primarlehrerin kehrte ich im Oktober 2018 zurück in den Wettkampf­ sport und habe dann ein Jahr lang ziemlich Gas gegeben. Wenn du schon diese Pause erwähnst: Hattest du keine Angst, den Anschluss zu verpassen? Du warst ja gut gestartet in deiner Sportkarriere. Ich selber hatte keine grossen Bedenken, mein Umfeld aber schon. Teamkollegen meinten, es sei sehr gewagt, eine Pause einzulegen, danach würde ich wieder lang­ samer sein und ziemlich von vorn beginnen müssen. Das war mir klar, aber ich brauchte einfach eine Auszeit, nachdem mir der Sport acht Jahre lang den Takt ­angegeben hatte in meinem Leben. Ich brauch­te Catherine-Zeit, wie ich es nenne. Wie stand dein Trainer Paul Odermatt zu dieser Entscheidung? Paul vertraute mir, er kennt mich und weiss, wenn ich was im Kopf habe, setze ich mich dafür ein. Auch meine Familie fand es gut, dass ich mich auf meine Ausbildung konzentriere. Und ich hatte es mir gut überlegt. Ich habe natürlich trotzdem trainiert, es war eine Auszeit von den Wettkämpfen, nicht von den Trainings, aber ich habe die­ se reduziert von acht Mal auf zwei bis drei Mal die Woche. Jetzt wohnst du seit einem Jahr in Geuensee. Aus beruflichen Gründen oder wegen des Sports? Ich wollte an einem Ort sein, wo alles auf den Sport ausgerichtet ist, also Nottwil. Da­ rum bin ich umgezogen. Das war ein Riesenschritt für mich. Ich habe immer zu Hause gewohnt. Jetzt war ich in einem anderen Kanton, wo ich kaum jemanden kann­te. Das war schwierig und ich hatte ziemlich zu kämpfen. Hast du durch deinen Beruf als Lehrerin nicht Kontakte knüpfen können? Ich hatte noch keine Stelle, als ich nach Geuensee kam. Es war schwierig, etwas

zu finden. Einerseits sind noch zu wenig Schul­häuser rollstuhlgängig, andererseits war da mein Anspruch auf eine 30%-Stelle. Ich habe an die 80 Bewerbungen geschrieben. In der Zwischenzeit musste ich finanziell irgendwie über die Runden kommen. Durch meine Absenz von den Wettkämpfen hatte ich alle Lizenzen verloren, keine Sponsoren mehr. Meine Eltern wollten, dass ich meine Wohnung selber finanzie­re. Obwohl das nicht einfach war, bin ich froh, dass sie diese Haltung hatten. Zuerst hielt ich mich mit Stellvertretungen über Wasser, dann fand ich eine Anstellung als Klassenlehrerin in Waltenschwil. Dort unterrichte ich jetzt in einem 30%-Pensum Mathe, Ethik und Musik. Es ist eine unbefristete Stelle, das gibt mir die nötige Sicher­ heit.

fen, da ha­ben mich die Kinder ganz aufgeregt gefragt, wie ich denn da aufs Eisfeld komme! Gab oder gibt es irgendwelche Projekte, um die Kinder oder die anderen Lehrpersonen zu sensibilisieren für Rollstuhlfahrer? Nein. Ich habe mit meinen Fächern zu we­ nig Freiraum, um so ein Projekt zu realisie­ ren. Wir hatten mal Sporttage, da habe ich einen Rollstuhl-Parcours organisiert, aber der war zu schwierig (lacht). Ich dach­te, Slalom fahren sei einfach, aber das ging nicht! Aber die Kinder haben überhaupt keine Berührungsängste. Sie sind sehr anhänglich, noch mehr, seit ich aus Dubai

