DIE ERNÄHRUNG VOLUME 45 | 05.2021

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die ernährung wirtschaft economy

Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft

Volume 45 | 05. 2021

Süße Nachhaltigkeit Seite 04

Wildpflanzen und Blüten

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Österreichische Post AG MZ 14Z040109 M SPV Printmedien GmbH, Florianigasse 7/14, 1080 Wien

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3 inhalt content

inhalt —

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Wirtschaft economy 04 Süße Nachhaltigkeit 08 The Single Market in Danger 10 Ernährung & Corona: Null Beweise für eine „Schutzwirkung“ 12 Ein Leben für Lebensmittel 13 Krisenresilienz in der Lebensmittelherstellung schaffen 14 Sensorik-Netzwerke in Österreich und Europa 16 Was ist Geschmack? 18 Die feine Nase weiter erforscht 20 Nachruf Dr. János Gombos 22 Konzentration auf die Kunden

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Technik technology 25 Dustcontrol: Sicher und hygienisch 26 Verpackung muss umweltschonend sein 27 Softwaregestütztes Qualitätsmanagement bei Recheis 28 Sensorik 4.0 für Qualitätssicherung und Konsumenten-Insights 31 Sanft trocknen und Energie sparen

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Wissenschaft science 32 Texture matters! 36 Wildpflanzen und Blüten 40 Bewusst oder unbewusst: Welche Eigenschaften verbinden Konsumenten mit nachhaltigen Produkten? 44 Überblick Ernährungsbildung

— 46 Impressum

in dieser Ausgabe von DIE ERNÄHRUNG stehen Consumer Science und Ernährungsbildung im Fokus. Erfahren Sie, wie Forschung und Entwicklung den Wünschen der Konsumentinnen und Konsumenten auf den Grund gehen. Auch für Lebensmittelhersteller spielen diese eine wichtige Rolle – das macht Manner-CEO Andreas Kutil im Interview deutlich. Zudem spricht er über die nationale Herkunftskennzeichnung. Ein heißes Thema, das auch Mella Frewen, Geschäftsführerin von FoodDrinkEurope, beschäftigt. In ihrem Artikel hebt sie die Bedeutung des EU-Binnenmarkts hervor und warnt vor einer Renationalisierung im Lebensmittelrecht. Gerade das steht uns aber bevor: Die Bundesregierung hält weiterhin an einem Alleingang Österreichs zur Herkunftskennzeichnung fest – obwohl die EU in wenigen Monaten ihre Vorschriften dazu ohnedies erweitern wird. Dass wir dieses Vorhaben für einen strategischen Fehler halten, haben wir wiederholt artikuliert. Nur gleiche Spielregeln für alle und ein starker EU-Binnenmarkt bringen die heimischen exportorientierten Lebensmittelbetriebe zum Erfolg – mit Nationalismen und Abschottung schaffen wir keinen Aufschwung, gerade auch nicht für die Landwirtschaft. Jemand, der als LVA-Geschäftsführer stets das Ganze im Auge hatte, war János Gombos. Sein überraschender Tod hat uns tief bewegt. Er wird uns sehr fehlen.

Katharina Koßdorff

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SüSSe Nachhaltigkeit Die Ernährung sprach mit Mag. Andreas Kutil, CEO Josef Manner & Comp. AG, über seine neuen Aufgaben in Zeiten von Corona und Nachhaltigkeit, über die Entwicklung des Exports, Werbeverbote und Regulierungswünsche von Besteuerung bis zu Herkunftskennzeichnung. Oskar Wawschinek

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ie Ernährung: Gerade im Zusammenhang mit Le­ bensmitteln steht immer wieder das Thema Nach­ haltigkeit im Mittel­ punkt. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie? Andreas Kutil: Gerade als Lebensmittelproduzent mit über 130-jähriger Tradition ist das Thema Nachhaltigkeit seit jeher im Fokus. Wir produzieren ausschließlich in Österreich, gestalten unsere Produktion energieeffizient und setzen auf nachhaltige Rohstoffe. Wir fokussieren uns bei unseren Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit auf jene, mit denen wir den größten Impact erzielen können. Unser wichtigster Rohstoff ist Kakao, Manner verarbeitet ihn von der Bohne weg. Hier haben wir bereits 2020 auf 100 % nachhaltig zertifizierten Kakao umgestellt – 2021 erhalten alle Manner Waffel- und Schnittenprodukte darüber hinaus das Fairtrade-Cocoa- Siegel.

Warum haben Sie sich für Kakao von Fairtrade entschieden? Kutil: Uns ist es wichtig, dass die Kakaobauern einen fairen Preis erhalten, das wollen wir mit dem Fair­tradeLogo auf der Verpackung auch unseren Konsumenten kommunizieren. Auf dem Weg hin zu 100% nachhaltigem Kakao bis 2020 gab es zahlreiche Meilensteine. 2015 wurde die Schokobananen-Range auf Fairtrade umgestellt mit dem All-that-can-be-Siegel, da sowohl Zucker als auch Banane sowie der Kakao aus Fairtrade-Anbau sind. 2020 erhielt die gesamte Victor Schmidt Mozartkugel-Range das Fairtrade-Siegel und 2021 folgt eben der nächste Schritt bei Manner Waffel- und Schnittenprodukten. Wie sind die Erfahrungen bei den ande­ ren Produkten wie Schokobananen und Victor Schmidt Mozartkugeln? Können die Mehrkosten verdient werden?

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Kutil: Die Umstellung der Schoko­ bananen-Range auf Fairtrade konnte die Umsätze ankurbeln, vor allem in Österreich und Deutschland. Der Konsument achtet – gerade auch in unsicheren Krisenzeiten – auf nachhaltigen Konsum und darauf, wie das Produkt hergestellt wird und was hinter dem Unternehmen steht. Manner kann hier mit Authentizität punkten. Wie versuchen Sie höhere Planbarkeit bei Rohstoffen zu erzielen? Kutil: Die Rohstoffpreis-Entwicklung ist zurzeit sehr herausfordernd. Im Bereich der Haselmüsse, deren Qualität und Verfügbarkeit für Manner wesentlich ist, gehen wir einen innovativen Schritt in Richtung Versorgungsicherheit und Preisstabilität. 2019 wurden aus Überlegungen der Rückwärtsintegration erste Anbaugebiete in Aserbaidschan erworben. Der Landkauf ist nun abgeschlossen, insgesamt haben wir 318 Hektar Agrarland


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(ca. 445 Fußballfelder) für ca. 200.000 Haselnusspflanzen im Norden Aserbaidschans gekauft. Wenn alles nach Plan läuft, können wir im Spätsommer 2024 mit einer ersten, kleinen Ernte rechnen. Bei voller Auslastung können wir zukünftig rund 20– 25 % unseres Bedarfs an Haselnüssen von unserer Manner Haselnuss-Farm decken. Welchen Aspekt von Nachhaltigkeit hal­ ten Sie persönlich für besonders wichtig? Kutil: Manner hat sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Produktion klimaneutral zu gestalten. Neben laufender Optimierung der Prozesse und Systeme setzen wir auch wichtige Schritte im Bereich der Energieeffizienz. 2016 ging gemeinsam mit Wien Energie die „Schnitten-Heizung“ in Betrieb.

larkraftwerk in Betrieb genommen. Die Photovoltaikanlage erzeugt mit 500 Kilowattpeak Leistung etwa 500.000 Kilowattstunden Ökostrom jährlich und liefert so den Strombedarf, mit dem zum Beispiel die gesamte Produktion der beliebten Napoli Drageekeksi erfolgen kann.

und an gönnt. Zusätzlich setzen wir auf Kommunikation eines aktiven Lebensstils wie etwa durch unsere Aktivitäten rund um unser Sportsponsoring. Regulierungen und Besteuerungen stehen wir kritisch gegenüber, da der Erfolg solcher Maßnahmen nicht gegeben ist.

Wie sehen Sie die zunehmenden Ansätze zur Regulierung von Lebensbereichen, speziell im Hinblick auf Lebensmittel (z. B. Stichworte Zucker, Fett und Salz)? Kutil: Wir integrieren aktuelle Ernährungstrends in die Produktentwicklung, um die Gesundheits- und Ernährungsbedürfnisse der Verbraucher zu berücksichtigen und in neuen, marktreifen Produkten umzusetzen. Produkte, die daraus

Erst kürzlich gab es eine Diskussion über mögliche Verbote für Werbung für bestimmte Lebensmittel, die sich an Kin­ der richtet. Wie sehen Sie diese Diskus­ sionen? Kutil: Lebensmittelwerbung ist in Österreich und generell der Europäischen Union streng geregelt, und wir unterliegen als Süßwarenproduzent zahlreichen Vorschriften. Seit über zehn Jahren hält sich Manner darüber hinaus an ein Selbstregulierungssystem in diesem Bereich. Auch der neue Ethik-Kodex der Werbewirtschaft, der Anfang des Jahres umgesetzt wurde, legt besonderes Augenmerk auf verantwortungsvolle Lebensmittelwerbung auf digitalen Kanälen. Nährwertprofile zur Beschränkung von Werbung oder gar Werbeverbote für bestimmte Lebensmittel stellen für unser Traditionsunternehmen eine drastische Einschränkung und einen Wettbewerbsnachteil dar. Wir halten uns an die Selbstverpflichtung und hatten hier auch in der Vergangenheit keinerlei Beanstandungen. Gerade in der wirtschaftlich sehr angespannten Coronakrise ist für Manner dieses drohende Werbeverbot sehr kritisch und kostet letztendlich Arbeitsplätze.

about

Zum Unternehmen —

Josef Manner I. gründete die Süßwarendynastie im Jahre 1890. Am Stephansplatz verkaufte er Schokoladen und Feigenkaffee. Josef Manner war Erzeuger, Verkäufer und Werbeagent in einer Person und lieferte oft auch selbst die Ware aus. Noch im Gründungsjahr zog Josef Manner aus Platzmangel in das Haus seiner Eltern in Wien XVII, Uniongasse 8, später Kulmgasse 14. Bald entstand rund um das Elternhaus eine Fabrik. 1897 zählt der Betrieb erstmals 100 Mitarbeiter. Der Aufstieg der Firma setzte sich unter Josef Manner und dem 1900 eingestiegenen Kompagnon Johann Riedl stetig fort. Modernste Maschinen wurden Mit der Abwärme unseres Backprozesses werden etwa 600 umgebende Haushalte geheizt. Am Dach der Manner-Produktionsstätte Wolkersdorf wurde dieses Jahr auf 6.000 Quadratmetern ein riesiges So-

angeschafft und Manner wurde zum führenden Süßwarenunternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Am Ende dieser Entwicklung stand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Die weltberühmte Schnitte wurde 1898 erstmals als „Neapolitaner Schnitte No. 239“ urkundlich erwähnt. Die Produktion findet ausschließlich in Österreich statt. Manner Produkte werden weltweit in ca. 50 Ländern vertrieben. Manner ist der größte rein österreichische Süßwarenbetrieb, der die Schokolade noch von der Bohne weg verarbeitet. Qualität und Nachhaltigkeit werden bei Manner seit über 130 Jahren großgeschrieben. Das Unternehmen ist IFS-zertifiziert und verwendet Rohstoffe, die z. B. Fairtrade, RSPO-Siegel tragen. Manner erzielte mit rund 800 Mitarbeitern 2020 einen Umsatz von rund 217,22 Millionen Euro und stellte ca. 50.000 Tonnen Süßwaren her. entwickelt wurden, sind bereits am Markt erhältlich, wie etwa die Manner Vollkorn Schnitten. Als Genussmittel-Hersteller kommunizieren wir aber diesen kleinen rosa Glücksmoment, den man sich ab

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Die österreichische Politik plant eine na­ tionale Herkunftskennzeichnung. Wie stehen Sie zu solchen Vorhaben? Kutil: Eine nationale Herkunftskennzeichnung, die über bereits geltendes EU-Lebensmittelrecht hinausgeht und nur für österreichische Hersteller wie Manner gilt, ist für uns ein klares „Gold Plating“, was für unser Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsnachteil auf ausländischen Märkten bedeutet. Als österreichisches Unternehmen mit Schriftzug „Manner Wien“, Stephansdom im Logo und Produktion in Österreich sind wir sehr daran interessiert, heimische Rohstoffe für die Produktion heranzuziehen. Allerdings sind wesentliche Agrarrohstoffe in Österreich tagtäglich nicht ausreichend für uns verfügbar. Konkret in der Umsetzung müssen wir auch Rohstoffe aus Österreich


