Greizer Heimatkalender 2013 Leseprobe

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Greizer Heimatkalender

2013



Kalendarium

Greizer Heimatkalender 2013 (18. Jahrgang der Neuauflage)

Heimatgeschichtliches Jahrbuch für die Bürgerinnen, Bürger und Gäste der Stadt Greiz

Idee, Konzeption, Gestaltung Volkmar Schneider

TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER · Greiz

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Der „Greizer Heimatkalender“ in stillem Gedenken seinem Autor

Klaus Thümmler

* 28.09.1931 † 21.02.2012

I mpress u m Herausgabe/Redaktion: Volkmar Schneider Titelseite: Blick von der „Liebsfrau“ auf Raasdorf Foto: Volkmar Schneider Kalendarium: Volkmar Schneider Karikaturen von Willy Jasper unter Zuhilfenahme von Auszügen aus dem „Gnädigst privilegirten Greizer Intelligenz-Blatt“ des Jahres 1788 Verlag: Sprungverlag.de Druck: Tischendorf :: Die Medienpartner Gotthold-Roth-Straße 19, 07973 Greiz, Telefon (0 36 61) 62 93-0 Anzeigen: Tischendorf :: Die Medienpartner Gotthold-Roth-Straße 19, 07973 Greiz, Telefon (0 36 61) 62  93-26 Nachdruck, Reproduktion und Vervielfältigung der Beiträge bedürfen in jedem Falle der Genehmigung des Herausgebers bzw. der jeweiligen Autoren. Für den Inhalt der Beiträge zeichnen deren Verfasser verantwortlich. Redaktionsschluss: September 2012 Preis: 8,50 e


Inhaltsverzeichnis

Hofrangliste für das Fürstentum Reuß älterer Linie von 1881 (Christian Espig) . . . . . . . . . . . . . .

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Harter Winter vor 50 Jahren (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vor 100 Jahren starb der „alte Fritz“ (1831–1913) (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Wie Greiz zu einem Osterbrunnen kam (Johanna Kühnast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Die Wallfahrt Heinrichs Reuß von Plauen (Elke Golombek) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Das ehemalige Schwesternhaus – Gratulation zum 100. (Dr. Gottfried Rudolf) . . . . . . . . . . . . . . . 17 Familiengeschichte mit Migrationshintergrund (Susanne Dietsch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Greiz wird „Delikat“ (Marietta Schramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Prachtvoller Schulbau wird 130 (Dr. Gottfried Rudolf) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Luftschutz im Greizer Theater vor 70 Jahren (Rüdiger Söllner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Großbrand in Neumühle vor 100 Jahren (Edgar Schwarz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 In memoriam Fritz Zschegner (1912–1975) (Dr. Werner Querfeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Greizer Bilderbogen Raasdorf – Kleinod im Greizer Land (Steffen Grafe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Postgeschichte der Gemeinde Pohlitz (Hans-Gerald Samuel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Försterei, Gasthof, Tischlerei (Ehrenfried Schobert/Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Von der Göller‘schen Wacholderschenke und dem Wacholderlieb (Gotthard Brandler) . . . . . . . . . . . . 79 Der Sorgwaldsteinbruch bei Greiz (Gerhard Strauß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Das Sommerpalais Greiz. Geschichte – Architektur – Sanierung (Franz Nagel) . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Greiz und die Gründerzeit – Öffentliche Gebäude (Dr. Gottfried Rudolf) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Die Grundschule in Irchwitz (Dr. Sieglinde Auer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Bernhard Stavenhagens Weimarer Jahre und die Konzertreisen (Prof. Hans Rudolf Jung) . . . . . . . . . . 116 140 Jahre Vereinsbrauerei Greiz (Dr. Peter Wächter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Brauchtum bei Geburt und Taufe, Hochzeit und Trauung (Helmut Warmuth) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Rechtschreibreform 1903 im Reußenland (Sven Michael Klein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Seit 100 Jahren Kraftautomobil-Personenpost in Greiz (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Weihe der Jahn-Turnhalle 1913 (Steffi Markowski) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Stavenhagens 2. Klavierkonzert (Prof. Hans Rudolf Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Menschen und Stadt (Hans-Hajo Hedrich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Geburt und Kindheit im Unteren Schloss in Greiz (Dietrich Saalfrank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154


Inhaltsverzeichnis

Wie das damals war (Brigitte Breyer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Des Weihnachtspfaar (Georg Pfeifer ✝) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Die Gärtnerei Weber in Obergrochlitz (Volker Hildmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Bornschein & Clauß – Geschichte eines 100-jährigen Familienunternehmens (Prof. Dr. Friedrich Beck) . . . . . . . . . . . . . . . 173 Mondfischer (Dr. Marko Schlieven) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Der Gartenverein „Sonnenhöhe“ e.V. (Karin-Monika Löser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Das erste Fußballspiel auf dem Tempelwald-Sportplatz (Lutz Zürnstein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Nachlässe in Greiz (Dr. Werner Querfeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Mein Greiz (Dietrich Saalfrank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Willy Jasper (1898–1973) zum Gedenken (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Die Entfernung der fürstlichen Särge aus dem Mausoleum in Waldhaus (Sven Michael Klein) . . . . . . 200 Schlosskeller-Eröffnung 1974 (Reiner Vogel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Wanderungen in und um Greiz (Anette Kellner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Zugvögel im Greizer Park, Teil 2 (Josef Lumpe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221


Park- und Schlossfest 2012

Foto: Schneider


Januar Mo

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Do 3 10 17 24 31

Fr 4 11 18 25

Sa 5 12 19 26

01.01. Neujahr, 06.01. Heilige Drei Könige 05.01. , 11.01. , 18.01. , 27.01. 

So 6 13 20 27

„Von wegen keine Sportlerin!“ – „Den Opa müssen wir überholen“ – „Guck Mutti – der Opa am Baum“

Greiz vor 225 Jahren ... f. in ganzen und halben Bouteillen 22 gr. Zu Anfang Februarii i‚t auch Florentiner zu haben. Uebrigens ‚ind ganz delicate Sorten von Würzburger, als auch Werthheimer, Eymer und halbe auch Vierteleymer zu haben, und die Preiße alle ‚o, daß ‚ie nicht wohlfeiler aus der er‚ten Hand zu ziehen ‚ind, ich bitte al‚o ergeben‚t um geneigten Abzug. Johann Gottlieb Leye Rathskeller-Pachter. No. 1. Freytags, den 4. Januar Die Welt i‚t gut – daß es die Men‚chen werden, dieß, dieß i‚t jedes Biedern Flehn. Sind die‚e gut – dann fehlts gewiß auf Erden nicht mehr an wahrem Wohlergehn. Drum laßt uns nun die Tage un‚ers Lebens voll Thätigkeit dem Guten weihn! Dann wün‚chen wir nicht mehr ‚o viel vergebens – Dann wird die Zeit auch be‚‚er ‚eyn! Von der er‚ten Sorte Champagner in Bouteillen 1 Rthlr. 11 gr., Rothen El‚aßer ganz f. Kannenweis 13 gr., Wei‚‚en dito Kannenweis 13 gr., Bourgogne in Bouteillen 14 gr., Lünel in Bouteillen 12 gr., Tyroler oder Roveredaner Kannenweis 20 gr., Piccardi weis auch lilla Kannenweis 16 gr., Eine vorzügliche Art Medoc in Bouteillen 10 gr., Satorino Wino in Bout. 12 gr., Arrack ganz

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No. 2. Freytags, den 11. Januar Averti‚‚ements 1) Im Sünderhaufi‚chen Hau‚e auf der Silber‚traße ‚ind vier, und im Schaufußi‚chen Hinterhau‚e am Markt eine Stube neb‚t dazu gehörigen Bequemlichkeiten um billigen Miethzinß zu vermiethen. Im Er‚teren kann eine Stube ‚ogleich bezogen werden. Die näheren Miethbedingungen kann man bey Herrn Schaufuß erfahren. 3) Ich habe das Vergnügen hiermit ein wichtiges Werk anzukündigen, welches den Titel führen wird: Die Bibel zur Belehrung der Lebendigen bey den Gräbern der Todten... Johann Gottlieb Mauke Buchdrucker und Verleger

No. 3. Freytags, den 18. Januar Politi‚che Nachrichten Oe‚terreich Zur Armee nach Ungarn gehen auch neb‚t noch einigen hohen Officieren Ihro Hochfür‚tliche Durchlaucht der Herr Generalfeldmar‚chall Lieutenant Für‚t von Hohenlohe und un‚er durchlauchtig‚ter Herr Erbprinz Heinrich der XIII. ab. No. 4. Freytags, den 25. Januar Averti‚‚ements 2) Die in dem Journal der Moden angezeigte, und von dem berühmten Kün‚tler, Hrn: Pflugen zu Jena erfundene Ballonöfen, oder vielmehr Auf‚ätze auf Oefen, werden in den bekannten Burgkhammer von Ei‚enblech in beliebiger Kugel- oder Va‚enform nach gefälliger Angabe oder Zeichnung gefertiget, auch kann der Unter‚atz des Ofens entweder in Cylinder oder nach Belieben in eckigter Form darzu gegoßen werden. Da die‚e Art Oefen nicht alleine zur Zierde, ‚ondern auch wegen inwendig angebrachten Mechanismus zu beßerer Heizung eines Zimmers und be‚onders mit angebrachten Ro‚t im Unter‚atz, zu merklicher Er‚pahrniß des Brennholzes dienet, ‚o i‚t die‚elbe zu empfehlen, doch mü‚‚en Be‚tellungen die‚erhalb zuvor gemacht werden.


