GHK 2016 - Leseprobe

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Greizer Heimatkalender

2016



Greizer Heimatkalender 2016 (21. Jahrgang der Neuauflage)

Heimatgeschichtliches Jahrbuch f端r die B端rgerinnen, B端rger und Freunde der Stadt Greiz

Idee, Konzeption, Gestaltung Volkmar Schneider

TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER 揃 Greiz


Der „Greizer Heimatkalender“ in stillem Gedenken seiner Autorin

Inge Koch * 12.08.1927 † 02.04.2015

IMPRESSUM Herausgabe/Redaktion: Volkmar Schneider Titelseite: Die restaurierte Freitreppe im oberen Schlosshof Foto: Volkmar Schneider Kalendarium: Volkmar Schneider Zeichnungen von Wolfgang Randig unter Zuhilfenahme von Auszügen aus dem „Gnädigst privilegirten unterhaltend-gemeinnützigen Greizer Intelligenz-Blatt“ des Jahres 1791 Verlag: Sprungverlag.de Druck: TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER Gotthold-Roth-Straße 19, 07973 Greiz, Telefon (036 61) 62 93-0 E-Mail: info@medienpartner-tischendorf.de Anzeigen: TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER Gotthold-Roth-Straße 19, 07973 Greiz, Telefon (0 36 61) 62  93-26 Nachdruck, Reproduktion und Vervielfältigung der Beiträge bedürfen in jedem Falle der Genehmigung des Herausgebers bzw. der jeweiligen Autoren. Für den Inhalt der Beiträge zeichnen deren Verfasser verantwortlich. Redaktionsschluss: September 2015 Preis: 9,50 e


Inhaltsverzeichnis Pappel zerstört im Jahr 1916 Teile des alten Röhrenbrunnens (Steffi Markowski) . . . . . . . . . . . . .

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120 Jahre Grimms Lokal (Gunter Siebert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Der erste Vogt von Greiz (Dr. Werner Querfeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Die Fliegerin Elly Beinhorn sprach 1936 in Greiz (Steffi Markowski) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Vor 130 Jahren – Einführung einer Leichenschau (Gunter Siebert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Ein langer Schulweg – vorbei an zwei Eisbuden (Prof. Dr. Friedrich Beck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Das Emmausfenster im Arnoldstift (Dr. Gottfried Rudolf) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Der Greizer Kantatenchor (Helmut Warmuth) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Vom Kriegsgegner zum Ehrenbürger (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Greiz-Bild in der Offiziersmesse (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Die Grabstätte Paul Arnold – ein Meisterwerk des Bildhauers Hans Dammann (Dr. Gottfried Rudolf) . 27 Dr. Friedrich Wilhelm Herold (1816 –1856) (Dr. Werner Querfeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Greizer Bilderbogen Die Greizer Fürstenfamilie (Sven Michael Klein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Samuel Georg Nusch – Vom Türmer zum Stadtmusikus (Prof. Dr. Hans Rudolf Jung) . . . . . . . . . 56 1816 – Ein Jahr ohne Sommer (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Zur Ordination erster Missionare in Greiz (Helmut Warmuth) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Feuerlöschspritzen der Greizer Gürtlerfamilie Rohn (Gunter Siebert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Handwerkstraditionen gestern und heute (Gottfried Hertel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Fürstenpolitik und Bürgertum (Prof. Dr. Friedrich Beck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Gründung des Gesangvereins Orpheus in Greiz vor 150 Jahren (Dr. Werner Querfeld) . . . . . . . . . 99 Reußische Hebammenordnung vor 130 Jahren (Gunter Siebert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Greiz und die Gründerzeit – Einfache Wohngebäude (Dr. Gottfried Rudolf) . . . . . . . . . . . . . . 102 Bürgerrecht in der Fürstlichen Residenzstadt Greiz (Dietrich Saalfrank) . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1906/1907 – Als Untergrochlitz eine eigene Schule bekam (Prof. Dr. Friedrich Beck) . . . . . . . 113 Das Philharmonische Orchester Greiz vor dem Hintergrund einer indoktrinären Kulturpolitik 1933 –1945 (Andrea Buder) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Ein Volk, das baut – lebt (Jörg Metzner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 In einem Greizer Haushalt (Hans-Hajo Hedrich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144


Inhaltsverzeichnis Schüler im Einsatz (Ehrenfried Dietsch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Schwerer Anfang nach dem Krieg – nicht nur in Greiz (Hans-Hajo Hedrich) . . . . . . . . . . . . . 151 Jahrestag des Kriegsendes in Greiz (Volkmar Schneider) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Friednswar (Meik Roland Scherv) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Die ersten Briefkästen in den Greizer Landgemeinden und weitere Ergänzungen der Postgeschichte von Pohlitz und Irchwitz (Hans-Gerald Samuel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Ein fahrbares Sonderpostamt anlässlich des 300-jährigen Parkjubiläums 1950 (Dr. Gerd Beckmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Der Pontefredo von der Brücke (Dr. Ebba Hagenberg-Miliu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Kostüme in eigenen Werkstätten gefertigt (Volkmar Schneider, Waltraud Grams) . . . . . . . . . . . . 183 Oberschuldirektor Horst Trummer (1926–2014) zum Gedenken (Rüdiger Söllner) . . . . . . . . . 188 Cossengrüner Denk- und Mahnmale (Ursula Kadner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 120 Jahre Schweizerhaus in Schönbach und die Familie Stockmann (Dr. Klaus Machalett) . . . . 201 Ein Lapidarium in Greiz (Lutz Zürnstein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Wanderungen in und um Greiz (Anette Kellner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Sterne über Greiz (Mathias Thiel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215


Am Karl-Liebknecht-Platz um 1965

Sammlung Schneider


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01.01. Neujahr 02.01. , 10.01. , 17.01. , 24.01. 