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Welche Bedeutung hat für Ihr Unterneh­ men der Export? Kutil: Manner ist mit einer Exportquote von über 60% sehr gut im Export unterwegs. Wir haben Niederlassungen in Deutschland, Slowenien sowie Tschechien und sind in einigen Ländern Marktführer im Waffelbereich. Wir können in den Märkten aber nur weitere 130 Jahre erfolgreich sein, wenn wir faire Wettbewerbsbedingungen und einheitliche „Spielregeln“ vorfinden. Wie sehen Sie den österreichischen Markt? Gibt es hier spezielle Entwick­ lungen oder Tendenzen im internationa­ len Vergleich? Kutil: Die Handelskonzentration, aber auch der Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit sowie zahlreiche Herzensmarken prägen den österreichischen Lebensmittelmarkt. Wie wird sich das Produktportfolio aus Ihrer Sicht entwickeln? Wo sehen Sie die größten Potentiale? Kutil: Manner sieht die Kernkompetenz in der Marke bei Waffeln und Schnitten. Hier gibt es eine große Spielwiese, in der sich unsere Innovationsabteilung sozusagen „austobt“. Aber auch andere Kategorien können interessant sein, wie wir mit unserem Müsli sehen. Wie schätzen Sie die Entwicklung bei veganen und vegetarischen Produkten ein? Wird sich der Aufwärtstrend fort­ setzen? Kutil: Im Zuge einer Kampagne haben wir ausgelobt, dass die Mannerschnitte schon vegan war „bevor man wusste, was das überhaupt war“. Denn die Mannerschnitte beinhaltet seit jeher keine tierischen Produkte, das loben wir auch mit dem Vegan-Logo aus. Ich denke, dass der vegane Lebensstil auch in Zukunft immer mehr Anhänger gewinnt. Wie haben Sie die Coronakrise erlebt? Welche Auswirkungen hatte diese (z. B. die Lockdowns) auf die Umsätze?

person

Zur Person — Biographie Mag. Andreas Kutil (51) schloss sein Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien 1995 ab. Nach zwei Jahren im Bereich Garten- und Landschaftsplanung sowie einer Gartenbaugenossenschaft startete er 1997 seine Lebensmittel-Karriere bei Kraft Foods als Key Account Manager im Bereich Schokolade. 2002 übernahm er die Verantwortung für das Österreichische Trade Marketing und nur zwei Jahre später für den gesamten Süßwarenvertrieb. Maßgeblich für den Erfolg des österreichischen Geschäfts mitverantwortlich, fungierte er ab 2009 als Managing Director von Mondelez Österreich. Im selben Jahr wurde er auch Vizepräsident des Österreichischen Markenartikelverbands sowie Bundesvorstand der Österreichischen Industriellenvereinigung. Ab 2015 kam bei Mondelez Österreich die Führungsverantwortung der Län-

Kutil: Manner ist sicherlich kein Krisengewinner, wenn man sich die Geschäftsergebnisse ansieht. Gerade in den Bereichen unserer Manner-Shops fehlten die Touristen und sie fehlen leider noch auf unbestimmte Zeit. Zudem haben verschiedene Genuss-Anlässe nicht stattgefunden, bei denen „Mitbringsel“ auf dem Einkaufszettel standen wie z.B. Pralinen, das haben wir vor allem bei unseren Ildefonso und Victor Schmidt Mozartkugeln gemerkt. Dennoch sind wir vorsichtig optimistisch und gehen mit zahlreichen Innovationen wie etwa unseren Winterwaffeln in drei Sorten (à la Spekulatius, Bratapfel-Zimt und gebrannte Mandeln) in die kalte Jahreszeit. Wie zufrieden sind Sie generell mit dem Standort Österreich? Kutil: Seit Firmengründung sind wir mit dem Standort Österreich verbunden, die österreichische Süßwaren-Kultur ist

© Manner/Noll

als „EU“ kennzeichnen, um bei immer wieder auftretenden Engpässen bei österreichischen Rohstoffen unsere Lieferfähigkeit zu gewährleisten. Daraus ergibt sich kein Vorteil für die österreichische Landwirtschaft.

derorganisationen Ungarn, Schweiz, Tschechien und Slowakei dazu. Seit 2018 war Mag. Kutil als Director European Growth Projects im Schweizer Headoffice von Mondelez tätig. Mit 1. März 2021 übernahm er als CEO den Vorstandsbereich Marketing und Vertrieb der Josef Manner & Comp. AG. Er ist zweifacher Familienvater.

weltberühmt und mit der Marke Wien schwingen sehr positive Attribute mit. Unser innerstädtischer Produktionsbetrieb hat zahlreiche Vorteile wie die Nähe zu Ausbildungsstätten und die gute öffentliche Erreichbarkeit. Momentan haben wir aber Schwierigkeiten, Fachpersonal zu rekrutieren, gerade im technischen Bereich. Hier muss Österreich aufholen. Haben Sie Wünsche an die Bundesregie­ rung? Kutil: Weniger Gold-Plating, um Wettbewerbsnachteile im Export zu vermeiden. Aber auch mehr Sicherheit bzgl. arbeitsrechtliche Regelungen in der Coronakrise – oftmals befinden sich Unternehmen in einer Grauzone wie zurzeit mit der innerbetrieblichen Umsetzung der 3G-Regeln. Was ist Ihr Lieblingsessen? Kutil: Kaiserschmarrn.

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The Single Market in Danger Both consumers and industries benefit from the EU Single Market; that’s why we are concerned about diverse national initiatives appearing in several Member States. The green transition led by the European Commission must become an opportunity to re-align all Member States on common, harmonised rules to avoid fragmentation of the Single Market, ensure consumer trust in it and support industry competitiveness. Mella Frewen

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nited in diversity“ is a motto rightly cherished in the European Union. We are „united“ in a common space without borders, with free movement of people and goods at its core, and „diverse“ in the languages we speak, in the cultures to which we belong, and in the food we eat – to mention just a few. The Single Market, established nearly 30 years ago, is the corner stone of

the European Union. Food and drink products can travel throughout the EU freely, bringing a diversity of culinary tastes and traditions to the tables of all Europeans, wherever they may be in the region. Enabling regional products from every corner of Europe to be enjoyed at any time in all parts of the Union highlights the cultural dimension of the Single Market: it is not a mere economy-driven

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mechanism, it enables Europeans to discover one another and brings them closer together. The Single Market also enables micro, small and medium enterprises to access a market of 450 million consumers, well beyond the borders of the country in which they operate. It is by far the EU food and drink industry’s main market, accounting for around 90 % of its turnover.


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Origin labelling: a tool for gastro­ nationalism? There are a growing number of national obligations to indicate the origin of products and ingredients on packaging. Often this reflects the importance of that specific product for the national economy and consumers’ inclinations to prefer ingredients from their own country. However, complying with multiple different national requirements entails complex and costly operations that are difficult to manage, especially for small and medium sized enterprises. On the other hand, if harmonised rules at EU level were to be established for origin indication, this would trigger renationalisation or segregation of supply chains and thereby have a distorting effect in the European Single Market. Packaging labelling and recycling: patchworking instead of uniting? Food and drink businesses face similar challenges in relation to labelling provisions on packaging waste management. Be it a national interpretation of the Single-Use Plastics Directive or a decree imposing the use of country-specific logos to provide instructions on sorting of packaging, varying national rules require the production and use of specific packaging for a particular country. This is obviously burdensome for the food manufacturing sector and its almost 290,000 SMEs (Small and Medium Enterprise) in Europe, but it can also add to consumer confusion, and indeed to more waste! Additionally, this legislative puzzle does not address a key issue which is the lack of harmonised infrastructure for the collection, sorting and recycling of packaging in the first place – a major obstacle for the use of recycled content in packaging. Nutritional information: confusion ahead of transparency? A multitude of national initiatives have appeared on nutritional information. As complex as it can be to find a common EU-wide position on these matters, it is vital for the

sector to have science-based and consumer-friendly labelling requirements that apply equally across the Single Market. Even though we are seeing political tensions over various schemes, we should not forget that the focus is on consumers and on providing them with one unique tool that is sound, accurate and easy to understand. Each of these regulatory areas will be further developed by the implementation of the Farm to Fork Strategy and the Green Deal. This represents an opportunity to avoid Single Market fragmentation and to re-align Member States’ requirements to produce, place on the market and consume food and drink products, while transitioning to more sustainable systems. By the end of this Commission’s mandate, there will be more food and drink regulation to comply with. Policymakers must prevent the proliferation of diver-

ging national initiatives and interpretations, and instead use the initiatives under the EU Green Deal and the Farm to Fork Strategy to bring alignment within the Single Market. This will reduce the costs of complying with different national provisions, it will support the growth and recovery of the food sector’s 291,000 companies and 4.6 million employees, it will give consumers clarity and transparency and it will reinforce the competitiveness of food and drink SMEs, while maintaining smooth cross-country operations for the whole industry. Crucially, when we unite behind the Single Market, we can allow consumers to access Europe’s full diversity of safe, high-quality, affordable and sustainable food and drink products. Mella Frewen, Director General at FoodDrinkEurope

About FoodDrinkEurope —

Director General of FoodDrinkEurope since July 2007, Mella Frewen manages the organisation, its various institutions (Board, General Assembly, Liaison Committee etc.) and supervises the work of the different departments. She also represents the organisation both externally and towards its members. FoodDrinkEurope is a Food Indus­try confederation in the EU. Registered as an international association under Belgian law, it represents the interests of food and drink companies, national food and drink federations, and specific sectoral associations based in Europe. The food and drink industry is committed to achieving more sustainable

© FoodDrinkEurope

It is therefore very concerning to see increasing fragmentation of the Single Market due to national, sometimes protectionist, measures. Take these three examples:

food systems by focusing on the triple challenge to deliver on economic, social and environmental sustainability. FoodDrinkEurope’s role is to help the industry, policy-makers and civil society work together towards these goals.We want all consumers to enjoy a safe, sustainable and healthy diet. So we promote the ideas and policies that enable the European food and drink industry to make products that are not only safe but also contribute to a greener planet, healthier living and a thriving economy.

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Ernährung & Corona: Null Beweise für eine „Schutzwirkung“ Kommentar Es war zu erwarten, so sicher, wie England entscheidende ElfmeterschieSSen versemmelt: „Gesunde Ernährung schützt sowohl vor einer COVID-19-Ansteckung als auch vor schweren Verläufen der CoronaInfektion“. Uwe Knop

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eldungen in diesem Tenor sind derzeit fast überall zu lesen. Auf den Virusschutz-Teller gehören – was auch sonst – viel Obst und Gemüse, idealerweise eingebettet in ach so gesunde mediterrane Ernährung. Natürlich alles faktenbelegt mit „neuen wissenschaftlichen Studien“. Doch hier muss man – mal wieder – klar konstatieren: Für die kolportieren Behauptungen, „gesunde pflanzenbasierte“ Kost könne vor SARS-CoV-2 schützen, existiert kein einziger Beweis. Doch worauf basieren diese Medienberichte, wenn keine Kausalevidenz vorliegt? Ganz einfach: Wie immer handelt es sich dabei nur um sehr schwache Korrelationen, die in ihrer Aussagekraft oder besser -schwäche extrem limitiert sind und keine Ursache-Wirkungs-Beziehungen zulassen. Ein kleiner „Refreshing-Exkurs“ zu den elementaren Unterschieden schafft schnell Klarheit – mit einer Ausnahme. Dazu starten wir gleich mit einer noch ganz frischen „RWI-Unstatistik des Monats“ (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Essen ) vom 30. Juni dieses Jahres, die da lautet: „Pflanzenkost hilft gegen Corona.“ Hintergrund der Klarstellung der Statistikexperten war ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Coronainfektionen, den eine kleine Studie (bei der 95 % der Teilnehmer Ärzte waren) beobachtet hat – und über die zahlreiche Medien in „leicht verzerrt-überhöhter Form“ berichteten. Klar ist: Dieser Zusam-

menhang existierte in der Untersuchung tatsächlich: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Coronainfektion einen schweren Verlauf nehme, war in dieser kleinen Studie bei den Ärzten mit einer pflanzenbasierten Ernährung sichtbar kleiner. Aber es gibt das „große Aber“ – und das erklären die RWI-Forscher wie folgt: „Das heißt aber nicht, dass die Ernährung die Ursache für einen milderen Krankheitsverlauf sein muss, wie es etwa das Deutsche Ärzteblatt in seiner Online-Ausgabe suggeriert: ‚Studie: Ernährung beeinflusst Verlauf von COVID-19‘. Es handelt sich hierbei um den klassischen Fall [sic!] eines unbegründeten Rückschlusses von Korrelation auf Kausalität. So steigt mit zunehmendem Konsum von Softgetränken das Risiko für einen Kreislaufkollaps. Aber nicht, weil der Konsum von Softgetränken einen Kreislaufkollaps begünstigt, sondern weil bei sommerlicher Hitze mehr Softgetränke konsumiert werden und die Wahrscheinlichkeit eines Kollapses steigt.“ Die vollständige Lektüre dieser lesenswerten Unstatistik des Monats1 sei wärmstens empfohlen.

