DIE ERNÄHRUNG VOLUME 43 | 06 2019

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DIE ERNÄHRUNG wirtschaft economy

Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft

VOLUME 43 | 06. 2019

Beim Fleisch zählen Qualität und Genuss Seite 04

© ADOBE STOCK – ANANKKML

ÖSTERREICHISCHE POST AG MZ 14Z040109 M SPV PRINTMEDIEN GMBH, FLORIANIGASSE 7/14, 1080 WIEN

Top Thema

Tierwohl ab Seite 11

volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION ABSTRACTED IN CHEMICAL ABSTRACTS ABSTRACTED IN SCOPUS


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3 inhalt content

INHALT —

Top Thema

TIERWOHL

Liebe Leserin, lieber Leser,

04

WIRTSCHAFT economy

vielen liegt das Wohl von Tieren in der Lebensmittelindustrie am Herzen. Die Verantwortung dafür tragen aber nicht die Fleischproduzenten allein. Um den Blick zu weiten, haben wir für diese Ausgabe verschiedene Stimmen eingeholt – von der Landwirtschaft über Hersteller bis zu Initiativen wie dem AMA-Gütesiegel.

04 Beim Fleisch zählen Qualität und Genuss 08 Deutschland bleibt Exportland Nr. 1 11 Staatliches Tierwohl? 12 Tierwohl beginnt im Kopf 15 Herausforderung Tierwohl 18 Zum Wohl! 20 Mehr Wissen über Lebensmittel 22 Zukunft Fleisch­alternativen

Die Fleischbranche ist aktuell stark in Bewegung. Zum einen ist Fleisch als Lockmittel des Einzelhandels ruinösen Preisschlachten unterworfen. Zum anderen werden Fleischesser in den Medien als Klimasünder abgestempelt und fleischlose Alternativen gehypt. Fast scheint es, als ob die einseitige Klimadebatte das ebenfalls unverantwortliche Zucker-Bashing abgelöst hätte. Unser Bericht zum f.eh-Symposium 2019 beleuchtet, warum nachhaltiges Essen größer gedacht werden muss. Weiters beschäftigen wir uns damit, weshalb weniger, aber hochwertiger Fleischkonsum Sinn macht. Eine Empfehlung, die Thomas Schmiedbauer – CEO des Traditionsunternehmens Wiesbauer – im Interview teilt.

25

KOMMENTAR comment 25 Mitleid mit den Tieren

32

TECHNIK technology 32 Biobasierte Essigsäure aus Holz 35 CdB in Konserven

39

WISSENSCHAFT science 39 Methodenspektrum zur Identifizierung der Bakterienpopulationen in Extraktionssystemen der Rübenzuckerproduktion 43 Nachhaltig essen

Einen philosophischen Kommentar zum Thema steuert Experte Thomas Mettke bei. Zudem blicken wir nach Deutschland, wo ein neues Tierwohllabel etabliert werden soll. Fazit: Tierwohl ist komplex. Dafür gilt es, gemeinsam mit den Konsumenten Bewusstsein zu erarbeiten.

45

RECHT law 45 Fleisch 2.0 – Das regulatorische Umfeld von pflanzenbasiertem und kultiviertem Fleisch

Katharina Koßdorff

51 Impressum volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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BEIM FLEISCH ZÄHLEN QUALITÄT UND GENUSS DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT THOMAS SCHMIEDBAUER, GESCHÄFTSFÜHRER DER WIESBAUER ÖSTERREICHISCHE WURSTSPEZIALITÄTEN GMBH, ÜBER DIE KONTROVERSE BEIM FLEISCHKONSUM, TIERWOHL UND NACHHALTIGKEIT, DEN GENUSS BEIM ESSEN VON FLEISCH, DIE ENTWICKLUNG BEI FLEISCHERSATZPRODUKTEN UND DEREN AUSWIRKUNGEN AUF HEIMISCHE BETRIEBE, HERKUNFTSKENNZEICHNUNG UND EXPORTERFOLGE. OSKAR WAWSCHINEK

D

ie Ernährung: Derzeit wird Fleischkonsum wieder sehr kontrovers diskutiert – aber nicht aus Ernährungssicht, sondern aus Gründen des Klimaschutzes. Wie sehen Sie die Diskussion? Thomas Schmiedbauer: Der Klimaschutz ist wichtig, und so arbeiten Betriebe wie Wiesbauer ständig an Themen wie Energieeffizienz, Verpackungskonzepten (Folienreduktionen, Entsorgungsthemen etc.) und vielem mehr. Leider wird das alles aber immer nur sehr einseitig am CO2-Ausstoß gemessen, wodurch teilweise ein falsches Licht auf die Branche fällt. Wird die Zukunft in Fleischersatz-Produkten aus pflanzlichem Eiweiß oder gar aus Insekten liegen? Schmiedbauer: Sicherlich wird es Entwicklungen in Richtung von Fleisch­ ersatzprodukten geben. Jedoch wird der wahre und einzige Genuss immer in Fleisch und Fleischprodukten liegen! Ich denke, dass die konsumierten Men-

gen sicherlich zurückgehen werden und vermutlich auch zurückgehen sollen. Es macht keinen Sinn, täglich billig zu viel zu essen. Vielmehr sollte es (zumindest in unseren Breiten) die Philosophie sein, Fleisch und Wurstwaren zu genießen, dafür aber nur mehr zwei bis drei Mal pro Woche. Ist eine noch detailliertere Angabe zu Herkunft des Tiers, Produktionsweise und CO2-Bilanz möglich und/oder sinnvoll? Schmiedbauer: Es wäre bereits vieles möglich über Aufzucht, Herkunft, Produktionsweisen etc. zu mitzuteilen. Jedoch muss sich jeder im Klaren sein, dass dies zu einer massiven Verteuerung des Produkts führt. Wir sind der Meinung, dass die Mehrheit der Konsumenten nicht bereit ist, diese Mehrkosten für den administrativen Aufwand zu zahlen. Es muss aber klar erwähnt werden, dass Betriebe in unserer Größenordnung umfassenden Kontrollen (Qualität, Hygiene, Einhaltung des Codex etc.) unterliegen – und dies fast täglich. Bei Wies-

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bauer sind intern z. B. zehn Personen angestellt, die nur für derartige externe und interne Prüfungen zuständig sind. Wie stehen Sie zur geforderten nationalen Herkunftskennzeichnung? Welcher Mehraufwand würde entstehen? Schmiedbauer: Es ist möglich, eine Vielzahl an Informationen an den Konsumenten weiterzugeben, jedoch ist dies ein gewaltiger bürokratischer Mehraufwand, da der Warenfluss im Detail präzise aufgezeichnet werden muss. Es ist aber anzumerken, dass jeder zertifizierte Produktionsbetrieb interne Aufzeichnungen pro Charge hat, über die eine Herkunft genau nachzuvollziehen ist. Dies jedoch auf jeden einzelnen Artikel herunterzubrechen, stellt den großen Aufwand dar. Diesbezüglich sind wir sehr kritisch, ob der Nutzen für den Konsumenten die Mehrkosten rechtfertigt. Denn eine massive Verteuerung wäre jedenfalls definitiv die Konsequenz. Sind aus Ihrer Sicht Herkunft und Regionalität Aspekte, für die Konsumenten


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einen Mehrpreis bezahlen? Oder sind das eher „sozial erwünschte“ Antworten bei Umfragen? Schmiedbauer: Natürlich gibt es Konsumenten, die bereit sind, dafür einen Mehrpreis zu bezahlen, aber das wird definitiv eine kleine Minderheit sein. Allgemein wird dieses Thema unterschätzt und geglaubt, dass die Umsetzung sehr einfach ist. In der Praxis jedoch stellt es wie bereits erwähnt einen gewaltigen Aufwand dar. Wir haben bei Wiesbauer eine Kundenhotline eingerichtet, über die jederzeit Infos bezogen werden können.

Wie sehen Sie die Diskussion zum Tierwohl? Muss da noch mehr passieren und weitere Kontrollen oder Siegel eingeführt werden? Schmiedbauer: Es wird in Österreich seitens der Landwirte und Schlächter sehr viel gemacht. Hier ist eher das Thema, dass öfter gelten muss: „Tue Gutes und rede (kommuniziere) darüber!“. Als Produzent kann ich dazu nur die Aufforderung an unsere Lieferanten weitergeben, aktiv Aufklärung zu betreiben. Gerne können wir die Infos dann ebenfalls weitergeben. Einige solcher Lieferantenkooperationen finden Sie bereits auf unserer Homepage www.wiesbauer.at. Weitere Siegel und Kontrollen sind absolut nicht

© WIESBAUER

Wie schätzen Sie die Situation der österreichischen Landwirtschaft bezüglich Tierproduktion ein? Was müsste getan werden? Schmiedbauer: Generell ist der Druck auf Landwirte, Schlächter, Zerlegebetriebe und Produktionsbetriebe seitens der Händler teilweise sehr hoch, die Margen sehr gering oder nicht vorhanden. Das senkt die Motivation für junge Menschen und macht Nachfolgeregelungen sehr schwierig. Die Folge ist, dass in den letzten Jahren einige Fusionen im Bereich der Schlachtbetriebe stattgefunden und einige kleinere Betriebe geschlossen haben. Ein Stück Fleisch hat und muss aber seine Wertigkeit haben. Leider ist aufgrund vieler Minus-30–50 %-Aktionen auf allen Handelsebenen das Image von Fleisch dementsprechend gesunken. Ich bin der Meinung, dass dies falsch ist und so nicht weiter stattfinden darf.

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notwendig, da sich der Konsument sonst in diesem Siegelfriedhof nicht auskennen wird und das nur zu zusätzlichem Aufwand und Kosten führt.

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about

Zum Unternehmen —

Der Umsatz der Firmengruppe, die etwa 800 Mitarbeiter beschäftigt, liegt bei rund 190 Mio. Euro. Die Wiesbauer Österreichische Wurstspezialitäten GmbH überspringt 2017 mit 105 Mio. Euro erstmals die 100 Mio. Euro-Umsatzgrenze. Gegründet wurde das Familienunternehmen bereits 1931 von Franz Wiesbauer in Wien. Er war auch Erfinder der „Bergsteiger“-Wurst, die 1985 zur Nummer 1 im Segment Dauerwurst wurde. 1993 erfolgte der Spatenstich für den Neubau in Wien-­ Inzersdorf, in den 30,4 Mio. Euro investiert wurden. Im Jahr darauf wurde ein Betrieb in Ungarn gekauft, der unter dem Namen „Wiesbauer Dunahús“ für die Märkte Ungarn und Osteuropa aufgebaut wurde. 2003 erfolgte durch Übernahme der Firma Teufner die Gründung der Gastro-Schiene, die Wiesbauer Gourmet Gastro GmbH.

2010 wird die Wiesbauer Holding AG zur weiteren Absicherung der Zukunft des Unternehmens gegründet. KommR Karl Schmiedbauer wird Aufsichtsratsvorsitzender und „Entrepreneur of the year“ (Unternehmer des Jahres). Der Betrieb in Wien wird um 7.000 Quadratmeter zusätzliche Produktionsfläche erweitert, davon 2.500 Quadratmeter Reinraumtechnik und 100 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Slicerei besteht mittlerweile aus insgesamt sieben Anlagen. Weitere Übernahmen: Fa. Metz­ gerei Senninger, Würstelproduktion in Saalbach, Vorderglemm, und der Wiener Spezialitätenhändler „meat&­m ore“. Insgesamt gibt es heute neun bistro & shop-Filialen bzw. Abholmärkte in Österreich. Eine besondere Produktlinie sind traditionelle Fleischgerichte, die nach der Sous-vide/Niedrigtemperatur-Methode (55–75 °C) langsam und schonend vorgegart werden. Auch eine entsprechende Grillserie unter der Submarke „BBQ-Sortiment“ entsteht. Der Gemeinderat des „Bergsteigerdorfes 2007“ Prägraten in Osttirol beschließt einstimmig, einen 2.767 Meter hohen Gipfel im Großvenediger-Gebiet in „Wiesbauerspitze“ umzubenennen.

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Wie können Sie als Verarbeiter mit der Vielfalt an Angaben und notwendigen Informationen von Lieferanten umgehen, die Sie für eine korrekte Auslobung brauchen? Schmiedbauer: Wir haben für diese Auslobungen und die davor stattfindenden Kontrollen knapp zehn ausgebildete Mitarbeiter beschäftigt und daher viel Kompetenz im Haus. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang Kontrollen und Audits generell? Werden diese noch zunehmen? Schmiedbauer: Es gibt in allen unseren Betrieben ein jährliches IFS-Audit (International Featured Standard), das sehr streng, aber auch zielführend ist. Dieses ist die Grundlage für Belieferungen der Handelsketten im In- und Ausland. Überdies werden zusätzlich noch unangekündigte Lieferantenaudits (von Lidl, Rewe etc.) durchgeführt. Intern wird bei uns im Haus ebenfalls noch unangekündigt in den Betrieben kontrolliert. Der IFS ist uns gegenüber sehr streng – und das ist auch gut so. Wir hoffen nur, dass diese Vorgehensweise in allen großen und kleinen Betrieben dieselbe ist. Unser Ansatz ist jedenfalls, dass wir in allen Betrieben die höchstmögliche Punkteanzahl erreichen. Wiesbauer ist auch einer von ganz wenigen Betrieben, wo in allen Produktionsstandorten (in unserem Fall sind das vier) seit zwei Jahren das Higher Level erreicht wird. Welche Zertifizierungen bzw. Siegel haben aus Ihrer Sicht den größten Stellen­wert? Schmiedbauer: Für uns ist der IFSStandard der wichtigste. Darin sind auch alle Qualitäts- und Hygienerichtlinien wie HACCP etc. beinhaltet. Ihr Familienunternehmen hat sich breit aufgestellt. Welche verschiedenen Standorte und Produktlinien gibt es derzeit? Schmiedbauer: Unsere Philosophie wird seit drei Generationen überliefert, von mir aus Überzeugung gelebt, und ich versuche auch, sie laufend auszubauen. Das Wichtigste ist der gute


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Geschmack und der Genuss, niemals die Masse. Um das zu erreichen, sind Qualität und Kontinuität die wichtigsten Vorgaben. Umsatz um jeden Preis war und wird niemals unser Begehr sein. Wir sind in Wien mit dem Wurstproduktionsbetrieb Wiesbauer bekannt geworden und national, aber auch in Deutschland ein wesentlicher Botschafter für den Genuss aus Österreich. Bei Wiesbauer Gourmet beliefern wir zirka 2.500 Gastronomiebetriebe mit Fleisch-, Wurst- und vorbereiteten Schmankerln und sind als Dienstleister somit der verlängerte Arm und Problemlöser für den Chefkoch. In Saalbach/Hinterglemm führen wir mit 35 Mitarbeitern einen auf Würstelproduktion spezialisierten Betrieb, der seine Produkte an viele Handelsketten, aber auch stark in die Gastronomie liefert. Seit 1995 haben wir in Ungarn in der Nähe von Györ einen Betrieb, mit dem wir rein den ungarischen Markt mit derselben Philosophie wie in Österreich beliefern und bekannt sind für guten Geschmack und einer für ungarische Verhältnisse extrem guten Qualität. Weiters betreiben wir im Raum Wien und Umgebung 10 Filialen (Bistro & Shop), wo wir viel Erfahrung im Umgang mit Kunden, aber auch mit Geschmack und Qualität sammeln, um uns weiterzuentwickeln. Wie wichtig ist der Standort Österreich und was braucht es aus Ihrer Sicht, um diesen zu stärken? Schmiedbauer: Wir leben den Standort Österreich (mit Produktpaletten wie Wiener Dürre, Salzburger Scherzl, Wiener Heurigen Aufschnitt etc. ) und hoffen, dass die Bürokratie nicht überhand nimmt. Appellieren können wir nur an die Politik, das Thema Bildung und Ausbildung stark zu unterstützen bzw. voranzutreiben. Denn die wahren Probleme der Gegenwart und der Zukunft sind, für unsere Jobs Lehrlinge oder Arbeitskräfte zu bekommen. Wie hoch ist der Exportanteil in Ihrem Unternehmen? Schmiedbauer: Wir haben einen Exportanteil im Wurstbetrieb von über 50 %, somit sind wir mit über 50 Mio. Euro Exportumsatz der größte Wurst­ exporteur Österreichs.

about

Zur Person — Biographie Thomas Schmiedbauer ist gebürtiger Wiener und hat auch das Realgymnasium und die Handelsschule in der Bundeshauptstadt absolviert. 1996 hat er seine Ausbildung zum Fleischergesellen beendet. Die erste berufliche Herausforderung für Thomas Schmiedbauer war die erfolgreiche Betriebsleitung der Firma Wiesbauer Dunahús in Ungarn. Die internationalen Aufgaben setzten sich mit Verkaufsförderung und Verkaufsbetreuung in Deutschland fort, die er bis 2003 wahrnahm. Als Verkaufsleiter der Wiesbauer Österreichische Wurstspeziali­ täten GmbH kehrte er nach Wien zurück und wurde im Jahr 2006 Geschäftsführer. Seit 2010 ist

Welchen Stellenwert hat aus Ihrer Sicht Innovation? Wie gehen Sie damit um? Schmiedbauer: Wir sind durch Innovation zu dem geworden, was wir sind. Auch wenn es schwierig ist, das Wurstrad der Zeit neu zu erfinden, gibt es auch Innovationen im Bereich Verpackung, Umweltschutz und vielen anderen Themen. Wir dürfen nie aufhören, in anderen Dimensionen zu denken. Daher haben wir immer wieder auch trotz der bestehenden Vielfalt neue weltbewegende Schmankerl, wie die Wiener Prater Stelze oder unsere Sous-videArtikel, entwickelt. Wie hat sich Ihre Sous-vide-Linie entwickelt? Wird es da weitere Produkte geben? Schmiedbauer: Das Sous-vide-Programm ist bereits ein kleiner Teil im Fixsortiment der Handelsketten und hat sich sehr gut entwickelt: vom Flinken Gansl bis zu den Spareribs und den Geschmorten Rinderbacken. Wiesbauer denkt permanent über Wege nach, wie man den Konsumenten Zugänge in die Gourmet- Küche für zuhause eröffnen kann, ohne dabei unbedingt viel Zeit und Können anwenden zu müssen. Das ist erkannt worden und wird immer breiter. Derzeit haben wir ge-

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Thomas Schmiedbauer Vorstands­ vorsitzender der Wiesbauer Holding AG. Er ist verheiratet und Vater eines Kindes.

rade einen neuen Sous-vide-Schinken auf den Markt gebracht, der aufgrund dieser Garmethode absolut einzigartig im Geschmack ist und ein weiteres Mosaiksteinchen in der Genusswelt darstellt. Planen Sie aus heutiger Sicht, Produkte aus Fleischalternativen einzuführen? Schmiedbauer: Wir beschäftigen uns viel mit den Methoden, um auch hier am Ball zu sein. Unser Credo ist aber definitiv die Entwicklung mit hochwertigem, konventionellem Fleisch. Das gab es immer schon und wird es immer geben. Wenn auch der Konsum weniger wird, wird dadurch der Genuss mehr. Welche Wünsche haben Sie an die Bundesregierung? Schmiedbauer: Das Thema Bildung/ Ausbildung vorantreiben und die Büro­ kratiehürden nicht noch komplexer machen. Was ist Ihr Lieblingsgericht? Schmiedbauer: Auch wenn ich ein Fleischtiger bin, möchte ich eine gute österreichische Nachspeise wie einen Kaiserschmarren nicht vermissen.