Espig · Hofrangliste

Hofrangliste für das Fürstentum Reuß älterer Linie von 1881 Wir setzen mit diesem Beitrag unsere kleine Editionsreihe von kurzen Quellendokumenten fort, die aus dem Umfeld des Greizer Hoflebens stammen.1) In den Privatakten des Geheimen Kabinettrats und Kammerpräsidenten Richard von Geldern-Crispendorf (1831-1912), der als politischer Vertrauter von Fürst Heinrich XXII. (1846-1902) gelten kann, ist aus dem Jahr 1881 eine Hofrangliste enthalten. Sie gibt einen Einblick in die damals vorherrschende Hierarchie am Hof des Fürs­ tentums Reuß älterer Linie. Wir geben diese Liste hier bearbeitet wieder, wobei unsere Ergänzungen nicht kursiv gesetzt sind: „Hofrangliste. 1., Regierungs-Präsident, Wirklicher Geheimer Rath Albert Faber. 2., Kammer-Präsident, Geheimer Cabinetsrath Richard von Geldern-Crispendorf. 3., Oberkammerrath Dettmar von Grün. 4., Landes-Superintendent Consistorialrath Albert Freiherr von der Trenck. 5., Geheimer Regierungsrath Bruno von GeldernCrispendorf. 6., Hofstallmeiser Theodor von der Decken. 7., Regierungsrath Karl Weidinger. 8.,

Landgerichts-Präsident Alfred Mortag. 9., Consistorialrath Christian Horlbeck. 10., Kirchenrath Albin Hoffmann. 11., Graf Erich Künigl. 12., Graf Franz von Einsiedel-Wolkenbruch., 13., Landrath Eduard Knoll. 14., LandgerichtsDirektor Heinrich Weigelt. 15., LandgerichtsRath Wilhelm Feistel. 16., Landgerichts-Rath Theodor Dietel. 17., Landgerichts-Rath Carl Zopf. 18., Hauptmann Carl August Hönsch. 19., Schulrath Berthold Schmidt. 20., Justizrath Oscar Liebmann. 21., Medizinalrath Dr. Otto Köttnitz 22., Commerzienrath Carl Heinrich Arnold. 23., Commando-Führer (wechselnde Amtsinhaber). 24., Obergerichtsanwalt Arthur von Geldern-Crispendorf.“ 2) Christian Espig Anmerkungen: 1) Vgl. Christian Espig: Die Greizer Rotunde als katholische Kapelle, in: Greizer Heimatkalender 2011. Greiz 2010, S. 29.; Hof-KleiderOrdnung am Fürstlichen Hofe (1867), in: Greizer Heimatkalender 2012, Greiz 2011, S. 7. 2) Thüringisches Staatsarchiv Greiz, Geheimes Kabinett Greiz, Kapitel 9, Nr. 195, Blatt 89.

Grafik: Katrin Vogt

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Sa 2 9 16 23

So 3 10 17 24

11.02. Rosenmontag, 12.02. Fastnacht, 13.02. Aschermittwoch, 14.02.Valentinstag 03.02. , 10.02. , 17.02. , 25.02. 

Die verlängerten Winterferien 1963 – Greiz-Pohlitz/Dorfteich

Greiz vor 225 Jahren ... den Vortheil des Winds zu erhalten, ‚ondern auch deswegen, weil ‚on‚t die hintern Schiffe ihre Lage nicht auf die feindliche Flotte ‚chießen könnten, indem ihnen die vordern Schiffe im Wege ‚tehen würden. In eine ‚olche Linie aber werden nur große Schiffe ge‚tellt.

No. 5. Freytags, den 1. Februar Ge‚tern am 31‚ten die‚es haben un‚ere Durchlauchtig‚te Landesherr‚chaft die Rei‚e ins Reich, unter den aufrichtig‚ten Seegenswün‚chen aller treuen Diener und Unterthanen zur glücklichen Vollziehung der‚elben angetreten. No. 7. Freytags, den 15. Februar Die Kriegs‚chiffe werden eingetheilt in Schiffe von der Linie und in Fregatten und andere leichtere Schiffe. Schiffe von der Linie ‚ind die größten und haben ihren Namen von der Linie, welche eine Flotte bey einem Seetreffen formirt. Hier i‚t es nämlich nicht wie bey einer Schlacht auf dem Lande, wo die Armeen gemeiniglich in drey Linien hintereinander ge‚tellet werden, ‚ondern die Schiffe werden in eine Linie po‚tirt, um nicht nur, wo möglich

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No. 8. Freytags, den 22. Februar Politi‚che Nachrichten Oe‚terreich In Wien ‚oll ein großer Geldmangel ‚eyn, ‚o daß man gezwungen i‚t, Kapitalien zu 18 pro Cent aufzunehmen. Es ‚oll die‚es daher kommen, weil die im Reich und Holland aufgenommenen Millionen alle durch Wech‚el übermacht worden ‚ind. Die Republicken Venedig und Genua haben vor kurzem dem Monarchen 100 Millionen als Darlehen zu 4 pro Cent anbiethen la‚‚en. No. 9. Freytags, den 29. Februar Averti‚‚ements 1) Demnach von Für‚tl. Reuß-Pl. Cammer allh., das Herr‚chaftliche Fi‚chwa‚‚er in hie‚igem El‚ter‚trome, welches ‚ich anfängt im Sauangerwehre, und ‚ich endiget bey der Taubenfurth, auf 3 Jahr, von Walp. 1788 bis dahin 1791, an den Mei‚tbietenden zu verpachten re‚olviret, zum diesfal‚igen Pacht-Licitationstermin auch bereits der 29.

März, a. c. wird ‚eyn Sonnabends nach dem heil. O‚terfe‚te, anberaumet worden; Als wird ‚olches zu dem Ende hiermit öffentlich bekannt gemacht, damit diejenigen, die die‚es Fi‚chwa‚‚er zu pachten ‚ich ent‚chließen wollen gedachten Tages zu rechter Vormittagszeit vor Für‚tl. Reuß-Pl. Cammer allhier er‚cheinen, ihre Pachtgebote anbringen und gewärtigen können, daß die‚es Fi‚chwa‚‚er, dem Mei‚tbietenden im Pacht werde überla‚‚en und zuge‚chlagen werden. Greiz den 26. Februar 1788. L. S. Für‚tl. ReußPl. Cammer da‚. 3) Bey dem hie‚igen Kaufmann Heinrich Augu‚t Oertel i‚t feiner Schuhmacherhanff, feine Smir. Baumwolle, f. Hausleinewand in ganzen Stücken, Limburger- und Holl. Kä‚e, fri‚ch Selzer- und Sait‚chitzerBitterwa‚‚er, Sardellen, Capern, Citronen und Servilatwür‚te, auch ver‚chiedene Garten‚ämereyen in ‚ehr civilen Preißen zu haben. 5) Es gehen in kurzer Zeit 200 Güld. hie‚. Courr. Mündelgelder ein, wer die‚e gegen ‚ichere Hypothek erborgen will, kann ‚ich im hie‚igen Intelligenzcomtoir melden. 7) Bey dem Candidat Schindler i‚t zu haben, Zollikofers Todtenfeuer 1788. 6 ggr.