Das Kernproblem allen „Wissens“ zu gesunder Ernährung! Dieses Kernproblem lautet: Rückschlüsse aus Beobachtungsstudien bleiben in der Regel reine Spekulation. Außer Hypothesen nichts gewesen – stattdessen dominiert Glaskugellesen. Da 99 % der

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Myriaden an Ernährungsstudien eben auf diesen Beobachtungen basieren, fehlen Beweise im Sinne valider Kausal­ evidenz sowohl für gesunde Ernährung im Allgemeinen als auch für ungesunde Lebensmittel oder gar einzelne Inhaltsstoffe im Speziellen. Das ist auch der Grund, warum die sieben großen ökotrophologischen Fachorganisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz die „Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel“ unisono kategorisch ablehnen (die „sieben auf einen Streich“-Statements2). Da dieses Wissen essenziell und nicht nur wichtig ist, um Ernährungsmeldungen korrekt einzuordnen, hier nochmal der Satz der Sätze: Beobachtungsstudien können keine Beweise für gesunde Ernährung erbringen, weil sie nur Korrelationen (Zusammenhänge), aber niemals Kausalitäten (Beweise) liefern! Warum das so ist, finden kritische Hinterfrager in einer kompakten Übersicht3. Dafür liefern sie aus Sicht der Ärzte-Zeitung etwas ganz anderes, und zwar einen nicht zu unterschätzenden sozialen Benefit: „Studien zum Einfluss der Ernährung haben zwar einen geringen wissenschaftlichen Wert – dafür sind sie methodisch in der Regel einfach zu schlecht. Aber sie liefern immerhin einen gewissen Unterhaltungswert und eignen sich damit für den nächsten Party-Small-Talk. Schließlich spekulieren viele Menschen leidenschaftlich gerne darüber, welche Diät die gesündeste ist.“ Das ist doch was Schönes – und kann elementar zum Wohlbefinden beitragen, denn: Lachen


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ist gesund. Wer kennt diese Weisheit nicht. Lachen Sie doch einfach herzhaft, wenn Sie beim nächsten Mal lesen: „Mediterrane Ernährung schützt vor Corona“. Aber genießen Sie Ihre herzhaften Spaghetti Bolognese aglio, olio e peperoncino mit einem großen Glas Vino Nobile de Montepulciano trotzdem, wenn Sie richtig Hunger haben und Ihnen das mediterrane Mahl wahrlich mundet.

Viel Schokolade hält Schweizerinnen schön schlank! xxUnd als lukullisches Highlight, als Dessert kredenzen wir natürlich: Schokolade, der Digestif wird Kaffee. Wa­ rum? Natürlich, weil beides „supergesund“ ist! Sie zweifeln? Dann lesen Sie gerne die entsprechende Titelstory4 im ernährungswissenschaftlichen Fachmedium des VFED e.V. Aktuell passend dazu wurde jüngst am 07. Juli, dem Welttag der Schokolade, folgende Statistik 5 verkündet: „Schweizer:innen essen am meisten Schokolade“. Und jetzt raten Sie mal, wo die dünnsten Frauen in Europa leben? Richtig, in der Schweiz (das hat die Universität Zürich 6 beobachtet). Da drängt sich doch geradezu folgende „freigeistige Korrelation“ auf: Viel Schokolade hält Schweizerinnen schön schlank! Aber hallo, so einfach geht es natürlich nicht. Sie wissen das jedoch jetzt und können den essenziellen Unterschied von Korrelation und Kausalität locker erklären. In derFolge schließen wir den Kreis zu Corona, denn getreu dem Motto „Ausnahmen bestätigen die Regel“ gibt es doch ein natürliches Lebensmittel, das vor COVID-19 schützt!

Knoblauch schützt vor Corona! Zum einen gilt frischer Knoblauch als eines der stärksten Antibiotika aus der Natur, nicht umsonst wurde und wird es „Russisches Penicillin“ genannt. Frisch gepresster Knoblauch killt nahezu alle Keime wie Bakterien, Pilze und – Viren. Wobei der wissenschaftliche Beleg für eine direkte Wirkung

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versus SARS-CoV-2 natürlich fehlt – auch wenn die Chinesen zu Beginn der Pandemie lastwagenweise Tonnen von Knoblauch7 in die ersten betroffenen Regionen transportierten (welchen Grund wird es wohl gehabt haben?). In diesem Fall bleibt es bei einer grundsätzlichen Plausibilität der biochemischen Wirksamkeit, mehr ist aktuell nicht zu holen. Aber hinzu kommt eine zweite „Wirkung“ von Allium sativum Linné: Nach dem Verzehr großer Mengen frischen Knoblauchs halten die meisten Menschen weiten Abstand von den Knoblauchessern, mindestens 1,5 bis 2 Meter – und Abstand halten ist, wie Sie wissen, einer der drei wichtigen AHA-Regeln zum Schutz vor Corona. Der wäre damit für die Duftknolle bestätigt, wenn auch indirekt. Knoblauch ist darüber hinaus auch eine der elementaren Zutaten der pflanzenbasierten mediterranen Kost – da war doch was mit COVID-19 … aber das sei nur am Tellerrande erwähnt. Dipl.oec.troph. Uwe Knop, selbständiger Diplom-Ernährungs­ wissenschaftler, Buchautor und Referent für Fachvorträge, Eschborn, Deutschland

Literatur [1] https://www.rwi-essen.de/unstatistik/116/ – Zugriffsdatum 30.6.2021 [2] https://www.forum-ernaehrung.at/artikel/ detail/news/detail/News/gibt-es-gesundelebensmittel/ – Zugriffsdatum 2.7.2021 [3] https://www.xing.com/news/insiders/articles/ warum-ernahrungsstudien-keine-beweise-liefern-die-grunde-sind-3194560?xng_ share_origin=web – Zugriffsdatum 13.5.2021 [4] https://www.vfed.de/de/vfed/berufspraxis/fachtexte?file=files/website_data/ downloads/VFED/VFED%20Fachtexte/ VFEDaktuell_173_Titelthema.pdf – Zugriffsdatum 2019 [5] https://de.statista.com/infografik/20328/ schokoladenverzehr-pro-kopf-in-europa/ ?utm_source=Statista+Newsletters& utm_campaign=0ba1e07cb0-All_InfographTicker_daily_DE_AM_ KW27_2021_Do&utm_medium =email&utm_term=0_662f7ed75e0ba1e07cb0-314480309 – Zugriffsdatum 7.7.2021 [6] https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2016/Uebergewicht-weltweit. html – Zugriffsdatum 9.7.2021 [7] https://www.instagram.com/p/B8ieG1MoHc0/?utm_source=ig_web_copy_ link – Zugriffsdatum 30.6.2021

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12 laudatio laudation

Ein Leben für Lebensmittel Laudatio Susanne Langguth

© Susanne Langguth

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euer ist eine ganz besondere Ära zu Ende gegangen: Susanne Langguth ist aus dem Lebensmittelverband Deutschland (früher BLL) ausgeschieden. Seit mehr als 40 Jahren hat sie den deutschen Verband intensiv begleitet. Die Mitgliederversammlung hat Frau Langguth wegen ihrer Verdienste daher zum Ehrenmitglied ernannt. Am 1. Oktober 1979 begann Susanne Langguth für den BLL hauptberuflich zu arbeiten, zunächst als Assistentin der Wissenschaftlichen Leitung und dann ab 1982 als Geschäftsführerin des Verbands sowie zuletzt als kommissarische Wissenschaftliche Leiterin. Bis 1991 hat sie für den Verband gearbeitet und ihn schon damals bei vielen Themen und Krisen begleitet. Dazu zählten etwa die Auswirkungen von Tschernobyl oder BSE. Gemeinsam mit ihren Kollegen, allen voran mit dem späteren Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Matthias Horst und mit Michael Welsch, gab sie dem Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde schon in seinen Bonner Zeiten ein in Deutschland und international respektiertes professionelles Profil. Darüber hi­naus sorgte sie als Teil des Führungsteams für einen modernen Auftritt des Spitzenverbands der deutschen Lebensmittelwirtschaft. Für viele Jüngere war sie ein „Role Model“: kompetent, verantwortungsbewusst, durchsetzungsfähig und immer sachlich. Susanne Langguth, ausgebildete Lebensmittelchemikerin, wechselte dann als Managerin und Direktorin zur Südzucker AG Mannheim. Aber auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Verband blieb

Susanne Langguth

Susanne Langguth diesem stets verbunden und engagierte sich ehrenamtlich. Seit 1994, also seit 27 Jahren, war sie Mitglied des Kuratoriums und seit 2000 auch die Schatzmeisterin des Verbands. Zu den Mitgliedern des Lebensmittelverbands Deutschland zählen rund 80 Verbände, 250 Unternehmen sowie 150 Korporativ- und Einzelmitglieder. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Landwirtschaft, Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie, Lebensmittelhandel, Zulieferbereiche, Verpackungs- und chemische Industrie, private Untersuchungslaboratorien ebenso wie Anwaltskanzleien und Verlage. Daher ist die Bilanz von Susanne Langguth umso beeindruckender, weil sie auch die finanzielle Situation des Verbands stetig gestaltet und so dem Lebensmittelverband die notwendige Stabilität für seine Arbeit gegeben hat. Auch in Brüssel hat sie Aufgaben bei FoodDrinkEurope, dem europäischen Spitzenverband, wahrgenommen und dabei immer auch den deutschen Ver-

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band und seine Interessen im Blick gehabt. Bei allen Themen, die Frau Langguth verfolgt hat, war ihre Überzeugung, ihre Energie und ihr Wille zum Erfolg zu spüren. Sie trat als eine im besten Sinn engagierte und kraftvolle Gestalterin auf, als erprobte Rhetorikerin, die in Diskussionen durch ihr beeindruckendes Fachwissen brillierte. Susanne Langguth trat auch als Autorin auf. Bereits Mitte der Achtziger Jahre schrieb sie „Food und Fakten“, ein Werk, das um Lebensmittelsicherheit kreiste, ehe dieses Thema im darauffolgenden Jahrzehnt zur zentralen Herausforderung für die Branche werden sollte. Besonderes Augenmerk legte Susann Langguth auch auf die Förderung eines steten Austauschs des Verbands mit der Wissenschaft sowie auf die wissenschaftliche Fundierung der Verbandsarbeit. Als Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats – Sektion Naturwissenschaften – hat sie von Beginn an diesen Aspekt der Verbandstätigkeit dauerhaft gestärkt. Privat war Susanne Langguth bis zu seinem Tod 2013 mit Gerd Langguth verheiratet, einem der interessantesten Politikwissenschaftler Deutschlands sowie früheren Bundestagsabgeordneten und Privatdozenten. Wenn sich Frau Langguth nunmehr in den wohlverdienten Ruhestand zurückzieht, wird im Verband in den zukünftigen Diskussionen eine – durchaus auch kritische – Stimme fehlen. Das ist schade, weil die im Herzen bestehende Verbundenheit zum Verband immer zu spüren war. Für ihr langjähriges Engagement ist Susanne Langguth zu danken. Ad multos annos!