Du bist Klassenlehrerin trotz der lediglich 30%? Ja, das ist etwas ungewöhnlich, und ich bin dankbar, diese Erfahrung machen zu können, obwohl es aufwendig ist. Ich lerne sehr viel. Als Klassenlehrerin bin ich zuständig für alles, Elterngespräche, Elternabende, Schulreise, Räbeliechtli machen. Ach, nur 30%, sagen die Leute manchmal. Das wird unterschätzt, schliesslich gibt das gut und gerne 50%. Glücklicherweise hat meine Kollegin sehr viel Erfahrung, von ihr kann ich viel lernen! Wir verstehen uns sehr gut und sind mittlerweile auch Freundinnen geworden. Und wie bist du aufgenommen worden als Lehrerin im Rollstuhl? Ich unterrichte Erstklässler. Kinder in diesem Alter stellen zuerst ganz viele Fragen, danach ist das Thema abgehakt. Ich hatte diesbezüglich ein sehr schönes Erlebnis, als ich noch im Thurgau unterrichtete: Beim ersten Elternabend nach drei Monaten spürte ich, dass ein anwesendes Elternpaar irgendwie irritiert war. Ich fragte sie, was los sei. Sie erklärten mir, ihr Kind habe immer von Frau Debrunner gesprochen, aber nie gesagt, dass sie im Rollstuhl sei. Das fand ich sehr schön. Hier bin ich die Lehrerin und nicht die Frau im Rollstuhl! Natürlich sind die Kinder neugierig, aber auf ihre eigene, unkomplizierte Art. Sie stel­ len ihre Fragen, dann ist aber gut. Gestern zum Beispiel gingen wir Schlittschuh lau-

Herzlicher Empfang zu Hause

zurück bin. Ich sitze viel am Boden mit ih­ nen. Dabei kommen sie mir sehr nahe. Es tut mir gut, zu spüren, dass ich einen so guten Draht zu ihnen habe und sie zu mir. Sie fordern mich zwar, suchen Grenzen, aber sie fordern mich auf eine gute Art. Dabei vergesse ich den Sport total. Ich ha­be das Gefühl, viel ausgeglichener zu sein, seit ich unterrichte. Zurück zum Sport und deinen Erfolgen: Warst du schnell wieder drin nach der Pause? Als ich noch keine Stelle hatte, habe ich viel trainiert, um das Heimweh zu vergessen, und habe dabei selber gestaunt, wie schnell ich wieder von 0 auf 100 war und wie gut

Paracontact I Frühling 2020 45


mein Körper mitgemacht hat. Ich denke, das hat damit zu tun, dass ich vorher schon Spitzensport gemacht habe. Mein Körper hat das alles schon mal erlebt und kommt schnell wieder rein. In deiner Umgebung bemerkten einige, dass du in Dubai plötzlich sehr viel mehr Selbstbewusstsein ausgestrahlt hast. Woher, denkst du, kommt das? Ein Freund meinte, ich sei eine neue Catherine. Auch andere haben eine Veränderung festgestellt. Eine klare Antwort auf das Weshalb kann ich nicht geben. Ich bin fit, wohl auch älter geworden und habe etliches gelernt dadurch, dass ich jetzt allein wohne. Auch mein Semester in Lausanne war eine Lebensschule, ich musste mich selber organisieren, die Prüfungen auf Französisch ablegen, kurz, ich wurde ins

Catherine auf Goldkurs

kalte Wasser geworfen. Auch beim Unterrichten muss man mit Selbstbewusstsein auftreten und Sicherheit ausstrahlen vor den Eltern. Ich glaube, ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viel gelernt darüber, wer ich bin und was ich will. Vielleicht ist es das, was man gegen aussen wahrnimmt. Jetzt hast du ja überlegen gesiegt, wie erklärst du dir das? Da gibts verschiedene Komponenten. Zum einen ist es wichtig, dass man alles «gut beieinander» hat. Ich habe ein gutes Netz46