Schneider · Harter Winter

Harter Winter vor 50 Jahren Der zurückliegende Winter, der in der 1. Februarhälfte durchgehend Tiefsttemperaturen mit sich brachte – am 5.2. wurden in Pohlitz minus 23 °C gemessen – lässt die Erinnerungen an den Winter 1962/63 wach werden. Bereits seit 15. Oktober 1962 wurde bei durchschnittlich minus 5 °C eine erste kurze zusammenhängende Frostperiode registriert. Seit dem 9. Dezember hatten Frosttemperaturen und eine geschlossene, wenn auch dünne, Schneedecke unsere Region fest im Griff. Entspannung deutete sich an, als zum Jahresende das Thermometer sich der Nullgradgrenze näherte. Doch war dies von kurzer Dauer. Insgesamt sollte der Winter mit 125 Frosttagen dem der Jahre 1939/40 und 1946/47 nicht nachstehen. Der anhaltende Frost hatte dazu geführt, dass der Nachschub an Heizmaterial ins Stocken kam. Konnten um den Jahreswechsel Defizite noch ausgeglichen werden, verschärfte sich die Lage im Verlauf des Monats Januar zusehens. Die Straßenbeleuchtung wurde eingeschränkt, Betriebe verlagerten ihre Arbeitszeit außerhalb der Spitzenbelastungszeiten. Besonders in Betrieben und Schulen wurde jetzt Heizmaterial knapp. Die am 11.2. gebildete „Kreiskommission zur Versorgung mit Brennstoffen“ legte fest, dass Greizer Schulen ohne Zentralheizung geschlossen wurden. In Erinnerung ist geblieben, dass wir Schüler anfangs noch gebeten wurden, täglich je 2 Briketts mit in die Schule zu bringen, die, um die Glut länger zu halten, in Zeitungspapier gewickelt wurden. Doch war der Erfolg von kurzer Dauer. Wir Schüler der Pohlitzer Schule wurden daraufhin in Ausweichquartieren unterrichtet, wie z.B. in der Gaststube des Pohlitzer Gasthofs „Schreiner“, im

Speisesaal der Möbelfabrik „Fülle“ oder der Vereinsbrauerei, und dort im Schichtbetrieb. Nachdem die Winterferien um zusätzlich eine Woche vorverlegt worden waren, begann dann ab 18.2. ein regulärer Schulbetrieb auch für die Pohlitzer – in Schichten und in der Bergschule. Ein besonderes Problem war neben der Wärme- auch die Wasserversorgung. Das Jahr 1962 hatte nur 50% der durchschnittlichen Niederschlagsmenge gebracht. Der Elsterstausee war fast leer und ein Teil der Wasserleitungen eingefroren. Die Elster außerhalb der Stadt war mit einer 40 cm dicken Eisschicht bedeckt. So mussten Wasserwaagen besonders die Einwohner der höherliegenden Vororte mit Wasser versorgen. Hierfür erwies sich der Tiefbrunnen derVereinsbrauerei als sehr nützlich. Die Dampfloks auf dem Greizer Bahnhof erhielten Wasserlieferungen aus Reichenbach. Am Greizer Röhrenbrunnen, der täglich 24 m3 Wasser gab, bildeten sich lange Schlangen. Noch am 1. März wurden in der Greizer Elsteraue minus 21 °C gemessen, am 8. dagegen bereits plus 13,5 °C. Dem kalten Winter wird ein warmer Sommer mit reichlichen Niederschlägen folgen. Volkmar Schneider Quellen: – Heimatbote 3–5 1963 – Volkswacht IV/62, I/63

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So 3 10 17 24 31

20.03. Frühlingsanfang, 28.03. Gründonnerstag, 29.03. Karfreitag, 31.03. Ostersonntag 04.03. , 11.03. , 19.03. , 27.03. 

1. Greizer Karneval 1936

Greiz vor 225 Jahren ... M‚tr. Nagel‚chmidt Dietrich wenden, und die näheren Bedingungen von ihm erfahren.

No. 10. Freytags, den 7. März Es i‚t ‚o ‚chlimm nicht in der Welt, als viele glauben! Es ‚cheint mit zu den Eigenheiten un‚ers gegenwärtigen Zeitalters zu gehören, daß man ‚o gerne über bö‚e Zeiten und Men‚chen – über Mangel an Recht‚chaffenheit und Men‚chenliebe, überhaupt über eine ‚ehr ‚ichtbare Abnahme des Guten und über eine eben ‚o ‚ichtbare Zunahme des Bö‚en klagt und deswegen auch mit bedenklichen Blicken der Zukunft lauter Arges, lauter Elend ab‚ehen will... Averti‚‚ements 3) Es i‚t ein küpfernes Brandewein-Abziehzeug zu verkaufen. Wo? erfährt man im Intelligenzcomtoir. 4) Das Sturmi‚che Wohnhaus in der Reihe allhier, wird zum freyen Verkauf feil geboten; Kaufliebhaber können ‚ich deshalb an den

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No. 11. Freytags, den 14. März Politi‚che Nachrichten Oe‚terreich Die kai‚erl. Truppen, welche bis iezt in kleinen Scharmützeln mit den Türken zu thun gehabt haben, haben die Erfahrung gemacht, daß ‚ie eben noch ‚olche Wütteriche ‚ind, als ‚ie ‚ich in den vorigen Kriegen bewie‚en haben. Sie laden ihre Gewehre mit Glas‚plittern und hauen den Leichnamen ihrer Feinde, wenn ‚ie ‚ie habhaft werden können, den Kopf ab, um ‚ie auf Stangen der Schau auszu‚tellen. Sie ‚ollen mit einer gar nicht erwarteten Wuth und Tollkühnheit ‚treiten. No. 12. Freytags, den 21. März Politi‚che Nachrichten. Pohlen Der im ö‚terreichi‚chen Pohlen commandirende kai‚rl. General, Prinz von Coburg hatte den Ba‚‚a von Choczim auffordern la‚‚en, die Stadt in Güte zu übergeben und ihm deshalb eine ehrenvolle Capitulation angetragen. Der Ba‚‚a aber hat geantwortet, daß er und die Seinigen getreue Diener des Grosherrn wären, indeß verlange er doch 12 Tage Auf‚chub, um ‚ich in Con‚tantinopel Raths erholen zu können, welchen er auch erhielt.

No. 13. Freytags, den 28. März Averti‚‚ements Zu Wien i‚t ein vornehmer Türke, den man für einen Ba‚‚a ausgiebt, aus Frankreich angekommen, welcher ‚o lange Staatsgefangener bleiben muß, bis man vernimmt, wie die Pforte die dort wohnenden Chri‚ten behandelt, und ob ‚ie ihnen den freyen Abzug verwilliget. – Man erwartet hier auch einen Agent vom Mahmudba‚‚a, der ‚ich nun wirklich für unabhängig von der Pforte erklärt hat. Ottomani‚che Pforte Rußland ‚oll folgende Bedingni‚‚e zum Frieden mit dem Türken vorge‚chlagen haben. 1) Sollen die Türken auf ewig Verzicht auf die Krimm thun. 2) Sollen ‚ie die Fe‚tung Oeza­ kow mit dem daran angrenzendem Lande der Nogaistartarey den Ru‚‚en abtreten. 3) Nicht weniger ‚ollen ‚ie Bender und ganz Be‚‚arabien hergeben. 4) Sollen ‚ie der ru‚‚i‚chen Flagge einen freyen Durchgang bey den Dardanellen ge‚tatten. 5) Den Kopf des Grosvi‚iers ‚ollen ‚ie nach Petersburg ‚chicken, weil er an die‚em Krieg ‚chuld ‚ey. 6) Sollen ‚ie 3 Millionen Pia‚ter bezahlen, weil ‚ie das Völkerrecht in Verhaftnehmung des ru‚‚i‚chen Ge‚andten, Bulgakow, verletzt haben.


Schneider · Heinrich Fritz

Vor 100 Jahren starb der „alte Fritz“ (1831–1913) Kaum ein anderer hat die Geschichte der Stadt Greiz so bildhaft aufbewahrt wie der spätere Hoffotograf Heinrich Fritz sen. Seine gleichfalls als Stadtchronik stehenden Fotografien aus der 2. Hälfte des 19. Jh. sind noch heute nicht nur Regionalhistoriker eine unbezahlbare Bereicherung der geschriebenen Geschichte. Johann Heinrich Fritz wurde am 28. April 1831 in Crispendorf als Sohn eines Tischlers geboren. Bei seinem Vater erlernte er das Handwerk und ging nach abgeschlossener Lehre auf Wanderschaft. Nach seinem Dienst als Soldat im Reußischen Kontingent (seit 1852) arbeitete er als Tischlergehilfe in einer GreizerTischlerei und vervollkommnete seine Fertigkeiten als Holzbildhauer. Diese Neigung sollte auch seine Anerkennung für den Freund seines Sohnes, den später bekannten Carl Röder, fördern, für den er eine Sammlung zur Finanzierung von dessen Bildungsreisen organisieren sollte. Da er aus gesundheitlichen Gründen seinen Broterwerb als Tischler nicht mehr sichern konnte, wandte er sich neben der Bildhauerei der neuen Kunst, der „Lichtbildnerei“, zu. Auf diesem Gebiet wurde er, der sich diese Fähigkeiten autodidaktisch angeeignet hatte, zu einem wahren Pionier. Ein erstes kleines Atelier richtete er auf der Hohen Gasse ein, ehe er 1867 sein Haus in der Weststraße (heutige Heinrich-Fritz-Straße) beziehen konnte. Hier waren ihm mit dem größeren Atelier völlig neue Möglichkeiten eröffnet und öfters sah man nun die Kutsche der Fürstlichen Familie Heinrichs XXII. vorfahren. Mit seinen Fotos hat er uns ein Bild der Stadt erhalten, das wir ohne diese nicht mehr kennen würden – die Entwicklung von der Residenzstadt-Idylle zur Industriestadt. Der Ehe mit seiner Frau Wilhemine geb. Ostertag (oo 18.02.1855) wurden 3 Kinder geboren – Tochter Marie (1859–1932) sowie die Söhne Heinrich