Obergreizer Marstall

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 1. Freytags, den 7. Januar Verzeichniß einiger Erfindungen und Ent­ deckungen. Die Erfindung der Penduluhren i‚t von dem Jahre 1657. Man hat ‚ie einem Holländer Namens Chri‚tiaan Huygens zu danken. Barlow machte im Jahre 1676 in Engel­ land die er‚ten Repetiruhren. Karl der II. ‚chickte eine davon an Ludwig den XIV. Die Brillen ‚ind ‚chon in dem 13ten Jahr­ hundert bekannt gewe‚en. Wenn Robert Bacon nicht der Erfinder davon i‚t, ‚o i‚t er doch der er‚te, der ihrer Meldung gethan hat. Man ‚chreibt ihm auch die Erfindung der Zauberlaterne zu. Das Säch‚i‚che Porzelan i‚t im Jahre 1702 von einem Chimi‚ten an dem Hofe Königs Augu‚ts, Churfür‚tens zu Sach‚en, Namens Bötticher, erfunden worden, indem

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er ver‚chiedene Erden zu Schmelztiegeln bey dem Feuer unter‚uchte. Agnes Sorel war die er‚te Dame in Frank­ reich, welche Edel‚teine trug. Anne von Bre­ tagne die zweyte. Die Mode der hohen Ab‚ätze an den Schuhen der Damen, i‚t aus Spanien zu uns gekommen. Die Pantoffeln ‚ind eine Erfindung des ‚echszehnten Jahrhunderts. Die er‚ten Perüquen wurden im Jahr 1620 in Paris verfertiget. Averti‚‚ements. 3) Es i‚t am vergangenen Dien‚tag Nach­ mittag von der Vor‚tadt bis auf den Markt eine Uhrkette mit 2 goldenen Kap‚eln ver­ lohren gegangen. Der Finder wird er‚ucht die‚elbe gegen ein Douceur von 1 Laubthaler an das hie‚ige Intelligenzcomtoir abzugeben. No. 2. Freytags, den 14. Januar Politi‚che Nachrichten. Die Engländer haben wieder eine In‚el, Nootka, an der Nordwe‚t-Kü‚te von Ame­ rika in Be‚itz genommen, deren Einwohner Men‚chenfre‚‚er ‚ind. Sie wollen ihnen nun die‚en Appetit abgewöhnen und ihnen men‚chlicher zu ‚eyn lernen. Ein Ge‚chäfte, das ‚ich nicht gut treiben läßt, weil bei einem ‚o verwilderten Volk der Appetit unver­ muthet wieder kommen und die Herren Lehrmei‚ter gefre‚‚en werden könnten...

No. 4. Freytags, den 28. Januar Wie überhaupt Feuersgefahren ‚o viel wie möglich vorzubeugen i‚t? Der er‚te Um‚tand, der hier erwähnt zu werden verdient, i‚t un‚treitig das allzuen­ ge Zu‚ammenbauen der Häu‚er in un‚ern Städten, Marktflecken, und zum Theil auch Dörfern... Feuersbrün‚te wurden nun de‚to gefähr­ licher, je leichter das Feuer immer neue Nahrung fand, und je be‚chwerlicher, ja oft unmöglicher die Anwendung der Rettungs­ mittel waren... Eben ‚o ‚ind auch hinlänglich breite Ga‚‚en zur Verminderung der Feuersgefahren ungemein vortheilhaft... Politi‚che Nachrichten. Der Kai‚er i‚t wieder ge‚und und ‚ein Hauptaugenmerk geht unter andern mit darauf, der ‚o überhand nehmenden Theu­ rung zu ‚teuren. Averit‚‚ements. 1) Es i‚t am vergangenen Sonntag ein blauer baumwollener Mannshand‚chuh verlohren gegangen, wer den‚elben gefunden hat, wird gebeten, ‚olchen gegen ein Douceur in das Intelligenzcomtoir zurück zu ‚enden.


Markowski · Röhrenbrunnen

Pappel zerstört im Jahr 1916 Teile des alten Röhrenbrunnens

Foto: Fritz

Im Jahr 1916 hatten die Greizer Bürger nicht nur mit den Folgen des Ersten Weltkrieges zu kämpfen, es gab auch mehrere Unwetter über das Jahr verteilt. Das erste traf die Stadt Greiz und deren Umgebung bereits am 3. Januar. Am Folgetag schreibt die Greizer Zeitung in ihrem Lokalteil: „Seit Menschengedenken hat unser Tal kein Unwetter erlebt wie das gestrige. Ein Wintergewitter entlud sich nachmittags in der 4. Stunde unter Blitz und Donner, mit Regenschauer und Hagelschlag … In wenigen Augenblicken war es nachtschwarz ... Das Unwetter kam das Elstertal herauf (von Gera) … und zog in Richtung Elsterberg hinauf … Zeitweilig goss es wie aus Kannen, Eisstücke bis zur Größe von Taubeneiern kamen geflogen und krachten an die Fensterscheiben …“ Der Sturm, der zum Teil wie eine Windhose gewirkt haben soll, hob ganze Dächer ab und hinterließ erhebliche Verwüstungen. Dabei soll es neben dem Dach der Marienschule besonders die Stadtkirche getroffen haben. „Gerade um die Kirche herum hat der Sturm schwer gehaust. Dort ist ihm auch die vor dem Schloss am Röhrenkasten stehende alte Pappel zum Opfer gefallen … Der Orkan hat den starken, hohen Baum glatt an der Wurzel abgebrochen und umgelegt …“ Die 86 Jahre alte Pappel stürzte auf den Röhrenbrunnen, dabei knickte die alte Brunnensäule mit den Metallfiguren um. Eine Seite des Brunnenbeckens wurde ebenfalls stark beschädigt.

So schnell wie das Gewitter kam, ist es auch wieder abgezogen. Nach 15 Minuten war alles vorbei. Die Zeitung berichtet u.a. von größeren Schäden im Fürstlichen Park, im Gommlaer Wald und Irchwitz, Personen kamen nicht zu Schaden. Der Röhrenbrunnen, damals wie heute eines der Wahrzeichen unserer Stadt, befand sich zu der Zeit bereits in keinem guten Zustand. Seit Jahren bemühte sich die Stadtverwaltung um dessen Erhaltung und hatte Pläne zur Erneuerung, die aber aus verschiedenen Gründen nicht verwirklicht werden konnten. Da der Brunnen jedoch seit Jahren als Tränke für die Pferde unentbehrlich war, beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 10. ­Febru­­ar, ihn umgehend wieder instand zu setzen. Erste Reparaturen waren bis dahin bereits erfolgt und im März abgeschlossen. Schwerer tat man sich mit einer Neuanpflanzung von Ersatzbäumen. Man befürchtete, dass sie von den Geschirren der zu tränkenden Pferde beschädigt werden würden. Dennoch stimmte der Gemeinderat einstimmig für die Verschönerung des Platzes durch Anpflanzung von zwei neuen Linden und eine Aufwertung der Umgebung durch die Anlegung von Rabatten. Steffi Markowski 7


Februar Mo Di

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08.02. Rosenmontag, 09.02. Fastnacht 10.02. Aschermittwoch, 14.02.Valentinstag 01.02. , 08.02. , 15.02. , 22.02. 

im Oberen Schlosshof

Greiz vor 225 Jahren ... Eva Knollin, gebohrne Strengin, oder bey dem Hrn. Hofgürtler Rohn zu melden.