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SensorikNetzwerke in Österreich und Europa Seit vielen Jahren schon sind Sensorik und Konsumentenwissenschaft in einem wissenschaftlichen Aufschwung begriffen. daher haben sich in den letzten Jahren viele nationale Sensorik-Gesellschaften wie auch eine Europäische Dachorganisation gebildet. Oskar Wawschinek

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n Österreich haben im Jahr 2010 Eva Derndorfer und Klaus Dürrschmid gemeinsam mit einigen Gründungsmitgliedern den Verein Sensorik Netzwerk Österreich (SNÖ) gegründet. Die Bezeichnung hat sich an das European Sensory Network angelehnt, das seit 1989 existiert und in dem sich die führenden Sensorik-Einrichtungen Europas und auch Mitglieder aus der Wirtschaft zusammenfinden, um durch wissenschaftlichen Austausch und gemeinsame Forschung die Sensorik voranzutreiben.

Das SNÖ versteht sich als nationale Plattform für Sensorik und Konsumentenforschung, die der Vernetzung der in Österreich agierenden Sensorik-Gruppen dient. Austausch von Informationen, Ideen und Fähigkeiten im Bereich der Sensorik-Wissenschaften und verwandter Disziplinen sowie die Zusammenarbeit in Forschung und Lehre am Gebiet der Sensorik-Wissenschaften sind zentrale Elemente der Mission des Vereins. In den letzten Jahren hat es beispielsweise eine fruchtbare wissenschaftliche Zusammenarbeit vieler SNÖ-Mitglieder in Projekten gegeben, die sich

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der Konzeptualisierung von Gerüchen österreichweit und zuletzt auch weltweit widmete. Das SNÖ will auch nach außen wirken, indem es die Anwendung von Methoden propagiert und Grundlagen der Sensorik in Industrie, Gewerbe, Forschung, Universitäten, Fachhochschulen, Schulen und Kindergärten vermittelt. Das SNÖ will dezidiert auch den Kenntnisstand der österreichischen Bevölkerung zum Themenbereich sinnliche Wahrnehmung und Sensorik vor allem von Lebensmitteln erhöhen. Die Mittel zur Erreichung der Vereinsziele sind im Wesentlichen


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Seminare, Webinare, Diskussionsveranstaltungen und Vorträge, über die man sich aktuell auf der Website des Vereins informieren kann (https://www.snoe.at). Das SNÖ versteht sich auch als Anlaufstelle für sensorische Probleme, die in der Lebensmittelproduktion auftreten. Über das Netzwerk kann die richtige Institution oder Person zur Lösung konkreter Probleme rasch gefunden werden. Das SNÖ ist österreichweit und international aktiv, wobei sich die internationale Orientierung primär über den europäischen Dachverband der nationalen Sensorik-Gesellschaften, die Eu-

ropean Sensory Science Society (E3S), ergibt. Die E3S wurde 2011 in Florenz gegründet, und Klaus Dürrschmid war der erste Schatzmeister des international agierenden, aber in Florenz, Italien, lokalisierten Vereins. Eine Mitgliedschaft beim SNÖ bedeutet auch gleichzeitig eine Mitgliedschaft in der E3S, und man kann damit an allen Aktivitäten der E3S teilnehmen. Die E3S hat verschiedene themenbezogene Arbeitsgruppen, in denen wissenschaftliche Kooperation stattfindet, Standards erarbeitet werden und wissenschaftlicher Austausch gepflogen wird.

Eine wichtige Aktivität der E3S ist die Planung und Durchführung der im Zweijahres-Rhythmus stattfindenden Sensory and Consumer Science Conference Eurosense in Kooperation mit Elsevier. Der E3S ist auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses von großer Wichtigkeit, dazu werden Preise und Stipendien an Studierende im Sensorik-Bereich vergeben. Die Aktivitäten der E3S erreichen trotz Coronapandemie zur 10-Jahresfeier einen Höhepunkt und können auf der Website https://www.e3sensory.eu/ nachgelesen werden.

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Was ist Geschmack? „De gustibus non est disputandum“, sagten die Römer, „über Geschmack lässt sich nicht streiten“. Über den Begriff „Geschmack“ im Deutschen lässt sich sehr wohl streiten. Das Problem ist, dass mit „Geschmack“ drei unterschiedliche Dinge gemeint sein können.

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m obigen Fall steht „Geschmack“ im übertragenen Sinn für eine persönliche Vorliebe. Im Zusammenhang mit dem Genuss von Lebensmitteln wird der Begriff umgangssprachlich meist im weiteren Sinne als Summe der Sinnesempfindungen von Geruchssinn, Geschmackssinn, Tastsinn und Temperatursinn verwendet, z. B. wenn man fragt „Schmeckt's?“. Im engeren Sinn dagegen bezeichnet „Geschmack“ nur die mit dem Geschmackssinn wahrgenommenen Reize. Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden sprachlichen Differenzierung der letzten beiden Bedeutungen wird von vielen Menschen die Wichtigkeit des Geruchssinns – und damit der Aromastoffe – für den Genusswert von Lebensmitteln oft unterschätzt. Was macht eine Substanz zum Aromastoff? Ein Aromastoff muss flüchtig sein, das heißt aus dem Lebensmittel in die Raumluft übergehen können, denn nur dann kann er mit der Atemluft in die Nase gelangen. Flüchtigkeit ist eine

wichtige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung für einen Aromastoff. Aromastoffe müssen darüber hinaus mit den spezifischen Rezeptoren der Riechsinneszellen wechselwirken können. Außerdem müssen sie in ausreichend hoher Konzentration vorhanden sein, denn nur wenn eine genügend große Zahl der Aromastoffmoleküle gleichzeitig an die Rezeptoren einer Zelle bindet, führt das zu einem Nervenimpuls, der im Gehirn als Geruch interpretiert werden kann. Daher besitzt jeder Stoff einen substanzspezifischen Geruchsschwellenwert. Erst die Überschreitung dieser Schwellenkonzentration in der Atemluft macht eine Substanz aromaaktiv. Die Geruchsschwellenwerte typischer Lebensmittelaromastoffe sind extrem unterschiedlich. Ethanol (Trink­alkohol) ist erst ab einer Konzentration von etwa 1 g pro Liter Wasser wahrnehmbar. Die Substanz Di(2-methyl3-furyl)disulfid, die für das Aroma von Fleisch bedeutend ist, ist 3.000.000.000 mal wirksamer. Ihr Ge-

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ruchsschwellenwert in Wasser liegt bei 0,00000000032 g/L. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Konzentrationen wichtiger Aromastoffe in Lebensmitteln. Nur ein kleiner Teil der flüchtigen Sub­ stanzen in einem Lebensmittel sind Aromastoffe. Mit heutigen Analysetechniken lassen sich mehrere hundert flüchtige Verbindungen in einem Lebensmittel identifizieren. Die Aromaforschung hat jedoch gezeigt, dass nur ein kleiner Teil dieser Verbindungen aromaaktiv ist. Zudem kann das Gehirn in Mischungen nicht alle aromaaktiven Substanzen wahrnehmen, weil der Geruch mancher Aromastoffe durch andere überdeckt wird. Das führt dazu, dass für den Gesamtaromaeindruck eines Lebensmittels meist nur etwa 10 bis 20 Substanzen von Bedeutung sind. Diese Substanzen bezeichnet man als Schlüssel­ aromastoffe. Quelle: Lebensmittelchemische Gesellschaft (LChG) Deutschland


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Die feine Nase weiter erforscht Pyrazine sind flüchtige Substanzen, die zum typischen Geruch vieler Gemüse beitragen oder beim Erhitzen von Lebensmitteln entstehen. Ein Wissenschaftlerteam des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München hat nun entdeckt, dass der Geruchsrezeptor OR5K1 sowohl bei Menschen als auch bei domestizierten Tieren darauf spezialisiert ist, diese Substanzen zu erkennen.

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arüberhinaus spielen Pyrazine auch als Signalstoff bei der inner- oder zwischenartlichen Kommunikation eine Rolle. Die neuen Forschungsergebnisse tragen dazu bei, die molekularen Mechanismen besser zu verstehen, die der Geruchswahrnehmung von Lebensmitteln sowie der olfaktorischen Kommunika-

tion zu Grunde liegen. Die Geruchswahrnehmung ist für das Erkennen und Auswählen von Lebensmitteln sowie den Genuss beim Essen entscheidend. Das weiß jeder spätestens dann, wenn man aufgrund einer verstopften Nase nichts mehr schmeckt. Ebenso beeinflusst die Wahrnehmung von Gerüchen das Verhalten vieler Tiere.

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Für 80 Prozent ist das Geruchsstoffspektrum unbe­ kannt Seit über 30 Jahren sind zwar die Gene für die Rezeptoren bekannt, mit denen wir Gerüche wahrnehmen. Dennoch ist trotz intensiver Forschung für etwa 80 Prozent der menschlichen Geruchsrezeptoren das von ihnen detektierte, spezifische Duftstoffspektrum noch unbekannt.

Neue Erkenntnisse in diesem Bereich könnten dazu beitragen, biobasierte „künstliche Nasen“ zu entwickeln, mit denen sich beispielsweise die sensorische Qualität und Authentizität von Lebensmitteln überwachen lässt. Zudem könnten sie einen Einblick in die physiologischen Funktionen dieser Rezeptoren geben, die über die sensorische Wahrneh-


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mung von Lebensmitteln hi­ nausgehen. „Insbesondere Duftstoffe wie Pyrazine sind in dieser Hinsicht interessant. Denn einige von ihnen prägen als Schlüsselgeruchsstoffe das typische Aroma von Lebensmitteln und spielen gleichzeitig als flüchtige Signalstoffe bei der olfaktorischen Kommunikation von Tieren eine große Rolle. Ein gutes Beispiel sind Wölfe, die über ihren Urin Duftbotschaften in ihrem Revier hinterlassen und dieses so markieren“, sagt Studienleiter Dietmar Krautwurst. Pyrazin mit Doppelfunktion Trimethylpyrazin ist eine solche Substanz. Sie entsteht bei Röstprozessen, wobei ihr Duft an gebackene Kartoffeln, geröstete Nüsse und Kakao erinnert. Sie ist daher ein häufig verwendeter Aromastoff der Lebensmittelindustrie. Ebenso ist diese Substanz natürlicherweise im Urin von Füchsen und Wölfen enthalten und versetzt Mäuse in Alarmbereitschaft, sobald sie diese riechen. Welche der menschlichen Geruchsrezeptoren auf Pyrazine reagieren, war jedoch bislang nicht bekannt. Daher untersuchte das Forscherteam mit einem am Institut etablierten zellulären Testsystem die Reaktionen von über 600 menschlichen Rezeptorvarianten auf Trimethylpyrazin. Wie

die Studienergebnisse belegen, reagierte der Geruchsrezeptor OR5K1 als einziger der getesteten Varianten auf die Substanz. Eine Überprüfung des Rezeptors mit weiteren Geruchsstoffen ergab, dass er selektiv noch 18 andere Pyrazine erkennt. Für den Test verwendete das Team unter anderem 178 Schlüsselgeruchsstoffe, die das Aroma von Lebensmitteln prägen, unter ihnen auch einige Pyrazine. „Auffällig ist, dass diejenigen Pyrazine den Rezeptor am besten aktivieren, die sowohl als Lebensmittelgeruchsstoff als auch als Signalstoff im Tierreich fungieren“, berichtet Franziska Haag vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Sys-

tembiologie an der TU München, die zusammen mit ihrem ehemaligen Kollegen Patrick Marcinek maßgeblich an der Studie beteiligt war. Wie die Studienergebnisse zudem zeigten, reagieren entsprechende (homologe) Geruchsrezeptoren von Haus- und Nutztieren, aber auch von Mäusen in ähnlicher Weise wie der menschliche Rezeptor auf die getesteten Pyrazine. „Wir nehmen daher an, dass sich das Erkennungsspektrum des Geruchsrezeptors OR5K1 unter dem Einfluss der Domestikation entwickelt hat“, erklärt Dietmar Krautwurst. Veronika Somoza, Direktorin des Leibniz-Instituts ergänzt: „Auch zukünftig wollen wir am Institut unsere einzigartige, umfangreiche Geruchsstoff- und Rezeptorsammlung nutzen, um die Funktion menschlicher Geruchsrezeptoren zu entschlüsseln.“ Originalpublikation Patrick Marcinek, Franziska Haag, Christiane Geithe, Dietmar Krautwurst (2021) FASEB J, 35(6):e21638, DOI: 10.1096/fj.202100224R. An evolutionary conserved olfactory receptor for foodborne and semiochemical alkylpyrazines, Open Access, https://faseb.onlinelibrary. wiley.com/doi/10.1096/fj.202100224R