August (1857–1938) und Albin (1861–1897). Nachdem Sohn Heinrich jun. beachtliche Fähigkeiten in der Malerei erworben hatte, stieg auch er, wie bereits vorher Sohn Albin, in die Führung des Ateliers ein. Beide sollten wie Vater Heinrich sen. (1881) vom Fürsten die Würde des Hoffotografen erhalten (1892). Nach dem Tod seines Sohnes Albin, der als Landesvorsitzender der Thüringer Hochradvereine an den Folgen eines Sturzes vom Rad verstorben war, arbeitete er nun wieder aktiv in Atelier mit. Heinrich Fritz sen., der alte Fritz, war ein anerkannter Förderer der Stadt Greiz. „Er war ein Genie im Organisieren, im Anregen, im Vorwärtsdrängen...“ 1) So war er u.a. Mitbegründer bzw. Vorsitzender des Gewerbevereins, der Spar- und Vorschussbank, des Fortbildungsschulvereins, des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Reuß ä. L., des Asylvereins, der Vereine „Liedertafel“ und „Turnerschaft“ und des Verschönerungsvereins Neumühle. Der heutige Ort Neumühle wäre wohl ohne sein Engagement als Vorsitzender des späteren Verkehrsvereins Neumühle in seiner heutigen Form nicht denkbar. Neben seiner Unterstützung für Carl Röder wandte er sein Interesse auch dem Freund Ludwig Pfroepffer zu.Als Gründer der „Pfroe­ pffer-Gemeinde“ legte er den Grundstein für die spätere „Literarische Gemeinde“. „Vor Ein­ führung der neuen Städteordnung gehörte er dem Bürgerausschuss an.“ 2) Anlässlich seiner Goldenen Hochzeit errichteten die von ihm gegründeten Vereine die „Heinrich-Fritz-Stiftung“ zur Unterstützung der Fortbildungsschule. Am 26. März 1913, nur 4 Monate nach dem Tod seiner Frau, schloss er für immer die Augen. Heinrich Fritz war nicht nur „Abbilder“, sondern er lenkte die Geschicke der Stadt entscheidend mit. Volkmar Schneider Anmerkungen: 1) Greizer Zeitung vom 27.3.1913 2) ebenda Mein Dank gilt dem Schwiegersohn des Urenkels von Heinrich Fritz sen., Herrn Ulrich Hansen.

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Sa 6 13 20 27

So 7 14 21 28

„Ein Kind ist schön, noch schöner sind drei“ – „Was meinst du, Hansi!“ – „Heut vor einem Jahr war ich auf Touren“ – „Opa, kommt der Geruch auch auf die Platte?“

01.04. Ostermontag 02.04. , 10.04. , 18.04. , 25.04. 

Greiz vor 225 Jahren ... und Zeugwebers M‚tr. Johann Michael Reißmanns bisher ‚ubha‚tirt gewe‚enen Wohnhaus ‚amt Kirch‚tand 250 Mfl. baar Geld licitiret und näch‚tkünftiger 20. April a. c. zum Er‚tehungstermin ange‚etzt worden. Als wird ‚olches, damit wenn jemand ein mehreres dafür zu geben ge‚onnen, hierdurch öffentlich bekannt gemacht. Greiz den 7. April 1788. Für‚tl. Reuß-Pl. Amt Untergreiz da‚. No. 14. Freytags, den 4. April Politi‚che Nachrichten Oe‚terreich Als einen Beweis, wie ‚ehr die Vor‚icht über Jo‚eph den Zweiten wacht, erzählt man folgende Begebenheit. Da der Kai‚er auf ‚einer Rei‚e zur Armee auch Laybach – die Haupt‚tadt im Herzogthum Crain – mit betraf, ‚o be‚ahe er nach der ihm ganz eigenen Neugierde auch hier die mei‚ten öffentlichen An‚talten und Gebäude. Unter andern verweilte er auch eine geraume Zeit in dem ehemaligen Franziskaner-Klo‚ter da‚elb‚t, welches nun zu einem Schulhauß zugerichtet wird. Und wenige Tage nach der Abrei‚e des Monarchen ‚türzte ein gro‚‚er Theil von die‚em Gebäude ein. Averti‚‚ement Demnach auf des hie‚igen Bürgers Lein-

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No. 16. Freytags, den 18. April Politi‚che Nachrichten Pohlen Die iählinge Veränderung der Witterung in dem vergangenen Winter hat ‚owohl in Pohlen als auch in Rußland viele Krankheiten verur‚acht. In Petersburg ‚oll fa‚t kein Haus zu finden ‚eyn, in welchem nicht Kranke wären, die am Schnupfen, Flußfieber, Hu‚ten und andern Krankheiten darnieder liegen. Averti‚‚ement Es ‚ind den 15. d. M. 2 Schlü‚‚el vom Wai‚enhaus bis auf die Siebenhitze verlohren worden, der Finder der‚elben wird gebeten, ‚olche im Intelligenzcomtoir gegen ein kleines Doceur abzugeben. No. 17. Freytags, den 25. April Averti‚‚ements

1) Demnach auf näch‚t kommenden 21. May die‚es Jahres ver‚chiedene Mobilien an Lein- und Zeugweber Geräth‚chaft, Kleidungs‚tücken, Zinn, Büch‚enmacher Handwerkszeug, auch andern Hausrath, bey dem Für‚tl. Amte Obergreiz, Nachmittag von 2 Uhr an, gegen ‚ogleich baar zu lei‚tende Bezahlung an den Mei‚tbietenden verkauft werden ‚ollen; Als hat man ‚olches hierdurch behörig bekannt machen wollen, und i‚t das Berzeichniß die‚er Sachen ‚owohl bey denen Für‚tl. Aemtern Ober- und Untergreiz als auch am hie‚igen Rathhauße öffentlich ange‚chlagen. Greiz den 17. April. 1788 Für‚tl. Reuß-Pl. Amt Obergreiz da‚. 2) Demnach weyl. M‚tr. George Gottfried Kämpfens allhier, in der untern Vor‚tadt be‚eßenes Haus und Garten, be‚age derer öffentlich ange‚chlagenen Subha‚tationspatente, zum Verkauf öffentlich ausgeboten und diejenigen, welche darauf zu bieten ge‚onnen, auf den zu dem Ende anberaumten Licitationstermin den 13. Juni näch‚tkünftig vor das Für‚tl. Amt Ober-Greiz vorgeladen worden; Als hat man ‚olches auch noch durch gegenwärtige Anzeige weiter bekannt machen wollen. Greiz den 17. April 1788. Für‚tl. Reuß-Pl. Amt Obergreiz da‚.


Kühnast · Osterbrunnen

Wie Greiz zu einem Osterbrunnen kam Seit altersher gilt das Ei als Symbol für das Leben und die Auferstehung. So wie Jesus das Grab quasi wie ein Küken das Ei durchbrochen hat, und zu neuem Leben auferstanden ist, bricht im Frühjahr neues Leben hervor. Schon im 16. und 17. Jh. sollen verzierte Eier, oft mit christlichen Motiven versehen, sehr beliebt gewesen sein. Heute sind, neben oft regional unterschiedlichen Techniken, die verschiedensten Gestaltungsformen bekannt. So sind neben einfarbigen Eiern besonders in der Lausitz die Wachstechniken beliebt, es gibt Kratz- und Ritztechniken, aber auch mit Naturfarben gefärbte Eier liegen im Trend. Jede Einkaufseinrichtung führt zur Osterzeit hartgekochte gefärbte Eier in ihrem Sortiment. Es war im Frühjahr 2010. In der AWO-Begegnungsstätte in der Marienstraße trafen sich wie immer die Frauen der Kreativwerkstatt. Es wurde gewerkelt und bei einer Tasse Kaffee gefachsimpelt. Dabei entstand die Idee zur Gestaltung eines Osterbrunnens. Nach vielem