No. 5. Freytags, den 4. Februar Politi‚che Nachrichten. Bey den Pohlen erregen die fortge‚etzten glücklichen Fort‚chritte der Ru‚‚en gro‚e Aufmerk‚amkeit und ‚taunende Bewunde­ rung; ‚eit der Eroberung Jsmails erhöhte ‚ich die‚e Stimmung noch mehr und man fürchtet, die Türken wurden endlich einen Privat­ frieden mit Rußland ‚chließen, welches auf pohlni‚cher Seite leicht von nachtheilig Folgen ‚eyn könnte. Averti‚‚ements. 2) In dem ehemals Strengi‚chen Hauße am Markt allhier i‚t zu vermiethen: Das Gewöl­ be und alles was par terre dazu gehört, wie auch die ganze Etage über dem Gewölbe neb‚t Küche. Wer ge‚onnen i‚t, eins oder das ande­ re von die‚em Logis zu miethen, der beliebe ‚ich bey der jetzigen Frau Be‚itzerin Katharina

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No. 6. Freytags, den 11. Februar Politi‚che Nachrichten. In Wien ‚ind wieder fal‚che Bankozet­ tel, die den ächten ganz ähnlich ‚eyn ‚ollen, entdeckt und der Mitfabrikante ‚chon in Verhaft genommen worden – Heringe und Stockfi‚che giebt es nun wieder in ö‚treichi‚chen Staaten und die Erlaubnis des Einfuhrs ausländi‚cher Weine erwartet man auch – Am 10. März wird der Kai‚er und die Siciliani‚chen Herr‚chaften ihre Rei‚e nach Italien antreten, ‚ie werden ‚ich unter Weges in Venedig einige Tage aufhalten. Jetzt be‚ichtigt der König von Neapel alles Merkwürdige von Wien und den umliegen­ den Gegenden; er ‚oll ge‚onnen ‚eyn, vieles nachzumachen, was er für gut und nützlich befindet. Averti‚‚ements. 1) Nachdem auf des hie‚igen Bürgers und Schumachers, M‚tr. Johann Martin Jahns, hinter der Mauer allhier gelege­ nes und bey Für‚tl. Amte dahier zeithero ange‚chlagen gewe‚enes Hauß und deßen Zubehörungen bereits 20 Mfl. geboten, und nunmehro zu deßen wirklicher Er‚tehung der näch‚tkommende 4te Merz fe‚tge‚etzet

worden; Als hat man ‚olches außer denen gewöhnlichen Orts bereits ange‚chlagenen Subha‚tationspatenten, auch noch durch die‚e Anzeige bekannt machen wollen. Greiz am 3ten Feb. No. 7. Freytags, den 18. Februar Averti‚‚ements. 2) Einem geehrten Publikum wird hiermit bekannt gemacht, daß auf gnädig‚te Erlaub­ niß von 25. Februar bis 10. März eine Auc­ tion von feinen Meißner Parcellain allhier auf dem Rathhauße ‚oll gehalten werden. Die gedruckten Catalogi können täglich vor der Auction bey Endesgenannten gratis abgeholt werden. Greiz den 15. Februar 1791. Johann Gottlieb Leye. 3) Von dem Hauße der Frau Buchbinder Reißmann an, bis auf die Silberstraße, ‚ind Dien‚tags den 15. die‚es, ein paar rindsle­ derne Stiefel‚chäfte verlohren worden, der ehrliche Finder wird gebeten, ‚olche gegen eine Belohnung von 6 gl. im hie‚igen Intelli­ genzcomtoir abzugeben. No. 8 Freytags, den 25. Februar Averti‚‚ements. 5) Es wird ein gutes Clavier zum Kaufen ge‚ucht, wer ein ‚olches be‚itzt und verkauffen will, beliebe es im hie‚igen Intelligenzcomtoir anzuzeigen.


Siebert · Grimms Lokal

Gunter Siebert

120 Jahre Grimms Lokal Am 5. Januar 1896 fand mit denWorten „Das Alte fällt und ein neues Leben blüht aus den Ruinen“ die feierliche Einweihung des neu errichteten Lokals statt. Was war mit dem bisherigen an gleicher Stelle geschehen? Dieses Lokal wurde von 1860 bis zu seinem Tod 1883 vom Restaurateur Eduard Grimm betrieben und hatte diesem deshalb seinen Namen zu verdanken.Am Abend des 3.8.1894 fand im Garten des Lokals ein Konzert der Kapelle des Königlichen Sächsischen 2. Grenadier-Regimentes Nr. 101 statt.Gegen ½ 10 Uhr ertönte der Schrei „Feuer“. Aus dem Dach des Lokals schlugen Flammen. Trotz schnellen Eintreffens der Freiwilligen Feuerwehr konnte nicht verhindert werden, dass das Gebäude und weitere Häuser niederbrannten. Lediglich ein Übergreifen auf das Argus’sche Haus konnte verhindert werden. Auch Tage danach hatte die Feuerwehr noch voll zu tun, um immer wieder auflodernde Brandherde zu bekämpfen und die vom Einsturz bedrohten Mauerreste niederzureißen. Es war der zweite verheerende Brand, der unsere Stadt innerhalb weniger Tage heimsuchte. Der Abriss der Brandruinen zog sich bis in das Jahr 1895 hin. Die Vereinsbrauerei Greiz beabsichtigte, an gleicher Stelle wieder ein Restaurant, aber größer, zu errichten. Dazu wurde die Baufläche durch den Arealerwerb ebenfalls zerstörter Gebäude