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20 nachruf obituary

 Nachruf

Dr. János Gombos Dr. János Gombos war viele Jahrzehnte hindurch eine Säule der Lebensmittelsicherheit in Österreich. Er war eine jener Persönlichkeiten, die man getrost als „Universalgelehrte“ bezeichnen darf. Von Chemie über umfangreiches Lebensmittelund Auditorenwissen bis zu Geschichte spannte sich der Bogen seiner persönlichen Ausbildungen und Fähigkeiten. János war Naturund Geisteswissenschafter in einer Person. Seine Expertise als Chemiker stand der des Rechtswissenschafters um nichts nach. Michael Gartner

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eboren wurde János Gombos am 26.4.1946 als Sohn des Dr. Samuel Gombos und dessen Ehefrau Leona in Budapest. Die Volksschule und die erste Klasse Mittelschule hat er in Budapest absolviert. Im November 1956 flüchtete die gesamte Familie nach Österreich, wobei sich der Beginn schwierig gestaltete. János war ein Jahr in einem ungarischen Gymnasium in Iselsberg an der Grenze zu Osttirol in einem ehemaligen Offizierserholungsheim, bevor er bis zur 6. Klasse Gymnasium in Tulln in einem Internat lebte. Diese ersten Jahre in Österreich dürften für János sehr schwierig gewesen sein. Ungern erzählte er von dieser Zeit in einem sehr strengen Umfeld. Einige seiner damaligen Schulkameraden wurden jedoch zu lebenslangen Freunden. 1962 hatte sein Vater Fuß gefasst und die Familie konnte von nun an gemeinsam in Wien leben, wo János das Gymnasium besuchte. 1964 legte er die Matura ab und begann das Studium der Chemie, das er 1976 mit der Promoti-

on abschloss. Sein Dissertationsthema „Totalsynthese von Nonactin“ war ein Spezialbereich der Chemie. Schon ab 1973 arbeitete er als Vertragsbediensteter, wissenschaftliche Hilfskraft und von 1976 an auch als Universitätsassistent an der Universität Wien bis zu seinem Arbeitsbeginn in der LVA (Lebensmittelversuchsanstalt) im Dezember 1977. Sehr schnell wurde János eigenverantwortlicher Abteilungsleiter in der LVA und war zuständig für die Fachgebiete Wurst- und Fleischwaren, Suppen, Saucen, Kochsalz, Mineralwasser, Trink- und Tafelwasser, Sodawasser, Teigwaren, Trockeneiprodukte, Fette, Öle, Mayonnaise, Feinkostsalate, Kosmetika , Gebrauchsgegenstände, Spielzeug, Kunststoffe, Verpackungsmaterial, Wasch- , Reinigungs- und Desinfektionsmittel. 1984 erhielt János die Bestellung zum stellvertretenden Leiter der Lebensmittelversuchsanstalt in fachlichen Fragen. Das Lernen begleitete János sein ganzes Leben. In den ersten Jahren seiner Tätigkeit absolvierte er diverse Lehrveranstaltungen an der Universität Wien und an der Universität für Bodenkultur wie Lebensmittelchemie, -mikrobiolo-

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gie, - hygiene, - analytik, -mikroskopie, -technologie und -recht, um nur einige Fachgebiete zu nennen. Zusätzlich hat János die Befähigungen zur Untersuchung und Begutachtung (Analytik und Beurteilung) von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen nach § 50 LMG 1975 (Lebensmittelgesetz) erworben und war – mit Ausnahme der Toxikologie – ab dem Jahr 1984 Gutachter für sämtliche Warengruppen, die dem LMG 1975 (später LMSVG 2006 – Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz) unterliegen. 1985 erfolgte seine Eintragung in die Liste allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für die Bereiche Lebensmittelchemie, Ernährungsforschung und Lebensmittelhygiene. Von 1990 an war János Ersatzmitglied (für Prof. Dr. Herbert Woidich, später DI Otto Riedl) im Plenum des österreichischen Lebensmittelbuchs (Codex Alimentarius Austriacus), in dem er dann auch Mitglied war und in das Koordinationskomitee berufen wurde. In zahlreichen Unterkommissionen war János Mitglied: Dazu zählten


21 nachruf obituary

u. a. Lebensmittel­aufsicht, Fleisch und Fleischwaren, Kosmetik, Speisefette und Öle, Teigwaren, Vereinheitlichung der Methoden und Analysen für die Untersuchung, Suppen, Bio, Nahrungsergänzungsmittel sowie Beurteilungsgrundsätze. Ab 1990 unterrichtete János an der Schule für den Diätdienst am AKH (Allgemeines Krankenhaus Wien) Nahrungsmittellehre, Grundlagen der Chemie, Physik und Lebensmittelchemie ab 1998 war er auch Instruktor an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Seine Laufbahn als Auditor startete er ab 1995 für die ÖQS (Österreichische Vereinigung zur Förderung von Qualitäts- und Managementsystemen). Von 1998 bis 2002 war János Mitglied des Kuratoriums in der HBLVA Rosensteingasse (Höhere Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt) für die chemische Industrie. Im Mai 1998 wurde János Beauftragter der Geschäftsleitung für den Verein Lebensmittelversuchsanstalt. Diese Funktion war sozusagen vergleichbar mit einem gewerberechtlichen Geschäftsführer und umfasste die Leitung der Begutachtung, der Prüfstelle sowie der Inspektions- und Zertifizierungsstelle. Ab 2008 – nach erfolgter Umwandlung des Vereins in eine GmbH – stand János Gombos in der neuen LVA bis 2016 als Geschäftsführer an meiner Seite. Die Lebensmittelversuchsanstalt bzw. in der Folge die LVA GmbH war ein ganz zentraler Teil im Leben von János Gombos. Viele Entwicklungen und Erfolge dieses Unternehmens – fast schon Institution in Österreich – hat er aktiv mitgestaltet. Seine Pensionierung – bzw. seinen endgültigen Rückzug aus dem aktiven Berufsleben – hat er mit Wehmut erlebt, aber konsequent durchgeführt. Eine Teilzeit-Funktion oder „Noch ein bisschen begutachten“

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 Dr. János Gombos

hat er stets mit den Worten abgelehnt: „Man muss ganz in der Sache verhaftet sein!“. Sein wacher Geist und reges Interesse ließen ihn aber nicht in Untätigkeit verfallen. Deshalb hat János in der Pension noch ein Studium der Geschichte angeschlossen, das er mit dem akademischen Titel „Bachelor“ abgeschlossen hat. Die – alte wie neue – Geschichte und besonders die Zeit um 1956 hat ihn fasziniert, und er konnte hier noch viele Aspekte dokumentieren. Die LVA verliert mit János einen außergewöhnlichen Menschen, der wie fast kein

anderer gleichsam die „DNA der LVA“ repräsentierte. Unsere Mitarbeiter verlieren einen ganz besonderen Menschen, dem kein Anliegen gleichgültig war und der für alle ein offenes Ohr hatte. Viele von uns verlieren einen echten Freund, der immer dann da war, wenn man ihn gebraucht hat. Wir werden uns alle immer mit einem Lächeln an János Gombos erinnern – diesen großartigen Menschen, Wissenschafter und Freund. Dr. Michael Gartner Geschäftsführer LVA Gmbh, Klosterneuburg

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Konzentration auf die Kunden LVA-Geschäftsführer Dr. Michael Gartner gibt im Gespräch mit der Ernährung Einblicke in die aktuellen Entwicklungen bei LebensmittelAnalysen, Zertifizierungen und Schulungen Oskar Wawschinek

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ie Ernährung: Die Corona­ pandemie hat die Welt in vielen Bereichen verändert. Wie haben sich die Lebens­ mitteluntersuchungen in dieser Zeit entwickelt? Michael Gartner: Natürlich ist die Pandemie auch an den Dienstleistern für die Lebensmittelindustrie nicht spurlos vorübergegangen. In der ersten Phase waren wir – wie letztlich alle – relativ unvorbereitet. Auch wenn wir uns naturgemäß auf Krisensituationen eingestellt haben bzw. vorbereiten, war es doch eine überraschende Situation – beginnend mit der Probenlogistik hin zu Restriktionen beim Betreten der Produktionsstätten für notwendige Inspektionen und Zertifizierungen. Sehr schnell war klar, dass auch die Untersuchung und Begutachtung in Krisenzeiten zu einer Schlüsseldienstleistung gehören. Seitens der zuständigen Behörden wurde rasch klargestellt, dass sich an den Pflichten der Inverkehrbringer auch in Pandemiezeiten nichts ändert. Es war daher eigentlich nur notwendig, unseren Kunden Konzepte für Probenziehungen und -abholungen vorzuschlagen, in die die Betriebe auch das Vertrauen hatten, dass der Kontakt mit der „Außenwelt“ ein überschaubares Risiko beinhaltet. Die Verteilwege wie Post und Bahn haben ohne Unterbrechung funktioniert, und so konnte eigentlich nach zwei Monaten wieder der Normalbetrieb aufgenommen werden. Intern wurde der Fokus auf das Vermeiden von Clustern gelegt. Dank gut ausgebildeter und Naturwissen-

Michael Gartner

schaft-affinen Mitarbeitern ist das bis heute gelungen – Anwesenheitsverschachtelung, Homeoffice für Verwaltungspersonal, Maskenpflicht, Abstand und interne Teststraße inklusive. In Summe dürfen wir sagen, dass wir 2020 fast als Normaljahr absolviert haben, und 2021 stellt sich als Wachstumsjahr heraus. Wie hat sich die Interaktion mit Kunden in dieser Zeit verändert? Gartner: Für jeden Dienstleister ist die Interaktion und Kommunikation mit dem Kunden essentiell. Im Gespräch, in der Diskussion können die Bedürfnisse des Kunden erhoben und dann auch umgesetzt werden. Präsenz beim Kunden ist daher ein wesentlicher Eckpfeiler einer guten Beziehung. Langfristige Partnerschaften mit

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bekannten Vis-à-vis können selbstverständlich über bestimmte Zeitspannen auch per Telefon, Videokonferenzen u. Ä. aufrechterhalten werden. Anders im Schulungs- und Seminarbereich. Wir haben sehr schnell digitale Lösungen gefunden. Dennoch hat es nicht unwesentliche Anlaufschwierigkeiten gegeben. Die Qualität hat sich zwar recht schnell verbessert, die Akzeptanz allerdings recht schleppend. Die Vermittlung von Inhalten kann zwar theoretisch gleichwertig auch in Fernlehrgängen erfolgen – siehe Schule, Universitäten –, doch erwarten unsere Seminarbesucher sehr individuell abgestuften Wissenstransfer. Fragen an Vortragende, Diskussion im engeren Kreis in Pausen, das alles ist bei Videoabwicklung nur schwer nachzustellen. Wir haben uns daher bemüht, ehebaldigst Präsenzseminare bzw. Hybridveranstaltungen anzubieten – unter Einhaltung ausgeklügelter Sicherheitskonzepte in großzügigen Seminarräumlichkeiten. Wir hatten eine gute Seminarsaison ohne Clusterbildungen. Gab es in dieser Zeit auch technologische Entwicklungen in der Analytik? Gartner: Wenig überraschend machen die Entwicklungen der Technik auch bei Labordienstleistungen und Methoden nicht halt. Einerseits sind es „altbekannte“ Techniken wie Massenpektrometrie, aber insbesondere in der Molekularbiologie stehen „Revolutionen“ bevor. In der Massenspektrometrie wird die Triple Quadrupol Technik sowohl in der Gas- als