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DEUTSCHLAND BLEIBT EXPORTLAND NR. 1 Lebensmittel aus Österreich sind in Deutschland seit Jahren Bestseller DIE NEUESTEN ZAHLEN BESTÄTIGEN DIE BESONDERE BEDEUTUNG UNSERES NACHBARLANDS INNERHALB DER EU. SPEZIELL DER ERFOLGREICHE EXPORT VON LEBENSMITTELN SICHERT ARBEITSPLÄTZE UND SCHAFFT EINEN MEHRWERT FÜR UNSERE VOLKSWIRTSCHAFT. HANDELSSANKTIONEN – WIE VON DEN USA AKTUELL EINGESETZT – SIND JEDENFALLS DER FALSCHE WEG. JOSEF DOMSCHITZ

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ebensmittel „Made in Aus­ tria“ schmecken der ganzen Welt, besonders den deutschen Konsumenten. Das zeigen auch die vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr 2019: Die österreichischen Agrarexporte (Zollkapitel 1 bis 24) legten insgesamt um 5 % zu und erreichten ein Volumen von 6,1 Mrd. Euro. Die Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie konnten mit einem Wert von 3,7 Mrd. Euro sogar um 6,3 % wachsen. Deutschland ist wieder unser wichtigster Handels­partner. Im ersten Halbjahr 2019 gingen rund 34 % aller Exporte der Lebensmittelindustrie (Zollkapitel 16 bis 24) mit einem Wert von rund 1,3 Mrd. Euro in unser Nachbarland. Das ist ein Plus von 8,7 %. Weltweit liefern die heimischen Lebensmittelhersteller in über 180 Märkte. Der Export bleibt der Motor für unsere Branche. Europäischer Binnenmarkt für heimische Lebensmittel unverzichtbar Die vorläufigen Exportzahlen des ersten Halbjahrs 2019 unterstreichen die immense Bedeutung des EU-Binnenmarkts

für die heimische Lebensmittelindustrie: Rund 70 % ihrer Exporte gehen in die EU (2,5 Mrd. Euro), 30 % in Drittstaaten (1,2 Mrd. Euro). Auf Staaten außerhalb Europas entfallen nur etwa 23 % des Exportvolumens (0,9 Mrd. Euro): Dazu zählen die USA (14 %), Kanada (0,3 %), Japan (0,5 %) und die MERCOSUR-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay (1,2 %). Die Top-10-Exportländer für Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie aus Österreich sind Deutschland, die USA (524 Mio. Euro, +12,5 %), gefolgt von Italien (236 Mio. Euro, -2,4 %) und

der Schweiz (141 Mio. Euro, +5,4 %). Ungarn, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Frankreich, Tschechische Republik und Polen folgen in dieser Reihenfolge weiter im Ranking. Die heimischen Exportkaiser sind neben Energy-Drinks, Limonaden und Eistees weiterhin Süßwaren, Feinbackwaren und Spezialitäten der österreichischen Mehlspeisküche. Zum Erfolg österreichischer Lebensmittel im Ausland tragen auch die Exporteure von Käse, Fruchtsäften, Milch­erzeugnissen (Joghurts), Wurst- und Fleischzubereitungen bei.

Exportentwicklung Zeitraum Halbjahr 2017 bis Halbjahr 2019 (Volumen in Mrd. €) HJ 17

HJ 18

HJ 19v

V% 18–19

V% 17–19

Exporte gesamt (ZK 1–99)

70,953

75,086

77,597

3,3

9,4

Agrarsektor (ZK 1–24)

5,517

5,776

6,066

5,0

9,9

Lebensmittelindustrie (ZK 16–24)

3,282

3,490

3,711

6,3

13,1

Quellen: Statistik Austria, FV der Lebensmittelindustrie

Exporte Österreichs insgesamt

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Inlandsmarkt bleibt weiterhin angespannt Den heftigen Kampf um Marktanteile im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel, der primär über Rabatte, Aktionen, Eigenmarken und Kundenbindungsprogramme geführt wird, bekommen die Lieferanten unverändert deutlich zu spüren. Die drei größten Handelsunternehmen in Österreich haben einen Marktanteil von über 87 %. Zusätzlich geben volatile Rohstoffkosten, Klimawandel und Wetterkapriolen Anlass zur Sorge. In Österreich sind viele Rohwaren regelmäßig nicht in ausreichender Menge oder Qualität vorhanden. Um die Herstellung von Lebensmitteln in Österreich für die Konsumenten tagtäglich mit gleichbleibender Qualität garantieren zu können, muss die Lebensmittelwirtschaft daher seit Jahrzehnten zusätzlich Rohstoffe und Halbfabrikate aus über 180 Ländern der Welt importieren. Die österreichische Agraraußenhandelsbilanz ist traditionell deutlich negativ. Positive Effekte für den Absatz auf dem Inlandsmarkt brachten 2019 das gute Ausflugs- und Grillwetter in den Som-

mermonaten und der boomende Tourismus. Offensive in der EU-Handelspolitik zur Stärkung des heimischen Standorts Weil der Druck am Inlandsmarkt enorm ist, hat der Export für die heimische Lebensmittelindustrie höchste Bedeutung. EU-Abkommen, die Türen zu anderen Märkten aufstoßen, sind daher essentiell. Die österreichische Lebensmittelindustrie begrüßt bilaterale Vereinbarungen der EU, die faire Wettbewerbsbedingungen für beide Seiten sicherstellen und in denen EU-Standards berücksichtigt sind. Flankenschutz durch die nächste Bundesregierung für Standort, Binnenmarkt und Export Die Lebensmittelindustrie zählt mit einer Bruttowertschöpfung von 16 Mrd. Euro zu den größten Branchen Österreichs und sichert in einer Gesamtschau aufgrund ihrer intensiven Verflechtung mit anderen Branchen rund 153.000 Arbeitsplätze. Jeder in der Branche erwirtschaftete Euro löst

weitere 1,23 Euro in anderen Branchen aus. Die nächste Bundesregierung sollte weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, unseren Produktionsstandort für Lebensmittel zu stärken und den Exportmotor auf Touren zu halten. Dazu zählen faire Spielregeln für die heimischen Hersteller im Inland, Support für unsere Lebensmittelexporteure auf politischer Ebene sowie ein sachlicher Diskurs über Handelsabkommen. Die Exportinitiativen der Bundesministerien für Nachhaltigkeit und Tourismus sowie Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und auch die Aktivitäten der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA sind Vorzeigebeispiele für erfolgreiche Partnerschaften und müssen für die Zukunft gestärkt werden. Die Devise kann nur sein: Volle Kraft in den Export! Denn heimische Lebensmittelhersteller schaffen Mehrwert – sowohl als Arbeitgeber als auch mit Steuern und Sozialbeiträgen sowie als wichtiger Partner in der Wertschöpfungskette. Diesen hohen volkswirtschaftlichen Stellenwert der ös-

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Ein Auszug der österreichischen Unternehmen der Lebensmittelindustrie

terreichischen Lebensmittelindustrie gilt es, auch künftig zum Wohle unserer heimischen Unternehmen und der zahlreichen mit diesen verbundenen Branchen nachhaltig abzusichern und auszubauen.

Daher muss auch der wichtigste Exportmarkt für heimische Lebensmittel – der EU-Binnenmarkt – abgesichert werden und darf nicht durch nationale Alleingänge geschwächt werden. Nur einheit-

Exportentwicklung Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie (ZK 16 bis 24, Volumen in Mio. €) HJ 18

HJ 19v

V% 18–19v

Anteil 19v

Gesamt

3.490

3.711

6,3

100,0

Deutschland

1.166

1.267

8,7

34,1

90

102

13,7

2,8

EU 27

2.401

2.539

5,8

67,4

EU 13

521

532

2,1

14,3

Europa gesamt

2.684

2.847

6,1

76,7

EU-Drittstaaten gesamt

1.090

1.171

7,5

31,6

EU-Drittstaaten außerhalb Europas

806

863

7,1

23,3

USA

466

524

12,5

14,1

Kanada

10

10

2,0

0,3

Japan

21

20

–3,7

0,5

Mercosur

29

45

52,0

1,2

Großbritannien

Quellen: Statistik Austria, FV der Lebensmittelindustrie

Exporte Österreichs – Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie

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liche Vorgaben auf EU-Ebene sind im Wettbewerb nicht diskriminierend, weil sie für alle Marktteilnehmer im Binnenmarkt gleichermaßen gelten – im Gegensatz zu nationalen Systemen. Auf ein „Gold Plating“ bei Anforderungen an heimische Lebensmittel muss verzichtet werden, u. a. bei der Kennzeichnung verpackter Produkte (Herkunft). Für die Lebensmittelindustrie ist auch mehr Fairness innerhalb der Lebensmittelkette gefragt. Die EU-weiten Regelungen gegen unlautere Geschäftspraktiken (UTP) müssen alle Marktteilnehmer schützen und ein Wohlverhalten entlang der Wertschöpfungskette im Binnenmarkt gewährleisten. Internationale Handelsbeschränkungen, wie die von US-Präsident Trump aktuell umgesetzten US-Strafzölle in Höhe von 25 %, werden auf eine Vielzahl an EU-Produkten (Österreich ist bei Käse und Fruchtsäften betroffen) eingehoben und im Sinne eines fairen Warenverkehrs als Einschränkung abgelehnt. Dass „Handelskriege“ am Ende keinem Marktteilnehmer Vorteile bringen, hat sich an verschiedensten Beispielen aus der Vergangenheit schon gezeigt. Josef Domschitz Fachverband der Lebensmittelindustrie, Wien


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STAATLICHES TIERWOHL? DASS DER WUNSCH NACH „MEHR TIERWOHL“ VON KONSUMENTEN, NGOS UND POLITIK IMMER LAUTER WIRD, IST KAUM ZU ÜBERHÖREN. DABEI IST DIE LANDSCHAFT AN TIERWOHL-LABELS AKTUELL VOR ALLEM DURCH SYSTEME AUF PRIVATRECHTLICHER GRUNDLAGE GEPRÄGT. ABER AUCH STAATLICHE SYSTEME RÜCKEN ZUNEHMEND INS ZENTRUM DER DISKUSSIONEN. LISA JÖCHLINGER

Freiwillige staatliche Labels – Dänemark und Deutschland als Vorreiter Dänemark startete 2017 mit einem staatlichen Tierwohlsiegel, das damals zunächst Schweinefleischprodukte mit erhöhten Tierwohlstandards kennzeichnete. 2018 wurde das System auf Hühnerfleisch ausgeweitet, im September 2019 reichte Dänemark eine weitere Notifizierung für eine freiwillige Tierschutzkennzeichnung bei der EU-Kommission ein, welche die Anwendung des bestehenden Siegels auf Rindfleisch- und Kuhmilchprodukte ausdehnen soll. 2019 zog auch Deutschland nach. Nach der EU-Notifizierung des Gesetzes für ein freiwilliges staatliches Tierwohlkennzeichen wurde dieses im September 2019 vom deutschen Bundeskabinett beschlossen. Dreistufige Kennzeichnung in Deutschland Mit dem deutschen Tierwohllabel werden vorerst nur Schweinefleischprodukte gekennzeichnet. Eine Ausweitung auf weitere Bereiche, wie Geflügel, ist be-

reits in Diskussion. Ziel der Tierwohlkennzeichnung ist die bessere Orientierung für Verbraucher, wie Bundesministerin Julia Klöckner betont: „Wir machen damit mehr Tierwohl von der Geburt bis zur Schlachtung sichtbar.“ Den Tierhaltern sollen dadurch weitere Anreize geboten werden, sich für mehr Tierwohl zu engagieren und schlussendlich bessere Vermarktungschancen durch einen Imagegewinn zu erlangen. Das System charakterisiert sich durch eine dreistufige Kennzeichnung, wobei die Anforderungen pro Stufe ansteigen. Schon die Kriterien zur Erlangung der Eingangsstufe liegen deutlich über dem gesetzlichen Standard. Die zweite Stufe sieht u. a. Anforderungen hinsichtlich eines Auslaufbereichs im Freien vor. Zum Erreichen der dritten Stufe, der „Premiumstufe“, wird deutlich mehr Platz, entsprechende Einstreu und Auslauf für die Tiere vorausgesetzt. Zudem sind Anforderungen zum Transport und der Schlachtung der Tiere verankert. Die Einhaltung der Kriterien wird zumindest zweimal jährlich durch eine unabhängige, vom Bundesamt zugelassene Kontrollstelle überprüft. Mindeststandards in der biologischen Produktion Durch die EU-weite Normung der biologischen Produktion kann sich der Verbraucher aber auch an der Bio-Kennzeichnung orientie-

ren. So sind in der biologischen Produktion der präventive Einsatz chemisch-synthetischer Arzneimittel und die Anbindehaltung verboten. Vergleicht man die Anforderungen der EU-BioVO etwa mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen Deutschlands, kommt die dritte Stufe oftmals an Bio-Standards heran. So ist beispielsweise in der biologischen Schweineproduktion eine Mindestsäugezeit von 40 Tagen vorgesehen, Stufe drei des deutschen Tierwohllabels sieht zumindest 35 Tage Säugung durch die Mutter vor. Das systematische Kupieren der Schwänze ist laut EU-BioVO nicht zulässig, und auch die Stufen zwei und drei im deutschen Tierwohlkennzeichen verbieten die Vorgangsweise. DI Lisa Jöchlinger, BSc, Fachverband der Lebensmittelindustrie, Wien

© BML.DE

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esetzliche Vorgaben zur Nutztierhaltung und zum Tierschutz regeln u. a. die Haltung, Fütterung, Säugung und den Transport von Nutztieren. Die Anforderungen wurden über die letzten Jahre bereits zunehmend verschärft. Klar ist, dass ein Label, das „mehr Tierwohl“ verspricht – egal ob privat oder staatlich – die gesetzlichen Vorgaben klar zu übertreffen hat.

Kriterien des staatlichen Tierwohlkennzeichens Deutschlands

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TIERWOHL BEGINNT IM KOPF Tierwohl ist in aller Munde. DOCH WAS VERSTEHT MAN DARUNTER EIGENTLICH? EINE DEFINITION DAZU ZU FINDEN, IST NICHT SO EINFACH, EXPERTEN SIND NICHT SELTEN UNEINS. TIERWOHL BEGINNT IM KOPF. IM GEGENSATZ ZUM TIERSCHUTZ, BEI DEM ES UM DIE EINHALTUNG VON NORMEN UND VORSCHRIFTEN IN DER TIERHALTUNG GEHT, GEHT DER BEGRIFF TIERWOHL WEITER. SCHLAGWÖRTER WIE TIERRECHT ODER TIERGERECHTIGKEIT WERDEN OFT IN DIESEM ZUSAMMENHANG GENANNT. MAX HÖRMANN

Doch Tierwohl gibt es nicht zum Dumpingpreis Eine aktuelle Studie der Universität Osnabrück zeigt recht ein-

©  LK ÖSTERREICH

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as Tierwohl umfasst die Aspekte körperliche Gesundheit, die Ausführbarkeit von natürlichen Verhaltensweisen („Normalverhalten“) und das emotionale Wohlbefinden der Tiere. Kaum eine Diskussion über Tierhaltung kommt ohne den Begriff Tierwohl aus. Ob es aber immer die qualifiziertesten Mitdiskutanten sind, sei an dieser Stelle dahingestellt. Bäuerinnen und Bauern sind landwirtschaftlichen Nutztieren am allernächsten. Sie arbeiten mit ihnen an 365 Tagen im Jahr oft mehrmals täglich im Stall oder im Freiland und sind für ihre Tiere voll und ganz da. Sie füttern, pflegen oder melken sie und bewirtschaften dafür Wiesen und Felder. Tierhaltung schafft so viele zusätzliche Umweltleistungen in der Landwirtschaft, wie den Erhalt und die Pflege des Grünlands, eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität, aber auch für den Tourismus in Österreich.

Mag. Max Hörmann, Landwirtschaftskammer Österreich, Wien

deutig, dass die Bereitschaft der Konsumenten, für Tierwohl mehr Geld auszugeben, begrenzt ist. So geht aus dieser Studie hervor, dass nur 16 Prozent der Kunden im Einzelhandel bereit sind, für Fleisch aus Haltungsformen mit mehr Tierwohl mehr Geld auszugeben. Diese, aber auch weitere ähnliche Studien belegen, dass zwischen dem gesellschaftlichen Wunsch nach einer „Wohlfühl-Landwirtschaft“ und der individuellen Bereitschaft jedes Einzelnen,

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 43 | 06. 2019

seinen Beitrag dazu zu leisten, eine große Kluft herrscht. Die Ergebnisse der aktuellen Roll­AMAAnalyse zeigen, dass Fleisch bei Frau und Herrn Österreicher nach wie vor sehr beliebt ist. Allen voran gilt Schweinefleisch als das beliebteste Fleisch hierzulande. Gleichzeitig ist der Trend zum „Außer-Haus-Konsum“ ungebrochen und auch eine starke Entwicklung hin zu Convenience- bzw. Fertig-/Halbfertigprodukten macht sich am Markt deutlich bemerkbar. Aus Sicht der Landwirtschaft ist die Treue der Österreicher zu Fleisch und Fleischprodukten erfreulich, jedoch merken wir auch, dass in eben diesen stark wachsenden Segmenten, wie Außer-Haus-Konsum und Convenience-Bereich, oft die qualitativ hochwertigen heimischen Produkte durch günstiger produzierte Waren aus anderen EU-Staaten bzw. Drittstaaten ersetzt werden. Wieviel Tierwohl ist der österreichischen Landwirtschaft zumutbar, im Lichte des internationalen Wett­bewerbs? Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass österreichische Alleingänge


für

Nürnberg, Germany

12. – 15.2.2020

nicht zielführend sind. Die Situation der heimischen Geflügelwirtschaft macht ganz klar, wie sehr sich strengere nationale Bestimmungen auf die heimische Produktion auswirken können. Faktum ist, dass wir in Österreich unter weit strengeren Rahmenbedingungen produzieren als der europäische Mitbewerb (siehe Tabelle Seite 14). Bekenntnisse zur österreichischen Produktion und Abgeltung des Mehrpreises werden gerne medienwirksam getätigt, aber die Umsetzung läuft nur kurz oder bleibt ganz aus. Resultat aus diesen nationalen Alleingängen ist, dass die österreichische Geflügelproduktion immer mehr an Marktanteil und somit an Bedeutung (vor allem im anonymen Bereich, wie Gastronomie oder bei verarbeiteten Produkten) verliert. Besonders drastisch ist dies im Bereich der Putenproduktion. Österreichische Tierschutzstandards sind hoch Es sind in Österreich vor allem die kleinen und mittleren Betriebe, die ihr Einkommen aus der Tierhaltung beziehen. Im Grünland und im Berggebiet ist die Tierhaltung überhaupt die einzige Einkommensmöglichkeit. Das österreichische Bundestierschutzgesetz ist im EU-Vergleich, ja weltweit, eines der umfassendsten und strengsten. Um Österreich auch weiterhin als Tierschutz-Musterland zu verstehen, bedarf es einer stetigen Weiterentwicklung der Standards mit Maß und Ziel. Strengere Regeln als in der EU dürfen jedoch nicht produktionsverhindernd oder existenzgefährdend für die Tierhalter werden. Weder Tierschutz noch Verbraucher hätten auf Sicht etwas davon, wenn bestimmte Tiere nicht mehr in Österreich gehalten werden können und ihre Erzeugnisse aus Ländern mit niedrigeren Standards importiert werden müssen. Tierwohl braucht den Markt und mehr Transparenz Der tägliche Einkauf, ein genussvolles Essen im Restaurant oder in der Kantine, das ist der Markt. Im Lebensmittelhandel treffen Produkte aus der ganzen Welt, erzeugt nach den unterschiedlichsten Herstellungs- und auch Tierhaltungsstandards, aufeinander. Nicht immer ist die Herkunft von Fleisch, Eiern und anderen Rohwaren, aus und mit denen sie produziert wurden, transparent. So ist zwar in Österreich die Käfighaltung von Legehennen längst verboten, trotzdem werden noch immer Käfigeiprodukte aus vielen anderen EU-Staaten und Drittstaaten eingeführt und zu Lebensmitteln verarbeitet, ohne dass dies ersichtlich ist. Auch in der Gastronomie ist über weite Strecken für den Gast nicht erkennbar, woher die Lebensmittel stammen bzw. wie die Tiere dabei gehalten wurden. In dieser Situation haben es österreichische Qualitätserzeugnisse, erzeugt nach höchsten Standards, sehr schwer, mit billigeren Produkten mitzuhalten. Daher ist die Kennzeichnung von Lebensmitteln nach Herkunft oder Haltungsform eine unbedingte Forderung. Die Kennzeichnung der Herkunft sagt dem Konsumenten, für welchen Standard er bezahlt. Der tägliche Einkauf ist somit auch eine tägliche Abstimmung über Standards im Tierwohl. Daher sollten alle, die am Tierwohl interessiert sind, beim Einkauf auf Herkunft, Qualität und Markenzeichen, wie das AMA-Gütesiegel, achten. Mehr Transparenz durch klare Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsform unterstützt die Ver-