vergrößert. Die Projektierung und Bauaufsicht wurde einem Architekten aus Dresden übertragen. Im Ergebnis der Ausschreibungen erhielten die Greizer Firmen Jesumann und H.P. Hoffmann den Zuschlag für die Maurerarbeiten.Am 18.8.1895 fand das Hebefest (Richtfest) statt. Es entstand ein vielseitiges Etablissement mit architektonischen Meisterleistungen wie aufwändige Strukturen und Ornamente, Parkettfußboden und gefliester Mosaikboden. Pächter und Wirt war, wie schon im alten Lokal, Carl Blech­ schmidt (ab 1.10.1901 Carl Poser).Fortan waren, neben zahlreichen kleineren Lokalitäten und dem Schützenhaus mit Festplatz, das „Tivoli“ und davor gelegen „Grimms Lokal“ die großen Etablissements im Zentrum, die den zahlreichen Vereinen Raum für ihre Veranstaltungen gaben. Mit dem vollständigen Umbau des „Tivoli“ zum ausgesprochenen Theater stieg die Bedeutung von Grimms Lokal als zentral gelegener Ort für Veranstaltungen. Auch wenn in den Folgejahren vieles geändert wurde, so bereits im Herbst 1899 der wesentliche Umbau des unteren Saales mit Reduzierung des Garderobenraumes, zeugt der Bau immer noch als etwas Großartiges aus der Zeit der Gründerjahre.Trotz Änderung des Namens nach dem ZweitenWeltkrieg in „HOG Friedensbrücke“ und heute „Haus Friedensbrücke“ ist und bleibt es auch für viele Greizer nach wie vor unser „Grimms Lokal“. Gunter Siebert

Sammlung Siebert 9


März Mo Di

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20.03. Frühlingsanfang, 24.03. Gründonnerstag, 25.03. Karfreitag, 27.03. Ostersonntag, 28.03. Ostermontag 02.03. , 09.03. , 15.03. , 23.03. , 31.03. 

Hammerscheune

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 9. Freytags, den 4. Merz Politi‚che Nachrichten. Die Auswechslung der Kriegsgefangen zwi‚chen Oe‚trreich und der Pforte geht nun vor ‚ich. Der Kai‚er hat befohlen, daß die ran­ zionirten Officiers bey ihren Regimentern in eben die Stelle, eben den Rang wieder eintre­ ten ‚ollen, den ‚ie vorhin gehabt haben. Der Vor‚chuß, welcher an die Frauen oder Kinder der gefangenen Ober- und Unterofficiers auch Soldaten während der Gefangen‚chaft der letztern gemacht worden, ‚oll als ein Ge‚chenke ihnen nicht in Abrech­ nung gebracht werden. In Dü‚‚eldorf gab ‚ich ein Avanturier für den Herzog von Zweybrücken aus. Er kam da‚elb‚t mit einem Gefolge an und wollte bey einem Wechsler 400 Carolins erheben, wurde aber entdeckt und gefangen ge‚etzt.

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Averti‚‚ements. 2) Mit Durchlauchtig‚ter Landesherr‚chaft gnädig‚ter Bewilligung ‚ollen die Wai‚enhaus-Wie‚en und Felder, auch der auf der Aue gelegene Garten, von jetzt an auf einige Jahre verpachtet werden. Wer Lu‚t zu die‚em Pacht hat, kann ‚ich melden und das Nähere erfahren bey dem dermaligenWai‚enhausdirektor Wettengel.

Zu‚tand, der Concurs zu deßen Vermögen eröffnet und zu dem Ende der 28‚teJunius die‚es Jahres, zum Liquidations-Termin in die‚er Sache anberaumet, auch gewöhnliche Edictal-Citation und umlaufende Ladung ergangen; Als wird ‚olches noch außerdem auch durch die‚e Anzeige öffentlich bekannt gemacht. Greiz, den 4. März 1791. Fürstl. Reuß-Pl. Amt Obergreiz da‚.

No. 10. Freytag, den 11. Merz Politi‚che Nachrichten. Es ‚cheint, als ob es zu einem Reichskrieg kommen dürfte. Der König von Frankreich hat im Namen der Nationalver‚ammlung auf die Vor‚tellungen des Kai‚ers in Betreff der El‚aßi‚chen Angelegenheiten eine verneinende Antwort ertheilt. Man erwartet nun noch in die‚er Sache ein Kai‚erl. Commi‚‚ionsdekret. Der Erbprinz von SchwarzenburgRudol‚tadt wird ‚ich mit der Prinze‚‚in des Landgrafens von He‚‚en-Homburg vermählen. Die feyerliche Anwerbung i‚t durch 2 Abgeordnete ‚chon ge‚chehen.

No. 11. Freytags, den 18. Merz Averti‚‚ements. 4) Es i‚t Mittwochs den 16ten die‚es ein Ranzen vom Anger an bis auf hie‚igen Markt verlohren worden, worinnen ‚ich Stahlzwecken, ein paar Dutzend Meßer und eine Schreibtafel neb‚t einigen andern Kleinigkeiten befanden, der Finder wird gebeten, ‚olchen gegen eine Belohnung im hie‚igen Intelligenzcomtoir abzugeben.

Averti‚‚ements. 1) Demnach auf die bey dem Für‚tl. Amte allhier von dem hie‚igen Lein- und Zeug­ weber, M‚tr. Johann Georg Schenterlein ge‚chehene Anzeige, von ‚einem, zu Bezahlung ‚einer Schulden unzureichenden Vermögens-

No. 12. Freytags, den 25. Merz Averti‚‚ements. 4) Ein 32jähriger, unverheyratheter Mann, der bisher bey einer Herr‚chaft Kut‚cher war, und mit guten Zeugni‚‚en ver‚ehen i‚t, auch den Feldbau ver‚teht, ‚ucht wieder Dien‚te. Nähere Nachricht von ihm giebt das Intel­ ligenzcomtoir.