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auch Flüssigchromatographie zu einer Mindestausstattung eines Labors und gängige Nachweisgrenzen werden zusehends in den Ultraspurenbereich verschoben. Labors reagieren darauf, dass anstelle von Bestimmungsgrenzen zusehends Berichtsgrenzen an Bedeutung gewinnen – Werte also, die am Prüfbericht – als sicher verifiziert – ausgewiesen werden. Die alte Frage: „Was ist Null?“ stellt sich somit stets aufs Neue. Ein gutes Beispiel ist das nunmehr ubiquitäre Ethylenoxid. Anwendungsmengen sind im mg/kg-Bereich, Labors suchen im tiefen µg/-kg-Bereich. Die Molekularbiologie – PCR-Methoden – hat ja schon in den letzten Jahren Einzug als Routinetechnik in die Labors gefunden, jetzt steht aber der nächste Quantensprung bevor. NGS (Next Generation Sequencing) wird ein wertvolles Tool in der Untersuchung von zusammengesetzten Lebensmitteln werden. Qualitativ und teils auch quantitativ kann so die Zusammensetzung von Lebensmitteln überprüft werden. Insbesondere bei der Überprüfung von Zutatenlisten wird das die Untersuchung revolutionieren. In einem Analysengang können so Hinweise auf eine etwaige Verfälschung erkannt und nötigenfalls weiterverfolgt werden. Die LVA forscht seit nunmehr drei Jahren an diesem Thema, die ersten Produkte (Module) werden Anfang 2022 in die Routine gehen. Unsere Kunden werden rechtzeitig über diese hochinteressante Möglichkeit informiert, und ich freue mich auch schon auf die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Technik, die uns und unseren Kunden besonders im Bereich Food Fraud und Label Check neue Perspektiven eröffnen wird. Gibt es Trends, denen man als Labordienst­ leister folgen muss? Wenn ja, welche? Gartner: Wie zuvor angesprochen, sind insbesondere die Frage von Rückständen und Kontaminanten in unseren Lebensmitteln sowie die Verfälschung von Lebensmitteln mit nichtkonformen Zutaten im Fokus der Verbraucher. Möglicherweise wird das auch für die Herkunft gelten. Aber es wird sich erst zeigen, ob wirklich österreichische Herkunft einen Mehrwert gegenüber deutscher oder italienischer hat. Regionalität ist halt in jeder Region eine andere. Bei den Kontaminanten sehen wir einen starken Trend hin zu einer ausführlichen Regulierung von Kontaminanten in unter-

schiedlichsten Rohstoffen/Lebensmitteln auf sehr differenzierter Ebene. Mykotoxine, Schwermetalle, Alkaloide – die Liste an Industrie-, Prozess- und Agrarkontaminanten ist schier unerschöpflich und die Analytik wird immer leistungsfähiger. Multimethoden können heute bereits kombiniert Mykotoxine und Tropanalkaloide erfassen und Werte generieren. Massenspektroskopie im Bereich der Schwermetalle und auch Mengenelemente können in einem Durchlauf mit einer Technik ein gutes Bild vermitteln. Dem täglich mit der Materie Befassten stellt sich manchmal die Frage der Relevanz. Hier wird verstärkt Augenmaß gefordert werden müssen. Nicht jeder Rückstandsoder Kontaminantenfund ist per se eine Katastrophe. Insbesondere im Bereich der Kontaminanten sind die Möglichkeiten zu einer Reduktion natürlich eher beschränkt. Die LVA als Dienstleister für die Lebensmittelwirtschaft beobachtet selbstverständlich genau diese Entwicklungen und Trends, damit unsere Kunden sichere, dem Lebensmittelrecht entsprechende Lebensmittel in Verkehr bringen können. Verfälschung von Lebensmitteln – ein ex­trem wichtiges Thema – ist sehr produktspezifisch und kann nur mit maßgeschneiderten Lösungen angegangen werden. NGS wird wichtig werden, aber auch die gute alte Lebensmittelmikroskopie gewinnt wieder an Bedeutung. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass uns dieses Thema zukünftig verstärkt beschäftigen wird. Wie können Betriebe Kontaminanten in Rohstoffen vermeiden? Nicht jede Liefe­ rung kann auf alles untersucht werden … Gartner: Selbstverständlich. Der Wunsch nach 100 % Sicherheit vor Abweichungen kann vermutlich nicht einmal mit einer 100 % Stichprobe gewährleistet werden. Deshalb ist sicher die im LMSVG (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz) geforderte Risikoabschätzung, -analyse und -bewertung von entscheidender Bedeutung. Zuverlässige Vorlieferanten sowie Kenntnis der Lebensmittelkette waren und sind die beste Garantie zum Schutz vor Überraschungen. Die LVA mit ihren Teilunternehmen als One Stop Shop (Untersuchung, Begutachtung, Beratung, Inspektion, Zertifizierung) spielt da – wie in der Vergangenheit – eine wesentliche Rolle bei vielen Unternehmen

der Lebensmittelindustrie. Intelligente Lösungen und Multimethoden sollen den Aufwand für Unternehmen möglichst gering halten. Mit entsprechenden Verkehrsfähigkeitsgutachten soll den Unternehmen ein Nachweis in die Hand gegeben werden, dass das Unternehmen/der Unternehmer seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Das ist in rechtlicher Hinsicht ganz wesentlich. Den Super-Gau eines Produkt­rückrufs kann das nicht zu 100 % verhindern, ist aber die Basis für eine gute Krisenkommunikation. Wenn man Rückrufe verfolgt, stellt man fest, dass Auslöser oft nur Kleinigkeiten (z. B. falsches Mindesthaltbarkeitsdatum) ohne wirkliche gesundheitliche Gefährdung sind … Gartner: Es ist tatsächlich beruhigend, dass ein Großteil der Beanstandungen an nicht gesundheitsrelevanten Details hängt. Klar, vielfach ist eine falsche Kennzeichnung mit dem Vorwurf der Irreführung des Konsumenten verbunden. Es bleibt aber dabei: Lebensmittel in Österreich (und der Europäischen Union) sind sicher. Der Lebensmittelgutachter hat im Vorfeld die Aufgabe, die Sicherheitsaspekte im Untersuchungsumfang zu berücksichtigen und mit Augenmaß ein Untersuchungsprogramm für das Produkt festzulegen. Als Abschluss dieser Verkehrsfähigkeitsprüfung gibt es das Gutachten und damit den Nachweis, dass der Unternehmer seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Die Kennzeichnungsbeurteilung (-gutachten) nimmt in der Zwischenzeit eine mindestens ebenso bedeutende Rolle in der Tätigkeit der Gutachter ein. Neben formaler Einhaltung von einschlägigen Regelungen sind die Gesamtaufmachung, die Herkunftskennzeichnungsfrage und die Auslobungen integraler Bestandteil eines Label-Checks. Häufig ist es eine Annäherung zwischen dem, was Marketingabteilungen transportieren wollen und was rechtlich sauber möglich ist. Hier ist neben fundiertem Wissen auch Erfahrung mit nationalen Gegebenheiten notwendig. Gemeinsam mit Partnern bietet die LVA hier Dienstleistungen für sämtliche wesentlichen Exportländer der österreichischen Lebensmittelindustrie an.

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Die LVA hat mehrere Geschäftsfelder. Dazu zählt auch die Zertifizierungsstelle. Welche Herausforderungen gibt es dabei? Gartner: Begründet in der Historie der LVA bieten wir sämtliche Dienstleistungen, die von der österreichischen Lebensmittel­ industrie nachgefragt werden, im eigenen Portfolio an. Insbesondere bei Zertifizierungen nach der Zertifizierungsnorm EN/ ISO 17065 ist damit einhergehend ein nicht unerheblicher Aufwand für die Erfüllung der Vorgaben des Standardgebers notwendig. Für den österreichischen Markt – und auch die angrenzenden Länder – haben sich die Standardreihe des deutschen Handelsverbands (IFS in allen Spielarten) und die Biozertifizierung als wesentliche Standbeine herausgestellt. Diese werden selbstverständlich in allen Ebenen von der LVA selbst angeboten. Hier ist – insbesondere durch stetig wachsende Anforderungen an Zertifizierungsstellen – jedoch eine gewisse kritische Größe (Zahl der zertifizierten Unternehmen) unabdingbar. Für die vom IFS angebotenen Standards ist die LVA der wesentlichste österreichische Anbieter. Auch im Bereich der Biozertifizierung von Verarbeitungsbetrieben haben wir ein sehr professionelles Standing und dürfen Top-Unternehmen zu unseren Kunden und Partnern zählen. Insbesondere im Biobereich steigen die Anforderungen – bedingt durch die neue EU-Bioverordnung – enorm. Hier wird sicher die Kostenfrage zukünftig entscheidend werden, da strukturbedingt österreichweit eher im Bereich der Grenzkosten gearbeitet wird. Dies entspricht nicht immer dem gesteigerten Aufwand. Wohin wird die Entwicklung gehen? Werden sich Standards einander eher annähern? Gartner: Zurecht ist die Forderung nach Zusammenarbeit/gegenseitige Anerkennung von Standards oder Teilen des Standards ein ganz wesentlicher Teil von Überlegungen in der Eindämmung der Auditflut. Es gibt Unternehmen, die praktisch monatlich ein externes Audit/eine Zertifizierung haben, und dabei werden vielfach dieselben Themen behandelt. Wir selbst versuchen, möglichst vieles in Kombi­audits anzubieten, aber auch hier scheitert es häufig an den unterschiedlichen Anforderungen/Qualifikationen an die Auditoren. So wünschenswert es wäre, Synergien zu nutzen, sehe ich den Durchbruch eher noch in der Ferne.

Im Lebensmittelsektor besteht Schulungs­ bedarf. Welche Möglichkeiten des Wissens­ transfers kann die LVA anbieten? Gartner: Die bald 100-jährige Geschichte der LVA begründet ein hohes Verständnis unseres Unternehmens für die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden. Unser Fort- und Ausbildungsprogramm orientiert sich genau an diesen Wünschen, auf die wir in Seminaren (Präsenz-, Online, Hybrid), In-House-Schulungen und Beratungsgesprächen eingehen. Gegenwärtig ist auch ein Webinarkonzept in Vorbereitung/ Umsetzung. Der Themenbogen spannt sich von Hygieneschulungen, über Schulungen zu Lebensmittelrecht, Sensorikschulungen, Schulungen bezüglich Zertifizierungsstandards. Dazu gibt es eine Vielzahl interner und externer Experten und Berater, mit denen wir in ständigem Austausch stehen und die uns für Vorträge und Beratungen zur Verfügung stehen. Welche Rolle spielen die Forschung und entsprechende Projekte – national und in­ ternational? Gartner: Die LVA hat als Drehscheibe und Vermittler zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten für die Lebensmittelwirtschaft, den Fachverband der Lebensmittelindustrie und unsere Vereinsmitglieder eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen. Projekteinreichungen – national und international – werden koordiniert und abgewickelt. Die Möglichkeit zum Zusammenführen von Partnern auch auf internationaler Ebene ist ein wertvoller Benefit, der den Mitgliedern geboten wird. Darüber hinaus koordiniert die Lebensmittelversuchsanstalt die Entsendung von Experten des Hauses in das österreichische Lebensmittelbuch (Codex Alimentarius Austriacus) und hat vor kurzem die Neugestaltung der Homepage www.lebensmittelbuch.at für das BMASK abgewickelt. Gemeinsam mit dem ACR und dem IBO (Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie) wird in einem kooperativen Ansatz an dem Thema NGS (Next Generation Sequencing) intensiv gearbeitet. Die LVA hat kürzlich über eine internatio­ nale Beteiligung berichtet. Die BBA Capital Partners ist eine inhabergeführte und -fi­ nanzierte Beteiligungsgesellschaft, die lang­ fristiges Unternehmerkapital bietet. Welche Chancen bieten sich der LVA dadurch?