werk, konnte mit tollen Leuten trainieren, aber vor allem habe ich auch sehr aufs Material geachtet, was ich früher weniger gemacht habe. Ich fahre mit einem neuen Rennrollstuhl, habe dadurch eine bessere Sitzposition, neue Handschuhe, übrigens per 3D-Drucker ausgedruckt, und ich achte auch mehr auf eine gute Ernährung. Früher kümmerte ich mich primär ums Training, jetzt war meine Vorbereitung viel umfassender. Ich beobachte auch unsere beiden Cracks Manuela und Marcel, höre ihre Interviews. Da lerne ich viel dabei. Dazu kommt mein Trainer Paul, der mich sehr gut kennt, und mein Mentaltrainer, der mich vor den Wettkämpfen optimal vorbereitet. Inwieweit hilft dir der Mentaltrainer? An einer WM sind alle schnell, da kommts auf den Kopf und auf gute Nerven an. Wir arbeiten mit Entspannungstechniken, ich lerne, wie ich vor dem Start runterkommen kann. Und es geht auch um die Zielsetzungen. Die Medien fragen immer: «Welche Me­daille möchtest du, welchen Rang, welche Zeit?» Das ist Gift, nicht die Goldmedaille ist das Ziel, es geht darum, deine beste Leistung abzurufen! Meine Devise ist, und die habe ich von einer meiner Hauptrivalinnen: «Be the best version of yourself», verbessere dich selber, versuche nicht, schneller sein zu wollen als die anderen, sei besser als vor zwei, drei Monaten, vor einem Jahr. Das hat ja geklappt und du bist in allen Medien. Du hast dir gewünscht, dass dem Rollstuhlsport mehr mediale Beachtung zukommt. Jetzt hast du sie. Wie ist das? Seit meiner Rückkehr aus Dubai habe ich praktisch keine Freizeit wegen all der Medientermine. Aber ich bin dankbar für alles, was sich diesbezüglich positiv verändert hat in den letzten Jahren. Wir Rollstuhlfahrer haben eine gewisse Verantwor­ tung, um unseren Sport zu präsentieren und zu erklären, was wir machen. Oft hat man ein falsches Bild von uns als Rollstuhlsportler. Klar trainiere ich lieber, als dass ich Medientermine wahrnehme, aber das gehört eben auch dazu! Ich unterrichte ja auch lieber, als dass ich Elterngespräche führe!

Wie sieht es aus mit Freizeit? Ich bin ein geselliger Mensch und brauche meine Freunde. Darum schaue ich, dass ich auch Zeit finde für sie, eben, die Catherine-­ Zeit. Im Spitzensport hat man die Tendenz, einseitig zu werden. Ich kann mich zwar gut fokussieren im Sport, aber ich brauche auch Zeit mit Menschen, die mir sehr wichtig sind. Da die meisten im Thurgau leben, ist das etwas schwierig, aber ich bin gut organisiert und konnte bis jetzt die für mich wichtigen Kontakte aufrechterhalten. Und Ferien? Ja, das ist so eine Sache. Ferien sind im Moment berufsbedingt kaum möglich. Nach Dubai hätte ich sie gebraucht, aber da musste ich zurück an die Schule. Anfang 2020 gehe ich nach Teneriffa mit dem holländischen Team, die haben mich ein bisschen adoptiert. Dort trainiere ich am Morgen, aber am Nachmittag will ich Zeit für mich. Das hat etwas von Ferien, ich mag Spanisch und verstehe mich super mit den Athleten. Schule und Sport – bleibt das so bei dir? Ja, ich brauche den Ausgleich. Ich habe mei­ne jetzige Klasse noch anderthalb Jahre. Die Kinder geben mir extrem viel, ich sammle Berufserfahrung und habe ein geregeltes Einkommen. Wenn ich mit den Kin­dern bin, ihre Neugierde spüre, vergesse ich alles andere. So gesehen bin ich vielleicht nicht die Spitzensportlerin, wie man sie sich vorstellt. Zudem bleibe ich so am Ball für später, wenn ich mal mit dem Sport aufhöre. Heisst das, du denkst bereits übers Aufhören nach? Nein, im Moment ist das keine Option. Aber ich weiss, was ich noch möchte in meinem Leben: als Lehrerin arbeiten, vielleicht sogar in der Romandie, ein unbeschwerteres Leben führen. Jetzt ist alles so durchgetaktet und ich verzichte auf viel. Und vielleicht möchte ich auch eine Familie gründen. Ich weiss also, wie mein Le­ ben weitergehen soll, wenn ich den Spitzen­ sport mal aufgebe. Catherines Uhr piepst, sie lacht: «Zeit für Bewegung steht da», erklärt sie. Paracontact I Frühling 2020