Querfeld · der erste Vogt

Dr. Werner Querfeld

Der erste Vogt von Greiz Um 1237 wurde das einstige Vogtland geteilt.1) Dabei erhielten: Vogt Heinrich IV. (urkundlich 1209 bis 7. Februar 1249) das Gebiet, um Gera und die Pflege Reichenfels, Vogt Heinrich V. (urkundlich 1209 bis 1240) das Gebiet Greiz-Werdau-Reichenbach und Vogt HeinrichVI. (urkundlich 18. März 1237 bis 30. März 1255) das Gebiet um Weida und die Pflege Ronneburg. Vogt Heinrich V. verlegte seinen Herrschaftssitz auf die damalige Greizer Burg und nannte sich fortan Vogt von Greiz (advocatus de Grouz). Das wird durch zwei Schriftstücke eindeutig dokumentiert.2) Im Jahr 1238 bestätigten Sibito, Probst von Mildenfurt, und sein Kapitel dem damals gegründeten Kloster Cronschwitz (bei Weida) Güter in Cronschwitz, die der Priorin Jutta, zuvor Ehefrau des Vogtes Heinrich von Gera, und ihrem Klosterkolleg tauschweise gegen Güter in Röppisch (Ropzic) überlassen worden waren. In der betreffenden Urkunde, deren Originalausfertigung im Altenburger Staatsarchiv überliefert ist, wird unter den Zeugen der Vogt von Greiz (advocatus de Grouz) genannt. Zwei Jahre später verkaufteVogt Heinrich von Greiz (Henricus dictus advocatus de Groyz) seinem Bruder Heinrich IV., dem früheren Vogt von Gera, und dessen einstiger Ehefrau, der nunmehrigen Cronschwitzer Klosterpri-

orin Jutta, das südwestlich von Crimmitschau gelegene Dorf Langenreinsdorf (Reynhartsdorf), damit es dem Kloster Cronschwitz vermacht werden konnte.3) Der Wortlaut der betreffenden Urkunde ist durch eine im Staatsarchiv Weimar verwahrte beglaubigte Abschrift aus dem 14. Jh. erhalten. Zu den Zeugen dieses Rechtsvorgangs gehörte auch ein Greizer Burgmann, Hermann von Greiz (Hermannus de Groiz). Vogt Heinrich von Greiz, vermählt mitYsengard von Waldenburg, verstarb um 1240 kinderlos und wurde in der Mildenfurter Klos­ terkirche bestattet. Sein Besitz fiel an seinen Neffen Heinrich I. von Plauen, den ältesten Sohn Heinrichs IV. von Gera. Um 1240 kam es zu einer erneuten Landesteilung, bei der die Vogteien Weida, Gera und Plauen entstanden. Seitdem gehörte Greiz zur Linie Plauen. Nach der um 1306 erfolgten Begründung der Zweiglinie Reuß von Plauen wurde der Burgort Greiz erneut Residenz. Dr.Werner Querfeld Quellen: 1) Alfred Pasold, Geschichte der reußischen Landesteilungen vom Schmalkaldischen Krieg bis zur Einführung der Primogenitur im Jahre 1690, Diss. Phil. Jena 1932 (Maschinenschrift) S. 4 ff. 2) Berthold Schmidt, Urkundenbuch der Vögte von Weida, Gera und Plauen, Bd. 1, Jena 1885, Nr. 70 und 74. 3) Helmut Thurm, Das Dominikaner-Nonnenkloster Cronschwitz bei Weida, Jena 1942, S. 231 f.

Foto: Gemeinde Cronschwitz 11


April Mo Di

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Burgplatz

07.04. , 14.04. , 22.04. , 30.04. 

Greiz vor 225 Jahren ... No. 15. Freytags, den 15. April Politi‚che Nachrichten. War‚chau. Der Für‚t Potemkin i‚t in Petersburg angelangt. Die Eroberung von Brailow ‚oll nun ganz gewiß im Werke ‚eyn.

No. 14. Freytags, den 8. April Politi‚che Nachrichten. Wien. In dem allhie‚igen allgemeinen Krankenhau‚e kam aus Ver‚ehen, etwas Schierlingskraut unter ein zubereitetes Dekoct. Hundert Kranke, die davon getrunken haben, fiengen auf einmal an zu tanzen. Durch ‚chleunig‚t angewendete Mittel ‚ind ‚ie aber alle wieder glücklich herge‚tellt worden, bis auf einen einzigen, welcher ge‚torben i‚t. Für‚t Kaunitz hat von der Königin von Nea­ pel einen Ring zum Ge‚chenk erhalten, der auf 4000 Dukaten ge‚chätzt wird. Berlin. Aus dem königl. Schatze ‚ind 3 Mil­ lionen Thaler gehoben, und an die Kriegsca‚‚e abgeliefert worden, und i‚t zugleich der Feldkriegsca‚‚e der Befehl ertheilt worden, ‚ich zum Aufbruch fertig zu halten...

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No. 16. Freytags, den 22. April Fremde bei Hofe Des regierenden 42‚ten Herrn Hochgräfl. Gnaden angekommen den 11ten und hinwie­ derum zurückgerei‚et den 13ten die‚es. Des regierenden Herrn Für‚ten zu Loben‚tein Hochfür‚tl. Durchlaucht angekommen am 18ten zu Mittag und in der Nacht hinwie­ derum abgerei‚et. Des regierenden Herrn Für‚ten von Schön­ burg-Waldenburg Hochfür‚tl. Durchlaucht, und Herrn Grafen Albrecht zu SchönburgGlauchau Hochgräfl. Gnaden angekommen am 20‚ten und am 21‚ten Nachmittag wieder abgegangen. Rei‚emaaße Die Völker, welche ihre Länder ausmaaßen, und auf Säulen die Maaße ausdrückten, haben ‚ich um die mathemati‚che Gränzkun­ de, und um die Erdbe‚chreibung ‚elb‚t, nicht wenig verdient gemacht. Die Indier, Parther und Römer haben Antheil an die‚em Ruhme, und bey den letztern unternahm es der jüng‚te der Grachen. Da man in der Folge Angaben

genug nach Stadien und andern Meilarten hatte, und die‚e mit himmli‚chen Beobachtun­ gen verband, ‚o drückte man zuletzt alles durch Grade der Länge und Breite aus. Averti‚‚ements. 2) Eine zugemachte Kut‚che mit grünen Tuch ausge‚chlagen, und alles übrige Be‚chläge von guter Be‚chaffenheit, ingleichen ein großer ei‚erner Ofen mit einem dergleichen Auf‚atz und darzu eingerichteten ei‚ernen gegoßenen Ofenröhren, ‚tehet in Saalburg aus freier Hand um billigen Preis zu verkau­ fen. Weitere Nachricht i‚t da‚elb‚t bei Hrn. Ga‚twirth Brem einzuziehen. No. 17. Freytags, den 25. April Wider die Blattläu‚e Gemeiniglich i‚t der Baum, der von Blattläu‚en bewohnt wird, ‚chon krank. Man darf nur die Wurzel die‚es Baums unter‚uchen, ‚o wird man ‚ich davon über­ zeugen können. Die Schwäche der Blatter, die klebrichte Feuchtigkeit, die auf den‚elben liegt, und die die Blattläu‚e zu ihrer Nahrung auf‚uchen, ‚ind Folgen die‚er Krankheit. Die‚e hat ihren Ur‚prung gemeiniglich von einem In‚ekt, welches die Wurzel be‚chädiget hat. Gegen die‚e Krankheit, ... i‚t nichts be‚‚eres, als Schweinemi‚t an den Baum zu legen, und ihn damit zu düngen.