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Gartner: Die LVA wurde 1926, also vor 95 Jahren, als Dienstleister für die österreichische Lebensmittelindustrie gegründet und hat sich von einem Verein in eine GmbH gewandelt. Damit wurde sie auch finanziell auf eigene Beine gestellt. Geblieben ist die Leidenschaft für die österreichischen Betriebe und deren Lebensmittel. Die technischen Entwicklungen und die damit verbundenen Kosten für notwendige Investitionen verlangen intensive Auseinandersetzung mit dem Markt und den Chancen auf Markterweiterung. Im Bereich der Dienstleistung rund um Lebensmittelanalyse, -inspektionen, -zertifizierungen ist die LVA unbestritten Marktführer. An die 500 Analysenmethoden hat die LVA im akkreditierten Untersuchungsumfang, und 95 % der auf unserem Prüfbericht ausgewiesenen Methoden werden in Klosterneuburg durchgeführt. Dennoch stellte sich die Frage, wie die Entwicklungen der näheren Zukunft bewältigt werden können. Investitionen werden umfangreicher und die Märkte umkämpfter. Selbstverständlich hätte man die LVA an einen internationalen Marktteilnehmer veräußern können. Die Vorstellung, eine Niederlassung einer Laborkette zu sein, passt allerdings nicht zum Selbstverständnis der LVA. Mit der BBA haben wir einen Finanz­investor gefunden, dessen Unternehmensphilosophie langfristige Investments über Generationen ist und der somit gut zu uns passt. Die Vereine Lebensmittelversuchsanstalt und der Verein Österreichisches Getränke Institut sind weiterhin Gesellschafter bzw. in Verbindung mit der LVA und können mitgestalten. Ziel ist es, die ersten einhundert Jahre gut zu beenden und die Weichen für die nächsten 100 Jahre zu stellen. Wo sehen Sie die LVA in fünf Jahren? Gartner: In fünf Jahren begehen wir – wie bereits angesprochen – unser 100-jähriges Jubiläum. Die LVA will weiterhin wesentlicher Player im Lebensmittelbereich in Österreich und den angrenzenden Ländern sein. Über den Lebensmittelbereich hinaus sind die Geschäftsfelder Hygiene, Verpackungen, Kosmetika, Pharma- und Medizinprodukte gemeinsam mit Partnern in unserem Fokus. Mit dem jetzt vorhandenen Background und den damit verbundenen Ressourcen stehen die Chancen sehr gut, optimistisch in das nächste Jahrhundert zu blicken.


25 technik technology

D

Dustcontrol: Sicher und hygienisch

as österreichische Unternehmen Dustcontrol hat das Produktportfolio um ein umfassendes Punktabsaugungssystem erweitert, das speziell für die Lebensmittelindustrie entwickelt wurde. Die Hygieneanforderungen in der Lebensmittelindustrie sind extrem hoch, und aus genau diesem Grund trägt die Dus­tcontrol Punktabsaugung mit der Bezeichnung „Good for Food“ zu mehr Sicherheit, Hygiene und Kosteneffizienz in der Lebensmittelproduktion bei. Das Produktprogramm „Good for Food“ erfüllt sowohl die Anforderungen der

EU als auch der FDA an eine sichere und hygienische Lebensmittelproduktion. Die Saugbürsten sind aus antistatischem Material gefertigt, können hygienisch gereinigt werden, sind autoklavierbar und bieten die Möglichkeit der automatischen Detektion. Dank des systemeigenen Vorabscheiders können Lebensmittelhersteller aussortierte Materialien wie Getreide, Mehl, Gewürze und andere trockene Lebensmittel wiederverwenden, was sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit der gesamten Produktion auswirkt. www.dustcontrol.at

Zentrale Absaugsysteme für die Lebensmittelindustrie Die Hygieneanforderungen in der Lebensmittelindustrie sind äußerst streng. Das österreichische Unternehmen Dustcontrol liefert effiziente Absaugtechnik für die Lebensmittelindustrie.

Dustcontrol Ges.m.b.H. Gradnerstraße 122 A-8054 Graz

www.dustcontrol.at www.dustcontrolfood.com

Good-For-Food, für höchste Sauberkeit

info@dustcontrol.at

volume 45 | 05. 2021  ERNÄHRUNG | Nutrition bei der hygienischen Herstellung

von Lebensmitteln.


26 technik technology

Verpackung muss umweltschonend sein Wie kann die Verpackungsbranche zu den globalen Klimazielen beitragen, Umweltauswirkungen verringern und nachhaltige Ressourcen und Herstellungsverfahren anbieten? Fragen, die alle Unternehmen auf die eine oder andere Weise beschäftigen. Auf der Fachpack in Nürnberg bekommt man ein update.

U

mweltgerechtes Verpacken ist auch in diesem Jahr wieder das Leitthema der Fachmesse für Verpackung, Technik und Prozesse in Nürnberg. Seit der letzten Veranstaltung gab es einen deutlichen Entwicklungsschub im Bereich der Nachhaltigkeit, den die Messeteilnehmer umfassend vorstellen werden. Die Möglichkeiten, Verpackungen nachhaltig zu gestalten, sind vielfältig. Papierhersteller punkten mit den nachwachsenden Rohstoffen für ihre Produkte. Kunststoffhersteller oder Anbieter von Aluminiumverpackungen verweisen auf die massiven Materialeinsparungen und die zunehmende Recyclingfähigkeit ihrer Materialien. Einen Königsweg gibt es für die Hersteller nicht. Je nach Produkt und logistischen Bedingungen müssen sie eine individuelle Wahl treffen.. Für die meisten Unternehmen der Verpackungsbranche ist es schon heute selbstverständlich, Energie und Material und damit auch Kosten einzusparen. Das betrifft sowohl ihre eigenen Produktionsprozesse als auch die Lösungen für ihre Kunden. Neben einem nach-

haltigeren Materialmix haben unter anderem die umfangreichen Materialeinsparungen in den vergangenen Jahren die Nachhaltigkeitsbilanz von Verpackungen maßgeblich verbessert. Reduktion des Materi­ aleinsatzes ohne Qualitäts­ einbußen Abgesehen von geringerem Abfallaufkommen

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leistet Materialeinsparung noch einen weiteren bedeutenden Beitrag zur Ressourceneffizienz. Durch ihr geringeres Gewicht lassen sich bei Lagerung und Transport Einsparungen erzielen. Gleiches gilt für Transportverpackungen. Hier punktet Holz als nachwachsender Rohstoff mit einer guten CO2-Bilanz. Kunststoffpaletten wiederum

sind leicht und ermöglichen eine höhere Netto-Ladekapazität beim Transport – das wirkt sich ebenfalls gut auf den CO2-Fußabdruck aus. Auch lassen sich die Kunststoffpaletten am Ende der Lebenszeit wieder recyceln und erneut als Paletten einsetzen. Rohstoffe vor der Haustüre Eine weitere Stellschraube für

©  nürnberg messe


27 technik technology

die Verbesserung der Nachhaltigkeitsbilanz von Verpackungen ist der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen. Mit Funktionsschichten versehen sind Verpackungen auf Papierbasis auch für Lebensmittel optimal geeignet. Nach dem Gebrauch kann der Papierverbund problemlos in den Recyclingprozess gegeben werden. Ein nachwachsender Rohstoff, den bis vor kurzem noch kaum jemand auf der Rechnung hatte, wächst quasi vor der Tür: Gras. Ob zu 100 Prozent oder nur zu einem bestimmten Anteil, punkten Verpackungen aus diesem Material nicht nur damit, dass das Gras schnell nachwächst, sondern auch mit geringen Emissionen durch eine lokale Erzeugung. Breite Anwendung findet das Material bereits

bei Versandgut zum Ausfüllen von Hohlräumen in Verpackungen. Daneben nutzt man Graspapier bereits als Schalen für Obst oder Gemüse, als Eierkartons oder Müslipackungen, und sogar bei der Verpackung für einen Lippenpflegestift. Auch der in die Kritik geratene Coffee-to-Go-Becher kann als Graspapier-Variante seinen ökologischen Fußabdruck inzwischen verbessern.

Der Materialmix macht‘s Mit Materialmixen und neuen Anwendungsmöglichkeiten ist die Verpackungsbranche ressourcenschonender geworden. Dazu tragen nicht nur die Hersteller der Packstoffe bei, sondern auch die Maschinenhersteller mit

einer höheren Flexibilität beim Handling der unterschiedlichen Verpackungen. Damit steht den Kunden eine größere Auswahl für ihr individuelles und nachhaltiges Verpackungskonzept zur Verfügung. Nicht neu, aber immer er­ folgreicher – Mehrweg in der Logistik In den Logistikprozessen von Handel und Industrie können Mehrwegtransportverpackungen (MTV) ihre Vorteile voll ausspielen, denn sie lassen sich hervorragend in Kreislaufkonzepte einbinden. Die Paletten, Behälter oder Fässer sind stabil und verringern durch ihre lange Einsatzdauer den Verbrauch an Einweg-Transportverpackungen. Auch die Digitalisierung unterstützt die Entwicklung neuer Mehrweglösungen. Sind die Ladungsträger beispielsweise

mit QR-Codes versehen, erhöht dies die Transparenz der Rückgabekette. www.fachpack.de

021

Die FACHPACK von 28. bis 30. September in Nürnberg ist ein wichtiger Wegweiser für die europäische Verpackungsindustrie und ihre Kunden – eine kompakte, dreitägige Arbeitsmesse, auf der Verpackungsthemen tatsächlich angepackt werden.

Softwaregestütztes Qualitäts­ management bei Recheis

F

ür die Lebensmittelproduktion ist ein funktionierendes QM-System unerlässlich. Die Recheis Gruppe, österreichische Manufaktur von Eierteigwaren, nutzt ConSense Software als Integriertes Managementsystem. „Vor allem die ineinandergreifenden Funktionen – vom Prozess oder Dokument zur Schulung samt eLearning bis hin zum Auditund Maßnahmenmanagement – sind jene, die ConSense für uns zum zen­tralen Tool machen und echten Mehrwert bieten“, sagt Klemens Gratzel, CTO/COO der Recheis Gruppe. www.recheis.com www.consense-gmbh.de volume 45 | 05. 2021  ERNÄHRUNG | Nutrition


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Sensorik 4.0 für Qualitätssicherung und Konsumenten-Insights Die Digitalisierung der Sensorik führt zu einem besseren Verständnis der Konsumentenakzeptanz und zu einer aussagekräftigeren sensorischen Qualitätssicherung. Eine geeignete Sensorik-Software ermöglicht effiziente, transparente Prozesse sowie ein strukturiertes Datenmanagement. Susanne Aegler

N

ach der Mechanisierung, Elektrifizierung und Automatisierung folgt mit der Industrie 4.0 nun die Digitalisierung. Anders als bei vorherigen technologiegetriebenen Umbrüchen geht es dieses Mal nicht um eine einzelne Technologie, sondern vielmehr um die Vernetzung von Methoden und Technologien aus der Informationsund Kommunikationstechnik. Durch die Verbindung von Menschen, Objekten und Systemen entstehen dynamische, echtzeitoptimierte und unternehmensübergreifende Netzwerke entlang der Wertschöpfungsketten. Die Digitalisierung ist auch in der Sensorik nötig und bringt viele Vorteile.

Konsument 4.0 im Spannungsfeld der Digitalisierung Die Verbraucher nutzen immer häufiger soziale Medien und Bewertungsplattformen, in denen sie ihre Einschätzung und Kritik gegenüber Unternehmen und deren

Kunden, und das Wissen wächst mit der zunehmenden Digitalisierung und Datensammlung. Damit sind Unternehmen in der Lage, Konsumerlebnisse, Produkte und Dienstleistungen im Sinne der Verbraucher zu optimieren, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und letztlich ihren Umsatz zu steigern.

Vorteile der digitalen Sensorik © Susanne AEgler

Lebensmittelsensorik 4.0 – Verbindung von Mensch, Produkt und Software

Produkte öffentlich für jeden einsehbar mitteilen können. Der Konsument 4.0 kommuniziert über soziale Netzwerke und informiert sich umfassend über die Themen Ernährung und Produktqualität, unter anderem auch in produktspezifischen Online Communities. Die fortschreitende Digitalisierung bringt dem Konsumenten eine erwünschte Individualisierung, aber häufig auch eine informative Überforderung. In der Beziehung

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zum Konsumenten kann ein in der Lebensmittelbranche tätiges Unternehmen demnach durch die richtige Interpretation von Daten sowie durch schnelle Rückmeldung Glaubwürdigkeit und Sicherheit vermitteln. Insbesondere dann, wenn die digitale Transformation intern auch in den Bereichen Qualitätssicherung und Produktentwicklung stattfindet. Mithilfe von Big Data wissen die Unternehmen mehr denn jemals zuvor über ihre

Sensorik 4.0 ermöglicht es, die für den Konsumenten relevanten Daten qualitativ sicherer und effizienter zu messen. Sowohl in der sensorischen Produktentwicklung als auch in der Qualitätssicherung bietet eine auf betriebliche Prozesse und Abläufe abgestimmte digitale Sensorik viele Vorteile gegenüber herkömmlichen «analogen» Abläufen. Hierbei stehen neben der Zeit- und Kostenersparnis vor allem die Neutralität sensorischer Prüfungen, die effizienten und detaillierten Auswertungen der sensorischen Ergebnisse und ein strukturiertes Archiv im Vordergrund:


29 technik technology

• Jeder Teilnehmer bewertet individuell seine Proben, ohne sich dabei mit den anderen Teilnehmern auszutauschen. Die Ergebnisse aller Teilnehmer werden dann sofort zu einem gemeinsamen Ergebnisbericht zusammengeführt. • Der komplette Prozess verläuft papierlos und ohne Medienbrüche. Er ist damit deutlich weniger fehleranfällig. Die höhere Transparenz und Effizienz erlaubt eine zeitnahe Entscheidungsfindung. • In der digitalen Sensorik werden die Degustationsberichte im System gespeichert und sind für jeden leicht auffindbar. Die einfache, transparente Rückverfolgbarkeit und die klar verständlichen Berichte ermöglichen ein fundiertes Feedback gegenüber Lieferanten, Kunden oder Konsumenten und führen zu einer konstanteren Qualität.