Hin und Her einigten sich die Frauengruppen auf die textile Gestaltung von Eiern, da ja Greiz einmal die Stadt der Stoffe war. Mit viel Engagement,Geschick und Kreativität beteiligten sich die Frauen an der Umsetzung. Es entstanden kleine Kunstwerke, die beim bloßen Betrachten in Erstaunen versetzen. Wer genauer hinschaut, findet dort nicht nur mit Stoff bezogene Eier. Viele Handarbeitstechniken wie z. B. eingestrickte, umhäkelte oder mit viel Liebe im Kreuzstich bestickte Eier sind zu bestaunen. Auf Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit setzen die Frauen auch bei der nötigen Grüngestaltung. Die vielen Efeuranken spendete die Firma Frantz. Das Grundgestell wurde von der Greizer Euro-Schule gefertigt. Die schöne Fürstenkrone, angefertigt zur 800Jahrfeier, fand eine erneute Würdigung. Den Auf- und Abbau übernahm der Bauhof der Stadtverwaltung. So stand der Eröffnung des 1. Osterbrunnens im Jahr 2011 mit ca. 1.000 Eiern nichts mehr im Wege. Doch es war nur ein Anfang. 2012 wurde durch die unermüdliche Schaffenskraft der Frauen der Ostereierschmuck um weitere 1.000 Eier bereichert. Außerdem wurde auch der Rathausbalkon mit Schmuckeiern verziert. So ist unser Greiz um eine Attraktion reicher geworden. Durch das gemeinsame Wirken vieler fleißiger Hände wurde etwas Schönes ins Leben gerufen, zur Freude unserer Greizer Bürger und ihrer Gäste. Bleibt zu wünschen, dass diese Idee weiter wächst und unsere Greizer diesen Fleiß würdigen und anerkennen, auch dass „Eierdiebe“, wie im Jahr 2012 geschehen, ihre gerechte Strafe erhalten. Johanna Kühnast 13


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1 8 15 22 29

Do 2 9 16 23 30

Fr 3 10 17 24 31

Sa 4 11 18 25

So 5 12 19 26

01.05. Maifeiertag, 09.05. Christi Himmelfahrt, 12.05. Muttertag, 19.05. Pfingstsonntag, 20.05. Pfingstmontag, 30.05. Fronleichnam 02.05. , 10.05. , 18.05. , 25.05. , 31.05. 

„Papa, hab´n denn de Karpfen auch Schuhe?“

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 18. Freytags, den 2. May Averti‚‚ement 3) Demnach auf den Weibskirchen‚tand No. 6 L.b. der 6te Sitz, 28 thlr. Curr. und auf den Mannskirchen‚tand auf der untern Emporkirche No. 24 der 4te Sitz – 6 thlr. Curr. gebothen worden, als wird ‚olches hierdurch anderweit bekannt gemacht, daferne allenfalls jemand, ‚ollte ein mehreres dafür zu geben ge‚onnen ‚eyn, der‚elbe hat ‚ich von dato an, und bis den 17. die‚es mit ‚einem fernern Geboth, bey dem Factor Schneider zu melden, und ‚odann demjenigen, der das mei‚te gebothen, gewöhnlicher maßen käuflich zuge‚chlagen werde, gewärtig ‚eyn ‚oll. Greiz den 2. May 1788. No. 19. Freytags, den 9. May Politi‚che Nachrichten

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Türkey Wahr‚cheinlich wird nun der Grosvizier bald zur Armee abgehen. Man bemerkt in Con‚tantinopel ‚eit einiger Zeit weit mehr Bewegung, mehr Thätigkeit im Ar‚enal und die Mini‚ters ‚ind mehr als jemals be‚chäftigt. In Con‚tantinopel ‚oll ‚ich die Pe‚t immer weiter verbreiten. Es ‚oll die‚elbe durch die aus klein A‚ien genommenen Truppen dahin gekommen ‚eyn. Deut‚chland Der Landgraf von He‚‚en-Darm‚tadt i‚t krank und man zweifelt an ‚einem Aufkommen. Die fal‚chen Münzer zu Mainz ‚ind größtentheils auf Zeitlebens auf den König‚tein gekommen. Von Berlin vernimmt man, daß der König von Preu‚‚en mit dem Mini‚ter, Herrn von Heiniz nach den we‚tphäli‚chen Ländern rei‚en wird, um die Fabricken und Bergwerke da‚elb‚t in Augen‚chein zu nehmen. Der Kronprinz wird die‚e Rei‚e in der Suite des Königs mitmachen. Averti‚‚ements. N. S. Es ‚ind auch noch ein paar Exemplare von der Preis‚chrift: Uiber die Hinderniße des Selb‚tdenkens in Deut‚chland von M. R. U. Thieme, Rect. in Mer‚eburg. Leipzig 1788. 26 Bogen in 8. wovon der Ladenpreiß

1 Rthlr. i‚t, um 18 gr. bey mir zu haben. Wegen ver‚chiedener Hinderni‚‚e kann künftigen Freytag kein Blatt ausgegeben werden. Den Verlu‚t wird an dem darauf folgenden Freytag ein ganzer Bogen er‚etzen. No. 20. und 21. Freytags, den 23. May Averti‚‚ements 4) Die zwey er‚ten Stücke von der zur Beförderung der häuslichen Glück‚eligkeit be‚timmten hannöveri‚chen Monats‚chrift, Jahrbuch für die Men‚chheit betittelt, ‚ind nun er‚chienen. Sollte jemand die‚elbe für eine geringe Vergütung mit zu le‚en geneigt ‚eyn, der beliebe Endesunterzeichneten gütig‚t davon zu benachrichtigen. Politi‚che Nachrichten Türkenkrieg Bey der Eroberung von Sabat‚ch zeigten Ihro Durchlaucht der Prinz Reuß, Herr Heinrich XV. daß er ein würdiger Enkel ‚eines Herrn Uhrgroßvaters ‚ey, der zu Ende des vorigen Jahrhunderts als Generalfeldmar‚chall bey Zentha in Ungarn nach einer gänzlich errungenen Niederlage der Türken, auf dem Bette der Ehre ‚tarb.


Golombek · Heinrich Reuß

Die Wallfahrt Heinrichs Reuß von Plauen Herzog Wilhelm III. zu Sachsen hat sich am 26. März 1461 „auf die Reyse nach dem heyligen Grabe ins gelobte Land von Weimar aus begeben / und uff diese Reyse mit sich genommen; An Grafen und Herrn...“ 14 Personen, Ritter 11 Personen, adelige Junker 19, Ärzte und Geistliche 7 (davon 4 Geistliche des Barfüßer-Ordens), 12 Edel Knechte, 20 gemeine Knechte und 8 Bürgersleute. Die Reisegesellschaft bestand demnach aus 91 (benannten) Personen „ausser die unbenandten Diener und Ufwärter.“ Unter den Grafen und Herren wird in der Aufstellung auch „Heinrichen/ Herrn Reußen von Plauen“ genannt. Die „Suite“ des Herzogs reiste über Coburg, Nürnberg und Ingolstadt nach München, traf am 17. April in Brixen (Bressanone) ein, um dann nach Trient (Trento) weiterzureisen. Am 19. April begaben sich die Wallfahrer über Veron (Verona), Vincenz (Vincenza), Padua nachVenedig, wo sie am 22.April eintrafen und sich dort bis zum 1. Mai aufhielten. Während der Überfahrt nach Kroatien verhinderte ein Sturm die Weiterreise und Herzog Wilhelm III. war gezwungen, mit seinen Begleitern auf halber Strecke umzukehren. Am Freitag, dem 8. Mai 1461, erreichten sie Parenz (Rovinj?) und am 11. Mai Pola (Pula). Auf der Fahrt nach Corfu ist „Sonntags große Gefahr auff dem Meere wegen eines Schiffes/so in vollem Lauff auff sie gestoßen...“ Dieser Zusammenstoß ging, ohne große Schäden zu verursachen, gut aus und so erreichten sie am 20. Mai Corfu. Nach 6 Tagen traf dann die