Zut r Fac itt nur hbe suc her

13

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14 wirtschaft economy

Segmente 2018

Fleisch inkl. Geflügel im Lebensmittelhandel wertmäßiger Marktanteil

mengenmäßiger Marktanteil Rind- & Kalbsfleisch Schweinefleisch

Rind- & Kalbsfleisch

Schweinefleisch

14 %

22 %

29 %

28 % 23 %

Sonstiges Fleisch & Geflügel

Hühnerfleisch

5% 19 %

Sonstiges Fleisch & Geflügel

10 % Putenfleisch

Faschiertes

21 %

5% 14 %

Faschiertes

Hühnerfleisch

10 % Putenfleisch

Quelle: © RollAMA/AMA-Marketing, n = 2.800 Haushalte in A

Ergebnisse der RollAMA-Analyse

braucher dabei. Denn Tierwohl ist eine verbindliche Aufgabe für die gesamte Kette, vom Feld und Stall bis zum Teller, und nicht nur für die Landwirte. Tatsächlich ist Tierwohl nur zu jenen Kosten möglich, die der Konsument auch zu tragen bereit ist. International verbindliche Tierwohl-Standards durchsetzen Internationale Finanzinstitutionen (EBRD, Weltbank, AIB etc.) fördern den Bau

von großen Tierhaltungsanlagen in vielen Schwellenländern und Drittstaaten. Doch dabei wird die Einhaltung von Tierwohl-Standards so gut wie nirgends vorausgesetzt. Erzeugnisse aus diesen Investitionen in die Geflügel- und Schweinehaltung oder Aquakultur werden trotzdem in die EU importiert. Wir fordern daher, dass auch beim Import von Lebensmitteln tierischen Ursprungs unsere hohen Tierhaltungsstandards eingehalten werden müssen, wenn für deren

Masthuhn

Pute

EU-Vorgabe

max. 42 kg/ m²

Keine EU-weiten Vorgaben

Umsetzung in Österreich derzeit

max. 30 kg/m²

max. 40kg/m²

Umsetzung in ausgewählten EU Ländern Deutschland

max. 39kg/m²

Italien

max. 39 kg/m²

Dänemark

max. 40 bzw. 42 kg/m²

Finnland

max. 39 kg/m²

Schweden

max. 36 kg/m²

England

*)

Keine gesetzlichen Regelungen

max. 39 bzw. 42 kg/m²

Luxemburg

max. 33 kg/m²

*) freiwillige Branchenvereinbarung 58 kg/m²

Tabelle: Rahmenbedingungen europäische Geflügelproduktion im Vergleich

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 43 | 06. 2019

Erzeugung EU-Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Landwirtschaft ist offen für Diskussion und Weiterentwicklung Der technologische Fortschritt in der Landwirtschaft schreitet rasant voran. Dabei zeigt sich immer wieder, dass neue technische Lösungen zu einer Weiterentwicklung des Tierwohls führen. Dennoch sind in manchen Bereichen Lösungen nicht so einfach umsetzbar, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. So ist der Verzicht auf chirurgische Eingriffe, z. B. bei der Ferkelkastration, durchaus auch im Interesse der Landwirtschaft. Die Alternativen müssen jedoch praxistauglich sein und den Anforderungen des Marktes, der Wirtschaft und der Arbeit des Bauern Rechnung tragen. Daher werden mit Förderungen von Investition bzw. von Projekten für Forschung und neue Verfahren, aber auch mit Best-Practice-Beispielen und mit laufender Weiterbildung alle Anstrengungen unternommen, die Standards zu verbessern. Die Landwirtschaft ist offen für Diskussion und Weiterentwicklung. Der Dialog ist zwingend notwendig, denn realitätsfremde Vorstellungen münden leicht in realitätsferne Forderungen. Mag. med.vet. Max Hörmann, Landwirtschaftskammer Österreich, Wien


15 wirtschaft economy

HERAUSFORDERUNG TIERWOHL NACH DEM BIO-BOOM UND DEM TREND ZUR REGIONALITÄT WIRD VON KONSUMENTEN UND NGOS IMMER ÖFTER „MEHR TIERWOHL“ NACHGEFRAGT BZW. MEDIAL THEMATISIERT. AUCH DIE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT SIEHT DARIN EINEN TREND. WIE GEHT DIE AMA-MARKETING (AGRARMARKT AUSTRIA MARKETING GMBH) MIT DIESER QUALITÄTSANFORDERUNG BEI TIERISCHEN LEBENSMITTELN UM? WELCHE SCHRITTE WURDEN GESETZT? EIN ÜBERBLICK. ANDREAS HERRMANN

© AMA

U

m einen Überblick über die Marktsituation bei Fleisch und die Entwicklungen zu erhalten, ist die Auswertung der Daten von Statistik Austria und AMA hilfreich. Dabei zeigt sich, dass seit rund 20 Jahren der Pro-Kopf-Konsum von Fleisch inkl. Geflügel nur sehr geringen Schwankungen unterworfen ist, aber generell leicht zurückgeht. All-time-High war das Jahr 2000 mit 68,4 Kilogramm, während der tiefste Wert 2017 mit 63,6 kg erreicht wurde. Schweinefleisch allein erreichte im Jahr 2000 davon 42,8 kg (also nicht ganz zwei Drittel) bzw. 37,2 kg (rund 59 %) in den Jahren 2017 und 2018. Die beliebtesten Fleischarten sind laut RollAMA Motivanalyse Hühnerfleisch, das von 92 % der Befragten gern gekauft wird, und mit 90 % dicht dahinter Faschiertes. Weit abgeschlagen sind hingegen Wild (25 %) und Lammfleisch (21 %). Das erscheint unter dem Gesichtspunkt des Tierwohls ungewöhnlich.

Mag. Andreas Herrmann, AMA-MArketing, Bereichsleiter Qualitätsmanagement Landwirte Rind/Schwein; Nachhaltigkeit

Bei einer Befragung nach den Gründen für eine Reduktion des Einkaufs von Schweinefleisch werden vor allem der Gesundheitsaspekt (72 %) und der Aspekt der Tierhaltung (58 %) genannt: Daraus kann abgeleitet werden, dass

immerhin 6 von 10 Befragten Tierwohl als Begründung für eine Änderung der Einkaufsgewohnheiten im Sinne einer Reduktion des Einkaufs angeben. Andererseits wird von den Konsumenten im Hinblick auf die Haltungsbedingungen die Puten- und Hühnermast als am wenigsten artgerecht eingeschätzt. Beim Einkauf ist jedoch die gegenteilige Entwicklung gegeben, hier kommt es eher zu einer Steigerung. Der Anteil jener Menschen, die entweder auf Fleisch verzichten (Vegetarier) oder als Veganer alle tierischen Bestandteile der Nahrung ablehnen, ist immer noch erstaunlich gering im Vergleich zur medialen Darstellung. In der Bevölkerung gesamt bezeichnen sich im Jahr 2019 gerade 3,7 % als Vegetarier und 1,2 % als Veganer. Tierwohl als Differenzierungsthema In der RollAMA-Motivanalyse vom Jänner/ Februar 2019 wurde die Zustimmung zu Aussagen über Fleisch abgefragt (Summe

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16 wirtschaft economy

© AGRARFOTO.COM

aus den Kategorien „stimme voll und ganz zu“ und „stimme eher zu“): • Wenn ich Fleisch kaufe, achte ich besonders auf Angaben zum Tierwohl: 52 % • Ich würde mir ein größeres Angebot an Biofleisch wünschen: 48 %

Diese Angaben überraschen einigermaßen, da sie nicht mit den Daten der tatsächlich eingekauften Produkte übereinstimmen. Denn der Marktanteil von Fleisch mit höherer Tierwohl-Kennzeichnung bzw. Biofleisch müsste höher sein, was nicht

Angaben in % , n = 1.504 Befragte, Basis: verzehrt tierische Lebensmittel Quelle: RollAMA-Motivanalyse 2016/AMA-Marketing

Abbildung 1: Was versteht der Konsument unter Tierwohl (artgerechter Tierhaltung)?

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 43 | 06. 2019

mit dem preisbewussten Einkauf und den sinkenden Ausgaben für Lebensmittel generell übereinstimmt. Was genau Konsumenten unter „artgerechter Haltung“ verstehen, wurde bereits 2016 abgefragt. Leider halten gerade die beiden ersten Angaben einer fachlich fundierten Überprüfung nicht stand. Vor allem im Bereich Geschmack unterscheidet sich Fleisch von Tieren, die unter höheren Standards gehalten wurden, nicht von jenem aus herkömmlicher Haltung. Ein ganz wesentliches Kriterium für Tierwohl sind höhere Kosten, die durch entsprechende Maßnahmen entstehen. Diese müssen über den Verkaufspreis von den Konsumenten auch abgegolten werden. Die Wirklichkeit des Einkaufsverhaltens ist von den sozial erwünschten Aussagen bei Befragungen entfernt, denn da sind nur etwa 10–15 % (statt der 55 %) bereit, tatsächlich einen rund um ein Viertel höheren Preis zu bezahlen. Tierwohl und AMA-Gütesiegel Grundsätzlich berücksichtigt das AMA-Gütesiegelprogramm mit der Basiszertifizierung bereits wichtige Aspekte des Tierwohls, z. B.:


17 wirtschaft economy

Angaben in % , n = 1.504 Befragte, Basis: verzehrt tierische Lebensmittel Quelle: RollAMA-Motivanalyse 2016/AMA-Marketing

Abbildung 2: Einstellung zu höheren Preisen für Tierwohl

• Platzbedarf – Bewegungsfreiheit • Luftversorgung • Lichtverhältnisse • Versorgung/Betreuung der Tiere • Futtermittel guter Qualität • Tiergesundheit – Tiergesundheitsdienst/Tiertransport Zusätzlich gibt es ein eigenes Modul, mit dem in Form einer Zusatzzertifizierung den Aspekten des Tierwohls besonders Rechnung getragen werden kann. Die Erhöhung des Tierwohls erfolgt über mehr Platz und verbesserte Möglichkeiten zu natürlichen Verhaltensweisen. Die speziellen Anforderungen bei Rindern: • ca. 40 % mehr Platz (im Stall oder Auslauf), • eingestreute weiche trockene Liegefläche (Stroh, Sägespäne etc.) sowie • nicht erlaubte Vollspaltenböden. Dieses Modul haben rund 400 Teilnehmer zusätzlich gewählt. Bei Schweinen sind dieselben Anforderungen – leicht adaptiert – einzuhalten: Es sind ca. 60 % mehr Platz und Heu bzw. Stroh als Beschäftigungsmaterial anzubie-

ten. Momentan nehmen rund 70 Landwirte an diesem Modul teil. Eigene Kennzeichnungen mit dem AMA-Güte­ siegel und der Modulkennzeichnung „+Mehr Tierwohl“ ermöglichen den Konsumenten eine Erkennung. Verschiedene Markenprogramme setzen im Bereich Tierwohl Akzente, wie Tann schaut drauf, Fair zum Tier!, Fair Hof, Gustino Stroh oder Hütthalter Hofkultur, um einige zu nennen. Chancen und Herausforderungen für „Mehr Tierwohl“ Um die erhobenen Konsumentenerwartungen erfüllen zu können, wäre insbesondere der Geschmack als Unterscheidungsmerkmal wichtig. Die Erfüllung dieser Anforderung kann nur in Kombination mit anderen Kriterien wie Rasse oder Fütterung erreicht werden. Auch bei der Abgeltung höherer Kosten durch einen Mehrpreis gilt es, genau herauszufinden, wie viel Steigerung notwendig/möglich ist. Sofern der Mehrpreis zu hoch ist, wird er von den Konsumenten nicht bezahlt. Ist die Differenz zu niedrig, leidet die Glaubwürdigkeit. Besonders kritisch wird es, wenn es um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage geht. Hier zeigt

sich, dass mehr Produzenten bereit wären, eine Umstellung der Produktion vorzunehmen. Die Abnehmer können die Ware derzeit aber noch nicht in dem Umfang verkaufen, sprich, die Nachfrage ist zu gering. Allerdings sind auch andere Fragen zu klären. Wie sollen das AMA-Gütesiegel und die AMA-Biosiegel-Produktion mit dem Thema umgehen? Reichen die vorliegenden Zusatzmodule oder braucht es zusätzliche Kennzeichnungen, die aber wiederum von den Konsumenten „erlernt“ werden müssen? Wie wichtig ist Tierwohl bei Fleischwaren wie Wurst oder Schinken? Reicht Tierwohl allein oder müssen Futtermittel, Regionalität, Rassen etc. als weitere Parameter angegeben werden, um den Konsumenten zu erreichen? Jedenfalls muss es gelingen, die Wertschätzung gegenüber dem Lebensmittel Fleisch generell zu erhöhen und langfristig ein höheres Preisniveau zu erreichen, damit Tierwohl zu erzielen und Landwirte zu motivieren, weiterhin hochqualitative Lebensmittel in Österreich zu erzeugen. Mag. Andreas Herrmann Bereichsleiter Qualitätsmanagement Landwirte Rind/Schwein; Nachhaltigkeit, AMA-Marketing GmbH, Wien

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ZUM WOHL! Nachhaltigkeit ist in aller Munde und macht gerade vor dem Essen nicht halt. BESONDERS IM VISIER IST DABEI DER KONSUM TIERISCHER PRODUKTE: SOJA-FUTTER AUS SÜDAMERIKA UND DAMIT EINHERGEHENDER GERODETER REGENWALD, HOHE TREIBHAUSGASEMISSIONEN SOWIE KONVENTIONELLE NUTZTIERHALTUNG STEHEN ZUNEHMEND IN DER KRITIK. ZU BEOBACHTEN IST EIN WERTEWANDEL HIN ZU MEHR TIER- UND UMWELTSCHUTZ, UND DIES ALS LANGFRISTIGER GLOBALER TREND. GANZ OBEN STEHT DAS TIERWOHL. MARLIES GRUBER

R

und um den Konsum von tierischen Produkten sind seit vielen Jahren von unterschiedlichen Seiten heiße Diskussionen zu beobachten: neben ökologischen und gesundheitlichen kommen auch stets ethische Überlegungen zur Nutztierhaltung aufs Tapet. Wie in kaum einer anderen Branche scheinen sich hier im Dreieck zwischen landwirtschaftlicher Realität, gesellschaftlicher Wahrnehmung und gesellschaftlicher Erwartung große Kommunikations- und Wissenslücken aufzutun. Entfremdung auf beiden Seiten ist das Schlagwort dafür: die Landwirtschaft von der Gesellschaft, wenn Ansprüche und Erwartungen verschlafen werden (dass z. B. hohe Besatzungsdichten oder das Kupieren von Schwänzen nicht mehr akzeptiert werden), und die Gesellschaft von der Landwirtschaft, wenn ein offenes Hinschauen und Informieren über die realen Produktionsbedingungen dem Verbreiten von Klischees weicht. Nun werden höhere Tierwohl-Standards von immer mehr Anspruchsgruppen gefordert. Doch sind die Menschen auch bereit, an der Supermarktkasse mehr für Eier, Fleisch, Milch und Käse zu zahlen? Tierwohl unter der Top-3-Kriterien Nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und hoher Qualität rangiert an dritter Stelle der wichtigsten Aspekte beim Lebensmitteleinkauf das Tierwohl, so die Ergebnisse einer Umfra-

ge von marketagent Anfang des Jahres mit 1.000 Personen (Drabek, Schwabl, 2019). Acht von zehn Konsumenten geben an, dass ihnen das Tierwohl sehr bzw. eher wichtig ist. Allerdings ist nur ein Drittel „auf jeden Fall“ bereit, einen höheren Preis dafür zu bezahlen, und zwar etwa 14 % mehr. Dabei zeigt sich: je jünger die Konsumenten, desto höher darf der Aufpreis sein. Bei den bis 19-Jährigen sind das immerhin 20 %. Im Gegensatz dazu akzeptiert die 60+-Generation nur ein Plus von 8 %. Grundsätzlich aber stellt sich die Frage, wie hoch bei solchen Umfragen der Anteil sozial erwünschter Antworten ist. Der Reality-Check erfolgt ohnehin am Markt. Hier deuten Erfahrungen aus der Schweiz auf ein ernüchterndes Ergebnis hin: nur etwa 30 % des Schweinefleischs aus tierfreundlicher Haltung können zum Mehrpreis verkauft werden. Coop teilte Ende 2018 mit, 2020 das Tierwohl-Label «Naturafarm» mangels Absatz bei Mastkälbern und Schweinen einzustellen beziehungsweise zu reduzieren. Es wird deutlich mehr Fleisch aus artgerechter Haltung produziert als die Konsumenten verlangen. Auch in Österreich haben manche Lebensmitteleinzelhändler eigene Tierwohl-Standards etabliert, die noch über die freiwilligen Tierwohl-Module des AMA-Gütesiegels hinausgehen. Fairhof von Hofer etwa rückt nicht nur die Fairness den Tieren, sondern auch den Bauern gegenüber in