FOKUS

UNSERE HELFER

Perfekter Service in luftiger Höhe In Sörenberg auf der Rossweid finden seit Jahren Mono- und Dualskibobkurse statt. Bergbahnangestellte und Restaurantbetreiber unterstützen die SPV auf einzigartige Weise. Von Gabi Bucher

Gastgeberin, aber ihre Fühler sind ausgestreckt. Die Zusammenarbeit mit der SPV? Das laufe tipptopp, erzählt sie. «Sie bereiten alles selber vor, decken die Tische.» Von ihrer Seite würden sie lediglich eine Speisekarte vorbereiten mit allem, was an der Theke zu haben ist. «Die Rollstuhlfahrer kön­nen schlecht durch die Selbstbedie­ nung. Darum nehmen die Skilehrer die Be­ ­stellungen entgegen und holen das Essen direkt in der Küche», erklärt Ma­rina. Über­ ­haupt bewegen sich die Leiter ziemlich frei in der Küche, machen am Morgen Tee und Sirup. So gesehen laufe das alles von allei­ne. Dass sie der SPV ein riesi­ges Vertrauen entgegenbringt, indem sie die Abrechnung der Menüs so einfach wie mög­lich hält, und die Bedienung für die Gruppe auch bei grösstem Andrang unglaub­lich schnell erfolgt, erwähnt sie nicht. Und auch nicht, dass sich Pasquale nach dem Essen immer noch erkundigt, ob alles in Ordnung ge­we­ ­sen sei. Das gehört zu einem perfekten Ser­ vice für sie beide wohl einfach dazu. Die Kursteilnehmenden und Leiter schätzen diesen in keiner Weise selbstverständlichen Service enorm.

Es bläst eine unfreundliche Bise auf der Rossweid an die­sem viertletzten Tag des Ja­hres. Ein Monoskibobfah­rer kommt kurz vor meinen Füssen zum Stehen und klatscht ab mit seinem Skilehrer. «War super», sagt er strahlend. Bei der Schneebar wummern die Lautsprecher, ein paar Kinder stolpern mit Skiern und Stöcken herum, ein Hund bellt. Die Sonne sendet zwei Strahlen hinter dem Rothorn hervor. Zu viel mehr wer­ ­de es nicht reichen, sie komme zu dieser Jahreszeit nur kurz hervor, erklärt Sepp Zemp, einer der Skilehrer im Sörenberg. Er hilft einem Kollegen, einen Kursteilneh­ mer in den Monoskibob zu packen. «Wenn ich den Reissverschluss des Sacks schlies­se, geht die Heizung an», scherzt er und wünscht den beiden viel Spass. Acht Skifahrer seien heute mit ihren Lehrern un­ ter­wegs, erklärt er. Das bedeutet viel Arbeit für Bergbahnmitarbeitende und Skilehrer, aber auch fürs Restaurant Rossweid.

«es ist noch nicht offen hier.» Ganz die Gastgeberin, höflich und zuvorkommend, kein bisschen Ungeduld gegenüber dieser Touristin, die hartnäckig vor dem noch ge­ ­schlossenen Grillhäuschen stehen geblieben ist. Ich kläre sie auf, sie lacht, reicht mir die Hand und führt mich zum Restaurant. «Ja, viel zu tun» sagt sie. «Es ist Saison­ anfang, da ist noch mehr los als sonst.» Ihr