Software für Sensorik-­ Management Eine Sensorik 4.0 ist infolge der digitalen Vernetzung nah am Konsumenten und dessen Präferenz bzw. Akzeptanz. Die in der Lebensmittelindustrie notwendigen sensorischen Produkttests der Qualitätssicherung sowie der Produktentwicklung können durch eine geeignete Sensorik-Software digitalisiert werden. Dazu gibt es verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten und Software-Programme mit variierenden Anwendungsschwerpunkten in den Bereichen Sensorikforschung, Marktforschung oder Sensorik-Management. Bei den auf das Sensorik-Management ausgerichteten Softwarelösungen werden den sensorischen Tests „per Knopfdruck“ Prüfer, Bewertungsskalen und Proben au-

tomatisch zugeordnet. Nach der Bewertung sind die statistischen Auswertungen sowie der Bericht sofort erstellt und die Daten können mit weiteren internen Betriebssystemen vernetzt werden. Die humansensorische Prüfung ist das Einzige, das neben der Interpretation der Daten immer noch durch den Menschen und nicht mit Hilfe der Digitalisierung erfolgen muss.

lation auf Endgeräten benötigt, können alle Tests dezen­ tral und kontaktlos geplant, durchgeführt und ausgewertet werden. Kurzfristig, autonom initiierte Produkttests können sogar vollständig per Smartphone oder Tablet über die mobile Verkostungs-App abgewickelt werden und sind zugleich zentral auf der Sensorik-Management-Plattform gespeichert.

Die webbasierte Software SensoTASTE ist auf das Sensorik-Management von Lebensmittel-Firmen ausgerichtet und spezialisiert auf fortlaufende Sensorik-Projekte sowie regelmäßige Produktbeurteilungen. Alle internen Sensorik-Projekte werden in einer einzigen Software abgebildet, sei es zur Sicherung der sensorischen Qualität oder für die sensorische Produktentwicklung. Da SensoTASTE keine Instal-

SensoTASTE ermöglicht smarte Verkostungen durch eine hohe Automatisierung, eine schnelle Auswertung und eine strukturierte Daten-Ablage. Die Software kann auf jedem Internet Device angewendet werden. Susanne Aegler, Senior Project Manager, SensoPLUS, Zug, Schweiz www.sensoplus.ch/senso­ software/

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30 firmenbericht company report

VFI Ennsdorf baut zweites Presswerk Am Standort Enns wird ersichtlich, wie der BioBoom die Wirtschaft verändert. ALOIS BURGSTALLER hat einen Einblick in die Planungen eines „hidden champions“ der Verarbeitung bekommen.

©  alois burgstaller

BM Elisabeth Köstinger, flankiert von Klemens Rauch (li) und L.-Abg. Karl Moser (re.)

von der Anlage benötigten Strom im Blockheizkraftwerk zu 100 % selbst zu erzeugen und darüber hinaus bis zu 80 % der benötigten thermischen Energie bereitzustellen. Durch diese zweite Ölpress­ anlage wird der österreichischen und europäischen Landwirtschaft ein großer

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Abnehmer für Sonnenblumen, Soja, Raps und Maiskeime speziell in Bioqualität zur Verfügung stehen. Immerhin erreichen beide Werk eine Jahreskapazität von annähernd 100.000 t Rohware, woraus 40.000 t Öl und 60.000 t Eiweißfuttermittel gewonnen werden. Die österreichische Eiweißstrategie,

nämlich bis 2030 um 50 % weniger überseeische Proteinfuttermittel zu importieren, wird dadurch ein großes Stück weit vorangetrieben. Florian Rauch, der Initiator der Investition, ging in seiner Präsentation auch speziell auf die Perspektiven für den Biolandbau ein. Er sieht große Chancen für die Bioproduktion in Österreich und formulierte gleich einen Auftrag an die Politik, sich für den weiteren Ausbau der Biolandwirtschaft auch durch ausreichend dotierte Subventionen einzusetzen. So wie im Werk Ennsdorf heimische Arbeitsplätze geschaffen werden, entstehen auch in der Biotierhaltung durch die heimischen Eiweißfuttermittel umgekehrt Einkommen auf den klein­ strukturierten Bauernhöfen.

©  alois burgstaller

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iesen Termin konnte sich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger nicht entgehen lassen. Geladen hatten die VFI – Oils for Life nun bereits zum zweiten Spatenstich am Standort Ennsdorf. Gab es vor fünf Jahren besorgte Stimmen innerhalb der Eigentümerfamilie über die damals zu groß erscheinende Investition, so sind diese Bedenken längst widerlegt. Nie hätte die Familie gedacht, so Miteigentümer Florian Rauch, dass fünf Jahre nach Eröffnung des ersten Werks ein nochmaliger Erweiterungsschritt notwendig sein würde. Neben der Ministerin gaben sich auch Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, selbst Lieferant von Ölsaaten, und NÖ-Landtagsabgeordneter Karl Moser die Ehre, mit dem Spaten das Signal für den Baubeginn zu setzen. 30 Millionen Euro wird VFI investieren, um die optimistischen Bioprognosen Realität werden zu lassen. Zusätzlich zur vorhandenen Ölpresse wird nicht nur eine neue Hochleistungs-Ölpresse für Bioölsaaten errichtet. Das Presswerk wird um eine Sonnenblumenschälerei und eine Sonnenblumenkernproduktion ergänzt. Geschälte Kerne werden in der Backwarenerzeugung verwendet. Die anfallenden Reststoffe werden dazu beitragen, den


31 technik technology

Sanft trocknen und Energie sparen Durch Kondensationstrocknung lassen sich Lebensmittel schonend trocknen, Und im Vergleich zu herkömmlichen Trocknungsverfahren lässt sich zudem eine Menge Energie sparen.

D

ie Trocknung von Lebensmitteln erfordert – wie in anderen Bereichen der Industrie ebenfalls – kurze Trocknungszeiten, eine produktschonende Art der Trocknung mit gleichzeitig qualitativ hochwertigen Ergebnissen und nebenbei idealerweise eine gute Energiebilanz. Diese Ziele lassen sich mit einem Verfahren erreichen, das seit vielen Jahren in anderen Industriezweigen eingesetzt wird und auch im Food-Bereich erfolgreich funktioniert. Die Rede ist von der Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, das Feststoffe aller Art bei niedrigen Temperaturen zwischen

20° und 90° C, je nach Anwendung, trocknen kann. Dabei wird extrem trockene und damit ungesättigte Luft über das Trocknungsgut geführt und nimmt dabei die Feuchtigkeit auf. Der mit Feuchtigkeit beladenen Luft wird anschließend in einem Entfeuchtungsmodul die gespeicherte Feuchte entzogen. Die Feuchtigkeit wird auskondensiert und verlässt als Kondensat die Anlage. Anschließend wird die abgekühlte Luft mit der zurück gewonnenen Energie wieder erwärmt und weitergeleitet. Der Kreislauf ist geschlossen. Der Trocknungszyklus ist dadurch nahezu emissionsfrei. Das Entfeuchtungsmodul, das die klimatischen Verhältnisse im Trockner regelt,

© Harter

wird an die Trocknungsstation angeschlossen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob es sich um eine Trocknung im Stapelbetrieb oder um ein kontinuierliches Verfahren handelt. Dieses Trocknungssystem ist an jede Art von Trockner ad-

aptierbar. Auch der Grundstoff der zu trocknenden Produkte spielt keine Rolle. Trockner mit einem geschlossenen Trockenkreislauf, die unabhängig von der Umgebungsluft betrieben werden, haben eine sehr hohe Prozesssicherheit.

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46 recht law

termine __ 06.10.2021

09.–13.10.2021

19.10.2021

LVA GmbH, Klosterneuburg

Köln/digital

Austria Trend Hotel Savoyen, Wien

Sensorik in der Lebensmittelwirtschaft www.lva.at

Anuga – Weltleitmesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie

Seminar und Workshop Krisenmanagement

www.anuga.de

www.dielebensmittel.at

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04.11.2021 online

VEÖ-Webinar: OnlineErnährungskommunikation – Wissen vermitteln, Sensorik erleben!

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04.11.2021 Ritz Carlton Hotel, Wien

Allergenmanagement www.lva.at

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www.veoe.org

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24.–26.11.2021 online

70 Jahre ÖGE „The past, the present and the future“ www.oege.at

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Impressum — DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ ­N UTRITION Austrian journal for science, law, t­echnology and economy ∙ ­redaktion@ernaehrung-nutrition.at ∙ Offizielles Organ des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ ­Herausgeber: Fachverband der Lebensmittel­industrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: General­direktor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, Ao. Univ.-Prof. i. R. DI Dr. nat. techn. Emmerich Berg­h ofer, Dr. M ­ ichael Blass, Hon.-Prof. Dr. Konrad

Brustbauer, Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid, Prof. Dr. Christian Hauer, Univ.-Prof. Dr. Ing. Henry Jäger, OR Dr. Leopold Jirovetz, Univ.-Prof. i.R. DI Dr. nat. techn. Wolfgang Kneifel, Univ.-Prof. Dr. Jürgen König, Dr. Andreas Natterer, Ass.Prof. Dr. Peter Paulsen, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M, Univ.-Prof. Dr. Veronika Somoza, Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, Univ.-Prof. Dr. med. vet. Martin Wagner Dipl. ECVPH ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschinek, MAS, MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid ∙ Redaktion Recht: Mag. Ka­tharina Koßdorff ∙  Verleger: SPV Printmedien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Florianigasse 7/14;

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Tel.: 01/581 28 90; Fax: 01/581 28 90-23; online-redaktion@­blickinsland.at ∙ Lektorat: Mag. Nina Wildzeisz-­Rezner, MAS ∙ Satz: Gerald ­Mollay ∙  Herstellung: ­proprint.at ∙ Anzeigen­leitung: Prok. Doris Orthaber-­ Dättel, Tel.: 01/581 28 90-12, daettel@ blick­ins­land.at, Tel.: 01/581 28 90-27, smejkal@­blickinsland.at ∙ ­Ernährung/Nutrition – ISSN 0250-1554 – erscheint sechsmal jährlich. Nachdruck sämtlicher Artikel, auch auszugsweise, nur mit Quellen­angabe, gegen Belegexemplar; Zitierung von wissenschaftlichen Beiträgen: Ernährung/Nutrition. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder, die nicht mit jener des He­rausgebers überein­stimmen muss.


47 recht law

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48

AUDITS & BERATUNG

wissenschaft science

HYGIENICUM AKADEMIE FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

SCHÄDLINGSKONTROLLE

LABORANALYSEN * * mit Probenabholservice

Unsere Leistung Ihre Sicherheit. Als österreichisches Kompetenzzentrum für Lebensmittelsicherheit und Betriebshygiene agieren wir seit 1998 erfolgreich auf dem europäischen Markt. Unsere Erfahrung auf betrieblicher Ebene und Know-how in den Bereichen Lebensmitteltechnologie, modernster Labordienstleistungen, Consulting und die Vernetzung mit externen Partnern schafft unsere breite Kompetenz. Als Teil der GBA Gruppe, einer der führenden deutschen Analyselaboratorien und Servicedienstleister in den Bereichen Lebensmittel,

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Umwelt und Pharma, erweitern wir laufend unser Dienstleistungsportfolio, unsere Expertise und den Zugriff auf modernste Laborkapazitäten. Unsere Kunden sind für uns Partner, die wir begleiten. Der Nutzen ergibt sich aus der individuellen Erar beitung von Lösungswegen zur Sicherung Ihrer Produkte. Kompetenz, Praxiserfahrung und unternehmerisches Denken für alles, was Lebensmittel ausmacht.


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