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den Mittelpunkt. Ob das Programm langfristig wirtschaftlich sein wird, wird sich zeigen – dass es Reputationsgewinn bringt, steht außer Frage. Auslauf und mehr Platz Mit einer hypothetisch erfassten Zahlungsbereitschaft für Produkte aus artgerechterer Haltung wurden bisher nur sehr allgemeine Ableitungen erhoben. Welche Aspekte Konsumenten konkret berücksichtigt haben möchten, bleibt oft unklar, und das Ausmaß der erhöhten Zahlungsbereitschaft variiert stark je nach Tierart und Produkt. Bei Eiern wurde in einer Umfrage aus 2005 (Carlsson, 2005) die höchste Zahlungsbereitschaft für ein Verbot der Käfighaltung erfasst. Seither hat sich in puncto Legehennenund Masthuhnhaltung auch viel getan. Im EU-Vergleich liegt die österreichische Geflügelbranche ohnehin im Spitzenfeld: „Masthühner haben hierzulande 40 % mehr Platz als in der restlichen Europäischen Union. Bei den Puten gibt es auf der europäischen Ebene gar keine Regelung, wie sie gehalten werden. Bei uns aber haben die Tiere mehr Licht und mehr Luft, sie sind gesünder. Und das ist der Grund, warum eine Putenbrust aus Polen den halben Preis hat wie eine österreichische“, sagt DI Michael Wurzer, Geschäftsführer der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Geflügelwirtschaft beim diesjährigen f.eh-Symposium im Oktober. Er fordert eine klare Kennzeichnung


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©  ADOBE STOCK – FOTTOO

und die öffentliche Beschaffung in die Pflicht zu nehmen. Eine Übersichtsarbeit von Petershammer et al. (2016) weist darauf hin, dass bei Schweinehaltung die höchste Zahlungsbereitschaft für mehr Platz (Bestandsbegrenzung) und mobile Schlachtung bestünde. Als weiteres wichtiges Attribut wird die Weidehaltung im Sommer genannt. Ein Vorzeigebetrieb in Österreich ist der Biohof Labonca im steirischen Burgau. Die Schweine haben dort auf 250.000 m² Weideflächen großzügigen Freilauf – das ganze Jahr über. Der Transport zum Schlachthof entfällt, weil das eigene Schlachthaus an die Weide angrenzt. 2010 erhielt Labonca-Gründer Norbert Hackl den Bundestierschutzpreis vom damaligen Gesundheitsminister Stöger verliehen, mit dem Hinweis auf den Respekt, der den Tieren gezollt wird, und die biologische Freilandhaltung. Freilich, auch diese tierfreundliche Haltung hat ihren Preis, den nicht alle Konsumenten zahlen können oder wollen. Preissensibel ≠ Desinteresse Grundsätzlich geht man davon aus, dass Menschen utilitaristisch handeln, dass sie also in klarer Kosten-Nutzen-Abwägung das für sie Vernünftigste kaufen. Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) untersuchten, ob und welche moralischen Haltungen dem Konsum zugrunde liegen (Frey &

Pirscher, 2018). Die Auswertung von rund 1.300 Datensätzen aus der Umfrage zum Tierwohl belegt einen großen Wertepluralismus in der Gesellschaft. Nicht alle Menschen denken immer nur an ihren Nutzen. Besonders in Fragen des Tierwohls fänden sich in zunehmendem Maße altruistische Haltungen und Tierrechtspositionen in der Gesellschaft. Vor allem Menschen mit einem allgemeinen Umweltbewusstsein sind bereit, am meisten für Tierwohl auszugeben. Die absoluten Zahlungsverweigerer machten in dieser Untersuchung nur 9 % aus. Mehr als die Hälfte von ihnen sorgt sich zwar dennoch um das Wohl von Tieren, lehnt es aber ab, moralische Fragen über den Markt zu lösen. Höhere Tierwohl-Standards sollten dieser Konsumentengruppe zufolge über politische Maßnahmen geregelt werden. Lücken schließen Trivial ist es nicht, „gesellschaftliche Ansprüche“ festzustellen. Medienanalysen, Volksbegehren, Demonstrationen oder Konsumänderungen geben ebenso Hinweise wie Befragungen zu Einstellungen und zu Kauf­ entscheidungen. Moralische Haltungen spiegeln sich jedoch nicht zwingend im tatsächlichen Kaufverhalten wider: Fehlender Zahlungswille ist nicht automatisch mit Desinteresse gleichzusetzen. Genauso gilt umgekehrt, dass eine grundsätzliche Zahlungsbereitschaft sich nicht am Markt bestätigen muss. Festzuhalten ist jedoch, dass die Gruppe

derjenigen, denen artgerechte Haltung wichtig ist, deutlich größer ist als die, die tatsächlich bereit ist, dafür zu zahlen. Mehr Tierwohl erfordert eine höhere Wertschätzung des Produkts und der Produzenten, einen ehrlichen und offenen Dialog, realistische Bilder, und einen neuen gesellschaftlich akzeptierten Code of Conduct in der Nutztierhaltung. Dafür braucht es Anstrengungen von Seiten der Politik ebenso wie der (Land-)Wirtschaft, den NGOs und Konsumenten. Dr. Marlies Gruber, Geschäftsführerin forum. ernährung heute, Wien Literatur www.ernaehrung-nutrition.at

Tipp —

Fit beim Thema Fleisch? Im Online-Fleisch-Quiz unter www.forum-ernaehrung.at/ quiz/fleisch können Sie Ihr Wissen testen.

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MEHR WISSEN ÜBER LEBENSMITTEL Das tut sich bei „Österreich isst informiert“ VON EINBLICKEN IN DIE LEBENSMITTELHERSTELLUNG ÜBER ANGABEN AUF DER VERPACKUNG BIS HIN ZU LAGERUNGSTIPPS: DIE ONLINE-WISSENSPLATTFORM „ÖSTERREICH ISST INFORMIERT“ KLÄRT SEIT ANFANG 2018 ÜBER LEBENSMITTEL AUF. EIN RÜCK- UND AUSBLICK. CLAUDIA RIEDMANN

D

ie Debatten über Palm­ öl oder Zucker in Lebensmitteln zeigen, wie rasch sich Vorurteile in den Köpfen festsetzen können. Die überspitzte mediale Auseinandersetzung verunsichert Konsumenten und begünstigt die Entstehung von Mythen. Um dem entgegenzuwirken, wurde die Online-Wissensplattform oesterreich-isst-informiert.at ins Leben gerufen. Ihr Anspruch: faktisch über Lebensmittel zu informieren und Sachlichkeit in den öffentlichen Diskurs zu bringen.

Rund 100 Beiträge Seit dem Launch der Plattform Anfang 2018 hat sich viel getan: „Mit den ersten rund 100 Artikeln zu Lebensmitteln, deren Herstellung in unserer modernen Zeit sowie den Menschen in der Branche haben wir eine gute Basis geschaffen. Die positive Resonanz bestärkt uns darin, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen – nämlich sachlich und mit wissenschaftlich fundierten Fakten über Lebensmittel aufzuklären“, erklärt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie.

Auf „Österreich isst informiert“ finden Interessierte Wissen zur Lebensmittelverarbeitung, Eckdaten zur Lebensmittelindustrie und Tipps zum Umgang mit Nahrungsmitteln. Welche Themen bei den Konsumenten am besten ankommen, zeigt die laufende Auswertung: Am häufigsten angeklickt werden Beiträge rund um Nährwerte, Allergene, Kennzeichnung sowie das Mindesthaltbarkeitsdatum. „Viele Menschen interessiert einfach, was in Lebensmitteln enthalten ist und was die Kennzeichnung auf der Verpackung bedeutet. Diese Aspekte werden daher weiterhin einen Schwerpunkt bilden“, so Koßdorff. Ein nachhaltiger Herbst Bewährt haben sich auch die quartalsweisen Themenschwerpunkte. Nach Zucker und Lebensmittelwerbung steht im Herbst ein weiteres Hot Topic auf dem Redaktionsplan: die nachhaltige Verpackung von Lebensmitteln und Getränken im Kontext der Kreislaufwirtschaft. Der inhaltliche Bogen reicht von den rechtlichen Grundlagen – wie der EU-Einwegkunststoffrichtlinie – über das heimische Sammel- und Recyclingsystem bis zu Smart Packaging.

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Auch auf „Österreich isst informiert“ spiegelt sich die aktuelle Klimadebatte wider. Der Verpackungsschwerpunkt ist Teil einer intensiveren Auseinandersetzung mit einer umweltfreundlichen und zukunftsfähigen Lebensmittelproduktion. In der Lebensmittelindustrie existieren bereits zahlreiche Initiativen für nachhaltiges Wirtschaften – sie werden nun Schritt für Schritt vor den Vorhang geholt. Menschen aus der Branche Die Plattform vermittelt aber nicht nur Wissen, sondern zeigt auch die Leistungen der Hersteller auf. So werden die Interviews mit CEOs von Lebensmittelunternehmen aus der Zeitschrift „Die Ernährung“ laufend für „Österreich isst informiert“ aufbereitet. „Damit können wir die Werte und den Einsatz der heimischen Unternehmen einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen“, sagt Katharina Koßdorff. Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe – ist doch der Beitrag der Lebensmittelindustrie für die Wirtschaft und die Gesellschaft vielen Menschen gar nicht bewusst. Als einer der größten Arbeitgeber des Landes sorgt die Lebensmittelindustrie für Beschäftigung und trägt zur regio-


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©  FOTOLIA – GOIR

nalen Wertschöpfung bei. Das zeigt sich auch auf „Österreich isst informiert“ in Artikeln zur Aus- und Weiterbildung oder zu den Karriereaussichten in der Lebensmittelindustrie. So wurden unter anderem bereits die Lehren für Lebensmitteltechnik sowie Brau- und Getränketechnik präsentiert. Künftig sind auch Porträts von Fachkräften geplant, die die unterschiedlichen Berufsbilder in der Branche veranschaulichen. Gefragte Kooperationen Um die Initiative der Lebensmittelindustrie in der Breite bekannt zu machen, wurden im Frühjahr in einer mehrteiligen Medienkooperation mit der Neuen Kronen Zeitung österreichweit Themen ausgespielt. In der Serie „Unsere Lebensmittel“ kamen sowohl Fachexperten zu Wort als auch einzelne Unternehmen und Branchen. Durch die mediale Verbreitung stiegen in diesem Zeitraum die Zugriffe auf die Wissensplattform. Mit integrierten Themenportalen bietet „Österreich isst informiert“ außerdem Platz für Brancheninhalte. Den Anfang machte das Forum Natürliches Mineralwasser: Im Bereich „Natürliches Mineralwasser“ (oesterreich-isst-informiert.

at/natuerliches-mineralwasser) wird der heimische Durstlöscher aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: von der rechtlichen Lage über die Entstehung von Mineralwasser bis hin zum Mineralwassermarkt oder zu Verpackungstrends. Videos und Quizformate Künftig stehen Storytelling und Interaktion noch stärker im Fokus: So sind Videos aus der Produktion sowie Quizformate geplant. „Heute reicht es nicht mehr aus, nur Fakten zu bieten. Den Lesern ist es wichtig, Inhalte selbst nachzuvollziehen und zu erleben. Wir laden unsere Mitglieder daher ein, sich aktiv mit Einblicken in ihre Produktionswelten einzubringen“, so Koßdorff. Unterstützt von einem Team an Lebensmittelexperten, Webdesignern und Redakteuren wird die Wissensplattform laufend inhaltlich und technisch ausgebaut. Das Redaktionsteam greift aktuelle Produktions- und Lebensmitteltrends in den Beiträgen auf. Die professionelle Suchmaschinenoptimierung sowie die Bewerbung der Inhalte über Google Ads tragen dazu bei, die Reichweite zu erhöhen. Kurz gesagt: Es bleibt spannend auf der

Plattform – und wir freuen uns, wenn Sie auf „Österreich isst informiert“ vorbeischauen. Dr. Claudia Riedmann Schreibagentur, Redaktionsleitung „Österreich isst informiert“, Wien

Jetzt Newsletter abonnieren und informiert bleiben! — Die Wissensplattform „Österreich isst informiert“ klärt über Lebensmittel sowie ihre Herstellung auf und zeigt, was dahintersteckt. Sie wollen sich selbst ein Bild machen? Dann bleiben Sie am Ball und abonnieren Sie den Newsletter – ganz einfach auf oesterreich-isst-informiert.at/newsletter.

volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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ZUKUNFT FLEISCH­ ALTERNATIVEN DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT MARKUS KEITZER, VORSTANDSMITGLIED DER PHW-GRUPPE (PAUL-HEINZ WESJOHANN), ÜBER ALTERNATIVEN ZUM FLEISCHKONSUM, WELCHE ENTWICKLUNGEN BEREITS MARKTREIF SIND, IN WELCHE RICHTUNG SICH DER MARKT ENTWICKELN WIRD UND WELCHE ROLLE DAS UNTERNEHMEN IN RECHTERFELD, NIEDERSACHSEN, EINNEHMEN WILL. ES BESCHÄFTIGT ETWA 6.800 MITARBEITER UND MACHT RUND 2,58 MRD. EURO UMSATZ IM JAHR. DIE GESCHÄFTSFELDER SIND GEFLÜGELSPEZIALITÄTEN UND GEFLÜGELVERMEHRUNG, TIERERNÄHRUNG UND -GESUNDHEIT, HUMANERNÄHRUNG UND -GESUNDHEIT SOWIE ALTERNATIVE PROTEINQUELLEN. LISA JÖCHLINGER

D

ie Ernährung: Das Angebot alternativer Proteinquellen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das Bedürfnis des Verbrauchers nach Alternativen zu tierischen Produkten? Markus Keitzer: Pflanzliche Alternativen werden in Zukunft einen signifikanten Marktanteil haben. Unserer Einschätzung nach wird der Konsum von Fleisch aber auch in Zukunft einen bedeutenden Anteil haben. Wie bei anderen Angebotsformen auch, wird es hier

zu einem Nebeneinander der Produkte kommen und der Verbraucher wird entscheiden, zu welchem Produkt er greifen möchte. Laut IRI Symphony konnte zuletzt ein Wachstumsplus bei den Fleisch­ ersatzprodukten erzielt werden: Der Absatz für Fleischersatzprodukte ist im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 um 20,24% gestiegen. Welche Zielgruppe soll mit Produkten aus alternativen Proteinquellen angesprochen werden?

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 43 | 06. 2019

Keitzer: Die neuen Produkte zielen überhaupt nicht mehr auf die erste Generation der Veganer ab, die rein aus ideologischen Gründen vegan leben. Die neuen Unternehmen, mit denen wir Partnerschaften geschlossen haben, schaffen ein Geschmackserlebnis, das sehr nah an das Original herankommt. Aussehen, Struktur, das Beiß- und Zubereitungsverhalten sind nahezu identisch. Das macht die Produkte für Flexitarier interessant, die sie als Alternative zum Fleisch sehen, und damit für einen richtig großen Markt. Wenn das Produkt


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schmeckt, sind die Kunden durchaus bereit, immer mal wieder einen Tag auf Fleisch zu verzichten. Wie ist die Einstellung der Konsumenten zu den hoch verarbeiteten Fleischalternativen? Wird dabei akzeptiert (Emulgatoren, Verdickungsmittel etc.), was bei anderen Produktgruppen verstärkt hinterfragt wird? Keitzer: Wir haben bislang viele positive Rückmeldungen sowohl zu unseren eigenen Veggie-Produkten als auch zu den Fleischalternativen unserer Vertriebspartner erhalten. Besonders die veganen Produkte der zweiten Generation kommen dem Original im Geschmack sehr nahe. Am Ende muss jeder Verbraucher selber entscheiden, welche Produkte er konsumieren möchte. Als Lebensmittelhersteller ist es unsere Aufgabe, Angebote für verschiedene Kundenpräferenzen zu schaffen. Wie ist die Preisentwicklung bei den Fleischalternativen? Der erste Laborfleisch-Burger hat angeblich 200.000 Euro gekostet. Jetzt steckt viel Venture Capital in den Start-ups. Wann werden diese finanziell erfolgreich sein? Keitzer: Das Produkt wird günstiger werden. Ich kann mir vorstellen, dass es sich zuerst im Premiumbereich etabliert. Über die Jahre wird es sich mit der Verbesserung der Produktionsverfahren verbilligen. Die Entwicklung kann in etwa mit dem des Handys verglichen werden. Die PHW-Gruppe ist Deutschlands größter Geflügelzüchter und -verarbeiter. Gleichzeitig werden Partnerschaften mit verschiedenen Unternehmen geschlossen, die sich auf die Herstellung von Fleischalternativen spezialisieren. Widerspricht sich das? Keitzer: Wir verfolgen einen differenzierten Ansatz und halten nichts von Schwarz-weiß-Szenarien. Unsere Aufgabe als Lebensmittelhersteller ist es, für den Verbraucher möglichst viele verschiedene und überzeugende Angebote zu schaffen. Das tun wir: Wir bieten dem Verbraucher eine breite Produktpalette von konventionell erzeugtem Geflügelfleisch über Privathof-Geflügel bis hin zu einem pflanzenbasierten Sortiment an. Wir stellen unsere Produktpalette insgesamt breiter auf und unser

©  TIMO LUTZ WERBEFOTOGRAFIE

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Ziel ist es, uns zukünftig verstärkt als Anbieter von hochwertigen Proteinprodukten zu positionieren. Wir haben uns in den vergangenen Jahren intensiv mit verschiedenen Start-ups und Geschäftsmodellen beschäftigt. So sind wir z. B. eine strategische Partnerschaft mit dem israelischen Unternehmen SuperMeat eingegangen, das Fleisch aus Zellkulturen entwickelt. Künftig könnte unsere Produktpalette durch ein Invitro-Fleischangebot ergänzt werden. Unsere Strategie heißt „Wachstum durch Vielfalt" und wird neben SuperMeat beispielsweise auch durch unsere Investition in Good Catch Foods und unsere Vertriebspartnerschaft mit Beyond Meat und JUST ergänzt. Unternehmen wie Beyond Meat, Good Catch Foods und JUST stehen für die nächste Generation von hervorragenden pflanzlichen Protein-Produkten. Die herkömmliche Geflügelfleischproduktion im Stall wird aber unser Kerngeschäft bleiben. Unser Ziel ist es, uns zukünftig verstärkt als Anbieter von hochwertigen Proteinprodukten zu positionieren und vermeintlich konkurrierende Geschäftsfelder nebeneinander zu entwickeln. Wir wollen sowohl unser Kerngeschäftsfeld durch die Weiterentwicklung unseres konventionellen Geschäfts sowie durch die Steigerung unserer Tierwohlkonzepte vorantreiben und gleichzeitig den Bereich der alternativen Proteinquellen stark ausbauen. Konkret bedeutet dies, dass wir das Wachstum des pflanzenbasierten Lebensmittelsektors nicht als Bedrohung für unser bestehendes Kerngeschäftsfeld sehen, sondern als Chance. Fleischkonsum und sein ökologischer Fußabdruck steht oftmals in der Kritik. Doch auch die wohl erforderlichen Verarbeitungsschritte von Laborfleisch lassen vermuten, dass die Ökobilanz kritisch ausfallen könnte. Gehören alternative Proteinquellen wirklich zu einer nachhaltigen Zukunft? Keitzer: Wir haben den CO2-Abdruck über die gesamte Produktionskette gemessen, von der Futtermittelherstellung bis zur Anlieferung am Supermarkt. Wir kommen auf rund zwei Kilo CO2 je Kilo Hähnchenfleisch. Für ein Kilo Schweinefleisch sind es gut drei Kilo CO2, für ein Kilo Rindfleisch