Turbulenter Saisonanfang Ich bin mit Marina Fischer verabredet, sie führt seit fünf Jahren mit ihrem Partner Pasquale Sciangula unter anderem das Res­ ­taurant Rossweid, und seit Anfang 2019 sitzt sie in der Geschäftsleitung der Bergbahnen Sörenberg als Bereichsleiterin Gas­ ­tronomie. Ich finde sie beim Grillhäuschen, dort löst sie gerade ein elektrisches Problem, erklärt dem Angestellten, wie sich ein «Kafi Träsch» zusammensetzt, und hält ein Raclette fotografisch fest. «Gehen Sie doch bitte ins Restaurant», sagt sie, zu mir gewandt, mit einem freundlichen Lächeln,

Die Rossweid und ihre sympathischen Betreiber Marina und Pasquale

Paracontact I Frühling 2020

unterstehen 65 Mitarbeitende, acht davon sind neu, müssen eingearbeitet werden. Ein vielseitiger Job, ein Leben eigentlich, aber sie sei sich das gewohnt, sagt die gelernte Köchin. «Ich bin im Gastrobetrieb aufgewachsen, ich kenne nichts anderes.» Pragmatisches Vorgehen, grosses Vertrauen Wir setzen uns in den reservierten Bereich für die Kursteilnehmer des Rollstuhlsports Schweiz. Marina ist ganz die aufmerksame

Viel Zeit hat Marina nicht, man erwartet sie um elf in der Skihütte Schwarzenegg, dort kocht sie jeden Mittag. So wirds nun laufen bis April und dann, «dann gehts mög­lichst weit weg, auf die andere Seite der Erde», sagt sie lachend und schüttelt mir die Hand, während bereits die ersten Kursteilnehmen­ den im Restaurant eintreffen. Dem ganzen Sörenberg-Team ein herzliches Dankeschön. Es ermöglicht den Teilnehmenden ein ungetrübtes Skierlebnis. 47


FOKUS

QUERSCHNITTGELÄHMTE DES JAHRES

Ursula Schwaller und Peter Lude

Anfang Dezember 2019 ehrte die Schweizer ParaplegikerStiftung (SPS) zum 27. Mal zwei Querschnittgelähmte in Nottwil. Von Gabi Bucher

Bereits zum 27. Mal hat die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) am 8. Dezember 2019 zwei «Querschnittgelähmte des Jahres» geehrt, die in ihrem Leben Grossartiges geleistet haben. In diesem Jahr kürte die Jury die Freiburger Architektin Ursula Schwaller und den Aargauer Psychotherapeuten und Politiker Peter Lude. Sie sind gemäss Jury wichtige Vorbilder für andere Betroffene. URSULA SCHWALLER Geboren: 22.6.1976 Behinderung: Paraplegie Beruf: Architektin, Bau­ biologin, Energieberaterin Hobbys: Handbiken, Kajak, Monoski, Langlauf, Rudern

Ursula Schwaller kommt am 22. Juni 1976 zur Welt und wächst mit ihren Eltern und den beiden älteren Geschwistern auf einem Bauernhof in Heitiwil FR auf. Als Be­we­ gungsfanatikerin ist sie schon vor ih­rem Unfall 2002 sportlich unterwegs, vor allem mit ihrem Liegebike. Das erklärt auch, was auf den ersten Blick etwas seltsam scheinen mag: Ihr Partner bringt ihr nur fünf Tage nach ihrem Unfall einen Prospekt für Hand­bikes in die Intensiv­station des Schweizer Paraplegiker-Zentrums. «Alle dach­ten, wir spinnen», erzählt sie, «aber für mich war das damals eine Per­spektive.» 48