Markowski · Beinhorn

Die Fliegerin Elly Beinhorn sprach 1936 in Greiz Im Jahr 1936 reiste Elly Beinhorn (19072007) im Rahmen einer Vortragstour durch Deutschland. Nach Greiz kam sie am 2.April 1936, sie folgte damals einer Einladung der ansässigen Fliegerortsgruppe. Begleitet wurde sie zur Überraschung der Greizer vom ebenso bekannten Rennfahrer Bernd Rosemeyer, mit dem sie auch später verheiratet war. Der Tivoli-Theatersaal war an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt. Nach einer musikalischen Einleitung durch das BleißQuartett wurde sie von Oberbürgermeister Dr. Erbe begrüßt. Eine besondere Ehre sei es für die Stadt Greiz, so Dr. Erbe, sie zu bitten, sich im Beisein aller Gäste in das „Goldene Buch“ der Stadt Greiz einzutragen, was sie auch tat. Leider befindet sich dieser Eintrag heute nicht mehr darin. Nach einem entsprechenden Beschluss der Gemeindevertreter-Versammlung vom 7.11.1946 wur-

den mehrere handschriftliche Eintragungen aus den Jahren 1933-1943 aus dem Buch entfernt, jedoch mit dem Vermerk, sie dann im Stadt- oder Staatsarchiv weiter aufzubewahren. Leider sind sie bis heute nicht wieder aufgefunden worden. Elly Beinhorn war zu dieser Zeit eine populäre Pilotin. Als einzige Tochter einer Kaufmannsfamilie aus Hannover begann sie bereits mit 21 Jahren ihre Fliegerausbildung und erwarb den Pilotenschein. Anschließend war sie zunächst als Kunstfliegerin tätig. Als 24-Jährige flog sie allein nach Afrika, galt dort in der Wüste vier Tage als verschollen, bis sie nach einem 90-Kilometer-Fußmarsch wieder auftauchte. Von diesen und anderen abenteuerlichen Flügen nach Australien, Zentralamerika und Mexiko berichtete sie den Besuchern in Greiz, untermalt von zahlreichen Lichtbildern zum Vorgetragenen. Sie erzählte auch davon, wie sie zur Fliegerei gekommen war, erste Fehlversuche bei Kunststücken als Kunstfliegerin einstecken musste, von der Schönheit des Fliegens überhaupt. Zum Schluss berichtete sie von ihrem jüngsten Rekordflug vom 13. August 1935 von Berlin nach Istanbul und zurück nach Berlin, bei dem sie rund 3.750 Kilometer in 14 Stunden zurücklegte. Elly Beinhorn verstand es, ihre Zuhörer zu begeistern und überzeugte sie mit der ihr eigenen selbstsicheren humorvollen Art, wie die Tageszeitungen kurz darauf von diesem Abend berichteten. Die Zeit sei „wie im Fluge vergangen“ und die Greizer bedankten sich mit stürmischem Beifall.Als ein Andenken an die „Stadt der Stoffe“ erhielt sie ein Paket Stoff überreicht, das der Fabrikant Georg Oeser gestiftet hatte und „bei dessen Tragen sie sich der Greizer erinnern soll …“ Steffi Markowski

Foto: Greizer Zeitung“ vom 29.03.1936 13


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Tannendorfbrücke

Greiz vor 225 Jahren ... in dem hie‚igen Wai‚enhau‚e zu melden. – Auch liegt im Wai‚enhau‚e Dünger zum Verkauf bereit.

No. 18. Freytags, den 6. May Meilenarten Eine Deut‚che oder geographi‚che Meile von 4000 geographi‚chen Schritten, wo 15 ‚olcher Meilen auf einen Grad des Aequa­ tors gerechnet werden, i‚t nach Picard Ausme‚‚ung 3804 Franzö‚i‚che Toi‚en, 1968 1/2 Rheinländi‚che Ruthen, oder 23623 Rheinländi‚che Fuß lang. Bü‚ching be‚timmt ‚ie zu 23, 664 Gatterer zu 23 664, Klügel zu 23 641, Sulzer zu 23 497 3/4 und Lampert zu 23 629 Rheinländi‚che Fuß. Keine von die‚en Be‚timmungen i‚t noch allgemein angenommen. Averti‚‚ement. Es werden für einige Wai‚enknaben Mei‚ter ge‚ucht. Wer einen davon in die Lehre zu nehmen Willens i‚t, beliebe es

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No. 19. Freytags, den 13. May Ueber die Engerlinge und Maykäfer 2) Es wäre ferner überaus anzurathen, wenn der Landmann ‚eine Kinder, die noch nicht viel arbeiten können, gewöhnte bey jedem Pflügen mit Fla‚chen, Töpfen und andern Gefäßen hinter dem Pfluge herzugehen und alle Engerlinge zu ‚ammeln, welche die Krä­ hen nicht tilgen können. Der Vortheil der Erndte würde ‚ehr merklich ‚eyn. Wien. Aus Italien und Florenz vernimmt man nichts als lauter Jubelfe‚te, welche noch immer die dortige Anwe‚enheit des Kai‚ers veranlaßt. Er i‚t da‚elb‚t ‚o allgemein beliebt, daß ihm alles mit Frohloken und Entzücken auf den Ga‚‚en nachfolgte. Das Ehrendenk­ mal, welches ihm noch als Großherzog ge‚ezt wurde, ward mit Blumen bekränzt und des Nachts illuminirt. No. 20. Freytags, den 20. May Mittel wider die Kornwürmer Bey einigen Oekonomen hie‚iger Lande hat man wider die Kornwürmer, eine aus zwey Scheffel A‚che von hartem Holze und 2 Viertel ungelö‚chten Kalk, auf