13 Kilo CO2, für ein Kilo Reis übrigens 4 Kilo. Welche Ökobilanz In-vitroFleisch haben wird, können wir aktuell nicht sagen. Erst wenn die Produkte auf dem Markt sein werden, können wir belastbare Aussagen hierzu treffen. 2018 hat sich die PHW-Gruppe an dem israelischen Start-up „SuperMeat“ beteiligt, das sich mit der Entwicklung von künstlichem Hühnerfleisch beschäftigt. Wie sehen Sie die Akzeptanz für Fleisch aus dem Labor? Keitzer: Aktuell lassen sich hierzu keine seriösen Aussagen treffen, wie Verbraucher diese Produkte annehmen werden. In-vitro-Fleisch könnte in der Zukunft tatsächlich ein Trend werden, auch wenn das anfangs sicherlich erst einmal eine Nische sein wird. Das Thema hat sicherlich noch Forschungsbedarf. Aber ich glaube schon, dass es möglich ist, in einigen Jahren – so wie es die Forscher auch prophezeien –, aus Geflügelfleischzellen gezüchtetes Fleisch anzubieten. Denn es gibt durchaus eine Zielgruppe, die sagt: Klasse, ich kann weiter Fleisch essen, aber dafür muss kein Tier sterben. In Österreich ist der Pro-Kopf-Fleischkonsum 2018 wieder leicht angestiegen, auf 64,1kg (Quelle: Statistik Austria). Wie sieht die Entwicklung in Deutschland aus und kann der aktuelle Hype hin zu Fleischalternativen auch Auswirkungen auf den Fleischmarkt haben? Keitzer: Geflügelfleisch gehört zur modernen Ernährung und wird insbesondere von Verbrauchern mit höherem Gesundheitsbewusstsein stärker nachgefragt. Schon seit Jahren erfreut sich Geflügelfleisch einer wachsenden Beliebtheit und belegt nach Schweinefleisch Platz 2 des Pro-Kopf-Verbrauchs in Deutschland: In 2018 lag der Geflügel- Pro-Kopf-Verbrauch nach Schätzungen des Branchendiensts Marktinfo Eier & Geflügel (MEG) bei 22,2 Kilogramm. Im Vergleich zu 2008 ist der Verbrauch um 21,3 Prozent gestiegen (2008: 18,3 Kilogramm pro Kopf).* Viele Start-ups arbeiten intensiv daran, Fleisch im Labor künstlich herzustellen. Der kommerzielle Verkauf soll bereits in einigen Jahren erfolgen. Welche Hürden

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sehen Sie bei der Markteinführung von kultiviertem Fleisch? Keitzer: Im Moment stehen wir in der Entwicklung irgendwo zwischen Labor und Industrie. Wir sind nicht in der Lage, In-vitro-Fleisch industriell herzustellen. Aber es ist nicht die Frage, ob das klappt, sondern wann. Wenn die regulatorischen Hürden übersprungen werden, werden wir die ersten einfachen Nuggets in vier, fünf Jahren in den ersten Kanälen finden. Insekten werden als alternative Proteinquellen ebenfalls immer wieder diskutiert. Sehen Sie die Chancen zum Einzug der Insekten eher im Futter- oder im Lebensmittelbereich? Keitzer: Im Zuge unserer Nachhaltigkeitsbestrebungen suchen wir intensiv nach Alternativen zu Non-GMO-Übersee-Soja im Geflügelfutter. Unser Ziel ist es, künftig auf den Zusatz von Soja in unserem Geflügelfutter so weit wie möglich zu verzichten. Stattdessen sehen wir in dem von Enterra entwickelten Insektenprotein eine geeignete Alternative. Bis die Fütterungskomponente Soja durch Insektenprotein ersetzt werden kann, bedarf es noch einiger aufwendiger, praktischer Fütterungsstudien, da die veränderte Zusammensetzung des Futters im Einklang mit der Tiergesundheit und damit auch mit dem Tierwohl stehen muss. Wir können heute noch nicht sagen, wann wir genau Soja im Geflügelfutter durch Insektenproteine ersetzen können. Wichtig ist für uns, dass wir diesen Weg jetzt einschlagen. Über unsere kanadische Beteiligung Enterra sind wir bei der EU bezüglich der EU-Zulassung von Insektenmehlen zur Verwendung in Geflügel- und Schweinefutter vorstellig geworden. Zusätzliche Anträge von weiteren Marktteilnehmern liegen der EU ebenfalls vor. Inwieweit Insekten sich im Lebensmittelbereich in Europa durchsetzen werden, ist sicherlich die Frage. Grundsätzlich glaube ich schon, dass sie in geeigneter Form ihre Daseinsberech­ tigung auf dem Speisezettel haben. www.phw-gruppe.de * Quelle: WIESENHOF Marktforschung, MEG, AMI/April 2019 – Schätzung


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MITLEID MIT DEN TIEREN DIE BEHANDLUNG VON TIEREN, INSBESONDERE IM ZUSAMMENHANG MIT DER PRODUKTION VON LEBENSMITTELN, IST VIELFACH GEGENSTAND VON DISKUSSIONEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM TIERSCHUTZGESETZ. DIE RELIGIÖSEN, ETHISCHEN UND RECHTLICHEN HINTERGRÜNDE DES TIERSCHUTZGEDANKENS SIND ABER KOMPLIZIERT UND VIELSCHICHTIG. DER NACHFOLGENDE BEITRAG BEFASST SICH VERTIEFT MIT DIESEN HINTERGRÜNDEN UND PRANGERT VIELE ZUSTÄNDE UND VERHALTENSWEISEN IN DER BEHANDLUNG VON NUTZTIEREN AN. THOMAS METTKE

Tiere sind keine Sachen Bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober 2018 warb die Tierschutzpartei für ihre Ziele mit einem Plakat: ,,Tiere sind keine Sachen. § 90a Satz 3 BGB streichen, für Mensch, Umwelt, Tierschutz“. Die Partei will damit zum Ausdruck bringen, dass Mensch, Umwelt und der Schutz für die Tiere als Einheit gesehen werden müssen. Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände, der Körper des lebenden Menschen ist daher keine Sache. Nach § 90a BGB sind auch lebende Tiere keine Sachen, dennoch sind auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Grundentscheidung der Zuordnung zum Sachenrecht wurde jahrhundertelang nicht angezweifelt, bis im Jahre 1990 durch § 90a BGB dies grundsätzlich geändert wurde. Allerdings hat diese Änderung in der Rechtswissenschaft praktisch nur Hohn und Spott hervorgerufen, so heißt es in der Kommentierung

zum BGB im Palandt:1 ,,Im Ergebnis ist § 90a eine gefühlige Deklamation ohne wirklich rechtlichen Inhalt". Zweck des Tierschutzgesetzes ist zunächst nach § 1, das Leben und Wohlbefinden der Tiere als Mitgeschöpf zu schützen. Dem dient auch die sog. Grundvorschrift über die Tierhaltung in § 2 TierSchuG.2 Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen und darf die Möglichkeit des Tieres zur artgemäßen Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden3. In der Praxis hat sich tatsächlich nicht viel an den Zuständen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts geändert.

Während des 19. Jahrhunderts etwa war man gemeinhin der Auffassung, eine Gesetzgebung für den Tierschutz diene in erster Linie dem Schutz der Menschen, in dem nämlich das Umsichgreifen von Grausamkeit überhaupt eingedämmt würde, die sich auch zum Schaden der Menschen auswirken könne. Louis Schwartz sieht das Verbot der Tierquälerei im Schutz der Empfindungen der Tierfreunde begründet. Er schreibt: ,,Nicht der misshandelte Hund ist das letzte Ziel unserer Maßnahmen; es gehe letztlich um die Gefühle der Menschen, obwohl sie sich mit der Tatsache abfinden, dass Tiere, um der menschlichen Nahrung zu dienen, geschlachtet werden müssen, dennoch sehr schnell mit einem gequälten Hund oder Pferd identifizieren und auf deren Leiden mit starkem Einfühlungsvermögen reagieren.“4

Mahatma Gandhi

Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt. volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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Das Tierschutzgesetz begründet aber einen Rechtsschutz unmittelbar zugunsten der Tiere und ist kein Balsam für die Seelen empfindlicher Menschen. Darüber hinaus schützt nach Art. 20a GG der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Dabei geht es um die entscheidende Frage, ob der anthropozentrischen oder ökozentrischen Weltanschauung der Vorrang gebührt, also ob die Umwelt im Interesse der Menschen oder zur Erhaltung ihrer selbst geschützt werden soll. Indem das Grundgesetz den Schutz auf die Tiere erstreckt, verpflichtet es die Staatsorgane über den Artenschutz hinaus auch zu einem ethischen Tierschutz, d. h. zum Schutz individueller Tiere vor Schmerzen, Leiden und Schäden. Dabei soll sich die Schutzpflicht vor allem auf höher entwickelte Tiere beziehen, deren Leiden und Empfindungsfähigkeit ein ethisches Mindestmaß für einen sittlich verantworteten Umgang mit Tieren erfordert. Die Tiere sollen in ihrer Mitgeschöpflichkeit geachtet werden. Welche Tiere das sind, bleibt dabei Ansichtssache.5, 6 Tiere als Mitgeschöpfe im Zivilrecht, so lautet der Titel einer bemerkenswerten Veröffentlichung der Berliner Juraprofessorin Inés Obergfell. Sowohl für die rechtsphilosophische als insbesondere auch für die verfassungsrechtliche und rechtspolitische Perspektive soll von Bedeutung sein, wie die Gebote der Anerkennung einer Mitgeschöpflichkeit von Tieren, die sich nicht nur aus moralischen Normen, sondern seit der Grundgesetzänderung eben auch aus Art. 20a GG ergeben, im Zivilrecht umgesetzt und mit Leben erfüllt werden können.7 Hier werden verschiedene Rechtsfragen angesprochen, Tiere als Vertragsgegenstand, Gewährleistungsfragen, Tiere als Kaufsache, Haftungsrisiko, Eigentumserwerb, aber darüber hinaus auch Tiere als Familienmitglieder oder Bestandteil des Hausrats, familienrechtliche Fragestellungen bei Scheidung, die mit einer zivilrechtlichen Betrachtung nicht zu lösen sind. Bei den Billigkeitserwägungen geht es nicht nur

um solche, die unmittelbar das Tierwohl betreffen, sondern wiederum auch um die Anhänglichkeit seiner Besitzer zum Tier. Dabei geht die Rechtsprechung inzwischen auch soweit, dass Gerichte die anthropozentrische Sichtweise verlassen und sich untermauert durch tierpsychologische Gutachten auf eine explizite tierwohlorientierte Betrachtung einlassen.8 Letztlich zeigt sich an vielen Stellen, schreibt Obergfell, dass die Kategorie der beweglichen Sachen und die entsprechende Anwendung der sachenrechtlichen Vorschriften für Tiere nicht passen. Gerade hier bestehe erheblicher weiterer zivilrechtswissenschaftlicher Forschungsbedarf. Zu überdenken sei etwa, ob die Normierung des § 90a BGB geändert werden sollte. „Für die Neuformulierung bietet sich die Schaffung einer dritten Kategorie an, die zwischen Rechtssubjekten und Rechtsobjekten anzusiedeln wäre. Diese dritte Kategorie für Tiere könnte zum Ausdruck bringen, dass Tiere zwar nicht als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten und Pflichten zu qualifizieren sind, dass sie aber auch keine Rechtsobjekte in der Weise sind, dass dem ihnen übergeordneten Menschen die volle Verfügungsbefugnis über sie zusteht.“ Nutztierhaltung und wirtschaftliche Verwertung von Tieren bleiben prinzipiell weiterhin möglich.9 Dieser Weg könnte auf Dauer wirksamer sein als alle so gut gemeinten Tierschutzlabels. Dafür ist es aber noch ein weiter Weg.

Kein Schwein hilft den Schweinen In der Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung vom Oktober 2017 hat die Rechtsanwältin Davina Bruhn einen erschütternden Bericht geschrieben und die Frage gestellt, ob die Haltungsvorgaben für Mastschweine mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sind. Darin wird festgestellt, dass den Schweinen praktisch kein Lebensraum erhalten bleibt. Es fehlt an einer Unterteilung der Buchten in separate Funktionsbereiche bzw. Klimazonen sowie Einstreu und ein adäquates Beschäftigungsmaterial, das Futter wird zumeist mittels eines Breitfutterautomaten verabreicht. Wasser bekommen die Tiere durch Nippeltrin-

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ken, und Tageslicht ist nicht zwingend vorgeschrieben. Diese Haltungsform führt durchweg zu einer Einschränkung teilweise auch zu einer gänzlichen Unterdrückung der verschiedenen Verhaltensbedürfnisse der Schweine, wobei insbesondere das Nahrungserwerbsverhalten, das Ruhe- und Schlafverhalten, die Eigenkörperpflege, das Sozialverhalten, das Erkundungsverhalten sowie die Fortbewegung zählen. Außerdem ist für Schweine, die entgegen ihrem Ruf sehr reinlich leben, die strikte Trennung von Kot und Liegebereich von essentieller Bedeutung.10, 11 Schweine sind im Gegensatz zu früheren Zeiten keine Haustiere mehr, zu denen der Mensch emotionale Beziehungen unterhält. Sie sind ausschließlich Massenware für die billige Ernährung. In Deutschland wurden im Jahr 2016 59,3 Millionen Schweine geschlachtet, eine unverstellbare Dimension. In der öffentlichen Wahrnehmung haben die Schweine überwiegend ein negatives Bild. Das gilt ganz besonders für die in vielen Religionen existierende Abscheu vor dem Schwein, weil dessen Fleisch als hygienisch unrein und ungesund gilt. Davon sind inzwischen auch die Konsumgewohnheiten in vielen christlichen Ländern beeinflusst. Egon Friedell schrieb dazu in seiner ,,Kulturgeschichte Ägyptens und des alten Orients“: „Der ägyptische Gott Seth verkörpert das Prinzip des Bösen und galt als Schutzgott der Fremdländer. Das Schwein war neben dem Esel das heilige Tier des Seth und galt daher als unrein. Die Priester durften daher kein Schweinfleisch essen, für die übrige Bevölkerung war es nicht verboten. ,Hygienische Erklärungen' des gesunden Menschenverstandes, der nichts weniger als gesund ist, wie sie die liberale Religionspsychologie immer wieder versucht, kommen jedenfalls nicht in Betracht.“12 Diese Vorstellung von der Unreinheit des Schweins hat sich später im Judentum und Islam und anderen orientalischen Ländern verfestigt. Gemeinsam sind dem Judentum und Islam das Verbot des Verzehrs von Schweinefleisch. In der Bibel wird es lediglich damit begründet, dass das Schwein zwar durchgespaltene Hufe hat, aber kein Wiederkäuer ist, und das Kamel, das zwar Wiederkäuer ist, aber keine durchgespaltenen Hufe hat,


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beide sind im Judentum als Nahrung verboten,13 für das Kamel gilt dies im Islam nicht. Es wird häufig behauptet, dass den rituellen Speisegesetzen rein rationale Überlegungen zugrunde liegen, deren Ursprung in den materiellen Lebensumständen der Völker zu finden sei. Zahlreiche Autoren sind daher der Auffassung, dass diesen Speisegesetzen ausschließlich hygienische und ökologische Vorstellungen zugrunde liegen. So wird das jüdische und islamische Verbot des Verzehrs von Schweinefleisch auf die Gefahr zurückgeführt, die mit dem Verzehr von Schweinefleisch in heißen Gegenden einhergehe. Das Schweinefleischverbot ist für das tägliche Leben von ca. 1,6 Milliarden Menschen auf dem Erdball zweifellos von fundamentaler Bedeutung, denn Schweinefleisch gilt als unrein, und wer davon isst, kann damit weder am gemeinsamen Gebet noch am gemeinsamen Mahl teilnehmen. Eine überzeugende Begründung für dieses Verbot findet sich allerdings weder in der Bibel noch im Koran. Das Schwein hat wohl durchgespaltene Klauen, ist aber kein Wiederkäuer, deshalb soll es unrein sein. Der Koran verbietet den Genuss von Schweinefleisch gleich in drei verschiedenen Suren.14 Dabei ist nicht nur der Genuss des Schweinefleischs verboten, sondern auch alle sonstigen Sachen, wie Schweinsleder oder Schweineborsten werden als unrein angesehen und sind daher untersagt. Aber nicht dem Schwein selbst gilt die Verdammung, sondern seiner kultischen Verehrung als Opfertier für fremde Götter.15 In vorchristlicher und islamischer Zeit war das Schwein Opfertier der heidnischen Erd- und Fruchtbarkeitsgottheiten. Im griechischen Kult der Erdgöttin Demeter war das trächtige Schwein heilig, es galt als die Inkarnation des Muttertums. In Rom war das Schwein zugleich Haus- und Opfertier.16 Auch in der christlichen Ikonographie ist das Schwein als heidnisches Tiersymbol häufig Sinnbild des Teufels, des Bösen, des Sünders, die Schweine, die den Weinberg Christi zerstören.17 Auf der einen Seite gehört Schweinefleisch für Millionen von Verbrauchern nahezu zum täglichen Ernährungsbedarf, auf der anderen Seite werden diese Tiere als verletzliche Lebewesen kaum wahrgenommen. Mein Lieblingstier heißt Schnitzel, das lebt in