Ambitioniertes Ziel Aber der Reihe nach: Nach ihrem Unfall bei einer Schneeschuhtour beginnt Ursula während der Rehabilitation sehr schnell wieder mit dem Sport. Sie trainiert mit dem Handbike und bestreitet bereits wenige Wochen nach ihrem Austritt ihr erstes Rennen. Ihr Ziel: die Paralympics 2008 in Peking. Das nötige Durchhaltevermögen, um diesem Ziel näherzukommen, scheint sie in den Genen zu haben. Sie verbessert sich kontinuierlich. Dabei wird sie von ih­rem Partner Marcel Kaderli begleitet, dem «Mann für alles»: Mechaniker, Tüftler, Organisator und Medienbeauftrag­ ter. Er gestaltet die Trai­­ningsplanung und kümmert sich um Sicherheit und vieles mehr. So kann Ursula sich auf das We­ sentliche fokussieren. Sie kommt schnell bei den Besten an, findet Aufnahme im Kader und in der Nationalmannschaft und wird bald ein verlässlicher Medaillengarant für Rollstuhl­ sport Schweiz. Höhepunkte dieser Spitzensportkarriere sind zudem die Weltmeisterschaften von 2009 bis 2011 mit insgesamt sechs Goldmedaillen in Zeitfahren und Strassenrennen, zusätzlich einer goldenen Auszeichnung mit der Team-Staffel! Und auch an den Paralympischen Spielen in Peking und London brilliert Ursula mit sehr guten Resultaten.

Radsportlerin der Extraklasse Nach London entscheidet sie sich, der Roll­stuhlsport-Szene den Rücken zu kehren. Künftig trifft man sie an diversen Volksrennen, bei Wettbewerben mit Velofahrern ohne Be­hinderung. Langstreckenrennen mit Dis­­­tanzen von über 500 km sind dabei keine Seltenheit. So bestreitet sie z. B. die «Styrkeprøven» in Norwegen, einer der ganz grossen Klassiker im Ultracycling-Bereich und mit 543 km und 3700 Höhenmetern auch für die allermeisten nicht behinderten Radsportler eine extre­me He­rausforde­rung. Es ist die längste Strecke, die eine Schweizer Rollstuhlsport­ lerin je am Stück mit den Armen gefahren ist. So lebt sie Inklusion. «Heute sehe ich mich eher als Radsportlerin denn als Behindertensportlerin», sagt Ursula von sich selber. Der Zeit voraus Aber auch in ihrem Berufsleben legt sie eine beispiellose Karriere hin. Seit Beginn interessiert sie sich für den ökologischen und baubiologischen Zusammenhang und spezialisiert sich im Bau von MinergieHäu­sern. Eine Pioniertat vollbrachte sie mit dem Bau ihres eigenen Hauses, in welchem sie seit 2006 lebt. Damals war es das erste Minergie-P-Haus im Kanton. Und gerade steht wieder eine neue Herausforderung an: Ursula engagiert sich in einer Architek­tur-Gemeinschaft und man erlebt sie auf Baustellen zusammen mit dem Lehrling, welcher ihr jeweils die gröbsten Steine aus dem Weg räumt. Daneben engagiert sie sich für rollstuhlgängige Zugskompositionen und be­ klei­det zudem das Vizepräsidium der Stiftung «Denk an mich». Auch der Swiss Bike Park von «Thömus» in Oberried BE ist ihr eine wichtige Herzensangelegen­heit.

Ursula Schwaller wird ausgezeichnet als Paraplegikerin, als ambitionierte und mit vielen Siegen ausgezeichnete Sportlerin, als erfolgreiche Architektin, als Botschafterin in Fragen zu Handicap und Inklusion und vor allem als selbstbewusste Frau mit sichtbarer Freude an einem aktiven Leben. Paracontact I Frühling 2020


PETER LUDE Geboren: 8.9.1964 Behinderung: Tetraplegie Beruf: Fachpsychologe für Psychotherapie FSP Hobbys: Geschichte, Musik hören