Seifen‚iederart, zubereitete Lauge von ohngefehr 10 Wa‚‚erkannen, bewährt gefunden. Der Gebrauch der‚elben i‚t fol­ gender: Man begießt den Platz, wohin das Getraide ge‚chüttet werden ‚oll, mit die‚er Lauge, reibt ‚olche mittel‚t eines Be‚ens in alle Fugen ein, ‚chütet dann das Getraide mit den Würmern auf, und macht alle Fen‚ter und Zuglöcher zu, damit der Geruch ‚ich vollkom­ men einziehen könne. Nach vier Stunden wird man die Oberfläche des Getraides mit Würmern bedeckt, und die Wände oder Sparren voll finden, da denn in kurzer Zeit die Würmer crepiren, zumal, wenn die Oerter, wohin ‚ich die Würmer gezogen, mit eben der Lauge be‚trichen werden. Auch in Scheunen hat man die‚es Mittel gebraucht, und die Würmer, welche ‚ich in die Höhe bis unters Dach gezogen, ‚o weit, als man mit der Lauge ‚prengen können, vertilgt. Averti‚‚ement. Es i‚t einer der be‚ten Manns‚tände in der untern Empor-Kirche allhier, der dritte Siz Nr. 12, nahe an der Kanzel zu vermiethen, oder allenfalls auch zu verkaufen, wem damit gedienet werden kann, erfährt das Nähere im Intelligenz-Comtoir.


Siebert · Leichenschau

Vor 130 Jahren – Einführung einer Leichenschau Am 1. August 1886 trat das gemäß Kommunalordnung vom Gemeindevorstand am 29.4.1886 beschlossene Ortsstatut über die Einführung einer obligatorischen Leichenschau in Greiz in Kraft. Leichenschauen waren seit Jahrhunderten auf das Engste mit dem Recht verbunden, denn sie waren ausschließlich bei Tötungsverbrechen auf die Todesfeststellung gerichtet. In einem der ältesten Rechtshandbücher, dem für die Rechtsgeschichte prägenden Sachsenspiegel (zwischen 1220 –1230 von Eike von Repkow verfasst), waren schon Regeln enthalten, so auch, dass der Leichnam eines Getöteten nur mit richterlicher Genehmigung beerdigt­werden durfte. Mit der Peinlichen Halsgerichtsordnung von Bamberg des Johann Freiherr zu

Landeszeitung für das Fürstenthum Reuß Aeltere Linie Nr. 99 vom 01.05.1886

Holzschnitt aus der Bambergensis, von links der Richter, die 3 Schöffen und der Gerichtsdiener mit dem Leichnam Bamberg, Hans Pfeil 1507, Bayrische Staatsbibliothek

Schwarzenberg (auch Bambergensis genannt), die 1507 als allgemeingültiges Gesetz in Kraft trat, wurde auch die gerichtliche Leichenschau geregelt. So musste der Leichnam eines Getöteten erst zum Gericht gebracht und dort besichtigt werden. War dies nicht möglich, musste diesem ein Leibzeichen (Körperteil, meist Daumen) entnommen und vorgelegt werden. Dieses Gesetz diente wiederum als Vorlage für das erste allgemeine deutsche Strafgesetz, der „Constitutio Criminalis Carolina“, das unter Kaiser Karl V. mit Beschluss vom 27.7.1532 des Regensburger Hoftages Gesetzeskraft erlangte. Mit der Angst vor einem Scheintod gewann die Leichenschau zu Beginn des 18. Jahrhunderts zunehmend an allgemeiner Bedeutung. Bereits um 1813 wurde im bayerischen Salzachkreis die obligatorische Leichenschau eingeführt. In Greiz hatte man sich, wenn auch viel später, im Vorfeld schon mehrfach mit der Einführung einer solchen beschäftigt. Gemäß Statut hatten zwar alle approbierten Ärzte die Befugnis zur Leichenschau. Ausdrücklich zu dieser Aufgabe wurde aber der Polizei- und praktische Arzt Dr. med. Theodor Ludwig Zopf (*1834 †1897), Am Schloßberg 25, und als Stellvertreter dessen Schwiegersohn Dr. med. Paul Hessler (*1857 †1897), Topfmarkt 53, bestellt. Die Kosten für Leichenschauen durch diese beiden Ärzte trug die Stadtkasse. Dr. Zopf war einer der Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr, oppositionelles Mitglied des Reußischen Landtages und dort von 1867–1878 mehrmals ins Präsidium gewählt. Die Landesbestimmungen bei unnatürlichen Todesfällen blieben von dem Ortsstatut jedoch unberührt.

Gunter Siebert 15


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17.–19.06. Greizer Park- und Schlossfest, 21.06. Sommeranfang 05.06. , 12.06. , 20.06. , 27.06. 

Amtsgericht

Greiz vor 225 Jahren ...

No. 22. Freytags, den 3. Juny Politi‚che Nachrichten. In und um Wien herum muß ‚ich eine große Räuberbande aufhalten. Es ‚ind in kurzen mehrere Per‚onen auf öffentlicher Straße und zwar ‚elb‚t in der Stadt angegriffen, gewaltthätig behandelt und ihres Geldes beraubt worden. Ein vornehmer Mann wurde am hellen Tage mit einem Hammer zu Boden ge‚chlagen und ihm ‚eine wenige Baar‚chaft abgenommen, und ‚ind deswegen ‚charfe Unter‚uchungen ange‚tellt und einer, der mehreren Raub begangen, i‚t ‚chon einge­ zogen worden. Erfrieren der Kartoffeln Wider das Erfrieren der Kartoffeln, fand man im Hannöveri‚chen Magazin, ein Mittel angezeigt, nach welchem man die Kartoffeln