Wien, so lautet der Text auf einer österreichischen Postkarte. Arme Schweine, so heißt ein Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 5.11.2018. Die Bundesregierung verzögert das Verbot der betäubungslosen Kastration. Ein entsprechendes Gesetz sollte am 1.1.2019 in Kraft treten, aber man gab dann doch der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fleischwirtschaft in der Europäischen Union den Vorrang vor dem Grundgesetz und dem Tierschutzgesetz. Würde die Gesellschaft so etwas tolerieren bei neugeborenen Fohlen und Welpen? Wohl kaum, aber bei Ferkeln und Kälbern schon. „In den Ställen redet darüber niemand gerne und doch ist der Eingriff Alltag in der Landwirtschaft. Etwa 20 Millionen Ferkel werden in Deutschland jedes Jahr mit einem Skalpell kastriert. Die kleinen rosa Tiere werden meist auf ein Gestell gespannt, dann werden die Hoden entfernt – meist ohne Betäubung. Die Tiere erleben die schmerzhafte Tortur in der Regel bei vollem Bewusstsein. Bereits vor fünf Jahren hatte die große Koalition in Berlin beschlossen, dem massenhaften Leiden mit einer Änderung des Tierschutzgesetzes ein Ende zu setzen.“18 Die Frist sollte 2018 auslaufen. Nun wurde sie wieder um zwei Jahre verlängert. Es ist ein Beschluss, der die Verachtung der Politik gegenüber dem Tierschutzgesetz deutlich dokumentiert. Bereits 1917 hatte sich die tierärztliche Vereinigung gegen die betäubungslose Ferkelkastration ausgesprochen und dabei die Impfung gegen Ebergeruch als die das Tier am wenigsten beeinträchtigende Methode gewertet und vorgeschlagen. „Verbissen“ – eine weitere „Wohltat“ ist die Amputation der Ringelschwänze bei Ferkeln. „Der Schwanz eines gesunden, wenige Wochen alten Ferkels ist etwa 10 cm lang, voller Muskeln und Nerven. Landwirte und Tierärzte schneiden laut Expertenschätzung mehr als 9 von 10 Ferkeln im Alter von nur wenigen Tagen einen Teil der Schwänze ab – ohne Betäubung. Eine EU-Richtlinie untersagt seit mehr als 20 Jahren dieses routinemäßige Abschneiden. Erlaubt soll es nur in Einzelfällen zum Schutz der Tiere vorm Verbeißen sein. Man will aber nichts ändern aus Wettbewerbsgründen, weil Billigimporte aus Nach-

barländern befürchtet werden. Bei konsequenter Anwendung des Tierschutzes müssten nämlich die Preise angehoben werden, die Schweinehaltung zu „optimieren“ komme daher nicht in Frage.“19 Ein besonders wunder Punkt ist die vollkommene Vernichtung männlicher Küken. Sie werden durch Rohre auf eine elektrisch geladene Platte gesaugt, oder mit Kohlendioxid erstickt, oder in speziellen Mixern zerhäckselt. Bei lebendigem Leib und unbetäubt, weil sie überflüssig sind; ein unwertes Leben also. Schlimm geht es auch vielen Kälbern, die ihr kurzes Leben in einer winzigen Kiste verbringen, die kaum größer ist als das Tier selbst. Dort verbringen sie ihr gesamtes Leben, durchschnittlich etwa 4 Monate. Ernährt werden sie mit einer künstlichen Nährstofflösung. Durch den Mangel an roten Blutkörperchen wird somit die erwünschte helle Fleischfarbe erzielt. Sie dürfen ihren Käfig nie verlassen und sich nie bewegen, damit die Muskeln nicht kräftig werden, weiche Muskeln bedeuten nämlich saftige Steaks.20, 21

Die BSE-Krise Zu den dunkelsten Kapiteln der Landwirtschaft in Deutschland gehört die wahllose Abschlachtung gesunder Rinder während der BSE-Krise. „BSE war keine Tierseuche, sondern eine vom Menschen verursachte Einzeltiererkrankung bei Rindern durch die Verfütterung von verseuchtem Tiermehl in Großbritannien. Der europäische Umgang mit BSE war beschämend“, schreibt Lorenzen, „geradezu würdelos. In unserer irrationalen Angst vor BSE überlegen wir, wie wir Millionen von Rindern vernichten können, während unzählige Menschen der Dritten Welt überlegen, wie sie heute und morgen, zumindest notdürftig satt werden. Das Risiko gesundheitlicher Schäden durch den Verzehr von Milch und Muskelfleisch des Rindes sei praktisch null gewesen, dennoch fühlten wir uns angstneurotisch getrieben, Millionen Rinder sinnlos zu vernichten. Von insgesamt 7 Millionen Rindern waren weit über 99 % frei von BSE. Der Gesundheitsschutz der Verbraucher war nicht das Entscheidende. Überhastete und unangemessen heftige politische Reaktionen

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auf das Bekanntwerden von BSE-Verdachtsfällen ließen die Angst vor BSE vieltausendmal größer werden, als die Gefahr, die nach wohlbegründeter wissenschaftlicher Erkenntnis tatsächlich von BSE ausging, denn in Muskelfleisch und Milch von BSE kranken Rindern konnte trotz gezielter Nachforschungen kein BSE erregendes Agens nachgewiesen werden. Von diesen Nahrungsmitteln ging nach menschlichem Ermessen also keine Gesundheitsgefahr aus.“ Dennoch verstieg man sich zu der Behauptung, BSE sei das neue Tschernobyl – das war das sichere Todesurteil für die Rinder.“22, 23 Mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit der BSE-Entscheidung hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster befasst. Es ging dabei nicht nur darum, die Gefahren für die Gesundheit oder das Leben von Menschen einzudämmen, sondern auch darum, die Besorgnis der durch Medienhysterie aufgebrachten Bevölkerung zu dämpfen. Zu der Gefahr einer Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen konnte nicht endgültig Stellung genommen werden, das Risiko ließ sich aber auch nicht ganz ausschließen. Die Europäische Kommission, so entschied das Gericht, sei bei ihren Maßnahmen aber berechtigt gewesen, auch die Reaktionen der Verbraucher, selbst wenn diese überreagieren, zu berücksichtigen. Etwaige zu den primären gesundheitlichen Gründen hinzutretende weitere Erwägungen können ebenfalls sachgerecht sein, da das Zusammenbrechen eines Markts durch Verbraucherreaktionen, seien diese nun gerechtfertigt oder übertrieben, den Intentionen des Binnenmarkts und der Agrarordnung entgegenläuft und erhebliche Stützungskäufe erforderlich mache.24 Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Karl Heinz Funke verteidigte die Tötung deutscher Rinder mit der Begründung, dies geschehe nicht aus Angst vor BSE, sondern aus Sorge vor Imageverlusten der etwa 30.000 Rindfleischproduzenten.25, 26 Es sind die sogenannten „vernünftigen Gründe“ des Zeitgeists, nämlich „die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft“ und eine egomanische „Verbrauchererwartung“, die den Tierschutz zunichtemachen. Aber es geht nicht nur um

den Tierschutz. Damit werden auch die lebensmittelrechtlichen Grundsätze, wie sie in Art. 5 – Allgemeine Ziele der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (BasisVO) niedergelegt sind, ad absurdum geführt. Das Lebensmittelrecht verfolgt eines oder mehrere der allgemeinen Ziele eines hohen Maßes an Schutz für das Leben und die Gesundheit der Menschen, des Schutzes der Verbraucherinteressen, einschließlich lauterer Handelsgepflogenheiten im Lebensmittelhandel, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Schutzes der Tiergesundheit, des Tierschutzes, des Pflanzenschutzes und der Umwelt. [...] Mit der BasisVO wollte man nicht nur ausschließlich die individuelle Gesundheit der einzelnen Verbraucher schützen, sondern im Interesse von Leben und Gesundheit allgemein den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in das Lebensmittelrecht miteinbeziehen. Zu den natürlichen Lebensgrundlagen zählen neben den sogenannten Umweltmedien Luft, Wasser und Boden auch die Pflanzen und die Tiere.27 Eine Fleischproduktion, die jedem Tierschutz zuwiderläuft, ist damit unvereinbar.

Tierkulte Für die Menschen sind Tiere keine Sachen. Dies zeigen die in allen Religionen verbreiteten Tierkulte. In ihnen verbergen sich Götter und außerirdische Kräfte, die den Menschen in Tiergestalt erscheinen. Viele der ägyptischen, griechischen und germanischen Götter werden in Tierbildern verehrt, häufig in Stier- oder Pferdegestalt. Gegenstand der Verehrung ist in der Regel nicht das Tier an sich, sondern die Gottheit oder die Seele, die sich den Tierkörper zum Wohnsitz gewählt hat. Das Tier ist somit die Inkarnation eines Gottes, dessen Kraft auch nach dem Tod bzw. dem Tier­opfer weiterwirkt und auf den Menschen übergeht.28 Die heraldischen Tierwesen auf alten Münzen, Wappen und Fahnen sind ein letzter Gruß aus dieser unbekannten fremden Welt.29 In der nordischen Mythologie besaß der Gott Odin ein zauberkräftiges Pferd, ,,Sliepnir“ genannt. In den heiligen Hainen wurden weiße Rosse gehalten, die zu keiner Arbeit herangezogen werden durften.30, 31 Unter allen Tieren galt das

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Pferd als das edelste und klügste Tier. Wie die Mähnen der Pferde schmückte man auch die Hörner der Kühe mit Gold.32 Diese Verbundenheit ist noch heute spürbar in den Pferdeprozessionen, bei den Sankt-Georgs-Ausritten in Österreich und Bayern. Statt den germanischen Göttern sind es nun die christlichen Heiligen, die andachtsvoll angebetet werden. Die katholische Kirche christianisierte die früheren heidnischen Gestalten, die sich nicht ausrotten ließen. So sind viele Götter zu heiligen Georgs geworden. Die Sturmgötter haben sich in den heiligen Elias verwandelt, unzählige Fruchtbarkeitsgöttinnen sind in Gestalt der Jungfrau Maria und anderer weiblicher Heiliger auferstanden. Man kann sagen, dass ein Teil der Volksreligion in den kalendarischen Festen und im heiligen Kult überlebt hat. Spürbar ist dies noch, wenn in Bayern und Österreich im Herbst die Kühe, mit Blumen und Girlanden geschmückt und an der Stirn mit heiligen Bildern behängt, ins Tal getrieben werden. Es sind diese alten Volksreligionen, in denen die Tiere noch eine Seele besitzen. Eliade hat diese alten Bräuche als „kosmisches Christentum“ bezeichnet.33

Tiere als Lebenspartner Als Anwalt hat der Schweizer Antoine F. Götschel Fische, Hunde und eine Boa vor Gericht vertreten. So hat er einen Angler verklagt, der sich gerühmt hatte, mit einem Hecht am Haken einen extremen Kampf ausgefochten zu haben, 10 Minuten habe der Drill gedauert, bis der Hecht das Leben aufgegeben habe. Der Fischfall zeigt, wie paradox die Liebe des Menschen zum Tier ist. Katzenjäckchen, Vogelkäfig im Villenstil und Hundeyoga machen den Heimtiermarkt milliardenschwer, aber auf dem Tisch steht Billigfleisch von unglücklichen Schweinen. Götschel hat in seinem Buch „Tiere klagen an“ über die unterschiedlichen Einstellungen der Menschen zu den Tieren geschrieben; auch über die menschliche Zuneigung und die Lebenspartnerschaft mit Tieren.34 Ein eindrucksvolles Beispiel gibt der Bericht der Soziologin Jutta Allmendinger über einen Besuch in Los Angeles: „Seit


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über einer Stunde steht eine Art Lie­ ferwagen vor der Tür, der Dieselmotor brummt. Ich lese die Aufschrift: „pampered tails“. Eine Haustierwaschanlage. Wie die Müllabfuhr fährt das Auto von Straße zu Straße und wird gut frequentiert. Hunde, Katzen, Vögel, ja Hühner werden gebracht. Den Tieren werden die „Haare gemacht“ – sie werden gewaschen, geföhnt, gekämmt, sogar gefärbt. Um Tiere geht es hier häufig. Die Ameisenprophylaxe steht an. Wenige Tage später lade ich neue Bekannte zum Abendessen ein. Ich setze das Essen für den frühen Abend an. Sie hatten immer von ihren Kids gesprochen. Ich besorgte Eis, Spaghetti, ganz klassisch. Die beiden neuen Bekannten kommen dann aber allein. Ich hatte das falsch verstanden: Die Kids sind ihre Haustiere.“35 Den „Kids“ aber genügen nicht nur Hunde- und Katzenfutter, sondern es gibt auch Diätfutter für Hunde, glutenfreies Hundefutter, hypoallergenes Hundefutter, Premiumhundefutter, und natürlich müssen die Welpen mit einem besonderen Welpenfutter und die Katzen mit Diätfutter am Leben erhalten werden. Alle Irrungen und Wirrungen, denen die Menschen selbst unterliegen, werden auf die Tiere als „Sozialpartner“ übertragen, mit denen sie in häuslicher Gemeinschaft leben.

Die Tiere in der Schöpfungsgeschichte In der Abhandlung „Religion und kulturelles Gedächtnis“ schreibt der Ägyptologe Jan Assmann über die „unsichtbare Religion“ und das „kulturelle Gedächtnis“. Beide beziehen sich auf die Tradition unseres Denkens und kulturelle Erinnerungen, die das Weltbild der Menschen geprägt haben und bis zur Gegenwart bestimmen.36 Dazu gehört auch zweifellos die biblische Schöpfungsgeschichte in Genesis 1 und Genesis 2. „Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde, dann sprach Gott, die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art und so geschah es. Dann sprach Gott, lasst uns Menschen machen als unser Bild uns ähnlich, sie

sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen. Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn, männlich und weiblich erschuf er sie.“ Als Erstes schuf Gott also die Tiere und dann den Menschen, ebenbürtig als Mann und Frau. Völlig anders dagegen ist Genesis 2 „Das ist die Geschichte der Entstehung von Himmel und Erde als sie erschaffen wurde. Da formte Gott der Herr den Menschen, Staub vom Erdboden und blies in seine Nase den Lebensatem, so wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Dann sprach Gott der Herr, es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist, ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm ebenbürtig ist. Gott der Herr formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein. Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war, fand er nicht. Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er schlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott der Herr baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.“ In Genesis 2 wurde als Erstes der Mensch als Mann erschaffen, dann die Tiere und schließlich aus der Rippe des Mannes die Frau. Die Erzählung von der Erschaffung des Mannes, der Tiere und der Frau gilt als die ältere Schöpfungsgeschichte, die auch mit der Erzählung vom Paradies, vom Sündenfall und der Sintflut zusammenhängt. Dieser Bericht von der Weltschöpfung entspricht auch dem babylonischen Schöpfungsmythos. Nach der Sintflut segnete Gott Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen „Seid fruchtbar, mehret euch und füllt die Erde. Furcht und Schrecken vor Euch soll sich auf alle Tiere der Erde legen, auf alle Vögel des Himmels, auf alles, was sich auf dem Erdboden regt, und auf alle Fische des Meeres, in eurer Hand sind sie gegeben. Alles was sich regt und lebt soll euch zur Nahrung dienen. Das alles übergebe ich euch wie die

grünen Pflanzen.“37 Was in der Urzeit nach Genesis 1 nicht vorgesehen und damit verboten war, nämlich die Tötung von Tieren, wird nach dem Ende der Sintflut und damit zum Beginn der biblischen Menschheitsgeschichte toleriert. Von nun an soll alles Getier Furcht und Schrecken vor den Menschen haben, weil es nun ausdrücklich zur Nahrung für den Menschen freigegeben wird. Dies aber bedeutet, dass der Mensch nicht mehr Teil der kosmischen Natur ist, sondern die Welt ist dem Menschen von Gott überantwortet. Der Mensch ist nicht von der Welt her, sondern die Welt wird vom Menschen her verstanden.38 Der Mensch ist als Geschöpf und Ebenbild Gottes, sein Stellvertreter auf Erden, der dazu berufen ist, die Erde als seinen Lebensraum zu unterwerfen und die ganze Lebenswelt in eigener Verantwortung zu führen und zu leiten, die ihm durch seine Stellvertreterschaft auferlegt ist. Es ist unübersehbar, dass diese Gründungsgeschichte, die Erde zu beherrschen und die Tiere mit Furcht und Schrecken vor den Menschen zu erfüllen, das Verhältnis der Menschen zu den Tieren bestimmt hat.39 Hier liegt der Grund, schreibt Gerlitz, für das menschliche Selbstbewusstsein und zugleich für die menschliche Hybris. Die seinsmäßige Urverwandtschaft zwischen Mensch und Tier ist nunmehr aufgelöst, der göttliche Auftrag, sich die Erde untertan zu machen und über die Tiere zu herrschen, bedeutet die Loslösung des Menschen von allen Geschöpfen.40 Der Mensch ist das alleinige von Gott bevorzugte Geschöpf, eine Theorie der Mitgeschöpflichkeit lässt sich damit nicht begründen. So haben die Menschen die Schöpfungsgeschichte überwiegend verstanden, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Das Bekenntnis zur Gemeinschaft aller Lebewesen, wie sie Gott nach der Sintflut bekundet hat, ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Dort heißt es „Meine Bogen setzte ich in die Wolken, er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde. Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen. Und Gott sprach zu Noah, dies ist das Zeichen des Bundes, den ich zwischen mir und allen lebenden Wesen aus

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Fleisch auf der Erde aufgerichtet habe. Es gibt verschiedene Übersetzungen. Der schönste Text ist die griechische Übersetzung in der Septuaginta. Dort heißt es: „… und ich werde mich an meine Verfügung erinnern, die zwischen mir und euch und jeder lebenden Seele in jedem Fleisch besteht.“41 Ähnlich ist es im Koran. Es gibt auch hier eine Gemeinschaft aller Lebewesen. „Keine Tiere gibt es auf Erden und keinen Vogel, der mit seinen Flügeln dahinfliegt, die nicht so wie ihr Gemeinschaften bilden.“ In der Übersetzung von Lazarus Goldschmidt wird dies noch deutlicher: „Es gibt kein Tier, das nicht eures gleichen an Art wäre“.42 Von Mitgeschöpfen ist in der Bibel und im Koran nicht die Rede. Das Wort Mitgeschöpf zementiert das anthropozentrische Weltbild; es besagt nichts anderes, als dass die Tiere als Zubehör der Menschen anzusehen sind und keine von ihnen unabhängige Lebewesen.43

Das anthropozentrische Weltbild Von den Menschen als einem moralischen Wesen, schreibt Kant, kann nicht weiter gefragt werden, wozu er existiere. Sein Dasein hat den höchsten Zweck selbst in sich, welche ihn also allein fähig macht, ein Endzweck zu sein, dem die ganze Natur teleologisch untergeordnet ist.44 ,,Jeder Vergleich zwischen Tieren und dem Menschen beruht auf scheinbaren Ähnlichkeiten", schreibt Buytendijk in einem Beitrag zur vergleichenden Psychologie: „Nur Menschen bilden eine Gemeinschaft, eine Gesellschaft und einen Staat. Bei diesen sozialen Einheiten gibt es eine Rollenverteilung. Nur der Mensch kann eine Rolle übernehmen. Auch wenn dies scheinbar zwangsmäßig instinktiv geschieht, so ist es doch immer historisch bedingt und verwirklicht durch Entscheidung oder Zustimmung. Die menschliche Gesellschaft wird durch normative Verpflichtungen konstruiert, der Gegensatz zwischen den interindividuellen tierischen Beziehungen und den personalen menschlichen Beziehungen ist der Gegensatz zwischen Natur und Kultur, Umwelt und Welt, Entwicklung und Geschichte, Gesetz und Norm, Ge-

wohnheit und Tradition. Schon das in der Leiblichkeit des Menschen am tiefsten verankerte Zusammenleben, nämlich das der Geschlechter und das von Mutter und Kind, ist von dem der Tiere verschieden. Die Antriebe der menschlichen Gesellschaft sind stets geistiger Art, darum sind auch die primären vitalen Triebe nie eindeutig, es gibt eine leibliche menschliche Natur, in der in jeder Gemeinschaft und jeder Gesellschaft eine Bedeutung zukommt, aber die menschliche Angst, der menschliche Hunger, der Sexualtrieb, der Kampftrieb, alles, was Natur im Menschen ist, trägt auch ein Versprechen von Kultur in sich, die elementarsten, biologischen Vorgänge sind oft auf völlig undurchsichtige Weise mit der gesellschaftlichen Ordnung verbunden.“45 Ganz anders schreibt Götschel zum Beispiel über das Leben der Fische. „Fische jagen gemeinsam mit anderen Arten. Sie benutzen Hilfsmittel, sie gehen monogame Beziehungen ein, sie nehmen einander als Individuen wahr, sie kennen eine soziale Hierarchie und fechten Rangstreitigkeiten aus. Sie besitzen ein ausgeprägtes Langzeitgedächtnis und geben Informationen über Generationen hinweg weiter.“ Auch Tiere bilden Gemeinschaften und eine soziale Ordnung, auch sie sind nicht nur von physischen Trieben gesteuert, leidenschafts- und schmerzlos. Das Beispiel von Götschel gilt auch für Vögel und viele andere Tiere und zeigt, wie fragwürdig die Ansicht ist, den Tierschutz vor allen Dingen auf „höher entwickelte Tiere“ beziehen zu wollen.46 Es ist dies nichts anderes als eine Beschränkung aus Unwissenheit. In dem Buch „Der Abbau des Menschlichen“ schreibt Konrad Lorenz: ,,Mitleid mit der leidenden Kreatur ist eine eindeutig qualitativ bestimmte Emotion, die jedem empfindlichen Menschen trotz seiner Einsicht, das Leid und Tod von Individuen in der großen Harmonie der lebendigen Schöpfung unvermeidlich sind, wirkliches Leiden bedeutet. Wir wollen die Schmerzen, die uns aus dem Mitleid erwachsen, nicht verleumden. In der großen Harmonie des Lebendigen spielt das Mitleid keine Rolle. Das Leiden ist ungleich viel älter als das Mitleid. Das Leiden ist nun einmal mit dem subjektiven Erleben der Kreatur, mit dem unvermeidlichen Sterben des Individu-