Gesellschaft in Mentone (Messina) ein. Hier begegneten sie dem Herzog von Geldern, der sich auf der Rückreise aus dem gelobten Land befand. Endlich landeten sie am 5. Juni auf Rhodis (Rhodos) und am Dienstag, dem 16. Juni gingen sie in Japha (Tel Aviv) an Land. Glücklich und gesund trafen sie dann am Donnerstag, dem 18. Juni in Jerusalem ein, wo sie sich bis zu ihrer Abreise am 29. Juni aufhielten. Die Rückreise erfolgte dann über die gleiche Strecke wie bei der Hinreise. Die Wallfahrer sind am 7. Oktober „Mittwochs zu Weimar by guter Gesundheit wiederum einkommen/ und seynd mit der ganzen Hin=und Rückreise zu gebracht worden 28 Wochen/ und ist aus dieser Suite nur eine Person/( Edelknechet Berlo Spiringen von Nordhaußen) / zu Rhodis mit Tod abgegangen.“ Allerdings sind „18.)Wilhelm Schotten/ 19.) Reinharden von Neber/ (diese beede letztere seynd Unpäßichkeit halber uff dem Wege zu Parentz umgekehrt)...“ Welcher Heinrich Reuß von Plauen der betreffende Wallfahrer war, konnte bisher nicht zweifelsfrei aufgrund fehlender Akten und Urkunden nachgewiesen werden. Wahrscheinlich war es Heinrich X., „der Jüngere“ Reuß von Plauen, Herr zu Greiz, Herr zu Kranichfeld, der in der Erbteilung von 1449 das Vorderschloss Greiz mit der halben Stadt und Herrschaft erhielt und 1449 kurfürstlich sächsischer Rat war (* um 1424; † 7./17. März 1462 in Erfurt). Elke Golombek Quellen: – Johann Sebastian Müller, Annales Des Chur=und Fürstlichen Hauses Sachsen von Anno 1400 bis 1700, Weimar am 11. April 1700; – Berthold Schmidt, Die Reußen, Genealogie des Gesamthauses Reuß älterer und jüngerer Linie sowie der ausgestorbenenVogtslinien zu Weida, Gera und Plauen und der Burggrafen zu Meißen aus dem Hause Plauen, Schleiz 1903; – Herr Sobeck, Archivar Stadt Zeulenroda, persönliche Auskünfte vom 03. Februar 2012

Stammwappen der Reußen

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14.–16.06. Greizer Park- und Schlossfest, 21.06. Sommeranfang 08.06. , 16.06. , 23.06. , 30.06. 

„Wenn se' des sääh‘ tääten!!!“

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 23. Freytags, den 6. Juni Politi‚che Nachrichten Vom Krieg Wegen anhaltenden Regenwetter konnte keine Sache von Wichtigkeit unternommen werden. Die kai‚erl. Armee kampirt an ver‚chiedenen Orten und erwartet den Wink des Kai‚ers, wenn das große allgemeine Blutbad beginnen ‚oll. Von der Ankunft des Grosviziers mit einer türki‚chen Armee bey Belgrad hat man noch nichts vernommen. No. 24. Freytags, den 13. Juni Averti‚‚ements 1) Auf dem hie‚igen Rathskeller bey Endesgenannten ‚ind kürzlich wieder einige Sorten von fri‚chen und ächten Weinen, ‚o wie auch von einigen ausländi‚chen Wa‚‚ern

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angekommen. Als: 1) Sehr delicater ächter ‚pani‚cher Sekt die Bout. 12 ggr., 2) Aechter Bourgogne, die Bout. 12 ggr., 3) Alter Franzwein, die Bout. 10 ggr., 4) Sehr guter Mosler Wein, die Bout. 8 ggr., 5) Extra guter rother Rheinwein, die Bout. 12 ggr., 6) Vortreflicher alter Würzburger, die Bout. 10 ggr., 7) Sehr guter Pontack, die Bout. 8 ggr., 8) Selzerwa‚‚er, der Krug 5 ggr., 6 pf., 9) Wun‚iedler Sieghartsreuther Sauerbrunn 6 ggr. Au‚‚erdem ‚tehen jedermann ganz gute Wertheimer und FrankenWeine in ganzen und halben Eymern zu Dien‚ten. Unter der Ver‚icherung der reel‚ten Bedienung und der billig‚ten Preiße bittet um geneigten Zu‚pruch und um recht viele große Commi‚‚ionen und empfiehlt ‚ich jedem Weinliebhaber in und au‚‚er der Stadt. Johann Gottlieb Leye. 2) Es i‚t am 8 die‚es Monats früh um 5 Uhr von der Angerbrücke an bis zu der Vogel‚tange zwey Strehn Garn gefunden worden, der Eigenthümer kann es im hie‚igen Intelligenzcomtoir unentgeldlich abholen. No. 25. Freytags, den 20. Juni Averti‚‚ement 1) Demnach der bisherige Pacht des Herr‚chaftlichen Fi‚ch-Wa‚‚ers in der El‚ter vom Wehr der Lehn-Mühle an

bis zum Wehr der Neumühle ‚amt dem Mühlgraben bey der Lehn-Mühle bis zum Aufzuge, auf Michälis die‚es Jahres, zu Ende gehet, und daher von Für‚tl. Reuß-Pl. Cammer alhier, ‚othanes Stück Fi‚chwa‚‚er, anderweit auf drey Jahre, von Michael. h.a.  bis Mich. 1791, zu verpachten re‚olviret, hierzu auch der 5 Juli a. c. wird ‚eyn Sonnabends nach Dominica VI post Trinitatis, anberaumet worden. Als wird ‚olches zu dem Ende hiermit öffentlich bekannt gemacht, damit diejenigen, welche die‚es Fi‚chwa‚‚er, zu pachten ‚ich ent‚chlie‚en wollen, am bemelteten Tage, vor Für‚tl. Cammer allhier, zu rechter Vormittagszeit er‚cheinen, ihre Pachtgebote anbringen, und hierauf der würklichen Ab‚chlie‚‚ung des disfal‚igen Pachtes oder ander weiter Wei‚ung gewärtig ‚eyn können. Sig. Greiz den 9. Junii 1788. No., 26. Freytags, den 27. Juni Averti‚‚ements 1) Es liegen 70 Mfl in Laubth. a 1 thlr. 16 gr. gegen Kon‚ens zum Ausleihen parat. Wo? erfährt man im Intelligenzcomtoir. 3) Wer einen noch gut be‚chaffenen Ranzen von mittelmäßiger Größe um billigen Preiß verkaufen will, beliebe es im Intelligenzcomtoir anzuzeigen.


Rudolf · Schwesternhaus

Das ehemalige Schwesternhaus – Gratulation zum 100. Nachdem im Jahr 1893 das ehemalige Landkrankenhaus Greiz als erster Krankenhausbau auf dem jetzigen Krankenhausgelände am Reißberg errichtet worden war (vgl. „Greiz und die Gründerzeit - Öffentliche Gebäude“ in diesem Band), riss die Bautätigkeit bis in unsere Tage hier nicht mehr ab. Immer wieder neue Krankenhausbauten wurden hinzugefügt, jeweils im Stile der Zeit. Genau vor 100 Jahren, im Jahr 1913, wurde das ehemalige Schwesternhaus errichtet.1) Es steht nicht weit vom Landkrankenhaus entfernt, auf einer kleinen Anhöhe, so dass es sehr schön zur Geltung kommt. Es ist unter der Anschrift Wichmannstraße 12 zu finden. Damals war es weitblickend und progressiv, ein Haus für Schwestern zu bauen. Das schöne Gebäude ist aber noch aus einem anderen Grund erwähnenswert. Zu einem Zeitpunkt, als die langjährige Wirkungskraft des Gründerzeithistorismus im Ausklingen begriffen war, wurde noch einmal nach allen Regeln der Kunst ein Bauwerk im Gründerzeitstil errichtet. Es ist wohl eines der letzten Häuser, das in

Greiz in dieser Bauweise entstand. Mit dem Schwesternhaus können wir belegen, dass namentlich die öffentlichen Bauherren teilweise bis zuletzt, bis zum Ende der Monarchie, am Stil der Gründerzeit festhielten, während zeitgleich Jugendstil und Werkbundstil bereits aufblühten, auch in Greiz. Architekt war der letzte Fürstliche Landbaumeister Otto Witzeck (1854–1917).2) Wir sehen noch einmal die in Greiz so beliebten Baustoffe verwendet: Sockel aus unregelmäßigen Schieferblöcken, zweistöckige Fassaden aus gelbem Backstein, Dacheindeckung mit Schieferplatten. Entstanden ist ein nahezu modern wirkendes, elegantes Gebäude, das, eine großartige Architekturepoche abschließend, in ästhetisch verfeinerter Weise gründerzeitliches Bauen zelebriert. Die Fensteröffnungen sind mit flachen Bögen überbrückt. Dekor wurde sparsam verwendet. Wir finden braune Glasurziegel an den Wasserablaufstellen, speziell gefertigte Formsteine und vereinzelt Terrakotten, alles im gleichen Farbton gehalten. Besonders hervorgehoben wird die Fassadenregion unter dem Hauptgesims. Hier finden wir umlaufende Dekorleisten, die unauffällig das Gebäude schmücken. Das Gebäude wurde restauriert und befindet sich in sehr gutem Erhaltungszustand. Selbst ein originaler gründerzeitlicher Schornstein ist erhalten geblieben und ziert das Dach. Für seinen ursprünglichen Verwendungszweck wird das Gebäude heute nicht mehr benötigt. Das ehemalige Schwesternhaus erfährt aber eine würdige, repräsentative Nutzung. Es ist der Sitz der Geschäftsleitung der Kreiskrankenhaus Greiz GmbH. Wir bewundern ein schönes Haus aus der Spätphase der Gründerzeit. Dr. Gottfried Rudolf Quellen: 1) Waldmann; Anita: Das Greizer Krankenhaus, Greiz, Tischendorf 1998 2) Blase, Hubertus: Dokumentation zur Bebauung Greiz 1995-98, unveröffentl., Bauamt Greiz

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„Vati! Itze getts lus!“

08.07. , 16.07. , 22.07. , 29.07. 