Durch einen Schwimmunfall während sei­ ­nes Studienaufenthaltes in Italien wird Peter Lude am 14. Juli 1984 mit 19 Jahren Tetraplegiker. Nach der Bergung und Über­ ­führung ins Spital von Pisa erfolgt der Transport per Rega-Jet nach Basel ins Paraplegiker-Zentrum. Peter Lude merkt sofort, dass der Unfall mit der tragischen Per­spektive in ihm ein regelrechtes Aufbäumen für das Weiterleben bewirkt. In seinen späteren wissenschaft­lichen Arbeiten nennt er die­­se Erfahrung «Airbag-Effekt». Nach dem Motto: «Wer sich verschluckt, der hustet und wird nicht spon­ ­­tan depressiv.» Zielstrebig nach vorn Den prägenden «Spirit» im Paraplegiker-Zentrum Basel bezeichnet Lude als «selbstverständliche Bejahung von meiner Person trotz unvorstellbar schwerer körperlicher Behinderung». Bereits nach sieben Wochen verbringt er das erste Wochenende zu Hau­

se, nach elf Monaten kann er im Juni 1985 das Paraplegiker-Zentrum Basel verlassen. Da­mit beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt. «Gelähmt sein ist ein hochak­ tiver Prozess», das ist seine Überzeugung. Zielstrebig, beharrlich und mit gros­sem Wissensdurst nimmt er sein Leben in die Hand. Er drückt nochmals die Schulbank, besteht die eidgenössische Maturitätsprüfung, wodurch der Weg in alle universitären Studienrichtungen frei ist. Grosses Glück und grosse Erfolge Vorerst steht aber noch grosses Glück ins Haus. Yvonne Sigrist hat im ParaplegikerZentrum Basel 1984 ein Praktikum als Phy­ ­siotherapeutin absolviert und Peter Lude kennengelernt. Seit 1987 sind die beiden ein glückliches Paar. Sie beschliessen, gemeinsam das Studium Klinische Psychologie, Sozialpsychologie und Psychopathologie an der Uni Bern aufzunehmen und schliessen 1994 mit dem Lizen­ ziat ab. Nach weiteren vier Jahren folgt das Doktorat. Es han­delt sich dabei um ein vom Nationalfonds un­ terstütztes Forschungspro­ jekt an der Uni Bern, welches Peter und Yvonne je mit einer eigenen Dissertation abschliessen. Dafür erhalten sie 2002 die Doktorwürde und werden 2004 mit dem Sir-Ludwig-Guttmann-Preis der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für

Paraplegie (DMGP) ausgezeichnet. Für ei-­ ne weitere international anerkannte Forschungsarbeit erhält Peter Lude im Jahr 2011 als Erster überhaupt zum zweiten Mal den Sir-Ludwig-Guttmann-Preis, zusammen mit zwei Co-Autoren. Unglaublicher Schaffensdrang Seit 1998 führt Peter Lude seine eigene Praxis für Psychotherapie FSP. Mit Weiterbildungen, Studien und wissenschaftlichen Arbeiten, Herausgabe von Büchern, Referaten, Workshops, Betreuung von Masterund Bachelorarbeiten, Mitgliedschaften in Berufsverbänden im In- und Ausland, Do­ zent in Rehabilitationspsychologie u.  a. m. zeigt Peter Lude eine unermessliche Schaffenskraft. Seit 2010 ist er im Gemeinderat von Bad Zurzach, betreute bis 2014 die Res­ ­sorts Jugend und Soziales und bis heute Bildung, Gesundheit und Alter.

Trotz aller Erfolge stellt Peter Lude die grundsätzliche Frage: «Wie soll ich im Le­ ben stehen, wenn meine Beine mich nicht mehr tragen? Wie Hürden überwinden, wenn ich nicht mehr gehen kann? Und wie soll ich mit gelähmten Armen und Händen mein Leben wieder in den Griff be­ kom­men?» Die Frage «Wie kann etwas gelingen?» ist auch entscheidend in seiner psychotherapeutischen Tätigkeit. Für sein grosses Enga­gement in Gesellschaft und Politik erhält er die Auszeichnung «Querschnittgelähmter des Jahres 2019».

Herzliche Gratulation Die Schweizer ParaplegikerVereinigung gratuliert den beiden Querschnittgelähmten des Jahres 2019 und bedankt sich für das grosse Engagement zugunsten aller Rollstuhl­fahrer.