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ums in die Welt gekommen, viele Millionen Jahre vor dem Mitleid. Mitgefühl ist ursprünglich ganz sicher nur dort vorhanden, wo ein Individuum mit dem anderen durch Liebe verbunden ist. Die Liebe zum Lebendigen ist eine wichtige unerlässliche Emotion, sie ist es nämlich, die dem alles beherrschenden Menschen die Verantwortlichkeit für das Leben auf unserem Planeten aufbürdet. Der verantwortliche Mensch darf die Leiden anderer Kreaturen nicht verdrängen, am allerwenigsten das Leiden von Mitmenschen. Damit fällt ihm eine schwere Aufgabe zu. So wichtig es ist, dem Menschen Mitgefühl für alle Lebewesen zu erwecken, die mit uns den Erdball bewohnen, so unabdingbar das Mitgefühl für die Liebe zum Lebendigen ist, so müssen wir doch eine scharfe Trennung zwischen unseren Gefühlen für Tiere und denen für unsere Mitmenschen ziehen. Wo es um vermeidbare Leiden und vor allem um Leiden von Mitmenschen geht, darf er es nicht verdrängen. Das Verdrängen, das Wegschauen vom Leiden der Tiere kann dadurch gefährlich werden, dass es zur Gewohnheit wird. Man lernt im Laufe der Zeit allzu gut wegzuschauen und damit das Mitfühlen unerlaubter Weise auch in Fällen auszuschalten, in denen man helfen könnte. Es wäre nicht uninteressant zu erfahren, ob es viele Menschen gibt, die sich gleicherweise für Tierschutz und Amnesty International einsetzen. Ich hoffe ja.“47 Der italienische Philosoph Giorgio Agamben will in seinen Essays „Das Offene, der Mensch und das Tier“ die Unterscheidung zwischen Natur und Kultur und damit letztlich auch das anthropozentrische Weltbild nicht mehr gelten lassen. Das Verhältnis des Menschen zur Tierheit und der Menschheit zum Tier wird für ihn zum entscheidenden politischen Konflikt in unserem Kulturbereich, weil die Grenze zwischen Tier und Mensch im Menschen selbst verläuft. „Die Teilung des Lebens in vegetatives und rationales, animalisches und humanes Leben durchzieht wie eine bewegliche Grenze vornehmlich das Innere des Menschen, und ohne diese innerste Zäsur wäre die Entscheidung darüber, was menschlich und was nicht menschlich ist, wahrscheinlich nicht möglich. Nur weil so etwas wie das animalische


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Leben im Inneren des Menschen abgetrennt worden ist, nur weil Distanz und Nähe zum Tier im Innersten und Unmittelbarsten ermessen und erkannt worden sind, ist es möglich, den Menschen den anderen Lebewesen entgegenzusetzen und zugleich die komplexe – und nicht immer erbauliche – Ökonomie der Beziehungen zwischen Menschen und Tieren zu organisieren. Aber wenn das zutrifft, wenn die Zäsur zwischen Mensch und Tier in erster Linie das Innere des Menschen durchzieht, dann muss die Frage nach dem Menschen – und dem Humanismus – als solche neu gestellt werden.48 Wenn die Differenz erlöscht und die beiden Begriffe zusammenfallen, wie es sich heute zu ereignen scheint, dann verschwindet auch die Differenz zwischen dem Sein und dem Nichts, dem Zulässigen und dem Unzulässigen, dem Göttlichen und dem Dämonischen, und an ihre Stelle tritt etwas, für das man kaum Namen finden kann. Vielleicht sind auch die Konzentrations- und Vernichtungslager ein Experiment dieser Art, ein rücksichtloser und monströser Versuch, der die Unterscheidung zwischen dem Humanen und Inhumanen und auch die Möglichkeit der Unterscheidung selbst in seinen Vernichtungssog gezogen hat.“49 Agamben berichtet zur Begründung von einer Vorlesung von Martin Heidegger über die „Grundbegriffe der Metaphysik“, die dieser im Wintersemester 1929/1930 an der Universität Freiburg gehalten hat. Dabei untersucht Heidegger die Beziehung des Tieres zu seiner Umwelt und zu den Menschen. Der rote Faden, der sich durch Heideggers Ausführungen zieht, ist in eine dreifache These gegliedert. „Der Stein ist weltlos, das Tier ist weltarm, der Mensch ist weltbildend.“ Das Wesen des Tieres, schreibt Heidegger, kann deshalb von einer Armut und einem Mangel her bestimmt werden, deshalb steht es nicht auf der Seite des Menschen. Der Mensch allein existiert.“50 Im Ergebnis heißt dies, dass das Tier selbst als Mitgeschöpf des Menschen nicht denkbar ist. Agamben schreibt dazu, dass Heidegger wohl der Letzte war, der wenigstens bis zu einem gewissen Zeitpunkt und nicht ohne Zweifel und Widersprüche daran glaubte, dass die anthropologische Maschine Schicksal und Geschichte produ-

zieren könne, indem sie immer wieder den Konflikt zwischen Mensch und Tier thematisiert.51 Die Welt verändert sich und damit auch das Verständnis über den alleinigen Vorrang des Menschen in der Welt. Die globale Bedrohung durch den uneinholbaren Klimawandel und den dynamischen Verlust der Artenvielfalt stellen die alles beherrschende Rolle der Menschen in Frage. Es geht nicht länger um Beherrschung, sondern um die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, die auch mit der Vielfalt der Pflanzen und Tiere zusammenhängt und nicht länger als vom Menschen getrennt gedacht werden kann.

Ethik In einem Vortrag mit dem Titel „Das Problem der Ethik in der Höherentwicklung des menschlichen Denkens“, den Albert Schweitzer im Jahre 1922 gehalten hat, heißt es: „Es geht uns auf, dass es die Ethik nicht nur mit dem Menschen, sondern auch mit den Geschöpfen zu tun hat. Diese haben uns ja gemein, dass auch sie Wohlergehen ersehnen, Leiden erleiden und Grauen vor dem Vernichten haben. Wer sich ein unversehrtes Empfinden bewahrt hat, findet das Bedürfnis der Anteilnahme am Schicksal aller Lebewesen natürlich. Uns ist der Kampf gegen die antihumanen Traditionen und unmenschlichen Gefühle, die in unserer Zeit noch vorhanden sind, auferlegt.“52 Auch der Dalai-Lama hat sich dazu bekannt, dass Ethik wichtiger als Religion sei.53 Der Vorschlag von Inés Obergfell, für Tiere eine eigene juristische Kategorie der Tiere als Mitgeschöpfe einzuführen, wäre für mehr Ethik im Recht ein möglicher Weg. Gleichwohl sieht die Zukunft nicht gut aus. Tiere sind nicht gleich Tiere. So gibt es Haustiere, die wie Familienmitglieder behandelt und gepflegt werden. Zwar nicht artgerecht, aber human. Es gibt auch in der bäuerlichen Landwirtschaft Rinder, Pferde und andere Tiere, zu denen eine innere Verbundenheit besteht. Diese Tiere besitzen noch eine Seele, und es gibt die Abermillionen Tiere, die unmittelbar nach der Geburt ausschließlich zu Konsumzwecken verwertet werden, das Licht der Welt nie-

mals erblicken, wie die geschredderten Küken, die zur schnellen Schlachtung bestimmten Hühner, die Kälber, die ihr kurzes Leben nur in Käfigen verbringen können, in denen sie sich kaum bewegen können und die Schweine, über deren Los alles bekannt und gesagt ist. Selbst eine lebende Seele, von der in der Bibel die Rede ist, ist ihnen verwehrt, denn sie sind von Anfang an tot. Diese Tiere sind keine Lebewesen, sondern nur noch Produktionsmittel für die Nahrungskette in einem industriellen Prozess. Die Betriebe sind der Sache nach Konzentrationslager. Die Menschen in den Städten, die vom Landleben träumen, stehen diesen Opfern gleichgültig gegenüber. Alle Schriftsteller, die über Mensch und Tier geschrieben haben, Kant54, Feinberg, Lorenzen, Agamben etc. haben sich stets die bange Frage gestellt, ob die Grausamkeit gegenüber Tieren in der Psyche der Menschen nicht auch zur Unbarmherzigkeit gegenüber ihresgleichen führen muss. Man wird davor die Augen nicht verschließen können. Bei der Frage des Tierschutzes kann es nicht länger nur um Aspekte wie Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder die Verbraucher­erwartung gehen; es geht vielmehr um die existentielle Unterscheidung zwischen Mensch und Tier und die Frage, wo die Grenzen verlaufen. Die Grenzen aber verlaufen ganz anders, nämlich zwischen Tieren und Nicht-Tieren, für die es keinen Tierschutz gibt, zwischen Menschen und Nichtmenschen, für die die Menschenrechte nicht zählen. Die Menschheitsprobleme werden immer stärker ins Inhumane verschoben, in die Unsichtbarkeit und Gleichgültigkeit. Für Mitleid bleibt da kein Raum. Rainer Maria Rilke hat diese Entwicklung in seinem „Stundenbuch“ ahnungsvoll vorausgesehen: „Die Städte aber wollen nur das Ihre und reißen alles mit in ihren Lauf. Wie hohles Holz zerbrechen sie die Tiere und brauchen viele Völker brennend auf“. Thomas Mettke, Rechtsanwalt, München Nachdruck aus ZLR 1/2019 Literatur www.ernaehrung-nutrition.at

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BIOBASIERTE ESSIGSÄURE AUS HOLZ DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT DI ELISABETH STANGER, MBA, HEAD OF MARKETING/BUSINESS DEVELOPMENT BEI DER LENZING AG, ÜBER BIOÖKONOMIE, NACHHALTIGKEIT, DIE NUTZUNG VON HOLZ BZW. ZELLULOSE FÜR DIE HERSTELLUNG NACHHALTIGER PRODUKTE UND BIOBASIERTE ESSIGSÄURE FÜR DIE LEBENSMITTELINDUSTRIE. OSKAR WAWSCHINEK

D

ie Ernährung: Derzeit ist Nachhaltigkeit bei allen Aspekten des Lebens das große Thema. Wie geht Lenzing damit um? Elisabeth Stanger: Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren ein wesentlicher Eckpfeiler in der Strategie von Lenzing. Dabei ist Nachhaltigkeit als Unternehmenskernwert, als Wachstumsgenerator für das Geschäft, als Innovationstreiber und als Differenzierungsmerkmal zu sehen. Die Vereinten Nationen haben mit 17 globalen Nachhaltigkeitszielen die Weichen für die Zukunft unserer Welt gestellt. Sie sollen eine gesunde Ernährung und ein Leben frei von Armut sicherstellen. Lenzing erachtet alle 17 Sustainable Development Goals (SDGs) für wichtig und kann insbesondere bei SDG 12 – nachhaltiger Konsum und Produktion – und SDG 13 – Maßnahmen zum Klimaschutz – einen Beitrag leisten. Weiters hat sich Lenzing aktuell im Rahmen der Science Based Targets Initiative zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens verpflichtet. Ziel der Klimastrategie der Lenzing Gruppe ist es, bis zum Jahr 2050 netto kein CO2 mehr zu emittieren. Ein wichtiger Meilenstein

auf dem Weg zu dieser Klimaneutralität ist das Jahr 2030. Bis dahin werden die Emissionen pro Tonne produziertem Zellstoff und Fasern um 50 Prozent im Vergleich zu 2017 gesenkt. Damit wird die Lenzing Gruppe durch weltweite Aktionen die Emission von 1,3 Mio. Tonnen CO2 vermeiden. Diese Menge ist äquivalent zum CO2-Fußabdruck von über 200.000 Österreichern.

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Holz ist ein essentieller Rohstoff für Lenzing. Die Lenzing Gruppe übernimmt in diesem Bereich Verantwortung und stützt sich in der Beschaffung von Holz auf die Holzzertifizierungssysteme FSC und PEFC, um Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu gewährleisten. Welche Aufgabe haben Sie genau? Stanger: Als Absolventin der Universität für Bodenkultur der Fachrichtung Lebensmittel und Biotechnologie verbrachte ich mehr als 10 Jahre in Managementpositionen von US-Pharmakonzernen. Im September 2010 wechselte ich als Globaler Direktor für Marketing NW zur Firma Lenzing. Seit nunmehr einem Jahr verantworte ich als Head of Marketing/Business Development die weitere Entwicklung unseres Produktportfolios Bioraffinerie. In diesen Bereich fällt unter anderem LENZING™ Acetic Acid Biobased, auf die ich später noch genauer eingehen werde. Kürzlich fand das 3rd World BioEconomy Forum statt. Was genau ist Bioökonomie in diesem Sinne? Stanger: Der Bereich Bioökonomie ist noch relativ jung, gewinnt aber zu-


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nehmend an Bedeutung. Neben der 2018 aktualisierten Europäischen Bioökonomie Strategie wurde kürzlich auch die Österreichische Bioökonomie Strategie vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) publiziert. Hier finden Sie folgende Definition: Bioökonomie steht für ein Wirtschaftskonzept, das fossile Ressourcen (Rohstoffe und Energieträger) durch nachwachsende Rohstoffe in möglichst allen Bereichen und Anwendungen ersetzen soll (Zitat Bioökonomiestrategie, 2019, BMNT). Lenzing verfolgt seit vielen Jahren ein Bioraffineriekonzept, mit dem auf Basis des nachwachsenden Rohstoffs Holz ein diverses Produktportfolio hergestellt wird. In welche Richtung wird sich das Thema Ihrer Meinung nach entwickeln? Stanger: Wir stehen hier erst am Anfang mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten. So existiert schon eine Reihe von biobasierten Produkten, allerdings gibt es noch Aufholbedarf in der Kommunikation, um diese Produkte auch sichtbar zu machen. Hier gilt es, eine einfache Botschaft zu transportieren, damit auch Konsumenten biobasierte Produkte rasch erkennen und einordnen können. Ergänzend zu den Initiativen der produzierenden Industrie werden neue Vorschriften/Rahmenbedingungen eine sukzessive Erhöhung des Anteils von biobasierten Inhaltsstoffen fordern. Weiters stehen wir am Beginn eines

Quelle: Report „Greenhouse Gas Assessment of Biobased Acetic Acid Produced by Lenzing“, Quantis, März 2018

Abbildung 1: Vergleich der CO2-Äquivalente verschiedener Hersteller von Essigsäure mit jener von Lenzing.

Wandels, der komplett neue Wege entstehen lässt, wie z. B. die Bildung von Wertschöpfungsketten, die den nachhaltigen Gedanken als verbindendes Element erachten. In diesem Zusammenhang engagiert sich Lenzing auch stark zum Thema Kreislaufwirtschaft als Basis für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem. Welche Maßnahmen setzt Lenzing im Detail? Gibt es Kooperationen mit Forschungseinrichtungen? Stanger: Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen und die Optimierung von Partnerschaften sind für

Lenzing essentiell. Gerne zeige ich das anhand einiger Beispiele von innovativen Produkten: Im Textilbereich nutzt die von Lenzing entwickelte REFIBRA™ Technologie zusätzlich zu Holz Baumwollzuschnittabfälle als Rohstoff. Somit kann ein Abfallprodukt im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder als Rohstoff eingesetzt werden, man gibt sozusagen der Baumwolle ein zweites Leben. Dies ist ein Beitrag zur Lösung des immer dringlicher werdenden Problems von Millionen Tonnen Textilabfällen, die jährlich auf Deponien landen oder verbrannt werden.

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Abbildung 2: Lenzing nutzt den gesamten Rohstoff Holz durch einen Biorefinery-Prozess und stellt verschiedene nachhaltig gewonnene Produkte her.

Im Bereich der Lebensmittelverpackungen gibt es eine Alternative zu den bisher eingesetzten Obst- & Gemüsenetzen. Die aus LENZING™ Modal Color hergestellten Netze sind spinngefärbt und lebensmittelzertifiziert. Die Netze aus LENZING™ Modal Color bestehen aus Cellulose und sind damit frei von Plastik und können durch ihre biologische Abbaubarkeit bequem über den Kompost entsorgt werden. Ebenso finden Sie auch im Hygienebereich Wischtücher, die zu 100% aus Zellulosefasern hergestellt sind.

LENZING™ Acetic Acid Biobased als Konservierungs- und Säuerungsmittel im Lebensmittel- und Futtermittelbereich, als Rohstoff und Lösungsmittel in der chemischen Industrie und ebenso als Basissubstanz in der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie. Soda ist ein wichtiger Rohstoff in der Herstellung von Glas und Furfural ist Bestandteil von Komponenten für Wind­räder zur Energiegewinnung. Darüber hinaus stellt das Co-Produkt Natriumsulfat einen etablierten Bestandteil von Waschmitteln dar.

Im Prozess der Holzaufschließung zur Faserherstellung entstehen auch andere Produkte. Welche sind das? Stanger: Lenzing verwertet 100 % des nachwachsenden Rohstoffs Holz, der aus Cellulose, Hemicellulose und Lignin besteht. Etwa 40 % sind Cellulose und werden für die Herstellung der Zellulosefasern TENCEL™, VEOCEL™ und LENZING™ verwendet. Aus weiteren 10 % des Holzes stellt Lenzing verschiedene biobasierte Produkte her. Dazu gehört unter anderem Essigsäure mit dem Markennamen LENZING™ Acetic Acid Biobased. Die restlichen 50 % des Holzes verwertet Lenzing als „grüne Energie“, die wiederum in die Produktion zurückfließt.

Diese „botanische“ Essigsäure ist für den Einsatz im Lebensmittelbereich geeignet? Stanger: Ja. Sie verfügt über jene Zertifikate, die für den Einsatz im Lebensmittelbereich relevant sind. Dazu gehört unter anderem HACCP und 2012/231/EC E260. Weiters ist sie vegan und koscher und entspricht darüber hinaus auch den Anfor­ derungen des EU- und US-Arzneibuchs.