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in Heu und Stroh gegen den Fro‚t, und deren unausbleiblich darauf erfolgendes Verder­ ben, vollkommen verwahren könne. Nach ge‚chehener Prüfung die‚es Vor‚chlages fand man zwar den‚elben phy‚ikali‚ch richtig, jedoch wegen des hierzu erforderlichen Raums bey großen Vorräthen mei‚t ‚chwer, oder gar nicht anwendbar. Und man glaubt daher, das Eingraben der Kartoffeln in trockne Erde, als das ‚icher‚te und überall auszuführende Mit­ tel vor jenem mit mehrerem Nutzen empfehlen zu können. No. 23. Freytags, den 10. Juny Politi‚che Nachrichten. Der Kai‚er befindet ‚ich nun wieder auf der Rückrei‚e nach Wien. Die Nachricht, als ob der‚elbe neue Anfälle von Fieber gehabt, i‚t ungegründet. Nicht mehr Grund hat auch die Nachricht, daß der Kai‚er nach Rom rei‚en, und dann in Ge‚ell‚chaft des Pab‚ts die Pontini‚chen Sümpfe, ‚o wie auch nach Turin zu einer Unterredung mit dem König von Sardinien ‚ich begeben wird. Averti‚‚ements. Nachdem des dahie‚igen Bürgers und Schuhmachers M‚tr. Johann Chri‚tian Oehl‚chlägers, in der Aue allhier gelegenes Gärtgen, zum anderweiten freiwilligen

öffentlichen An‚chlag gebracht und der näch‚tkommende 22‚te Julius zu einem dies­ fallßigen Licitations- und mit des Be‚itzers Bewilligung zugleich zum wirklichen Er‚tehungstermin fe‚tge‚etzet worden; als hat man ‚olches außer dem bei Für‚tl. Amte dahier ange‚chlagenen Subha‚tationspatent auch noch durch die‚e Anzeige bekannt machen wollen. Greiz am 6. Juny 1791. Für‚tl. ReußPl. Amt Obergreiz da‚. No. 24. Freytags, den 17. Juny Politi‚che Nachrichten. Endlich vernimmt man von Dresden aus einigen Nachrichten von den Pohlni‚chen Angelegenheiten. Der Churfür‚t ‚oll nach den‚elben mit dem Anerbieten der Pohlen zwar zufrieden ‚eyn, allein das Verlangen der pohlni‚chen Nation, der Prinze‚‚in einen Gemahl be‚timmen zudürfen, ‚teht dem Churfür‚ten nicht recht an, und er ‚oll geäu‚‚ert haben: er ‚elb‚t als Vater könne nicht über das Herz ‚einer Tochter gebieten, doch ‚ollte ‚ie ‚ich wider Willen der Nation ‚ich nicht vermählen. Aus Dresden wird berichtet, daß zur Beför­ derung des innerlichen Landescommerz die Un‚trut, Saale, Mulda und Elbe durch Canäle in Verbindung ge‚etzt werden ‚ollen, am er‚ten beyden Flü‚‚en wird auch ‚chon der Anfang gemacht.


Beck · Eisbuden

Ein langer Schulweg – vorbei an zwei Eisbuden

Sammlung Beck (Abb.1)

Als nach den Osterferien 1937 der damals zehnjährige Autor von der Volksschule in Untergrochlitz an die Greizer Oberschule wechselte, hatte er täglich zweimal 4 Kilometer Schulweg zu tippeln, Busverkehr gab es noch nicht. Der Weg verlief – angefangen beim heutigen Buswendeplatz – an der Schluchter vorbei neben der noch ohne den heutigen „Stausee“ und völlig unbebauten, nur durch die Kuhherde vom „Horns-Pachter“ vom Gut auf der Schleuße bevölkerten Wiese im Tal. Sein interessanter Teil begann am Schafteich, dessen Ufer für den Schüler ein Sammelobjekt zu Lehrmaterial für den Biologieunterricht war. Auch in den Wintermonaten bot der Teich manch Sehenswertes. Hatte die Eisdecke eine Stärke von 20 cm erreicht, waren auf ihr dick vermummte Männer tätig, die mit langen Stichsägen große Stücke aussägten. Die Eisplatten wurden danach zu der jenseits der Fahrstraße am Teichufer gelegenen „Eisbud“ transportiert (Abb. 1), eine vom Greizer Flaschenbierhändler und Imbissbetreiber Friedrich Grashof errichteten Holzhütte. Hier stapelte man sie zu großen Eisblöcken, die dick mit Strohballen eingepackt wurden, um sie vor der Sonnenhitze zu schützen. Zur warmen Jahreszeit wurde das Eis dann an Lebensmittelbetriebe, Fleischereien, Molkereien und Privathaushalte geliefert, da elektrische Kühlschränke noch weitgehend fehlten. Abnehmer waren auch die mit ihren zweirädrigen Speiseeiskarren über Land ziehenden Eisverkäufer, die damit die Eisbehälter kühlten. Unterhalb des Schafteiches hatte der Schulweg ebenfalls Interessantes zu bieten. Wo heute Gewerbeanlagen und das „Hotel am Wald“ ste-

hen, befand sich damals die Greizer Mülldeponie, „der Schutt“, auf dem manche „Antiquität“ zutage gefördert werden konnte.Vor ihm hatte sich der Bach zu einem Teich angestaut, in dem dicke Karpfen schwammen. Diese fanden keine Abnehmer, da mit dem Müll auch Chemikalien ins Wasser gelangt waren, die sie ungenießbar gemacht hatten. Neben dem Bach ging der Weg weiter zwischen dem dasTal einengenden „Grußen“ und „Klänn“ Felsen bis zu dem links der Fahrstraße gelegenen kalten und tiefen „Forellenteich“ mit seinen Edelfischen, die oft ihren Anteil vom Frühstücksbrot erhielten. Forellen schwimmen immer noch hier, mit Netzen vor fliegenden Räubern geschützt.Weiter folgte der Schulgänger dem Quirlbach über das damals noch zugängliche Gelände der Brösel ’ schen Weberei (später Greika, heuteVogtlandwerkstätten bzw.Autohaus Hiemisch) bis zurWeberei von Schwarz & Söhne (heute Zapfwerk) über den noch offenen Quirlbach, der hier die Zeulenrodaer Straße unterquerte. Am Elsterufer entlang und über die „Kläne Brück“ (Freiheitsbrücke) erreichte der Wanderer dann an deren linkem Ende am Parkeingang die zweite „Eisbud“ (Abb. 2), die Grashof ’ sche „Erfrischungshalle“. Hier wurde neben Getränken und Bockwurst auch Speiseeis aus eigener Produktion angeboten – gekühlt mit dem Naturprodukt vom Untergrochlitzer Schafteich. Nach dem Unterricht leistete sich der erschöpfte Schüler hier „äneTiet forn Fimfer“, um damit gestärkt seinen langen Rückweg antreten zu können. Prof. Dr. Friedrich Beck

Sammlung Schneider (Abb. 2) 17



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