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FOKUS

FÜR SIE DA

Wenn Langeweile zum Fremdwort wird Beat Bösch, Tetraplegiker, bringt in der Lebensberatung der SPV seit zehn Jahren seine Erfahrungen ein. Von Gabi Bucher

Beat Böschs Anstellung als Aussendienstmitarbeiter bei der Lebensberatung ging relativ schnell über die Bühne. «Eigentlich hat es mir an meinem Arbeitsplatz als Polygraf gefallen, aber die Arbeit war etwas eintönig», erinnert er sich. Bei einem Gespräch mit Erwin Zemp habe er erwähnt, er würde sich für eine Mitarbeit im Aus­ sendienst der SPV interessieren. «Erwin erklärte mir, die SPV baue gerade die Lebensberatung auf, da könnte sich etwas ergeben, aber das könne gut und gerne noch ein bis zwei Jahre dauern.» Nach weniger als einer Woche meldete sich Erwin bereits und fragte Beat nach dem Vorstellungsgespräch, wann er anfangen könnte. Beeindruckende Zahlen Das war im Jahr 2010, seither arbeitet Beat als Aussendienstmitarbeiter. Seine Hauptaufgabe ist es, Erstberatungen von Frisch50

verletzten im SPZ und im Balgrist vorzunehmen und «seine» Klienten nach dem Austritt aus der Klinik lebenslang zu begleiten. «Wir stellen ihnen die SPV vor und nehmen sie meist durch einen Rollstuhlclub als Mitglied auf», erklärt er. Nicht jede Erstberatung führe zu einer Mitgliedschaft, aber es sei wichtig, allen die Dienstleistungen der SPV vorzustellen. Pro Jahr nehme er gegen 50 Mitglieder auf, also an die 500 Mitglieder und 1000 Beratungen über die letzten zehn Jahre. Beeindruckende Zahlen, denn Beat ist nur einer von vier Aussendienstmitarbeitenden der SPV und arbeitet in einem 40%-Pensum. Kompetente Beratung Vor allem beim Erwerb eines Autos ist Beats Hilfe gefragt. Da braucht es ein fundiertes Wissen über Umbau, Finanzierung, Zollrückerstattung usw. «Und Zeit und Ge­

duld», fügt Beat an. «Oft dauert es ein Drei­ vierteljahr, bis alles durch ist.» Auch bei der passenden Modellauswahl hilft er. Ein halbes Jahr nach Austritt aus der Klinik erkundigt er sich, wie es seinen Klienten geht. «Es sind oft Fragen finanzieller Art, welche sich ergeben, z. B. betreffend Hilflosenentschädigung oder Inte­gritäts­ entschädigung. Und wir fragen nach, wie es läuft mit der Pflegehilfe, im Sport oder generell im Alltag und ob sie sonst Unterstützung brauchen.» Oft gehe es um kleine Sachen, die manchmal vergessen gingen. «Sind die Probleme schwerwiegen­der, verweise ich auf unseren Sozialdienst oder an das Institut für Rechtsberatung.» Referententätigkeit Ziemlich früh nach seiner Anstellung trat Beat vermehrt als Referent in den Sensibilisierungskursen auf. Auch die Kurse bei der XUND, dem Bildungszentrum Gesund­ heit Zentralschweiz, hat er mit Erwin Zemp aufgebaut. Und er leitet oft die monatlichen Höcks im Balgrist über verschiedene Themen. «Die Höcks sind wichtig, besonders für Neuverletzte, da erhalten sie Infor­ mationen, die ihnen sonst fehlen würden.»

Beat ist auch ein aktiver Rollstuhlsportler. Sechs bis acht Mal trainiert er die Woche, die Trainingslager absolviert er während der Ferien. Sport sei Lebensqualität, meint er und für ihn so wichtig, dass er gerne seine Freizeit dafür opfere. Nein, meint er, langweilig werde ihm nie! Paracontact I Frühling 2020


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