In welchen Bereichen können diese Produkte eingesetzt werden? Stanger: Die Anwendungsbereiche von Lenzings biobasierten Produkten sind vielfältig. So finden Sie

Was ist das Besondere an der Essigsäure aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz? Stanger: Der Rohstoff ist nachhaltig und das Herstellungsverfahren liefert konstante Qualität, unabhängig von Jahreszeit und Witterungsverhältnissen. Der CO 2 -Fußabdruck von LENZING(TM) Acetic Acid Biobased ist mehr als 85 % geringer als jener von industriell hergestellten Mitbewerbern (Abbildung 1).

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Weiters zeichnet sich LENZING™ Acetic Acid Biobased durch eine besondere fruchtige Geschmacksnote aus. Wie können Lebensmittelhersteller diese nachhaltig produzierte Essigsäure nutzen? Gibt es eine spezielle Kennzeichnung oder Bezugsmöglichkeiten? Stanger: Lenzing ist Hersteller dieser Essigsäure und vertreibt sie über Partner im B2B-Geschäft. Im Lebensmittelbereich kommt die Essigsäure dann entweder als Essigessenz auf den Markt, welche gerne in der Gastronomie verwendet, aber auch im Einzelhandel für Endkonsumenten angeboten wird. Weiters wird Essigsäure zum Marinieren und Konservieren von Fisch und Gemüse verwendet und natürlich für die beliebten Essiggurken, so dass man auch im Winter zu frischem Gemüse greifen kann. Besonders freut mich, dass der Küchenchef von Lenzing seit vielen Jahren die Mahlzeiten in unserer Kantine mit Essigsäure aus eigenem Haus verfeinert und auch die Mitarbeiter und Kunden ihren Salat mit diesem zu Essig verdünnten Produkt marinieren können. Welche Aktivitäten haben Sie in Zukunft geplant? Stanger: Wir wollen den Bekanntheitsgrad unserer Produkte erhöhen und freuen uns über neue Partner, die ihre kostbaren Gemüse-, Fleisch- und Fischsorten in biobasierter Essigsäure haltbar machen. Darüber hinaus forschen wir an neuen Produkten – mehr dazu gerne zu späterem Zeitpunkt.


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CDB IN KONSERVEN Cyclo-di-BADGE in Lebensmitteln aus Konservendosen – was tun? KONSERVENDOSEN WERDEN ZUM SCHUTZ VOR KORROSION – MIT DEN DAMIT VERBUNDENEN ÜBERGÄNGEN AUF DAS VERPACKTE LEBENSMITTEL – AUF DER INNENSEITE BESCHICHTET. EIN GÄNGIGES BESCHICHTUNGSSYSTEM IST EPOXYPHENOLHARZ AUF DER BASIS VON BISPHENOL-A (BPA). BEIM AUSHÄRTEN DER BESCHICHTUNG KÖNNEN UNBEABSICHTIGT REAKTIONSNEBENPRODUKTE ENTSTEHEN, WIE INSBESONDERE CYCLO-DI-BADGE (CDB), DAS CYCLISCHE KONDENSATIONSPRODUKT VON BPA UND BISPHENOL-A-DIGLYCIDYLETHER (BADGE). BEATE BRAUER, TIM PÜTH

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n der Vergangenheit waren bereits in diversen Laboratorien der amtlichen Überwachung hohe Befunde an CdB in Fisch-in-Öl und Kokosmilch, die in Dosen verpackt waren, aufgefallen. Nun sollten im CVUAMEL Dosenkonserven mit Lebensmitteln, welche üblicherweise in größeren Mengen verzehrt werden (Eintöpfe, Suppen), mit einer speziell für diese Matrix entwickelten Methode untersucht werden.

Während eine HPLC-FLD-Analytik bei Fisch-in-Öl-Konserven zu verlässlichen Ergebnissen führt, kommt es bei Dosensuppen und Eintöpfen zu Matrix­ interferenzen. Das heißt je nachdem, ob ein Störpeak den Peak des Analyten oder den des internen Standards überdeckt, können die Ergebnisse zu hoch oder zu niedrig ausfallen. Als analytisches Verfahren zur Bestimmung von Kontaminanten in komplexen

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Lebensmitteln bietet sich die LC-GCMS/MS (Triple Quadrupol) Technik an. Dabei dient die vorgeschaltete Normalphasen-HPLC (NP-HPLC) der Abtrennung des Analyten von der Matrix. Anschließend wird die Fraktion eingeengt, silyliert und der GC-MS/MS-Bestimmung zugeführt. In den Dosen wurde auch das Polymer des Beschichtungssystems identifiziert (FTIR).

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Die Befunde an CdB in den Suppen und Fertiggerichten waren auffällig. Ein Überblick ist in nebenstehender Tabelle dargestellt. Untenstehende Abbildung gibt einen Überblick über die CdB-Einzelergebnisse in Dosenkonserven mit Innenbeschichtung aus Epoxyphenolharz in aufsteigender Reihenfolge. Die Konservendosen mit Polyesterbeschichtung enthielten naturgemäß kein CdB und sind in der Abbildung nicht aufgeführt. Über die Toxikologie von CdB ist wenig bekannt, noch existiert eine Höchstmengenregelung in der EU. Ob ein möglicher Übergang dieser Substanz in ein Lebensmittel im Sinne von Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 noch vertretbar ist, ist daher gemäß international anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen über die Risikobewertung zu beurteilen (Artikel 19 der Verordnung 10/2011). Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) (Stellungnahme 22/2016) kann CdB im Rahmen der Risikobewertung nach dem TTC-Konzept (Threshold of Toxicological Concern) der Cramer-Klasse III zugeordnet werden. Daraus lässt sich eine tolerierbare Aufnahmemenge von 90 μg/Person/ Tag ableiten. Es handelt sich hierbei um eine expositionsbezogene Bewertung, welche für jedes betroffene Lebensmittel stets eine Abschätzung der üblichen Verzehrmenge erforderlich macht. Die Verzehrmenge des Lebensmittels ist abhängig von der Art des Lebensmittels

Gesamtanzahl

81

Proben in Epoxyphenolharz-beschichteter Dose

76

Proben in Polyesterharzbeschichteter Dose

5

Zahl der beanstandeten Proben

52

Zahl der bemängelten Proben

12

Tabelle: CdB in Dosensuppen und Fertiggerichten in Dosen

und dem Nettogewicht des Gebindes. Die untersuchten Dosensuppen und Eintöpfe hatten in der Regel ein Nettogewicht von 400 g oder 800 g. Daher wurde für eine einzelne Mahlzeit ein Verzehr von 400 g (kompletter oder halber Doseninhalt) zugrundegelegt. Dabei handelt es sich um eine moderate Durchschnittsannahme – nicht um eine worst-case-Betrachtung. Das CVUA-MEL hält Übergänge von Substanzen oberhalb von Mengen, die aufgrund toxikologischer Bewertungen als sicher beurteilt werden (hier in der Regel 90 μg/400 g Lebensmittel pro Tag), für unvertretbar im Sinne von Artikel 3 Absatz 1b der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004. Über die gesundheitlichen Auswirkungen des Verzehrs eines so kontaminierten Lebensmittels ist nichts bekannt. Insofern kann ein derartiges Lebensmittel nicht als unbedenklich angesehen werden.

Gehalte an CdB in Konserven mit Epoxyphenolharzbeschichtung  μg CdB/kg LM 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 gebr. Gemüse

Königsb. Klopse

Erbseneintopf

Minestrone

Gulasch Suppe

Linseneintopf

Thai Suppe

Erbseneintopf

Festtagssuppe

Gulasch Suppe

Linsensuppe

Erbseneintopf

Kartoffeleintopf

Balkanklößchen

Tomaten

0

Abbildung: CdB-Einzelergebnisse in Dosenkonserven mit Innenbeschichtung aus Epoxyphenolharz

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Bei dieser Abschätzung wurde noch nicht berücksichtigt, dass die Substanz in vielfältigen Dosenkonserven vorkommen kann. Daher ist davon auszugehen, dass insbesondere Verbraucher, welche sich häufig von Konserven ernähren, CdB in Mengen oberhalb der tolerierbaren Dosis aufnehmen. Aus diesem Grund ist es nicht nur unvertretbar, wenn die tolerierbare Aufnahmemenge überschritten wird, sondern sie sollte durch die Tagesdosis eines einzelnen Produkts erst gar nicht ausgeschöpft werden. Zur Lösung des Problems sind zwei Handlungsoptionen denkbar: Minimierung des Stoffübergangs oder Bewertung der Substanz mit Etablierung eines Grenzwerts. In der Literatur wird beschrieben, dass die Migration von CdB aus Epoxyphenolharzen u.a. vom Vernetzungsgrad des Polymergerüsts und von den Bedingungen (Temperatur, Dauer) bei der Sterilisation der befüllten Dose beeinflusst wird1. Inwieweit die technologischen Möglichkeiten zur Minimierung des Übergangs derzeit bereits ausgeschöpft werden oder noch optimierbar sind, ist dem CVUA-MEL nicht bekannt. Immerhin gab es einige im Rahmen der Erhebung untersuchte Konserven mit Epoxyphenolharzbeschichtung, bei denen keine oder nur geringe Übergänge an CdB festgestellt wurden. Auch ein Ausweichen auf ein anderes Beschichtungssystem ist denkbar, hier könnten aber möglicherweise neue Fragen aufgeworfen werden. Aufgrund der Vielzahl der Produkte, die CdB enthalten, erscheint die Bewertung der Substanz durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), welche Voraussetzung für die Ableitung eines Migrationsgrenzwerts ist, zielführend, da ein derartiger Grenzwert für alle Seiten die notwendige Sicherheit schafft. Im Migrationsgrenzwert sollte die vielfältige Exposition von Verbrauchern mit CdB über die Nahrung berücksichtigt werden. Dr. Beate Brauer, Tim Püth, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-MEL), Münster Quelle: www.cvua-mel.de Literatur www.ernaehrung-nutrition.at


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VOS SCHOTT: ENTWICKLUNG MIT DEM KUNDEN DIE VOS SCHOTT GMBH IN BUTZBACH IST SEIT JAHRZEHNTEN EIN ZUVERLÄSSIGER PARTNER IM BEREICH DES PASTEURISIERENS UND STERILISIERENS VON NAHRUNGSMITTELN, PET-FOOD UND PHARMAZEUTIKA.

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ie Haltbarmachung von Gemüse-, Obst-, Fisch- oder Fleischgerichten sowie Suppen erfolgt in Autoklaven. „Durch das Berieselungsverfahren ist eine optimale Energieübertragung bei Konserven gegeben“, berichtet Philipp Meinecke, technischer Leiter der VOS Schott GmbH. Im hauseigenen Testlabor kann zusammen mit dem Kunden bei einer Probekochung das optimale Programm für sein Produkt ermittelt werden. Dabei werden die Kerntemperatur sowie der F-Wert mittels Ellab-Loggern aufgezeichnet. Die ermittelten Werte können dann in den Produktionsprozess des Kunden übertragen werden. Je nach Ausrichtung der kundenspezifischen Produktion werden die Konserven im Autoklaven sterilisiert oder pasteurisiert. Das Zubehör für die Beschickung wird individuell abgestimmt. Die Aufheiz-, Halte- und Kühlphase wird durch die MC-Steuerung IMAGO F3000 geregelt

und überwacht. Die Temperatur und der Druck sind separat einstellbar. Ausgelegt ist das Modell 43.1B bis 121°C und 2,5 bar Überdruck. Durch ein optimales

Packschema ist eine sehr gute Wärmeübertragung im Berieselungsverfahren gegeben und die Kochung kann energie- und kostensparend durchgeführt werden.

Der VOSS Berieselungsautoklav 43.1 wird in zwei Größen und zwei Energiearten angeboten. Die Kapazität liegt bei 390 bzw. 520 Litern, Beheizungsart elektrisch oder per Dampf. Für größere Volumen empfiehlt sich ein Steriflow-Autoklav mit geeigneter Kapazität. Der Standard Autoklav von Steriflow hat einen Durchmesser von 1300 mm und wird in der Lebensmittelindustrie meistens mit vier bis sechs Körben verwendet. Der Autoklav ist mit einer vollautomatischen Steuerung ausgestattet. Zusammen mit seinen Partnern Steriflow (Autoklaven), Emerito (Gläserverschlussmaschinen) und JK Somme (Dosenverschlussmaschinen) ist die VOS Schott GmbH ein leistungsfähiger Partner für die Planung, Projektierung und Servicebetreuung maßgeschneideter Produktionslinien zur thermischen Behandlung von Nahrungsmitteln, PETFood und Pharmazeutika. vertrieb@vos-schott.com www.vos-schott.com

TESTO IST ÜBERSIEDELT

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ie Teams von Testo & Testo Industrial Services GmbH sind umgezogen und unter der neuen Adresse Carlbergergasse 66/Tor 4, 1230 Wien, erreichbar. Mehr Informationen über innovative Messlösungen für die Kälte-, Klima- und Umweltmesstechnik, für In-

dustrieanwendungen, Rauch­ gasanalyse, die Kontrolle von Raumluft- und Lebensmittelqualität finden Sie auf unserer Website: www.testo.at

volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION


38 kurzmeldungen news

DER ALIMENTARIUS – Wissenschaftspreis der Zeitschrift DIE ERNÄHRUNG Die Zeitschrift „Die Ernährung“ ist ein führendes Fachmedium für die Bereiche Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft. Im Zentrum der inhaltlichen Ausrichtung der Zeitschrift stehen Themen und Fragestellungen entlang der gesamten Lebensmittelkette. Die Forschung rund um aktuelle Fragen und Aufgaben aus den Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften hat einen hohen Stellenwert. Der Wissenschaftliche Beirat der Zeitschrift „Die Ernährung“ verleiht ab 2019 jährlich für herausragende wissenschaftliche Arbeiten, die diese Kernthemen betreffen, folgende Aus-

zeichnung: DER ALIMENTARIUS – Wissenschaftspreis der Zeitschrift DIE ERNÄHRUNG. Dadurch sollen junge Akademikerinnen und Akademiker gefördert und auch die Aufmerksamkeit für Lebensmittelthemen in der Öffentlichkeit gestärkt werden.

mentenforschung), Sozio­ökonomie und Volkswirtschaft. Die genauen Kriterien für eine Einreichung sowie die Bewertung finden Sie ab Mitte Dezember 2019 auf der Website www.ernaehrung-nutrition.at

Prämiert wird eine wissenschaftliche Arbeit in den Rubriken „Dissertation“ und „Diplom- bzw. Masterarbeit“ aus einem der Bereiche: • Wissenschaft mit Schwerpunkt Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften oder fachverwandte Studienrichtungen, • Recht mit Schwerpunkt Wirtschaftsund Lebensmittelrecht, • Technik mit Schwerpunkt Lebensmittel- und Biotechnologie oder fachverwandte Studienrichtungen und • Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing (z. B. Handel, Konsu-

Tierwohlpreis verliehen TIERWOHLPREIS Viele Menschen haben heute keinen Bezug mehr zur bäuerlichen Tierhaltung. Trotzdem wird in den Medien immer wieder darüber und auch über „Tierwohl“ diskutiert. Die Landwirtschaftskammer (LK)

Tirol hat erstmalig einen „Tierwohlpreis“ ausgeschrieben. Mehr als 80 Bewerbungen sind eingegangen. Eine

©  DIE FOTOGRAFEN

ERNÄHRUNG | NUTRITION  volume 43 | 06. 2019

Jury traf eine Vorauswahl. Einzelne Betriebe wurden in der Folge von einer Expertenkommission besichtigt und insgesamt acht Regions- sowie ein Landessieger gekürt: Familie Klingler aus Ampass. Sie hält auf ihrem „Eichhof“ rund 100 Ziegen sowie Hühner und Schweine. LK-Präsident Hechenberger dazu: „Wir zeigen gerne her, wie wir unsere Tiere halten. Keinem liegt mehr am Wohlergehen der Tiere als den Bäuerinnen und Bauern. Es muss aber auch klar sein, dass wir von der Landwirtschaft leben müssen. Nur wenn die breite Masse der Bevölkerung die Realität rund um Hof, Stall und Weide kennt, hat sie die Möglichkeit, durch bewusste und reflektierte Kaufentscheidungen selbst ‚Tierwohl‘ zu unterstützen.“


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Hygienic Design Spezialthema Nr. 2: Reinigung & Desinfektion – Herausforderungen bei offenen und geschlossenen Produktionsprozessen LVA GmbH

Fokus Biokunststoffe – Praxistag FH Campus Wien www.fh-campuswien.ac.at

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KÖLN, DEUTSCHLAND

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ISM 2020 Internationale Süßwarenmesse www.ism-cologne.de

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JÄNNER 2020 WIEN

f.eh-Dialog zum Thema Fleisch www.forum-ernaehrung.at

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16.–20.02.2020

DUBAI, VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE

GULFOOD 2020 25. Int. Ausstellung für Nahrungsmittel und Getränke, Catering und Hotelausrüstung, Dubai International Exhibition Center www.gulfood.com

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Impressum — DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ ­N UTRITION Austrian journal for science, law, ­technology and economy ∙ ­r edaktion@ernaehrung-nutrition. at ∙ Offizielles Organ des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ ­Herausgeber: Fachverband der Lebensmittel­industrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: General­direktor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, Ao. Univ.-Prof. i. R. DI Dr. nat. techn. Emmerich Berg­hofer, Dr. ­Michael Blass, Hon.-Prof. Dr. Konrad Brust-

bauer, Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid, Prof. Dr. Christian Hauer, Univ.-Prof. Dr. Ing. Henry Jäger, OR Dr. Leopold Jirovetz, Univ.-Prof. DI Dr. nat. techn. Wolfgang Kneifel, Univ.-Prof. Dr. Jürgen König, Dr. Andreas Natterer, Ass.-Prof. Dr. Peter Paulsen, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M, Univ.-Prof. Dr. Veronika Somoza, Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, Univ.Prof. Dr. med. vet. Martin Wagner Dipl. ECVPH ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschinek, MAS, MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Dr. Elisabeth Rudolph ∙ Redaktion Recht: Mag. Ka­tharina Koßdorff ∙ Verleger: SPV Printmedien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Florianigasse 7/14; Tel.: 01/581 28 90; Fax: 01/581

28 90-23; online-redaktion@­blickinsland. at ∙ Lektorat: Mag. Nina Wildzeisz-­Rezner, MAS ∙ Satz: Gerald ­Mollay ∙ Herstellung: ­proprint.at ∙ Anzeigen­leitung: Prok. Doris Orthaber-­Dättel, Tel.: 01/581 28 90-12, daettel@blick­ins­land.at, Büro­leitung: ­Alexander Smejkal, Tel.: 01/581 28 90-27, smejkal@­ blickinsland.at ∙ ­Ernährung/Nutrition – ISSN 0250-1554 – erscheint sechsmal jährlich. Nachdruck sämtlicher Artikel, auch auszugsweise, nur mit Quellen­angabe, gegen Belegexemplar; Zitierung von wissenschaftlichen Beiträgen: Ernährung/Nutrition. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder, die nicht mit jener des He­rausgebers überein­stimmen muss.

volume 43 | 06. 2019  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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