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 27. Freytags, den 4. Julius Averti‚‚ements 1) Es wird hiermit öffentlich bekannt gemacht, daß des weyl. M‚tr. Johann Gottfried Geyers, gewe‚enen Bürgers und Lohgerbers allhier. hinterla‚‚enes Haus an der Gräslitz gelegen, be‚tehend in 2 Stuben und einem Garten, neb‚t 2 Kirchen‚tühlen, aus freyer Hand zu verkaufen i‚t. Mehrere Nachricht hievon giebt M‚tr. Fei‚chner hinter der Mauer. 3) Zween Wai‚enknaben ‚uchen ge‚chickte und gutge‚innte Mei‚ter, um bey ihnen ein Handwerk zu erlernen. Wer ge‚onnen i‚t, einen davon in die Lehre zu nehmen, der beliebe es ehe‚tens im Wai‚enhau‚e anzuzeigen. No. 28. Freytags, den 11. July Greiz, den 10. July 1788

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Nach einer Abwe‚enheit von mehr als fünf Monaten hatten wir endlich am 8ten die‚es Abends gegen 6 Uhr das Glück, un‚ere gnädig‚te Landesherr‚chaft, unter Läutung ‚ämtlicher Glocken der Stadt, neb‚t Dero Gefolge, von der in das Reich gethanen Rei‚e, wieder eintreffen zu ‚ehen. Die für‚tliche Jägerey, unter Anführung ihres Chefs, des Herrn For‚t- und Jägermei‚ter von Nauendorf, imgleichen die gnädig‚t privilegirte hie‚ige Schützencompagnie war Höch‚tdenen‚elben bis Zeulenroda entgegen geritten. Bey der Ankunft paradirte das löbliche Reichscontingent. Die allgemeine Freude aller treuen Diener und Unterthanen über die‚e glückliche Ereigniß war de‚to vollkommener, je zuverlä‚‚iger man ‚ich gleich in den er‚ten Augenblicken von dem hohen Wohlbefinden Ihro Durchlauchten überzeugen konnte. Politi‚che Nachrichten Schweden. Die Schwedi‚che Flotte ‚oll ‚chon ausgelaufen und zwi‚chen ihr und der ru‚‚i‚chen etwas vorgefallen ‚eyn. No. 29. Freytags, den 18. July Averti‚‚ement 2) Beym M‚tr. Deckert an der großen Brücke, i‚t die vorder‚te Stube und Stubenkammer, neb‚t noch einer Kammer und

ver‚chlagenen Holz‚telle, zu vermiethen. Liebhaber können die weiteren Miethbedingungen bey ihm ‚elb‚t erfahren. No. 30. Freytags, den 25. July Greiz, den 22. July 1788 Nachdem in No. 86 der Bayreuther Zeitung unter dem Artikul von der Donau vom 15ten Julius abermahls eine ganz grundlo‚e Nachricht, als hätten des XV. Prinzen Durchlaucht bey dem Brande vom Semlin, zu ‚türzen, ein Bein zu brechen und dadurch zum Dien‚t untauglich zu werden, das Unglück gehabt, eingeflo‚‚en i‚t, als hat man aus den neue‚ten Privatbriefen aus Ungarn dem Publiko andurch zu de‚‚en Belehrung anzeigen wollen, daß des Prinzen Durchlaucht zwar bey die‚em Brande gegenwärtig gewe‚en und ‚ich, nach dem großen Bey‚piel des men‚chenfreundlichen Mo­narchen ‚elb‚t, zur Rettung der Stadt, nicht nur der Gefahr allenthalben ausge‚etzet, ‚ondern ‚ogar zu Verhütung eines ‚elb‚t der allerhöch‚ten Per‚on Kai‚erl. Maje‚tät drohenden Unfalls in die augen‚cheinlich‚te Lebensgefahr begeben haben, dennoch aber Gottlob! nicht im minde‚ten be‚chädiget worden und ‚ich nach wie vor im Hauptquartier in der Suite des Kai‚ers befinden.


Dietsch · Brenner Horn

Familiengeschichte mit Migrationshintergrund Vor 155 Jahren entstand das Portrait des Branntweinbrenners und Gutsvoigtes Carl Gottlob Wilhelm Horn (* 1822 in Meißnisch-Ohorn, † 1892 in Greiz). Carl Gottlob Wilhelm Horn1) verließ 1850, im Alter von 28 Jahren, seine Heimat in Meißnisch-Ohorn bei Pulsnitz. Der Reisepass des Königreichs Sachsen für das Ausland, vom November 1849, gültig auf ein Jahr, gibt außer der Personenbeschreibung auch den Grund für die Reise an: „…welcher allein, und um daselbst den Betrieb der Brennerei zu übernehmen auf das Rittergut Waltersdorf bei Greiz reiset und durch persönliches Bekanntsein legitimiert ist. Bemerkung: auf der Reise führt Inhaber ein braunes Pferd bei sich.“ Zu dem Passus „persönliches Bekanntsein“ veröffentlichte der Heimatforscher Dr. Frank Reinhold den Beitrag2): „Zu Roß von Pulsnitz nach Waltersdorf. Durch Einheirat war die Familie von Posern um 1800 in den Besitz der Herrschaft Pulsnitz (bei Dresden) gekommen, wo sie bis 1918 das Amt des Klostervoigts des Mariastifts Morgenstern innehatte. Das Rittergut Waltersdorf war einem Verwalter übergeben, der nahezu unumschränkt schalten und walten konnte und seinem Herrn nur ab und an schriftlichen Bericht geben musste. Das mag einer der Gründe gewesen sein, daß Curt Ernst von Posern (1804–1879) im Jahre 1849 beschloß, einen seiner Pulsnitzer Untertanen zur Übernahme der Branntweinbrennerei des Rittergutes nach Waltersdorf zu schicken.“ Bei seinem etwa 160 km langen Ritt durch die reizvollen Landschaften des Erzgebirges und Vogtlands führt Wilhelm Horn sein „GesindeZeugniß-Buch“ mit sich, aus dem hervorgeht, dass er schon von 1841 bis 1849 auf dem Rittergut Ohorn als Brenner tätig war. Aus dieser Zeit sind auch einzelne Rezepte aus seinem Brennereibuch erhalten mit Notizen zur Herstellung verschiedener Spirituosen. Seine Tätigkeit in Waltersdorf hatte ihm vermutlich einigen Wohlstand gebracht, denn er

ließ 1858 o.g. Porträt zur Erinnerung für seine Brüder von einem Kunstmaler anfertigen. Zwei seiner Söhne werden dauerhaft in Greiz ansässig. Dort verstirbt Carl Gottlob Wilhelm Horn am 15.12.1892. Seine Ehefrau Rosine Marie geb. Rohleder verbringt ihre letzten Lebensjahre bis 12.8.1902 ebenfalls in Greiz. Die folgenden „Recepte“ sind seinem handschriftlichen Brennerei-Buch entnommen: „Zum Brandwein klähren ein leichtes und billiches Recept auf einen Eimer 1 Loth klar gestosen Ahlau­ ne in eine Kanne kochent Wasser gud zerrirt und sodan herreingegoßen und umgerirt in einer halben stunde 2 Loth leicht flissigges Alkoli1* herrein ins faß zugegoßen und so dann dicht(ig) durchgerirt so mus dieser Brandwein in 24 Stunden klarhelln und guden geschmack Essig Recepte Rezept in das Faß kommen unten 2…weis Bier Heefen mit spiritus worauf dan kommen zum anstellen auf 1 ord2* Essig 1 Loth Saltartarin 4 Loth Wein(stein?) stoßen und gekocht 2 Loth… 3 Kannen Spiritus und zusammen ins Mahschinen Faß“ „Bitter Essentz amara3*, zu drei Eimer Spiritus 75%, 3 Pfd. Bitter Klee; 2 Pfd. Remische Kammilen; 2 Pfd. Ahnis;11/2 Pfd.weißen Zimtrinde;2 Pfd. Pfefferminzkraut; 2 Pfd. Cordabinendingenkraut (?); 3 Pfd.Wermudspitzen; 2 Pfd. Koriander; 1 Pfd. guden Zimt; 2 Pfd. unreife Pommeranzenfrichte; 2 Pfd.Tausengillenkraut; 2 Pfd. Meisterwurzel. den 6. bis 8. Wogen4* lassen testuliren5* sodann abgezogen und einen zweiden aufgoß gemacht wird etwas leichter jedoch noch zu ordinär bitter auch föllig stark genuch“ 1* ein Alkaloid = Pottasche; 2* Ord = altes Flüssigkeitsmaß; 3* ein Bittermittel, appetitanregend wie Hopfen,Wermut,Tausendgüldenkraut; 4* Wogen = Wochen; 5* = destillieren

Susanne Dietsch Anmerkungen: 1) einer der Urgroßväter der Verfasserin 2) Greizer Heimatbote 9/83 Dr. Frank Reinhold: Zu Roß von Pulsnitz nach Waltersdorf Quellen: – Urkunden und Unterlagen der Familie Horn: Siegfried Horn und Verfrn. – Portrait: Sammlung Seidemann

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08.08. Friedensfest, 15.08. Mariä Himmelfahrt 06.08. , 14.08. , 21.08. , 28.08. 

So 4 11 18 25

„Bertha zerbrech' man Willy nicht“ – „Min Junge!“ – „Vati! Wenn das die Mutti sähe!“

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 31. Freytags, den 1. August Averti‚‚ements 1) Das Noth- und Hülfsbüchlein hat ‚o ‚tarken Abgang gefunden, daß ich ‚chon ‚eit 14 Tagen kein Exemplar mehr davon habe. Ich hoffe aber näch‚tens noch eine Parthie Exemplare zu erhalten, und bis dahin bitte ich diejenigen, die für ihr einge‚chicktes Geld noch keine Büchlein erhalten haben, in Geduld zu ‚tehen. 2) Es i‚t am vergangenen Sonntag ein an einem ‚chwarz‚eidenen Bändchen befindlicher goldener Anker mit dem Buch‚taben L verlohren gegangen; der redliche Finder wird gebeten, ‚olchen gegen ein gut Douceur im hie‚igen Intelligenzcomtoir abzugeben.

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No. 32. Freytags, den 8. August Politi‚che Nachrichten Frankreich An dem nämlichen Tag ereignete ‚ich auch zu Am‚terdam ein trauriger Zufall. Ohngefehr 150 Manns- und Frauensper‚onen waren auf etliche und drey‚ig Barken aus dem Haven gefahren, um eine Lu‚tfahrt auf der See zu machen. Plötzlich ent‚tand ein greulicher Meerwirbel, der die Boote ergriff und ‚ie alle ver‚enkte, ‚o daß kein Men‚ch gerettet werden konnte. No. 33. Sonnabends, den 16. August Averti‚‚ements 2) Es i‚t in der hie‚igen Emporkirche ein Glas‚tuhl zu verkauffen, wo? erfähret man im Intelligenzcomtoir. 3) Eine Scheune an der Chau‚‚ee gelegen, i‚t zu verkauffen, wo? erfähret man im Intelligenzcomtoir. No. 34. Freytags, den 22. August Greiz, den 20. Augu‚t 1788 Die neue‚ten Briefe aus dem Reich enthalten die erfreuliche Nachricht, daß die ‚chon vor einigen Jahren verabredete Eheverbindung des Herrn Erbprinzen Friederich Wilhelm zu Na‚‚au-Weilburg, mit der Frau Burggräfin Loui‚e I‚abelle zu Kirchberg,

einzigen Enkelin un‚eres gnädig‚ten Für‚ten und Herrn, nunmehro wirklich am 31‚ten verflo‚‚enen Monats, auf dem Re‚idenzSchloß zu Hagenburg, durch prie‚terliche Trauung, mit vieler Feyerlichkeit vollzogen worden. No. 35. Freytags, den 29. August Brod-Satzung. Weißbrod. 1 Zeile Semmel vor 6 pf. 10 Loth. – 1 Paar Röcklinge vor 2 pf. 7 Loth. – Leicht-Gewicht. Roggen-Hausbackenbrod. 1 Gro‚chenbrod 1 Pfund 16 Loth. – 1 Zweygro‚chenbrod 3 Pfund. – 1 Dreygro‚chenbrod 4 Pfund 16 Loth. – Schwer-Gewicht. Averti‚‚ement 1) Es ‚ind von einem Wohlthäter in Straßburg ver‚chiedene Exemplare von der Reformationsge‚chichte, welche Herr M. Joh. Fried. Roos in die‚em Jahre zu Tübingen herausgab, dem hie‚igen Wai‚enhau‚e ge‚chenkt worden. Wer ge‚onnen i‚t, die‚es ‚ehr nützliche, 968 Seiten ‚tarke Buch zu kaufen, der kann es für 1 Rthlr. Säch‚. bey mir haben. Greiz, den 27. August 1788. M. Wettengel.


Schneider · Gondelstation

Greiz wird „Delikat“ In der DDR wurden die Einzelhandelspreise besonders bei Lebensmitteln künstlich auf dem Stand des Jahres 1947 stabil gehalten. Die Preiskommission beim Rat des Kreises wachte streng über eventuelle Verstöße. Doch war die Partei- und Staatsführung beim Abschöpfen der wegen des geringen Warenangebots an hochwertigen Industriegütern ständig steigenden Kaufkraft einfallsreich. Neben den Verkaufsstellen für Grundnahrungsmittel (HO, Konsum) entstanden „Delikat-Läden“, die westliche Produkte oder Erzeugnisse der „Gestattungsproduktion“ (DDR-Exportprodukte westlicher Marken) zu meist weit überhöhten Preisen verkauften. Damit war auch nicht Westgeld besitzenden Greizern die Möglichkeit gegeben, aus der Westwerbung bekannte Produkte zu erwerben. Am 1. August 1978 eröffnete der HO-Kreisbetrieb Greiz in der damaligen Ernst-Thälmann-Straße 10 sein Delikat-Geschäft – im Volksmund fortan „Freß-Ex“ (von Exquisit abgeleitet) genannt. 7 Mitarbeiterinnen bedienten in dieser Filiale die Abteilungen Konditoreiwaren, Konserven, Käsetheke, Nahrungs- und Genussmittel sowie Wurstund Fleischwaren. Als Verkäuferin der ersten Stunde verkaufte ich Konditoreiwaren, die in der HO-Konditorei produziert wurden – echte „Sacher-Torte“ das Stück für 2 M oder „Schwarzwälder Kirschschnitten“ für 1,30 M (die damaligen Preise für ein Stück Torte lagen zwischen 40 und 60 Pf.). Bei den Konserven waren u.a. im Angebot: Ananas, die kleine Dose für 8 M, zu ähnlichen Preisen Pfirsiche, Champions, Litchis usw. Ein Liter „Punica“ (aus Dresden) kostete 8,50 M. An Fisch gab es u.a. Sprotten und Schillerlocken, an der Käsetheke wurde echter Schweizer Käse verkauft. Dieser wurde im Ganzen in der Größe eines Autorades geliefert und musste von uns Frauen transportiert und portioniert werden. Bei Wurst- und Fleischwaren gab es hauptsächlich Halberstädter Produkte und Frischwaren. Begehrt war der „Geraer Saftschinken“ in der Dose.

Sammlung Schramm

Bei Konserven und Spirituosen herrschte besonders zu den Lieferterminen hoher Andrang. Heißbegehrt waren „Rosenthaler Kadarka“ für 6,80 M oder der italienische Perlwein „Canei“, die Flasche 17 M. Oft wurden diese kartonweise verkauft. Beliebt war auch „Goldwasser“ für 24 M. Guten Absatz fanden der Cognac „Napoleon“ für 70 M oder der Rotwein „Beaujolais“ für 25 M die Flasche. Überhaupt war die Frequentierung dieser teuren Verkaufsstelle sehr hoch. Warteschlangen waren an der Tagesordnung. Übrigens wurde jede Flasche (auch jede Pralinenschachtel) in Papier gewickelt über die Theke gereicht. Noch in Erinnerung sind die Preise für „TrinkFix“ (8 M), „Schlagfit“ (3 M), „Nudossi“, 200 ml (3 M) und die „Wurzener Waffelblättchen“ in Zartbitter-Schokolade, 120 g (4,80 M). Kaffee der Marke „Mokka Fix Gold“ 250 g für 8,75 M gab es öfters als in den anderen Lebensmittelgeschäften. Eindrucksvoll bleibt einVorweihnachtsverkauf in Erinnerung, als ich allein am Nahrungsund Genussmittelstand an einemTag 29.000 M Umsatz hatte. Die Kunden standen durch den gesamten Laden. Die Schlange nahm nie ein Ende. Die anderen Mitarbeiter hatten zu tun, Ware herbeizuschaffen und die Leiterin kam öfters, um die Geldscheine aus der Kasse zu entfernen. Mit Einführung der D-Mark hatte der „Delikat“ ausgedient. Marietta Schramm 21


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